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24.027 Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2025­2028 (Kulturbotschaft 2025­2028) vom 1. März 2024

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zu Änderungen der folgenden Bundesgesetze: 1

Sprachengesetz

2

Natur- und Heimatschutzgesetz

3

Nationalbibliotheksgesetz

4

Kulturgütertransfergesetz

Zudem unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zu folgenden Bundesbeschlüssen: 5

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des Bundesamtes für Kultur gestützt auf das Kulturförderungsgesetz in den Jahren 2025­ 2028

6

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Film in den Jahren 2025­2028

7

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Kulturgütertransfer in den Jahren 2025­2028

8

Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit in den Bereichen Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur in den Jahren 2025­2028

9

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Sprachen und Verständigung in den Jahren 2025­2028

2024-0601

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10 Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Schweizerschulen im Ausland in den Jahren 2025­2028 11 Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für Pro Helvetia in den Jahren 2025­2028 12 Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für das Schweizerische Nationalmuseum in den Jahren 2025­2028 Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2022

M 19.3627

Die Geschichte der Frauen in der Schweiz soll in einem nationalen Frauenmuseum sichtbar werden (N 9.6.2021, Streiff-Feller; S 30.5.2022 mit Änderung; N 14.9.2022)

2021

M 20.3930

Konzept zur Pflege des Kulturerbes der Schweiz (S 18.8.2020, Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur SR; S 15.12.2020; N 16.6.2021)

2022

M 21.3172

Schweizer Ort der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus (S 15.3.2021, Jositsch; S 8.6.2021; N 10.3.2022)

2022

M 21.3181

Schweizer Ort der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus (N 16.3.2021, Heer; N 18.6.2021; S 1.3.2022)

2022

M 21.4403

Unabhängige Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter (N 9.12.2021, Pult; N 11.5.2022; S 26.9.2022)

2022

M 22.3023

Plattform für Provenienzforschung bei Kulturgütern in der Schweiz (N 24.2.2022, Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur NR; N 11.5.2022; S 26.9.2022)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. März 2024

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi

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Übersicht In dieser Botschaft formuliert der Bundesrat die Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes in der Förderperiode 2025­2028. Der Bund wird in dieser Förderperiode die Schwerpunkte seiner Tätigkeit auf sechs thematische Handlungsfelder und die damit verbundenen kulturpolitischen Stossrichtungen ausrichten. Die Handlungsfelder und die Stossrichtungen haben darüber hinaus eine gesamtschweizerische Bedeutung. Sie sollen im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten die Grundlage für eine engere Kooperation und Koordination in der Kulturpolitik der Schweiz bilden. Zur Umsetzung der Kulturpolitik des Bundes in den Jahren 2025­2028 beantragt der Bundesrat Finanzmittel in der Höhe von insgesamt 987,9 Millionen Franken. Dies entspricht einem Wachstum von durchschnittlich real ­0,1 Prozent pro Jahr im Vergleich zum Voranschlag 2024. Zudem beantragt der Bundesrat die Änderung von vier Bundesgesetzen im Kulturbereich.

Ausgangslage Das Kulturförderungsgesetz sieht eine Botschaft zur Finanzierung der Kulturförderung des Bundes über mehrere Jahre (Kulturbotschaft) vor. Gegenstand der vorliegenden Kulturbotschaft bildet die Förderperiode 2025­2028. Die Kulturbotschaft umfasst die Transferausgaben des Bundesamts für Kultur sowie die Budgets der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und des Schweizerischen Nationalmuseums.

Inhalt der Vorlage Seit dem Jahr 2016 sind die kulturelle Teilhabe, der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Förderung von Kreation und Innovation als zentrale Elemente der Kulturpolitik des Bundes etabliert. Sie haben als langfristige Wirkungsziele auch weiterhin Geltung.

Die Covid-19-Pandemie in den Jahren 2020­2022 war ein Schlüsselmoment für die Kultur in der Schweiz. In der Krise beschleunigten und akzentuierten sich verschiedene bereits bestehende Tendenzen wie die Verlagerung des Filmkonsums auf digitale Plattformen oder die prekäre soziale Sicherheit vieler Kunstschaffender. Der Bund hat die Krise zum Anlass genommen, die aktuellen Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz unter Einbezug der Kantone, Städte und Gemeinden sowie der Kulturverbände eingehend zu analysieren. Die dabei identifizierten Herausforderungen wurden in sechs Handlungsfelder gegliedert: Kultur als Arbeitswelt; Aktualisierung der Kulturförderung; digitale Transformation in der Kultur; Kultur als Dimension
der Nachhaltigkeit; Kulturerbe als lebendiges Gedächtnis; Zusammenarbeit im Kulturbereich. Zu jedem Handlungsfeld wurden zudem Stossrichtungen für eine partnerschaftlich abgestimmte Kulturpolitik aus gesamtschweizerischer Perspektive vorgeschlagen, welche die spezifischen Herausforderungen im betreffenden Bereich zum Gegenstand haben.

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Der Bund wird in der Förderperiode 2025­2028 die Schwerpunkte seiner Tätigkeit auf die sechs Handlungsfelder und die damit verbundenen kulturpolitischen Stossrichtungen ausrichten. Zu diesen Schwerpunkten gehören insbesondere: ­

Sicherstellung einer angemessenen Entschädigung professioneller Kulturschaffender und Verbesserung der beruflichen Rahmenbedingungen und der Chancengleichheit

­

Berücksichtigung von Fördermassnahmen, die den ganzen kreativen Wertschöpfungsprozess einbeziehen, und Anpassung des Förderangebots an neue Entwicklungen

­

Unterstützung der digitalen Transformation bei den Kulturakteuren und Berücksichtigung neuer digitaler und hybrider Formate der Produktion, Verbreitung und Vermittlung

­

Unterstützung der Nachhaltigkeit im Kultursektor und Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts durch einen breiten Zugang zur Kultur

­

Bewahrung, Weiterentwicklung und Vermittlung des materiellen, immateriellen und digitalen Kulturerbes der Schweiz und transparente Aufarbeitung historisch belasteten Kulturerbes

­

Stärkung der Kooperation und der Koordination zwischen den Kulturakteuren in der Schweiz, verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Politikbereichen und in der internationalen Kulturpolitik sowie Aufbau eines Monitorings zum Kultursektor.

Der Bundesrat beantragt dem Parlament Änderungen von vier Gesetzen: Mit einer Änderung des Nationalbibliotheksgesetzes soll durch die Einführung einer Pflichtexemplarregelung für Helvetica in elektronischer Form («Dépôt légal numérique») sichergestellt werden, dass die Nationalbibliothek ihren Sammel- und Vermittlungsauftrag auch im digitalen Bereich erfüllen kann. Im Natur- und Heimatschutzgesetz soll das Ziel einer Baukultur von hoher Qualität (hohe Baukultur) festgeschrieben werden. Durch die beantragte Änderung des Kulturgütertransfergesetzes soll die unabhängige Kommission für historisch belastetes Kulturerbe gesetzlich verankert werden. Zwecks Förderung der italienischen und rätoromanischen Sprache und Kultur ausserhalb des angestammten Sprachgebiets soll das Sprachengesetz ergänzt werden.

Zur Umsetzung der Kulturbotschaft 2025­2028 beantragt der Bundesrat Finanzmittel in der Höhe von insgesamt 987,9 Millionen Franken. Dies entspricht einem Wachstum von durchschnittlich real ­0,1 Prozent pro Jahr im Vergleich zum Voranschlag 2024 (nominales Wachstum im Durchschnitt 0,9 %). Der Voranschlag 2024 liegt dabei gemäss dem Beschluss des Bundesrates vom 15. Februar 2023 für alle schwach gebundenen Ausgaben des Bundes wie die Kulturausgaben 2,0 Prozent unter dem ursprünglichen Finanzplan für das Jahr 2024.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

3

1

Ausgangslage 1.1 Relevanz der Kultur 1.2 Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz 1.2.1 Kultur als Arbeitswelt 1.2.2 Aktualisierung der Kulturförderung 1.2.3 Digitale Transformation in der Kultur 1.2.4 Kultur als Dimension der Nachhaltigkeit 1.2.5 Kulturerbe als lebendiges Gedächtnis 1.2.6 Zusammenarbeit im Kulturbereich

9 9 11 12 15 17 19 21 23

2

Kulturpolitik des Bundes 2.1 Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes 2.1.1 Ausgangslage 2.1.2 Schwerpunkte des Bundes 2.2 Akteure der Kulturpolitik des Bundes 2.2.1 Bundesamt für Kultur 2.2.2 Pro Helvetia 2.2.3 Schweizerisches Nationalmuseum 2.3 Evaluation der Kulturbotschaft 2021­2024 2.4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 2.5 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

26 26 26 26 29 29 32 34 35

3

Ergebnis der Vernehmlassung

39

4

Fördermassnahmen 4.1 Professionelles Kulturschaffen im Allgemeinen 4.1.1 Organisationen professioneller Kulturschaffender 4.1.2 Soziale Sicherheit der Kulturschaffenden 4.1.3 Physische und psychische Integrität der Kulturschaffenden 4.1.4 Verbreitung, Promotion und Kulturaustausch im Ausland 4.1.5 Schweizer Kulturpreise 4.2 Förderbereiche und Sparten 4.2.1 Spartenübergreifende Schwerpunkte und Kunstvermittlung 4.2.2 Visuelle Künste 4.2.3 Design einschliesslich Game-Design 4.2.4 Darstellende Künste 4.2.5 Literatur 4.2.6 Musik 4.2.7 Film

41 42 42 43

38 38

45 46 48 49 49 50 52 54 56 59 62

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4.3

4.4

4.5

4.6

Gedächtnisinstitutionen und Kulturerbe 4.3.1 Museen und Sammlungen 4.3.2 Schweizerisches Nationalmuseum 4.3.3 Schweizerische Nationalbibliothek 4.3.4 Filmerbe 4.3.5 Immaterielles Kulturerbe Baukultur 4.4.1 «Davos Baukultur Prozess» und «Davos Baukultur Allianz» 4.4.2 Interdepartementale Strategie Baukultur 4.4.3 Förderung von Denkmalpflege, Archäologie und Ortsbildschutz 4.4.4 Baukultur als Aspekt der Nachhaltigkeit Kultur und Gesellschaft 4.5.1 Kulturelle Teilhabe und Amateurkultur 4.5.2 Sprachen und Verständigung 4.5.3 Schweizerschulen im Ausland 4.5.4 Jenische, Sinti und nomadische Lebensweise Zusammenarbeit und Grundlagen 4.6.1 Institutioneller Dialog 4.6.2 Statistik und Monitoring 4.6.3 Internationale Kulturpolitik

67 67 72 75 78 79 80 80 82 83 85 87 87 91 93 94 96 96 97 98

5

Erläuterungen zu den Gesetzesänderungen 5.1 Sprachengesetz (Vorlage 1) 5.2 Natur- und Heimatschutzgesetz (Vorlage 2) 5.3 Nationalbibliotheksgesetz (Vorlage 3) 5.4 Kulturgütertransfergesetz (Vorlage 4)

101 101 102 105 109

6

Erläuterungen zu den Kreditbeschlüssen 6.1 Vorbemerkungen 6.2 Kreditbeschlüsse im Zuständigkeitsbereich des Bundesamts für Kultur 6.2.1 Vorbemerkungen 6.2.2 Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des BAK gestützt auf das Kulturförderungsgesetz (Vorlage 5) 6.2.3 Zahlungsrahmen Film (Vorlage 6) 6.2.4 Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des BAK gestützt auf das Kulturgütertransfergesetz (Vorlage 7) 6.2.5 Verpflichtungskredit Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur gestützt auf das Natur- und Heimatschutzgesetz (Vorlage 8) 6.2.6 Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung (Vorlage 9) 6.2.7 Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 10)

110 110

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111 111 112 114 114 114 115 116

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6.3 6.4 6.5 6.6 7

8

Zahlungsrahmen Pro Helvetia (Vorlage 11) Zahlungsrahmen Schweizerisches Nationalmuseum (Vorlage 12) Finanzen im Überblick Finanzentwicklung

116 119 120 120

Auswirkungen 7.1 Auswirkungen auf den Bund 7.1.1 Finanzielle Auswirkungen 7.1.2 Personelle Auswirkungen 7.1.3 Auswirkungen auf die Immobilien des Bundes 7.1.4 Andere Auswirkungen 7.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 7.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 7.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 7.5 Auswirkungen auf die Umwelt 7.6 Andere Auswirkungen

120 120 120 121 121 121

Rechtliche Aspekte 8.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 8.2 Erlassform 8.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 8.4 Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung 8.5 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

123 123 124 124 124 128

Abkürzungsverzeichnis

122 122 122 123 123

129

Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (Sprachengesetz, SpG) (Entwurf)

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Bundesgesetz über Natur- und Heimatschutz (Natur- und Heimatschutzgesetz, NHG) (Entwurf)

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Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbibliothek (Nationalbibliotheksgesetz, NBibG) (Entwurf)

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Bundesgesetz über den internationalen Kulturgütertransfer (Kulturgütertransferge-setz, KGTG) (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des Bundesamtes für Kultur gestützt auf das Kulturförderungsgesetz in den Jahren 2025­2028 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Film in den Jahren 2025­2028 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Kulturgütertransfer in den Jahren 2025­2028 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit in den Bereichen Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur in den Jahren 2025­2028 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Sprachen und Verständigung in den Jahren 2025­2028 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Schweizerschulen im Ausland in den Jahren 2025­2028 (Entwurf)

BBl 2024 763

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für Pro Helvetia in den Jahren 2025­2028 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für das Schweizerische Nationalmuseum in den Jahren 2025­2028 (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Relevanz der Kultur

Der Bundesrat misst der Förderung des Kulturschaffens, der Pflege des Kulturerbes und der Teilhabe der Bevölkerung am Kulturleben eine hohe Bedeutung zu. Die Bundesverfassung (BV)1 stellt die Förderung der kulturellen Vielfalt in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Wohlfahrt, der nachhaltigen Entwicklung und dem inneren Zusammenhalt der Schweiz (Art. 2 Abs. 2 BV). Sie erklärt die Förderung der Kultur ausdrücklich zu einer Aufgabe des Staates (Art. 67a BV Musikalische Bildung, Art. 69 BV Kultur, Art. 70 BV Sprachen, Art. 71 BV Film und Art. 78 BV Natur- und Heimatschutz).

Der Bund vertritt in Anlehnung an die Definition der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) einen breiten Kulturbegriff, der nicht nur Kunst im engeren Sinn umfasst.2 So verstanden ist Kultur ein zentraler Faktor gesellschaftlichen Lebens. Kultur führt Menschen zusammen, vermittelt Kenntnisse über die Vergangenheit, gibt Hilfe zum Verständnis der Gegenwart und ermöglicht Visionen der Zukunft. Kunst als wesentlicher Ausdruck menschlicher Kultur lädt durch ihre oft unerwarteten Ausdrucksformen und vielschichtigen Bedeutungen zur kritischen Auseinandersetzung ein, öffnet uns für andere Sichtweisen und trägt zu einer offenen Gesellschaft bei. Kulturvereine schaffen einer breiten Bevölkerung den Rahmen für eigene kulturelle Aktivitäten und leisten einen Beitrag zur Förderung von Teilhabe und Inklusion. Ein qualitätsvoll gestalteter Lebensraum wirkt sich identitätsstiftend und positiv auf das gesellschaftliche Zusammenleben aus. Ein pulsierendes Kulturangebot und der Zugang zu einem reichen Kulturerbe steigern zudem die Attraktivität der Regionen, Städte und Gemeinden.

An der Unesco-Weltkonferenz für Kulturpolitik 2022 in Mexico City (Mondiacult 2022) haben sich rund 150 Staaten, darunter die Schweiz, dafür ausgesprochen, Kultur als globales öffentliches Gut (Gemeingut) mit einem eigenständigen Wert anzuerkennen.3 Damit die Kultur ihre Eigenständigkeit bewahren kann, braucht sie einen politischen und rechtlichen Rahmen, in dem sich kulturelle Werte entfalten und künstlerische Werke entstehen können. Grundlagen dafür sind insbesondere die von der BV garantierte Meinungs- und Kunstfreiheit (Art. 16 und 21 BV). Ein lebendiges Kultur- und Kunstschaffen kann sich nur in einem Umfeld entwickeln,
das die Grundrechte respektiert. Dies impliziert, dass Kunst und Kultur nicht für die Lösung gesellschaftlicher oder politischer Probleme instrumentalisiert werden dürfen. Es ist daher eine zentrale Aufgabe der Kulturpolitik, das Gleichgewicht zu halten zwischen Wah-

1 2 3

SR 101 Der Kulturbegriff der Unesco ist abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Themen > Kulturbegriff Unesco.

Die Schlusserklärung der Mondiacult 2022 ist auf Französisch abrufbar unter: www.unesco.org > Communiqués de presse.

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rung der Eigenständigkeit von Kunst und Kultur und ihrer Förderung als identitätsstiftende Kraft und Treiberin gesellschaftlicher Entwicklungen.

Entwicklung der Kulturpolitik des Bundes seit 2012 Seit dem Inkrafttreten des Kulturförderungsgesetzes vom 11. Dezember 20094 (KFG) im Jahr 2012 verfügt der Bund über ein Instrument zur strategischen und finanziellen Steuerung der Kulturpolitik: die Kulturbotschaft. Das Parlament beschliesst für jeweils vier Jahre die Ziele der Kulturpolitik des Bundes und die dazu notwendigen Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite.

Die Kulturbotschaft 2012­20155 vermittelte eine Gesamtschau über die Aktivitäten der verschiedenen Akteure des Bundes im Kulturbereich. Die Kulturbotschaft 2016­ 20206 war durch die Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes auf drei langfristige Wirkungsziele stärker strategisch orientiert. Die Kulturbotschaft 2021­20247 führte diese Stossrichtung fort und ergänzte sie durch einige inhaltliche Neuerungen (z. B.

Einführung einer Talentförderung im Bereich Musik, Integration des Programms «Kultur & Wirtschaft» als Teil der Förderung von Design und interaktiven Medien [Games], Konsolidierung der neuen Baukulturpolitik).

Die kulturelle Teilhabe, der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Förderung von Kreation und Innovation sind seit dem Jahr 2016 als zentrale Elemente der Kulturpolitik des Bundes etabliert.

­

Kulturelle Teilhabe: Als Gesellschaftspolitik verstanden, hat Kulturpolitik die gesamte Bevölkerung und ihr Miteinander im Fokus; kulturelle Teilhabe meint die Teilnahme möglichst vieler am Kulturleben.

­

Gesellschaftlicher Zusammenhalt: Kulturelle und sprachliche Vielfalt prägen unser Land, sein politisches System, seine Werte, Traditionen und Ausdrucksformen. Die Anerkennung der Vielfalt und der Respekt vor Minderheiten sind wichtige Voraussetzungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden in der Schweiz.

­

Kreation und Innovation: Kultur wirkt sich positiv auf die Kreativität und Innovationskraft aus. Sie ist ein wichtiges Experimentierlabor für Fragen der Zukunft. Kreativität und Innovation sind zentral für die wirtschaftliche und technologische Entwicklung der Schweiz.

Die Covid-19-Pandemie als Schlüsselmoment Die Covid-19-Pandemie in den Jahren 2020­2022 stellte den gesamten Kultursektor vor enorme wirtschaftliche und strukturelle Schwierigkeiten. Die zur Bekämpfung der Pandemie verordneten Gesundheitsmassnahmen führten zeitweise zu einem vollständigen Stillstand des Kulturlebens in der Schweiz. Bundesrat und Parlament reagierten rasch und beschlossen spezifische Unterstützungsleistungen für den Kulturbereich.

Der Grossteil der spezifischen Covid-19-Kulturmassnahmen wurde durch Bund und 4 5 6 7

SR 442.1 BBl 2011 2971 BBl 2015 497 BBl 2020 3131

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Kantone je zur Hälfte finanziert. Auch viele Städte, Gemeinden und private Förderinstanzen unterstützten den Kultursektor während der Covid-19-Pandemie mit gezielten Massnahmen.

Die Pandemie war ein Schlüsselmoment für die Kultur in der Schweiz: Das Fehlen kultureller Veranstaltungen erinnerte erstens daran, wie wichtig der Zugang zu Kultur für das Wohlbefinden der Einzelnen und der Gesellschaft ist. Zweitens deckte die Pandemie gewisse Systemschwächen im Kultursektor auf wie die prekäre soziale Sicherheit vieler Kulturschaffender und die Fragilität grosser Teile der freien Kulturszene im Vergleich zu subventionierten Kultureinrichtungen. Drittens beschleunigte oder akzentuierte die Pandemie bereits bestehende Tendenzen wie die Veränderung im Konsumverhalten des Publikums mit einer verstärkten Nachfrage nach Angeboten zum Abruf im Internet (Streaming).8 Viertens zeigte die Pandemie auch, wie wichtig und zielführend eine enge Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Ebenen, der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor für eine erfolgreiche Kulturpolitik in der Schweiz ist.

Die Covid-19-Pandemie wurde zum Anlass genommen, die aktuellen Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz unter Einbezug der Kantone, Städte und Gemeinden sowie der Kulturverbände eingehend zu analysieren (vgl. Ziff. 1.2, Einleitung). Die dabei identifizierten Herausforderungen wurden in sechs Handlungsfelder gegliedert. Zu jedem Handlungsfeld wurden zudem Stossrichtungen für eine partnerschaftlich abgestimmte Kulturpolitik aus gesamtschweizerischer Perspektive vorgeschlagen, welche die bereichsspezifischen Herausforderungen zum Gegenstand haben (vgl. Ziff. 1.2.1­1.2.6).

Der Bund wird in der Förderperiode 2025­2028 die Schwerpunkte seiner Tätigkeit auf die sechs Handlungsfelder und die damit verbundenen kulturpolitischen Stossrichtungen ausrichten (vgl. Ziff. 2.1) und die Fördermassnahmen (vgl. Ziff. 4) entsprechend anpassen. Die Handlungsfelder und Stossrichtungen sollen darüber hinaus im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten die Grundlage für eine engere Kooperation in der Kulturpolitik der Schweiz bilden.

1.2

Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz

Das Bundesamt für Kultur (BAK), die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia (Pro Helvetia) und das Schweizerische Nationalmuseum (SNM) haben zwischen April und November 2022 die Kantone, Städte und Gemeinden sowie über 40 Kulturverbände aus allen Sparten eingeladen, zusammen mit ihnen die aktuellen Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz zu analysieren. Der Einbezug erfolgte zunächst durch Anhörungen und anschliessend durch schriftliche Stellungnahmen. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden zu sechs Handlungsfeldern zusammengefasst, die alle Staatsebenen, Kulturakteure und Kulturbereiche der Schweiz betreffen. Es besteht keine Hierarchisierung zwischen den einzelnen Handlungsfeldern. Sie sind vielmehr eng miteinander verknüpft.

8

Kulturförderung in der Schweiz zu Pandemiezeiten: Erfahrungen und Schlussfolgerungen. Fondation Lombard Odier, Genf 2022.

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1.2.1

Kultur als Arbeitswelt

Die Schweizer Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und ein bedeutender Arbeitsmarkt: In der Schweiz sind gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) knapp 64 000 Unternehmen im Kultursektor9 tätig, was einem Anteil von 10,4 Prozent aller Unternehmen in der Schweiz entspricht. Der Kultursektor weist insgesamt rund 268 000 Kulturschaffende auf. Das entspricht 5,4 Prozent aller Erwerbstätigen in der Schweiz. Zur Wertschöpfung trägt der Kultursektor 2,1 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) bei.10 Der Begriff der Kulturschaffenden ist dabei in Bezug auf die vorstehenden Zahlen breit zu verstehen und umfasst neben den Kulturschaffenden im engeren Sinn (Personen mit einem Kulturberuf im Kultursektor wie Schauspielerinnen und Schauspieler) namentlich auch Erwerbstätige in technischen und administrativen Berufen (Beleuchtung, Restauration, Sekretariat usw.), die im Kultursektor tätig sind, und Personen mit einem Kulturberuf ausserhalb des Kultursektors (z. B. Fotografin oder Fotograf in einem Chemieunternehmen).11 Die Anzahl Kulturschaffender im engeren Sinn ist in den letzten rund zehn Jahren um über 30 Prozent angestiegen (von rund 72 000 im Jahr 2010 auf gut 98 000 im Jahr 2020).12 Wie in gewissen anderen Fachbereichen hat zudem die Zahl der Abgängerinnen und Abgänger der Fachhochschulen aus kunstorientierten Fachbereichen in den letzten zwanzig Jahren stark zugenommen (Studierende 2000/2001 rund 3500, 2010/2011 rund 8800 und 2021/2022 rund 10 600).13 Angemessene Entschädigung und soziale Sicherheit der Kulturschaffenden Kulturschaffende arbeiten im Vergleich zu den Erwerbstätigen in der Gesamtwirtschaft überdurchschnittlich oft in sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen (namentlich befristete Anstellung, Mehrfachbeschäftigung, Selbstständigkeit oder eine Kombination aus mehreren dieser Arbeitsformen).14 Diese Beschäftigungsverhältnisse sind häufig mit tieferen Einkommen und einer geringeren sozialen Absicherung verbunden. Das zeigt sich auch bei den Einkommen der Kulturschaffenden: Diese liegen im Durchschnitt (Mittelwert) rund 200 Franken pro Monat unter den Einkommen in der Gesamtwirtschaft.15 Die Statistik umfasst dabei allerdings auch 9 10

11

12 13 14

15

Zur Definition des Kultursektors vgl. BFS: Die Kulturwirtschaft in der Schweiz ­ Kulturbetriebe und Kulturschaffende, Neuenburg 2020, S. 4 f.

Alle in diesem Abschnitt erwähnten Zahlen sind abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Kultur > Kulturwirtschaft.

Zur Definition der verschiedenen Kategorien von Kulturschaffenden vgl.

www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Kultur > Kulturwirtschaft > Kulturschaffende > Definition der Kulturschaffenden.

Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Kultur > Kulturwirtschaft > Kulturschaffende.

Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Bildung und Wissenschaft > Personen in Ausbildung > Tertiärstufe-Hochschulen > Fachhochschulen.

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 9. Juni 2023 «Die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden in der Schweiz in Erfüllung des Postulates 21.3281 Maret»; abrufbar unter www.parlament.ch > 21.3281 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Kultur > Kulturwirtschaft > Kulturschaffende > Lohneinkommen.

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Berufe wie Architektinnen und Architekten oder Journalistinnen und Journalisten.

Faktisch dürfte die Differenz zu den Einkommen in der Gesamtwirtschaft damit noch ausgeprägter sein. Darauf deutet auch eine im Auftrag des Vereins Suisseculture Sociale und Pro Helvetia erstellten Studie, die auf einer Umfrage bei rund 1500 Mitgliedern von Kulturverbänden beruht, hin: Der Anteil der Kulturschaffenden mit einem Jahreseinkommen von unter 40 000 Franken belief sich im Jahr 2019 gemäss Umfrage auf 59 Prozent.16 Ausserdem verfügen viele Kulturschaffende über keine hinreichende Altersvorsorge. So geben 32 Prozent der selbstständigerwerbenden Kulturschaffenden an, abgesehen von späteren Leistungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) keine Altersvorsorge zu haben.17 Das grosse Interesse für kreative Berufe und kunstorientierte Ausbildungsgänge stärken das Kreativitäts- und Innovationspotenzial der Schweiz. Die Abgängerinnen und Abgänger von Fachhochschulen aus kunstorientierten Fachbereichen stehen aber im Vergleich zu ihren Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachbereichen schon beim Einstieg in das Berufsleben schlechter da: Das standardisierte Bruttoeinkommen liegt gemäss Schweizer Hochschulabsolventenbefragung des BFS von 2020 unter den Einkommen der anderen Fachbereiche und die Erwerbslosenquote ist überdurchschnittlich hoch.18 Umso wichtiger scheint es, dass in kunstorientierten Ausbildungsgängen Wissen und Kompetenzen angeeignet werden, die interdisziplinär und transversal ­ und somit auch ausserhalb des Kultursektors im engeren Sinn ­ genutzt werden können. Gleichzeitig leidet der Kultursektor unter einem Fachkräftemangel bei gewissen technischen und hoch spezialisierten Berufen. Die Ausbildungssituation im Kulturund Kreativsektor ist wie bei anderen Berufsgruppen herausfordernd und sollte regelmässig diskutiert werden.

Im Hinblick auf die weit verbreitete Prekarität ist es umso wichtiger, im Kultursektor gute Arbeitsbedingungen und faire Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Die Herausforderungen in Bezug auf die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden sind dabei mehrschichtig:

16 17 18 19

­

Erstens ist die Einkommenssituation der Kulturschaffenden zu verbessern, indem Finanzhilfeempfänger auf die angemessene Entschädigung von Kulturschaffenden verpflichtet werden, sofern sie solche beschäftigen.19 Für professionelle Kulturschaffende sollen dabei die Empfehlungen der nationalen Branchenverbände zu Gagen und Honoraren als Anhaltspunkt in Bezug auf die Angemessenheit dienen. Einen wesentlichen Einfluss auf das Einkommen der Kulturschaffenden haben auch die globalen Online-Plattformen und die Möglichkeit der Kunstschaffenden zur ökonomischen Verwertung ihrer Urheberrechte (vgl. Ziff. 1.2.3).

­

Zweitens sollte das Sozialversicherungsrecht atypischen Beschäftigungsverhältnissen im Kulturbereich verstärkt Rechnung tragen (vgl. Ziff. 4.1.1).

Studie Ecoplan (im Auftrag von Suisseculture Sociale und Pro Helvetia): Soziale Absicherung von Kulturschaffenden, Bern 2021, S. 13.

Studie Ecoplan (im Auftrag von Suisseculture Sociale und Pro Helvetia): Soziale Absicherung von Kulturschaffenden, Bern 2021, S. 20 ff.

Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Bildung und Wissenschaft > Eintritt in den Arbeitsmarkt > Tertiärstufe.

BBl 2020 3131, S. 3168.

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­

Drittens sind die unternehmerischen Kompetenzen der Kulturschaffenden in der Aus- und Weiterbildung stärker zu berücksichtigen. Die Beratung der Kulturschaffenden durch ihre Verbände insbesondere zu Themen des Sozialversicherungs- und Arbeitsrechts ist auszubauen (vgl. Ziff. 4.1.1).

Die Problematik der angemessenen Entschädigung professioneller Kulturschaffender ist abzugrenzen von der grossen Bedeutung der Freiwilligen im Kultursektor: Ohne den unentgeltlichen Einsatz unzähliger Freiwilliger könnten zahlreiche Kulturveranstaltungen und Kulturprojekte in der Schweiz nicht stattfinden. Die Bereitschaft zur Freiwilligenarbeit ist jedoch nach allgemeiner Einschätzung rückläufig.20 Es braucht auch im Kultursektor eine bessere Wertschätzung der Freiwilligenarbeit sowie ein aktives Management einschliesslich Nachwuchswerbung, um das ehrenamtliche Engagement in Zukunft sicherzustellen. Auch der Amateurbereich ist mit einer zunehmenden Professionalisierung gewisser Funktionen ­ etwa künstlerische Leitung ­ und deren notwendigen Entschädigung konfrontiert, was organisatorische und finanzielle Konsequenzen hat.

Chancengleichheit und Diversität Wie in anderen Bereichen ist auch in der Kultur die Gleichstellung der Geschlechter noch nicht erreicht. So sind Frauen etwa in den strategischen Leitungsorganen (Trägerschaften) von Kulturbetrieben auf der Stufe des Präsidiums noch immer mit einem Anteil von lediglich rund 29 Prozent vertreten.21 Das Einkommensniveau der Frauen liegt im Kultursektor um 17 Prozent tiefer als bei den Männern (12 % in der Gesamtwirtschaft).22 Zudem ist die Arbeit von Frauen in gewissen Sparten deutlich weniger sichtbar als die ihrer Kollegen. So weisen Frauen zum Beispiel nur rund 10 Prozent an den gesamten Bühnenauftritten in den Musiksparten Pop/Rock und Jazz auf.23 Insbesondere in technologieorientierten Kulturbereichen sind Frauen häufig unterrepräsentiert (z. B. in der Gaming-Branche24). Es gibt jedoch auch Kulturbereiche, in denen deutlich weniger Männer als Frauen tätig sind (24,8 % Männer im Bereich Museen, Archive und Bibliotheken25). Die Anstrengungen für eine besseren Gleichstellung der Geschlechter im Kultursektor sind fortzusetzen. Es handelt sich um ein transversales Anliegen, das auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit in der Kulturförderung (vgl.

Ziff. 1.2.4) wichtig ist.26 Das Thema der Geschlechtervielfalt stellt einen Aspekt des Themas der Diversität mit ihren unterschiedlichen weiteren Dimensionen (namentlich soziale und kulturelle 20 21 22 23 24 25 26

Markus Lamprecht, Adrian Fischer und Hanspeter Stamm: Freiwilligen-Monitor Schweiz 2020, Zürich und Genf 2020, S. 7.

Universität Basel, Zentrum Gender Studies: Geschlechterverhältnisse im Schweizer Kulturbetrieb, Basel 2021, Tabelle 5 im Anhang.

BFS: Die Kulturwirtschaft in der Schweiz ­ Kulturbetriebe und Kulturschaffende, Neuenburg 2020, S. 29.

Universität Basel, Zentrum Gender Studies: Geschlechterverhältnisse im Schweizer Kulturbetrieb, Basel 2021, Tabelle 9 im Anhang.

Unesco: Repenser les politiques en faveur de la créativité, Paris 2022, Kurzfassung, S. 37, auf Französisch abrufbar unter: www.unesco.org.

Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Kultur > Kulturwirtschaft > Kulturschaffende > nach Geschlecht.

Vgl. Gleichstellungsstrategie 2030 vom April 2021; abrufbar unter: www.ebg.admin.ch > Themen > Recht > Gleichstellungsstrategie 2030.

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Herkunft, Religion und Weltanschauung, Beeinträchtigung, Alter) dar. In der mehrsprachigen Schweiz kommt auch den sprachlichen Minderheiten eine besondere Bedeutung zu. Zusätzlich zur Gleichberechtigung der Geschlechter und der Landessprachen ist die Chancengleichheit unterrepräsentierter Personengruppen im Kulturbereich besser zu verankern. Teilhabe am Kulturleben bedeutet Wertschätzung des kulturellen Beitrags von Einzelnen und Gruppen und die Möglichkeit zur Mitgestaltung des öffentlichen Lebens. Dies heisst etwa, dass Programme partizipativ erarbeitet werden, das Personal von Kulturinstitutionen und Förderstellen diversifiziert wird und zusätzliche Bevölkerungsgruppen als Zielpublikum erreicht werden.27 Physische und psychische Integrität Schliesslich gilt es, eine höhere Aufmerksamkeit auf die Bewahrung der physischen und psychischen Integrität von Kulturschaffenden zu legen. Die Prävention von Diskriminierung, sexueller Belästigung und Missbrauch muss ein fester Bestandteil der Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen werden. Zudem ist sicherzustellen, dass auch im Kulturbereich genügend professionelle Anlaufstellen existieren, die eine vertrauliche psychologische Unterstützung und juristische Beratung anbieten.

Stossrichtung Kulturpolitik ergreift Initiativen zur Verbesserung des Einkommens und der sozialen Sicherheit von Kulturschaffenden. Sie fördert die Gleichstellung der Geschlechter und die Chancengleichheit unterrepräsentierter Personengruppen. Sie sorgt für Rahmenbedingungen, welche die physische und psychische Integrität der Kulturschaffenden im Arbeitsumfeld respektieren.

1.2.2

Aktualisierung der Kulturförderung

Kultur ist ein lebendiges System zwischen Innovation und Tradition, zwischen abgegrenzten und spartenübergreifenden Szenen, zwischen gesellschaftlichem Engagement und ästhetischem Experiment, zwischen historischem Gedächtnis und zeitgenössischer Deutungs- und Ausdrucksabsicht. Die Grundherausforderung für die Kulturförderung besteht darin, diesem dynamischen Gefüge trotz formalen Auflagen mit Offenheit und Flexibilität zu begegnen.

Förderung aller Arbeitsphasen im kreativen Wertschöpfungsprozess Heute werden Kulturschaffende primär für die Produktion von Werken gefördert. Die der Produktion vorgelagerten (Ideation, Konzeption) und nachgelagerten Phasen (Vermittlung, Vertrieb) werden dagegen kaum unterstützt. Abgesehen vom Filmbereich (Drehbuchförderung) gab es in der Schweiz lange Zeit kaum systematische Finanzhilfen für die Recherche- und Entwicklungsphase von Werken, was bei Kulturschaffenden zu langen Perioden ohne Einkommen führte. Auch für die Promotion, die 27

Vgl. «Rassistische Diskriminierung in der Schweiz», Bericht der Fachstelle für Rassismusbekämpfung 2019/2020.

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Auswertung (Diffusion) und die Vermittlung bereits produzierter Werke fehlten die Anreize. Bisher wurde davon ausgegangen, dass die Auswertung in gewissen Kultursparten wie dem Filmbereich selbsttragend ist. Der Konsum kultureller Werke auf digitale Plattformen kann jedoch bis anhin funktionierende Geschäftsmodelle grundlegend in Frage stellen. So gefährdet zum Beispiel die Verlagerung des Filmkonsums zu den Streamingdiensten die Umsätze der Kinos und damit deren Angebotsvielfalt.

Neue Fördermodelle, die auch die der Produktion vor- und nachgelagerten Arbeitsprozesse berücksichtigen, werden der Komplexität der kulturellen Wertschöpfung besser gerecht und leisten einen Beitrag zu einer fairen Entlöhnung der Kulturschaffenden. Die grössere Gewichtung prozessorientierter Förderung ist darum als eine Investition in die Innovationskraft, Resilienz und Nachhaltigkeit zu verstehen.

Transdisziplinäre Zusammenarbeit Beeinflusst durch technologische Entwicklungen und transdisziplinäre Arbeitsweisen entwickelt sich der Werkbegriff laufend weiter, und Grenzen der künstlerischen Sparten verwischen. Die im Grundsatz disziplinär aufgebaute Kulturförderung muss diese Entwicklungen eng verfolgen und nötigenfalls in Richtung flexiblerer und prozessorientierter Fördermodelle weiterentwickeln.

Der Wandel macht auch vor den Kulturinstitutionen nicht halt: Diese entziehen sich zunehmend angestammten Zuweisungen in Museen, Theater, Kinos, Bibliotheken und verstehen sich auch als multidisziplinäre Orte der kulturellen Teilhabe, wo Begegnung und Austausch stattfinden kann. Kulturinstitutionen gehen vermehrt Kooperationen mit Kunstschaffenden ein und bauen so Brücken zwischen der Bewahrung und Vermittlung von Kulturerbe und seiner Befragung durch das zeitgenössische Kunstschaffen. Die Formate, zum Beispiel künstlerische Residenzaufenthalte in Museen, Bibliotheken oder Theatern, tragen zu einer transdisziplinären Zusammenarbeit bei und öffnen Kultureinrichtungen für neue Publikumssegmente.

Mobilität und Austausch Internationale Präsenz wird für den Erfolg von Kulturschaffenden immer wichtiger, weil oft nur internationale Koproduktionen die hohen Herstellungskosten finanzieren können und eine internationale Auswertung für die Karriere zentral ist. Hemmend wirken allerdings der Ausschluss der Schweiz vom EU-Kulturkooperationsprogramm
Kreatives Europanach der Verordnung (EU) 2021/21828 sowie das hohe Lohn- und Lebenskostenniveau in der Schweiz, das ein Engagement von Schweizer Kulturschaffenden durch ausländische Veranstalter erheblich erschwert. Auch besteht ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen der Steigerung der Mobilität im Kontext der fortschreitenden Internationalisierung des Kulturbetriebs und den mit dieser Mobilität verbundenen negativen Auswirkungen auf das Klima. Mit Blick auf diesen Zielkonflikt gilt es, das Erfordernis internationaler Präsenz des Schweizer Kunst- und Kulturschaffens möglichst klimaverträglich zu erfüllen.

28

Verordnung (EU) 2021/818 des Europäischen Parlaments und des Rates du 20. Mai 2021 zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa (2021 bis 2027) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1295/2013, ABl. L 189 vom 28.5.2021, S. 34.

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Mobilität und Austausch sind auch im Inland unabdingbar. Neben der Förderung der Verbreitung des Kulturschaffens zwischen den Sprachregionen, wo in einzelnen Sparten wie bei Comics noch ganz unterschiedliche Traditionen bestehen, soll auch eine verbesserte Auswertung der kulturellen Produktion innerhalb der Sprachregionen angestrebt werden.

Stossrichtung Kulturpolitik entwickelt Fördermassnahmen, die den ganzen kreativen Wertschöpfungsprozess einbeziehen und erarbeitet flexible, prozessorientierte und transdisziplinäre Fördermodelle. Sie unterstützt eine klimaverträgliche internationale Mobilität und verbessert die Auswertung der kulturellen Produktion im Inland.

1.2.3

Digitale Transformation in der Kultur

Die fortschreitende digitale Transformation führt zu Veränderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen, auch im Kultursektor. Digitale Technologien eröffnen neue Formen der Produktion und Präsentation, neue Wege der Vermittlung und des Vertriebs, neue Möglichkeiten der Archivierung und Erhaltung sowie neue Modelle der Entschädigung. Die digitale Transformation betrifft alle Kulturakteurinnen und -akteure und alle Ebenen und Phasen kultureller Aktivitäten.

Faire Rahmenbedingungen im digitalen Umfeld Das Beispiel der Blockchain-Technologie zeigt, wie der digitale Wandel den Kulturbereich beeinflussen kann und die Beziehung zwischen Kreativen, Vertriebsorganisationen, Technologieunternehmen und Publikum neu definiert. Digitale Zertifikate verändern den Kunstmarkt und führen zu neuen Rahmenbedingungen. Es stellen sich Fragen der Autorschaft und der Urheberrechte, der angemessenen Abgeltung und der Gewinnverteilung. Im Bereich der Musik erweitert das Streaming die Möglichkeiten von Kunstschaffenden. Allerdings haben die marktbeherrschenden Streamingplattformen ein Vergütungsmodell etabliert, das in erster Linie für sie selber einträglich ist und das diejenigen Interpretinnen und Interpreten begünstigt, die am meisten gehört werden. Für die grosse Mehrheit der Musikschaffenden ist das Streaming nicht einträglich. Trotz digitaler Kanäle bleiben die Liveauftritte deshalb eine für die Existenzsicherung unverzichtbare Einnahmequelle. Das von den Streaming-Plattformen angewendete Entschädigungssystem und die Visibilität, die solche Plattformen den Schweizer Produktionen bieten, sollen auf nationaler Ebene diskutiert werden; dies im Bewusstsein, dass sämtliche Lösungen für eine bessere Entschädigung der Kulturschaffenden weitgehend von einer Regulierung abhängig sind, die auf internationaler Ebene stattfinden müsste.

Damit das Kulturschaffen das Potenzial der digitalen Transformation nutzen kann, muss die Kulturpolitik geeignete Rahmenbedingungen schaffen. Die Förderinstrumente müssen so ausgestaltet werden, dass neue digitale Formate in Produktion und Vertrieb unterstützt werden können. Zudem müssen sich Kulturschaffende und Kul17 / 130

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turinstitutionen neue Fachkompetenzen, juristische Kenntnisse und Organisationsfähigkeiten aneignen, um die digitale Transformation ihrer Organisationen zu meistern.

Diese Investitionen in die Zukunft brauchen Zeit und Ressourcen.

Künstliche Intelligenz Die Künstliche Intelligenz (KI) bietet für den Kulturbereich neue Möglichkeiten, stellt aber auch grundsätzliche Fragen: Populäre Anwendungen wie Chatbots zeigen einer breiten Öffentlichkeit das Potenzial der KI auf. Musikstücke mit von KI imitierten Stimmen bekannter Musikerinnen und Musiker oder von KI generierte Erzählungen und Filmskripts haben die Diskussion über Chancen und Risiken der KI befeuert. So bietet KI etwa die Chance, Sammlungen effizienter zu erschliessen oder das Museumserlebnis zu personalisieren. Demgegenüber bestehen Befürchtungen, dass die Künstlerinnen und Künstler durch KI-generierte Kunstwerke eine Einkommenseinbusse erleiden. Auch die Frage nach der Kontrolle des Wahrheitsgehalts von KIgenerierten Angeboten sowie die Berücksichtigung der Diversität sind umstritten und verlangen nach klaren Rahmenbedingungen.

Bereits 2021 hat die Unesco Empfehlungen zur Ethik von KI erlassen. Die EU bereitet seit 2021 eine Regulierung der KI vor und hat sich am 9. Dezember 2023 auf ein entsprechendes Gesetz politisch geeinigt. Auch in der Schweiz ist die Diskussion zur Regulierung der KI im Gang. Dabei wird die Notwendigkeit unterstrichen, die Chancen von KI zu nutzen und gleichzeitig die technologischen, geopolitischen und gesellschaftlichen Risiken angemessen und gesamthaft zu berücksichtigen.

Sammeln, Archivieren und Vermitteln des digitalen Kulturerbes Die digitale Transformation bringt für Museen oder Bibliotheken andere Herausforderungen mit sich als für Konzert- und Opernhäuser, Orchester oder Theater. Gedächtnisinstitutionen wie Museen, Archive und Bibliotheken sind einerseits für die Digitalisierung von analogen Objektbeständen, anderseits für die Erarbeitung von Sammlungskonzepten und die Archivierung von ursprünglich digitalen Werken verantwortlich. Die Daten müssen zudem nicht nur gespeichert werden, sondern im digitalen Raum sichtbar gemacht, vor Fremdzugriff geschützt und dem Publikum vermittelt werden. Diese Aufgaben sind mit hohen Infrastruktur- und langfristigen Unterhaltskosten verbunden.

Um die digitale Transformation
erfolgreich umzusetzen, müssen die Gedächtnisinstitutionen mit entsprechenden Kompetenzen, finanziellen Ressourcen und Speicherkapazitäten ausgestattet sein. Dabei müssen die Kultureinrichtungen und Kulturförderstellen auf Insellösungen verzichten und wo immer möglich nach Synergien suchen.

Der Bedarf nach geteilten Standards, kooperativem Sammeln und organisationsübergreifenden Infrastrukturen für die digitale Langzeitarchivierung ist dementsprechend gross.

Miteinander von analog und digital Kultur und Kunst begleiten die digitale Transformation, indem sie die Möglichkeiten des digitalen Raums künstlerisch und kreativ erforschen und neue Formate entwickeln und erproben. Mit digitaler Vermittlung kann Kultur ortsunabhängig zugänglich gemacht und ein neues Publikum gewonnen werden.

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Gleichzeitig besteht der Beitrag der Kultur gerade auch darin, uns mit der physischen Dimension und der Materialität der Dinge zu konfrontieren. Kultur lebt von persönlichen Begegnungen, der Unmittelbarkeit des Erlebnisses und der Gemeinschaft mit anderen. Kultur bietet Authentizität und hilft den Menschen dabei, sich im realen Raum verorten zu können.

Digitale und analoge Formen der Kultur schliessen sich daher nicht aus, sondern ergänzen und befruchten sich. Darum gilt es ständig zu evaluieren, wieviel Aufwand in die digitale Erweiterung investiert wird, welche Formate das Publikum nutzt oder wie neue Publikumssegmente angesprochen werden können, ohne dass das traditionelle Kulturpublikum verloren geht.

Stossrichtung Kulturpolitik unterstützt die digitale Transformation in der Kultur. Sie setzt bei der Bewahrung des digitalen Kulturerbes auf eine enge Kooperation der Kultureinrichtungen. Sie fördert ­ in Ergänzung zu analogen Formen ­ digitale Formen von Produktion, Diffusion und Vermittlung und sorgt für angemessene Rahmenbedingungen im digitalen Umfeld.

1.2.4

Kultur als Dimension der Nachhaltigkeit

Klimawandel, Ressourcenknappheit und der Verlust von Biodiversität sind Herausforderungen von grosser Dringlichkeit, die auch den Kulturbereich betreffen und durchdringen. Die Schweiz stützt sich auf das Nachhaltigkeitsverständnis der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung («Brundtland-Kommission»). Dieses basiert auf der Vorstellung, dass nachhaltige Entwicklung nur durch den gleichzeitigen und gleichberechtigten Einbezug von Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft erreicht werden kann. Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) knüpft daran an und bildet heute den globalen Referenzrahmen für die nachhaltige Entwicklung. Ihre 17 Ziele (Sustainable Development Goals [SDG]) liegen verschiedenen sektoralpolitischen Strategien des Bundesrates zugrunde, insbesondere die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030.29 Nachhaltigkeit ist ein umfassendes Konzept und beschränkt sich nicht auf Klimawandel und umweltpolitische Themen, sondern erstreckt sich auch auf soziale und ökonomische Themen wie Arbeitsbedingungen, Gesundheit, Inklusion und kulturelle Vielfalt.

Die Entwicklung hin zu einem nachhaltigeren Umgang mit unserer Umwelt ist nur durch einen gesellschaftlichen und kulturellen Wandel möglich. Hier leistet die Kultur einen zentralen Beitrag, denn sie vermag Kreativität und Vorstellungskraft zu stimulieren und so als Anstoss für einen Bewusstseinswandel hin zu nachhaltigerem und suffizienterem Verhalten zu wirken. Gleichzeitig ist der Kultursektor selbst mit dem Erfordernis nachhaltiger Entwicklung konfrontiert. Entsprechend ist namentlich die

29

Abrufbar unter: www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Strategie und Berichterstattung > Strategie Nachhaltige Entwicklung.

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Unesco bestrebt, die Kultur ab 2030 als eigenständiges Nachhaltigkeitsziel zu etablieren.

Ressourcenschonende kulturelle Praxis Die kulturelle Produktion und der Konsum kultureller Angebote sind klimarelevant.

Alle Akteurinnen und Akteure des Kulturlebens ­ von den Kulturschaffenden über Kultureinrichtungen bis zum Kulturpublikum ­ und alle Phasen der kulturellen Wertschöpfung ­ von der Kreation und Produktion über die Präsentation und den Konsum bis zur Aufbewahrung und Archivierung ­ haben einen negativen Einfluss auf die ökologische Bilanz.

Die Kulturförderung hat die Aufgabe, im Dialog mit den Kulturinstitutionen und den Kulturverbänden den ökologischen Umbau der kulturellen Praxis zu begleiten und zu unterstützen. Die nachhaltige Ausrichtung der Kultur wird mit einem beträchtlichen Aufwand verbunden sein. Es bedarf geeigneter und anerkannter Instrumente zur professionellen Erhebung der Energiebilanz der verschiedenen Aspekte der kulturellen Praxis. Weiter stellt sich die Frage, welche Anreize und wirkungsvollen Massnahmen für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen gesetzt werden können.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Förderung der kulturellen Vielfalt Kultur ist ein wesentlicher Aspekt sozialer Nachhaltigkeit. Beispielhaft für die integrative Kraft der Kultur ist der Bereich der Breitenkultur: In Tausenden Amateurvereinen engagieren sich Menschen für das kulturelle Leben, meist ehrenamtlich und vor Ort. Vereine als Träger der Amateur- und Volkskultur richten sich an weite Teile der Bevölkerung und schaffen gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie ermöglichen Teilhabe und bilden die Basis für eine lebendige und vielfältige Kulturlandschaft.

Als Gesellschaftspolitik verstanden, ist Kulturpolitik auf die gesamte Bevölkerung und das Miteinander der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet. Die Stärkung der kulturellen Teilhabe und die Förderung der kulturellen Vielfalt sind gerade für die viersprachige Schweiz mit ihren verschiedenen Kulturen und starken regionalen Identitäten von zentraler Bedeutung. Nur eine Kulturpolitik des Einbezugs und der Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger, der Achtung der Vielfalt und der Pflege des Austauschs kann den gesellschaftlichen Zusammenhalt unterstützen.

Kulturberichterstattung Kulturberichterstattung und Kulturvermittlung sind wesentliche Elemente für
das Verständnis und die Wertschätzung der Kultur in der Gesellschaft. Die Medien spielen eine zentrale Rolle bei der Informationsvermittlung zur Kultur und nehmen eine Brückenfunktion zwischen den Sprach- und Kulturräumen in der Schweiz ein. Die digitale Transformation stellt die Schweizer Medien jedoch vor grosse Herausforderungen: Nutzungszahlen und Werbeeinnahmen der klassischen Medien (Radio, Fernsehen und Presse) sind rückläufig und setzen die Medienanbieter unter erheblichen finanziellen Druck. Die angespannte wirtschaftliche Lage führt regelmässig zu einer Konzentration der kulturellen Informationsangebote. In seinem Bericht in Beantwortung des Postulats 21.3781 Christ «Strategie für eine zukunftsgerichtete Medienförderung jetzt aufgleisen» wird der Bundesrat mögliche Modelle zur Medienförderung

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aufzeigen, um Medienangebote in der digitalen Transformation längerfristig und unabhängig von Verbreitungskanal und Geschäftsmodell zu unterstützen.

Qualitative Entwicklung der gebauten Umwelt Wie wir mit unserer gebauten Umwelt umgehen und wie wir in ihr leben, ist eine eminent kulturelle Frage. Eine Baukultur von hoher Qualität (hohe Baukultur) bedeutet ein Bauen, das Ressourcen schont, Rücksicht auf die gebaute Umwelt und die Landschaft nimmt, die Lebensqualität fördert und das baukulturelle Erbe wahrt. Baukultur betrifft alle Menschen, über das Kulturpublikum hinaus. Eine hohe Qualität der gebauten Umwelt wirkt identitätsstiftend und beeinflusst das gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenleben positiv.

Die Erhaltung und die Pflege von mitunter seit Hunderten von Jahren bestehenden Gebäuden ist per se nachhaltig. Die CO2-Emissionen sind bei einem Neubau rund dreimal höher als bei einem Umbau, die Kultur des Umbauens ist deshalb ein relevanter Faktor in der Klimadebatte. Der Erhalt von Gebäuden und Denkmälern bewahrt also nicht nur materielle und immaterielle Werte, sondern ist auch klimatisch vorteilhaft. Nicht zuletzt haben Investitionen zur Erhaltung des Baubestands eine positive wirtschaftliche Auswirkung, weil sie Impulse für die Bauwirtschaft und das traditionelle Handwerk auslösen.30 Stossrichtung Kulturpolitik unterstützt die ressourcenschonende Ausrichtung der kulturellen Praxis. Sie leistet einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und fördert die kulturelle Vielfalt. Sie versteht Bauen und Planen als kulturelle Akte und setzt sich für eine umfassend qualitätsvolle Entwicklung der gebauten Umwelt ein. Sie stärkt damit Kultur als zentralen Aspekt der Nachhaltigkeit.

1.2.5

Kulturerbe als lebendiges Gedächtnis

Der Begriff des Kulturerbes hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt und erweitert. Er umfasst heute materielles, immaterielles und digitales Erbe: Baudenkmäler, Ortsbilder und Kulturlandschaften, archäologische Stätten, Kulturgüter in Museen, Sammlungen, Bibliotheken und Archive sowie gelebte Traditionen, Bräuche und Feste, Wissen und Praktiken im Umgang mit der Natur oder traditionelles Handwerk.

Dieses Verständnis des Kulturerbes entspricht den verschiedenen Konventionen der Unesco und des Europarats, denen die Schweiz beigetreten ist.

Es sind nicht nur die Objekte und Orte, die den Wert des Kulturerbes ausmachen.

Dessen Bedeutung ergibt sich auch aus dem, was die Menschen mit ihm verbinden.

Das Kulturerbe steht für Werte und Identitäten, die mit anderen Menschen geteilt wer-

30

Bestandesaufnahme zur volkswirtschaftlichen Bedeutung des gebauten Kulturerbes in der Schweiz, Studie im Auftrag von Domus Antiqua Helvetica und NIKE, Zürich 2020.

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den können.31 Dies gilt auch für das baukulturelle Erbe: Jeder Ort und jedes Gebäude haben ihre eigene Geschichte, die mit den Biografien der Personen verbunden ist, die dort wohnen und arbeiten. Der von der Baukultur geprägte Begriff der «goldenen Energie» illustriert die identitätsstiftende Kraft und die gesellschaftspolitische Funktion des Kulturerbes.

Gedächtnisinstitutionen haben die Aufgabe, die Spannung zwischen Vergangenem, Bestehendem und Neuem zu reflektieren und möglichst allen Menschen einen Zugang zum kulturellen Erbe zu ermöglichen. In ihrer Vermittlungsarbeit und ganz allgemein in der Definition dessen, was als Kulturerbe gelten soll, dienen die Gedächtnisinstitutionen dem gesellschaftlichen Austausch. Sie sind Orte der Begegnung und öffnen sich allen Publikumsgruppen. Das Anliegen der Inklusion und Teilhabe zeigt sich auch in der neuen Museumsdefinition des Internationalen Museumsrats (International Council of Museums [ICOM]) vom 24. August 2022, der diese beiden Aspekte hervorhebt.32 Erhaltung, Weiterentwicklung und Zugang zum Kulturerbe Voraussetzung dafür, dass das Kulturerbe seine gesellschaftspolitische Dimension entfalten kann, ist seine Erhaltung. Der Erhalt des baukulturellen Erbes wird namentlich durch Siedlungsentwicklung, Klimawandel und beschränkte finanzielle Ressourcen zunehmend erschwert. Auch die Typologisierung des Kulturerbes in verschiedene Kategorien (materielles, immaterielles und digitales Kulturerbe), die Fragmentierung der entsprechenden Kompetenzen und Sammelstrategien und das dadurch bedingte Fehlen einer Gesamtsicht hemmen den Erhalt unseres Kulturerbes.

Entsprechend der föderalistisch organisierten Kulturpolitik in der Schweiz leisten alle staatlichen Akteure einen Beitrag zur Bewahrung des Kulturerbes. Angesichts der Komplexität der Herausforderungen sollen die Akteure ermutigt werden, sich stärker zu koordinieren und enger zusammenzuarbeiten. Um die vorgenannten Herausforderungen in Bezug auf die Zusammenarbeit der Akteure zu meistern, braucht es eine übergeordnete inhaltliche Strategie zur Erhaltung des Kulturerbes. Eine entsprechende Strategie haben Bund, Kantone, Städte und Gemeinden in Umsetzung der Motion 20.3930 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) «Konzept zur Pflege des Kulturerbes der Schweiz» erarbeitet
und im Herbst 2023 verabschiedet (vgl. Ziff. 4.3.1).

Umgang mit historisch belastetem Kulturerbe Beim Umgang mit historisch belastetem Kulturerbe ­ namentlich aus der Zeit des Nationalsozialismus ­ ist Transparenz von grösster Wichtigkeit. Museen, Sammlungen und weitere Institutionen sind aufgefordert, die Herkunft und die Besitzverhältnisse von Objekten, Dokumenten und Sammlungen sorgfältig abzuklären und sich den ethischen und rechtlichen Fragen zu stellen, die sich aus diesen Abklärungen ergeben. Zudem sollen Zeugnisse, deren Aussage inhaltlich problematisch ­ beispielsweise rassistisch oder diskriminierend ­ ist, kontextualisiert werden. Die Erforschung 31 32

Vgl. Rahmenübereinkommen des Europarats vom 27. Oktober 2005 über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft, SR 0.440.2.

Auf Französisch abrufbar unter: www.icom.museum > Ressources > Normes et directives > Définition du musée.

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der Fakten und die historische Kontextualisierung sind notwendig für das Verständnis und die Einordnung von historisch belastetem Kulturgut. Sie bilden auch die Basis für die Umsetzung von fairen und gerechten Lösungen (Restitution, kooperative Forschungs- und Ausstellungsprojekte, Austauschprojekte usw.) im Sinn der Richtlinien der Washingtoner Konferenz vom 3. Dezember 1998 in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nazis konfisziert wurden, und der «Erklärung von Terezin» vom 30. Juni 2009.33 Die Erforschung der Herkunft und der Erwerbsgeschichte unrechtmässig erworbener Kunstwerke darf nicht sich nicht auf die Zeit des Nationalsozialismus beschränken.

Auch im Zusammenhang mit der kolonialen Vergangenheit Europas müssen historische Zeugnisse neu befragt werden. In diesem Kontext schafft der Bund mit der vorliegenden Botschaft die Rechtsgrundlage zur Umsetzung der Motion 22.3023 WBK-N «Plattform für Provenienzforschung bei Kulturgütern in der Schweiz».

Stossrichtung Kulturpolitik unterstützt die Erarbeitung und Umsetzung von Strategien zur Erhaltung, Weiterentwicklung und Vermittlung des materiellen, immateriellen und digitalen Kulturerbes. Sie begleitet und unterstützt die transparente Aufarbeitung von belasteten Zeugnissen der Vergangenheit sowie die Umsetzung von fairen und gerechten Lösungen in diesem Kontext.

1.2.6

Zusammenarbeit im Kulturbereich

In der Schweiz fördern seitens der öffentlichen Hand sowohl der Bund als auch die Kantone und die Gemeinden die Kultur. Von den insgesamt rund 3,0 Milliarden Franken öffentlicher Kulturausgaben im Jahr 2020 entfielen knapp 1,43 Milliarden Franken (48,3 %) auf die Gemeinden, 1,20 Milliarden Franken (40,5 %) auf die Kantone (einschliesslich Lotteriefonds) und 330 Millionen Franken (11,1 %) auf den Bund.34 Die föderale Finanzierung ermöglicht eine differenzierte, fein austarierte Kulturpolitik, birgt aber auch die Gefahr von Effizienzverlusten bei mangelnder Koordination zwischen den Staatsebenen.

Kultur ist ­ neben Bildung und Forschung, Gesundheitswesen und Sozialem ­ auch ein wichtiger Förder- und Aktivitätsbereich der gemeinnützigen Stiftungen in der Schweiz. Die jährliche Ausschüttung dieser Stiftungen an die Kultur beläuft sich auf rund 300 Millionen Franken pro Jahr.35 In Ergänzung zu den Stiftungen fördern private Unternehmen die Kultur gemäss einer älteren Studie mit jährlich rund 370 Millionen Franken.36 33 34

35 36

Die Richtlinien und die Erklärung sind abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Raubkunst >Internationale Grundlagen.

Die Erhebung des BFS ist abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Kultur > Kulturfinanzierung > Öffentliche Kulturfinanzierung.

Schätzung von SwissFoundations aus dem Jahr 2023.

BFS: Kulturfinanzierung durch die Unternehmen, Neuenburg 2003, S. 32 ff.

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Stärkung der Kooperation und der Koordination Mit der steigenden gesellschaftlichen Komplexität und der zunehmenden Verflechtung von Themenfeldern wächst der Bedarf an Kooperation und Koordination in der Kulturpolitik. Während der Covid-19-Pandemie hat die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den anderen Staatsebenen im Kulturbereich an Verlässlichkeit und Intensität gewonnen und das Potenzial für ein abgestimmtes Vorgehen zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Kulturbereich aufgezeigt. Die Stärkung des Nationalen Kulturdialogs als wichtigstem Austausch- und Kooperationsgefäss der staatlichen Kulturakteure der Schweiz ist vor diesem Hintergrund wünschenswert und seine Funktionsweise, wo nötig und durch die staatlichen Partner erwünscht, anzupassen.

Die Kulturverbände haben sich in der Covid-19-Pandemie spartenübergreifend vernetzt und zur «Taskforce Culture» zusammengeschlossen. Der Bund und die anderen staatlichen Ebenen tauschten sich während der Covid-19-Pandemie regelmässig mit der Arbeitsgruppe «Taskforce Culture» aus. Dies war ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche Umsetzung der Covid-19-Unterstützungsmassnahmen im Kulturbereich.

Der Dialog mit den Kulturverbänden sollte zukünftig in geeigneter Form weiterentwickelt werden (z. B. regelmässige Austauschformate). Es ist auch wichtig, den Dialog mit den privaten Förderstiftungen und der Privatwirtschaft zu pflegen und nach Möglichkeit zu intensivieren.

Abstimmung der Kulturpolitik mit anderen Politikbereichen Eine weitere Herausforderung besteht in der Berücksichtigung kulturpolitischer Anliegen und der Zusammenarbeit mit anderen Politikbereichen (insbesondere mit Bildung, Energie, Raumplanung, Wohnungswesen, Soziales, Migration, Aussenpolitik, Wirtschaft und Tourismus). Exemplarisch können folgende bereichsübergreifenden Anliegen der Kulturpolitik genannt werden: Eine inhaltliche Abstimmung mit der Bildungspolitik sollte erfolgen, um festzulegen, bei welchen künstlerischen oder kulturnahen Berufen ein ausgewiesener Bedarf im Arbeitsmarkt besteht. Eine stärkere Berücksichtigung kultureller Perspektiven in der Energiepolitik und der Raumplanung könnte im Weiteren zu einer höheren Qualität der gebauten Umwelt beitragen und einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Zur Förderung der Teilhabe bedarf es der Koordination mit
der Sozialpolitik. Im Rahmen der Aussenpolitik könnten kulturelle Aspekte noch verstärkt zur positiven Wahrnehmung der Schweiz im Ausland beitragen.

Statistiken und Monitoring zur Kultur Eine ausreichende statistische Datenlage ist für eine evidenzbasierte Steuerung der Kulturpolitik unerlässlich. In den letzten Jahren hat das BFS im Auftrag des BAK die Statistiken zur Kultur ausgebaut. In Ergänzung zu bereits bestehenden Statistiken in den Bereichen Film, Bibliotheken und Kulturfinanzierung wurden neue Statistiken namentlich zu Museen, Baudenkmälern, Kulturverhalten und Kulturwirtschaft publiziert. Zur Weiterentwicklung des Bereichs «Statistik und Monitoring» sind zusätzliche Investitionen in die Erfassung, Darstellung und Evaluation von Kulturdaten zu tätigen. Dies muss in enger Zusammenarbeit mit den staatlichen Partnern und den Kulturverbänden erfolgen, die über einen Grossteil der relevanten Daten verfügen.

Ein Monitoring mit einem Indikatorensystem soll es ermöglichen, Trends und Ent24 / 130

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wicklungen der Kulturlandschaft aufzuzeigen.37 Eine bessere Datenlage trägt zu einer besseren Steuerung der Kulturpolitik in einer gesamtschweizerischen Perspektive bei.

Zu den zentralen inhaltlichen Fragen der Kulturpolitik ist aber auch ein verstärkter Diskurs wünschenswert.

Internationale Kooperation und Austausch Kultur ist von Natur aus grenzüberschreitend: Austausch, Begegnung und Dialog sind Merkmale einer lebendigen Kultur. Der Aktionsradius der Kreativität endet nicht an der Landesgrenze. Deshalb ist die Stärkung des multilateralen und bilateralen Engagements der Schweiz im Kulturbereich von wesentlicher Bedeutung. Die Schweiz kann in der internationalen Kulturpolitik namentlich aufgrund ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt einen Mehrwehrt einbringen.

Neben der Unesco und dem Europarat ist die Europäische Union ein wichtiger Partner für die internationale Kulturpolitik der Schweiz. Das aktuelle EU-Kultur-programm Kreatives Europa 2021­2027 umfasst drei Aktionsbereiche (Kultur, MEDIA und spartenübergreifender Aktionsbereich). Die Teilnahme der Schweiz am Aktionsbereich MEDIA ist seit 2014 ausgesetzt. Die seitens der EU geforderte Angleichung an die Richtlinie 2010/13/EU38 (AVMD-Richtlinie) sowie die fehlende Klärung institutioneller Fragen standen bisher einer Assoziierung entgegen. Seit 2014 bestehen nationale Ersatzmassnahmen im Filmbereich, welche die Nichtteilnahme der Schweiz am MEDIA-Programm der EU teilweise abfedern. Der Bundesrat strebt eine Teilnahme der Schweiz an EU-Programmen im Bereich Kultur an.

Stossrichtung der Kulturpolitik Kulturpolitik engagiert sich für Kooperation und Koordination zwischen den staatlichen Kulturakteuren sowie dieser Kulturakteure mit der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor. Sie sorgt für die notwendigen Datengrundlagen und ein hinreichendes Monitoring im Kulturbereich. Sie setzt sich für die Integration kulturpolitischer Anliegen in anderen Politikbereichen ein und sichert die Teilnahme der Schweiz am internationalen Kulturaustausch.

37 38

Vgl. in Bezug auf die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Nachhaltige Entwicklung > Das MONET 2030-Indikatorensystem.

Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste), ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1; zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2018/1808, ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 69.

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2

Kulturpolitik des Bundes

2.1

Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes

2.1.1

Ausgangslage

Kulturelle Teilhabe, gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Kreation und Innovation sind seit dem Jahr 2016 als zentrale Elemente der Kulturpolitik des Bundes etabliert.

Sie werden auch in Zukunft als langfristige Wirkungsziele der Kulturpolitik des Bundes Geltung haben (vgl. Ziff. 1.1). Auch Inklusion, Chancengleichheit und Respekt vor Diversität in all ihren Formen sind transversale Anliegen der Kulturpolitik des Bundes. Die Mehrsprachigkeit ist zudem ein Wesensmerkmal der Schweiz. Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen, für die Erhaltung und Förderung der sprachlichen Vielfalt in der Schweiz zu sorgen.

Die in Ziffer 1.2 definierten sechs Handlungsfelder betreffen grundsätzlich ­ wenn auch in unterschiedlichen Ausmassen ­ alle Staatsebenen, Kulturakteure und Kulturbereiche. Sie sind damit nach Ansicht des Bundesrates für die Kulturpolitik in der Schweiz insgesamt relevant und wegleitend. Der Bund richtet seine Schwerpunkte nach diesen als prioritär identifizierten Herausforderungen und damit verbundenen kulturpolitischen Stossrichtungen aus (vgl. Ziff. 2.1.2).

Nachfolgend werden diese Schwerpunkte in Bezug auf die einzelnen Handlungsfelder dargestellt und illustriert. Der Bund wird in Ergänzung zu den Schwerpunkten weitere Massnahmen umsetzen (vgl. Ziff. 4). Schwerpunkte und Fördermassnahmen werden im Rahmen der bestehenden Aufgaben und Kompetenzen des Bundes umgesetzt.

Um die identifizierten Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz zu meistern, bedarf es in vielen Fällen einer Bündelung der Kräfte im Rahmen einer partnerschaftlich abgestimmten Kulturpolitik (vgl. Ziff. 1.2.6). Eine solche Bündelung muss auf der Überzeugung und dem Willen der einzelnen Akteure beruhen, im Rahmen ihrer Kompetenzen und Möglichkeiten den Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz zu begegnen. Je besser die Kooperation und wo sinnvoll die Koordination zwischen den staatlichen Partnern und der Dialog der staatlichen Stellen mit den Kulturverbänden und dem Privatsektor gelingt, desto effektiver können die Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz angegangen, Lösungen entwickelt und eine partnerschaftlich abgestimmte Kulturpolitik in der Schweiz erreicht werden.

2.1.2

Schwerpunkte des Bundes

Handlungsfeld «Kultur als Arbeitswelt» Der Bund leistet einen Beitrag an die Sicherstellung einer angemessenen Entschädigung professioneller Kulturschaffender und an die Verbesserung der beruflichen Rahmenbedingungen und der Chancengleichheit im Kultursektor.

Er setzt dabei folgende Schwerpunkte: ­

Er (Pro Helvetia und BAK) stellt bei der Beurteilung von Fördergesuchen sicher, dass die Gesuchstellenden eine angemessene Entschädigung der professionellen Kulturschaffenden vorsehen, und überprüft dies bei der Umsetzung.

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­

Er (Pro Helvetia und BAK) ergreift Massnahmen zur Wahrung der physischen und psychischen Integrität der Kulturschaffenden und fördert die Gleichstellung der Geschlechter.

­

Er (Pro Helvetia und BAK) unterstützt den Aufbau von Fachkompetenzen und spezialisierten Dienstleistungen zu Arbeitsthemen, bei denen eine Beratung professioneller Kulturschaffender effizient und zielführend ist.

­

Er ergreift Massnahmen oder begleitet Initiativen, welche die soziale Sicherheit insbesondere von Kulturschaffenden in atypischen Beschäftigungsverhältnissen verbessern.

Handlungsfeld «Aktualisierung der Kulturförderung» Der Bund berücksichtigt Fördermassnahmen, die den ganzen kreativen Wertschöpfungsprozess einbeziehen, und passt sein Förderangebot an neue Entwicklungen an.

Er setzt dabei folgende Schwerpunkte: ­

Er (Pro Helvetia) sorgt in allen Sparten für eine stärkere Berücksichtigung der Arbeitsphasen, die der Produktion vor- und nachgelagert sind.

­

Er (Pro Helvetia) verstärkt die Förderangebote in den Bereichen Comics, grafische Literatur und Fotografie. Er baut die Aktivitäten zugunsten von Zweitauswertungen von Werken an der Schnittstelle von Sparten (LiteraturAdaptionen für Film und Games) aus.

­

Er (BAK) evaluiert die Wirkung der Investitionspflicht im Filmbereich und entwickelt in Zusammenarbeit mit den relevanten Partnern eine globalere Audiovisionspolitik.

­

Er (BAK) fördert die Promotion der Schweizer Filme und der Schweizer Filmkultur im Inland.

Handlungsfeld «Digitale Transformation in der Kultur» Der Bund unterstützt die digitale Transformation bei den Kulturakteuren und berücksichtigt neue digitale und hybride Formate der Produktion, Verbreitung und Vermittlung.

Er setzt dabei folgende Schwerpunkte: ­

Er (BAK) unterstützt die digitale Transformation der Organisationen professioneller Kulturschaffender sowie der Organisationen im Amateurbereich.

­

Er (BAK) führt zur Bewahrung des digitalen Gedächtnisses der Schweizerischen Nationalbibliothek (NB) eine Pflichtexemplarregelung für digitale Inhalte («Dépôt légal numérique») ein.

­

Er integriert neue technologische und hybride Produktions- und Verbreitungsformen in seine Förderaktivitäten (Pro Helvetia) und weitet die Unterstützung der Filmproduktion auf digitale Erzählformate im Bereich der virtuellen Realität aus (BAK).

­

Er (SNM) baut die museologische Vermittlung im virtuellen Raum aus.

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Handlungsfeld «Kultur als Dimension der Nachhaltigkeit» Der Bund ergreift Massnahmen zur Unterstützung der Nachhaltigkeit im Kultursektor und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt durch einen breiten Zugang zur Kultur.

Er setzt dabei folgende Schwerpunkte: ­

Er (BAK) setzt sich für eine hohe baukulturelle Qualität als übergeordnetem Zielrahmen einer nachhaltig gebauten Umwelt ein («Davos Prozess») und unterstützt die internationale «Davos Baukultur Allianz» zusammen mit der Privatwirtschaft.

­

Er fördert innovative Formen der Diffusion und des Kulturaustauschs im internationalen Bereich. Er unterstützt Kulturschaffende beim Erproben ressourcenschonender Arbeitsweisen (Pro Helvetia) und nachhaltige Filmproduktionen (BAK) und intensiviert die Kreislaufwirtschaft sowie den Einsatz nachhaltiger Materialen (SNM).

­

Er (BAK) unterstützt den Aufbau eines Programms zur Förderung des Austauschs einzelner Schülerinnen und Schüler zwischen den Sprachregionen.

­

Er (SNM) unterstützt die Inklusion und weitet den Zugang zur Kultur für Menschen mit Beeinträchtigungen insbesondere im Museumsbereich aus. Er (BAK) verstärkt zudem die Unterstützung des Vereinswesens und der Freiwilligenarbeit im Amateurbereich.

Handlungsfeld «Kulturerbe als lebendiges Gedächtnis» Der Bund setzt sich für die Bewahrung, Weiterentwicklung und Vermittlung des materiellen, immateriellen und digitalen Kulturerbes der Schweiz und die transparente Aufarbeitung historisch belasteten Kulturerbes ein.

Er setzt dabei folgende Schwerpunkte: ­

Er (BAK) setzt in Abstimmung mit den anderen Staatsebenen und relevanten Organisationen eine gesamtschweizerische Strategie zur Bewahrung und Weiterentwicklung des Kulturerbes der Schweiz um (Umsetzung der Motion 20.3930 WBK-S).

­

Er (BAK) unterstützt die Bewahrung und Weitergabe lebendiger Traditionen in der Schweiz. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Wertschätzung des traditionellen Handwerks.

­

Er (SNM und BAK) erforscht die kolonialen Kontexte von Objekten aus seinen Sammlungen und stärkt dadurch den multiperspektivischen Blick auf das bewahrte Kulturerbe. Er (BAK) verstärkt die Unterstützung der Forschung Dritter in diesem Bereich.

­

Er (Bundesrat) setzt eine unabhängige Kommission für Fälle von belasteten Kulturgütern ein (Umsetzung der Motion 21.4403 Pult).

­

Er (BAK) finanziert eine Plattform für die Forschung zur Provenienz von Kulturgütern (Umsetzung der Motion 22.3023 WBK-N).

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Handlungsfeld «Zusammenarbeit im Kulturbereich» Der Bund verstärkt die Kooperation und die Koordination zwischen den Kulturakteuren in der Schweiz, stärkt die Zusammenarbeit mit anderen Politikbereichen und in der internationalen Kulturpolitik und entwickelt ein Monitoring zum Kultursektor.

Er setzt dabei folgende Schwerpunkte: ­

Er (BAK) baut die Zusammenarbeit und den Dialog mit den staatlichen Partnern, den Kulturverbänden und den privaten Kulturförderern aus. Er unterstützt kulturpolitische Veranstaltungen (Panels, Tagungen usw.) von nationaler Bedeutung.

­

Er (BAK in Zusammenarbeit mit dem BFS) stellt national relevante, statistische Grundlagen zum Kulturbereich bereit und entwickelt ein Monitoring zum Kultursektor anhand von Kennzahlen.

­

Er (BAK) setzt sich ein für eine bessere Abstimmung und Kooperation zwischen der Kultur und anderen Politiken, insbesondere Raumplanung, Wohnungswesen, Energiepolitik, Bildung, Migration, Aussenpolitik, Wirtschaft und Tourismus.

­

Er (BAK in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat EDA, PRS und DEZA]) stärkt die Präsenz der Schweiz in der internationalen Kulturpolitik, insbesondere in der Kooperation mit der Unesco und dem Europarat, und weitet die bilaterale Zusammenarbeit im Bereich des internationalen Kulturgütertransfers auf Partnerstaaten aus Afrika aus. Er strebt eine Teilnahme an EUProgrammen im Bereich Kultur an.

2.2

Akteure der Kulturpolitik des Bundes

2.2.1

Bundesamt für Kultur

Mitarbeitende (Ende 2023): 276 Vollzeitstellen Jahresbudget (Voranschlag 2024 einschliesslich Eigenbereich): 219,1 Millionen Franken Das BAK ist die kulturpolitische Fachbehörde des Bundes. Es koordiniert die Aktivitäten der Kulturakteure des Bundes und nimmt die im engen Sinn staatlichen, das heisst bundeshoheitlichen Aufgaben wahr, namentlich die Gestaltung der institutionellen Rahmenbedingungen, die Ausarbeitung von Erlassen im Bereich der Kultur, die Erarbeitung kulturpolitischer Grundlagen (Evaluationen, Studien, Kulturmonitoring), die Vertretung des Bundes in nationalen Fachgremien und Arbeitsgruppen sowie ­ in Zusammenarbeit mit dem EDA ­ die Pflege internationaler politischer Beziehungen im Kulturbereich (vgl. Ziff. 4.6.3).

Die Fördertätigkeit des BAK umfasst die Bereiche Baukultur (bestehend aus den Teilbereichen Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur), Film, Kultur und Gesellschaft, Kulturschaffen sowie Museen und Sammlungen, die in fünf Organisationseinheiten mit denselben Bezeichnungen gegliedert sind. Die NB bildet eine weitere Organisationseinheit des BAK.

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Baukultur Das BAK koordiniert die Baukulturpolitik der Schweiz auf nationaler und internationaler Ebene und leitet die interdepartementale Arbeitsgruppe Baukultur. Darin sind 15 Bundesstellen vertreten, die gemeinsam die Strategie Baukultur des Bundes umsetzen. Das BAK richtet im Verbund mit den Kantonen Finanzhilfen aus für Massnahmen der Denkmalpflege und der Archäologie sowie für Projekte und Organisationen. Als Fachbehörde des Bundes prüft das BAK die Auswirkungen von Bauprojekten des Bundes und seiner Anstalten auf das baukulturelle Erbe und führt das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS). Das BAK führt das Sekretariat der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD).

Das BAK erarbeitet im Bereich Baukultur zudem Grundlagen und entwickelt anwendungsorientierte Leitfäden und Instrumente zu baukulturellen Fragen. Es beteiligt sich an der Erarbeitung von Normen und Standards und unterstützt Kantone beratend und mit Weiterbildungen.

Film Das BAK fördert das Schweizer Filmschaffen auf nationaler und internationaler Ebene. Es unterstützt die Filmproduktion und den Zugang zur Filmkultur und trägt durch Finanzhilfen an Kinos und Filmfestivals dazu bei, die Angebotsvielfalt in der Schweiz zu gewährleisten. Die vom BAK unterstützte Stiftung Cinémathèque suisse in Lausanne sichert das audiovisuelle Erbe der Schweiz und macht es für das filminteressierte Publikum zugänglich. Daneben gewährt das BAK Finanzhilfen für die Weiterbildung in den audiovisuellen Berufen, die Filmpromotion und die Filmpublizistik und den Zugang zum Film für Kinder und Jugendliche.

Die mit der Änderung vom 1. Oktober 202139 des Filmgesetzes vom 14. Dezember 200140 (FiG) vorgesehene Quoten- und Investitionspflicht für Abruf- und Fernsehdienste wird ebenfalls vom BAK umgesetzt. Dieses prüft die anrechenbaren Investitionen der betroffenen Unternehmen und erstattet periodisch Bericht über diese Tätigkeiten. Das geänderte FiG ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten.

Kultur und Gesellschaft Das BAK fördert die Teilhabe der Bevölkerung am kulturellen Leben. Es unterstützt Projekte und Organisationen in folgenden Bereichen: musikalische Bildung, Leseförderung, Amateurkultur und immaterielles Kulturerbe. Das BAK ist zudem für die Programme «Jugend und Musik» (J+M) und «Junge
Talente Musik» verantwortlich.

Im Sinne der Erhaltung und Förderung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt ist das BAK zuständig für die Förderung der Minderheitensprachen Italienisch und Rätoromanisch sowie der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften, für die Vermittlung schweizerischer Bildung an den Schweizerschulen im Ausland und für die Unterstützung von Organisationen und Projekten der Schweizer Jenischen und Sinti.

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Kulturschaffen Das BAK ist zuständig für die Vergabe und die Verleihung der Schweizer Kulturpreise in den Sparten Kunst, Design, darstellende Künste, Literatur, Musik und Buchgestaltung. Mit den Preisen würdigt der Bund die Exzellenz der Kulturschaffenden und ihrer Werke und trägt zu deren Vermittlung im In- und Ausland bei. Das BAK richtet zudem mehrjährige Strukturbeiträge an Verlage aus, die im Kulturbereich tätig sind. Mit Strukturbeiträgen an die Berufsorganisationen, die die Kulturschaffenden vernetzen, beraten und auf nationaler Ebene vertreten, trägt das BAK zu besseren Rahmenbedingungen und zur angemessenen Entschädigung im Kultursektor bei.

Ferner ist das BAK zuständig für den Ankauf von Werken für die Kunstsammlungen des Bundes. Die Ankäufe werden auf Empfehlung der Eidgenössischen Kommissionen für Kunst und Design getätigt.

Museen und Sammlungen Das BAK führt vier Museen (Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz» in Winterthur, Museo Vincenzo Vela in Ligornetto, Museum für Musikautomaten in Seewen und Museum Kloster St. Georgen in Stein am Rhein) sowie die Kunstsammlungen des Bundes (bestehend aus der Bundeskunstsammlung und der Sammlung der Gottfried Keller-Stiftung).

Es unterstützt Museen, Sammlungen und Netzwerke Dritter, die nicht vom Bund geführt werden, mit Betriebsbeiträgen und vergibt Beiträge an Projekte zur Erhaltung des beweglichen kulturellen Erbes und an Versicherungskosten für Leihgaben an bedeutende Wechselausstellungen in der Schweiz.

Das BAK betreibt die Anlaufstelle Raubkunst als Kompetenzzentrum für belastetes Kulturerbe auf Bundesebene. Es führt die Fachstelle Internationaler Kulturgütertransfer, die den Diebstahl, die Plünderung und die illegale Ein- und Ausfuhr von Kulturgütern bekämpft.

Schweizerische Nationalbibliothek Die NB sammelt, erschliesst, erhält und vermittelt Helvetica ­ Texte, Bilder und Töne der Schweiz ­ und damit einen bedeutenden Teil des kulturellen Erbes seit der Gründung des Bundesstaats im Jahr 1848. Neben dem Hauptsitz in Bern betreibt sie die Schweizerische Nationalphonothek in Lugano und das Centre Dürrenmatt Neuchâtel.

Die Grundlage für ihre Tätigkeit bildet das Nationalbibliotheksgesetz vom 18. Dezember 199241 (NBibG).

Die NB ist eine öffentliche Bibliothek und steht allen Personen ohne Einschränkung offen. Sie arbeitet im Inland mit
den Kantons- und Universitätsbibliotheken, weiteren Gedächtnis- und Kulturinstitutionen sowie Forschungseinrichtungen zusammen, im Ausland insbesondere mit den europäischen Nationalbibliotheken und den internationalen Bibliotheksverbänden.

Die Sammlungen der NB umfassen über sieben Millionen Dokumente. Die NB organisiert in Zusammenhang mit ihren Sammlungen regelmässig Ausstellungen und Ver41

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anstaltungen zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen. Diese Angebote richten sich an eine breite Bevölkerung.

2.2.2

Pro Helvetia

Mitarbeitende (Ende 2023): 94 Vollzeitstellen (davon 57 in der Schweiz und 37 im Ausland, verteilt auf 13 Länder [Ägypten, Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, China, Frankreich, Indien, Kolumbien, Nigeria, Russland, Südafrika, Uganda]) Bundesbeitrag (Voranschlag 2024): 46,0 Millionen Franken Pro Helvetia wurde 1939 gegründet und ist seit 1949 als öffentlich-rechtliche Stiftung des Bundes organisiert. Ergänzend zur Fördertätigkeit von Kantonen und Städten fördert Pro Helvetia das zeitgenössische Kunst- und Kulturschaffen in der Schweiz, dessen Verbreitung und Promotion im In- und Ausland und den nationalen und internationalen Kulturaustausch. Zu aktuellen kulturellen Themen initiiert sie auch eigene Projekte. Zudem betreibt Pro Helvetia Aussenstellen (Verbindungsbüros) in Kairo, Johannesburg, Moskau, New Delhi, Shanghai und Südamerika sowie das Centre culturel suisse in Paris und beteiligt sich finanziell wesentlich am Istituto Svizzero di Roma und am Swiss Institute New York.

Pro Helvetia ist in allen künstlerischen Disziplinen ausser dem Film tätig und unterstützt die Schaffung und Verbreitung der Werke und Projekte von Kunstschaffenden aus der Schweiz. Sie fördert nur professionelle Vorhaben von nationaler oder internationaler Bedeutung, wobei hohe künstlerische Relevanz und formale, inhaltliche und gesellschaftliche Vielfalt massgeblich sind. Jährlich unterstützt Pro Helvetia rund 2000 kulturelle Projekte in allen Sprachregionen der Schweiz und rund 3900 Vorhaben in uber 120 Ländern (Stand 2022). Durch die Verbindung von Inland- und Auslandförderung strebt Pro Helvetia eine möglichst wirkungs- und laufbahnorientierte Förderung von Kunst- und Kulturschaffenden aus der Schweiz an.

Der gesetzliche Auftrag von Pro Helvetia umfasst folgende Bereiche: Nachwuchs Der Einstieg ins professionelle Kunst- und Kulturschaffen ist eine entscheidende Phase in jeder künstlerischen Laufbahn, weshalb die Fördermassnahmen von Pro Helvetia drei Ziele verfolgen: Identifikation von Talenten, Entfaltung ihrer Potenziale und kritischer Austausch mit der Öffentlichkeit. Die Massnahmen reichen in den verschiedenen Phasen des Kreations- und Verbreitungsprozesses von der Werkförderung über Residenz- und Coachingprogramme bis zu Vernetzungs- und Promotionsangeboten.

Entscheidende Erfolgsfaktoren sind professionelle
Kontakte zu bedeutenden Veranstaltern und Partnern, um eine wirkungsvolle Positionierung der talentierten Kunstschaffenden auf nationaler und internationaler Ebene zu erreichen.

Künstlerisches Schaffen Die Förderung des zeitgenössischen, professionellen Kunst- und Kulturschaffens betrifft sowohl die etablierten und die jüngeren Kunstsparten als auch Verbindungen zwischen Disziplinen (z. B. performative Literatur, Comics oder Games). Es werden 32 / 130

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Recherche-, Werk-, Kreations- und Produktionsbeiträge vergeben. Pro Helvetia unterstützt Kunstschaffende von überregionaler Bedeutung und insbesondere auch Projekte, die sich mit neuen Medien und Technologien sowie relevanten gesellschaftlichen Fragen und Themen auseinandersetzen.

Kulturaustausch im Inland Für einen lebendigen Kulturbetrieb und für den Austausch innerhalb der vielsprachigen Schweiz sind Verbreitung und Promotion von Kunst und Kultur von zentraler Bedeutung. Pro Helvetia unterstützt daher künstlerische Projekte und Veranstaltungen, die zur Verständigung und zu Begegnungen zwischen den Kulturen und den Sprachregionen der Schweiz beitragen, etwa in Form von Aufführungen, Lesungen, Konzerten, Ausstellungen, Übersetzungen und Festivals.

Kulturaustausch, Verbreitung und Promotion von Schweizer Kultur im Ausland Pro Helvetia sorgt für die Verbreitung der Werke und Projekte von Kunstschaffenden aus der Schweiz im Ausland durch Beiträge an Veranstaltungen, Projekte und Übersetzungen. Die Massnahmen umfassen zudem die Finanzierung von öffentlichen Präsentationen, die Durchführung von Promotionsanlässen, die sich an internationale Veranstalter richten, die Präsenz an fachspezifischen Messen und Vernetzungsanlässen, Schweizer Länderauftritte (z. B. Biennale in Venedig oder Theaterfestival in Avignon) und die Bereitstellung von Promotionsmaterialien. Die Verbindungsburos pflegen den Kontakt zu lokalen Partnern und Kulturinstitutionen, wirken als Vermittler in den jeweiligen Regionen und bieten Residenz-, Recherche- und Austauschprogramme an, die Schweizer Kunst- und Kulturschaffenden die Verankerung und Vernetzung im internationalen Kontext ermöglichen.

Thematische Schwerpunkte Mit spezifischen Förder- und Rechercheprogrammen trägt Pro Helvetia dazu bei, wesentliche kulturelle Entwicklungen und Herausforderungen zu identifizieren und entsprechende Massnahmen zu entwickeln, um damit förderpolitische Impulse und Raum für künstlerische Innovation zu schaffen.

Kunstvermittlung Pro Helvetia unterstützt innovative Projekte, die dem Publikum die Auseinandersetzung mit künstlerischen Werken und Prozessen näherbringen und zu einer eigenständigen Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur beitragen.

Volkskultur Im Rahmen des Inlandaustausches unterstützt Pro Helvetia die schweizerische Volkskultur. Im
Vordergrund stehen dabei Projekte, die sich in innovativer Weise mit der Tradition auseinandersetzen und für die Weiterentwicklung der Schweizer Volkskultur von Bedeutung sind. Grössere Vorhaben können direkt von Pro Helvetia unterstützt werden, kleinere durch den «Volkskulturfonds Pro Helvetia», der im Auftrag von Pro Helvetia von der Interessengemeinschaft Volkskultur Schweiz und Liechtenstein (IGV) verwaltet wird.

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2.2.3

Schweizerisches Nationalmuseum

Mitarbeitende (Ende 2023): 202 Vollzeitstellen Bundesbeitrag (Voranschlag 2024): 34,3 Millionen Franken Das SNM wurde 1898 unter dem Namen «Schweizerisches Landesmuseum» in Zürich eröffnet und ist seit 2010 eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit. Es ist dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) zugeordnet. Unter dem Dach des SNM sind heute drei Museen ­ das Landesmuseum Zürich, das Château de Prangins und das Forum Schweizer Geschichte Schwyz ­ sowie das Sammlungszentrum in Affoltern am Albis vereint. Das SNM hat gemäss dem Museums- und Sammlungsgesetz vom 12. Juni 200942 MSG den Auftrag, die Geschichte der Schweiz darzustellen, sich mit der vielfältigen Identität der Schweiz auseinanderzusetzen und andere Museen und Sammlungen in der Schweiz zu beraten. Das SNM richtet seine Tätigkeit nach den Richtlinien des ICOM aus.

Sammlung Die Sammlung des SNM umfasst über 870 000 Objekte von der Urgeschichte bis in die Gegenwart sowie mehrere Millionen Fotografien. Es handelt sich um die grösste kulturhistorische Sammlung der Schweiz, die Grundlage für die Ausstellungs- und Vermittlungsarbeit des SNM und eine wichtige Quelle für Forschungs- und Bildungsstätten. Entscheidungsgrundlage für Neuzugänge ist ein jährlich aktualisiertes Sammlungskonzept.

Das Sammlungszentrum in Affoltern am Albis stellt die fachgerechte Aufbewahrung sowie die dauerhafte Konservierung und Erforschung der Sammlungen sicher.

Das 2007 eröffnete Sammlungszentrum ist ein europaweit anerkanntes Kompetenzund Dienstleistungszentrum im Bereich Kulturgütererhaltung. An zwei Standorten, auf einer Fläche von insgesamt rund 25 000 m2, befinden sich die Depots für die Aufbewahrung, die Werkstätten, Ateliers und Labors für die Konservierung, Restaurierung und Erforschung der Sammlung sowie die Räumlichkeiten für die Registrierung und das Leihwesen, das Fotoatelier und die Logistik.

Ausstellungen Die Ausstellungs- und Vermittlungsarbeit des SNM richtet sich an breite Bevölkerungskreise. Neben Dauerausstellungen zur Schweizer Geschichte und wechselnden Ausstellungen zu Sammlungsbeständen, konzentriert sich das Programm auch auf kulturhistorische Themen zu Gegenwartsfragen. Speziell konzipierte Ausstellungen sprechen ausserdem Kinder und Familien an. Neue Formate mit stärkerem Einbezug des Publikums werden
zurzeit erprobt. Das Château de Prangins präsentiert dem Publikum seit 2023 komplett erneuerte Dauerausstellungen. Für das Forum Schweizer Geschichte Schwyz werden zurzeit die neuen Dauerausstellungen geplant, die nach der Gesamtsanierung der Haustechnik, welche voraussichtlich bis Ende der Förderperiode starten wird, präsentiert werden können. Ein vielfältiges Programm an Führungen und Workshops sowie Veranstaltungsreihen in allen Museen ergänzt das Ausstellungsangebot.

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Forschungs- und Bildungskooperationen Das SNM pflegt einen regelmässigen Austausch und die Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen im In- und Ausland in den Bereichen Ausstellungswesen, Konservierungsforschung und Objektanalyse. Für Hochschulen werden Ausbildungsmodule über Kulturgüterhaltung, Sammlungsarbeit und Museologie angeboten.

Vermittlung im digitalen Raum Im Zeitraum 2021­2024 hat das SNM sein Online-Vermittlungsangebot erweitert.

Virtuelle Führungen mit Live Chat, virtuelle Rundgänge durch aktuelle und vergangene Ausstellungen, Videos zu einzelnen Objekten, Podcast-Serien und hybride Gesprächspodien sowie ein seit 2017 bestehender Blog mit wachsender Teilnehmendenzahl ermöglichen dem SNM, das Publikum auch dann zu erreichen, wenn es nicht im Museum ist und die Schweizer Geschichte und Kultur ergänzend im digitalen Raum zu vermitteln.

2.3

Evaluation der Kulturbotschaft 2021­2024

Nachfolgend wird auf neun Vorhaben von besonderer inhaltlicher oder finanzieller Tragweite eingegangen, die in der Periode 2021­2024 umgesetzt wurden. Weitere Tätigkeiten wurden während der Förderperiode 2021­2024 einer Evaluation unterzogen, die durch die Bundesakteure selber vorgenommen, bei Dritten in Auftrag gegeben oder durch die EFK durchgeführt wurden. Diese Evaluationen sind teilweise an der entsprechenden Stelle in Ziffer 4 erwähnt.

43

­

Pflicht zur Investition in das Schweizer Filmschaffen (BAK): Unternehmen, die in der Schweiz in ihren Programmen Filme zeigen oder über elektronische Abruf- oder Abonnementsdienste anbieten, müssen jährlich mindestens 4 Prozent ihrer Bruttoeinnahmen für das unabhängige Schweizer Filmschaffen aufwenden oder eine entsprechende Ersatzabgabe entrichten. Die entsprechende Investitionspflicht gilt seit dem 1. Januar 2024. Das BAK wird bis Ende 2028 zuhanden des Bundesrates einen Bericht über die Investitionspflicht und deren Wirkungen auf die audiovisuelle Produktion in der Schweiz erstellen.

­

Umsetzung Strategie Baukultur (BAK): Die vom Bundesrat am 26. Februar 2020 verabschiedete Strategie Baukultur43 hat eine umfassende Stärkung der Baukultur durch den Bund zum Ziel. 15 Bundesstellen sind unter der Federführung des BAK an ihrer Umsetzung beteiligt. Der erste Aktionsplan für die Periode 2020­2023 enthielt 41 konkrete Massnahmen. Schwerpunkte der Umsetzung betrafen die übergreifende Zusammenarbeit, die Erarbeitung von Grundlagen, die Förderung von Fachkompetenzen und die Vermittlung. International konnte die Schweiz ihre Führungsrolle ausbauen. Im Rahmen der zweiten Kulturministerkonferenz zum Thema Baukultur vom 14. bis 16. Januar 2023 wurde die «Davos Baukultur Allianz» lanciert. Sie vereint internaBundesamt für Kultur (Hg.): Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur, Bern 2020; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Baukultur > Konzept Baukultur > Strategie Baukultur.

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tionale Akteure aus dem öffentlichen Sektor, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft.

44

­

Schulischer Austausch (BAK): Im November 2017 haben Bund und Kantone die Strategie «Austausch und Mobilität» verabschiedet.44 Die Strategie schafft den Rahmen für eine wirksame Zusammenarbeit von Bund und Kantonen in diesem Bereich. In der Förderperiode 2021­2024 wurde in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den Berufsverbänden ein nationales Austauschprogramm für die berufliche Grundbildung gestartet. Es unterstützt Berufsfachschulen, Lehrbetriebe, Berufsverbände, kantonale Berufsbildungsämter und andere berufsbildungsnahe Organisationen bei der Umsetzung von Austauschprojekten. Es konnten bereits zahlreiche Lernende sowie Lehrabsolventinnen und Lehrabsolventen gestützt auf das Programm eine Arbeitserfahrung in einer anderen Schweizer Sprachregion erwerben.

­

Talentförderung im Bereich der Musik (BAK): «Junge Talente Musik» unterstützt die Kantone seit 2022 bei der Entwicklung und der Umsetzung von Begabtenförderprogrammen. Die Programme der Kantone haben zum Ziel, Kinder und Jugendliche mit einem überdurchschnittlichen musikalischen Potenzial frühzeitig und ihren Bedürfnissen entsprechend zu fördern. Bis Ende 2022 haben bereits 15 Kantone ihre Bereitschaft an einer Teilnahme am Programm «Junge Talente Musik» angemeldet. Das Programm «Junge Talente Musik» ergänzt das seit 2016 bestehende Programm J+M des Bundes, das auf die Breitenförderung ausgerichtet ist und bis Ende 2022 bereits über 125 000 Kinder und Jugendliche erreicht hat.

­

Verstetigung Design und interaktive Medien (Pro Helvetia): Mit der Integration der Förderung von Design einschliesslich Game-Design (ehemals interaktive Medien) in ihr Portfolio konnte Pro Helvetia das Fördermodell, das auf den drei Säulen Werkbeiträge, Mentoring- und Coachingmassnahmen sowie internationale Messeauftritte basiert, erfolgreich verankern. Das Fördermodell ermöglicht es, Projekte insbesondere junger Kreativer entlang der bereichspezifischen Wertschöpfungskette ab einer frühen Phase gezielt zu begleiten und vielversprechende Talente schrittweise auf dem internationalen Markt zu etablieren. Aufbauend auf den Begriffen «SwissGames» und «DesignSwitzerland» konnte Pro Helvetia durch gezielte Promotionsaktivitäten die Schweizer Produktion in den Bereichen Design einschliesslich Game-Design international verbreiten und als innovativ und nachhaltig positionieren.

­

Intensivierung und Flexibilisierung der Residenzangebote (Pro Helvetia): In Zusammenarbeit mit zwei renommierten europäischen Institutionen («V2» aus Rotterdam und «transmediale» aus Berlin) schuf Pro Helvetia ein neues Residenzprogramm für den Bereich der digitalen Kunstpraxis. Das Programm bietet acht Kunstschaffenden aus der Schweiz die Möglichkeit, einen Residenzaufenthalt zu absolvieren, der vier Wochen in digitaler Form und vier Wochen in physischer Anwesenheit umfasst. Im Weiteren wurde ein neues Residenzprogramm im Palazzo Trevisan in Venedig lanciert. Ergänzend zu Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Sprachen > Sprachengesetz und Sprachenverordnung > Austausch.

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diesen neuen, thematischen Residenzprogrammen wurden die Rahmenbedingungen bei bestehenden Residenzprogrammen verbessert, insbesondere betreffend Unterstützung von Künstlerinnen und Künstlern mit minderjährigen Kindern.

­

Kunst, Wissenschaft und Technologie (Pro Helvetia): Pro Helvetia hat in der Förderperiode 2021­2024 diverse Massnahmen zur Stärkung der künstlerischen Recherche und Produktion an der Schnittstelle Kunst, Wissenschaft und Technologie eingeführt. Dazu ist sie Partnerschaften mit international renommierten Institutionen eingegangen, welche die Zusammen-arbeit mit Kunstund Kulturschaffenden aus der Schweiz und ihre nationale und internationale Vernetzung mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Fachpersonen aus dem Technologiesektor fördern. In Zusammenarbeit mit der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) bietet Pro Helvetia zum Beispiel nationale und internationale Residenzaufenthalte an. Darüber hinaus konnten in Partnerschaften mit dem Swiss Polar Institute und mit dem Adolph-Merkle-Institut Ausschreibungen umgesetzt werden, die künstlerische Recherchen und Projekte an den genannten Schnittstellen ermöglichen.

­

Standortinfrastruktur (SNM): Die Förderperiode 2021­2024 war geprägt durch die Planung, Vorbereitung und Ausführung umfangreicher Infrastrukturarbeiten an den Standorten des SNM in Affoltern am Albis, Prangins und Schwyz. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) wurde die Projektierung für die Erweiterung des Sammlungszentrums in Affoltern am Albis grösstenteils abgeschlossen. Ziel des Projektes ist es, die Gebäude am Standort Lindenmoosstrasse zu erweitern und die Depots und Einrichtungen, die sich am veralteten Standort Zeughausstrasse befinden, am erweiterten Standort zusammenzuführen. Der Baubeginn soll 2026 erfolgen. 2021 und 2022 konnten die Ausstellungsräume im Château de Prangins saniert und technisch nachgerüstet werden. Zwischen 2021 und 2023 wurden in diesen Räumlichkeiten gestaffelt vier neue Dauerausstellungen eröffnet. Die Vorplanung für die Gesamtsanierung der Haustechnik im Forum Schweizer Geschichte Schwyz startete im Herbst 2022. Die Sanierungsarbeiten sollen in der zweiten Hälfte der Förderperiode 2025­2028 beginnen.

­

Digitales im Museum (SNM): Das SNM leitete 2021 einen umfassenden digitalen Transformationsprozess ein. In den Bereichen Sammlung, Betrieb und Kundenbeziehung konnten wichtige Grundlagen für die Weiterführung des digitalen Wandels gelegt werden. Für 2024 ist die Einführung eines neuen workflowbasierten, plattformunabhängigen, nutzerfreundlicheren und ressourcenoptimierten Sammlungsmanagementsystems geplant. Mit der Schaffung des Geschäftsleitungsbereichs Digitale Transformation und Innovation wurde die organisatorische Grundlage gelegt für die Umsetzung von mittel- und langfristigen Projekten im Bereich der digitalen Transformation des SNM.

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2.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 24. Januar 202445 über die Legislaturplanung 2023­2027 angekündigt. Sie ist mit folgenden Strategien des Bundesrates abgestimmt: ­

Strategie Digitale Schweiz 2024 vom 8. Dezember 202346;

­

Interdepartementale Strategie vom 26. Februar 202047 zur Förderung der Baukultur;

­

Strategie vom 8. März 201948 zum Schutz des gefährdeten Kulturerbes 2019­ 2023;

­

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 vom 23. Juni 202149.

2.5

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit der vorliegenden Botschaft werden folgende parlamentarischen Vorstösse zur Abschreibung beantragt: Die Motion 19.3627 Streiff-Feller «Die Geschichte der Frauen in der Schweiz soll in einem nationalen Frauenmuseum sichtbar werden» verlangt in der vom Parlament angenommenen Fassung, die Unterstützung eines Netzwerkes im Sinne von Artikel 10 KFG zur Geschichte der Gleichstellung von Mann und Frau in der nächsten Kulturbotschaft vorzusehen. Die vorliegende Botschaft sieht die Unterstützung eines entsprechenden Netzwerkes vor (vgl. Ziff. 4.3.1 und 6.2.2).

Die Motion 20.3930 WBK-S «Konzept zur Pflege des Kulturerbes der Schweiz» verlangt im Wesentlichen die Erarbeitung eines nationalen Konzepts zur Bewahrung und aktiven Pflege des Kulturerbes der Schweiz. Ein entsprechendes Konzept wurde durch den Nationalen Kulturdialog erstellt und am 13. November 2023 zur Publikation freigegeben.50 Die Eckwerte des Konzepts sind in der vorliegenden Botschaft erwähnt (vgl. Ziff. 4.3.1).

Die gleichlautenden Motionen 21.3172 Jositsch und 21.3181 Heer «Schweizer Ort der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus» verlangen die Schaffung eines offiziellen Schweizer Gedenkorts für die Opfer des Nationalsozialismus. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und des Holocaust nicht in Vergessenheit geraten. An seiner Sitzung vom 26. April 2023 hat er deshalb 1,4 Millionen Franken für die Realisierung eines Erinnerungsortes für die Opfer des Nationalsozialismus bewilligt. Das Mahnmal soll in der Stadt Bern entste45 46 47 48 49 50

BBl 2024 525 Abrufbar unter: https://digital.swiss > Strategie > Strategie Digitale Schweiz > Download.

Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Baukultur > Konzept Baukultur > Strategie Baukultur.

Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Aktuelles > Aktuelles 2019.

Abrufbar unter: www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Strategie und Berichterstattung > Strategie Nachhaltige Entwicklung.

Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Themen > Nationaler Kulturdialog.

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hen und für alle zugänglich sein. Die Planung zur Realisierung des Mahnmals ist im Gang. Im Weiteren sieht die vorliegende Botschaft die Unterstützung eines Netzwerkes im Sinne von Artikel 10 KFG vor, das die Vermittlung der Geschichte zu den Opfern des Nationalsozialismus zum Gegenstand hat (vgl. Ziff. 4.3.1 und 6.2.2).

Die Motion 21.4403 Pult «Unabhängige Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter» verlangt die Schaffung einer unabhängigen Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter. Mit der Verordnung vom 22. November 202351 über die unabhängige Kommission für historisch belastetes Kulturerbe (VUKBK) wurde die entsprechende Kommission geschaffen. Die vorliegende Botschaft sieht eine gesetzliche Verankerung der Kommission im Kulturgütertransfergesetz vom 20. Juni 200352 (KGTG) vor (vgl. Ziff. 5.4 und Vorlage 4).

Die Motion 22.3023 WBK-N «Plattform für Provenienzforschung bei Kulturgütern in der Schweiz» verlangt im Wesentlichen, eine Plattform in Form einer Datenbank für die Forschung zur Provenienz von Kulturgütern zu unterstützen. Die vorliegende Botschaft schafft die Rechtsgrundlage zur Unterstützung einer solchen Plattform (vgl.

Ziff. 5.4 und Vorlage 4).

3

Ergebnis der Vernehmlassung

Am 9. Juni 2023 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Vorentwurf der Kulturbotschaft 2025­2028. Die interessierten Kreise konnten bis zum 22. September 2023 Stellung nehmen.53 Es gingen insgesamt 369 Stellungnahmen ein. Stellungnahmen haben eingereicht: alle Kantone sowie die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), 6 in der Bundesversammlung vertretene politische Parteien (die Mitte, EVP, FDP, GPS, SP und SVP),3 gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete (Schweizerischer Gemeindeverband [SGV], Schweizerischer Städteverband [SSV] und Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete), 3 gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft (Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Schweizerischer Gewerbeverband [sgv] und Economiesuisse) sowie eine grosse Anzahl von Organisationen vorwiegend aus dem Kulturbereich.

Die Stellungnahmen wurden im Ergebnisbericht zu fünf Kernthemen zusammengefasst. Diese Strukturierung entspricht dem Fragenkatalog zur Vernehmlassung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich zu den fünf Kernthemen im Wesentlichen wie folgt geäussert: Aktuelle Herausforderungen und Handlungsfelder für die Kultur in der Schweiz Praktisch alle Teilnehmenden beurteilen die Analyse der Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz und die Definition der Handlungsfelder im Grundsatz positiv.

51 52 53

SR 444.21 SR 444.1 Die Vernehmlassungsunterlagen und der Ergebnisbericht sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > Eidgenössisches Departement des Innern > 2023/17.

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Die Herausforderungen wurden mehrheitlich als inhaltlich zutreffend und die Definition der Handlungsfelder als überzeugend bezeichnet. Der Prozess der Erarbeitung der vorliegenden Kulturbotschaft und der Einbezug der Sichtweisen der unterschiedlichen Anspruchsgruppen wird von vielen Teilnehmenden als vorbildlich gelobt.

Schwerpunkte des Bundes Die vorgeschlagenen Schwerpunkte der Massnahmen des Bundes zu den einzelnen Handlungsfeldern fanden im Grundsatz breite Zustimmung. Einzig SVP und sgv lehnen die Schwerpunkte ab.

Verstärkte Zusammenarbeit in der Kulturpolitik Die Kantone, EDK, SGV und SSV befürworten eine Fortsetzung der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Bund. Sie lehnen einen allfälligen Steuerungsanspruch des Bundes im Kulturbereich jedoch dezidiert ab. In Bezug auf den Nationalen Kulturdialog betonen die Kantone, EDK und SSV die Notwendigkeit einer engen Abstimmung der staatlichen Partner zum weiteren Vorgehen. Eine breite Allianz von Organisationen unterstreicht die Notwendigkeit einer stärkeren Kooperation und Koordination in der Schweizer Kulturpolitik und begrüsst die dazu in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagenen Schritte, insbesondere die Institutionalisierung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor.

Änderung des Natur- und Heimatschutzgesetzes Die vorgeschlagene Änderung des Bundesgesetzes vom 1. Juli 196654 über den Naturund Heimatschutz (NHG) stiess in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung bei den Kantonen und den eingeladenen Organisationen. Skeptisch, aber nicht ablehnend, äusserten sich die Mitte und die FDP. Gewisse Teilnehmende (Economiesuisse, SGV und sgv) lehnen die Revision ab.

Änderung des Nationalbibliotheksgesetzes Die vorgeschlagene Änderung des NBibG stiess in der Vernehmlassung auf eine geteilte Einschätzung: Die Kantone, verschiedene politische Parteien (die Mitte, FDP, GPS), SSV und zahlreiche Organisationen aus dem Bereich des Kulturerbes begrüssen die Revision und sprechen teilweise von einem «überfälligen Schritt». Andere Kulturorganisationen sowie die Verwertungsgesellschaften für Urheberrechte lehnen die vorgeschlagene Lösung dezidiert ab.

Weitere Themen Ergänzend zu den Antworten auf die fünf gestellten Fragen gingen zahlreiche weitere Rückmeldungen zu weiteren Themen ein. Im Fokus stand dabei insbesondere der vorgesehene
Finanzrahmen. Dieser belief sich in der Vernehmlassungsvorlage auf 1001,9 Millionen Franken. Die grosse Mehrheit der Teilnehmenden (unter anderem die EDK, praktisch alle Kantone, GPS, SP, SGV, SSV sowie ein Grossteil der Organisationen) fordert dabei eine markante Erhöhung der Finanzmittel für die Kultur im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage. Die FDP möchte nur den Teuerungsaus54

SR 451

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gleich gewähren und auf eine reale Mittelerhöhung von jährlich 0,2 Prozent verzichten. Nach Auffassung von SVP und sgv sind die vorgeschlagenen Finanzmittel deutlich zu kürzen.

Gestützt auf das Ergebnis der Vernehmlassung hat der Bundesrat gewisse Anpassungen an der Vorlage vorgenommen: ­

Der als zu steuerungsorientiert kritisierte Begriff der Gouvernanz wurde durch den Begriff der Zusammenarbeit ersetzt. Es wurde zudem präzisiert, dass «Ziele der Kulturpolitik» (vgl. Ziff. 1.2) als kulturpolitische Stossrichtung zu verstehen ist.

­

Statt der angekündigten Ausschreibung der Unterstützung Netzwerke Dritter ist eine vorgelagerte Evaluation und eine konzeptionelle Überarbeitung der Fördermassnahme vorgesehen. Zudem werden die Finanzmittel zur Unterstützung der Netzwerke Dritter leicht erhöht. Dies vor dem Hintergrund, dass in der nächsten Förderperiode zwei neue Netzwerke unterstützt werden (vgl.

Ziff. 2.5, 4.3.1 und 6.2.2).

­

Auf die Unterstützung der Kulturberichterstattung wird verzichtet, da die vorgeschlagenen Massnahmen (Förderung partizipativer digitaler Formate der Kulturberichterstattung und der Kulturvermittlung) in der Vernehmlassung keinen Rückhalt gefunden haben.

­

Der wichtigen Vermittlungsaufgabe der Kinos wird durch eine leichte Erhöhung der Finanzmittel Rechnung getragen.

­

Die Änderung des NBibG wird punktuell angepasst, um der Kritik in der Vernehmlassung Rechnung zu tragen. So wurde insbesondere klargestellt, dass sich die Pflichtexemplarregelung ausschliesslich auf bereits veröffentlichte Werke bezieht.

­

Neu ist die gesetzliche Verankerung der unabhängigen Kommission für historisch belastetes Kulturerbe im KGTG vorgesehen (vgl. Ziff. 5.4 und Vorlage 4).

­

Schliesslich werden aufgrund der Stellungnahmen aus der Vernehmlassung gewisse materielle Ergänzungen und Präzisierungen vorgenommen. So werden etwa die KI, die Streamingplattformen im Musikbereich oder die Krise der Kulturberichterstattung bei den Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz ausführlicher thematisiert.

Im Rahmen der am 14. Februar 2024 beschlossenen Massnahmen zur Haushaltssanierung hat der Bundesrat den Gesamtfinanzrahmen für die Kulturbotschaft 2025­2028 auf neu 987,9 Millionen Franken festgelegt. Dies entspricht einer Reduktion von 14 Millionen Franken im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage.

4

Fördermassnahmen

Die Fördermassnahmen des Bundes richten sich nach den Grundprinzipien von Subsidiarität, Zusammenarbeit und der Förderung von Vielfalt und des Zugangs zur Kultur. Das Prinzip der Subsidiarität ergibt sich aus der verfassungsrechtlichen 41 / 130

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Aufgabenteilung zwischen den staatlichen Akteuren, die in der Kulturbotschaft 2012­ 201555 umfassend dargestellt wurde.

Die Kulturförderung des Bundes verfolgt folgende Ziele: den Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt in der Schweiz zu stärken; ein vielfältiges und Kulturangebot von hoher Qualität zu fördern; günstige Rahmenbedingungen für Kulturschaffende sowie für kulturelle Institutionen und Organisationen zu schaffen; der Bevölkerung den Zugang zur Kultur zu ermöglichen und zu erleichtern; das schweizerische Kulturschaffen im Ausland bekannt zu machen (Art. 3 KFG).

Bei der Festlegung seiner kulturpolitischen Schwerpunkte ist der Bund verpflichtet, mit den Kantonen, Städten und Gemeinden zusammenzuarbeiten (Art. 5 KFG). Er unterstützt grundsätzlich nur Projekte, Institutionen und Organisationen von gesamtschweizerischem Interesse (Art. 6 KFG) und priorisiert Projekte, die einen besonderen Beitrag zur kulturellen und sprachlichen Vielfalt leisten oder der Bevölkerung einen breiten Zugang zur Kultur ermöglichen (Art. 8 KFG).

Die Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz sind immer öfter von überregionaler, vermehrt auch von internationaler Bedeutung und betreffen grundsätzlich alle Staatsebenen in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen (vgl. Ziff. 1.2). Auch mit der zunehmenden Verflechtung von Themenfeldern wächst der Bedarf an Zusammenarbeit und gezielterem Zusammenspiel mit anderen Politikfeldern. Daraus ergibt sich der Bedarf nach mehr Kooperation und Koordination (vgl. Ziff. 2.1.1).

Um diesem Bedarf nach verstärkter Zusammenarbeit und Abstimmung Folge zu leisten, hat der Bund seine Kulturpolitik für die Förderperiode 2025­2028 neu ausgerichtet und seine bestehenden Fördermassnahmen auf der Basis der identifizierten Herausforderungen überprüft und wenn nötig angepasst. Die folgenden Kapitel beschreiben pro Förderbereich die Ausganglage und erläutern die vorgesehenen Anpassungen. Dabei kann es sich um Weiterentwicklungen bestehender Massnahmen oder um neue Massnahmen handeln, die im Rahmen des beantragten Finanzvolumens umgesetzt werden.

4.1

Professionelles Kulturschaffen im Allgemeinen

4.1.1

Organisationen professioneller Kulturschaffender

Ausgangslage Die Organisationen professioneller Kulturschaffender sind ein unentbehrliches Bindeglied zwischen dem professionellen Kulturschaffen und der öffentlichen Hand. Sie nehmen an der Ausarbeitung kulturpolitischer Strategien und Massnahmen teil und leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen professioneller Kulturschaffender.

In der Förderperiode 2021­2024 wurden auf der Grundlage einer Ausschreibung Leistungsvereinbarungen mit zwölf national tätigen Verbänden abgeschlossen, die professionelle Kulturschaffende aus den Bereichen Kunst, Tanz, Design, Film, Literatur, 55

BBl 2011 2971, S. 2983.

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interaktive Medien, Musik und Theater vertreten. Die Verbände sind eng mit ihrer Sparte verbunden, vertreten deren Interessen und geben insbesondere Empfehlungen für eine angemessenen Entlöhnung in ihrer Sparte ab.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 In der Förderperiode 2025­2028 soll die Unterstützung der nationalen Organisationen professioneller Kulturschaffender fortgeführt werden. Um zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das professionelle Kulturschaffen in der Schweiz beizutragen, wird das BAK zudem die Schaffung einer Beratungs- und Dienstleistungsstelle für Kulturschaffende prüfen und den Bedarf für eine nationale Anlaufstelle zur Prävention und Aufklärung von Missbräuchen eruieren (vgl. Ziff. 4.1.2 und 4.1.3).

4.1.2

Soziale Sicherheit der Kulturschaffenden

Ausgangslage Die Herausforderungen in Bezug auf die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden sind vorgehend unter dem Handlungsfeld «Kultur als Arbeitswelt» (vgl. Ziff. 1.2.1) festgehalten. Eine vertiefende Darstellung der Problematik findet sich im Bericht des Bundesrates vom 9. Juni 2023 «Die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden in der Schweiz in Erfüllung des Postulates 21.3281 Maret».56 Der Bericht hält unter anderem fest, dass die Anzahl aller Erwerbstätigen im Kultursektor zwischen 2010 und 2020 zugenommen hat. Gleichzeitig ist die Teilzeiterwerbstätigkeit überdurchschnittlich stark angestiegen. Zudem sind befristete Anstellungen, Mehrfachbeschäftigungen und die selbstständige Erwerbstätigkeit im Kultursektor stärker verbreitet als in der Gesamtwirtschaft. Das Einkommen der Kulturschaffenden liegt unter dem Durchschnittseinkommen in der Gesamtwirtschaft.

Bei Kulturschaffenden bestehen oft erhebliche Lücken in der Altersvorsorge, namentlich in der zweiten Säule. Einerseits sind die Lücken in der beruflichen Vorsorge aufgrund der aktuellen Regelung von Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug systembedingt. Andererseits hängen die Lücken ­ vor allem bei den Selbstständigerwerbenden ­ auch mit der Einkommenssituation zusammen, die gemäss Umfragen oftmals keine genügende berufliche Vorsorge erlaubt. Zudem sind viele Selbstständigerwerbende im Kultursektor nur unzureichend gegen Verdienstausfall bei Unfall und Krankheit abgesichert.

In verschiedenen Studien haben Kulturverbände und weitere Kulturakteure in den letzten Jahren Verbesserungsvorschläge zur sozialen Sicherheit der Kulturschaffenden gemacht.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Der Bericht vom 9. Juni 2023 «Die Soziale Sicherheit der Kulturschaffenden in der Schweiz» bewertet die nach Einschätzung des Bundesrates wichtigsten Verbesse-

56

Abrufbar unter: www.parlament.ch > 21.3281 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

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rungsvorschläge der Kulturverbände und weiterer Kulturakteure. Der Bericht kündigt konkrete Massnahmen an: Beratungs- und Dienstleistungsstelle für Kulturschaffende Der Bund (Bundesamt für Sozialversicherungen [BSV] und BAK) klärt mit den Kulturverbänden ab, ob ein Bedarf nach einem gesamtschweizerischen Angebot besteht, das insbesondere die Erledigung der administrativen Aufgaben in Zusammenhang mit den Sozialversicherungen erleichtert. Eine solche Beratungs- und Dienstleistungsstelle würde die Fachpersonen der Kulturverbände in Bezug auf sozialrechtliche Fragen beraten, allenfalls einen Personalverleih anbieten und die Abrechnung mit den Sozialversicherungsträgern übernehmen. Der Bund ist bereit, die Kulturverbände bei der Schaffung eines solchen Angebots fachlich (BSV) und allenfalls finanziell (BAK) zu unterstützen.

Vereinfachtes Abrechnungsverfahren für Amateurvereine und kleine Kulturorganisationen Der Bund (BSV und BAK) lotet zusammen mit den Kulturverbänden aus, wie das vereinfachte Abrechnungsverfahren gemäss dem Bundesgesetz vom 17. Juni 200557 gegen die Schwarzarbeit im Kultursektor besser bekanntgemacht werden kann.

Verbesserungen in der Altersvorsorge und der freiwilligen Unfallversicherung ­

Der Bund (Bundesrat) ergänzt den Arbeitgeberkatalog in Artikel 34d Absatz 2 der Verordnung vom 31. Oktober 194758 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung punktuell.

­

Der Bund (BAK) wird die Gründung einer Vorsorgesammeleinrichtung für alle Kulturschaffenden mit den Kulturverbänden erneut thematisieren.

­

Der Bund (Bundesamt für Gesundheit) prüft eine Absenkung der Eintrittsschwelle zur freiwilligen Unfallversicherung für Selbstständigerwerbende (allfällige Änderung von Art. 138 der Verordnung vom 20. Dezember 198259 über die Unfallversicherung).

­

In Ergänzung zu den Massnahmen des Bundes prüfen die Kantone und Städte derzeit gestützt auf eine Empfehlung des Nationalen Kulturdialogs vom 10. Mai 2021 Verbesserungen in Bezug auf die Finanzierung von Beiträgen an die berufliche Vorsorge ihrer Finanzhilfeempfänger.

Vereinfachte Bestimmung der sozialversicherungsrechtlichen Stellung Die AHV-Ausgleichskassen erarbeiten zusammen mit dem BSV eine Webapplikation, welche die Bestimmung der beitragsrechtlichen Stellung vereinfachen soll. Zudem überprüft das BSV die Verwaltungsweisungen an die AHV-Ausgleichskassen in Bezug auf die Behandlung der Entschädigung von Kulturschaffenden und passt sie soweit notwendig an, um den Besonderheiten der Beschäftigungsverhältnisse im Kultursektor bestmöglich Rechnung zu tragen.

57 58 59

SR 822.41 SR 831.101 SR 832.202

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Angemessene Entlöhnung der Kulturschaffenden ­

Der Bund (BAK und Pro Helvetia) stellt bei der Beurteilung von Fördergesuchen sicher, dass in diesen eine angemessene Entschädigung der Kulturschaffenden vorgesehen wird. Für professionelle Kulturschaffende dienen die Empfehlungen der nationalen Branchenverbände zu Gagen und Honoraren als Anhaltspunkt in Bezug auf die Angemessenheit der Entschädigung. Abweichungen sind in sachlich begründeten Fällen (z. B. Nachwuchs) möglich.

­

Der Bund (BAK) begünstigt den digitalen und zentralisierten Zugang zu den Empfehlungen der nationalen Branchenverbände betreffend Gagen und Honoraren sowie zu weiteren Informationen, welche die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden betreffen.

­

Der Bund (BAK) wird eine nationale Arbeitsgruppe zu globalen Streamingplattformen und insbesondere zu deren Entschädigungsmodellen für Musikerinnen und Musiker einberufen (vgl. Stellungnahme des Bundesrates vom 21. Februar 2024 auf das Postulat 23.4528 Müller-Altermatt «Diskriminierung der Schweizer Musikschaffenden auf dem Streamingmarkt beseitigen».

Er (BAK) wird im Weiteren aufmerksam verfolgen, wie sich die Entwicklung von KI auf die Einkommenssituation der Kulturschaffenden auswirkt.

Berücksichtigung des ganzen Wertschöpfungsprozesses in der Kulturförderung Der Bund (BAK und Pro Helvetia) gewichtet die der Produktion vor- und nachgelagerten Etappen der Wertschöpfung in der Förderung zukünftig stärker. Mit einer Berücksichtigung vorgelagerter (Recherche und Entwicklung) und nachgelagerter (Promotion, Diffusion und Vermittlung) Arbeitsphasen wird der künstlerischen Arbeit Rechnung getragen und werden die Möglichkeiten ihrer Entlöhnung erweitert.

4.1.3

Physische und psychische Integrität der Kulturschaffenden

Ausgangslage In den letzten Jahren fanden diverse Missbrauchsfälle in Schweizer Kulturbetrieben den Weg an die Öffentlichkeit. Die Fälle betrafen die Verletzung der physischen Integrität von Kulturschaffenden namentlich durch sexuellen Missbrauch wie auch die Verletzung der psychischen Integrität etwa durch Demütigungen oder Mobbing. In Kulturbetrieben herrscht oft eine grosses Machtgefälle zwischen den Beteiligten, was den Machtmissbrauch begünstigt. Im Weiteren führt die wirtschaftliche Prekarität vieler Kulturschaffender zu einer Abhängigkeit, die Missbrauch erleichtert.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Es gibt in der Schweiz bereits einige spartenspezifische oder lokale Initiativen in Bezug auf die Prävention und die Beratung von Kulturschaffenden bei Missbräuchen.

Der Bund wird in der nächsten Förderperiode eine Erhebung zum bestehenden Angebot durchführen, den Bedarf abklären und mögliche Zukunftsmodelle für eine allfällige nationale Anlaufstelle erarbeiten.

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4.1.4

Verbreitung, Promotion und Kulturaustausch im Ausland

Ausgangslage Das BAK und die Stiftung Swissfilms unterstützen die internationale Verbreitung von Werken aus dem Bereich Film, Pro Helvetia jene von Werken aus allen anderen Kunstsparten und Schweizer Auftritte an bedeutenden internationalen Veranstaltungen wie der Kunst- und Architekturbiennale von Venedig oder an Buchmessen.

Soweit es die Inhalte und Ziele erlauben, arbeiten dabei das BAK und Pro Helvetia mit dem Aussenstellennetz des EDA zusammen. Das vorliegende Kapitel fokussiert auf die Tätigkeiten von Pro Helvetia (ergänzend zu den Hinweisen in den Ziff. 4.2.1­ 4.2.6).

Internationale Kulturverbreitung und Kulturaustausch verfolgen unterschiedliche Ziele und Methoden und bedingen Fördermassnahmen, die sich gegenseitig ergänzen: ­

Verbreitung von Schweizer Kunst und Kultur: Ziel ist die Förderung der künstlerischen Laufbahn von Schweizer Kulturschaffenden im internationalen Kulturbetrieb und deren Vernetzung und Etablierung im internationalen Kontext. Der Bund fördert die Verbreitung im Ausland mit verschiedenen Massnahmen.

­

Internationaler Kulturaustausch: Austauschprojekte zwischen Kulturschaffenden verschiedener Kulturen berücksichtigen den jeweiligen kultur- oder gesellschaftspolitischen Kontext. Sie bedingen aufgrund struktureller Ungleichheiten mittel- und langfristige Aufbauarbeit und müssen gezielt initiiert und begleitet werden.

Für die internationale Kulturverbreitung und den Kulturaustausch nutzt Pro Helvetia verschiedene Instrumente: ­

Projektbeiträge: Dazu gehören Beiträge für öffentliche Präsentationen (Ausstellungen, Gastspiele, Tourneen, Festivals, Konzertreihen, Lesereisen), Auftritte an Plattformen, literarische Übersetzungen und Formen des Wissensaustauschs.

­

Promotionsmassnahmen: Dazu gehören. öffentliche Präsentationen, die sich an internationale Veranstalter richten, Präsenzen an fachspezifischen Messen und Vernetzungsanlässen, die Finanzierung von Schweizer Länderauftritten sowie die Bereitstellung von Informations- und Promotionsmaterialien.

­

Aussenstellen im Ausland: Pro Helvetia betreibt ein Netz von Aussenstellen (vgl. Ziff. 2.2.2), um die Präsenz von Schweizer Kunstschaffenden bei wichtigen internationalen Anlässen und den Austausch mit lokalen Kulturinstitutionen (Festivals, Kunsträume, Konzerthallen, Museen, Theater usw.) zu fördern. Die Aussenstellen pflegen den Kontakt zu lokalen Partnern und Kulturinstitutionen, wirken als Vermittler vor Ort und in den jeweiligen Regionen und bieten Residenz-, Recherche- und Austauschprogramme an für Kunst- und Kulturschaffenden aus der Schweiz.

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Anpassungen in der Periode 2025­2028 Neben den in den Ziffern 4.2.2­4.2.7 erwähnten Massnahmen sind folgende übergreifende Anpassungen vorgesehen: Verbreitung und Promotion Um das Interesse an Kunst- und Kulturschaffenden aus der Schweiz im Ausland aufrechtzuerhalten und diese im internationalen Vergleich sichtbar und konkurrenzfähig zu halten, sollen Einladungen von Verantwortlichen internationaler Programme, Kuratorinnen und Kuratoren, Verlegerinnen und Verlegern usw. weiterentwickelt werden. Durch diese Einladungen können zudem schweizerische Kulturinstitutionen und Festivals ihre internationale Bedeutung sicherstellen und ausbauen. Die in den letzten Jahren erfolgreich aufgebaute Präsenz von Kunst- und Kulturschaffenden aus der Schweiz an internationalen Messen, Festivals und Konferenzen werden an die Entwicklungen des internationalen Kulturbetriebs angepasst und bei Bedarf auf neue Regionen und Themenfelder ausgeweitet. Dabei wird prioritär die Präsenz an denjenigen Plattformen gefördert, an denen international renommierte Multiplikatoren (Programmverantwortliche, Festivalleiterinnen und -leiter usw.) erreicht werden können.

Online-Plattformen, die für die internationale Verbreitung an Bedeutung gewinnen, werden angemessen berücksichtigt. Zudem wird ein Fokus auf kollaborative und prozessorientierte künstlerische Praktiken gelegt.

Erschliessung neuer Märkte und Förderung des kulturellen Austauschs Pro Helvetia wird prüfen, wie die bestehenden Netzwerke in den Aussenstellenregionen durch eine Dezentralisierung der Strukturen und Aktivitäten gestärkt werden können. Für bestimmte Regionen wird die Etablierung eines Anker-Modells geprüft, das Kunstschaffenden aus der Schweiz an attraktiven Orten den Zugang zu neuen Kontexten und Märkten ermöglichen soll. Des Weiteren prüft Pro Helvetia Möglichkeiten, den Kunstschaffenden Zugang zu miteinander verbundenen regionalen Netzwerken zu bieten, um dadurch multilaterale Promotions- und Austauschmöglichkeiten zu erhalten. Um die Einbindung von Künstlerinnen und Künstlern aus der Schweiz in internationale Netzwerke zu fördern, sollen entsprechende Kooperationsprojekte, insbesondere in Europa, unterstützt werden.

Residenzaufenthalte und Recherchereisen Damit die Förderangebote für Residenzaufenthalte und Recherchereisen auch künftig den Zielen und Bedürfnissen
der Kunstschaffenden aus der Schweiz gerecht werden, sollen die Angebote geografisch über die Regionen der Verbindungsbüros hinaus flexibilisiert werden. Zudem soll eine Intensivierung der zugehörigen Coachingangebote gezielte Verbindungen zwischen den Kunstschaffenden und den jeweiligen Kulturszenen ermöglichen.

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4.1.5

Schweizer Kulturpreise

Ausgangslage Der Bund vergibt bereits seit 1899 Kunst- und seit 1917 Designstipendien. Sie wurden in den 2000er-Jahren in Preise umgewandelt. Es handelt sich um eine der ersten Massnahmen des Bundes zur Förderung des vielfältigen Kulturschaffens in der Schweiz.

Aufbauend auf dieser mehr als hundertjährigen Erfahrung beauftragte das Parlament den Bundesrat, die Preise des Bundes auf die Sparten Literatur, darstellende Kunst, Musik und Buchgestaltung auszuweiten.

Es gibt zwei Arten von Preisen: Die Schweizer Kulturpreise zeichnen Werke oder eine herausragende Einzelleistung aus; die Schweizer Grand Prix würdigen jeweils die gesamte Laufbahn der Preisträgerin oder des Preisträgers. Die Preisverleihungen finden über das Jahr verteilt im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen statt, die in der Regel in bereits bestehende Formate integriert werden. Die Preise stehen sowohl in der Schweiz als auch im Ausland für die Qualität der ausgezeichneten Kulturschaffenden und ihrer Werke. Neben der finanziellen Unterstützung, die sie bieten, sind die Schweizer Kulturpreise somit eine offizielle Anerkennung, die zur Geltung und Wertschätzung der Kulturschaffenden und ihrer Arbeit beiträgt.

Mit den Schweizer Kulturpreisen konnte seit 2012 ein Netzwerk von Partnerschaften geknüpft werden, das zur Förderung der Preisträgerinnen und Preisträger beiträgt und ihre Sichtbarkeit stärkt: Die Verleihungen der Schweizer Kunst- und Designpreise finden im Rahmen der internationalen Messe Art Basel statt und werden von zwei Ausstellungen mit Werken der Finalistinnen und Finalisten begleitet; die Schweizer Literaturpreise werden während der Solothurner Literaturtage verliehen; die Verleihung der Schweizer Musikpreise findet im Rahmen von Festivals in verschiedenen Regionen statt; die Schweizer Preise Darstellende Künste werden jedes Jahr an einem anderen Ort verliehen, wobei das BAK mit der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur (SGTK), dem Schweizer Theatertreffen, der Schweizer Künstlerbörse und dem Tanzfest zusammenarbeitet. Alle Kulturpreise werden von verschiedenen Promotions- und Kommunikationsmassnahmen für die Preisträgerinnen und Preisträger begleitet (Publikationen, Ausstellungen, Filme, Soziale Medien usw.). Im Weiteren sind einzelne Preise mit Vermittlungsmassnahmen verbunden (z. B. Lesetouren bei den
Schweizer Literaturpreisen, Auftritte an Partnerveranstaltungen). Die Promotion und die Verbreitung von Schweizer Kultur im Ausland ist eine Kernaufgabe der Pro Helvetia (vgl. Ziff. 2.2.2). Pro Helvetia setzt sich deshalb im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Promotion und Verbreitung der Schweizer Kulturpreise im Ausland ein.

Die vom Bundesrat ernannten Eidgenössischen Kommissionen für Kunst und Design sowie die vom EDI ernannten Eidgenössischen Jurys für Literatur, Tanz, Theater und Musik beraten das BAK bei der Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger und geben ihre Empfehlungen zur Vergabe der Preise ab. Die Schweizer Preise werden hauptsächlich im Wettbewerbsverfahren verliehen, während die Gewinnerinnen und Gewinner der Grand Prix von den eidgenössischen Kommissionen und Jurys empfohlen werden.

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Anpassungen in der Periode 2025­2028 Die aktuellen Massnahmen und Konzepte sind das Ergebnis von Anpassungen, die in den vergangenen Jahren sukzessive vorgenommen wurden. Das Dispositiv und seine Wirksamkeit sollen evaluiert werden, insbesondere im Hinblick auf: ­

eine bessere nationale und internationale Promotion und Vermittlung der Preisträgerinnen und Preisträger;

­

die Verankerung der Schweizer Kulturpreise bei einem breiteren Publikum;

­

die Stärkung des Austauschs zwischen den Sprachregionen.

4.2

Förderbereiche und Sparten

4.2.1

Spartenübergreifende Schwerpunkte und Kunstvermittlung

Ausgangslage Pro Helvetia fördert spartenübergreifende Kunst- und Kulturformen, insbesondere an den Schnittstellen zwischen Kunst und neuen Technologien. Unterstützt werden zudem spartenübergreifende Projekte, die neue Wege suchen, um die Rolle von Kunst und Kultur in der Gesellschaft zu reflektieren.

Thematische Schwerpunkte Mit spezifischen Förder- und Rechercheprogrammen trägt Pro Helvetia dazu bei, wesentliche kulturelle Entwicklungen und Herausforderungen zu identifizieren und Massnahmen zu entwickeln, um Impulse und Raum für Innovation zu schaffen. In der Periode 2021­2024 wurde die Zusammenarbeit an der Schnittstelle zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie systematisch gefördert. Daraus sind neuartige Kooperationen (CERN, Swiss Polar Institute) entstanden, die den dauerhaften Austausch und neue Herangehensweisen an gesellschaftliche Herausforderungen ermöglichen.

Für aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel oder digitale Transformation sind spartenübergreifende Ansätze und innovative Kooperationen zentral, da die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten ausserhalb der Kunst ein grosses Potenzial für längerfristige Transformation bietet (vgl. Ziff. 1.2.4 und 1.2.5).

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Thematische Schwerpunkte Die Förderung von Projekten an der Schnittstelle zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie wird mit besonderer Berücksichtigung der ökologischen Nachhaltigkeit und der digitalen Transformation des Kulturbetriebs vertieft. Pro Helvetia unterstützt dabei insbesondere neue Formen der Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus kunstfremden Bereichen, den spartengreifenden Wissenstransfer sowie nachhaltige Kreations- und Produktionsformen. Im Weiteren unterstützt Pro Helvetia Kulturbetriebe mit Coachings und Wissenstransfer durch Diversitätsexpertinnen und -experten mit dem Ziel, die Chancengleichheit und Diversität im Kulturbetrieb zu erhöhen.

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4.2.2

Visuelle Künste

Die Schweiz verfügt über eine Vielfalt international erfolgreicher Künstlerinnen und Künstler sowie bedeutender Institutionen, Kunsträume und Festivals, die zeitgenössischer Kunst eine Plattform bieten. Pro Helvetia unterstützt im Bereich der visuellen Künste Projekte in den Disziplinen bildende Kunst, Fotografie, Medienkunst, Performance, Video und Architektur.

Förderung des künstlerischen Schaffens Die zeitgenössische Fotografie ist in einem starken Wandel begriffen. Neben der traditionellen Fotografie etablieren sich neue fotografische Formen. Die Förderung muss darum umfassend konzipiert sein, die professionelle Entwicklung und Vernetzung der Szene ermöglichen und einen stärkeren Austausch sowohl innerhalb der Schweiz als auch international ermöglichen. Die Fotografie-Förderung von Pro Helvetia unterstützt das zeitgenössische Schaffen in all seinen inhaltlichen und ästhetischen Facetten (künstlerische, dokumentarische und angewandte Fotografie) in analoger oder digitaler Form.

Um die kreative Praxis im Bereich der Architektur und den Diskurs über Architektur und deren gesellschaftliche Relevanz zu stärken, bedarf es einer Förderung von Architekturschaffenden, die auf theoretischer oder praktischer Ebene zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Architektur beitragen.

Professionalisierung und digitale Transformation In den letzten Jahren hat der technologische Wandel zahlreiche Möglichkeiten für neue Präsentationsformen und Produktionsweisen in den visuellen Künsten eröffnet ­ zugleich haben sich Präsentationsstrukturen gewandelt (z. B. virtuelle Kunsträume).

Um die Teilhabe von Künstlerinnen und Künstlern unterschiedlicher Generationen an diesen Veränderungen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Kunstszene insgesamt sicherzustellen, soll die Vermittlung und Aneignung neuer Kompetenzen unterstützt werden.

Arbeitsbedingungen Obwohl in den letzten Jahren in der Schweiz zur Frage der angemessenen Entschädigung von Kunstschaffenden ein Bewusstseins- und Paradigmenwandel stattgefunden hat, gibt es weiterhin Handlungsbedarf: uneinheitliche und fluktuierende Ausstellungshonorare, mangelnde Entlohnung der Phasen der Werkherstellung, ungenügende Kenntnis der spartenspezifischen Empfehlungen zur angemessenen Entschädigung.

Diversität und Chancengleichheit
Die von Pro Helvetia in Auftrag gegebene Vorstudie zu den Geschlechterverhältnissen im Schweizer Kulturbetrieb zeigte in Hinblick auf die Repräsentation der Geschlechter in den visuellen Künsten deutliche Unterschiede: Weibliche Kunstschaf-

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fende sind eindeutig unterrepräsentiert, und zwar sowohl in Gruppenausstellungen (knapp weniger als ein Drittel) als auch in Einzelausstellungen (nur ein Viertel).60 Anpassungen in der Periode 2025­2028 Förderung des künstlerischen Schaffens Die Fotografie-Förderung wird gestärkt und strategisch neu ausgerichtet, um den aktuellen Veränderungen im Bereich Fotografie gerecht werden: Neben den klassischen Publikations- und Ausstellungsformaten soll auch die Teilnahme an neuartigen, teilweise rein digitalen Projekten unterstützt werden. Zudem werden Massnahmen eingeführt, die speziell auf die Professionalisierung und den Erwerb neuer Kompetenzen für Fotografinnen und Fotografen abzielen (z. B. Portfolio Reviews, MentoringFormate).

Ergänzend zu den Fördermassnahmen des BAK im Rahmen der Baukultur unterstützt Pro Helvetia die kritische Auseinandersetzung mit Architektur und fokussiert dabei auf zeitgenössische Architektur und ihrer gesellschaftlichen Funktion (z. B. in Ausstellungen, Veranstaltungen und Publikationen) insbesondere in den beiden Themenfeldern Nachhaltigkeit und Chancengleichheit.

Professionalisierung und digitale Transformation Pro Helvetia wird die künstlerische Professionalisierung und Weiterentwicklung der Kunstschaffenden durch Mentoring- und Coachingprogramme fördern und so den Aufbau und die Vertiefung von notwendigen Kompetenzen für neue Präsentationsformen und Produktionsweisen ermöglichen. Dabei sollen Kunstschaffende mit spezialisierten Partnern und Organisationen ­ auch ausserhalb des Kultursektors ­ zusammengebracht werden.

Arbeitsbedingungen Ab 2025 wird Pro Helvetia im Rahmen der Behandlung von Gesuchen verlangen, dass die Richtlinien der Branchenverbände zur Entschädigung von Kunstschaffenden angewendet werden. Begründete Ausnahmen etwa für den Nachwuchsbereich und für Kleinproduktionen sind möglich.

Diversität und Chancengleichheit Pro Helvetia wird in der Projektförderung zur Sichtbarkeit der Arbeit von Kunstschaffenden bisher unterrepräsentierter gesellschaftlicher Gruppen beitragen. Darüber hinaus werden die Fördermassnahmen auf ihre Angemessenheit und Wirksamkeit in Bezug auf unterschiedliche künstlerische Karriereverläufe überprüft.

60

Universität Basel, Zentrum Gender Studies: Geschlechterverhältnisse im Schweizer Kulturbetrieb, Basel 2021.

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4.2.3

Design einschliesslich Game-Design

Ausgangslage Seit 2021 ist die Förderung von professionellem zeitgenössischem Design und GameDesign fest im Förderportfolio von Pro Helvetia integriert. Die Stiftung unterstützt die Entstehung neuer Projekte sowie die Promotion und Verbreitung ausserhalb der Schweiz.in allen Bereichen des professionellen Designschaffens (Textil-, Mode-, Industrie-, Produkt-, Service-, Grafik- und Game-Design).

Förderung des kreativen Schaffens Das Game-Design hat sich als relevanter Teil der Kreativwirtschaft etabliert, geprägt von einer Diversifizierung der Angebote und der Etablierung von Nischenmärkten.

Die Entwicklung von Computerspielen ist zeit- und kostenintensiv, vergleichbar mit der Filmproduktion, da sie sich arbeitsteilig zwischen verschiedenen kreativen und technischen Fachberufen abspielt.

Da Pro Helvetia im Bereich Design und Games die einzige öffentliche Förderinstanz mit fest institutionalisierter Unterstützung ist, sind Studios darauf angewiesen, ihre Finanzierung zu einem grossen Teil über Partner aus der Industrie zu sichern. Neben der direkten Projektunterstützung legt Pro Helvetia deshalb einen Fokus auf Marktzugang und die Präsenz an Messen und Festivals, um den Studios die Vernetzung mit Industriepartnern zu ermöglichen.

Austausch im Inland Begleitmassnahmen wie Coaching und Mentoring tragen zur Professionalisierung und Entwicklung von unternehmerischen Fähigkeiten der Kreativen bei, die diese zur Umsetzung ihrer Projekte benötigen.

Austausch- und Vernetzungsformate tragen zum Wissenstransfer (z. B. hinsichtlich Rechtsfragen) zwischen erfahrenen und jungen Kreativen und somit zur Steigerung der Qualität von Inhalten und Produktion bei.

Im Bereich Design, wo es in der Schweiz neben den jungen Designstudios auch etablierte Designhersteller gibt, soll der Austausch zwischen den Akteuren systematisiert werden, um neue Zusammenarbeitsmodelle zu ermöglichen. Wichtig bleibt die Unterstützung der Präsenz an Messen und Fachtagungen in der Schweiz.

Internationale Promotion Die Schweiz hat im Ausland einen ausgezeichneten Ruf im Bereich von Design, neu auch im Game-Design. In den kompetitiven internationalen Märkten muss die Sichtbarkeit von Schweizer Design und Game-Design entsprechend gefördert werden. Die Präsenz auf bedeutenden Plattformen ist dabei für die Kreativen von entscheidender
Bedeutung. Zielgerichtete Vernetzungsaktivitäten mit der internationalen Industrie ermöglichen Partnerschaften, die den Schweizer Kreativen helfen, ihre Produkte erfolgreich zu realisieren und zu verbreiten.

Sowohl im Games- wie auch im Designbereich gibt es eine verstärkte Nachfrage von ausländischen Herstellern und Verlegern nach Recherchereisen in die Schweiz, um Studios und Kreative kennen zu lernen.

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Eine wesentliche Herausforderung für Entwicklerinnen und Designer bleibt der fehlende Zugang zum EU-Förderprogramm Kreatives Europa und seinem Aktionsbereich «MEDIA», was die Möglichkeiten für europäische Koproduktionen einschränkt (vgl. Ziff. 4.6.3).

Chancengleichheit und Nachhaltigkeit Obwohl die Game-Industrie bei der Gleichstellung der Geschlechter Fortschritte macht, bleibt gemäss Erhebungen der Non-Profit-Organisation «Women in Games» der Anteil an Frauen niedrig (weltweit 24 % der Beschäftigten im Jahr 2019, in der Schweiz zeigt sich ein ähnliches Bild).61 Hier gibt es also Handlungsbedarf.

Das Designschaffen nimmt sich zunehmend Querschnittsthemen wie der Nachhaltigkeit an und sucht vermehrt gesellschaftliche Wirkung. Immer mehr junge Design-Studios entwickeln innovative Projekte mit gesellschaftlich relevanten Lösungsansätzen, die rechercheintensiv sind und angemessene Förderung verlangen.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Förderung des kreativen Schaffens Im Bereich Game-Design sollen die einzelnen Produktionsbeiträge erhöht werden.

Damit soll die Finanzierung der einzelnen Projekte verbessert und eine Beteiligung industrieller Partner angeregt werden. Diese Massnahme bedingt eine höhere Selektivität in der Förderung.

Austausch im Inland Um die Entwicklung der Szene dauerhaft zu unterstützen, ist eine Förderung von Vernetzungsaktivitäten zwischen Industrie und Designschaffenden sowie Entwicklern und Entwicklerinnen unerlässlich. Dafür werden entsprechende Formate wie Peer-toPeer Meetings oder Game Jams berücksichtigt.

Zur Förderung von Wissensaufbau und Professionalisierung werden Coaching- und Mentoringprogramme als fester Bestandteil in das Fördermodell integriert (Weiterentwicklung von Formaten wie «SwissGames Showcase» und «Design Empowerment»).

Internationale Promotion Neben der Sicherung von prioritären Plattformpräsenzen sollen auch Partnerschaften mit europäischen Akteuren geprüft werden, mit dem Ziel, eine bessere Vernetzung und den Zugang zu europäischen Koproduktionsmodellen zu ermöglichen. Zudem sollen Einladungen internationaler Produktions- und Herstellungsfirmen unterstützt werden, um den direkten Zugang zu Studios mit internationalem Potenzial zu vereinfachen.

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Marie-Claire Isaaman & Sharon Tolaini-Sage: The Women in Games Guide: Building a Fair Playing Field, Women in Games, 2022.

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Chancengleichheit und Nachhaltigkeit Pro Helvetia wird ihre Fördermassnahmen im Bereich Design mit Fokus auf gesellschaftlich relevante Fragestellungen weiter akzentuieren und nachhaltige Produktionsformen prioritär unterstützen. Im Bereich des Game-Designs werden spezifische Mentoring- und Networking-Angebote zur Förderung von Frauen in der Branche angeboten.

4.2.4

Darstellende Künste

Ausgangslage Pro Helvetia unterstützt im Bereich der darstellenden Künste die Schaffung von Werken der freien Szene und deren Verbreitung und Promotion im In- und Ausland, ihre Übersetzung und Übertitelung sowie die Vernetzung der Akteurinnen und Akteure aus der Schweiz mit nationalen und internationalen Veranstaltern und Koproduktionspartnern.

Förderung des künstlerischen Schaffens ­ prozessorientierte Förderung Eine zentrale Herausforderung für die Akteure der darstellenden Künste besteht darin, dass die öffentliche Förderung primär auf die Produktion von neuen Werken fokussiert, die vor- oder nachbereitenden Arbeitsschritte wie Recherche und Auswertung hingegen vernachlässigt.62 Die negativen Folgen dieser vorwiegend outputorientierten Förderpolitik bestehen darin, dass viele geförderte Stücke nur wenig gespielt werden, kaum Publikum erreichen und damit wenig ökonomische Rückwirkung erzielen.

Nur wenige Gruppen schaffen es, ein erfolgreiches Repertoire aufzubauen und ihre Stücke nach der Premiere weiter auszuwerten ­ unter anderem auch, weil sie sich aus finanziellen Gründen stets auf die nächste Produktion konzentrieren müssen. Die künstlerische Weiterentwicklung leidet, weil die Zeit für Recherchen und die Auseinandersetzung mit dem Publikum fehlt.

Verbreitung und Promotion im Inland Die mangelnde Verbreitung von Stücken innerhalb der Schweiz ist als Herausforderung von Bund, Kantonen und Städten erkannt.63 Bei der Entwicklung von Lösungen geht es vor allem darum, die Verbreitungsförderung systematisch mit der Produktionsförderung zu verbinden, was eine Koordination zwischen und innerhalb der verschiedenen Ebenen der Kulturförderung bedingt.

Verbreitung und Promotion im Ausland Auf internationaler Ebene stellen sich Fragen der ästhetischen Vielfalt und der ökologischen Nachhaltigkeit: Der hypermobile Markt erzeugt einen wenig nachhaltigen 62

63

Nationaler Kulturdialog (Hg.): Tanzförderung in der Schweiz. Panorama 2017, Bern 2021; Mathias Rota, Le système des arts de la scène de Suisse Romande, Une contribution à l'espace culturel romand, 2022.

Arbeitsgruppe Diffusion und Promotion der Konferenz der kantonalen Kulturbeauftragten der Nordwestschweiz, Diffusion & Promotion: Grundlagen, Herausforderungen und Stossrichtungen, 2021.

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Umgang mit Ressourcen. Die Kulturförderung muss daher ökologische Mobilitätskonzepte priorisieren, in digitale Möglichkeiten des internationalen Austauschs investieren und die existierenden Promotionsmassnahmen den neuen Nachhaltigkeitszielen anpassen. Darüber hinaus muss sie internationale Karrieren ermöglichen, die künstlerische und professionelle Entwicklung in stabilen Netzwerken ermöglichen. Da Karrieren in den darstellenden Künsten selten linear und kontinuierlich verlaufen, sondern durch Umbrüche und Unterbrechungen geprägt sind, ist Unterstützung bei der strategischen Planung gefragt.

In Europa, dem wichtigsten Markt für Schweizer Gruppen, wird stark in von der EU geförderten Netzwerken gearbeitet, weshalb die europäischen Theater und Festivals in erster Linie untereinander kooperieren. Als Folge des anhaltenden Ausschlusses am EU-Programm Kreatives Europa bleibt den Schweizer Theaterschaffenden der Zugang zu Koproduktionsmitteln und Auftrittsmöglichkeiten weiterhin verwehrt.

Arbeitsbedingungen Noch immer sind faire Arbeitsbedingungen in den darstellenden Künsten nicht ausreichend und verbindlich zugesichert. Handlungsbedarf besteht insbesondere hinsichtlich der angemessenen Entlöhnung der Kunstschaffenden wie auch bei der Gewährleistung der Chancengleichheit und eines sicheren Arbeitsumfelds (physische und psychische Integrität der Kunstschaffenden).

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Förderung des künstlerischen Schaffens ­ prozessorientierte Förderung Ergänzend zur Förderung von neuen Werken sollen die Qualität des künstlerischen Schaffens gefördert und die Entwicklungsmöglichkeiten der freischaffenden Gruppen verbessert werden, indem die Arbeitsprozesse vor und nach der Produktion stärker gewichtet werden und damit der Produktionsdruck gemindert wird. Folgende Massnahmen werden ab 2025 in das Förderportfolio von Pro Helvetia aufgenommen: ­

Durch Unterstützung thematischer und künstlerischer Recherchen von freien Gruppen wird der Produktionsrhythmus verlangsamt, Raum für Vertiefung geschaffen und dadurch die künstlerische Weiterentwicklung gefördert.

­

Durch die Förderung von Wiederaufnahmeproben können ältere Stücke nach längeren Vorstellungspausen in guter Qualität wieder aufgeführt und inhaltlich oder personell angepasst werden. Auf diese Weise können Gruppen ihr Repertoire über längere Zeiträume auswerten.

Verbreitung und Promotion im Inland Die von Städten und Kantonen geplanten Massnahmen zur Verbreitungsförderung werden durch den Bund wie folgt mitgetragen: ­

Pro Helvetia führt den Austausch mit den Kantonen über die Entwicklung der Verbreitungsförderung und allfällige neue Massnahmen weiter.

­

Pro Helvetia überprüft ihr aktuelles Portfolio und passt bestehende Instrumente und Projekte so an, dass sich die Massnahmen der verschiedenen Förderebenen optimal ergänzen.

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Verbreitung und Promotion im Ausland Um künstlerisch und ökologisch nachhaltige internationale Karrieren zu ermöglichen, werden folgende Massnahmen implementiert: ­

Pro Helvetia entwickelt ihre Verbreitungsförderung, um nachhaltige Formen der Mobilität besser zu berücksichtigen. Gleichzeitig wird die künstlerische und ökologische Nachhaltigkeit als Wirkungsziel auch bei anderen Formaten stärker gewichtet, etwa bei den kooperativen Tourneeverträgen mit freien Gruppen oder bei den Promotionsinstrumenten.

­

Um den international etablierten Gruppen eine langjährige Tätigkeit zu ermöglichen, bietet Pro Helvetia ihnen mit den Weiterentwicklungsbeiträgen die Möglichkeit, die bisherige Arbeitsweise zu analysieren und sich inhaltlich und strategisch neu auszurichten.

­

Um den Schweizer Kunstschaffenden den Zugang zu den wichtigen europäischen Netzwerken offen zu halten, gewährt Pro Helvetia finanzielle Unterstützung für die Teilnahme an relevanten internationalen Kooperationsprojekten.

­

Um die Sichtbarkeit und die individuellen Netzwerke der freien Gruppen auf dem internationalen Markt zu erhalten oder zu stärken, werden neu digitale Formen des Austauschs und der Präsentation gefördert.

Arbeitsbedingungen Pro Helvetia achtet bei allen unterstützten Projekten und eigenen Massnahmen darauf, faire Arbeitsbedingungen für Kunstschaffende zu garantieren: ­

Pro Helvetia unterstützt in der Schweiz im Bereich der darstellenden Künste nur Projekte, bei denen sich die budgetierte Entlöhnung der Kunstschaffenden an den geltenden Richtlinien der Verbände orientiert. Begründete Ausnahmen etwa für den Nachwuchsbereich und für Kleinproduktionen sind möglich.

­

Pro Helvetia wendet eine Förderpraxis und entsprechende neue Beurteilungskriterien an, die faire Arbeitsbedingungen, Transparenz, Chancengleichheit und Vielfalt ermöglichen.

4.2.5

Literatur

Ausgangslage Pro Helvetia unterstützt die Kreation zeitgenössischer literarischer Texte, illustrierter Kinderbücher und Comics sowie literarische Übersetzungen. Sie unterstützt die Verbreitung und Promotion dieser Werke im In- und Ausland, ebenso die internationale Mobilität und Residenzaufenthalte von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, literarischen Übersetzerinnen und Übersetzern sowie Illustratorinnen und Illustratoren. Das BAK unterstützt im Weiteren das Verlagswesen mit strukturellen Finanzhilfen.

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Förderung des künstlerischen Schaffens Die Vergabe von Beiträgen ist wesentlich für die Förderung literarischer Texte und illustratorischer Werke, berücksichtigt jedoch nicht die wichtigen Arbeitsschritte, die den Kreationsprozess ergänzen, wie etwa künstlerische Entwicklungs- und Rechercheprozesse sowie Veröffentlichungsformen, die vom herkömmlichen Buch abweichen.

Im Literaturbetrieb der Schweiz sind Diversität und Geschlechtergerechtigkeit noch nicht in ausreichendem Masse erreicht. Es braucht daher strukturelle Veränderungen und Massnahmen zur Verbesserung der Sichtbarkeit von untervertretenen Personengruppen. In der Kulturbotschaftsperiode 2021­2024 hat Pro Helvetia die Kreationsund Übersetzungsförderung hinsichtlich aller in der Schweiz geschriebenen Sprachen geöffnet.

Das Schweizer Comic- und Illustrationsschaffen ist äusserst vielfältig und hat grosses künstlerisches Potenzial. Dieses soll künftig noch stärker gefördert werden, wobei fehlende Honorarvorgaben eine grosse Herausforderung für Comic-Schaffende darstellen. Zudem bestehen in der Schweiz grosse regionale Unterschiede hinsichtlich der Förderung dieser Sparte auf kommunaler und kantonaler Ebene.

Professionalisierung des Literaturbetriebs Wenige professionelle Literaturschaffende können aus ihrer literarischen Tätigkeit ihren Lebensunterhalt bestreiten. Deshalb ist es wichtig, die Professionalisierung des Literaturbetriebs und seiner Akteurinnen und Akteure zu fördern. Als zielführend haben sich Massnahmen erwiesen, die den inhaltlichen Austausch ermöglichen, sowie Weiterbildungen und fachspezifische Symposien.

Verlagsförderung Die meisten Schweizer Verlage sind mittlere bis kleine Unternehmen. Sie ermöglichen und begünstigen das zeitgenössische Literaturschaffen. Der wirtschaftliche Druck, dem diese Branche ausgesetzt ist, zwingt die Verlage jedoch dazu, sich auf die einträglichsten Aspekte ihrer Tätigkeit zu konzentrieren. Darunter leiden andere Bereiche wie Forschung, Lektorat, Verbreitung oder Digitalisierung, die das Fortbestehen und die Qualität der Verlage garantieren.

Die seit 2016 bestehende Verlagsförderung des Bundes sieht Strukturbeiträge an Schweizer Verlage vor, die für eine hochwertige Verlagsarbeit einstehen und einen Mehrwert für die gesamte Schweizer Kulturwelt bieten.

Nationale und internationale Verbreitung
und Promotion Eine wichtige Rolle für die Sichtbarkeit und die Verbreitung von Literatur spielen Übersetzungen von literarischen Texten in andere Landessprachen, aber auch in weitere Sprachen. Dabei spielt der Lizenzhandel eine wichtige Rolle. Eine wirkungsvolle Massnahme zur Förderung von Übersetzungen sind Vermittlungs- und Netzwerkaktivitäten sowie Zuschüsse an Übersetzungshonorare für Verlage, die Schweizer Literatur publizieren.

Auftritte von Schweizer Verlagen sowie Literaturakteurinnen und -akteuren an internationalen Buchmessen sorgen für Promotion und Sichtbarkeit von Literatur aus der 57 / 130

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Schweiz und stärken die Verbindung mit der internationalen Literaturszene. Die Buchmessen befinden sich stark im Wandel, weshalb Pro Helvetia gemeinsam mit den Berufsverbänden die unterstützten Buchmessepräsenzen kritisch evaluiert.

Die digitale Promotion von Texten hat stark an Bedeutung gewonnen. Viele Veranstaltende arbeiten mit hybriden oder digitalen Formaten, weil damit ein breiteres Publikum erreicht werden kann und auch ökologische und logistische Vorteile entstehen.

Mit der zunehmenden Verlagerung des Marketings ins Digitale verändert sich das bisherige Verständnis von Promotion, verbunden mit entsprechendem Mittelbedarf für die technische Umsetzung und die visuelle Aufbereitung von Inhalten.

Literarische Texte gewinnen als Stoffe für Adaptationen im Film­ und Gamebereich an Bedeutung, was sich unter anderem in der Zunahme von internationalen Plattformen zur Begegnung zwischen literarischen Texten und Film, Serien oder Videospielen äussert. Für Verlage wie für Autorinnen und Autoren stellen Adaptationen eine zusätzliche Einnahmequelle dar. Zudem verleihen sie den Werken und ihren Urheberinnen eine grössere Sichtbarkeit und leisten so einen zusätzlichen Beitrag zu deren internationaler Verbreitung.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Förderung des künstlerischen Schaffens Um unterschiedliche Phasen der Textentstehung prozessorientiert zu unterstützen, wird Pro Helvetia die Massnahmen zur Förderung von Recherche und Entwicklung dauerhaft in das Förderportfolio integrieren.

Künftig können auch Autorinnen und Autoren bei der Schaffung literarischer Texte unterstützt werden, die Veröffentlichungsformen anstreben, die vom herkömmlichen Buchformat abweichen oder Verbindungen zu anderen Kunstformen schaffen.

Künstlerische Positionen von unterrepräsentierten Personengruppen sollen gestärkt und breiter sichtbar gemacht werden, etwa durch Beratungs- und Mentoringangebote.

Im Bereich Comics werden neben der Fortführung der Kreationsbeiträge die Förderaktivitäten angepasst und weiterentwickelt (u. a. internationale Mobilität, Übersetzung und internationale Promotion). Zudem wird in der Comic-Förderung mit interessierten Städten und Kantonen eine verstärkte überregionale Koordination angestrebt.

Professionalisierung des Literaturbetriebs Im Hinblick auf die Kompetenzentwicklung der Literaturakteurinnen
und -akteure wird geprüft, ob in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden entsprechende Projekte entwickelt werden können (z. B. Coachings, Mentorate, Werkstätten oder Symposien).

Verlagsförderung Die Strukturbeiträge an Verlage durch das BAK werden auch in der Förderperiode 2025­2028 weitergeführt. Die Covid-19-Pandemie hat zudem die Notwendigkeit der nationalen Vernetzung und digitalen Zusammenarbeit, Promotion und Kommunikation für diese stark sprachorientierten Branche aufgezeigt. Aus diesem Grund 58 / 130

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unterstützt der Bund in Zukunft zusätzlich zu den Strukturbeiträgen neu Vorhaben der sprachregionalen Dachverbände, die sich insbesondere der digitalen Transformation widmen.

Nationale und internationale Verbreitung und Promotion Die bestehenden Förderinstrumente im Bereich Internationale Promotion und Mobilität werden erweitert, um auch hybride oder digitale Formate berücksichtigen zu können.

Neben der regulären Standpräsenz an Buchmessen werden internationale Promotionsund Netzwerkprojekte in analoger, hybrider und digitaler Form unterstützt. Zudem werden internationale Netzwerke und Kollaborationen unterstützt, die auf längerfristige Zusammenarbeit abzielen.

Zur Förderung der Adaptation von literarischen Werken unterstützt Pro Helvetia die Präsenz von ausgewählten Schweizer Verlagen an entsprechenden Programmen von internationalen Filmfestivals und Festivals im Bereich Games. Innerhalb der Schweiz wird Pro Helvetia in Zusammenarbeit mit dem BAK die Vernetzung zwischen der Literatur- und der Filmbranche fördern, um gegenseitigen Wissenstransfer zu ermöglichen und künstlerische Kooperationen auf nationaler Ebene zu stimulieren.

4.2.6

Musik

Ausgangslage Pro Helvetia fördert das aktuelle musikalische Schaffen mit Blick auf Vielfalt und nationale wie internationale Ausstrahlung. Sie unterstützt die Entstehung neuer musikalischer Werke, die Verbreitung des aktuellen Schweizer Musikschaffens ausserhalb der Schweiz und den Kulturaustausch innerhalb der Schweiz und auf internationaler Ebene.

Förderung des künstlerischen Schaffens In Bereichen wie Pop, Rap und Elektro wird das kreative Schaffen nur lückenhaft gefördert, was auch eine Folge der überholten Vorstellung ist, dass selbsttragende Geschäftsmodelle im Popbereich die anzustrebende Norm seien. Zudem verändern sich die künstlerischen Arbeitsformen: Zum einen wird vermehrt in kollektiver und kollaborativer Form gearbeitet, zum andern führen neue Diffusions- und Rezeptionsbedingungen dazu, dass Musikschaffende häufiger visuelle oder szenische Aspekte in ihre Arbeit integrieren. Eine während der Pandemie lancierte Fördermassnahme für musikalische Recherche- und Entwicklungsprozesse hat gezeigt, wie wertvoll und produktiv die Förderung von vor- und nachgelagerten Produktionsprozessen für die künstlerische Qualität und die Entwicklung neuer musikalischer Ansätze ist.

Arbeitsbedingungen und Professionalisierung Der Musikbereich ist besonders stark von kurzfristigen Engagements und komplexen kollektiven Arbeitsprozessen geprägt, was die Arbeitsplanung kompliziert und die Einkommenssituation verschlechtert. Gleichzeitig werden Honorarrichtlinien nicht 59 / 130

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konsequent angewendet; auch existieren sie nur für musikalische Proben, Aufführungen und Kompositionsaufträge, während sie für andere Schaffensphasen, wie Recherche und Kreation, weitgehend fehlen.

Internationale Verbreitung und Promotion Internationale Präsenz ist für Musikschaffende aus der Schweiz aufgrund des kleinen Inlandmarktes zentral. Allerdings sind die Musikschaffenden bei internationalen Auftritten meistens mit Gagenniveaus konfrontiert, die für Schweizer Verhältnisse nicht kostendeckend sind. Neue Anforderungen bezüglich Mobilität und Nachhaltigkeit geben Anstoss zur Erprobung von neuen Formen internationaler Präsenz, wie etwa Verbindungen von Tourneen und Residenzaufenthalten. Auch die ständig wachsende Bedeutung von internationaler Zusammenarbeit und Koproduktion gilt es angemessen zu berücksichtigen.

Digitale Transformation und neue Formen der Verbreitung Neben Messepräsenzen, Recherchereisen und Netzwerkanlässen wächst die Bedeutung digitaler Promotion. Diese verlangt von den Musikschaffenden spezifische Kompetenzen für professionelle audiovisuelle Webauftritte. Streamingplattformen bestimmen heute weltweit, welche Musik ein Publikum findet, ihre Auswahlmechanismen sind jedoch für viele Musikschaffende kaum zugänglich und die Vergütungssysteme für die grosse Mehrheit der Musikschaffenden nicht einträglich.

Als Gegenpol zu den grossen globalen Streamingplattformen entstehen innovative Verbreitungsmodelle wie unabhängige Mikro-Strukturen (häufig Eigenlabels von Musikschaffenden), die zwar weniger Reichweite, aber eine starke künstlerische Identität erreichen. Diese nicht primär profit-, sondern qualitätsorientierten Strukturen arbeiten oft eng mit anderen kreativen Bereichen zusammen (etwa Design für Vinyl, Video für audiovisuelle Medien). Für sie gibt es bislang kaum Fördermassnahmen, obwohl sie Musikschaffenden wichtige Entwicklungsperspektiven bieten.

Chancengleichheit und Vielfalt Die von Pro Helvetia initiierte Vorstudie des Zentrums für Gender Studies der Universität Basel aus dem Jahr 2020 zeigt, dass der Musiksektor besonders stark von Ungleichheiten betroffen ist. Die Programme der meisten Spielstätten und Festivals zeigen nach wie vor deutlich, dass erhebliche strukturelle Anstrengungen zur Erhöhung der Chancengleichheit unternommen werden müssen. Dabei sind Akteurinnen
und Akteure der gesamten musikalischen Produktionskette zum Handeln aufgerufen, von der Ausbildung und Förderung junger Talente über die Programmgestaltung bis hin zur Kulturförderung und zur Vergabe von Preisen und Auszeichnungen.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Förderung des künstlerischen Schaffens Pro Helvetia wird die Förderung des musikalischen Schaffens anpassen und Unterschiede zwischen den Fördermassnahmen für verschiedene Musikgenres ausgleichen.

Zudem werden künftig verschiedene Phasen des Produktionsprozesses unterstützt, von Vorarbeiten über die Umsetzung bis zur Aufführung.

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Arbeitsbedingungen und Professionalisierung Pro Helvetia wird in der Förderung systematisch auf die Einhaltung von Honorarempfehlungen achten. Zudem werden Projekte gestärkt, die zum Wissensaufbau im Bereich der Arbeitsbedingungen beitragen, nationale und internationale Netzwerke stärken und die Musikschaffenden dabei unterstützen, professionelle Arbeitsstrukturen aufzubauen.

Austausch und Verbreitung im Inland Pro Helvetia wird im Inland ausgewählte Festivals, Veranstaltungsorte und Plattformen unterstützen, deren Programmierung Schweizer Musikschaffenden Auftritte mit überregionaler Ausstrahlung bieten und die ein Augenmerk auf Diversität und Nachhaltigkeit richten. Durch die Förderung von Synergien zwischen Veranstaltenden aus verschiedenen Sprachregionen werden der Austausch und die Vernetzung zwischen den Landesteilen gestärkt.

Internationale Verbreitung und Promotion Der bisherige Fokus auf die Unterstützung von internationalen Tourneen durch die Deckung von Reise- und Transportkosten wird neu ausgerichtet. Fehlanreize zu gemessen am Wirkungspotential unverhältnismässig reiseintensiven Tourneen werden beseitigt und die Förderinstrumente so angepasst, dass Musikschaffende ihre internationalen Tätigkeiten und Promotionsaktivitäten in individuell zugeschnittener, nachhaltiger Form gestalten können. So beispielsweise Mischformen von Tourneen und Residenzaufenthalten, die Kollaborationen und Ko-Kreationen mit lokalen Kunstschaffenden umfassen und eine vertiefte künstlerische Arbeit vor Ort ermöglichen.

Digitale Transformation und neue Formen der Verbreitung Pro Helvetia wird Promotionsprojekte von unabhängigen Labels und Plattformen fördern, die zur dauerhaften Stärkung der internationalen Positionierung von Musikschaffenden aus der Schweiz beitragen. Dabei soll ein Fokus auf die digitale Vernetzung zwischen Musikschaffenden und unabhängigen Alternativangeboten zu den grossen globalen Streamingplattformen gerichtet werden.

Chancengleichheit und Diversität stärken Pro Helvetia wird ihre Fördermassnahmen und ihre Vergabepraxis im Bereich Musik mit Blick auf die Gleichstellung von benachteiligten Gruppen laufend überprüfen und bei Bedarf anpassen. Bei der Prüfung der Gesuche für Veranstaltungen wird zudem verstärkt auf eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter im Programm geachtet.

Punktuell werden Projekte zum Wissensaufbau für Musikschaffende und Institutionen unterstützt.

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4.2.7

Film

Ausgangslage Dank der Unterstützung durch die öffentliche Hand verfügt die Schweiz über ein vielfältiges mehrsprachiges Filmschaffen64 und über eine lebendige Filmkultur. Schweizer Filme erzielen trotz einer starken Konkurrenz einen beachtlichen Marktanteil im Kino, der 2022 mit 7,1 Prozent65 vergleichbar war mit dem Marktanteil einheimischer Produktion in Ländern wie Österreich oder Belgien.66 Als Orte der kulturellen Teilhabe stehen nach wie vor die Kinos mit ihrem breiten Filmangebot im Vordergrund.

Eine wichtige Rolle für den Zugang zur Filmkultur spielen auch die Filmfestivals, die in allen Sprachregionen präsent sind und einen Beitrag zur Vermittlung und Promotion der Filme leisten. Schweizer Filme sind zudem regelmässig an die wichtigsten internationalen Filmfestivals eingeladen. Und doch steht der Film- und audiovisuelle Sektor in der Schweiz vor grossen Herausforderungen.

Digitalisierung und technologische Entwicklungen Zahlreiche technologische Entwicklungen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Produktionsprozesse für Filme effizienter und der Konsum von Filmen ausserhalb von Kinos und Festivals einfacher und zugänglicher geworden sind. Die Vervielfältigung des Filmangebots namentlich auf digitalen Kanälen führt zu einer hohen und gleichzeitig sehr diversifizierten Nachfrage nach audiovisuellen Inhalten. Die internationale Konkurrenz für den Schweizer Film hat dadurch erheblich zugenommen.

Entscheidender denn je wird sein, ob und wie der lokal produzierte Film platziert wird und ein nationales oder internationales Publikum findet. Die Digitalisierung und die technologischen Entwicklungen haben deshalb nicht nur einen prägenden Einfluss auf das Konsumverhalten, sondern auch auf die Art, wie Filme in der Zukunft produziert, ausgewertet und beworben werden.

Neben den klassischen Erzählformaten haben sich auch in der Schweiz neue digitale Erzählformate wie «Virtual Reality» (VR) oder «Augmented Reality» (AR) entwickelt. Solche Formen werden unter dem Begriff «Extended Reality» (XR) zusammengefasst, der sowohl kommerzielle Anwendungen als auch künstlerische Projekte einschliesst. «XR» wird auf europäischer Ebene nicht nur über das EU-Kulturprogramm Kreatives Europa, sondern auch über das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe finanziert. Der Bund unterstützt solche neuen
Erzählformen bisher nur in der Entwicklungsphase.

Kinos als Orte der Filmkultur und der Begegnung Die Kinos leisten einen Beitrag zur Angebotsvielfalt und spielen eine Rolle als Ort der kulturellen Begegnung. Auf der Leinwand ist Film als kollektives Erlebnis für alle 64

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BAK: Die Finanzierung der Schweizer Kinofilmproduktion 2021; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturschaffen > Film > Statistiken und Publikationen > Weitere Publikationen.

BAK: Die Filmförderung im Jahr 2022: Facts and Figures; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturschaffen > Film > Statistiken und Publikationen > Jahresbericht.

Marché du Film Cannes: Focus Report 2022: Österreich 6,8 %, Belgien 6,0 %.

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Altersstufen und alle sozialen Gruppen erfahrbar. Kinos beleben die Innenstädte als Teil der Alltagskultur.

Die derzeitige Verlagerung des Konsums von den Kinos in den digitalen Raum ist jedoch umfassend. Streamingdienste zeigen nicht nur Kinofilme, sondern ein grosses Volumen an fiktionalen Serien, welche die Aufmerksamkeit des Publikums an sich binden. Die heutige Vielfalt der Kinolandschaft gerät angesichts der Umwälzungen wirtschaftlich stark unter Druck. Gefährdet ist damit auch die Finanzierung der Schweizer Filme selber, da der Kinoerfolg nach wie vor massgebend für deren weitere Auswertung auf anderen Kanälen ist.

Die Finanzhilfen des Bundes an Kino- und Verleihbetriebe, die gestützt auf Vielfaltskriterien vergeben werden, sind nicht ausreichend für die Existenzsicherung von gefährdeten Betrieben. Es stellt sich die Frage nach neuen Geschäftsmodellen und Kooperationen, welche die Lebensfähigkeit der Kinos sichern.

Filmförderung im Wandel Inländische Fernsehsender sind bereits seit 2007 verpflichtet, 4 Prozent ihres Umsatzes in das Schweizer Filmschaffen zu investieren. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur einheimischen Filmproduktion. Filme und Serien werden jedoch zunehmend auch im Streaming angeboten. Für die oft global tätigen Streamingdienste gab es bisher in der Schweiz keine Investitionspflicht.

Mit der Änderung des Filmgesetzes, die am 15. Mai 2022 in der Volksabstimmung bestätigt wurde, sind diese Dienste den Schweizer Fernsehsendern seit Anfang 2024 gleichgestellt: Auch sie müssen künftig 4 Prozent des in der Schweiz erzielten Umsatzes in das hiesige Filmschaffen investieren. Sie können sich entweder direkt an Schweizer Film- und Serienproduktionen beteiligen oder eine Ersatzabgabe entrichten, die der Schweizer Filmförderung zugutekommt. Zudem muss das Angebot der Streamingdienste zu 30 Prozent aus Filmen oder Serien bestehen, die in Europa produziert wurden.

Durch die Erweiterung der Investitionspflicht werden zusätzliche, private Mittel in das Schweizer Filmschaffen fliessen. Die investitionspflichtigen Anbieter entscheiden dabei selber, in welche Filme oder Serien in der Schweiz sie investieren und in welcher Form sie das tun: Sie können beispielsweise bestehende Filme einkaufen, sich an einer Produktion beteiligen oder einen Film oder eine Serie nach einer eigenen
Idee in Auftrag geben. Die Filme können als Schweizer Filme produziert oder mit anderen Ländern koproduziert werden. Die Anbieter können in Spielfilme, Dokumentarfilme, Animationsfilme oder Serien investieren.

Es ist davon auszugehen, dass das Zutun neuer privater Akteure in der Filmfinanzierung zu gewissen Verschiebungen der Förderschwerpunkte der öffentlichen Hand führen wird. Das BAK hat deshalb im Frühling 2023 eine externe Studie67 in Auftrag gegeben, welche die Entwicklungen im audiovisuellen Sektor analysieren, die Herausforderungen der Filmförderung in der Schweiz beleuchten und Entwicklungsszenarien für die Zukunft aufzeigen soll. In diesem Zusammenhang sollte auch die Be67

Die öffentliche Filmförderung im Wandel ­ Analyse der heutigen Strukturen und Perspektiven für die Zukunft.

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wirtschaftung des Filmkredits verbessert werden. Das Jährlichkeitsprinzip steht in einem Spannungsverhältnis zur Tatsache, dass sich die Realisierung von Filmprojekten sehr häufig über mehrere Jahre erstreckt.

Gleichstellung und Chancengleichheit Bei der Förderung des Films achtet der Bund seit bald 10 Jahren auf einen gleichberechtigten Zugang der Geschlechter zu den Förderinstrumenten und auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zum Beispiel werden Betreuungskosten für Kinder und pflegebedürftige Angehörige während Dreharbeiten bei der Filmförderung angerechnet.

Die Einführung von Kriterien zur Förderung des gleichberechtigten Zugangs zur Filmförderung, die Selbstdeklaration der Produktionsfirmen und das regelmässige Monitoring der Kennzahlen haben sich bewährt und zu substanziellen Verbesserungen geführt. So hat beispielsweise der Anteil der Spielfilme mit Regisseurinnen in vier Jahren von 22 auf 39 Prozent zugenommen68 und der Unterschied zwischen den Herstellungskosten von Filmen mit weiblicher und solchen mit männlicher Regie liegt nur noch bei 10 Prozent.69 Bei der selektiven Filmförderung durch das BAK in den letzten vier Jahren war der Anteil von Spielfilmen von Regisseurinnen an den Zusagen mit 46 Prozent fast paritätisch.70 Filmkultur Nebst der Förderung der Herstellung von Filmen ist deren Vermittlung und Zugänglichmachen eine weitere Aufgabe der Filmförderung. Der Film soll als ein kollektives Erlebnis für alle Altersstufen erfahrbar sein. Die Förderung der Filmkultur durch das BAK umfasst deshalb die Unterstützung der wichtigsten Schweizer Filmfestivals ebenso wie Finanzhilfen an Filmmagazine oder Filmblogs bis hin zum Filmclub für Kinder. Gerade auch in Zeiten des digitalen Konsums schätzt ein breit gefächertes Publikum die Filmfestivals in allen Sprach- und Landesregionen als Orte der Begegnungen und des persönlichen Austauschs.

In den Bereich der Filmkultur gehört auch die Ausrichtung des Schweizer Filmpreises in Zusammenarbeit mit der SRG SSR und der Association «Quartz» der Städte Zürich und Genf sowie des Kantons Genf. An einer jährlichen Preisverleihung werden nicht nur die besten Filme und die besten Filmschaffenden, sondern auch der Nachwuchs ausgezeichnet.

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BAK: Die Finanzierung der Schweizer Kinofilmproduktion 2021; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturschaffen > Film > Statistiken und Publikationen > Weitere Publikationen.

BAK: Die Finanzierung der Schweizer Kinofilmproduktion 2021; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturschaffen > Film > Statistiken und Publikationen > Weitere Publikationen.

BAK: Factsheet Gender in der selektiven Filmförderung 2013­2022; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturschaffen > Film > Filmförderung > Gender in der Filmförderung.

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Internationale Zusammenarbeit Die Koproduktion zwischen zwei oder mehreren Ländern ermöglicht eine bessere Finanzierung von Filmprojekten. Zudem erhalten solche Filme aufgrund der gegenseitigen Anerkennung als jeweils nationale Filmproduktionen einen besseren Marktzugang in den Koproduktionsländern. Koproduktionen werden doppelt so häufig in europäischen Kinos gezeigt als nationale Filme.71 Die Schweiz hat mit allen Nachbarländern sowie mit Kanada, Luxemburg, Belgien (Communauté Française de Belgique) und Mexiko bilaterale Koproduktionsabkommen abgeschlossen. Die Schweiz ist zudem Teil der multilateralen Koproduktionsabkommen des Europarats, die von nahezu allen Europaratsländern ratifiziert worden sind.72 Sie ist im Weiteren Mitglied des Filmförderfonds Eurimages des Europarats, der die Herstellung von international koproduzierten Filmen fördert.

Seit 2014 nimmt die Schweiz nicht mehr am EU-Filmförderprogramm «MEDIA» teil.

Es bestehen seither nationale Ersatzmassnahmen, welche die grössten finanziellen Nachteile abfedern. Der Wegfall der Netzwerke, die bei der europäischen Promotion und Auswertung von Schweizer Filmen eine grosse Rolle spielen, kann durch diese Ersatzmassnahmen allerdings nicht ausreichend aufgefangen werden. Durch den Wegfall der europäischen Netzwerke fehlen wichtige Kontakte für die Kontinuität bei Koproduktionen. Die Schweiz als internationale Koproduktionspartnerin verliert dadurch an Attraktivität.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Die Studie «Die öffentliche Filmförderung im Wandel ­ Analyse der heutigen Strukturen und Perspektiven für die Zukunft» soll bis Ende 2024 abgeschlossen und mit der Filmbranche diskutiert werden. Zudem wird der Bund in der Förderperiode die Wirkung der neuen Investitionspflicht auf die audiovisuelle Produktion in der Schweiz evaluieren. Die sich aus diesen zwei Prozessen ergebenden Erkenntnisse werden eine sachliche Grundlage für die Weiterentwicklung der heutigen Filmförderungspolitik hin zu einer umfassenden Audiovisionspolitik in der Schweiz darstellen, in Zusammenarbeit mit den relevanten Partnern und Akteuren der Film- und Audiovisionsbranche.

Einzelne bereits heute feststehende Massnahmen werden in den nachfolgenden Abschnitten erwähnt. Die Anpassungen im Bereich Filmerbe werden in Ziffer 4.3.4 vorgestellt.

Ausweitung der Filmförderung
auf innovative, digitale Erzählformate Im Bereich der öffentlichen Filmförderung soll die Unterstützung von neuen Formaten ausgebaut werden: Digitale narrative Erzählformate im Bereich XRmit hohem kulturellem und innovativem Potenzial sollen neu ­ in Abstimmung und Abgrenzung

71 72

European Audiovisual Observatory: The circulation of EU non-national films. A sample study: Cinema, television and transactional video on-demand, 2017.

Übereinkommen vom 2. Oktober 1992 über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen (mit Anhängen), SR 0.443.2; Übereinkommen des Europarats vom 30. Januar 2017 über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen (revidiert), SR 0.443.3.

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zur Gameförderung durch Pro Helvetia ­ nicht nur bei der Entwicklung, sondern auch bei der Produktion unterstützt werden.

Promotion des Schweizer Films im Inland Die Förderung der Filmkultur soll auf die Inlandpromotion ausgeweitet werden. Dazu wird der Leistungsauftrag an die Promotionsagentur Swiss Films entsprechend ergänzt. Damit sollen die Sichtbarkeit des Schweizer Filmschaffens und die Schweizer Film- und Kinokultur gestärkt werden.

Die Wirkung und die Sichtbarkeit des Schweizer Filmpreises und die Promotion ihrer Trägerinnen und Träger soll gestärkt werden, indem diese bei der Aus- und Inlandpromotion bei Filmveranstaltungen intensiver berücksichtigt werden.

Unterstützung der Kinolandschaft Die Fördermassnahmen zugunsten der Kinos sollen finanziell leicht ausgebaut werden, als Beitrag zum Erhalt der Angebotsvielfalt und der Rolle der Kinos als Ort der Filmkultur und der Begegnung. Mit der vorgeschlagenen Anpassung kann die Kürzung der Fördermittel aufgefangen werden, welche die Kinos im 2023 erfahren haben.

Gleichstellung und Chancengleichheit Die Koordination des Monitorings bezüglich Chancengleichheit im Filmschaffen soll durch den Austausch von Best Practices zwischen allen Förderinstitutionen in der Schweiz und eine periodische Publikation von gesamtschweizerischen Kennzahlen gestärkt werden.

Zudem müssen seitens der Produktionsfirmen Massnahmen getroffen werden, welche die Filmschaffenden vor Diskriminierung, sexueller Belästigung und Missbrauch schützen.

Nachhaltige Filmproduktion Bereits die Filmförderkonzepte des Bundes für die Jahre 2021­2024 geben für alle Förderbereiche Anreize für einen schonenden und nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, wie zum Beispiel die Anrechnung von Kosten einer Nachhaltigkeitsberatung. Bei internationalen Koproduktionen mit minoritärer Beteiligung der Schweiz gibt es ausserdem Bonuspunkte für Gesuche, die ein überzeugendes Konzept für nachhaltiges Filmschaffen aufweisen.

Das BAK begleitet und unterstützt in Zusammenarbeit mit den regionalen Filmförderern und der SRG die Filmbranche beim Umbau der Filmproduktion in eine nachhaltigere Produktionsweise (Green Filming). Dabei stehen der Aufbau von Kompetenzen (CO2-Rechner, Best Practices, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei der Filmproduktion), die Selbstverpflichtung der Produzenten und Produzentinnen zur
Einhaltung von ökologischen Mindeststandards für grössere Filmprojekte und Sensibilisierungsveranstaltungen im Vordergrund.

Das BAK kann nachhaltige zertifizierte Projekte mit zusätzlichen finanziellen Anreizen unterstützen (z. B. höhere Ansätze bei der Standortförderung).

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Internationale Zusammenarbeit Die Teilnahme der Schweiz an EU-Programmen im Bereich Kultur wird angestrebt.

In der Zwischenzeit verstärkt das BAK die bilaterale und multilaterale internationale Zusammenarbeit. Beim Abschluss neuer oder der Aktualisierung bestehender Koproduktionsabkommen wird die inhaltliche Ausweitung des Geltungsbereichs auf Formate über Kinofilme hinaus angestrebt (z. B. Serien).

4.3

Gedächtnisinstitutionen und Kulturerbe

4.3.1

Museen und Sammlungen

Ausgangslage Die Schweiz verfügt über eine vielgestaltige und attraktive Museumslandschaft mit bedeutenden Sammlungen. Rund 1000 öffentlich zugängliche Museen mit unterschiedlichen Trägerschaften in allen Landesteilen setzen sich ein für die Sammlung, Bewahrung, Erschliessung, Erforschung und Vermittlung des materiellen, immateriellen und originär digitalen kulturellen Erbes.73 Der Bund unterstützt gesamtschweizerisch bedeutende Museen sowie Netzwerke des kulturellen Erbes mit Finanzhilfen. Er setzt Standards für den ethischen Umgang mit historisch belastetem Kulturerbe und regelt den internationalen Kulturgütertransfer.

Er führt ausserdem eigene Museen und Sammlungen, deren Betriebskosten nicht Gegenstand der vorliegenden Botschaft sind.

Nationale Strategie zum Kulturerbe in der Schweiz Die Erhaltung, Pflege und Vermittlung des kulturellen Erbes in der Schweiz sind mit grossen Herausforderungen konfrontiert (vgl. Ziff. 1.2.5). Mit der Motion 20.3930 der WBK-S «Konzept zur Pflege des Kulturerbes in der Schweiz» hat das Parlament den Bundesrat beauftragt, ein Konzept zur Bewahrung und aktiven Pflege des Kulturerbes der Schweiz vorzulegen, das übergeordnet für das ganze Kulturerbe die Ziele, Handlungsfelder, Umsetzungsmassnahmen, Verantwortlichkeiten und Aufgaben der einzelnen Akteure sowie die Finanzierung beschreibt.

Vor diesem Hintergrund hat der Nationale Kulturdialog das Thema «Nationale Strategie zum Kulturerbe in der Schweiz» in sein Arbeitsprogramm 2021­2024 aufgenommen. Eine dafür eingesetzte Arbeitsgruppe erarbeitete das Konzept zur Bewahrung und Pflege des Kulturerbes der Schweiz. Das Konzept wurde im Herbst 2023 von der politischen Ebene des Nationalen Kulturdialogs zur Publikation freigegeben.74 Es umfasst alle Bereiche des Kulturerbes und soll dabei helfen, Strukturen zu schaffen und Prozesse anzustossen, die einen gesamtheitlichen Ansatz zur Bewahrung des Kulturerbes der Schweiz ermöglichen.

Das Konzept identifiziert die Entwicklungen und Herausforderungen, für die staatlichen und privaten Akteure des Kulturerbes in der Schweiz. Davon ausgehend werden 73 74

Vgl. www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Kultur > Museen.

Das Konzept ist abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Themen > Nationaler Kulturdialog.

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sechs allgemeine, übergreifende Ziele und Empfehlungen für eine aktive und koordinierte Politik zur Bewahrung und Pflege des Kulturerbes der Schweiz formuliert: ­

die verschiedenen Bereiche des Kulturerbes in eine gemeinsame Politik zu deren Bewahrung und Pflege einbinden;

­

die Entwicklung und Einbindung von guten Praktiken zur Nachhaltigkeit bei der Pflege des Kulturerbes fördern;

­

die digitale Entwicklung in der Pflege des Kulturerbes optimal nutzen;

­

die Teilhabe am Kulturerbe für alle ermöglichen unter der Berücksichtigung der Rechte und Freiheiten Dritter;

­

die Konvergenz von Berufen, Methoden und Standards im Bereich Kulturerbe verstärken;

­

Instrumente zur Abstimmung und Koordination im Bereich Kulturerbe etablieren und optimieren.

Das Konzept sieht 19 Empfehlungen vor, welche die Erreichung dieser Ziele begünstigen sollen.

Finanzhilfen an Museen und Sammlungen Dritter Der Bund richtet im Museumsbereich drei Arten von Finanzhilfen aus: ­

Betriebsbeiträge: Die mehrjährigen Beiträge werden auf der Basis von öffentlichen Ausschreibungen vergeben. Für die Beurteilung der Gesuche zieht der Bund beratende Expertinnen und Expertinnen bei. Aktuell unterstützt das BAK 16 Museen. Die Betriebsbeiträge an Museen und Sammlungen Dritter werden im Sommer 2024 erneut für eine mehrjährige Periode mit Wirkung ab 2027 öffentlich ausgeschrieben.

­

Projektbeiträge für die Provenienzforschung: Seit 2016 unterstützt der Bund Projekte, die der Abklärung und Publikation der Provenienzen von Sammlungs- und Archivbeständen dienen. Dies kann NS-Raubkunst und seit 2018 auch Kulturgüter aus kolonialen und archäologischen Kontexten betreffen.

Die Projektunterstützung umfasst seit 2022 zusätzlich auch die Erbensuche, die Kontextualisierung und Vermittlung der Resultate, die externe Überprüfung von bestehenden Resultaten zur Provenienzforschung sowie die Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit mit den Herkunftsgemeinschaften und -ländern. Die starke Nachfrage nach Projektbeiträgen zu Kulturgütern aus kolonialen Kontexten zeigt, dass in diesem Bereich ein grosser Aufarbeitungsbedarf besteht.

­

Versicherungsbeiträge: Diese dienen Drittmuseen bei der Versicherung von Leihgaben für Ausstellungen von gesamtschweizerischer Bedeutung. Damit will der Bund den Ausstellungsplatz Schweiz stärken.

Finanzhilfen an Netzwerke Dritter Mit Finanzhilfen an Netzwerke Dritter fördert der Bund Kompetenzzentren im Bereich des kulturellen Erbes. Netzwerke müssen gesamtschweizerisch ausgerichtet sowie national und international vernetzt sein. Der Bund unterscheidet zwischen thema68 / 130

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tischen Netzwerken und Netzwerken des audiovisuellen Erbes. Netzwerke erbringen national und international anerkannte Expertiseleistungen zugunsten anderer Kulturinstitutionen. Aktuell unterstützt das BAK 7 Netzwerke, die in Verordnung des EDI vom 29. November 201675 über das Förderungskonzept für die Unterstützung von Museen, Sammlungen und Netzwerken Dritter zur Bewahrung des kulturellen Erbes explizit festgehalten sind. Die geförderten Netzwerke sind sehr disparat in ihrer Natur (Dachverbände, Dienstleistungsanbieter, Archive, Kompetenzzentren usw.) und die Beiträge des Bundes decken zwischen 1 Prozent und 96 Prozent der jeweiligen Gesamtbudgets.

Umgang mit historisch belastetem Kulturerbe Der Bund fördert die Anwendung ethischer Richtlinien im Umgang mit Kulturgütern, die mit kontroversen oder schmerzhaften historischen Erfahrungen bestimmter Menschen in Zusammenhang stehen.

Das Parlament hat am 26. September 2022 die Motion 21.4403 Pult «Unabhängige Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter» angenommen. Die VUKBK ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Der Bundesrat wird bis Mitte 2024 die Präsidentin oder den Präsidenten der Kommission und die Mitglieder wählen. Anschliessend kann die Kommission ihre Tätigkeit aufnehmen.

Gestützt auf die ebenfalls angenommene Motion 22.3023 der WBK-N laufen zudem die Vorbereitungen für die Einrichtung einer Plattform für Provenienzforschung bei Kulturgütern in der Schweiz. Die Plattform soll von Dritten betrieben und durch den Bund unterstützt werden.

Internationaler Kulturgütertransfer Die Arbeiten im Bereich des internationalen Kulturgütertransfers haben die Erhaltung des beweglichen kulturellen Erbes im In- und Ausland zum Ziel. Grundlage ist das KGTG, das das Übereinkommen vom 14. November 197076 über Massnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut ausführt.

In der Periode 2021­2024 hat der Bund zur Sicherung des kulturellen Erbes mit der Türkei eine Vereinbarung über die Einfuhr und die Rückführung von Kulturgut abgeschlossen.77 Damit hat der Bund insgesamt neun solcher bilateralen Abkommen abgeschlossen.

Zudem wurden in der gleichen Zeitperiode mittels Finanzhilfen zahlreiche Projekte zum Schutz von Kulturgütern unterstützt. Ein Fokus lag dabei auf Kulturgütern, die aufgrund von Konflikten oder Naturkatastrophen besonders bedroht waren (z. B. Projekte zum Schutz des kulturellen Erbes in der Ukraine).

75 76 77

SR 442.121.1 SR 0.444.1 Vereinbarung vom 15. November 2022 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Türkei über die Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr und Durchfuhr sowie über die Rückführung von archäologischem Kulturgut; SR 0.444.176.31.

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Im Rahmen von Strafverfahren eingezogene Kulturgüter fallen an den Bund, wobei das BAK mit deren vorübergehenden Aufbewahrung und der Überführung («Restitution») in den Ursprungsstaat beauftragt ist. Neben diesen behördlichen Restitutionen vermittelt das BAK auch bei freiwilligen Initiativen solche Restitutionen. Besonders zu erwähnen sind die behördliche Restitution einer «Cabeza Clava» der Chavín-Kultur an Peru und die freiwillige Restitution von vier etruskischen Gefässen an Italien.

Die Vielzahl an Aktivitäten unterstreicht das entschiedene Engagement der Schweiz im Hinblick auf die Bekämpfung des illegalen Handels mit Kulturgütern. Die Schweiz leistet damit einen wichtigen Beitrag für einen legalen und verantwortungsvollen Kulturgüteraustausch und den Erhalt des kulturellen Erbes.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Nationale Strategie zum Kulturerbe in der Schweiz Eine der wichtigsten Massnahmen in der Förderperiode ist die Umsetzung des Konzepts zur Pflege und Bewahrung des Kulturerbes der Schweiz. Unbestritten ist die Notwendigkeit, Kooperationsstrukturen und Zusammenarbeitsprozesse aufzubauen, um eine gesamtschweizerische Kooperation und Koordination zu gewährleisten. Im Rahmen des Konzepts wird das BAK unter Einbezug der Partner des Nationalen Kulturdialogs und der relevanten zivilgesellschaftlichen Organisationen die folgenden Empfehlungen aus dem Konzept prioritär umsetzen: ­

Nationales Forum für das Kulturerbe: Einrichtung eines regelmässigen Forums als Instrument für den Austausch und zur Harmonisierung. Das Forum bringt Behörden aller Staatsebenen, repräsentative Organisationen des Kulturerbes und seiner Berufe, relevante Stiftungen und Wissenschaftsbereiche und weitere repräsentative Strukturen der Zivilgesellschaft zusammen.

­

Kulturerbekompass: Eine noch zu bestimmende Institution soll mit der Erarbeitung eines Kulturerbekompasses beauftragt werden. Dieser schafft eine Übersicht über Bereiche des Kulturerbes, die bereits heute angemessen bewahrt und gepflegt werden sowie über allfällige Doppelspurigkeiten und Lücken.

Die Strategie zum Kulturerbe in der Schweiz verfolgt einen gesamtheitlichen Ansatz und umfasst auch Bereiche, die bisher weniger im Fokus standen (z. B. Industriekultur im breiten Sinn, traditionelle Techniken und Handwerk, lebendige Traditionen, gewisse spezialisierte Archive). In Anbetracht der beschränkten finanziellen Mittel wird das BAK in Bezug auf die erwähnten Bereiche insbesondere mit privaten Organisationen neue Formen der Zusammenarbeit prüfen (z. B. Public-Private-Partnerships und Patronate).

Finanzhilfen an Museen und Sammlungen Dritter Die Betriebsbeiträge an Museen und Sammlungen Dritter werden im Sommer 2024 erneut für eine mehrjährige Periode ab 2027 öffentlich ausgeschrieben.

Die Versicherungsbeiträge an Drittmuseen werden in der Periode 2025­2028 erneut ausgeschrieben und können neu jährlich beantragt werden.

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Finanzhilfen an Netzwerke Dritter Die Betriebsbeiträge an Netzwerke Dritter sollen in Zukunft auf das Konzept zur Bewahrung und Pflege des Kulturerbes der Schweiz abgestützt werden. Dazu sollen während das bestehende Fördermodell und die aktuellen Zielsetzungen evaluiert, inhaltlich überprüft und in enger Zusammenarbeit mit den Partnern des Nationalen Kulturdialogs und den betroffenen Organisationen weiterentwickelt werden.

Die Umsetzung der Motion 19.3627 Streiff-Feller sowie der Motionen 21.3182 Heer und 21.3172 Jositsch soll im Rahmen der Unterstützung Netzwerke Dritter erfolgen.

Umgang mit historisch belastetem Kulturerbe Mit dieser Vorlage wird eine gesetzliche Verankerung der Kommission für historisch belastetes Kulturerbe im KGTG beantragt (vgl. Ziff. 5.4 und Vorlage 4).

Für den Aufbau und den Betrieb einer Plattform für die Provenienzforschung besteht bisher keine explizite Förderkompetenz des Bundes. Diese Förderkompetenz soll mit dieser Vorlage im KGTG verankert werden (vgl. Ziff. 5.4). In der Förderperiode erfolgt die Auswahl und im Rahmen der vorhandenen finanziellen Mittel die Unterstützung des externen Betreibers der Plattform für Provenienzforschung.

Die Projektbeiträge für die Provenienzforschung im Bereich NS-Raubkunst und Kulturgüter aus kolonialen und archäologischen Kontexten werden erhöht und separat ausgeschrieben. Zudem soll vermehrt auch der Wissensaufbau im Bereich der Provenienzforschung unterstützt werden. Die Empfängerinnen und Empfänger der Finanzhilfen werden durch Auflage verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Forschung unentgeltlich der Plattform zur Provenienzforschung zur Verfügung zu stellen.

Die vom Bund geführten Museen und Sammlungen untersuchen die Herkunft und die Besitzverhältnisse ihrer Sammlungen in Bezug auf die koloniale Vergangenheit und publizieren die Ergebnisse. Im Sinne einer Daueraufgabe aktualisieren sie die Ergebnisse der Provenienzforschung im Bereich der NS-Raubkunst anhand der neuesten Standards und Förderschwerpunkte.

Internationaler Kulturgütertransfer Das Netz bilateraler Vereinbarungen wird ausgebaut, wobei ein Schwerpunkt auf Partnerstaaten aus Afrika liegen soll, dies unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Kulturgütern aus einem kolonialen Kontext und in Zusammenarbeit mit dem EDA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit
[DEZA]).

Die Finanzhilfen für Projekte zum Erhalt des beweglichen kulturellen Erbes werden weitergeführt, ebenfalls mit einem Schwerpunkt auf Kulturgüter aus einem kolonialen Kontext. Die Unterstützung von Projekten zum Schutz und Erhalt von Kulturgütern, die aufgrund von Konflikten oder Naturkatastrophen besonders bedroht sind, wird weitergeführt.

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4.3.2

Schweizerisches Nationalmuseum

Ausgangslage Die drei Museen des SNM präsentieren die Schweizer Geschichte von den Anfängen bis heute und erschliessen mit permanenten und temporären Ausstellungen die Vielfalt der Geschichte und der Kultur unseres Landes. Seit der Einführung einer neuen Museumsdefinition im Jahr 2022 durch den ICOM wird der Fokus verstärkt auch auf die Förderung von Diversität und Nachhaltigkeit sowie auf die museale Arbeit unter Beteiligung von Gemeinschaften gelegt.

In seiner Berichterstattung über die Erfüllung der strategischen Ziele der verselbstständigten Einheiten des Bundes78 stellt der Bundesrat fest, dass das SNM den Auftrag gemäss MSG und den daraus abgeleiteten strategischen Zielen des Bundesrates erfüllt.

Infrastruktur Das Sammlungskonzept für die Bestände des SNM sieht vor, dass diese gezielt in die jüngere Zeitgeschichte geführt werden. Um den kontinuierlich wachsenden Platzbedarf für eine objektgerechte und dauerhafte Aufbewahrung des dem SNM anvertrauten Kulturerbes auch in Zukunft decken zu können, muss, wie bereits 2003 festgehalten und wofür 2014 ein Architekturwettbewerb durchgeführt wurde, der Standort an der Lindenmoosstrasse durch eine Aufstockung der Depoträume erweitert werden.

Das Forum Schweizer Geschichte Schwyz wurde 1995 als Sitz des SNM in der Zentralschweiz eröffnet. Die gesamte Haustechnik stammt aus dieser Zeit. Ein grosser Teil der Anlagen ist inzwischen am Ende der Lebensdauer und erfüllt insbesondere hinsichtlich Licht, Klima, Medien- und Informationstechnik, Nachhaltigkeit und Sicherheit die Bedürfnisse und Anforderungen eines zeitgemässen Museums nicht mehr.

Die Haustechnik muss komplett saniert werden.

Sammlung Eine neue Herausforderung stellt die langfristige Aufbewahrung und Erhaltung von originär digitalen Objekten dar und die Dokumentation des immateriellen Kulturerbes. Der Umgang mit Zeugnissen aus der Vergangenheit erfordert ausserdem einen multiperspektivischen Blick auf die Sammlungsbestände des SNM, der kontinuierlich hinterfragt werden muss.

Ausstellungen Das SNM macht mit seinen Ausstellungen und den damit verbundenen Vermittlungsformaten und Veranstaltungen Geschichte für die gesamte Bevölkerung zugänglich und erlebbar und dient als Ort für Wissensaustausch, Begegnung, Dialog, Reflexion und Unterhaltung. Die drei Museen des SNM haben thematische Schwerpunkte:

78

EFV: Kurzberichterstattung des Bundesrates über die Erfüllung der strategischen Ziele der verselbstständigten Einheiten des Bundes im Jahr 2022; abrufbar unter: www.efv.admin.ch > Themen > Finanzpolitik, Grundlagen > Corporate Governance > Berichterstattungen des Bundesrates.

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Das Landesmuseum, das meistbesuchte kulturhistorische Museum der Schweiz, präsentiert in seinen Dauerausstellungen die Schweizer Geschichte von der Ur- und Frühgeschichte bis ins 21. Jahrhundert. Das Château de Prangins bei Nyon ist das grösste öffentlich zugängliche Schweizer Schloss aus dem 18. Jahrhundert und macht die Zeit der Aufklärung erlebbar. Mit seinem historischen Gemüsegarten und dem umliegenden Park ermöglicht es zudem die Auseinandersetzung mit Biodiversität und Nachhaltigkeit. Das Forum Schweizer Geschichte Schwyz fokussiert in seiner Dauerausstellung auf die Geschichte der Zentralschweiz im Hoch- und Spätmittelalter. Die Wechselausstellungen in allen drei Museen erweitern das Themenspektrum und greifen aktuelle gesellschaftliche Fragen auf.

Digitale Transformation und Innovation Um die vielfältigen Herausforderungen der digitalen Transformation zu bewältigen, hat das SNM 2023 den Geschäftsleitungsbereich «Digitale Transformation und Innovation» geschaffen. Im Laufe der nächsten Jahre gilt es, diesen Bereich zu konsolidieren und mit den nötigen Ressourcen auszustatten, damit der Transformationsprozess erfolgreich umgesetzt und die nächsten Innovationsschritte möglich gemacht werden können.

Nachhaltigkeit Das SNM hat in den letzten Jahren die betrieblichen und produktebezogenen Umweltbelastungen reduziert und interne Prozesse nachhaltiger gestaltet. Seit 2022 nimmt es freiwillig am Ressourcen- und Umweltmanagement der Bundesverwaltung (RUMBA) teil. Photovoltaikanlagen decken seit 2023 im Sammlungszentrum in Affoltern am Albis über 50 Prozent des Energieverbrauchs ab.

Im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit wurden in den letzten Jahren verschiedene Projekte lanciert, die Inklusion und Diversität fördern, so zum Beispiel Führungen für Blinde und Sehbehinderte, die Einführung von einfacher Sprache in einzelnen Ausstellungen, ein Programm für Menschen mit Demenz oder Angebote für schwerhörige und gehörlose Menschen.

Besucherinnen und Besucher Die Covid-19-Pandemie, die neue Museumsdefinition des ICOM und Nachhaltigkeitsziele insbesondere im gesellschaftlichen Bereich haben das SNM dazu bewogen, einerseits Ressourcen in die Publikumsbindung zu investieren und andererseits Massnahmen zu ergreifen, um neue Zielgruppen zu erreichen und diese auch stärker einzubinden. Dazu gehört beispielsweise
das immersive Vermittlungsformat «Erfahrungen Schweiz» zur Zeitgeschichte.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Nach der schrittweisen Erneuerung der Dauerausstellungen im Landesmuseum Zürich und der Teilsanierung und Gesamterneuerung aller Dauerausstellungen im Château de Prangins konzentriert sich das SNM in der neuen Förderperiode auf die Sanierung und Neubespielung des Forums Schweizer Geschichte Schwyz und auf die Erweiterung des Sammlungszentrums in Affoltern am Albis.

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Wichtige Bestandteile der strategischen Weiterentwicklung sind die digitale Transformation und Innovation, die Nachhaltigkeit, der vielseitige Umgang mit dem Kulturerbe und die verstärkte Einbindung von Besucherinnen und Besuchern.

Infrastruktur Nach umfangreichen Vorbereitungsarbeiten soll in der Periode 2026­2028, in enger Zusammenarbeit mit dem BBL, der Bau einer seit 2014 geplanten Erweiterung am Standort Lindenmoosstrasse und die Auflösung des Standortes an der Zeughausstrasse erfolgen. Durch das Zusammenführen aller Einrichtungen an einem Standort wird die Sammlungsbewirtschaftung effizienter gestaltet, die langfristige Aufbewahrung sichergestellt und die Erweiterung der Sammlungsbestände ermöglicht.

Das Forum Schweizer Geschichte Schwyz soll in enger Zusammenarbeit mit dem BBL, saniert und betrieblich optimiert werden.

Sammlung Im Zuge der Aufarbeitung der kolonialen Geschichte der Schweiz wird das SNM ausgewählte Zeugnisse in der Sammlung aus neuen Forschungsperspektiven beleuchten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse publizieren. Das Sammlungskonzept des SNM wird um eine Strategie für das Sammeln von original digitalen Objekten und die Dokumentation von immateriellem Kulturgut erweitert.

Ausstellungen Das neue permanente Ausstellungsangebot im Forum Schweizer Geschichte Schwyz wird auf die Geschichte der politischen und gesellschaftlichen Partizipation fokussieren und damit zentrale Fragen unseres Zusammenlebens aufgreifen. Eine neue permanente Familienausstellung wird das Angebot ergänzen. Die seit 2016 eröffneten Dauerausstellungen im Landesmuseum Zürich werden voraussichtlich ab 2028 sukzessive erneuert.

Digitale Transformation und Innovation Die digitale Infrastruktur des SNM wird im Zeitraum 2025­2028 ausgebaut. Aktuelle Technologien werden untersucht und implementiert, um betriebliche Aufgaben und Prozesse zu optimieren und verbesserte Vermittlungs- und Interaktionsformen mit dem Publikum zu ermöglichen.

Nach umfangreichen Vorbereitungsarbeiten wird das neu eingeführte Sammlungsmanagementsystem implementiert und ausgebaut. Dieses stellt das zentrale Arbeitsinstrument für die Prozesse der Registrierung und Inventarisierung, der Depotverwaltung, der Logistik, des Leihwesens, des Ausstellungsmanagements, der Erfassung der Provenienzangaben und der Bildverwaltung dar. Im Zeitraum
2025­2028 sollen kontinuierlich weitere der im SNM aufbewahrten Kulturgüter online zugänglich gemacht und somit die Erforschung der Sammlung immer mehr auch ortsunabhängig ermöglicht werden. Ausserdem gilt es, das Potential von Web3-Technologien, die einen dezentralen Zugriff auf kulturelle Ressourcen ermöglichen, auszuloten. Möglichkeiten der Sammlungserschliessung oder von personalisierten Museumserlebnissen mittels KI werden untersucht.

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Nachhaltigkeit Bei der Erweiterung des Sammlungszentrums in Affoltern am Albis wird auf eine biodiverse Begrünung und den Einsatz von nachhaltigen und umweltfreundlichen Materialien geachtet. Angestrebt wird ein CO2-neutrales Gebäude. Die Nachhaltigkeitsstrategie im Gemüsegarten des Château de Prangins wird weiterentwickelt. Neue, nachhaltigere Materialien für Ausstellungen werden laufend getestet und die Kreislaufwirtschaft intensiviert. Im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit werden die inklusiven Angebote für Menschen mit besonderen Bedürfnissen ausgebaut.

Besucherinnen und Besucher Partizipation, Dialog und Interaktion mit bestehenden und neuen Gruppen von Besucherinnen und Besuchern zur Förderung der kulturellen Teilhabe bilden eine wichtige Grundlage für die Entwicklung neuer Angebote im SNM. Das 2023 erfolgreich als Pilot eingeführte Format «Erfahrungen Schweiz» mit Fokus auf die Zeitgeschichte wird 2025­2028 weiter ausgebaut. Damit soll den Stimmen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen eine Plattform gegeben werden und die aktive Partizipation breiterer Bevölkerungsgruppen, darunter Gemeinschaften von Migrantinnen und Migranten, verstärkt werden. Nach den Umfragen im Château de Prangins und im Forum Schweizer Geschichte Schwyz wird die Publikumsforschung im Landesmuseum Zürich intensiviert mit dem Ziel, das Angebot besser auf die Bedürfnisse des Publikums auszurichten und eine aussagekräftige Grundlage für die Entwicklung der künftigen Ausstellungen zu schaffen.

4.3.3

Schweizerische Nationalbibliothek

Ausgangslage Die NB sammelt und vermittelt Informationen aus der Schweiz und über die Schweiz, sogenannte Helvetica. Sie verfügt über vielfältige Sammlungen an drei Standorten: Am Hauptsitz in Bern finden sich das gesamte publizierte schriftliche Kulturerbe ab 1848, Druckgrafiken, Fotografien, Ansichtskarten, Plakate, Künstlerbücher sowie das Schweizerische Literaturarchiv mit der bedeutendsten Sammlung literarischer Nachlässe, Archive und Bibliotheken von Autoren und Autorinnen des 20. und 21. Jahrhunderts in der Schweiz. Die Schweizerische Nationalphonothek (FN) in Lugano sammelt das tönende Kulturerbe der Schweiz. Im Centre Dürrenmatt Neuchâtel wird Friedrich Dürrenmatts bildnerischer Nachlass ausgestellt.

Die NB ist Teil des BAK und wird, anders als das SNM, nicht über die mit der Kulturbotschaft beantragten Kreditbeschlüsse, sondern über den Eigenbereich des BAK finanziert. Der Vollständigkeit halber wird sie hier als Akteurin der Kulturpolitik aufgeführt.

Vermittlung Die NB überliefert das dokumentarische Kulturerbe der Schweiz und trägt so dazu bei, dass heutige gesellschaftlichen Diskussionen und Kontroversen morgen noch zugänglich sind. Dies erlaubt zukünftigen Generationen, die Entwicklungen in Gesellschaft, Kultur und Politik in der Schweiz nachzuvollziehen und zu verstehen.

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Technologischer Wandel und diverse gesellschaftliche Entwicklungen stellen die zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre dar. Die NB muss strategisch, flexibel und innovativ auf die veränderten Erwartungen und Bedürfnisse des Publikums reagieren können. Es gilt dabei unter anderem, mit attraktiven Vermittlungsangeboten in analogen, digitalen und hybriden Formaten und Räumen ein breites Publikum aus der ganzen Schweiz anzuziehen und den Zielgruppen einfache Zugänge zum dokumentarischen Kulturerbe zu bieten.

Infrastruktur In Bern und Lugano schaffen zwei Bauvorhaben die räumlichen Voraussetzungen dafür, dass das dokumentarische Kulturerbe einem breiten Publikum in zeitgemässer Form als lebendiges Gedächtnis präsentiert werden kann.

Am Hauptsitz in Bern werden Gesamtsanierung und Erweiterungsarbeiten geplant.

Die NB ist Teil des Museumsquartiers, das im Berner Kirchenfeldquartier entsteht.

Elf renommierte Kultur- und Bildungsinstitutionen haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam kulturelle Projekte anzustossen und institutionsübergreifende Veranstaltungen anzubieten. Das Museumsquartier Bern verspricht, ein Begegnungsort mit Anziehungskraft für Menschen aus nah und fern zu werden.

In Lugano wird in der «Città della Musica», am ehemaligen Standort der Radiotelevisione della Svizzera italiana, mehr Raum für Musik entstehen. Verschiedene Akteure, darunter das Conservatorio della Svizzera italiana (CSI) und das Orchestra della Svizzera italiana (OSI), werden sich dort ansiedeln. Die FN ist Teil dieses Kooperationsprojekts und wird künftig auch das klingende Kulturerbe in einem zeitgemässen, attraktiven Rahmen anbieten können.

Die Finanzierung der Bauvorhaben in Bern und Lugano liegt im Verantwortungsbereich des BBL (vgl. Ziff. 7.1.3).

Helvetica in elektronischer Form Das Volumen der digital veröffentlichten Informationen übersteigt heute den Umfang der gedruckten Informationen bei Weitem. Für Gedächtnisinstitutionen ist es daher zentral, ihre Sammel- und Vermittlungsaufgaben auch im Bereich der digitalen Informationen und der Online-Inhalte wahrzunehmen.

Damit die NB ihren öffentlichen Auftrag im digitalen Kontext erfüllen kann, ist es zwingend notwendig, dass das NBibG, das im Jahr 1992 verabschiedet wurde und damit aus dem analogen Zeitalter stammt, an die heutige Realität bei der
Entstehung und Verbreitung von Information angepasst wird. Diese Anpassung, mit der die Schweiz eine Unesco-Empfehlung aus dem Jahr 201579 umsetzt, bringt keine Erweiterung des bisherigen Aufgabenbereichs der NB mit sich, sondern schafft lediglich die Voraussetzung, dass die NB ihre Aufgaben in der digitalen Welt weiterhin erfüllen kann.

79

Unesco: Recommandation concernant la préservation et l'accessibilité du patrimoine documentaire, y compris le patrimoine numérique, 2015, Ziff. 4.6; auf Französisch abrufbar unter: www.unesco.org.

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Kooperatives Sammeln Die digitale Transformation führt dazu, dass Grenzen zwischen den einzelnen Sammelaufträgen verwischen und die Aufgaben für die einzelnen Gedächtnisinstitutionen komplexer werden. Der Bedarf nach Austausch, kooperativem Sammeln und organisationsübergreifenden Infrastrukturen hat dementsprechend zugenommen.

Die Herausforderung besteht darin, die Kooperation von Bibliotheken, Archiven, Museen und Forschungseinrichtungen bei der Erhaltung des Kulturerbes bedarfsgerecht auszugestalten. Die NB setzt sich für eine effektive nationale und internationale Vernetzung und Zusammenarbeit der Akteure ein. Sie übernimmt seit geraumer Zeit bei der Weiterentwicklung von Technologie und Normen und in der Koordination von Gemeinschaftsprojekten von gesamtschweizerischer Ausrichtung (z. B. Schweizer Plakatsammlungen, Webarchiv Schweiz, Zeitungsdigitalisierung) eine zentrale Rolle.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Erweitertes und digitales Vermittlungsangebot In der Förderperiode befinden sich die Gebäude der NB in Bern und Lugano in der Umbauplanung und teilweise im Umbau. Gleichzeitig werden die Vermittlungsangebote für die entstehenden Räume konzipiert, entwickelt und getestet.

Folgende Schwerpunkte sind dabei vorgesehen: ­

In den Publikumsbereichen finden technisch adäquate, innovative und wirkungsvolle Vermittlungs- und Ausstellungsaktivitäten statt, dabei ist auch die Zusammenarbeit mit wechselnden Partnerinstitutionen vorgesehen.

­

In den Infrastrukturen in Bern und Lugano werden Kultur- und Wissensräume geplant und teilweise geschaffen, die den Austausch und die Begegnung von Menschen und Institutionen ermöglichen.

­

Die Vermittlungstätigkeiten werden neu konzipiert und ausgeweitet, tragen zur Auseinandersetzung mit der Schweizer Geschichte bei und behandeln grundlegende Themen wie Demokratie, Rechtsstaat oder Grundrechte.

­

Durch Optimierung der eigenen digitalen Plattformen und Verfügbarmachung eigener Inhalte auf Plattformen Dritter wird der offene Zugang zu Informationen über die Schweiz kontinuierlich verbessert und vereinfacht.

Schaffung einer Pflichtexemplarregelung für Helvetica in elektronischer Form Damit die NB ihren Sammel- und Vermittlungsauftrag auch im Bereich der elektronisch verfügbaren Informationen mit einem Bezug zur Schweiz erfüllen kann, bedarf es der Schaffung einer rechtlichen Grundlage im NBibG. Für Helvetica in elektronischer Form soll der Sammel- und Vermittlungsauftrag so präzisiert werden, dass er der digitalen Transformation Rechnung trägt. Erreicht wird dies durch die Einführung einer Pflichtexemplarregelung («Dépôt légal numérique») für Helvetica in elektronischer Form (vgl. Ziff. 5.3 und Vorlage 3).

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Kooperatives Sammeln und Langzeitarchiv für digitale Inhalte Bei der Langzeitarchivierung von digitalen Daten verfügt die NB über ausgewiesene Expertise, teilt diese mit ihren Partnerinstitutionen und strebt die gemeinsame Entwicklung einer Kompetenz- und Aufgabenteilung an. Sie wird die Bestrebungen für gemeinsame Lösungen intensivieren, um sich den aktuellen und auch künftigen Herausforderungen zu stellen zu können.

Die NB sieht in der Förderperiode 2025­2028 folgende Massnahmen vor: ­

Um ihre eigene digitale Sammlung langfristig verwalten, vermitteln und erhalten zu können, baut sie ein Langzeitarchivierungssystem auf. Die Inbetriebnahme ist 2026 vorgesehen.

­

Parallel dazu werden Dienstleistungen im Bereich der Langzeitarchivierung aufgebaut, von denen Dritte Gebrauch machen können. Diese umfassen insbesondere Beratung, Expertise und Austausch (z. B. Fachtagungen).

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Zudem wird geprüft, ob für Dritte auch Archivierungsleistungen unter den Voraussetzungen von Artikel 8a NBibG angeboten werden können.

4.3.4

Filmerbe

Ausgangslage Die Erhaltung des Schweizer Filmerbes gehört zu den Kernaufgaben des Bundes. Der Bund unterstützt seit über 60 Jahren die privatrechtliche Stiftung Cinémathèque suisse mit Sitz in Lausanne und Archivstandort in Penthaz. Zu den Grundaufgaben der Cinémathèque suisse gehören die Sammlung, Erhaltung, Erschliessung und Vermittlung von nationalen und internationalen Filmen mit Bezug zur Schweiz (Helvetica). Die Sammlung der Cinémathèque suisse gehört mit rund 85 000 Filmtiteln zu den weltweit bedeutendsten Filmarchiven.

In der Periode 2021­2024 hat der Bund mit einem jährlichen Betriebsbeitrag von rund 9,5 Millionen Franken und einer Pilotfinanzierung von insgesamt 1,7 Millionen Franken die Digitalisierung der Filme sowie die Langzeitarchivierung auf analogen Filmrollen finanziert. Es kann jährlich nur ein Bruchteil des Schweizer Filmerbes digitalisiert werden (rund 100 Werke). Ebenso wichtig ist darum der öffentliche Zugang zu diesen historischen Beständen, die heute teils nur schwer zu finden sind.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Die Cinémathèque suisse muss einerseits den Zugang zu analogen Beständen in einer digitalisierten Umwelt sicherstellen und aufgrund der umfangreichen Sammlung nach den bestmöglichen Kriterien sowie nachfrageorientiert priorisieren.

Im Rahmen der Nationalen Strategie zum Kulturerbe der Schweiz wird der Bund in Zusammenarbeit mit den relevanten Akteuren die Aufgabenaufteilung und Gouvernanz im Bereich der Bewahrung und Vermittlung des audiovisuellen Erbes der Schweiz analysieren.

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Das Schweizer Filmarchiv soll die Digitalisierung der Bestände nach dem erfolgreichen Abschluss des Pilotprojekts weiterführen. Damit werden künstlerisch wertvolle Filme der 1960er- bis 2000er-Jahre dem Publikum wieder zugänglich gemacht. Dafür sollen Mittel aus der Filmrestaurierung auf die Digitalisierung umgelagert werden.

4.3.5

Immaterielles Kulturerbe

Ausgangslage Der Begriff «Immaterielles Kulturerbe» bezeichnet Traditionen und Praktiken, die von Generation zu Generation weitergegeben werden und die einer Gemeinschaft ein Gefühl der Identität und der Kontinuität vermitteln. Das immaterielle Kulturerbe umfasst ein breites Spektrum lebendiger Traditionen. Es steht in einer engen Wechselwirkung mit dem materiellen Kultur- und Naturerbe und prägt Landschaften und unsere gebaute Umwelt. So sind Welterbestätten wie die Altstadt von Bern oder die Weinberg-Terrassen des Lavaux untrennbar verbunden mit den Bräuchen, dem Wissen und den Fertigkeiten, die ihre Erschaffung erst ermöglichten.

Die Schweiz hat das Übereinkommen der Unesco vom 17. Oktober 200380 zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes im Jahr 2008 ratifiziert. Das Übereinkommen bezweckt die Bewahrung, Förderung und Erforschung von traditionellen kulturellen Ausdrucksformen wie Musik, Theater, Tanz oder Handwerk und unterstreicht die Bedeutung des immateriellen Kulturerbes für das gesellschaftliche Zusammenleben und die Teilhabe der Bevölkerung am Kulturleben. Lebendige Traditionen stiften Identität, und ihre Pflege fördert Gemeinschaft. Sie werden im Alltag gelebt und gestaltet.

Als Spiegel der Gegenwart leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung zukünftiger Herausforderungen.

Als zuständige Fachbehörde ist das BAK für die Umsetzung der Konvention auf der Stufe des Bundes zuständig. Das wichtigste Instrument ist das nationale Inventar, die Liste der lebendigen Traditionen in der Schweiz.81 Es wurde 2012 veröffentlicht und wird regelmässig aktualisiert und umfasst zahlreiche Traditionen aus allen Sprachregionen und Landesteilen. Verschiedene Massnahmen des BAK sensibilisieren für die Bedeutung des lebendigen Kulturerbes und seinen Wert als Beitrag zu einer nachhaltigen Gesellschaft im Sinne des Rahmenübereinkommens des Europarats vom 27. Oktober 200582 über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft (Faro-Konvention).

Sie begleiten die Umsetzung der Konvention in der Schweiz.83 Die Schweiz beteiligt sich aktiv an der internationalen Zusammenarbeit im Rahmen der Unesco. Sie war 2020­2024 Mitglied im Zwischenstaatlichen Komitee zur Be80 81 82 83

SR 0.440.6 Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Immaterielles Kulturerbe Unesco / Lebendige Traditionen > Liste der lebendigen Traditionen in den Schweiz.

SR 0.440.2 Zweiter periodischer Bericht der Schweiz vom 3. Dezember 2021 über die Umsetzung des Unesco-Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Immaterielles Kulturerbe Unesco / Lebendige Traditionen > Unesco-Konvention zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes > Periodische Berichte.

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wahrung des immateriellen Kulturerbes. Mehrere Schweizer Traditionen sind bereits in die Listen des immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen worden, weitere Kandidaturen sind in Vorbereitung.84 Mit ihren Nominierungen und Einträgen will die Schweiz das Bewusstsein für die Bedeutung des lebendigen Kulturerbes, seiner Erhaltung und seiner Vermittlung stärken.

Seit 2022 unterstützt das BAK mit Finanzhilfen die Trägerschaften von lebendigen Traditionen in der Umsetzung von geeigneten Bewahrungsmassnahmen. Ein Schwerpunkt liegt auf Vorhaben, die zur nachhaltigen Entwicklung offener, inklusiver Formen der Traditionspflege beitragen.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Das immaterielle Kulturerbe ist ein wichtiger Teil unseres kulturellen Erbes. Der Bund will die Bewahrung, Weitergabe und Vermittlung des immateriellen Kulturerbes in der Periode 2025­2028 mit folgenden neuen Massnahmen stärken: ­

Lebendige Traditionen: Die lebendigen Traditionen und Bräuche werden in der Schweiz in erheblichem Masse von privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren getragen und weiterentwickelt. Der Vielfalt des immateriellen Kulturerbes entsprechend sind die Strukturen stark heterogen und dezentral. Das BAK fördert zukünftig insbesondere offene, inklusive Formen der Traditionspflege, die Vernetzung von Trägerschaften und den Austausch von Best-Practice-Beispielen. Es kann Trägerschaften von Schweizer Unesco-Traditionen mit wiederkehrenden Finanzhilfen unterstützen, damit diese ihre Vorbildrolle für die Bewahrung des immateriellen Kulturerbes wahrnehmen können.

­

Traditionelles Handwerk: Mit Blick auf nachhaltige Produkte und Bauweisen kommt dem Fortbestand des traditionellen Handwerks grosse Bedeutung zu.

Das BAK unterstützt Vorhaben, die zur Vernetzung und Wertschätzung des traditionellen Handwerks und zur Förderung der Weitergabe von Wissen und Fertigkeiten beitragen, insbesondere unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.

4.4

Baukultur

4.4.1

«Davos Baukultur Prozess» und «Davos Baukultur Allianz»

Ausgangslage Das Konzept Baukultur wurde in der Schweizer Kulturpolitik ab 2010 aktiv diskutiert und in der Kulturbotschaft 2016­2020 als Politikfeld eingeführt. Das Konzept ist ein innovativer Ansatz, um die Herausforderungen im Umgang mit unserem Lebensraum systemisch mit bestmöglicher Qualität zu meistern. Baukultur umfasst alle menschlichen Tätigkeiten, die unseren Lebensraum gestalten, erhalten und weiterentwickeln.

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Nominierungen unter Federführung der Schweiz: Winzerfest in Vevey; Basler Fasnacht; Umgang mit der Lawinengefahr; Prozessionen der Karwoche in Mendrisio; Uhrmacherkunst und Kunstmechanik. Nominierungen unter Beteiligung der Schweiz: Trockenmauern bauen; Alpinismus.

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Dazu zählen die Archäologie und die Pflege des historischen Bestandes genauso wie das Gestalten in der Gegenwart und das Planen für die Zukunft. Baukultur manifestiert sich in den unterschiedlichsten Dimensionen, vom handwerklichen Detail an einem Gebäude bis zur Planung von Infrastrukturen in der Landschaft. Mit Baukultur prägen die Menschen ihre Umgebung ­ und werden ihrerseits von dieser Umgebung geprägt.

Planen, Bauen und Erhalten ist deshalb auch als wichtiger kultureller Akt einer Gemeinschaft zu verstehen.

Der Begriff der Baukultur allein macht noch keine konkrete Aussage über die angestrebte Qualität. Nur hohe baukulturelle Qualität führt zu gut gestalteten Orten, die sich den wandelnden Bedürfnissen anpassen und dabei ihre historischen Eigenarten bewahren. Wichtig ist dabei ein umfassendes Qualitätsverständnis, das sowohl die Prozesse der Planung und des Managements, wie auch die Umwelt, die wirtschaftliche Tragfähigkeit, den baulichen Kontext und die Vielfalt der Nutzung, den Charakter und die Identität sowie die Schönheit eines Ortes miteinbezieht.

Die von der Schweiz initiierte Erklärung von Davos von 2018 «Für eine hohe Baukultur in Europa»85 und das «Davos Qualitätssystem für Baukultur» sind heute in Europa breit anerkannte Referenztexte, die unter dem Namen «Davos Prozess» in zahlreiche europäische und nationale Strategien einfliessen.

Anlässlich der im Jahr 2023 von der Schweiz organisierten zweiten Ministerkonferenz zur Baukultur gründete die Schweiz gemeinsam mit 49 anderen Partnern (Staaten, Organisationen und Unternehmen) und in Zusammenarbeit mit dem Weltwirtschaftsforum (WEF) die «Davos Baukultur Allianz», ein internationales Netzwerk zur Verbesserung der Baukultur zwischen der öffentlichen Hand, der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie der Zivilgesellschaft. Die Mitglieder der Allianz engagieren sich für die Ziele und Werte der Erklärung von Davos.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Der Bund engagiert sich für die Fortsetzung des «Davos Prozess» und gewährleistet die Visibilität der Schweiz und die Wahrung ihrer Interessen. Er präsidiert die Allianz bis 2027 und setzt sich für die Erweiterung ihres Mitgliederkreises ein. Insbesondere werden in der Förderperiode 2025­2028:

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die Ergebnisse der Allianz und die Zusammenarbeit mit dem WEF per 2027 evaluiert;

­

der Austausch und die Koordination der internationalen Diskussion mit den nationalen Akteuren gefördert: Der Bund bringt die thematischen Interessen der Schweiz in die Allianz ein und fördert die Reflexion und Diskussion von deren Arbeitsergebnissen auf nationaler Ebene.

Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Baukultur > Konzept Baukultur > Erklärung von Davos und Davos Baukultur Prozess.

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4.4.2

Interdepartementale Strategie Baukultur

Ausgangslage Planen, Bauen und Erhalten des Bestands sind wesentlich von ökonomischen Faktoren bestimmt. Die Baubranche schuf im Jahr 2021 in der Schweiz 5,0 Prozent des BIP.

Mit rund 331 000 Personen arbeiteten 7,1 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung in der Schweizer Baubranche.86 Ihre Prozesse sind zeitlich, materiell und finanziell aufwendig und normativen und regulativen Ansprüchen unterworfen. Dabei auf hohe baukulturelle Qualität zu achten, bedeutet jedoch nicht per se eine zusätzliche Anforderung. Im Gegenteil muss hohe Qualität kein Kostentreiber sein, sondern kann mit schlanken Verfahren, Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft, Beständigkeit und Innovation sowie durchdachter Gestaltung dauerhaften Mehrwert schaffen. Sie ist nicht nur ein sozialer und kultureller Gewinn, sondern rentiert auch aus ökonomischer Sicht.87 Zudem führen baukulturelle Anstrengungen für engagierte Akteure der Wirtschaft zu Reputationsgewinnen. Hohe baukulturelle Qualität ist auch eine wichtige Grundlage für den Schweizer Tourismus.88 Der Bund erfüllt als Bauherr, Eigentümer, Betreiber, Regulator oder Geldgeber zahlreiche Aufgaben, welche die baukulturelle Qualität in der Schweiz beeinflussen. Im Rahmen seiner Zuständigkeiten bündelt er deshalb die Anstrengungen für mehr baukulturelle Qualität in einer interdepartementalen Strategie.

Die erste Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur89 wurde vom Bundesrat im am 26. Februar 2020 genehmigt. Sie formuliert die Vision und strategischen Ziele des Bundes für eine stärkere Baukultur, übergreifend für alle Sektoralpolitiken. Mit ihr koordiniert der Bund die baukulturellen Tätigkeiten von 15 beteiligten Bundesstellen. Die Strategie Baukultur thematisiert aktuelle gesellschaftliche und raumwirksame Herausforderungen wie den Klimawandel, die Energiewende, die Siedlungsentwicklung nach innen und den demografischen Wandel. Die Strategie beinhaltet einen Aktionsplan mit Massnahmen aller beteiligten Bundesstellen, um die strategischen Ziele zu erreichen. Der erste Aktionsplan umfasste die Jahre 2020­2023, der zweite Aktionsplan wurde vom Bundesrat am 15. Dezember 2023 gutgeheissen und beinhaltet Massnahmen, die 2024­2027 umgesetzt werden sollen.

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BFS: Erwerbstätige nach Wirtschaftsabschnitten, Neuenburg 2022; abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Arbeit und Erwerb > Erwerbstätigkeit und Arbeitszeit > Merkmale der Arbeitskräfte > Wirtschaftssektor und -abschnitt.

Gabriel M. Ahlfeldt und Elisabetta Pietrostefani: «Quality sells»: High-quality Baukultur as a success factor for the construction and real estate industry, London School of Economics and Political Sciences (LSE) and Centre for Economic Policy Research (CEPR), Juli 2022.

Vgl. Tourismusstrategie des Bundes vom 10. November 2021; abrufbar unter: www.seco.admin.ch > Standortförderung >Tourismuspolitik > Tourismusstrategie des Bundes.

Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur vom 26. Febr. 2020; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Baukultur > Konzept Baukultur > Strategie Baukultur.

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Die Evaluation der Strategie Baukultur90 und von deren ersten Aktionsplan macht deutlich, dass die neue Zusammenarbeit im Rahmen der interdepartementalen Arbeitsgruppe für Baukultur wichtige Impulse für eine Verbesserung der baukulturellen Qualität des Bundes geliefert hat. Der Strategie mangelt es jedoch noch an Verbindlichkeit, was ihre Effektivität mindert und die Zielerreichung erschwert.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 ­

Revision des NHG: Die Strategie Baukultur bildet einen Zielrahmen für das Bauen und Planen des Bundes, der die Verbesserung der Qualität der gebauten Umwelt einfordert und gleichzeitig zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen, namentlich im Klima- und Energiebereich, beiträgt. Die ersten Jahre der Umsetzung der Strategie haben bestätigt, dass diese Zielsetzung gesetzlich verankert werden muss, um die gewünschte Wirkung effektiv zu erreichen. Deshalb schlägt der Bundesrat vor, das NHG mit Bestimmungen zur Berücksichtigung der Baukultur zu ergänzen (vgl. Ziff. 5.2).

­

Erneuerung der Strategie und des Aktionsplans: Der Bund erneuert auf der Basis der neuen gesetzlichen Grundlage seine Strategie Baukultur bis 2028.

Er berücksichtigt dabei die aktuellen Herausforderungen, namentlich im Bereich der Klimaanpassungen und der Energiewende, der Förderung der Biodiversität, der Erhaltung des kulturellen Erbes, der Wohnraumversorgung sowie des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Er sorgt bei der Überarbeitung der Strategie für den Einbezug der öffentlichen und privaten Partner und stärkt die sektorübergreifende Zusammenarbeit.

4.4.3

Förderung von Denkmalpflege, Archäologie und Ortsbildschutz

Ausgangslage Das gebaute und archäologische Erbe ist eine zentrale Referenz unserer Baukultur.

Während es von weiten Teilen der Bevölkerung äusserst geschätzt wird und historische Orte in intakten Landschaften eine gesamtschweizerische Ressource für Lebensqualität und Erholung darstellen, werden die für ihre Erhaltung notwendigen Schutzregeln und Beschränkungen oftmals kritisiert. Der Bund muss deshalb seine Anstrengungen fortsetzen, um den Schutz und die Pflege des baulichen und archäologischen Erbes als Teil jeder nachhaltigen Strategie für die räumliche Entwicklung zu verankern.

Finanzhilfen für Denkmalpflege und Archäologie Der Bund richtet Finanzhilfen für denkmalpflegerische und archäologische Massnahmen aus; er leistet darüber hinaus Finanzhilfen an Projekte der Vermittlung, Aus- und 90

Christof Schwenkel, Manuel Ritz, Clément Bourdin und Angela Baumann: Evaluation der Strategie Baukultur, Bericht zuhanden des Bundesamts für Kultur. Interface Politikstudien Forschung Beratung, Luzern und Lausanne, Juli 2023; abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Baukultur > Konzept Baukultur > Strategie Baukultur.

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Weiterbildung sowie der Forschung und an Organisationen von gesamtschweizerischem Interesse. Die Beiträge der öffentlichen Hand für die sachgerechte Restaurierung von Denkmälern und für archäologische Massnahmen sind notwendig, um die Erhaltung unseres Erbes langfristig sicherzustellen. Insbesondere die Behandlung von jüngeren Denkmälern und archäologische Grabungen, die aufgrund von Vorhaben der Siedlungsentwicklung nach innen nötig sind, führen zu höheren Aufwänden für die Kantone.

Der Einsatz der Finanzhilfen des Bundes wird in Zusammenarbeit mit den Kantonen im Rahmen von vierjährigen Programmvereinbarungen kontinuierlich optimiert. Die operative Effizienz wurde durch eine weitgehende Digitalisierung der Prozesse und der Schaffung eines entsprechenden Web-Portals in der laufenden Periode nochmals erhöht.

Gutachten und Beratung Als Fachbehörde des Bundes für Baukultur sorgt das BAK mit seiner eigenen Expertise und der Vergabe von Expertenmandaten für die Entwicklung hoher baukultureller Qualitäten.

Gestützt auf die Anträge der Fachbehörde können Vorhaben verbessert und wertvolles Kulturerbe geschont werden. Entscheidend für das Verständnis und die Akzeptanz des Schutzes von Kulturerbe ist das Erreichen einer hohen Rechts- und Planungssicherheit. Die entsprechenden Prozesse und die nötige Verfahrenskompetenz sind weiter zu verbessern. Die frühzeitige Zusammenarbeit und der konstruktive Dialog mit Bauträgern und involvierten Behörden haben sich bewährt und bleiben ein wichtiges Anliegen.

Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung Der Bund erarbeitet das ISOS nach Artikel 5 NHG. Das ISOS beurteilt Ortsbilder nach einem schweizweit einheitlichen Massstab und bezeichnet die wertvollsten Siedlungen des Landes. Es ist eine wichtige Planungsgrundlage für Bund, Kantone und Gemeinden zur hochwertigen Siedlungsentwicklung.

Die Revision des ISOS nach der seit 2018 revidierten Methodik schreitet voran. Seine Anwendung und die entsprechende rechtliche Praxis sind heute konsolidiert. Die Inventarisierung und Bewertung der Ortsbilder erfolgen in engem Austausch und im Konsens mit den jeweiligen Kantonen.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 ­

Denkmalverluste aufgrund des Klimawandels begrenzen: Die klimatischen Veränderungen können das gebaute und archäologische Erbe der Schweiz zunehmend beeinträchtigen, einerseits durch Extremereignisse, andererseits aber auch durch sich ändernde Temperatur- und Feuchteverhältnisse. Die langfristigen Auswirkungen auf Denkmäler und archäologische Stätten sind heute noch nicht vollständig geklärt. In Zusammenarbeit mit der Wissenschaft sollen geeignete Monitoring- und Erhaltungsstrategien entwickelt und eingeführt werden.

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Denkmalpflegerisch qualifizierte Energieberatung fördern: Der Gebäudebereich soll in Erstellung, Betrieb und Entsorgung treibhausgasneutral werden.

Diese Forderung gilt auch für Denkmäler. Die Erhaltung, Pflege und Weiternutzung von mitunter seit Hunderten von Jahren bestehenden Gebäuden entspricht per se der nachhaltigen Entwicklung; rund ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen eines Gebäudes stammt aus seiner Erstellung.91 Die für die Instandsetzung baukulturell wertvoller Objekte nötigen Ansätze, technischen Methoden und Möglichkeiten sind bekannt, setzen aber besondere Kompetenzen und individuell auf das Objekt abgestimmte bauliche und betriebliche Vorgehensweisen voraus. Damit die richtigen Massnahmen geplant werden, benötigen die Eigentümerschaften von Beginn weg qualifizierte Beraterinnen und Berater, die über sowohl energetische als auch baukulturelle Kompetenzen verfügt. Der Bund wird deshalb in Zukunft die Aufwände für die denkmalpflegerisch qualifizierte Energieberatung neu als subventionsberechtigte Kosten im Rahmen der Finanzhilfen für denkmalpflegerische Massnahmen anerkennen und entsprechende Aus- und Weiterbildungen für Fachleute fördern.

­

Unesco-Welterbe stärken: Es gibt 13 Schweizer Welterbestätten der Unesco, neun davon sind Kulturstätten. Sie wurden von 1983 bis 2016 auf die Liste des Welterbes eingeschrieben und unterscheiden sich in Typologie, Charakter und Grösse. Der Bund unterstützt die Schweizer Welterbestätten im Kulturbereich mit Finanzhilfen für denkmalpflegerische und archäologische Massnahmen und für Projekte im Bereich der Vermittlung. Das Management der Stätten erfüllt heute jedoch nicht mehr überall die Ansprüche der Unesco. Der Bund wird im Rahmen des zweiten Aktionsplans Welterbe Schweiz 2024­ 2033 die Aktualisierung und Stärkung der Managementstrategien für die Welterbestätten (Kultur) in Zusammenarbeit mit den betroffenen Kantonen und Gemeinden begleiten und steuern, um den aussergewöhnlichen universellen Wert der Stätten langfristig zu erhalten und internationale Diskussionen über deren Erhaltungszustand zu vermeiden.

4.4.4

Baukultur als Aspekt der Nachhaltigkeit

Ausgangslage Das Bauen und das Gebaute verursachen in Entstehung, Betrieb und Rückbau heute einen bedeutenden Teil des Ausstosses an Treibhausgasen und grosse Abfallmengen, führen zu Bodenversiegelungen und -eingriffen und benötigen grosse Mengen an Energie. Die damit zusammenhängenden Herausforderungen im Bereich der Energieproduktion, der Ressourcenverfügbarkeit, des Einsatzes und der Rezyklierung von Baustoffen sowie der Kreislaufwirtschaft ­ aber auch demografische Veränderungen, der Wohnungsmangel sowie die Biodiversitätskrise ­ verändern notwendigerweise den zukünftigen Umgang mit der gebauten Umwelt. Tragfähige Lösungsansätze für 91

Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB): Benchmarks für die Treibhausgasemissionen der Gebäudekonstruktion, Stuttgart 2021.

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das Netto-Null-Ziel müssen deshalb komplexe und vielfältige Abhängigkeiten und Wirkungen berücksichtigen. Es sind Lösungen von umfassender Qualität zu entwickeln, die über die Priorisierung einzelner Aspekte hinausgehen und neben ökologischen und ökonomischen auch soziale und kulturelle Bedürfnisse berücksichtigen.

Good-Practice-Beispiele zeigen beispielsweise, wie Klimaanpassungen und energetische Massnahmen an Gebäuden mit hoher baukultureller Qualität realisiert werden können ­ ohne eine energetische Sanierung zu schmälern, zu komplizieren oder zu verteuern. Die Beachtung baukultureller Aspekte trägt wesentlich bei zu einem umfassenden Nachhaltigkeitsverständnis.

Die Transformation zu einer im Sinne der nachhaltigen Entwicklung gebauten Umwelt von hoher baukultureller Qualität ist ein Gemeinschaftswerk. Es benötigt das Wissen und die Mitwirkung zahlreicher Disziplinen und Wissenschaften und kann nur durch stärkere multisektorale, interdisziplinäre Zusammenarbeit und gemeinsame Verantwortung erreicht werden, um zielführende Synergien und Lösungen zu finden.

Behörden aller Staatsebenen, Bauträger, Investoren, Bauwirtschaft, Wissenschaft, Fachverbände, Nutzerinnen und Nutzer sowie Bewohnerinnen und Bewohner haben dabei mitunter unterschiedliche Interessen und Prioritäten, aber auch unterschiedliches Wissen und Einflussmöglichkeiten.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Die multisektorale und interdisziplinäre Debatte und Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft ist zu intensivieren.

Der Bund wird deshalb seine Förderung in diesem Bereich fortsetzen, insbesondere durch die Teilnahme an Multi-Stakeholder-Initiativen, die Schaffung fachlicher Grundlagen, die Unterstützung von Gefässen für Vernetzung und Diskursförderung, die baukulturelle Bildung, das Angebot baukultureller Beratungen und teilhabeorientierte Formate für die breite Öffentlichkeit. Insbesondere wird er folgende Massnahmen umsetzen: ­

Initiative «Besser leben» organisieren: Hohe baukulturelle Qualität, namentlich ihr Beitrag im Dienst einer umfassenden nachhaltigen Entwicklung, soll breit und niederschwellig im Rahmen einer partizipativen Kampagne «Besser leben» debattiert werden. Der Bund organisiert 2026 in Zusammenarbeit mit Partnern aus allen Sektoren ein Besser-Leben-Jahr. Zielgruppe ist die breite Bevölkerung. Im Zentrum steht die Frage, in welchem Raum wir in Zukunft leben wollen, namentlich vor dem Hintergrund einer grösseren Suffizienz.

­

Solarplanungen fördern: Solarenergie ist eine zentrale erneuerbare Energiequelle für die Schweiz und muss stark ausgebaut werden. Solarplanungen legen fest, wie das Solarpotenzial einer Gemeinde oder eines Quartiers bei hoher baukultureller Qualität maximal genutzt werden kann. Der Bund wird in Zusammenarbeit mit Partnern des Energiesektors sowie Kantonen, Städten und Gemeinden wegweisende Solarplanungen fördern. Er baut auf Erfahrungen aus Pilotprojekten (z. B. La Chaux-de-Fonds NE und Lichtensteig SG).

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4.5

Kultur und Gesellschaft

4.5.1

Kulturelle Teilhabe und Amateurkultur

Ausgangslage Kulturelle Teilhabe zu stärken bedeutet, die individuelle und kollektive Beschäftigung mit Kultur und die aktive Mitgestaltung des kulturellen Lebens anzuregen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen kulturellen Prägung und die Entwicklung einer eigenen kulturellen Identität ermöglicht allen Mitgliedern der Gesellschaft, zur kulturellen Vielfalt der Schweiz beizutragen, und ist eine Voraussetzung für die nachhaltige Bewahrung und Weiterentwicklung von materiellem und immateriellem Kulturerbe in der Schweiz.

Damit möglichst viele Menschen am kulturellen Leben teilhaben können, braucht es die Bereitschaft von Kulturinstitutionen, Kulturveranstaltern und Förderstellen, Formate zu finden, die neue Publikumskreise einbeziehen, kulturelle Inhalte innovativ vermitteln und Mitgestaltung ermöglichen. Medien sorgen für die Wahrnehmung des kulturellen Schaffens in der Öffentlichkeit, sie reflektieren es, ordnen es ein und leisten Übersetzungsarbeit für das Publikum und die Förderung. Ein starkes Vereinswesen bietet den Rahmen für vielfältige kulturelle Aktivitäten einer breiten Bevölkerung und trägt zur Förderung und Attraktivität der Freiwilligenarbeit bei.

Gegenstand dieses Kapitels sind diejenigen Förderbereiche, die das nicht professionelle Kulturschaffen unterstützen und die kulturelle Betätigung der breiten Bevölkerung betreffen: Amateurkultur, Teilhabe und Diversität, musikalische Bildung, Leseförderung.

Amateurkultur Die Vereine im Amateurkulturbereich ermöglichen kulturelle Teilhabe und bilden die Basis für eine lebendige und vielfältige Kulturlandschaft. Musik- und Gesangsvereine, Theater- und Tanzgruppen schaffen soziale Netze und stehen ein für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Inklusion. Kulturanlässe für ein breites Publikum leisten einen Beitrag zum kulturellen Austausch zwischen den Regionen und den Sprachgemeinschaften.

Rund zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung üben regelmässig eigene kulturelle Aktivitäten aus. Viele Personen engagieren sich freiwillig und ehrenamtlich in Vereinen und damit für die Gesellschaft. Die Vereine bieten auch ein Betätigungsfeld für professionelle Kulturschaffende, beispielsweise in der musikalischen Leitung von Chören und Orchestern. Der Amateurkultur kommt darum eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu.

Die Förderung der Amateurkultur durch den Bund beruht auf zwei Säulen: ­

Förderung von Organisationen kulturell tätiger Laien (Art. 14 KFG): Das BAK unterstützt in der Förderperiode 2021­2024 zehn gesamtschweizerisch tätige Verbände in den Bereichen Musik, Tanz und Theater, die den Zugang zur Kultur und die kulturelle Tätigkeit ihrer Mitglieder fördern. Die Verbände erhalten einen jährlichen Strukturbeitrag für Leistungen in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Vermittlung, Beratung sowie Vertretung der Mit87 / 130

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glieder in der Öffentlichkeit. Die zehn von BAK unterstützten Verbände vertreten insgesamt rund 200 000 Aktive.

­

Förderung von kulturellen Projekten und Anlässen für ein breites Publikum (Art. 16 KFG): Das BAK unterstützt Anlässe der Breitenkultur von gesamtschweizerischer Ausstrahlung (z. B. Eidgenössisches Jodlerfest oder Schweizer Gesangsfestival).

Die Pandemie hat die tragende Rolle der Amateurkulturvereine für das Zusammenleben aufgezeigt: Der erzwungene Stillstand und später die Einschränkungen der kulturellen Aktivitäten im Amateurbereich haben weiten Teilen der Bevölkerung die stimulierende Wirkung der Kultur und des kulturellen Gemeinschaftserlebnisses in Erinnerung gerufen. Gleichzeitig hat die Krise den Wandel im Vereinswesen beschleunigt und die Verletzlichkeit seiner weitgehend auf Freiwilligenarbeit beruhenden Strukturen in Erinnerung aufgezeigt.

Dank den Covid-19-Finanzhilfen konnte der Bund die Kulturvereine während dieser herausfordernden Zeit aufrechterhalten. Es fehlen aber Strategien, wie das Vereinswesen und die Amateurkultur für die Zukunft gestärkt werden können. Im Zug der zunehmenden Digitalisierung stehen Vereine unter einem Professionalisierungsdruck, die Erwartungen der Mitglieder haben sich gewandelt; gleichzeitig sinkt die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu betätigen.

Teilhabe und Diversität Als Querschnittsaufgabe betrifft die Förderung der kulturellen Teilhabe alle Ebenen der Kulturförderung und sämtliche Kulturbereiche. Mit Artikel 9a KFG hat das Parlament eine explizite Förderbestimmung zugunsten der kulturellen Teilhabe geschaffen. Auf dieser Grundlage unterstützt das BAK mit Finanzhilfen an Teilhabeprojekte die kulturelle Betätigung spezifischer Zielgruppen sowie die Vernetzung und den Wissensaustausch der Akteure, die sich für die Stärkung der kulturellen Teilhabe einsetzen. Die Förderung ermöglichte die Entstehung neuer teilhabeorientierter Initiativen (z. B. «Generationen im Museum» oder Theater im Strafvollzug) ebenso wie die gesamtschweizerische Etablierung von bestehenden Vorhaben (z. B. Label «Kultur inklusiv» oder «KulturLegi» der Caritas Schweiz).

Zur Förderung kultureller Teilhabe gehören auch Initiativen wie die «Kulturhauptstadt Schweiz». Inspiriert von der «Europäischen Kulturhauptstadt» soll das schweizerische Projekt regelmässig in verschiedenen Städten stattfinden und einen Beitrag zur Stärkung des nationalen Zusammenhalts, zur Aufwertung der kulturellen Vielfalt in der Schweiz und zum kulturellen Austausch zwischen den Sprachregionen beitragen. Das Projekt «Kulturhauptstadt Schweiz» setzt auf Inklusion und richtet sich an ein breites Publikum. Das Projekt unterstreicht die Verbindung zwischen
Kultur, Identität und Attraktivität einer Region. Das BAK hat die erste Durchführung in La Chaux-de-Fonds 2027 mit einem Beitrag unterstützt.

Viele teilhabeorientierte Vorhaben überschneiden sich mit anderen Politikbereichen und zeigen, wie politische, wirtschaftlich, soziale und kulturelle Teilhabe ineinandergreifen. Um auf Bundesebene die Koordination in der Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu stärken, wird 2024 das Interdepartementale Netzwerk Partizipation ins Leben gerufen.

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Musikalische Bildung Musizieren und Singen fördern die kreativen, geistigen und sozialen Kompetenzen junger Menschen. Zusammen musizieren bedeutet miteinander lernen, aufeinander hören, gemeinsame Ziele zu erreichen. In der Schule setzen sich Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für einen hochwertigen Musikunterricht ein. In der Freizeit sollen möglichst alle Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben, sich musikalisch zu betätigen.

Das BAK unterstützt nationale Vorhaben (z. B. Wettbewerbe, Festivals, Jugendmusikformationen) und führt die Programme J+M sowie «Junge Talente Musik». Das seit 2016 bestehende Programm J+M fördert den Zugang von Kindern und Jugendlichen zur Musik, indem es ausserschulische Projekte wie Kurse und Lager finanziell unterstützt. Das 2022 eingeführte Programm «Junge Talente Musik» unterstützt die Kantone bei der Entwicklung und der Umsetzung von eigenen Begabtenförderprogrammen, damit Kinder und Jugendliche mit einem überdurchschnittlichen musikalischen Potenzial frühzeitig und ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden können.

Leseförderung Lesen und Schreiben öffnen Tore zu Wissen und Denken ­ wesentliche Voraussetzungen für eine aktive kulturelle Teilhabe. Die Förderung der Grundkompetenzen Erwachsener ist im Bundesgesetz vom 20. Juni 201492 über die Weiterbildung geregelt und liegt in der Zuständigkeit des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Aufgabe des BAK ist die Förderung des Lesens als kulturelle Fähigkeit und der Freude am Lesen, des Zugangs zu Büchern und zur Schriftkultur. Das BAK legt einen Akzent auf die Kinder- und Jugendliteratur, weil die frühe Förderung für die Entwicklung der Kinder und ihr späteres schulisches Fortkommen zentral ist.93 Das BAK unterstützt vier gesamtschweizerisch tätige Organisationen und Institutionen sowie Einzelprojekte der Leseförderung. Mit der regelmässigen Durchführung von nationalen Tagungen ermöglicht es Innovation und Vernetzung im Bereich der Leseförderung.

Bibliotheken spielen eine zentrale Rolle für die Leseförderung und ermöglichen ­ als Orte der Begegnung und des Austauschs ­ gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe.

Die national tätigen Bibliotheksnetzwerke unterstützen die Bibliotheken in dieser Rolle mit Angeboten der Vernetzung und Weiterbildung. Das BAK legt darum in der Förderung einen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit Bibliotheken.

92 93

SR 419.1 Vgl. Bericht des Bundesrates vom 3. Febr. 2021 «Politik der frühen Kindheit. Auslegeordnung und Entwicklungsmöglichkeiten auf Bundesebene» in Erfüllung der Postulate 19.3417 WBK-N und 19.3262 Gugger; abrufbar unter: www.parlament.ch > 19.3417 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses; Bericht des Bundesrates vom 29. Juni 2022 «Frühe Sprachförderung in der Schweiz» in Erfüllung der Motion 18.3834 Eymann; abrufbar unter: www.parlament.ch > 19.3834 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

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Anpassungen in der Periode 2025­2028 Amateurkultur Die Förderung der Amateurkultur durch wiederkehrende Finanzhilfen an gesamtschweizerisch tätige Verbände und durch Projektbeiträge an grosse Anlässe für die breite Bevölkerung hat sich bewährt und soll weitergeführt werden.

Damit das Vereinswesen im Amateurkulturbereich den insbesondere durch die Digitalisierung ausgelösten Herausforderungen begegnen und diese als Chance nützen kann, verstärkt das BAK in der Periode 2025­2028 die Unterstützung der Amateurkultur. Insbesondere werden digitale Transformationsprojekte, die Weiterentwicklung von Organisationsmodellen und neuen Ausdrucksformen sowie die Nachwuchswerbung und die Gewinnung neuer Publika gefördert.

Musikalische Bildung Programm J+M: Um weitere Kreise von Kindern und Jugendlichen an das Musizieren heranzuführen, soll das erfolgreiche Programm im Sinne der niederschwelligen Breitenförderung geöffnet werden (Senkung des Eintrittsalters für Angebote der musikalischen Sensibilisierung, Unterstützung von Projekten zur Förderung von Inklusion, stärkere Zusammenarbeit mit Schulen). Die Kriterien und Beitragsberechnungen für J+M-Angebote werden vereinheitlicht und vereinfacht, die Weiterbildungsangebote für J+M-Leiterinnen und Leiter stärker bedarfsorientiert ausgestaltet.

Tarifstruktur von Musikschulen: Um einen chancengerechten Zugang zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber gewisse Vorgaben zur Gestaltung der Tarifstruktur von Musikschulen erlassen (Art. 12a KFG). Die Anpassung der Tarifstrukturen erfolgt in Absprache zwischen Kantonen, Standortgemeinden und Musikschulen. Der Bund überprüft in regelmässigen Abständen die Umsetzung und Wirksamkeit der Vorgaben, die nächste Überprüfung ist 2024/2025 vorgesehen.

Gouvernanz: Das Programm J+M wird seit seiner Lancierung 2016 von einer externen Geschäftsstelle verwaltet. Der Aufwand für Datenmanagement, Prozesssteuerung und Qualitätssicherung ist seither ständig angestiegen. Mit der Einführung des Programms «Junge Talente Musik» ergeben sich Synergien in der Umsetzung. In der Förderperiode 2025­2028 soll geprüft werden, ob eine Internalisierung der Verwaltung von J+M per 2029 sinnvoll und zielführend wäre.

Leseförderung Das BAK unterstützt die digitale Transformation der Organisationen der Leseförderung mit dem Ziel, die Digitalisierung der Prozesse
zu beschleunigen und den OnlineZugang zu den Angeboten zu verbessern.

Die Förderung von Einzelvorhaben soll vereinfacht werden. Vorrang sollen Projekte in Zusammenarbeit mit Schulen und Bibliotheken sowie Programme der frühen Förderung (Family Literacy) haben.

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4.5.2

Sprachen und Verständigung

Ausgangslage Das Zusammenleben von vier Sprachgemeinschaften und die kulturelle Vielfalt, für die sie stehen, sind Wesensmerkmale der Schweiz. Die Sprachenvielfalt in der Schweiz nimmt durch Globalisierung und Migration weiter zu. Die Förderung der Mehrsprachigkeit und der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften sind darum zentrale Anliegen der Kulturpolitik des Bundes. Die Ziele und Instrumente der Sprachenförderung sind in der Kulturbotschaft 2016­2020 detailliert dargestellt worden. Im vorliegenden Kapitel werden drei ausgewählte Themen behandelt, die in der Förderperiode 2025­2028 besondere Aufmerksamkeit verdienen: Austausch und Mobilität Der schulische Austausch im Inland ist ein zentrales Mittel zur Verbesserung der individuellen Sprachkompetenzen und der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften. Um die Förderung von Austausch und Mobilität zu verbessern, haben Bund und Kantone 2016 die nationale Agentur Movetia gegründet. Die als privatrechtliche Stiftung konstituierte Agentur soll in eine öffentlich-rechtliche Anstalt überführt werden, damit ihre Rechts- und Steuerungsform besser den Corporate GovernanceGrundsätzen des Bundes entspricht. Der Bundesrat hat am 15. November 2023 den Entwurf des Movetiagesetzes zuhanden des Parlaments verabschiedet.94 2017 haben Bund und Kantone die Strategie «Austausch und Mobilität» beschlossen.95 Auf dieser Grundlage und im Auftrag des Bundes unterstützt und begleitet die Agentur Movetia nationale Austauschprojekte zwischen den Sprachgemeinschaften auf allen Bildungsstufen. Die verschiedenen Programme zur Förderung von Austausch und Mobilität innerhalb der Schweiz verzeichnen auf allen Bildungsstufen wachsende Teilnehmerzahlen aus allen Sprachregionen und sollen ausgebaut werden.

Italienische und rätoromanische Sprache und Kultur Die Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur sind Eckpfeiler der Sprachenpolitik des Bundes. Die Förderung erfolgt herkömmlicherweise durch Finanzhilfen an die Kantone Graubünden und Tessin für Massnahmen, die in diesen Kantonen umgesetzt werden. Dieses Fördermodell ist angesichts der Mobilität der Sprechenden nur noch teilweise zeitgemäss.

Bereits 2016 haben Bundesrat und Parlament entschieden, die italienische Sprache auch ausserhalb der italienischen Schweiz zu fördern,
insbesondere im Unterrichtswesen (Kultur- und Sensibilisierungsprojekte in Schulen und Pilotprojekte zur Schaffung zweisprachiger Unterrichtsprogramme mit Italienisch). 2021 folgten Massnahmen zugunsten des Rätoromanischen ausserhalb des traditionellen Sprachgebiets (Bildungsangebote für rätoromanische Kinder im Vorschul- und Schulalter). Zur Konsolidierung dieser Massnahmen bedarf es einer Anpassung der gesetzlichen Grundlagen.

94 95

BBl 2023 2841 Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Sprachen > Sprachengesetz und Sprachenverordnung > Austausch.

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Förderung der Mehrsprachigkeit und der Verständigung Der Bund fördert die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften durch die Unterstützung von Sprachorganisationen und Nachrichtenagenturen (Keystone-SDA) sowie durch Beiträge an die angewandte Forschung und an Projekte zur Weiterentwicklung des Sprachunterrichts. Die mehrsprachigen Kantone Bern, Freiburg, Graubünden und Wallis erhalten eine Finanzhilfe des Bundes für die besonderen Aufgaben, die sich in Behörden, Justiz, Verwaltung und Unterrichtswesen aus der Mehrsprachigkeit ergeben.

Die Förderbestimmungen in der Sprachenverordnung vom 4. Juni 201096 wurden 2022 revidiert. Im Rahmen der Beratung der Legislaturplanung 2019­2023 hat das Parlament den Bundesrat damit beauftragt, einen «Aktionsplan Mehrsprachigkeit» zu erarbeiten.97 Der Auftrag ist noch nicht abgeschlossen, die Arbeiten zur Überprüfung der strategischen Ziele der Sprachenförderung sind im Gang.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Austausch und Mobilität Die Strategie «Austausch und Mobilität» hat zum Ziel, dass möglichst viele junge Menschen im Verlauf ihrer Ausbildung an einer Austausch- oder Mobilitätsaktivität teilnehmen können. Zur Umsetzung der Strategie ist ein Ausbau der Angebote von Movetia notwendig: ­

Entwicklung eines Programms für den schulischen Einzelaustausch in Ergänzung zum Klassenaustausch, das vergleichbar ausgestaltet ist wie das Schweizer Programm zu Erasmus+. Der Einzelaustausch ist besonders auf die Sekundarstufe I ausgerichtet.

­

Weiterentwicklung der bestehenden nationalen Programme, namentlich für den Austausch in der beruflichen Grundbildung, den Lehrpersonenaustausch, den Klassenaustausch und die Entwicklung von Schulpartnerschaften.

Italienische und rätoromanische Sprache und Kultur Die rätoromanischsprachige Bevölkerung lebt heute zunehmend ausserhalb des Kantons Graubünden, das Rätoromanische wird längst nicht mehr nur in seinem traditionellen Verbreitungsgebiet gesprochen. Ähnliches gilt für die Situation des Italienischen in der Schweiz. Eine Unterstützung der beiden Minderheitensprachen alleine über die Kantone Tessin und Graubünden ist darum unzureichend. Damit die italienische und rätoromanische Sprache und Kultur ausserhalb des traditionellen Sprachgebiets angemessen durch den Bund gefördert werden können, mussen die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden. Die entsprechende Änderung des Sprachengesetzes vom 5. Oktober 200798 (SpG) wird mit dieser Vorlage beantragt (vgl. Vorlage 1).

96 97 98

SR 441.11 Bundesbeschluss vom 21. September 2020 über die Legislaturplanung 2019­2023, Art. 8 Ziff. 8, BBl 2020 8385, S. 8388.

SR 441.1

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Die Ziele der Förderung unterscheiden sich je nach Sprache: ­

Im Fall des Italienischen geht es um die Verbesserung des Stellenwerts und der Attraktivität der Sprache im Unterricht, beispielsweise durch die Förderung von zweisprachigen Maturitäten oder die Stärkung der Präsenz des Italienischen durch kulturelle Aktivitäten in der Schule.

­

Im Fall des Rätoromanischen geht es um Bildungsangebote für Kinder im Vorschul- und Schulalter ausserhalb des Kantons Graubünden. Eine wichtige Rolle spielen digitale Technologien, die innovative Konzepte wie Sprachenunterricht auf Distanz ermöglichen, oder (Open-Source-)Angebote, die den Zugang zu Wortschatz, Grammatik, Orthografie, Sprachkorrekturen und automatischen Übersetzungen gestatten.

Förderung der Mehrsprachigkeit und der Verständigung Seit 2012 unterstützt der Bund die Entwicklung von Konzepten und Lehrmitteln zur Verbesserung des Sprachenunterrichts. In der Förderperiode 2025­2028 soll der Fokus der Förderung auf der Validierung und Sicherung des Erarbeiteten liegen (Replizierung, Praxistransfer, Dokumentation, Austausch von Best Practices) und gleichzeitig in Absprache mit den Kantonen eine Neuausrichtung oder eine thematische Fokussierung der Förderung geprüft werden.99

4.5.3

Schweizerschulen im Ausland

Ausgangslage Der Bund fördert weltweit 17 Schweizerschulen im Ausland: in Bangkok, Barcelona, Bergamo, Bogota, Catania, Curitiba, Lima, Madrid, Mailand, Mexiko (mit Filialschulen Cuernavaca und Querétaro), Peking, Rom, Santiago, Sao Paulo, Singapur. Weltweit besuchen rund 8000 Schülerinnen und Schüler eine Schweizerschule, davon rund 1400 mit einer Schweizer Staatsbürgerschaft. Die Finanzhilfen des Bundes decken im Durchschnitt ungefähr einen Viertel des Betriebsbudgets der Schulen. Die Patronatskantone nehmen die pädagogische Aufsicht wahr und unterstützen die Schulen auf vielfältige Weise (durch Infrastrukturbeiträge, Weiterbildungen, Lehrmittel usw.).

Die zuständigen Schweizer Vertretungen vor Ort unterstützen die Schulen, beispielsweise durch den Einsitz in den Schulkomitees.

Die Covid-19-Pandemie hat die Schweizerschulen empfindlich getroffen. An allen Standorten mussten die Schulen auf behördliche Anordnung für längere Zeit schliessen. Mit ausserordentlichen Covid-19-Nothilfen in den Jahren 2020 und 2021 konnte der Bund die wirtschaftlichen Schäden mildern. Dank dieser Unterstützung konnten die Schulen trotz der Krise ein volles Schulangebot aufrechterhalten und notwendige Anpassungen in der Betriebsstruktur vorbereiten. Die langfristigen Auswirkungen der Pandemie auf die Entwicklung der Schülerzahlen sind indes ungewiss.

99

Bericht des Bundesrates vom 29. Juni 2022 «Frühe Sprachförderung in der Schweiz», in Erfüllung der Motion 18.3834 Eymann, S. 26; abrufbar unter: www.parlament.ch > 19.3834 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

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Good Governance und Swissness Obwohl es sich um private Institutionen handelt, werden die Schweizerschulen im Ausland als Repräsentanten der Schweiz wahrgenommen. Indem sie zu einer positiven Wahrnehmung der Schweiz im Ausland beitragen, erzielen sie eine Wirkung, die über die Vermittlung von schweizerischer Bildung und Kultur hinausgeht, wie der Bericht der EFK vom 17. Dezember 2019 «Prüfung der Wirkung der Schweizerschulen im Ausland»100 bestätigt Um die positive Wirkung der Schweizerschulen im Ausland zu unterstützen, hat das BAK, einer Empfehlung im Bericht der EFK folgend, zusammen mit den Schulen eine Charta vereinbart. Darin verpflichten sich die Schulen auf gemeinsame Werte zur Good Governance und ein geteiltes Verständnis von Swissness in Bildung und Schulkultur.

Anstellung der Schweizer Lehrpersonen Ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche Vermittlung von schweizerischer Bildung und Kultur an Schweizerschulen sind die Schweizer Lehrpersonen. Deren Rekrutierung wird mancherorts immer schwieriger. In der Kulturbotschaft 2021­2024 hatte der Bundesrat einen Vorschlag zur Verbesserung der Anstellungsbedingungen dieser Lehrpersonen angekündigt: Die Idee einer öffentlich-rechtlichen Anstellung der Schweizer Lehrpersonen durch die nationale Agentur für Austausch und Mobilität Movetia fand in der Vorkonsultation zum Vorentwurf des Movetiagesetzes jedoch keine Zustimmung der Kantone. Der Bundesrat verzichtet auf eine umfassende Gesetzesrevision zur Neuregelung der Anstellung von Lehrpersonen. Teillösungen, mit denen die Herausforderungen gezielt angegangen werden können, tragen der unterschiedlichen Situation der Schulen in den einzelnen Gastländern besser Rechnung.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Gouvernanz: Das BAK wird ein geeignetes Monitoring zu den in der Charta vereinbarten Grundsätzen einführen.

Anstellung von Schweizer Lehrpersonen: Gestützt auf eine Analyse der Anstellungsverhältnisse der Schweizer Lehrpersonen in den einzelnen Ländern wird das BAK gemeinsam mit den Partnern (Patronatskantone und Educationsuisse) den Handlungsbedarf und den Handlungsspielraum ausloten und entsprechende Massnahmen treffen.

Ziel ist eine tragfähige Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse und damit eine Verbesserung der Attraktivität eines Auslandeinsatzes.

4.5.4

Jenische, Sinti und nomadische Lebensweise

Ausgangslage In der Schweiz leben rund 35 000 Jenische und Sinti. Sie sind eine anerkannte nationale Minderheit im Sinne des Rahmenübereinkommens vom 1. Februar 1995101 zum 100 101

Abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Beziehungen zum Ausland.

SR 0.441.1

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Schutz nationaler Minderheiten. Dieses verpflichtet die Schweiz zur Förderung von Rahmenbedingungen, die es diesen Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln. Namentlich gilt dies für die nomadische Lebensweise und die jenische Sprache als Minderheitensprache im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 5. November 1992102.

Der Bund unterstützt die Radgenossenschaft der Landstrasse, die als Selbstorganisation der Schweizer Jenischen und Sinti zu Belangen dieser Minderheiten Auskunft gibt und sich um die Dokumentation der Geschichte und die Pflege der jenischen Sprache und Kultur kümmert. Der Bund finanziert auch die Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende. Sie nimmt eine wichtige Koordinationsfunktion zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden und den Minderheiten wahr. Als Kompetenzzentrum leistet sie Unterstützung zu planerischen, rechtlichen und sozialen Fragen.

Eine wichtige Massnahme zur Förderung der nomadischen Kultur besteht in der bedarfsgerechten Schaffung von Halteplätzen. Diese Aufgabe obliegt aufgrund der raumplanerischen Zuständigkeiten den Kantonen. Der Bund konnte entsprechende Bauvorhaben in den vergangenen Jahren subsidiär mit einer Finanzhilfe unterstützen.

Die Stiftung erhebt im Fünfjahresrhythmus die Zahl der Halteplätze. In den vergangenen Jahren konnte der Rückgang zwar gestoppt und die Situation insgesamt stabilisiert werden, doch der jüngste Standbericht von 2021 zeigt, dass erst knapp die Hälfte der benötigten Kapazitäten vorhanden sind.103 Die Anwesenheit von ausländischen Roma verstärkt den Druck auf die knappen Plätze.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Die Planung und der Bau von Halteplätzen stellen Kantone und Gemeinden vor grosse Herausforderungen. Die Projekte haben einen langen Realisierungshorizont und erfahren durch Anpassungen oder externe Faktoren wie Einsprachen und Referenden immer wieder Verzögerungen. Aus diesen Gründen konnten die zur Unterstützung vorgesehenen Mittel des Bundes in den vergangenen Jahren nicht in der geplanten Höhe ausgeschöpft werden.

In der Periode 2025­2028 sind folgende Massnahmen geplant:

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­

Halteplätze: Die Unterstützung an Kantone und Gemeinden zur Schaffung von Halteplätzen wird in geringerem Umfang (Anpassung an den effektiven Bedarf) weitergeführt. Die Modalitäten der Finanzierung werden so angepasst, dass sie auch bei Projektverzögerungen greifen. Für die Schaffung von Halteplätzen kann der Bund den Kantonen und Gemeinden auch Grundstücke im Besitz des Bundes zur Verfügung stellen.

­

Beratung: Das BAK unterstützt die Anlaufstelle für Fragen in den Bereichen Soziales, Bildung und Gesundheit bei der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende. Das Beratungsangebot richtet sich an Jenische, Sinti und fahrende Roma genauso wie an die Behörden und Organisationen, die mit ihnen Kontakte haben.

SR 0.441.2 Abrufbar unter: www.stiftung-fahrende.ch > Informationen > Standberichte.

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­

Aktionsplan «Jenische, Sinti, Roma»: Das im Aktionsplan von 2016 vorgesehene Arbeitsprogramm wird zusammen mit den Partnerorganisationen evaluiert und gegebenenfalls neu ausgerichtet.

4.6

Zusammenarbeit und Grundlagen

4.6.1

Institutioneller Dialog

Ausgangslage Nationaler Kulturdialog Die gemeinsame Plattform der verschiedenen Staatsebenen zur Diskussion kulturpolitischer Fragestellungen ist der im Jahr 2011 von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden gegründete Nationale Kulturdialog. Er hat zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den Staatsebenen in der Kulturpolitik zu verstärken. Dies geschieht gemäss der entsprechenden Vereinbarung zwischen den Partnern einerseits durch den Austausch relevanter Informationen und andererseits durch die Abstimmung und Koordination von Massnahmen.104 Der Nationale Kulturdialog ist damit das zentrale Instrument für die gemeinsame Weiterentwicklung der kulturpolitischen Rahmenbedingungen und die Gestaltung eines Umfelds, das der Kultur in der Schweiz förderlich ist.

Der Nationale Kulturdialog bearbeitete in der vergangenen Förderperiode massgeblich drei Themen: die Frage der angemessenen Entschädigung der Kulturschaffenden, das Thema der Ökologie in der Kulturproduktion und die Erarbeitung einer nationalen Strategie zum Kulturerbe in der Schweiz. Die Ergebnisse der entsprechenden Arbeiten flossen in die vorliegende Botschaft ein (vgl. namentlich Ziff. 1.2.1, 1.2.4, 1.2.5 und Ziff. 4).

Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor Neben dem Nationalen Kulturdialog tauschen sich die Kulturakteure des Bundes auch regelmässig mit ihren nichtstaatlichen Partnern aus. Der Austausch mit den Organisationen der professionellen Kulturschaffenden und den Organisationen der Amateurkultur erfolgt je nach Thema in unterschiedlichen Konstellationen. Die gesamtschweizerisch tätigen Organisationen werden vom Bund mittels Strukturbeiträgen finanziell unterstützt (vgl. Ziff. 4.1.2 und 4.5.1). Die enge Zusammenarbeit zwischen dem BAK und der Taskforce Culture war ein wichtiger Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung der Covid-19-Unterstützungsmassnahmen im Kulturbereich (vgl. Ziff. 1.2.6).

Der Privatsektor (gemeinnützige Stiftungen und Privatwirtschaft) trägt einen erheblichen Teil der Kulturfinanzierung in der Schweiz (vgl. Ziff. 1.2.6). Der Austausch zwischen den Kulturakteuren des Bundes und dem Privatsektor findet regelmässig statt.

104

Convention concernant le Dialogue nationale sur la politique culturelle suisse vom 25. Oktober 2011, Ziff. 1; auf Französisch abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Themen > Nationaler Kulturdialog > Weitere Informationen > Dokumente.

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Anpassungen in der Periode 2025­2028 Nationaler Kulturdialog Die Zusammenarbeit mit den Kantonen, Städten und Gemeinden soll im Rahmen des Nationalen Kulturdialogs fortgesetzt und die Koordination zwischen den staatlichen Partnern der Kulturpolitik nach Möglichkeit und im Rahmen der jeweiligen verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten verstärkt werden (vgl. auch Ziff. 2.1.1). In diesem Kontext bereiten die Partner derzeit die Durchführung einer Evaluation des Nationalen Kulturdialogs vor. Die Evaluation wird die Grundlage für allfällige Anpassungen der Arbeitsweise des Nationalen Kulturdialog bilden.

Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor Angesichts der grossen Herausforderungen für die Kultur in der Schweiz ist eine enge Zusammenarbeit mit den Kulturverbänden und dem Privatsektor zentral: Der Austausch ermöglicht es den Bundesakteuren, Bedürfnisse und Veränderungen frühzeitig zu erkennen und Lösungsansätze vorzubesprechen oder gemeinsam zu entwickeln Diese Möglichkeiten will der Bund in Zukunft noch besser nutzen. Die Diskussion von zentralen kulturpolitischen Fragen ist in Zeiten hoher Veränderungsdynamik unabdingbar. Um den kulturpolitischen Dialog zu fördern, wird das BAK nach vierjährigem Unterbruch erneut Veranstaltungen zu Themen von gesamtschweizerischem, kulturpolitischem Interesse unterstützen. Als mögliches Beispiel kann eine Tagung zu den Chancen und Risiken von KI für den Kultursektor erwähnt werden.

4.6.2

Statistik und Monitoring

Ausgangslage In den vergangenen Jahren hat der Bund die Datenlage zum Kulturleben in der Schweiz laufend ausgebaut. Seit der Förderperiode 2016­2020 haben das BAK und das BFS neue Statistiken zu Museen, Denkmalpflege und Kulturwirtschaft aufgebaut und bestehende Statistiken zu Kulturfinanzierung, Kulturverhalten, Film und Bibliotheken verbessert. Die seit 2014 jährlich erscheinende Taschenstatistik des BAK fasst jeweils die wichtigsten Zahlen zusammen. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig aussagekräftige Indikatoren zum Kulturleben für die Steuerung der Kulturpolitik sind.

Zugänglichkeit zu Daten ist ein zentrales Ziel der Strategie Digitale Schweiz vom 8. Dezember 2023.105 Diese verlangt, dass Daten, die durch die öffentliche Hand produziert oder in ihrem Auftrag erhoben werden, grundsätzlich als Open Government Data (OGD) in offener und maschinenlesbarer Form veröffentlicht werden. Dieses Ziel wird in der für die zentrale Bundesverwaltung verbindlichen Open GovernmentData-Strategie vom 30. November 2018106 konkretisiert.

105 106

Abrufbar unter: https://digital.swiss > Strategie > Strategie Digitale Schweiz >Download.

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Anpassungen in der Periode 2025­2028 In der Förderperiode 2025­2028 will der Bund das Monitoring zur Kultur in der Schweiz ausbauen: ­

Anhand geeigneter Kennzahlen soll die Entwicklung des Kultursektors dargestellt und somit eine Grundlage für eine evidenzbasierte und zielorientierte Kulturpolitik geschaffen werden. Zu diesem Zweck müssen Administrativdaten besser genutzt und die bestehenden Kulturstatistiken gegebenenfalls ergänzt werden.

­

Die vom Bund erhobenen Daten sollen dem Publikum im Sinne der OGDStrategie zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig sollen die Prinzipien der OGD-Strategie auch in Leistungsvereinbarungen mit Partnerorganisationen verankert und Anreize für Kulturinstitutionen geschaffen werden, ihre Zahlen offen und einheitlich zu kommunizieren.

4.6.3

Internationale Kulturpolitik

Der Bund setzt sich aktiv für die Vermittlung von kulturellen Werten und Kultur im Ausland ein. Die internationale Zusammenarbeit im Kulturbereich erfolgt durch das Zusammenspiel verschiedener institutioneller Akteure auf Bundesebene (BAK, Pro Helvetia sowie EDA [DEZA, Präsenz Schweiz und Bereich UNO im Staatssekretariat]). In spezifischen Aufgabenbereichen sind weitere Bundesstellen involviert, wie z. B. das Eidgenössische Finanzdepartement mit dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit bei der Umsetzung der Gesetzgebung zum internationalen Kulturgütertransfer sowie das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz beim Schutz des gefährdeten Kulturerbes.

Bezüglich der internationalen Beziehungen ist das BAK zuständig für die Beteiligung an der internationalen Kulturpolitik, während die Förderung des künstlerischen Austauschs (z. B. Tourneen, Künstlerresidenzen, Teilnahme an Festivals) in der Zuständigkeit von Pro Helvetia liegt.

Durch seine Aktivitäten leistet der Bund einen Beitrag zur internationalen Kulturpolitik sowie zur Positionierung der Schweiz auf internationaler Ebene als Kulturland.

Bilaterale Zusammenarbeit Ausgangslage In seinen Beziehungen mit anderen Staaten verhandelt das BAK namentlich bilaterale Koproduktionsabkommen im Filmbereich, Vereinbarungen über den Kulturgütertransfer und ­ sofern erforderlich ­ über die Schweizerschulen im Ausland.

Die Koproduktionsabkommen erleichtern die Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehr Ländern im Filmbereich. Sie regeln die Voraussetzungen, unter denen ein Film in mehreren Ländern als nationale Produktion anerkannt wird und dadurch in jedem

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dieser Länder Unterstützungen für Produktion und Vertrieb beziehen kann.107 2023 wurde das Koproduktionsabkommen mit Kanada revidiert, um insbesondere neue Vertriebsformen zu berücksichtigen.

Die bilateralen Vereinbarungen über den Kulturgütertransfer haben das Ziel, den illegalen Handel mit Kulturgütern zu verhindern und das Kulturerbe zu erhalten.108 Sie können mit Ländern abgeschlossen werden, die Vertragsstaaten des Übereinkommens der Unesco vom 4. November 1970109 über Massnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut sind. In der Förderperiode 2021­2024 wurde eine Vereinbarung mit der Türkei unterzeichnet.

Bilaterale Vereinbarungen über die Schweizerschulen werden fallweise abgeschlossen, wenn Bedarf an einer spezifischen Regelung mit dem Gastland besteht.110 Von 2021 bis 2024 wurde keine solche Vereinbarung abgeschlossen.

Die Schweiz setzt sich für besonders enge Beziehungen mit ihren Nachbarländern ein.

So findet mit den österreichischen und italienischen Behörden ein regelmässiger Austausch statt, um Themen der Zusammenarbeit zu erörtern. 2023 nahm die Schweiz zudem am von Luxemburg initiierten ersten Treffen der deutschsprachigen Kulturministerinnen und Kulturminister teil.

Die Schweiz fördert des Weiteren die Preisträgerinnen und Preisträger der Schweizer Kulturpreise im In- und Ausland. Die Verleihung der Kulturpreise soll die Vermittlung der ausgezeichneten Kulturschaffenden und ihrer kulturellen Tätigkeit stärken.

Schliesslich können im Rahmen der Strategie des Bundesrats für den Schutz des gefährdeten Kulturerbes Drittstaaten gezielt unterstützt werden. Eine solche Unterstützung wurde beispielsweise der Ukraine für den Schutz ihres Kulturerbes angeboten.

Anpassungen in der Periode 2025­2028 Film: Die Schweiz will ihre bestehenden Abkommen im Filmbereich laufend revidieren, um insbesondere die technischen Entwicklungen und die veränderten Konsumformen (z. B. Serien) zu berücksichtigen. Sie schliesst neue Koproduktionsabkommen mit weiteren Ländern ab, wenn dies strategisch sinnvoll ist (vgl. Ziff. 4.2.7).

Kulturgütertransfer: Bei den Vereinbarungen über den Kulturgütertransfer wird ein Schwerpunkt auf Partnerstaaten aus Afrika liegen, dies unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Kulturgütern aus einem kolonialen
Kontext (vgl. Ziff. 4.3.1).

Schutz des gefährdeten Kulturerbes: Wo angemessen, unterstützt die Schweiz Drittstaaten, deren Kulturerbe durch Natur- oder menschengemachte Ereignisse gefährdet ist, gemäss den Prinzipien der bisherigen Strategie zum Schutz des gefährdeten Kulturerbes (vgl. Ziff. 2.4 und 4.3.1).

107

Koproduktionsabkommen bestehen mit Deutschland und Österreich (trilaterales Abkommen), Frankreich, Italien, der Französischen Gemeinschaft Belgiens, Luxemburg, Kanada und Mexiko.

108 Vereinbarungen über den Kulturgütertransfer bestehen mit Italien, Griechenland, Kolumbien, Zypern, China, Peru und Mexiko.

109 SR 0.444.1 110 Vereinbarungen wurden mit Kolumbien und Mexiko abgeschlossen.

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Multilaterale Zusammenarbeit Ausgangslage Auch auf multilateraler Ebene bringt die Schweiz ihre Expertise international ein. Mit ihrem Engagement trägt sie zu einer Berücksichtigung der Schweizer Werte in den internationalen Organisationen bei, die derzeit von einer Instrumentalisierung der Kultur für politische Zwecke und von Rückschritten in Bezug auf Demokratie und Menschenrechte geprägt sind. Sie beteiligt sich an den Überlegungen zu globalen Herausforderungen wie Klimawandel, nachhaltige Entwicklung oder Digitalisierung. Dabei engagiert sie sich namentlich in der Unesco, im Europarat und auf Fachebene bei der EU und arbeitet punktuell auch mit anderen internationalen Organisationen zusammen.

Bei der Unesco setzt die Schweiz die von ihr ratifizierten Übereinkommen im Kulturbereich um. Sie war von 2019 bis 2023 im Exekutivrat der Unesco vertreten und von 2020 bis 2024 Mitglied des Zwischenstaatlichen Komitees des Übereinkommens vom 17. Oktober 2003111 zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes, wo sie von 2022 bis 2023 den stellvertretenden Vorsitz innehatte. Ausserdem hat sie aktiv an der Mondiacult 2022 teilgenommen und unterstützt die daraus folgenden weiteren Bestrebungen.

Im Europarat engagiert sich die Schweiz für eine Anerkennung der Kultur als Element der Soft Power zur Stärkung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Völkerverständigung. Sie setzt die von ihr ratifizierten Übereinkommen um und engagiert sich in den relevanten Programmen des Europarats (z. B. Eurimages, Kulturwege).

Die Schweiz hat ihr Engagement im Europarat durch den Einsitz im Büro des Lenkungsausschusses für Kultur, Kulturerbe und Landschaft (2021­2022) sowie den Vorsitz im Direktionsrat des Erweiterten Teilabkommens vom 2010112 über die Kulturrouten des Europarates (2021­2022) bekräftigt. Sie hat des Weiteren an der dritten Kulturministerkonferenz des Europarats teilgenommen, die seit 2013 durchgeführt wird.

Im Rahmen der Beziehungen zur EU strebt der Bundesrat weiterhin die Teilnahme der Schweiz an EU-Programmen im Bereich Kultur an.

Schliesslich beteiligt sich die Schweiz an den Initiativen der Internationalen Organisation der Frankophonie (OIF), wo sie in der Vergangenheit mit einer kulturellen Delegation an den internationalen Spielen der Frankophonie teilgenommen hat, so zuletzt 2023 in Kinshasa.
Anpassungen in der Periode 2025­2028 Die Schweiz will ihre Aktivitäten und ihre Präsenz auf internationaler Ebene weiterführen und stärken. Sie wird sich weiter in den Organen und Komitees der internationalen Organisationen im Kulturbereich einbringen, um ihre Anliegen international zu vertreten.

111 112

SR 0.440.6 Auf Französisch abrufbar unter: www.coe.int > Démocratie > Diversité culturelle ­ Itinéraires culturels > États membres > Accord Partiel Élargi sur les Itinéraires Culturels.

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Unesco und Europarat: Die Schweiz wird ihr Profil und ihre Präsenz in der internationalen Kulturpolitik stärken, insbesondere in der Kooperation mit der Unesco und dem Europarat. Die Schweiz sieht die Unterzeichnung eines neuen Abkommens des Europarats über audiovisuelle Koproduktionen (Serien und andere Formate ausserhalb der Filmproduktion) vor.

­

EU: Die Schweiz strebt die Teilnahme an EU-Programmen im Bereich Kultur an.

5

Erläuterungen zu den Gesetzesänderungen

5.1

Sprachengesetz (Vorlage 1)

Art. 22 Der neue Artikel 22a E-SpG macht die Einführung einer Sachüberschrift in Artikel 22 SpG notwendig.

Art. 22a Die Förderung der Minderheitensprachen Italienisch und Rätoromanisch auf nationaler Ebene ist Aufgabe des Bundes. Die Erhaltung und Förderung der italienischen und rätoromanischen Sprache ausserhalb der Kantone Tessin und Graubünden soll neu gesetzlich verankert werden. Angesichts der Mobilität der Bevölkerung kann sich die Förderung nicht auf die traditionellen Verbreitungsgebiete beschränken (vgl.

Ziff. 4.5.2).

Die neue Bestimmung ergänzt die Förderkompetenzen des Bundes, damit Kinder und Jugendliche ausserhalb der Kantone Tessin und Graubünden Zugang zu italienischen und rätoromanischen Bildungsangeboten erhalten, abgewanderte Personen und ihre Familien bei der Nutzung ihrer Sprache unterstützt und Grundlagen zum Erlernen und Festigen der Sprache gefördert werden können. Die Förderung der rätoromanisch- und italienischsprachigen Diaspora innerhalb des Kantons Graubünden stützt sich wie bisher auf Artikel 22 SpG ab und erfolgt im Rahmen des Grundauftrags der vom Kanton Graubünden unterstützten Sprachorganisationen.

Die Gliederung des Artikels entspricht anderen Förderbestimmungen im SpG: Absatz 1 legt fest, dass der Bund die italienische und rätoromanische Sprache auch ausserhalb der Kantone Tessin und Graubünden fördern kann und unterstreicht damit die Verantwortung des Bundes für diese beiden Minderheitensprachen. Absatz 2 erläutert die Förderbereiche, die aufgrund der unterschiedlichen Situation der beiden Sprachen leicht differenziert sind. Mögliche Finanzhilfeempfängerinnen sind alle Organisationen und Institutionen, die sich für die italienische oder rätoromanische Sprache einsetzen. Gleichzeitig erhalten die von den Kantonen Tessin und Graubünden unterstützten Sprachorganisationen einen zusätzlichen strategischen Fokus ausserhalb der angestammten Gebiete dieser Sprachen. Unter den in Absatz 2 erwähnten Institutionen kann auch die öffentliche Hand subsumiert werden. Absatz 3 regelt schliesslich den maximalen Prozentanteil der Finanzhilfe des Bundes. Die vorgesehenen 75 Pro-

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zent entsprechen dem geltenden Ansatz für Finanzhilfen an die Kantone Tessin und Graubünden gemäss Artikel 22 SpG.

5.2

Natur- und Heimatschutzgesetz (Vorlage 2)

Art. 1 Bst. f Artikel 1 Buchstabe f E-NHG ergänzt den Zweckartikel explizit um die Förderung einer Baukultur von hoher Qualität. Damit wird dem Qualitätsanspruch bei allen den Raum verändernden Tätigkeiten Nachdruck verliehen.

Art. 7 Abs. 1 erster Satz Es wird die Abkürzung für das Bundesamt für Kultur eingeführt.

Art. 17b Dieser Artikel umschreibt die Grundsätze und die Aufgaben des Bundes zur Erreichung einer hohen Baukultur. Die Bestimmung soll die grosse Bedeutung einer Baukultur von hoher Qualität (gleichzusetzen mit dem Begriff der «hohen Baukultur» im Sinne der Erklärung von Davos 2018) unterstreichen.

Absatz 1 definiert die Aufgaben des Bundes im Grundsatz und beschreibt das Konzept der Baukultur in angemessener Offenheit. Die Baukultur umfasst die Summe der menschlichen Tätigkeiten, welche die gebaute Umwelt verändern. Eine hohe Baukultur ist ganzheitlich, umfassend und auf eine hohe Qualität im Umgang mit der gebauten Umwelt ausgerichtet. Die Definition folgt damit der international anerkannten Definition von Baukultur, die auch der interdepartementalen Strategie zur Förderung der Baukultur des Bundes zugrunde liegt. Sie kann je nach Kontext auf vielfältige Art und Weise erreicht werden. Deshalb sollen im Gesetz keine gestalterischen Anforderungen für eine hohe Baukultur oder gar konkrete bauliche Anweisungen festgeschrieben werden. Hohe Baukultur drückt sich aus im qualitätsbewussten Umgang mit der gebauten Umwelt, d. h. mit dem Bestehenden im Allgemeinen und mit dem baukulturellen Erbe wie auch der Archäologie im Besonderen sowie dem zeitgenössischen Bauen und dem Planen für die Zukunft. Alle planenden, gestaltenden und ausführenden Tätigkeiten, welche den Raum verändern, sind Ausdruck von Baukultur ­ vom handwerklichen Detail bis zur grossmassstäblichen Siedlungsplanung und Landschaftsgestaltung. Sie beziehen sich nicht nur auf neu Entstehendes, sondern auch auf Schutz, Sicherung und Erhaltungsmassnahmen für des baukulturellen Erbes. Baukultur umfasst alle Produkte und Prozesse, die mit diesen Tätigkeiten zusammenhängen.

Der Begriff Baukultur allein macht dabei noch keine Aussage zur Qualität der gestalteten Umwelt. Erst durch eine hohe Baukultur entsteht ein hochwertig gestalteter Raum, der sowohl den sich wandelnden gesellschaftlichen Anforderungen gerecht wird als auch seine
historischen Eigenarten bewahrt. Im deutschen Sprachgebrauch hat sich als Entsprechung des französischen Ausdrucks «culture du bâti de qualité» der Ausdruck «hohe Baukultur» eingebürgert. Er steht nicht für ein elitäres Kulturverständnis, sondern bezeichnet den grundsätzlich hohen Qualitätsanspruch im Um-

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gang mit der gebauten Umwelt. Hohe baukulturelle Qualität in diesem umfassenden Sinn ist multidimensional und berücksichtigt namentlich folgende Faktoren: ­

Gouvernanz im Sinne von guten Regelungen und Prozessen für den Umgang mit dem Raum und insbesondere mit der gebauten Umwelt,

­

Funktionalität des Gebauten und der Freiräume,

­

Umwelt, namentlich das Management der Umwelt- und Ressourcenbelastung durch das Bauen und das Gebaute,

­

Wirtschaft, mit einem Fokus auf die langfristige Tragfähigkeit,

­

Vielfalt in Gesellschaft und Nutzung,

­

Kontext in Siedlung oder offener Landschaft,

­

Genius Loci, um eine positive Bindung zu einem Ort zu ermöglichen,

­

Schönheit als Ziel jeder Ortsgestaltung und jeder Planungs- und Bautätigkeit.

Der Bund nimmt als Bauherr, Besitzer, Betreiber, Regulator und oder Geldgeber Einfluss auf baukulturelle Qualität. Mit der interdepartementalen Strategie zur Förderung der Baukultur hat der Bundesrat erstmals allgemeine Qualitätsziele für eine hohe Baukultur festgelegt. Der vorliegende Artikel umschreibt eine Berücksichtigungspflicht im Rahmen von Aufgaben, die sich auf raumverändernde Tätigkeiten beziehen Diese Aufgaben entsprechen der Definition von Bundesaufgaben in Artikel 2. Die Regelung führt keine neuen Verfahren ein. Sie präzisiert hingegen, dass die Schonung der gebauten Umwelt, beziehungsweise des heimatlichen Landschafts- und Ortsbilds, geschichtlicher Stätten sowie von Natur- und Kulturdenkmälern gemäss Artikel 3 durch einen auf baukulturelle Qualität ausgerichteten Ansatz unterstützt wird. Das übergeordnete Ziel ist eine baukulturelle Qualität, die der konkreten Aufgabe und der Lage der betroffenen Objekte angemessen ist. Der Bund soll sich für eine hochstehende Erhaltung, Pflege, Nutzung und Weiterentwicklung des Raums einsetzen und hierzu insbesondere nachhaltige Entwicklungsansätze bevorzugen, die auch die kulturellen Werte und die menschlichen Bedürfnisse berücksichtigen. Dabei unterscheidet sich diese Pflicht des Bundes vom Umgang mit Schutzobjekten des Heimatschutzes und der Denkmalpflege: Während bezüglich der Letzteren das Gesetz konkrete Schutzpflichten und bestimmte Handlungsanweisungen festlegt, soll im Hinblick auf eine umfassende Baukultur dazu ergänzend das Erfordernis eines aktiven Gestaltungswillens zum qualitätsvollen Umgang mit der gesamten gebauten Umwelt statuiert werden. Entsprechend können bei der Erfüllung von Aufgaben des Bundes Auflagen in der Form von grundsätzlichen Zielvorgaben für eine hohe Baukultur formuliert werden, die namentlich durch die Durchführung von qualitätssichernden Verfahren oder andere für den konkreten Einzelfall geeignete Massnahmen zu erfüllen sind. Solche Vorgaben können etwa in der Form von Auflagen in Verfügungen über Finanzhilfen oder Bewilligungen festgelegt werden.

Absatz 2 konkretisiert die Koordination der Tätigkeiten auf Stufe Bund zur Erreichung einer hohen Baukultur. Baukultur betrifft verschiedene Sektoralpolitiken, die ihre eigenen Ansätze umsetzen und eigene Massnahmen ergreifen, um eine hohe Baukultur zu erreichen. Der Bund soll deshalb seine Baukulturpolitik koordinieren. Dafür zuständig ist bundesintern das BAK. Als übergeordnetes Instrument zur Konkretisierung 103 / 130

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dieser Koordination dient die Interdepartementale Strategie zur Förderung der Baukultur mit ihrem dazugehörigen Aktionsplan. Darin identifiziert der Bund Handlungsachsen und legt strategische Ziele und konkrete Massnahmen fest. Die Strategie Baukultur und ihr Aktionsplan werden von allen relevanten Bundesstellen unter der Federführung des BAK gemeinsam erarbeitet und periodisch evaluiert und erneuert.

Ihr Inhalt wird mit den weiteren raumrelevanten Strategien des Bundes abgestimmt und ihre konkrete sektoralspezifische Umsetzung verbleibt in der Kompetenz der zuständigen Bundesstellen gemäss den jeweiligen spezialgesetzlichen Regelungen. Die Beachtung einer hohen Baukultur soll namentlich die Energieziele des Bundes sowie die energetische Versorgungssicherheit des Landes nicht in Frage stellen. Die angestrebten Ergänzungen des NHG ermöglichen es Bundesrat und Parlament, allfällige diesbezügliche Konflikte im Bereich der gebauten Umwelt aktiv anzugehen und zu lösen. So werden die Ziele der Energiestrategie des Bundes mit der vorliegenden Gesetzesrevision unterstützt.

Absatz 3 betrifft das Verhältnis zu den baukulturellen Belangen der Kantone. Die Vernetzung und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Baukultur sind bereits heute ein strategisches Ziel des Bundes. Die Kantone und Gemeinden sind für die Baukultur hauptsächlich verantwortlich. Um erfolgreich zu sein, muss die Förderung durch den Bund mit den Förderstrategien der Kantone abgestimmt sein. Der Bund will hier seine Rolle und Verantwortung als Vorbild, Geldgeber und Regulator in Ergänzung zu den baukulturellen Bestrebungen der Kantone und in Zusammenarbeit und Koordination mit diesen wahrnehmen. In diesem Zusammenhang ergänzt der Bund im Rahmen seiner Möglichkeiten und Zuständigkeiten die Förderung einer hohen Baukultur durch die Kantone und Gemeinden. Er fördert insbesondere die Zusammenarbeit und die stufenübergreifende Koordination.

Art. 17c Dieser Artikel regelt die Unterstützung des Bundes für die Förderung einer hohen Baukultur. Der Bund kann Organisationen und Projekte sowie Tätigkeiten im Bereich der Baukultur mit Beiträgen unterstützen. Damit sollen insbesondere die Zusammenarbeit, Vernetzung und Koordination begünstigt, die inter- und transdisziplinäre Forschung gestärkt sowie den Menschen die Identifikation mit dem Raum und der
Zugang zur Baukultur erleichtert werden. Die Beiträge dienen einer kohärenten Umsetzung und Verbreitung der Strategien, Ziele und Botschaften des Bundes, wie sie insbesondere in der Strategie Baukultur und in der jeweils gültigen Kulturbotschaft festgehalten werden. Der Bund schafft damit kein neues Subventionsgefäss, sondern erweitert die bestehenden Unterstützungsmassnahmen für Naturschutz, Heimatschutz und Denkmalpflege explizit auch für um die Förderung der hohen Baukultur.

Absatz 1 regelt die Beiträge für Organisationen. Diese müssen ­ analog zu den Finanzhilfen für Organisationen im Bereich Naturschutz, Heimatschutz und Denkmalpflege in Artikel 14 ­ von gesamtschweizerischer Bedeutung sein und Tätigkeiten ausführen, die im öffentlichen Interesse liegen, damit der Bund sie mit einer Finanzhilfe darin unterstützen kann.

Absatz 2 betrifft die Beiträge für Projekte. Der Bund kann damit Tätigkeiten zur Förderung einer hohen Baukultur unterstützen. Der Bund kann Forschungsvorhaben, die 104 / 130

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Aus- und Weiterbildung von Fachleuten sowie Öffentlichkeitsarbeit unterstützen, die dieses Zielen der Aus- und Weiterbildung, der Forschung und der Öffentlichkeitsarbeit verfolgen.

Absatz 3 regelt die Ausrichtung der Beiträge. Das Verfahren richtet sich jeweils nach den Artikeln 12 und 12a der Verordnung vom 16. Januar 1991113 über den Natur- und Heimatschutz (NHV). Zudem gelten die Bestimmungen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990114 (SuG). Zusätzlich wird spezifiziert, dass sich die Finanzierung des Bereichs Baukultur nach Artikel 27 des Kulturförderungsgesetzes vom 11. Dezember 2009 richtet, d. h. die Mittel werden im Rahmen der Finanzierungsbeschlüsse des Parlaments zur Kulturbotschaft gesprochen.

Absatz 4 führt aus, dass der Bund eine hohe Baukultur auch in anderer Form als mit Finanzhilfen unterstützen kann, wozu namentlich die Beratung, das Bereitstellen von Informationen, der Wissenstransfer, Forschung sowie Zusammenarbeit dienen. Die verantwortlichen Fachbehörden des Bundes verfügen über hohe Kompetenzen zur Förderung einer hohen Baukultur. Der Wissenstransfer und der entsprechende Informationsauftrag sind wichtige Elemente für eine Förderung der Baukultur. Zudem kann der Bund mit anderen öffentlich-rechtlichen und privaten Personen und Organisationen zusammenarbeiten. Dies betrifft namentlich auch die Durchführung von multisektoriellen und transdisziplinären Projekten, die für die Erreichung der Qualitätsziele einer hohen Baukultur von Bedeutung sind. Er wahrt dabei ausdrücklich die bestehende Kompetenzordnung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden.

Die beantragte Änderung des NHG erfordert eine Anpassung des KFG: Der bestehende Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe c wird ergänzt durch die neue Förderbestimmung nach Artikel 17c NHG. Unabhängig von der vorliegend beantragten Revision des NHG soll zudem in Artikel 23 Absatz 1 KFG der Verweis auf dessen Artikel 18 gestrichen werden. Artikel 18 KFG wurde per 1. Februar 2021 aufgehoben.

5.3

Nationalbibliotheksgesetz (Vorlage 3)

Die beantragten Änderungen des NBibG stellen sicher, dass die NB ihren Sammelund Vermittlungsauftrag auch im digitalen Bereich erfüllen kann.

Durch die beantragte Rechtsanpassung für veröffentlichte Helvetica in elektronischer Form wird eine Pflichtexemplarregelung («Dépôt légal numérique») eingeführt: frei zugängliche Helvetica dürfen durch die NB selbst eingesammelt werden, während die NB nicht frei zugängliche Helvetica in elektronischer Form vergütungsfrei einfordern darf. Unter frei zugänglichen Helvetica werden digitale Informationen mit einem Bezug zur Schweiz gemäss Artikel 3 Absatz 1 NBibG verstanden, die im Internet ohne Zugangsbeschränkung unentgeltlich für alle Personen einsehbar sind. Bei nicht frei zugänglichen Helvetica handelt es sich um digitale Informationen mit Bezug zur Schweiz (Art. 3 Abs. 1), die veröffentlicht, aber online nicht ohne Weiteres einsehbar sind, etwa weil der Zugang hinter einer Bezahlschranke liegt oder von einer Registrierung abhängt.

113 114

SR 451.1 SR 616.1

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Das «Dépôt légal numérique» tangiert das Grundrecht der Eigentumsgarantie der Rechtsinhaberinnen und Rechtsinhaber. Ein solcher Grundrechtseingriff muss den Voraussetzungen gemäss Artikel 36 BV genügen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Die erforderliche gesetzliche Grundlage wird mit dem vorliegenden Entwurf geschaffen. Das Einforderungsrecht trägt auch dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz Rechnung: Eine Ablieferung auf rein freiwilliger Basis würde höchstwahrscheinlich nicht von allen Inhaltserzeugerinnen und -erzeugern befolgt, was zu Lücken im Sammlungsbestand der NB und letztlich zu einer Nichterfüllung ihres Sammelauftrages führen würde. Im Weiteren bleiben die wirtschaftlichen Interessen der Rechtsinhaberinnen und Rechtsinhaber durch weitgehende Zugangsbeschränkungen gewahrt: Die orts- und zeitunabhängige Online-Konsultation der Helvetica wird erstens nur eingetragenen Nutzerinnen und Nutzern der NB gewährt. Zweitens erfolgt der Zugang zeitlich nur für eine einzige Person, das heisst es können nicht mehrere Personen gleichzeitig ein und denselben Inhalt aufrufen. Drittens wird das Herunterladen von Inhalten technisch unterbunden («Download-Sperre»). Schliesslich dürfen die Helvetica erst nach Ablauf einer gewissen Zeitdauer (Schutzfrist) zugänglich gemacht werden. Die Präzisierung der Schutzfrist erfolgt auf Verordnungsstufe unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Medienkategorien mit ihren individuellen Auswertungsmodellen.

Das Bundesgericht bestätigte bereits vor über fünfzig Jahren die Vereinbarkeit eines «Dépôt légal» mit der Eigentumsgarantie im Bereich gedruckter Werke.115 Im Weiteren hielt das Bundesgericht im gleichen Entscheid fest, dass ein solches «Dépôt légal» als entschädigungslos zu duldende öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung hinzunehmen ist.116 Lediglich bei besonders teuren Werken oder Werken in kleiner Auflage sieht das Bundesgericht eine Ausnahme vom Grundsatz der Unentgeltlichkeit vor.117 Im Vergleich zur Sachlage bei gedruckten Werken stellt das Recht zum Einsammeln, beziehungsweise zur Einforderung elektronisch verfügbarer Informationen («Dépôt légal numérique»), bei denen die Herstellung von Kopien keine Kosten generiert und mit geringem Aufwand möglich ist, keinen stärkeren Eingriff in die Eigentumsgarantie dar und hat demnach ebenso wenig
eine Entschädigung zur Folge.

Die beantragte Gesetzesanpassung erfasst ausschliesslich Helvetica, die im Sinne von Artikel 9 Absatz 3 des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992118 veröffentlicht sind, und steht auch in Einklang mit den für die Schweiz verbindlichen internationalen Verpflichtungen im Bereich des Urheberrechts: Die Regelung bezieht sich auf einen Sonderfall, weil sie auf das Sammeln und Vermitteln durch die NB beschränkt ist. Die 115

BGE 93 I 708 E. 3; vgl. dazu auch Hans Rainer Künzle: Schweizerisches Bibliotheksund Dokumentationsrecht, Zürich 1992, § 7 N. 26; Manfred Rehbinder: Schweizerisches Presserecht, Bern 1975, S. 52.

116 Vgl. anstatt vieler BGE 131 II 728 E. 2; dazu auch Giovanni Biaggini: BV Kommentar: Bundesverfassung, 2. Aufl., Zürich 2017, Art. 26 N. 30 ff.; Ulrich Häfelin / Georg Müller / Felix Uhlmann: Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl., Zürich/St. Gallen 2016, N. 2327 ff.

117 BGE 93 I 708 E. 3; siehe auch Künzle, § 7 N. 26; Rehbinder, S. 52; Enrico Riva: Hauptfragen der materiellen Enteignung: Eine Untersuchung zum Tatbestand des entschädigungspflichtigen Eigentumseingriffs im schweizerischen Recht, Habil. Bern 1990, S. 124.

118 SR 231.1

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normale Auswertung soll sichergestellt werden, indem die betreffenden Helvetica nur in einem sehr engen Rahmen überhaupt konsultierbar sind. Schliesslich soll eine unangemessene Verletzung berechtigter Interessen der Rechtsinhaberinnen und Rechtsinhaber mit einer Schutzfrist vermieden werden. Mit diesen Massnahmen dürfte den Anforderungen, die an Urheberrechtsschranken zu stellen sind, dem sogenannten «Drei-Stufen-Test» (vgl. Art. 10 Abs. 1 des WIPO-Urheberrechtsvertrags vom 20. Dezember 1996119) Rechnung getragen sein.

Im Zeitalter der Digitalisierung stellt sich verstärkt die Frage, inwiefern sich der Sammelauftrag der NB mit dem Schutz der Privatsphäre (Art. 13 BV) und insbesondere dem sogenannten «Recht auf Vergessen» vereinbaren lässt. Das Datenschutzgesetz vom 25. September 2020120 (DSG) hält dazu fest, dass die Berichtigung, Löschung oder Vernichtung von Personendaten unter anderem in Bezug auf die Bestände öffentlich zugänglicher Bibliotheken ­ wie der NB ­ nicht verlangt werden kann (Art. 41 Abs. 5 erster Satz DSG). Hingegen kann eine betroffene Person die Zugangsbeschränkung zu einer fraglichen Information verlangen, sofern sie ein überwiegendes Interesse glaubhaft macht (Art. 41 Abs. 5 zweiter Satz DSG). Dies ist etwa dann der Fall, wenn der freie Zugang erhebliche persönliche Nachteile für die Person mit sich bringt, wie etwa eine Einschränkung im beruflichen Fortkommen. Bei entsprechenden Anfragen führt die NB eine Interessensabwägung gemäss Artikel 41 Absatz 5 DSG durch.

Art. 2 Abs. 1 Der bisherige Ausdruck «gedruckte oder auf anderen Informationsträgern gespeicherte Informationen» wird präzisiert und erweitert. Insbesondere werden «elektronisch verfügbare Informationen» ausdrücklich erwähnt. Mit dieser terminologischen Anpassung wird der Sammelgegenstand der NB an die heutige digitale Realität angeglichen. Die angepasste Terminologie erfasst neu auch die Ton- und Musikdokumente der 2016 in die NB eingegliederten Nationalphonothek und trägt der im digitalen Bereich zunehmenden Vermischung von Medienformaten Rechnung.

Art. 3 Abs. 1 Bst. a und c und Abs. 3 In der italienischen Fassung von Buchstabe a wird ein Schreibfehler korrigiert («sono pubblicate in Svizzera» statt bisher «sono pubblicati in Svizzera»).

Die bisherige Begrifflichkeit «Autoren und Autorinnen» in Absatz 1 Buchstabe
c ist nicht mehr ausreichend, sowohl in Hinblick auf die Erzeuger und Erzeugerinnen der Ton- und Musikdokumente der Nationalphonothek wie auch in Bezug auf die zunehmende Überschneidung von Medienformaten. Diese Lücke wird nun beseitigt, indem der Ausdruck «Autoren und Autorinnen» durch den werkunabhängigen Begriff «Urheberinnen und Urheber» ersetzt wird.

Der neue Absatz 3 berechtigt die NB, frei zugängliche elektronisch verfügbare Helvetica einzusammeln und in ihre Sammlung zu integrieren. Die Rechtsinhaberinnen und Rechtsinhaber müssen darüber nicht individuell informiert werden. Erstens fehlen 119 120

SR 0.231.151 SR 235.1

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dazu regelmässig die notwendigen Kontaktangaben und zweitens würde die grosse Anzahl der notwendigen Kontakte die Kapazitäten der NB übersteigen.

Art. 3a Der neue Artikel 3a führt in Absatz 1 ein Einforderungsrecht der NB für nicht frei zugängliche elektronisch verfügbare Helvetica ein.

Die vergütungsfreie Einforderung rechtfertigt sich durch die praktisch uneingeschränkte Möglichkeit der Rechtsinhaberinnen und Rechtsinhaber, ihre Werke weiter zu kommerzialisieren. Zudem verursacht die Herstellung einer digitalen Kopie eines bereits digital vorliegenden Dokuments in der Regel keine besonderen Material- oder Zusatzkosten. Schliesslich soll der organisatorisch-technische Aufwand zur Ablieferung an die NB auf ein Minimum reduziert und die entsprechenden Prozesse in Absprache mit den betroffenen Interessensvertretern implementiert werden.

Nach Absatz 2 liegt die Entscheidungshoheit hinsichtlich der Aufnahme der eingeforderten Helvetica in die Sammlung bei der NB.

Entstehen den zuständigen natürlichen und juristischen Personen durch die Ablieferung erhebliche Kosten, so beteiligt sich die NB finanziell am entstandenen Sachoder Personalaufwand. Verzichtet die NB erst nach bereits erfolgter Ablieferung ausnahmsweise auf die Aufnahme der Helvetica in ihre Sammlung, so deckt sie die entstandenen Kosten vollumfänglich.

Art. 4 Abs. 2 Der Einleitungssatz zu Artikel 4 Absatz 2 wird an die neue Terminologie zum Sammelauftrag der NB angepasst. Dies führt zu sprachlichen Anpassungen auf Französisch und teilweise auf Italienisch bei den Buchstaben a bis c.

Vor dem Hintergrund, dass nach Artikel 41 Absatz 5 erster Satz DSG keine Berichtigung, Löschung oder Vernichtung von Personendaten in öffentlichen Bibliotheken verlangt werden kann, wird der Bundesrat beim Erlass der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 4 in Bezug auf elektronisch verfügbare Informationen eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am gesetzlichen Sammelauftrag der NB einerseits und den diesem Interesse unter Umständen entgegenstehenden grundrechtlich geschützten privaten Interessen an einer Nichtaufnahme einer elektronischen Helvetica in die Sammlung (Art. 13 BV) andererseits vornehmen.

Art. 5 Abs. 2 und 3 Absatz 2 erlaubt es der NB, ihren Vermittlungsauftrag auch hinsichtlich der Helvetica in elektronischer Form vergütungsfrei
wahrzunehmen. Dies allerdings nur in einem sehr engen Rahmen. Die Konsultation der Informationen wird in Hinblick auf die Verhältnismässigkeit bei der Grundrechtseinschränkung nach Artikel 36 BV und die zu erfüllenden internationalen Verpflichtungen im Bereich des Urheberrechts stark eingeschränkt (vgl. auch vorstehende Ausführungen).

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Art. 10 Abs. 4 Der bereits bestehende Auftrag zu Zusammenarbeit und Koordination mit Institutionen, die ähnliche Aufgaben erfüllen, erstreckt sich auch auf den Bereich der Helvetica in elektronischer Form. Im Rahmen der Kooperation bei elektronisch verfügbaren Informationen kann die NB die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben an Partnerinstitutionen wie etwa Kantons- oder Spezialbibliotheken übertragen. Denkbar wäre dies beispielsweise im Bereich der Erhaltung von dokumentarischen Bildhelvetica, da die damit verbundenen spezifischen technischen Anforderungen allenfalls durch ausgewählte Dritte mit entsprechend ausgewiesener Erfahrung effizienter erfüllt werden könnten.

Art. 10a Zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist die NB auf die Bearbeitung von Personendaten angewiesen. Um der fortschreitenden Technologie und den sich stetig wandelnden Bedürfnissen ihres Publikums gerecht zu werden, benötigt sie dabei eine gewisse Flexibilität. Die Bestimmung schafft die notwendige Rechtsgrundlage, damit die NB im Rahmen ihres Auftrages auch besonders schützenswerte Personendaten bearbeiten kann. Dies ist exemplarisch der Fall in Bezug auf die Nachlässe des Schweizerischen Literaturarchivs.

5.4

Kulturgütertransfergesetz (Vorlage 4)

Art. 2bis Mit dieser Bestimmung wird eine Definition des Begriffs «historisch belastetes Kulturerbe» vorgenommen. Darunter fallen Sachverhalte betreffend Kulturgüter aus der Zeit des Nationalsozialismus und aus kolonialen Kontexten.

Art. 14 Abs. 1 Bst. d Das Parlament hat am 26. September 2022 die Motion 22.3023 der WBK-N angenommen. Damit wurde der Bundesrat beauftragt, eine webbasierte Datenbank zusammen mit anderen Partnern zu koordinieren und zu unterstützen. Ziel dieser Plattform ist es, nach wissenschaftlichen Methoden erarbeitete Resultate zur Herkunft von Kulturgütern in der Schweiz über das Internet zugänglich zu machen. Dabei sollen gemäss Motion sowohl öffentliche wie auch private Museen und Sammlungen aus dem Inund Ausland ihre Erkenntnisse auf die Plattform laden. Museen und Sammlungen, die für ihre Provenienzforschung vom Bund finanziell unterstützt werden, sollen gemäss Motion verpflichtet werden, ihre Erkenntnisse auf der Plattform zu publizieren. Die vorgeschlagene Anpassung von Artikel 14 Absatz 1 KGTG schafft die Rechtsgrundlage zur Umsetzung der Motion 22.3023 der WBK-N.

Art. 18a Das Parlament hat am 26. September 2022 die Motion 21.4403 Pult «Unabhängige Kommission für NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter» angenommen. Mit 109 / 130

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der Motion wurde der Bundesrat beauftragt, eine unabhängige Kommission einzusetzen, welche in Fällen von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern Empfehlungen abgibt für «gerechte und faire Lösungen» im Sinne der Richtlinien der Washingtoner Konferenz vom 3. Dezember 1998 in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nazis konfisziert wurden, und der Erklärung von Terezin vom 30. Juni 2009.

Weiter beauftragt die Motion den Bundesrat zu prüfen, ob die Kommission auch bei Kulturgütern aus anderen, namentlich kolonialen Kontexten Empfehlungen abgeben können soll.

Die VUKBK ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Die Kommission soll mit einer Änderung des KGTG auch formell-gesetzlich verankert werden. Mit der gesetzlichen Verankerung werden folgende Ziele verfolgt: Erstens soll die Tätigkeit der Kommission unzweifelhaft als Bundesaufgabe qualifiziert werden. Damit kann die Kommission neben der Beratung von Bundesrat und Bundesverwaltung (Art. 57a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997121) auch die Anträge Dritter auf Erarbeitung von Empfehlungen direkt bearbeiten. Zweitens wird durch eine Bestimmung zum Datenschutz sichergestellt, dass die Kommission zur Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten nicht langfristig auf eine Spezialbestimmung im DSG zurückgreifen muss (Einwilligung nach Art. 34 Abs. 4 Bst. b DSG). Schliesslich soll der Kommission die Kompetenz eingeräumt werden, ergänzend zur VUKBK soweit notwendig weitere Verfahrensbestimmungen zu erlassen.

Zur Bearbeitung und Bekanntgabe besonders schützenswerter Personendaten durch die Kommission ist Folgendes zu präzisieren: Im Regelfall erfolgt die Bekanntgabe und Zugänglichmachung in anonymisierter Form. Namentlich wenn die Personendaten bereits allgemein publik sind, kann die Kommission diese Daten auch in ihrer Kommunikation gegen aussen verwenden.

Der Verfahrensablauf bei der Behandlung von Einzelfällen durch die Kommission ist in der VUKBK nicht geregelt. Die entsprechenden Verfahrensbestimmungen sollen nicht wie im Regelfall durch den Bundesrat, sondern durch die Kommission festgelegt werden. Damit wird deren Unabhängigkeit unterstrichen; bei Bedarf ist eine rasche und unkomplizierte Anpassung der Bestimmungen möglich. In Bezug auf das Verfahren ist festzuhalten, dass die Kommission keine hoheitlichen Befugnisse hat und beispielsweise keine Dokumente edieren kann.

6

Erläuterungen zu den Kreditbeschlüssen

6.1

Vorbemerkungen

Die Beträge der Zahlungsrahmen und Kredite, wie sie in diesem Kapitel dargelegt sowie in den Entwürfen der Finanzierungsbeschlüsse enthalten sind, sind auf jeweils hunderttausend Franken gerundet. Teilweise ergeben sich durch die Rundung scheinbare Additionsdifferenzen.

Die für die Kulturbotschaft 2025­2028 beantragten Finanzmittel basieren auf einem realen Wachstum von durchschnittlich ­0,1 Prozent im Vergleich zum Voran121

SR 172.010

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schlag 2024 (nominales Wachstum im Durchschnitt 0,9 %). Dieser liegt 2,0 Prozent unter dem ursprünglichen Finanzplan für das Jahr 2024.

Auf den insgesamt sieben Zahlungsrahmen sowie auf den Verpflichtungskredit für die Bereiche Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur wurde die im Dezember 2023 für die Jahre 2025­2028 prognostizierte Teuerung eingerechnet. Die prognostizierte Teuerung wird jährlich an die reelle Teuerung angepasst und die Finanzmittel falls notwendig entsprechend erhöht oder gekürzt.

6.2

Kreditbeschlüsse im Zuständigkeitsbereich des Bundesamts für Kultur

6.2.1

Vorbemerkungen

Das BAK wird in der Förderperiode 2025­2028 seine Tätigkeit in verschiedenen Bereichen anpassen. Die entsprechenden Massnahmen wurden in Ziffer 4 umfassend dargestellt. Die Mehrkosten für sämtliche Massnahmen werden intern kompensiert.

Die Kompensation der Massnahmen mit Mehrkosten erfolgt im Wesentlichen durch neue Schwerpunktsetzungen innerhalb einzelner Zahlungsrahmen sowie punktuell durch Kreditverschiebungen zwischen Zahlungsrahmen. Die Kreditverschiebungen haben eine gewisse Reduktion beim Zahlungsrahmen für Finanzhilfen gestützt auf das Kulturgütertransfergesetz sowie beim Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland zur Folge. Bei erstgenanntem Zahlungsrahmen wird die Ausrichtung von Finanzhilfen stärker auf ausländische Vertragsstaaten mit ausgewiesenem Finanzbedarf fokussiert; die so freiwerdenden Mittel werden für die Projektbeiträge zur Provenienzforschung eingesetzt. Bei letztgenanntem Zahlungsrahmen werden die beantragten Finanzmittel an den tatsächlichen Mittelbedarf der letzten Jahre angepasst (vgl. auch Ziff. 6.2.7).

Für die Umsetzung der vom Parlament übertragenen neuen Aufgaben sind keine Zusatzmittel vorgesehen. Die neuen Aufgaben müssen durch interne Kompensationen finanziert werden, was die Höhe der verfügbaren Finanzmittel zur Erfüllung der neuen Aufgaben stark beschränkt. Dies betrifft insbesondere die Umsetzung der Motionen 19.3627 Streiff-Feller, 21.3172 Jositsch und 21.3182 Heer sowie 22.3023 WBK-N.

Einzelne haushaltrelevante Veränderungen sind nicht Gegenstand der vorliegenden Botschaft, da sie den Eigenbereich des BAK betreffen. Zu erwähnen ist insbesondere, dass die Einsetzung der unabhängigen Kommission für historisch belastetes Kulturerbe Ressourcenfolgen hat, die bei Bedarf im Rahmen der dafür vorgesehenen Prozesse angemeldet werden. Der Betrieb der neuen Infrastrukturen der NB in Bern sowie der Nationalphonothek in Lugano werden ebenfalls zusätzliche Ressourcen (Sach-, Betriebs- und Personalaufwand) erfordern, um die neuen Anforderungen an die Konservierung und Vermittlung erfüllen zu können. Auch diese Ressourcen werden im Rahmen der dafür vorgesehenen Prozesse behandelt. Angesichts der angespannten Haushaltslage ist noch unklar, wann die genannten Vorhaben finanziert werden können.

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6.2.2

Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des BAK gestützt auf das Kulturförderungsgesetz (Vorlage 5)

Über den Zahlungsrahmen KFG werden all jene Aktivitäten des BAK finanziert, die sich auf das KFG stützen. Der Verwendungszweck der einzelnen Kredite ab 2025 wird nachfolgend kurz dargestellt: ­

Preise, Auszeichnungen und Ankäufe: Die Preise und Auszeichnungen des Bundes in den Bereichen Kunst, Design, Literatur, Tanz, Theater und Musik verstärken die Sichtbarkeit und Resonanz des schweizerischen Kulturschaffens. Neben der Kulturförderung durch Preise und Auszeichnungen erwirbt der Bund seit 1888 auch Kunstwerke und Designarbeiten.

­

Literaturförderung: Das BAK trägt durch Finanzhilfen an Verlage zur Förderung der kulturellen Verlagsarbeit (Betreuung und Beratung von Autorinnen und Autoren, kritisches Lektorat usw.) und zur Aufwertung und Stärkung der Schweizer Literaturlandschaft bei. Aus dem Kredit werden zudem Projekte aus dem Literaturbereich zur digitalen Transformation finanziert.

­

Museen, Sammlungen und Netzwerke Dritter: Das BAK vergibt Betriebsbeiträge an Museen und Sammlungen Dritter gestützt auf ein öffentliches Ausschreibungsverfahren. Im Weiteren erhalten bisher sieben in einer Verordnung des EDI bestimmte Netzwerke aus dem Bereich des Kulturerbes einen Betriebsbeitrag. In Umsetzung der Motionen 19.3627 Streiff-Feller sowie 21.3172 Jositsch und 21.3181 Heer sollen in der Förderperiode 2025­2028 zwei weitere Netzwerke unterstützt werden. Über den Kredit «Museen, Sammlungen und Netzwerke Dritter» werden zudem Projekte zur Provenienzforschung unterstützt sowie Beiträge an Versicherungsprämien ausgerichtet, welche Museen bei der Ausleihe bedeutender Kunstwerke zu entrichten haben.

­

Kulturelle Teilhabe: Aus dem Kredit «Kulturelle Teilhabe» unterstützt das BAK Vorhaben und Organisationen, die den Zugang zu kulturellen Angeboten und insbesondere die aktive kulturelle Betätigung der Bevölkerung fördern, sowie Vorhaben zur Förderung von Wissensaustausch, Vernetzung und Koordination. Zudem werden aus dem Kredit sämtliche Vorhaben zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes finanziert (bisher Kredit «Anlässe und Projekte»). Dazu gehört auch die Unterstützung der Träger immaterieller Schweizer Traditionen und des traditionellen Handwerks in der Schweiz (vgl.

Ziff. 4.5.1).

­

Musikalische Bildung: Das BAK unterstützt aus dem Kredit «Musikalische Bildung» Vorhaben von gesamtschweizerischer Bedeutung zur Förderung der musikalischen Bildung von Kindern und Jugendlichen (namentlich nationale Formationen, Festivals, Wettbewerbe). Weiter werden die Programme J+M und «Junge Talente Musik» unterstützt.

­

Leseförderung: Das BAK leistet Betriebsbeiträge an gesamtschweizerisch tätige Organisationen der Leseförderung sowie Projektbeiträge an überregionale Vorhaben der Leseförderung. Ein Schwerpunkt liegt auf der digitalen

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Transformation der Organisationen der Leseförderung sowie dem online-Zugang von Angeboten.

­

Jenische und Sinti: Der Bund unterstützt aus dem Kredit «Jenische und Sinti» insbesondere die «Radgenossenschaft der Landstrasse» und die Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende». Im Weiteren leistet das BAK finanzielle Beiträge an die Erstellung von Halteplätzen für die fahrenden Minderheiten in der Schweiz. Der dafür vorgesehene Anteil des Kredits wird an die tatsächlichen Ausgaben der letzten Jahre angepasst. Die Mittel für die Unterstützung der Organisationen und der Sprach- und Kulturprojekte bleiben unverändert.

­

Kulturelle Organisationen: Aus dem Kredit werden Beiträge an gesamtschweizerisch tätige Organisationen professioneller Kulturschaffender sowie an gesamtschweizerisch tätige Organisationen kulturell tätiger Amateure ausgerichtet. Im Bereich des professionellen Kulturschaffens wird das Beratungsund Dienstleistungsangebot ausgebaut. Im Amateurbereich werden die Verbands- und Vereinsstrukturen gestärkt (Aus- und Weiterbildung der Vereinsorgane, Nachwuchswerbung, Freiwilligenmanagement usw.).

­

Anlässe und Projekte: Das BAK unterstützt aus dem Kredit «Anlässe und Projekte» Vorhaben für ein breites Publikum (Feste und Aktionstage im Bereich der Amateur- und Volkskultur). Zudem wird aus diesem Kredit die Durchführung von Diskussionen, Panels und Workshops zu kulturpolitisch wichtigen Themen finanziert.

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Art. 9a, 10, 12­15, 16 Abs. 1 und 2 Bst. a und 17 KFG (in Mio. Fr., gerundet) 2028 2025­2028 Wachstumsrate (nominal %)

(2024)

2025

2026

2027

Preise, Auszeichnungen, Ankäufe (3,1) Literaturförderung (Verlage) (1,9) Museen, Sammlungen, Netzwerke (13,5) Dritter Kulturelle Teilhabe (1,0) (Projektförderung) Musikalische Bildung (8,0) Leseförderung (4,5) Jenische und Sinti (1,7) Kulturelle Organisationen (3,2) Anlässe und Projekte (1,2)

3,1 1,9

3,1 2,0

3,1 2,0

3,1 2,1

12,3 8,0

0,1 3,0

13,4

13,7

14,0

14,4

55,5

1,5

1,8 8,0 4,5 1,4 3,6 0,7

1,8 8,0 4,6 1,2 3,8 0,7

1,8 8,0 4,6 1,2 4,1 0,7

1,9 8,1 4,7 1,2 4,1 0,7

7,4 32,1 18,4 5,0 15,6 2,7

17,9 0,3 0,8 ­ 7,4 6,2 ­ 13,8

38,2

38,8

39,6

40,3

157,0

1,4

Zahlungsrahmen KFG

(38,1)

113 / 130

BBl 2024 753

6.2.3

Zahlungsrahmen Film (Vorlage 6)

Über den Zahlungsrahmen Film werden all jene Aktivitäten des BAK finanziert, die sich auf das FiG stützen. Wie bisher sind die nationalen Ersatzmassnahmen zum EU-Förderprogramm «MEDIA» nicht im Zahlungsrahmen Film enthalten. Ausserhalb des Zahlungsrahmens liegen auch die Beiträge an den Filmförderungsfonds Eurimages des Europarats.

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Art. 3­6 FiG (in Mio. Fr., gerundet) (2024)

2025

2026

2027

2028 2025­2028 Wachstumsrate (nominal %)

Filmförderung Filmkultur Cinémathèque suisse

(31,8) (9,9) (9,5)

31,2 10,6 9,9

31,7 10,7 10,0

32,0 10,8 10,1

32,4 10,9 10,2

127,2 43,0 40,2

0,4 2,5 1,9

Zahlungsrahmen FiG

(51,2)

51,7

52,4

52,9

53,5

210,5

1,1

6.2.4

Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des BAK gestützt auf das Kulturgütertransfergesetz (Vorlage 7)

Über den Zahlungsrahmen KGTG werden die Förderaktivitäten finanziert, welche sich auf das KGTG stützen. Das betrifft Projekte, die dem Schutz und Erhalt von besonders gefährdeten Kulturgütern dienen, sowie Projekte von internationalen Organisationen betreffend Kulturgüterschutz (Unesco, Internationale Studienzentrale für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut ICCROM, I ICOM).

Übersicht über die Beiträge gestützt auf Art. 14 KGTG (in Mio. Fr., gerundet)

Zahlungsrahmen KGTG

6.2.5

(2024)

2025

2026

2027

2028

(0,8)

0,6

0,6

0,8

0,8

2025­2028 Wachstumsrate (nominal %)

2,9

2,1

Verpflichtungskredit Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur gestützt auf das Natur- und Heimatschutzgesetz (Vorlage 8)

Über den Verpflichtungskredit werden einerseits die Finanzhilfen zur Erhaltung schützenswerter Objekte und zur Durchführung archäologischer Massnahmen finanziert. Andererseits dient der Verpflichtungskredit zur Unterstützung von Organisationen, Forschungsvorhaben, Ausbildung und Vermittlung.

114 / 130

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Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Art. 13, 14, 14a NHG und 17c E-NHG (in Mio. Fr., gerundet) (2024)

2025

2026

2027

2028 2025­2028 Wachstumsrate (nominal %)

Erhaltung schützenswerter Objekte, (25,6) 25,4 25,6 25,9 26,2 Archäologie Organisationen, Forschung, Ausbildung und Vermittlung (5,8) 5,8 5,8 5,9 6,0 Verpflichtungskredit Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur (31,4) 31,2 31,5 31,8 32,1

6.2.6

103,1

0,6

23,5

0,7

126,6

0,6

Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung (Vorlage 9)

Über den Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung werden all jene Aktivitäten des BAK finanziert, die sich auf das SpG stützen. Der Verwendungszweck der einzelnen Kredite ab 2025 wird nachfolgend kurz dargestellt: ­

Förderung von Sprache und Kultur im Tessin: Der Bund richtet dem Kanton Tessin Finanzhilfen für Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der italienischen Sprache und Kultur aus (Publikationen, Forschung, Sprachorganisationen sowie sprachliche und kulturelle Veranstaltungen).

­

Förderung von Sprache und Kultur in Graubünden: Der Bund richtet dem Kanton Graubünden Finanzhilfen für Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und italienischen Sprache und Kultur aus (Unterricht, Übersetzung, Publikationen, Sprachorganisationen, rätoromanische Verlagstätigkeit sowie Förderung der rätoromanischen Sprache in den Medien).

­

Verständigungsmassnahmen: Der Bund fördert die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften durch die Unterstützung von Sprachorganisationen und Nachrichtenagenturen (Keystone-SDA) sowie durch Beiträge an die angewandte Forschung und an Projekte zur Weiterentwicklung des Sprachunterrichts. Die mehrsprachigen Kantone Bern, Freiburg, Graubünden und Wallis erhalten eine Finanzhilfe des Bundes für die besonderen Aufgaben, die sich in Behörden, Justiz, Verwaltung und Unterrichtswesen aus der Mehrsprachigkeit ergeben. Neu kann der Bund die italienische und rätoromanische Sprache und Kultur auch ausserhalb der italienischen Schweiz beziehungsweise des Kantons Graubünden unterstützen (vgl. Vorlage 1).

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Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Art. 14­22 SpG und 22a E-SpG (in Mio. Fr., gerundet) (2024)

2025

2026

2027

2028 2025­2028 Wachstumsrate (nominal %)

Förderung von Kultur und Sprache im Tessin Förderung von Kultur und Sprache in Graubünden Verständigungsmassnahmen

(2,4)

2,4

2,5

2,5

2,5

9,9

0,8

(5,2) (11,9)

5,2 11,9

5,2 12,3

5,3 12,8

5,3 13,0

21,0 49,9

0,8 2,2

Zahlungsrahmen SpG

(19,5)

19,5

20,0

20,5

20,8

80,8

1,7

6.2.7

Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 10)

Über den Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland werden all jene Aktivitäten des BAK finanziert, die sich auf das Schweizerschulengesetz vom 21. März 2014122 (SSchG) stützen. Der Bund unterstützt die 17 anerkannten Schweizerschulen im Ausland, konfessionell neutrale und gemeinnützige Privatschulen, die von Schweizer Kindern, von Kindern des Gastlandes und von Kindern von Drittstaaten besucht werden.

Er fördert an weiteren Standorten die Ausbildung junger Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer durch Kooperationen mit deutschen, französischen und internationalen Schulen, durch Kursbeiträge und durch Beiträge für Ausbildungsmaterial.

Die Stagnation des Wachstums der Schulen, die abnehmende Zahl von Schweizer Schülerinnen und Schülern und der Verzicht auf das Projekt «Entsendung» führen zu einem Kreditüberschuss. Die frei verfügbaren Mittel werden zur Finanzierung von anderen Massnahmen mit Mehrkosten verwendet.

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Art. 10 und 14 SSchG (in Mio. Fr., gerundet) (2024)

Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland

6.3

2025

2026

2027

2028 2025­2028 Wachstumsrate (nominal %)

(22,1) 21,1 20,7 20,8 21,4

83,9

­ 0,8

Zahlungsrahmen Pro Helvetia (Vorlage 11)

In einzelnen Tätigkeitsbereichen sind Massnahmen mit finanziellen Auswirkungen vorgesehen, die in Ziffer 2.4 inhaltlich beschrieben wurden. Die Finanzierung dieser Massnahmen erfolgt insgesamt budgetneutral innerhalb des bestehenden Globalkredits.

122

SR 418.0

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Über den Zahlungsrahmen von Pro Helvetia werden Aktivitäten finanziert, welche sich auf das KFG stützen. Pro Helvetia zeichnet sich in seiner Leistungserbringung durch betriebswirtschaftliches Handeln und Ergebnisverantwortung aus und unterhält hierzu geeignete interne Kontroll- und Steuerungsprozesse. Die für den Tätigkeitsbereich von Pro Helvetia beantragten Finanzmittel basieren einerseits auf Weiterentwicklung der Massnahmen aus der Kulturbotschaft 2021­2024 und andererseits auf den auf Bundesebene als prioritär definierten Handlungsfeldern. Vor dem Hintergrund von Budgetkürzungen im Jahr 2024 sowie fehlender Zusatzmittel und der stetigen Zunahme von Beitragsgesuchen wird Pro Helvetia in zahlreichen Bereichen eine erhebliche Priorisierung der Mittelvergabe vornehmen müssen.

Die Verwendungszwecke des Globalbudgets ab 2025 werden nachfolgend gemäss den Kategorien des Zahlungsrahmens von Pro Helvetia wird nachfolgend kurz dargestellt: Nachwuchs- und Werkförderung Im Bereich der Nachwuchsförderung reichen die Massnahmen in den verschiedenen Phasen des Kreations- und Verbreitungsprozesses von der Werkförderung über Residenz- und Coachingprogramme bis zu Vernetzungs- und Promotionsangeboten, um eine wirkungsvolle Positionierung der talentierten Kunstschaffenden aus der Schweiz auf nationaler und internationaler Ebene zu erreichen.

Im Rahmen der Förderung des künstlerischen Werkschaffens richtet Pro Helvetia Kreationsbeiträge in den Bereichen Design (inkl. Game-Design), Musik, Literatur (inkl. Comics), Darstellende Künste sowie visuelle Künste (inkl. Fotografie) aus.

Ab 2025 soll das Portfolio erweitert werden, um Förderangebote für Arbeitsprozesse, welche der kreativen Produktion vor- und nachgelagert sind, und die zunehmend eine wichtige Rolle einnehmen im künstlerischen Schaffen. Damit schliesst Pro Helvetia eine wichtige Lücke im Fördersystem und entspricht einem allgemein anerkannten Handlungsbedarf.

Verbreitung, Kulturaustausch und Promotion im Inland Pro Helvetia fördert künstlerische Projekte und Veranstaltungen, die zur Verbreitung von Werken und zur Verständigung zwischen den Regionen beitragen. Dies geschieht unter anderem in Form von Beiträgen an Aufführungen, Lesungen, Konzerte, Ausstellungen, Übersetzungen und Festivals. In ihrer Fördertätigkeit sorgt Pro Helvetia für faire
Arbeitsbedingungen und setzt sich für die Gleichstellung der Geschlechter ein.

Pro Helvetia unterstützt die Schweizer Volkskultur. Im Vordergrund stehen dabei Projekte, die dem Austausch zwischen verschiedenen Volkskulturen und Regionen der Schweiz dienen und die für die Weiterentwicklung der volkskulturellen Praxis von Bedeutung sind.

Mit thematischen Initiativen trägt Pro Helvetia dazu bei, wesentliche Entwicklungen und Herausforderungen in Kultur und Gesellschaft zu identifizieren und entsprechende Massnahmen zu entwickeln. Insbesondere wird die Zusammenarbeit zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie mit Blick auf die ökologische Nachhaltigkeit des Kulturbetriebs gefördert.

117 / 130

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Pro Helvetia fördert in der Kunstvermittlung disziplinenübergreifende Projekte, die neue Wege suchen, um die Rolle von Kunst und Kultur in der Gesellschaft zu reflektieren.

Kulturaustausch, Verbreitung und Promotion von Schweizer Kultur im Ausland Pro Helvetia unterstützt den Kulturaustausch sowie die öffentliche Präsentation und Verbreitung der Werke und Projekte von Kunstschaffenden aus der Schweiz im Ausland durch Beiträge an Veranstaltungen, Übersetzungen und Schweizer Länderauftritte. Die Präsenz und Sichtbarkeit des Schweizer Kulturschaffens wird darüber hinaus mit Promotionsmassnahmen und Präsenzen an fachspezifischen Messen und Vernetzungsanlässen sichergestellt, wodurch Kunstschaffende aus der Schweiz Kontakte zu ausländischen Veranstaltern und Fachleuten erhalten und ihre Netzwerke erweitern können.

Aussenstellen Die Aussenstellen pflegen den Kontakt zu lokalen Partnern und Kulturinstitutionen, wirken als Vermittler in den jeweiligen Regionen und bieten Residenz-, Rechercheund Austauschprogramme an, welche Schweizer Kunst- und Kulturschaffenden die Verankerung und Vernetzung im internationalen Kontext ermöglichen. Zudem betreibt Pro Helvetia in Paris das Centre Culturel Suisse, welches sich der Verbreitung des Schweizer Kunstschaffens in Frankreich widmet.

Personal- und Sachkosten Inland Die Weiterführung der Aufgaben aus der Kulturbotschaft 2021­2024 und die geplanten Aufgaben aus der Kulturbotschaft 2025­2028 haben mittelfristige personelle Anpassungen zur Folge, welche die Personal- und Sachkosten von 11,1 Millionen Franken im Jahr 2024 einschliesslich Teuerung auf 11,8 Millionen Franken im Jahr 2028 ansteigen lassen. Die genannten Angaben basieren auf Hochrechnungen (Stand Anfang 2023).

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Art. 11, 16 Abs. 2 Bst. b und 19­21 KFG (in Mio. Fr., gerundet) 2028 2025­2028 Wachs-tumsrate (nominal %)

(2024)

2025

2026

2027

(6,2)

6,1

6,3

6,3

6,4

25,1

0,8

(8,6)

8,6

8,6

Nachwuchs- und Werkförderung Verbreitung, Kulturaustausch und Promotion Inland Verbreitung, Kulturaustausch und Promotion Ausland Aussenstellen (inkl. Personalund Betriebskosten) Personal- und Sachkosten Inland

8,8

9,0

35,0

1,1

(11,2) 11,1 11,2 11,4

11,6

45,3

0,9

(9,0) 8,9 9,0 9,1 (11,0) 11,1 11,2 11,4

9,2 11,5

36,2 45,2

0,6 1,1

Zahlungsrahmen Pro Helvetia

(46,0) 45,8 46,3 47,0

47,7

186,9

0,9

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6.4

Zahlungsrahmen Schweizerisches Nationalmuseum (Vorlage 12)

Das SNM erhält zur Erfüllung seiner Aufgaben jährliche Bundesbeiträge gestützt auf Artikel 17 Absatz 1 MSG. Das SNM zeichnet sich in seiner Leistungserbringung durch betriebswirtschaftliches Handeln und Ergebnisverantwortung aus und unterhält hierzu geeignete Kontroll- und Steuerungsprozesse. Durch stabile Publikumsfrequenz, die Bewirtschaftung der Räumlichkeiten, Verpachtungen und Verkäufe sowie Dienstleistungen für Dritte in den Bereichen Konservierung, Restaurierung und Konservierungsforschung vermag das SNM die eigene Wirtschaftlichkeit konstant zu halten.

Die für den Tätigkeitsbereich des SNM beantragten Finanzmittel basieren, wie die gesamte Vorlage, auf finanzieller Kontinuität. In einzelnen Tätigkeitsbereichen des SNM und in Zusammenhang mit den auf Bundesebene als prioritär definierten Handlungsfeldern sind Massnahmen mit finanziellen Auswirkungen vorgesehen. Die entsprechenden Massnahmen wurden im Ziffer 4.3.2 beschrieben. Hervorzuheben sind dabei die Erweiterung des Sammlungszentrums und das Zusammenführen seiner Standorte, die Sanierung und Neubespielung des Forum Schweizer Geschichte Schwyz, die Entwicklung erster Fallstudien für den Ausbau des virtuellen Museumserlebnisses, die Operationalisierung eines neuen Sammlungsmanagementsystems, der Ausbau der inklusiven Angebote, das Vorantreiben der digitalen Transformation und die Intensivierung der Publikumsforschung. Die Finanzierung dieser Massnahmen erfolgt insgesamt budgetneutral, bedingt allerdings empfindliche Kompensationen in verschiedenen Tätigkeitsbereichen des SNM. So zum Beispiel im Bereich der Sammlungsbewirtschaftung, der Ausstellungen und der Bewerbung des Angebots.

Unter Berücksichtigung der Lohnmassnahmen einschliesslich der zu erwartenden Teuerung bis 2028, wird der Personalaufwand in der Budgetperiode 2025­2028 insgesamt 110,5 Millionen Franken betragen, das heisst durchschnittlich 27,5 Millionen Franken pro Jahr. Unter Berücksichtigung der bis 2028 zu erwartenden Teuerung sind für die Sachkosten in der Förderperiode 2025­2028 insgesamt 58,3 Millionen Franken veranschlagt, das heisst durchschnittlich 14,6 Millionen Franken pro Jahr. Die genannten Angaben basieren auf Hochrechnungen (Stand Febr. 2024).

Übersicht über die Beiträge an das Schweizerische Nationalmuseum gestützt auf Art. 17 Abs. 1 MSG (in Mio. Fr., gerundet)

Zahlungsrahmen SNM

(2024)

2025

2026

2027

2028 2025­2028 Wachstumsrate (nominal %)

(34,3)

34,2

34,5

35,1

35,6

139,4

0,9

119 / 130

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6.5

Finanzen im Überblick

In der folgenden Tabelle sind die beantragten Zahlungsrahmen und der beantragte Verpflichtungskredit zusammengefasst dargestellt.

Kredit

(2024)

2025

2026

2027

2028 2025­2028

(38,1) (51,2)

38,2 51,7

38,8 52,4

39,6 52,9

40,3 53,5

157,0 210,5

(0,8)

0,6

0,6

0,8

0,8

2,9

(31,4)

31,2

31,5

31,8

32,1

126,6

(19,5)

19,5

20,0

20,5

20,8

80,8

(22,1) (46,0) (34,3)

21,1 45,8 34,2

20,7 46,3 34,5

20,8 47,0 35,1

21,4 47,7 35,6

83,9 186,9 139,4

(243,3)

242,4

244,8

248,5

252,2

987,9

Zahlungsrahmen KFG (Vorlage 5) Zahlungsrahmen Film (Vorlage 6) Zahlungsrahmen Kulturgütertransfer (Vorlage 7) Verpflichtungskredit Denkmalpflege, Heimatschutz, und hohe Baukultur (Vorlage 8) Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung (Vorlage 9) Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 10) Zahlungsrahmen Pro Helvetia (Vorlage 11) Zahlungsrahmen SNM (Vorlage 12) Total

6.6

Finanzentwicklung

Die gesamten mit der Kulturbotschaft beantragten Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite belaufen sich auf 987,9 Millionen Franken. Dies entspricht einem Wachstum von durchschnittlich real ­0,1 Prozent gemäss Beschluss des Bundesrates vom 10. März 2023 (nominales Wachstum im Durchschnitt 0,9 %). Die insgesamt für die Förderperiode 2025­2028 beantragten Finanzmittel entsprechen einem durchschnittlichen Kreditvolumen von 247 Millionen Franken pro Jahr. Dies entspricht rund 0,3 Prozent der Bundesausgaben.

7

Auswirkungen

7.1

Auswirkungen auf den Bund

7.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die gesamten mit der Kulturbotschaft beantragten Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite belaufen sich auf 987,9 Millionen Franken. Das entspricht einem realen Wachstum von ­0,1 Prozent im Vergleich zum Voranschlag 2024 (nominales Wachstum im Durchschnitt 0,9 %). Der Voranschlag 2024 liegt dabei gemäss dem Beschluss des Bundesrates vom 15. Februar 2023 für alle schwach gebundenen Ausgaben des Bundes wie namentlich die Kulturausgaben 2,0 Prozent unter dem ursprünglichen Finanzplan für das Jahr 2024.

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Die beantragten Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite stellen die aus heutiger Sicht finanzierbare Obergrenze der Kulturausgaben des Bundes im Transferbereich dar.

7.1.2

Personelle Auswirkungen

Die zur Umsetzung der Vorlage erforderlichen Personalressourcen können im aktuell abschätzbaren Umfang durch interne Priorisierungen aufgefangen werden. Bei einem allfälligen Personalbedarf, der über den aktuellen Annahmen liegt, würde der Bundesrat eine Neubeurteilung im Rahmen der nächsten Bedarfserhebung zum Entwicklungsrahmen des Bundespersonals vornehmen.

7.1.3

Auswirkungen auf die Immobilien des Bundes

Die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der vom Bund getragenen Kultur- und Gedächtnisinstitutionen erfordert die Bereitstellung und den Betrieb der dazu erforderlichen Infrastruktur. Die Bereitstellung der Immobilien zur Erfüllung der Aufgaben der Kulturinstitutionen obliegt dem BBL (Art. 2 der Verordnung vom 5. Dezember 2008123 über das Immobilienmanagement und die Logistik des Bundes).

Aktuell stehen folgende Bauvorhaben an, deren Realisierung die Förderperiode 2025­ 2028 tangieren werden: Gesamtsanierung und Instandsetzung der NB in Bern, neuer Betriebsstandorts der FN in Lugano, Erweiterung des Sammlungszentrums Affoltern am Albis, Gesamtsanierung der Haustechnik im Forum Schweizer Geschichte Schwyz sowie Unterhalt und Optimierung des Centre culturel Suisse in Paris.

Die Finanzierung dieser Vorhaben erfolgt über die ordentlichen Instrumente und Verfahren des Bundes. Die entsprechend notwendigen Verpflichtungskredite werden vom Bundesrat über die Immobilienbotschaften und die Voranschlagskredite über den Voranschlag beim Parlament beantragt. Angesichts der angespannten Haushaltslage ist noch unklar, ob und wann die genannten Vorhaben finanziert werden können. Zum aktuellen Zeitpunkt hat der Bundesrat rund 40 Millionen Franken für die entsprechenden Investitionen gesprochen.

7.1.4

Andere Auswirkungen

Die Vorlage zeitigt keine anderen Auswirkungen auf den Bund. Insbesondere hat sie keine unmittelbaren informatikseitigen Folgen.

123

SR 172.010.21

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7.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Kulturförderung des Bundes erfolgt grundsätzlich komplementär zur Kulturförderung der anderen Staatsebenen. Die Vorlage hat keine unmittelbaren finanziellen oder personellen Auswirkungen (Be- oder Entlastungen) auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete zur Folge. Verschiedene Massnahmen haben jedoch mittelbare Auswirkungen: Die Kulturbotschaft definiert sechs Handlungsfelder und Ziele der Kulturpolitik in der Schweiz (vgl. Ziff. 1.2). Der Bund wird in der Förderperiode 2025­2028 die Schwerpunkte seiner Tätigkeit auf die sechs Handlungsfelder und die mit diesen verbundenen Zielen ausrichten. Die Handlungsfelder und Ziele haben darüber hinaus eine gesamtschweizerische Bedeutung. Sie sollen im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten die Grundlage für eine engere Kooperation in der Kulturpolitik der Schweiz bilden.

Der beantragte Finanzrahmen beziehungsweise die notwendige Kompensation aller Neuerungen mit Mehrmittelbedarf kann indirekte Auswirkungen auf die staatlichen Partner oder auf die Nachfrage nach Finanzhilfen (Zu- oder Abnahme der Gesuche) haben.

7.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Schweizer Kultur- und Kreativbranche ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: In der Kultur- und Kreativwirtschaft der Schweiz sind über 268 000 Personen in rund 64 000 Betrieben beschäftigt. Dies entspricht 10,4 Prozent aller Betriebe und 5,4 Prozent aller Beschäftigten der Schweiz. Die Kultur- und Kreativwirtschaft erwirtschaftete im Jahr 2020 eine Bruttowertschöpfung von rund 14,7 Milliarden Franken, was einem Anteil von 2,1 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung entspricht (vgl.

Ziff. 1.2.1). Im Weiteren generiert das vielfältige Kulturangebot in der Schweiz wichtige Impulse, namentlich für die Lebensqualität der Bevölkerung, für die Standortwahl von Unternehmen oder für den Tourismus. Durch die Förderung eines breiten Kulturangebots trägt der Bund dem wirtschaftlichen Stellenwert der Kultur in der Schweiz Rechnung.

7.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Kulturpolitik des Bundes hat vielfältige positive Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sie fördert namentlich die Teilhabe der Bevölkerung am kulturellen Leben und trägt zur gesellschaftlichen Kohäsion bei (zu den Auswirkungen auf die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau vgl. die Ausführungen in den vorgehenden Kapiteln, insbesondere in den Ziff. 1.2.1 und 2.1.2).

122 / 130

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7.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Massnahmen zur Umsetzung einer hohen baukulturellen Qualität wirken sich positiv auf die gebaute Umwelt aus (vgl. Ziff. 4.4).

7.6

Andere Auswirkungen

Die Kulturpolitik soll in Zukunft auf Bundesebene inhaltlich stärker mit anderen Politikbereichen wie namentlich Raumplanung, Energie und Bildung abgestimmt werden. Insoweit bestehen auch Querbezüge zwischen dieser Vorlage und anderen Politikbereichen.

8

Rechtliche Aspekte

8.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Budgetkompetenz der Bundesversammlung hinsichtlich der Bundesbeschlüsse (Kreditbeschlüsse) ergibt sich aus Artikel 167 BV. Kompetenzbegründend für den Erlass der einzelnen Bundesbeschlüsse ist Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe a (Massnahmen gemäss KFG, für die das BAK oder Pro Helvetia zuständig sind), Buchstabe b (Kulturgütertransfer, Film, Sprachen und Verständigung, Schweizerschulen im Ausland sowie SNM) und Buchstabe c (Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur) KFG.

Folgende Bestimmungen bilden die materiell-rechtliche Grundlage zur Verwendung der Kredite gestützt auf die Bundesbeschlüsse: ­

Massnahmen nach dem KFG, für die das BAK zuständig ist: die Artikel 9a, 10, 12­15, 16 Absätze 1 und 2 Buchstabe a sowie Artikel 17 KFG;

­

Film: die Artikel 3­6 FiG;

­

Kulturgütertransfer: Artikel 14 KGTG;

­

Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur: die Artikel 13, 14, 14a NHG und Artikel 17c E-NHG;

­

Sprachen und Verständigung: die Artikel 14­22 SpG und Artikel 22a E-SpG;

­

Schweizerschulen im Ausland: die Artikel 10 und 14 SSchG;

­

Massnahmen nach dem KFG, für die Pro Helvetia zuständig ist: die Artikel 11, 16 Absatz 2 Buchstabe b und 19­21 KFG;

­

SNM: Artikel 17 MSG.

Die Änderung von Bundesgesetzen liegt nach Artikel 163 Absatz 1 BV in der Zuständigkeit der Bundesversammlung. Die Änderungen stützen sind im Einzelnen auf folgende Verfassungsbestimmungen ab: ­

SpG: Artikel 70 Absatz 3 BV;

­

NHG: Artikel 78 Absatz 4 BV; 123 / 130

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­

NBibG: Artikel 69 Absatz 2 BV;

­

KGTG: Artikel 69 Absatz 2 BV.

8.2

Erlassform

Die Vorlage umfasst acht einfache Bundesbeschlüsse (Kreditbeschlüsse) im Sinne von Artikel 163 Absatz 2 BV, die als solche nicht dem Referendum unterstehen, sowie vier Änderungen bestehender Bundesgesetze, die dem fakultativen Referendum unterstehen (Art. 163 Abs. 1 BV).

8.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 BV müssen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, von der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte gutgeheissen werden.

Mit den vorliegenden Bundesbeschlüssen werden Zahlungsrahmen und ein Verpflichtungskredit bewilligt, welche die verfassungsmässigen Schwellenwerte übersteigen.

Artikel 159 Absatz 3 BV findet daher auf alle Bundesbeschlüsse im Rahmen der vorliegenden Botschaft Anwendung.

8.4

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

Die beantragten Finanzierungsbeschlüsse richten sich nach den Bestimmungen SuG.

Nach Artikel 5 SuG ist der Bundesrat verpflichtet, die Finanzhilfen und Abgeltungen periodisch zu überprüfen. Für Subventionen, deren Finanzierungsbeschlüsse dem Parlament periodisch im Rahmen von Sonderbotschaften vorgelegt werden, erfolgt die Überprüfung im Rahmen der betreffenden Sonderbotschaft. Nachfolgend werden die drei Kernpunkte der Subventionsüberprüfung (Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele, finanzielle und materielle Steuerung sowie Verfahren zur Beitragsgewährung) für jeden Zahlungsrahmen dargestellt.

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1

Zahlungsrahmen KFG (Vorlage 5)

Bedeutung für die vom Der Zahlungsrahmen umfasst neun Kredite zu sehr unterschiedliBund angestrebten Ziele chen Tätigkeitsfeldern. Die Bedeutung und die angestrebten Ziele der verschiedenen Kredite sind umfassend im 4. Kapitel dargestellt.

Die im Zahlungsrahmen enthaltenen Kredite bzw. Aufgaben leisten einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der folgenden Ziele der Kulturpolitik des Bundes: ­ Erhaltung der materiellen und immateriellen Kulturgüter in der Schweiz («Museen, Sammlungen, Netzwerke Dritter» sowie «kulturelle Teilhabe»).

­ Förderung eines vielfältigen und hochstehenden Kulturangebots («Preise, Auszeichnungen, Ankäufe», «Literaturförderung», «Kulturelle Organisationen» sowie «Projekte und Anlässe»).

­ Kulturelle Teilhabe aller Bevölkerungsschichten («Kulturelle Teilhabe», «Musikalische Bildung», «Leseförderung» sowie «Jenische und Sinti»).

­ Evidenzbasierte Steuerung («Statistik und Monitoring»).

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung der Finanzhilfen sind im KFG, in der Vollzugsverordnung zum KFG sowie in mehreren Förderungskonzepten des EDI geregelt. In einzelnen Bereichen bestehen verbindliche Höchstbeträge.

Verfahren der Beitragsgewährung

Mit Ausnahme der Auszeichnungen (Grand Prix) und der Unterstützung von Veranstaltungen zu kulturpolitischen Themen werden alle Finanzhilfen auf Gesuch hin gewährt. Das gilt mit Wirkung ab voraussichtlich 2027 neu auch für die Betriebsbeiträge an Netzwerke.

Die Ausrichtung erfolgt gestützt auf eine Verfügung oder auf eine Leistungsvereinbarung.

2

Zahlungsrahmen Film (Vorlage 6)

Bedeutung für die vom Die Filmförderung des Bundes basiert auf drei Pfeilern: Förderung Bund angestrebten Ziele von Filmproduktion, Filmkultur sowie Filmerbe. Die drei Pfeiler erlauben es dem Bund, den Schweizer Film über den ganzen Lebenszyklus ­ von der Produktion über die Verbreitung bis zur Konservierung ­ zu unterstützen. Eine nahtlose Filmförderung durch den Bund ist notwendig, um hochstehende Schweizer Filme zu produzieren, den Marktanteil des Schweizer Films im international hart umkämpften audiovisuellen Umfeld zu halten und den Schweizer Film für die kommenden Generationen zu erhalten. Ohne die Filmförderung des Bundes wäre die Qualität und Angebotsvielfalt des Schweizer Filmschaffens nicht gewährleistet.

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung der Finanzhilfen im Filmbereich sind im FiG und der Vollzugsverordnung zum FiG geregelt. In der Regel darf der Bundesbeitrag in der Filmproduktion höchstens 50 Prozent der Gesamtkosten des fraglichen Projekts betragen.

Verfahren der Beitragsgewährung

Die Finanzhilfen werden auf Gesuch hin gewährt. Die Ausrichtung erfolgt gestützt auf eine Verfügung oder auf eine Leistungsvereinbarung.

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3

Zahlungsrahmen Kulturgütertransfer (Vorlage 7)

Bedeutung für die vom Mit Finanzhilfen nach Artikel 14 KGTG werden Projekte zum Bund angestrebten Ziele Schutz und Erhalt besonders gefährdeter beweglicher Kulturgüter unterstützt. Prioritär sind dabei Projekte in Staaten, welche durch eine bilaterale Vereinbarung gestützt auf Artikel 7 KGTG mit der Schweiz verbunden sind. Die Förderung ist notwendig, damit Kulturgüter, die insbesondere durch Konflikte bedroht sind, vor der Zerstörung bewahrt werden können.

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung der Finanzhilfen zur Erhaltung des kulturellen Erbes sind im KGTG sowie in der Vollzugsverordnung zum KGTG geregelt. Die Finanzhilfen können maximal 50 Prozent der Gesamtkosten des fraglichen Projekts betragen.

Verfahren der Beitragsgewährung

Die Finanzhilfen werden auf Gesuch hin gewährt. Die Ausrichtung erfolgt gestützt auf eine Verfügung.

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Verpflichtungskredit Denkmalpflege, Heimatschutz und hohe Baukultur (Vorlage 8)

Bedeutung für die vom Die Finanzhilfen für die Bereiche Heimatschutz, Denkmalpflege und Bund angestrebten Ziele hohe Baukultur gliedern sich in zwei Themenfelder: Finanzhilfen zur Erhaltung schützenswerter Objekte werden im Verbund mit den Kantonen gewährt. Ohne Beiträge der öffentlichen Hand wäre es vielen Eigentümern nicht möglich, historische Gebäude sachgerecht restaurieren und dokumentieren zu lassen. Die langfristige Erhaltung des baulichen Erbes der Schweiz wäre gefährdet.

Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen, Forschungsvorhaben, Ausbildung und Vermittlung ermöglichen es dem Bund, gezielt Tätigkeiten und Projekte gesamtschweizerischer Tragweite zu unterstützen, die der Bevölkerung unter anderem das baukulturelle Erbe vermitteln.

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung der Finanzhilfen im Bereich der Baukultur sind im NHG sowie in der Verordnung vom 16. Januar 1991124 über den Natur ­ und Heimatschutz geregelt. Für Finanzhilfen zur Erhaltung schützenswerter Objekte sind Höchstsätze vorgesehen. Der Bundesbeitrag ist an eine angemessene Mitfinanzierung der Kantone und Gemeinden gebunden. Bei Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen, Forschungsvorhaben, Ausbildung und Vermittlung übernimmt der Bund in der Regel höchstens 50 Prozent der Projektkosten.

Verfahren der Beitragsgewährung

Finanzhilfen zur Erhaltung schützenswerter Objekte werden einerseits im Rahmen von Programmvereinbarungen mit den Kantonen und andererseits im Einzelfall auf Gesuch hin gewährt und durch Verfügung ausgerichtet. Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen, Forschungsvorhaben, Ausbildung und Vermittlung werden auf Gesuch hin gewährt und durch Verfügung oder in Form einer Leistungsvereinbarung ausgerichtet.

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SR 451.1

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BBl 2024 753

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Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung (Vorlage 9)

Bedeutung für die vom Die Mehrsprachigkeit ist ein Wesensmerkmal der Schweiz. Es ist Bund angestrebten Ziele eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen, für die Erhaltung und Förderung der sprachlichen Vielfalt in der Schweiz zu sorgen. Die Massnahmen des Bundes zur Förderung der Verständigung und des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften sowie zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur erfolgen aus einem gesamtschweizerischen Interesse und tragen massgeblich zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Schweiz bei.

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung von Finanzhilfen im Bereich Sprachen und Verständigung sind im SpG sowie in der Vollzugsverordnung zum SpG geregelt.

Verfahren der Beitragsgewährung

Die Gewährung der Finanzhilfen an die Organisationen, die im Bereich der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften tätig sind, sowie an Projekte erfolgt auf Gesuch hin. Die Ausrichtung der Finanzhilfen an die mehrsprachigen Kantone erfolgt gestützt auf eine Programm- oder eine Leistungsvereinbarung. Finanzhilfen für Organisationen und Projekte werden gestützt auf eine Leistungsvereinbarung oder eine Verfügung ausgerichtet.

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Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 10)

Bedeutung für die vom Der Bund anerkennt derzeit 17 Schweizerschulen im Ausland. Die Bund angestrebten Ziele Schweizerschulen im Ausland sind konfessionell neutrale und gemeinnützige private Bildungseinrichtungen. Sie werden sowohl von Schweizer Kindern wie auch von Kindern des Gastlandes und aus Drittstaaten besucht. Schweizerschulen im Ausland sind Vermittlerinnen schweizerischer Kultur und Bildung. Sie erfreuen sich in ihrem jeweiligen Gastland einer hohen Wertschätzung und vermitteln ein dauerhaft positives Bild der Schweiz im Ausland Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung von Finanzhilfen sind im SSchG und in der Vollzugsverordnung zum SSchG geregelt. Die Schweizerschulen im Ausland werden mit pauschalen Betriebsbeiträgen unterstützt. Die Bemessung der Beiträge richtet sich nach der Zahl der Schüler und Schülerinnen, nach der Anzahl beitragsberechtigter Lehrpersonen sowie nach der Zahl der Unterrichtssprachen.

Verfahren der Beitragsgewährung

Die Finanzhilfen werden auf Gesuch hin durch Verfügung ausgerichtet.

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BBl 2024 753

7

Zahlungsrahmen Pro Helvetia (Vorlage 11)

Bedeutung für die vom Die Aufgaben von Pro Helvetia sind im KFG festgelegt. Nach dieBund angestrebten Ziele sem Auftrag fördert die Stiftung das Schweizer Kunst- und Kulturschaffen von nationaler oder internationaler Bedeutung, ergänzend zu kantonalen und kommunalen Massnahmen. Die beantragten Finanzmittel sind notwendig, um die Qualität und die Vielfalt des kulturellen Angebots in der Schweiz zu sichern, und tragen zum kulturellen Selbstverständnis wie zur nationalen Kohäsion bei.

Materielle und finanzielle Steuerung

Verfahren der Beitragsgewährung 8

Der Bundesrat legt die strategischen Ziele der Stiftung für jeweils vier Jahre fest. Er überprüft deren Erreichung jährlich gestützt auf den Bericht des Stiftungsrats. Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung von Finanzhilfen an Dritte werden durch die Verordnung vom 22. Oktober 2020125 über Beiträge der Stiftung Pro Helvetia geregelt.

Die Beiträge werden auf Gesuch hin gewährt.

Zahlungsrahmen Schweizerisches Nationalmuseum (Vorlage 12)

Bedeutung für die vom Das SNM ist eine der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Bund angestrebten Ziele Dienst der Gesellschaft und derer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs- und Unterhaltungszwecken kulturhistorische Objekte und Materialien sammelt, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt. Das SNM leistet durch seine Tätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Schweizer Geschichte und der vielfältigen Identität der Schweiz. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit bildet die Basis, um die Zukunft gestalten zu können.

Das SNM erfüllt drei Aufgaben: ­ Darstellung der Geschichte der Schweiz und ihrer internationalen Verflechtungen; ­ Auseinandersetzung mit der vielfältigen Identität der Schweiz; ­ Kompetenzzentrum für andere Museen und Sammlungen in der Schweiz.

Materielle und finanzielle Steuerung

Der Bundesrat gibt die strategischen Ziele für das SNM jeweils für vier Jahre vor und definiert damit in Ergänzung zur Kulturbotschaft die Aufgabenprioritäten und die Mittelverwendung der Museumsgruppe. Die Berichterstattung und die Prüfung der Mittelverwendung sowie der Zielerreichung erfolgen jährlich.

Verfahren der Beitragsgewährung

Das SNM gewährt keine Beiträge an Dritte.

8.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Gesetzesvorlagen sehen keine neue Delegation gesetzesvertretender Rechtsetzungsbefugnisse vor. Der bestehende Artikel 4 Absatz 2 NBibG, der eine entsprechende Delegation enthält, wird mit dieser Vorlage terminologisch angepasst.

125

SR 442.132.2

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Abkürzungsverzeichnis AHV

Alters- und Hinterlassenenversicherung

AVMDRichtlinie

Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1; zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2018/1808, ABl. L 303 vom 28. November 2018, S. 69)

BAK

Bundesamt für Kultur

BBI

Bundesblatt

BBL

Bundesamt für Bauten und Logistik

BFS

Bundesamt für Statistik

BSV

Bundesamt für Sozialversicherungen

BV

Bundesverfassung vom 18. April 1999 (SR 101)

CERN

Europäischen Organisation für Kernforschung

DEZA

Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EDK

Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EKD

Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege

EO

Erwerbsersatzordnung

EU

Europäische Union

FiG

Filmgesetz vom 14. Dezember 2001 (SR 443.1)

FN

Schweizerische Nationalphonothek

ICOM

Internationaler Museumsrat

IGV

Interessengemeinschaft Volkskultur Schweiz und Liechtenstein

ISOS

Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz

J+M

Jugend und Musik

KFG

Kulturförderungsgesetz vom 11. Dezember 2009 (SR 442.1)

KGTG

Kulturgütertransfergesetz vom 20. Juni 2003 (SR 444.1)

Mondiacult Unesco-Weltkulturkonferenz für Kulturpolitik und nachhaltige 2022 Entwicklung 2022 MSG

Museums- und Sammlungsgesetz vom 12. Juni 2009 (SR 432.30)

NB

Schweizerische Nationalbibliothek 129 / 130

BBl 2024 753

NBibG

Nationalbibliotheksgesetz vom 18. Dezember 1992 (SR 432.21)

NHG

Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (SR 451)

NS

Nationalsozialismus

OGD

Open Government Data

sgv

Schweizerischer Gewerbeverband

SGV

Schweizerischer Gemeindeverband

SNM

Schweizerisches Nationalmuseum

SpG

Sprachengesetz vom 5. Oktober 2007 (SR 441.1)

SR

Systematische Sammlung des Bundesrechts

SRG SSR

Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft

SSchG

Schweizerschulengesetz vom 21. März 2014 (SR 418.0)

SuG

Subventionsgesetz vom 5. Oktober 1990 (SR 616.1)

SSV

Schweizerischer Städteverband

SVP

Schweizerische Volkspartei

Unesco

Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur

UNO

Vereinte Nationen

VISOS

Verordnung vom 13. November 2019 über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (SR 451.12)

VUKBK

Verordnung vom 22. November 2023 über die unabhängige Kommission für historisch belastetes Kulturerbe (SR 444.21)

WBK

Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur

WBK-N

Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates

WBK-S

Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates

WEF

Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum)

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