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19.433 Parlamentarische Initiative StGB-Tatbestände mit Stalking ergänzen Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 22. Februar 2024

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes vor Nachstellung. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

22. Februar 2024

Im Namen der Kommission Der Präsident: Vincent Maitre

2024-0779

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Übersicht Mit dieser Vorlage soll das Strafrecht derart ergänzt werden, dass sogenanntes Stalking ­ also das beharrliche Verfolgen, Belästigen oder Bedrohen einer Person, mit dem diese in ihrer Lebensgestaltungsfreiheit beschränkt wird ­ ausdrücklich unter Strafe gestellt wird. Die Vorlage hat zum Ziel, das strafrechtliche Instrumentarium zu verstärken und damit den Schutz der Opfer von Stalking zu verbessern.

Ausgangslage Bereits heute bestehen sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Möglichkeiten, um gegen Stalking vorzugehen. Insbesondere können verschiedene Einzelhandlungen, die bei Stalking typischerweise vorkommen, aufgrund der geltenden Strafnormen bestraft werden. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung können zudem Einzelhandlungen, die für sich genommen nicht strafbar sind, als Nötigung bestraft werden, wenn sie in ihrer Gesamtheit eine genügende Intensität erreichen. Es fehlt im Strafgesetzbuch und Militärstrafgesetz jedoch eine Strafnorm, die das Stalking ausdrücklich mit Strafe bedroht.

Inhalt der Vorlage Die Kommission beantragt, das Strafgesetzbuch und das Militärstrafgesetz um eine explizite Strafnorm zu Stalking bzw. Nachstellung zu ergänzen. Das Verhalten soll nicht in Ergänzung bestehender Tatbestände, sondern in einer eigenständigen Strafnorm für strafbar erklärt werden. Damit wird ermöglicht, die Formulierung der Tatbestandsvoraussetzungen dem als strafwürdig erachteten Verhalten anzupassen. Von einer eigenständigen Strafnorm geht zudem wohl die grösste symbolische Wirkung aus. Der Tatbestand erfasst namentlich Handlungen, die für sich allein als sozialadäquat zu werten sind und nicht unter die geltenden Strafnormen fallen, in ihrer Gesamtheit aber strafwürdig sind. Die neue Strafnorm soll unter den Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit eingereiht werden.

In der Vernehmlassung traf die Einführung einer Strafnorm zum Stalking grundsätzlich auf breite Zustimmung. Was deren Formulierung betrifft, wurden jedoch verschiedene Vorbehalte und Bedenken vorgebracht. Die Kommission hat sich dennoch dafür entschieden, den Vorschlag gemäss Vorentwurf im Wesentlichen beizubehalten.

Demnach soll bestraft werden, wer jemanden beharrlich verfolgt, belästigt oder bedroht und ihn dadurch in seiner Lebensgestaltungsfreiheit beschränkt. Die Strafdrohung soll Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren oder Geldstrafe betragen. Die Tat ist grundsätzlich als Antragsdelikt ausgestaltet; erfolgt sie jedoch im Rahmen einer Paarbeziehung, etwa in deren Trennungsphase, wird sie von Amtes wegen verfolgt.

Die Behörde kann das Verfahren diesfalls sistieren und nach einer Frist von sechs Monaten einstellen, wenn dies der Stabilisierung oder Verbesserung der Situation des Opfers dient.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Entstehungsgeschichte 1.1 Die bisherige Haltung des Bundesrates 1.2 Arbeiten der Kommission an einem Vorentwurf 1.3 Vernehmlassung und Arbeiten an einem Entwurf

5 5 6 7

2

Ausgangslage 2.1 Begriff des Stalkings 2.2 Stalking im geltenden Recht 2.2.1 Instrumente des Zivilrechts 2.2.2 Instrumente des Strafrechts 2.2.3 Bundesgerichtliche Rechtsprechung

7 7 9 9 10 12

3

Grundzüge der Vorlage 3.1 Handlungsbedarf und Ziele 3.2 Die vorgeschlagene Neuregelung 3.2.1 Einführung einer eigenständigen Strafnorm 3.2.1.1 Möglichkeiten der Umsetzung der Kommissionsinitiative 3.2.1.2 Vorteile einer eigenständigen Strafnorm 3.2.1.3 Regelung im deutschen Recht 3.2.2 Mehrheit von Handlungen, die in ihrer Gesamtheit Strafbarkeit begründen 3.2.3 Abgrenzung und Konkurrenzen 3.2.4 Aufnahme in verschiedenen Deliktskatalogen 3.2.4.1 Sistierung und Einstellung des Verfahrens 3.2.4.2 Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs 3.2.4.3 Weitere Deliktskataloge 3.3 Abgrenzung zum Mobbing 3.4 Lösungsansätze zur Rechtsdurchsetzung bei Cyberstalking 3.4.1 Darstellung der Problematik 3.4.2 Cyberstalking im Besonderen 3.4.3 Lösungsansätze

13 13 13 13

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 4.1 Strafgesetzbuch 4.1.1 Artikel 55a Absatz 1 Einleitungssatz 4.1.2 Artikel 181b 4.1.2.1 Systematische Einordnung und Randtitel 4.1.2.2 Die einzelnen Handlungen 4.1.2.3 Handlungsmehrheit 4.1.2.4 Erfolg 4.1.2.5 Subjektiver Tatbestand

22 22 22 22 22 24 26 27 29

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13 14 14 15 15 16 16 17 17 18 18 18 20 21

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4.1.2.6 4.1.2.7

4.2

Rechtswidrigkeit Antragsdelikt; Offizialdelikt bei Begehung in Paarbeziehung 4.1.2.8 Strafdrohung Militärstrafgesetz und Militärstrafprozess

29 30 31 32

5

Geprüfte und verworfene Varianten 5.1 Ergänzung des Drohungstatbestandes 5.2 Ergänzung des Nötigungstatbestandes

33 33 33

6

Finanzielle und personelle Auswirkungen

34

7

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

35

8

Rechtliche Grundlagen 8.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 8.2 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 8.3 Erlassform

35 35 35 35

Literaturverzeichnis

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Verzeichnis verwendeter Materialien

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Bundesgesetzüber die Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes vor Nachstellung (Änderung des Strafgesetzbuchs, des Militärstrafgesetzes und des Militärstrafprozesses) (Entwurf) BBl 2024 752

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die bisherige Haltung des Bundesrates

Am 11. Oktober 2017 unterbreitete der Bundesrat den Räten die Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen.1 Mit diversen Änderungen im Zivil- und Strafrecht sollten die Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking besser geschützt werden. Die zentrale Bestimmung der damaligen Vorlage sah vor, dass ein zivilrechtlich angeordnetes Rayon- und Kontaktverbot gemäss Artikel 28b des Zivilgesetzbuches (ZGB)2 zukünftig mit einer elektronischen Vorrichtung überwacht werden kann (sog. «Electronic Monitoring»). Diese Bestimmung wurde als Artikel 28c ins ZGB aufgenommen und vom Bundesrat per 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt.3 Der Bundesrat verzichtete jedoch darauf, dem Parlament auch die Einführung einer gesonderten Strafnorm zu Stalking im Strafgesetzbuch (StGB)4 zu beantragen, wie dies in der Vernehmlassung von einer nicht unbedeutenden Anzahl von Teilnehmenden gefordert worden war.5 In der Botschaft führte er aus, dass mit der Stärkung des zivilrechtlichen Gewaltschutzes auch eine Verbesserung der Situation von StalkingOpfern erreicht werden könne. Aufgrund der Möglichkeiten, die einzelnen Tathandlungen des Stalkings nach den bestehenden Tatbeständen zu bestrafen, und aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Nötigung durch Stalking bedürfe es daher keiner neuen Strafnorm.6 Damit bekräftigte der Bundesrat seine grundsätzlich ablehnende Haltung, die er in der Vergangenheit bereits bei der Beantwortung diverser parlamentarischer Vorstösse zum Ausdruck gebracht7 und in seinem gleichentags veröffentlichten Bericht in Erfüllung des Postulates 14.4204 Feri «Bekämpfung von Stalking in der Schweiz verbessern» auch ausführlich begründet hatte.8

1 2 3 4 5

6 7

8

BBl 2017 7307 SR 210 AS 2019 2273 S. 2273 und 2278 SR 311.0 In der Vernehmlassung hatten 6 Kantone und 4 Organisationen (von insgesamt 58 Teilnehmenden) eine Strafnorm gegen Stalking gefordert; eine Partei hatte angeregt, die Frage nach deren Notwendigkeit nochmals eingehend zu prüfen: Vernehmlassungsbericht Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, Ziff. 6.3.1.1.

BBl 2017 7307 Ziff. 3.3.6 Stellungnahme des Bundesrates zur Motion 07.3092 Hess Bernhard «Anti-StalkingGesetz» vom 16. Mai 2007; Stellungnahme des Bundesrates zur Motion 08.3495 Fiala «Stalking» vom 19.November 2008; Stellungnahme des Bundesrates zur Motion 13.3742 Fiala «Stalking-Thema nicht auf die lange Bank schieben» vom 29. November 2013.

Postulatsbericht 14.4204; das Postulat 14.4204 Feri «Bekämpfung von Stalking in der Schweiz verbessern» vom 11. Dezember 2014 betrifft nicht die Verbesserung der gesetzlichen Grundlagen, sondern weitere Massnahmen zur Stärkung der Opfer und um stalkende Personen in die Schranken zu weisen (Begründung des Postulats).

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1.2

Arbeiten der Kommission an einem Vorentwurf

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (nachfolgend: die Kommission) hat die Frage einer spezifischen Stalkingstrafnorm an ihrer Sitzung vom 30. August 2018 anlässlich der Beratung der Vorlage zum Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen eingehend diskutiert. Im Interesse einer raschen Behandlung der Vorlage hat sie jedoch darauf verzichtet, ihrem Rat bereits einen entsprechenden Antrag für die laufende Beratung zu unterbreiten. Sie hat stattdessen der Verwaltung den Auftrag erteilt, ihr einen Bericht dazu vorzulegen.9 An ihrer Sitzung vom 3. Mai 2019 hat sich die Kommission schliesslich mit 16 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung für die vorliegende Kommissionsinitiative ausgesprochen. Gestützt auf den Bericht des Bundesamtes für Justiz (BJ) zur Frage der Kodifizierung eines Straftatbestands «Stalking» vom 12. April 201910 entschied sie, bestehende Straftatbestände wie die Drohung oder Nötigung derart zu ergänzen, dass sie von ihrem Wortlaut her das als Stalking bezeichnete Verhalten wie etwa das mehrfache Belästigen, das Auflauern oder das beharrliche Nachstellen explizit miteinschliessen. Die ständerätliche Schwesterkommission stimmte dem Anliegen an ihrer Sitzung vom 29. Oktober 2019 mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. In der Folge hat sich die Kommission an diversen Sitzungen zunächst mit der Gesetzgebung im Bereich der Strafrahmen (Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen11) sowie mit den Revisionsarbeiten im Bereich des Sexualstrafrechts (Entwurf 3 der Vorlage) befasst und es abgelehnt, die Frage der Umsetzung der vorliegenden Kommissionsinitiative im Rahmen dieser Vorlagen zu prüfen. An ihrer Sitzung vom 11. November 2022 hat sie die Verwaltung (BJ) und das Sekretariat mit der Erarbeitung eines Vorentwurfs und eines begleitenden Berichts beauftragt.

An ihrer Sitzung vom 27. April 2023 hat die Kommission drei Varianten diskutiert: Die Ergänzung des Drohungstatbestandes (Art. 180 Abs. 1 StGB), die Ergänzung des Nötigungstatbestandes (Art. 181 StGB) und die Einführung einer eigenständigen Strafnorm zum Stalking (Art. 181b VE-StGB).

Sie hat sich mit 13 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung dafür ausgesprochen, ausschliesslich zur Variante einer eigenständigen Strafnorm eine Vernehmlassung durchzuführen. Den entsprechenden Vorentwurf hat die Kommission in der Gesamtabstimmung mit 22 zu 0 Stimmen angenommen.

9

10 11

Vgl. Medienmitteilung der Kommission vom 31.08.2018, abrufbar unter: www.parlament.ch > Organe > Sachbereichskommissionen > Kommissionen für Rechtsfragen > Medienmitteilungen RK-N (Stand: 22. Februar 2024).

Bericht BJ Stalking, abrufbar unter: www.parlament.ch > Geschäft 19.433 > weiterführende Unterlagen (Stand: 22. Februar 2024).

18.043, Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht, AS 2023 259.

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1.3

Vernehmlassung und Arbeiten an einem Entwurf

Die Kommission hat zwischen dem 26. Mai und dem 16. September 2023 zu ihrem Vorentwurf eine Vernehmlassung durchgeführt.12 Stellung genommen haben 26 Kantone, 7 politische Parteien und 47 Organisationen und weitere Teilnehmende. Insgesamt gingen damit 80 Stellungnahmen ein. An ihrer Sitzung vom 16. November 2023 hat die Kommission die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Kenntnis genommen und den entsprechenden Bericht veröffentlicht.13 Sie hat festgestellt, dass die Vorlage, und insbesondere auch die Einführung einer eigenständigen Strafnorm zum Stalking von fast allen Teilnehmenden begrüsst wurde. In der Vernehmlassung wurden aber auch wichtige Fragen zur konkreten Ausgestaltung und Formulierung der Strafnorm aufgeworfen. So verlangten viele Teilnehmende, die Tathandlung weiter zu formulieren oder mit einer Auflistung möglicher Handlungen zu ergänzen. Zur Umschreibung der erforderlichen Handlungsmehrheit schlug nahezu die Hälfte der Teilnehmenden den Begriff «wiederholt» statt «beharrlich» vor. Umstritten war auch die Ausgestaltung als Erfolgsdelikt: Viele bevorzugten ein Gefährdungs- oder ein Tätigkeitsdelikt. Als Randtitel wurde schliesslich der in der Alltagssprache gebräuchliche Begriff «Stalking» für besser als «Nachstellung» erachtet.

Entsprechend hat die Kommission die Verwaltung mit weiteren Abklärungen beauftragt und die einzelnen Punkte an ihrer Sitzung vom 22. Februar 2024 eingehend diskutiert. Sie hat sich entschieden, die Formulierung des Vorentwurfs im Wesentlichen beizubehalten. Allerdings soll die Tat grundsätzlich als Antragsdelikt ausgestaltet werden. Von Amtes wegen wird die Tat verfolgt, wenn sie in einer Paarbeziehung begangen wurde. Den vorliegenden Erlassentwurf hat die Kommission in der Gesamtabstimmung mit 22 zu 2 Stimmen angenommen. Die Kommission wurde bei ihren Arbeiten vom BJ unterstützt.

2

Ausgangslage

2.1

Begriff des Stalkings

Der Begriff Stalking ist dem englischen Jagdjargon entnommen.14 In der deutschen Rechtssprache sind auch «Nachstellung»15 bzw. «beharrliche Verfolgung»16 gebräuchlich. Er beschreibt ein soziales Phänomen, für das es aus wissenschaftlicher und rechtlicher Sicht keine einheitliche Definition gibt.17 Mit der Ratifizierung des Übereinkommens des Europarates vom 11. Mai 201118 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istan12 13 14 15 16 17 18

Die Unterlagen sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > Parl (Stand: 22. Februar 2024).

Vernehmlassungsbericht, abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > Parl (Stand: 22. Februar 2024).

Im englischen Jagdjargon bedeutet Stalking «anpirschen, anschleichen»: Infoblatt Stalking EBG, S. 3.

Art. 28b ZGB, § 238 D-StGB, deutsche Übersetzung von Art. 34 Istanbul-Konvention.

§ 107a A-StGB Egger/Jäggi/Guggenbühl, S. 4 f.

SR 0.311.35

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bul-Konvention) wurde jedoch auch für das schweizerische Recht die Definition in dessen Artikel 34 verbindlich: Danach ist Stalking das vorsätzliche Verhalten, das aus wiederholten Bedrohungen einer anderen Person besteht, die dazu führen, dass diese um ihre Sicherheit fürchtet. Massgebend zur Erfüllung der Definition ist somit das Gesamtverhalten einer Person, deren einzelne Handlungen für sich alleine betrachtet durchaus sozialadäquat sein können, durch ihre Intensität oder Wiederholung auf das Opfer jedoch bedrohlich wirken und Furcht hervorrufen können. Als wesentliche Elemente des Stalkings können nach der obgenannten Definition die folgenden gelten: Wiederholtes bedrohendes Verhalten, Auslösung von Angst beim Opfer und Vorsatz bezüglich dieser Elemente.19 Das Spektrum möglicher Handlungen ist sehr breit. Es gibt keine Verhaltensweise, die bei Stalking immer vorkommt.20 Stalking reicht vom Suchen von Kontakt und persönlicher Nähe (z.B. häufige Telefonanrufe, SMS, E-Mails oder Geschenke) über Auflauern, Beobachten, Verfolgen, Eindringen in die Wohnung, Ausspionieren, Handeln im Namen des Opfers (z.B. Bestellung von Waren), Ehrverletzungen und Einschüchterungen (z.B. Beschädigung von Eigentum, Gewalt gegenüber Haustieren oder Suizidandrohung) bis hin zu Zwang und Gewalt. Zum Teil werden auch Personen aus dem Umfeld des Opfers mit einbezogen.21 Verbindendes Element ist lediglich, dass diese einzelnen Handlungen in der einen oder anderen Art wiederholt werden und das Opfer erkennbar bedrängt bzw. bedroht wird. Stalking wird zudem als dynamischer Prozess bezeichnet: Das Vorgehen der stalkenden Person verändert sich im Laufe der Zeit. Stalking kann mit tätlichen körperlichen oder sexuellen Übergriffen oder im Extremfall sogar mit der Tötung des Opfers enden. Auch die Motive der stalkenden Person können unterschiedlich sein; sie lassen sich aber grob in die beiden Kategorien Beziehungssuche oder Rachesuche einteilen. Mit Blick auf diese unterschiedlichen Methoden und Motive spricht man von der Heterogenität des Stalkings.22 Für das Stalking, das aus der Summe von Einzelhandlungen besteht, die für sich alleine genommen sozialadäquat sind und nicht unter die geltenden Strafnormen fallen, ist der Begriff «weiches Stalking» gebräuchlich.23 Beispiele sind das Beschenken, Anrufen oder die physische
Kontaktaufnahme. Weil jedoch auch «weiches Stalking» für das Opfer massive Auswirkungen haben kann, soll dieser Begriff hier nicht verwendet werden.

Die Kommissionsinitiative nimmt in der Begründung Bezug auf das sogenannte Cyberstalking. Dieser Begriff bezeichnet Stalking unter Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT),24 etwa durch E-Mails, soziale Netzwerke oder bestimmte Apps. Damit von Cyberstalking gesprochen werden kann, muss das Verhal19 20 21 22 23 24

Bericht BJ Stalking, Ziff. 3 Egger/Jäggi/Guggenbühl, S. 4 Egger/Jäggi/Guggenbühl, S. 7 Infoblatt Stalking EBG, S. 4 und 5; Bericht BJ Stalking, Ziff. 3 BBl 2017 7307 Ziff. 1.3.4; Bericht BJ Stalking, Ziff. 3 und 4.2.3 Der Begriff IKT steht im weiteren Sinne für jegliche Kommunikationsanwendung, darunter Radio, Fernsehen, Handys, Smartphones, Hardware und Software für Computer und Netzwerke, Satellitensysteme, sowie für die verschiedenen Dienstleistungen und Anwendungen, die damit verbunden sind: abrufbar unter: www.wikipedia.org > IKT (Stand: 22. Februar 2024).

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ten dieselben Merkmale erfüllen wie «Offline-Stalking».25 Es kann in der massenhaften Zusendung von Nachrichten, in der Veröffentlichung unerwünschter Beiträge in sozialen Netzwerken, im Blockieren der Mailbox durch Überfluten mit Nachrichten (Mail-Bombing), im Ausspionieren über im Internet verfügbare Informationen oder in der Veröffentlichung von Webseiten mit Bildern und persönlichen Daten des Opfers bestehen. Die Hemmschwelle, Cyberhandlungen zu begehen, ist oftmals niedriger als bei realen Handlungen. Denn der Aufwand, dem Opfer elektronische Nachrichten zuzusenden, ist gering und zu jedem Zeitpunkt und über beliebige Distanz möglich.26 Die Daten, die man im Internet und insbesondere auf sozialen Netzwerken zur Verfügung stellt, erlauben es der stalkenden Person, ihr Opfer heimlich zu verfolgen. Die stalkende Person kann seine Adresse und Lebensgewohnheiten ausfindig machen und es so auch «real» verfolgen.27 Cyberstalking wird oftmals als eine von vielen StalkingMethoden eingesetzt; reales Stalking und Online-Stalking überschneiden sich häufig.28

2.2

Stalking im geltenden Recht

Das geltende Bundesrecht29 sieht bereits heute diverse Instrumente vor, um von Stalking betroffene Personen zu schützen und verschiedene Stalkinghandlungen zu bestrafen.

2.2.1

Instrumente des Zivilrechts

Im Rahmen des Schutzes der Persönlichkeit ermöglichen die Artikel 28b f. ZGB, sich gegen eine Beeinträchtigung oder Gefährdung der physischen, psychischen, sexuellen oder sozialen Integrität durch Stalking zu schützen. Diese Bestimmungen sind unabhängig der persönlichen Opfer-Täter-Beziehung anwendbar.

Das Zivilgericht kann hier insbesondere ein Annäherungs-, Rayon- oder Kontaktverbot anordnen (Art. 28b Abs. 1 ZGB). In Frage kommen aber auch andere Massnahmen, die geeignet sind, die klagende Person vor Stalking zu schützen: Die gesetzliche Aufzählung ist nicht abschliessend. So kann das Zivilgericht etwa verbieten, Flugblätter mit verunglimpfendem oder ehrverletzendem Inhalt zu verteilen oder entsprechende Nachrichten auf Social Media Plattformen zu posten. Solche Massnahmen können auch vorsorglich oder gar superprovisorisch angeordnet und damit prozessual sehr rasch in die Wege geleitet werden. Diesfalls erlaubt Artikel 265 der Zivilprozessordnung (ZPO)30, die klagende Person bereits während des Verfahrens zu schützen und vor Nachteilen zu bewahren, indem die Massnahmen sofort und ohne Anhörung 25 26 27 28 29

30

Egger/Jäggi/Guggenbühl, S. 7 Broschüre Cyberstalking Bern, S. 4 Postulatsbericht 11.3912, S. 38 Egger/Jäggi/Guggenbühl, S. 65, mit Hinweisen Auch in den von gewissen Kantonen geschaffenen Gewaltschutzgesetzen finden sich Massnahmen gegen Stalking, die Opfern zum Teil einfachen Zugang zu Schutzmassnahmen verschaffen.

SR 272

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der Gegenpartei angeordnet werden können. Ändern sich die Verhältnisse oder erweisen sich die Massnahmen nachträglich als ungerechtfertigt, ist eine jederzeitige Änderung oder Anpassung möglich (Art. 268 ZPO). Das Zivilgericht kann die Verfügung zudem mit einer Strafandrohung wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (Art. 292 StGB) verbinden, sodass die verletzende Person bei Missachtung des Verbots auch strafrechtlich belangt werden kann.

Mit dem Bundesgesetz über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen31 wurden der zivilrechtliche Schutz verbessert und zivilprozessuale Hürden abgebaut. Insbesondere wurde eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um ein Rayonoder Kontaktverbot elektronisch überwachen zu können (Art. 28c ZGB). Diese Neuerung ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten. In vielen Fällen dürfte die elektronische Überwachung eine stalkende Person davon abhalten, ein solches Verbot zur physischen Annäherung oder Kontaktaufnahme zu missachten. Daneben wurde auch die Beweissituation des Opfers bei einer Missachtung entscheidend verbessert: Zuwiderhandlungen gegen die gerichtliche Anordnung können dank der Aufzeichnung der Bewegungen viel einfacher nachgewiesen werden und zu einer Bestrafung nach Artikel 292 StGB oder anderer, durch das Stalking erfüllter Strafnormen führen.

Zu beachten ist aber, dass in Fällen von anonymen bzw. unbekannten Stalkerinnen oder Stalkern der zivilrechtliche Weg nicht beschritten werden kann, da zivilrechtliche Klagen gegen Unbekannt nicht möglich sind; in einem ersten Schritt müsste daher stets die stalkende Person identifiziert werden können, wofür nur strafrechtliche oder polizeiliche Instrumente in Betracht kommen.32

2.2.2

Instrumente des Strafrechts

Verschiedene Handlungen, die typischerweise im Rahmen von Stalking begangen werden, können unter bestehende Tatbestände subsumiert werden. In Frage kommen insbesondere Körperverletzungen (Art. 122 und 123 StGB), Tätlichkeiten (Art. 126 StGB), unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis StGB), Sachbeschädigung (Art. 144 StGB), Datenbeschädigung (Art. 144bis StGB), Ehrverletzungen (Art. 173 ff. StGB), Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte (Art. 179quater StGB), Missbrauch einer Fernmeldeanlage (Art. 179septies StGB), Identitätsmissbrauch (Art. 179decies StGB), Drohung (Art. 180 StGB), Nötigung (Art. 181 StGB), Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB) oder sexuelle Belästigun-

31 32

AS 2019 2273; BBl 2017 7307 Zur Problematik der Rechtsdurchsetzung vgl. allerdings unten, Ziff. 3.4.

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gen (Art. 198 StGB)33. Neben Strafnormen des Kernstrafrechts kommen auch etwa Strassenverkehrsdelikte in Betracht.34 Einzelne dieser Strafnormen wurden erst kürzlich revidiert oder eingeführt. Der Missbrauch einer Fernmeldeanlage (Art. 179septies StGB), der die Beunruhigung oder Belästigung einer Person durch Anrufe, E-Mails, Text- oder Bildnachrichten via Telefonnetz oder Internet bestraft,35 wurde mit der Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen36 geändert, und zwar gerade auch mit Blick auf Stalking. So wurden die bisher vorausgesetzten subjektiven Elemente «Bosheit oder Mutwillen» gestrichen.

Unter den Tatbestand fallen somit neu auch etwa Liebesbezeugungen oder obszöne Belästigungen. Zudem wurde das Delikt zu einem Vergehen erhoben, da der Missbrauch teilweise massiv sein kann. Die Strafdrohung des Antragsdelikts wurde von Busse auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe angehoben.37 Die Änderungen sind am 1. Juli 2023 in Kraft getreten.

Im Rahmen der Totalrevision des Bundesgesetzes über den Datenschutz vom 19. Juni 199238 (DSG) wurde eine neue Strafnorm geschaffen, die den Identitätsmissbrauch unter Strafe stellt. Bei diesem Delikt wird die Identität einer anderen Person ohne deren Einwilligung verwendet, um ihr zu schaden oder um sich oder einem Dritten einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Der im Tatbestand vorausgesetzte Nachteil muss eine gewisse Schwere erreichen und kann insbesondere auch immaterieller Natur sein. Dabei kann es bereits ausreichen, beim Opfer einen massiven Ärger auszulösen.39 Der Tatbestand trifft typische Konstellationen des Cyberstalkings, etwa wenn die Stalkerin oder der Stalker im Namen seines Opfers kompromittierende Äusserungen oder Bilder auf sozialen Medien veröffentlicht oder Waren oder Dienstleistungen bestellt. Der neue Artikel 179decies StGB ist am 1. September 2023 in Kraft getreten; die Strafdrohung des Antragsdelikts lautet auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Überdies hat das Parlament jüngst eine neue Strafnorm eingeführt, die das Phänomen der Rachepornografie unter Strafe stellen soll: Nach Artikel 197a nStGB wird bestraft, wer einen nicht öffentlichen sexuellen Inhalt ohne Zustimmung der darin erkennbaren Person einer Drittperson weiterleitet. Die Tat wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. Hat die Täterin oder der Täter 33

34

35 36 37 38 39

Denkbar sind auch schwere Straftaten gegen die sexuelle Integrität (Art. 189 und 190 StGB). Diesbezüglich kann man allerdings kaum mehr von Stalking sprechen: Vgl. Bericht BJ Stalking, Ziff. 4.2.1.

Urteil des Bundesgerichts 1P.671/2006 vom 27. Dezember 2006, E. 3.1: In diesem Fall ging es um Überholen mit Behindern des nachfolgenden Verkehrs und Rechtsüberholen auf mehreren Fahrstreifen (Art. 90 Ziff. 2, nach geltendem Recht Abs. 2, des Strassenverkehrsgesetzes vom 19.12.1958 [SR 741.01; SVG] i.V.m. Art. 34 Abs. 3 SVG und Art. 10 Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [SR 741.11; VRV] sowie Art. 35 Abs. 1 SVG und Art. 8 Abs. 3 VRV) und missbräuchliche Verwendung des akustischen Warnsignals und der Lichthupe (Art. 90 Ziff. 1, nach geltendem Recht Abs. 1, SVG i.V.m. Art. 40 SVG; vgl. Sachverhalt, A).

Ramel/Vogelsang, BSK II StGB, Art. 179septies N 7.

18.043, Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht, AS 2023 259.

BBl 2018 2827 Ziff. 2.2.3 mit Verweis auf BGE 126 IV 216 E. 2.

SR 235.1 BBl 2017 6941 Ziff. 9.2.17

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den Inhalt öffentlich gemacht, beispielsweise auf Internet publiziert,40 wird die Tat mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.41 Hierbei kann es sich ebenfalls um typische Taten im Rahmen von Stalking handeln. Die neue Strafnorm wird am 1. Juli 2024 in Kraft treten.42

2.2.3

Bundesgerichtliche Rechtsprechung

Das Bundesgericht hat in jüngerer Zeit eine Rechtsprechung zur Nötigung durch Stalking (Art. 181 StGB) entwickelt und inzwischen in reicher Rechtsprechung bestätigt.43 Dabei nahm es explizit auf das Fehlen einer entsprechenden Tatbestandes in der Schweiz Bezug, «der das belästigende und bedrohende Verhalten in seiner Gesamtheit unter Strafe stellt».44 Es verwies dabei auf die Motion Fiala 08.3495 «Stalking» vom 18. September 2008, die verlangte, eine entsprechende Strafnorm einzuführen und im Ständerat scheiterte ­ jedoch nicht, da Stalking nicht als strafwürdig erachtet wurde, sondern, da Stände- und Bundesrat der Ansicht waren, dass die beim Stalking typischen Verhaltensweisen durch andere Strafnormen ausreichend abgedeckt seien.45 Das Bundesgericht führte aus, zwar seien im Gegensatz zu Stalkingstrafnormen in ausländischen Rechtsordnungen bei der Nötigung nach Artikel 181 StGB die einzelnen Tathandlungen zu beurteilen, und nicht das Gesamtverhalten der beschuldigten Person. Jedoch seien die einzelnen Tathandlungen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu würdigen: «Kommt es während längerer Zeit zu einer Vielzahl von Belästigungen, kumulieren sich deren Einwirkungen. Ist eine gewisse Intensität erreicht, kann jede einzelne Handlung, die für sich alleine den Anforderungen von Art. 181 StGB noch nicht genügen würde, geeignet sein, die Handlungsfreiheit der betroffenen Person in dem Mass einzuschränken, dass ihr eine mit Gewalt oder Drohung vergleichbare Zwangswirkung zukommt.»46 Die Rechtsprechung des Bundesgerichts wird hinsichtlich der Auslegung des Nötigungsmittels «andere Beschränkung der Handlungsfreiheit» und insbesondere hinsichtlich der Begründung des Nötigungserfolgs teilweise auch kritisiert. Denn ob der Erfolg gegeben ist, müsste eigentlich aufgrund einer Handlung feststehen, was aber der Charakteristik des Stalkings entgegensteht, bei dem mehrere Handlungen erst durch ihre Kumulation zu Stalking werden. Deshalb muss sich das Bundesgericht ei40 41 42 43

44 45

46

BBl 2022 687 Ziff. 2.1 AS 2024 27 S. 7 AS 2024 27 S. 18 BGE 129 IV 262, bestätigt in BGE 141 IV 437 sowie in den Urteilen des Bundesgerichts 6B_1428/2016 vom 03. Oktober 2017; 6B_160/2017 und 6B_161/2017 vom 13. Dezember 2017; 6B_568/2019 vom 17. September 2019; 6B_559/2020 vom 23. September 2020; 6B_727/2021 vom 22. April 2022; 6B_191/2022 vom 21. September 2022; 6B_122/2021 vom 05. Dezember 2022; 6B_598/2022 vom 09. März 2023 und 6B_808/2022 vom 08. Mai 2023.

BGE 141 IV 437, E. 3.2.2 mit Verweis auf Kinzig, S. 1 ff.

BGE 141 IV 437, E. 3.2.2 mit Verweis auf die Auffassung des Ständerates und des Bundesrates, AB 2010 S 869 f. und die Stellungnahme des Bundesrates zur Motion 08.3495 Fiala «Stalking» vom 19. November 2008.

BGE 141 IV 437, E. 3.2 in Bestätigung von BGE 129 IV 262, E. 2.4 f.

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nes Kunstgriffs bedienen. Dabei ergibt sich nicht klar, ab wann niederschwelliges Stalking zur Nötigung wird und der Erfolg gegeben ist. Mit anderen Worten sind Erfolg, Kausalzusammenhang und auch die Abgrenzung zwischen versuchtem und vollendetem Delikt nicht hinreichend begründbar und in hohem Mass vom Ermessen der urteilenden Instanz abhängig.47

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Handlungsbedarf und Ziele

Obwohl Stalking kein neues Phänomen ist, kommt ihm heute aufgrund des technologischen Fortschritts und des Bedeutungszuwachses von IKT eine neue Dimension zu.48 Das StGB kennt bislang keine explizite Strafnorm zum Stalking. Stalking schränkt Betroffene in ihrer Freiheit und individuellen Lebensgestaltung ein und kann zu psychischen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden führen.49 Die Kommission ist der Ansicht, dass das geltende Recht für eine Ahndung von Stalking unzureichend ist.

Sie verfolgt mit der Kommissionsinitiative das Ziel, durch ausdrückliche Strafbarerklärung des Stalkings das strafrechtliche Instrumentarium zu verstärken und den Schutz der Opfer zu verbessern. Zu diesem Zweck soll das Strafrecht angepasst werden. Die nachfolgenden Ausführungen gelten sowohl für das StGB als auch für das Militärstrafgesetz vom 13. Juni 192750 (MStG).

Eine Minderheit der Kommission (Bühler, Tuena) sieht keinen grundsätzlichen Handlungsbedarf für eine Erweiterung des strafrechtlichen Instrumentariums. Sie ist der Ansicht, dass es die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Nötigung (vgl.

Ziff. 2.2.3) bereits heute erlaubt, die für das Stalking typischen Verhaltensweisen zu bestrafen. Sie befürchtet insbesondere, dass die neue Strafnorm zu weit gefasst ist und damit die Gefahr besteht, dass sozialadäquates Verhalten kriminalisiert wird.

3.2

Die vorgeschlagene Neuregelung

3.2.1

Einführung einer eigenständigen Strafnorm

3.2.1.1

Möglichkeiten der Umsetzung der Kommissionsinitiative

Die Kommissionsinitiative verlangt eine kumulative Ergänzung des Drohungs- und Nötigungstatbestandes. Dies scheint der Kommission entgegen dem Wortlaut der Kommissionsinitiative nicht zielführend. Dasselbe Verhalten in verschiedenen Strafnormen für strafbar zu erklären, scheint nicht angebracht. Zudem konsumiert eine Nötigung nach Artikel 181 StGB eine Drohung nach Artikel 180 StGB:51 Zielt die Täte47 48 49 50 51

Umfassend Gurt, N 151 ff.

Zimmerlin, S. 4 f.

Schwarzenegger/Gurt, S. 4 SR 321.0 BGE 99 IV 212, E. 1b); Donatsch, S. 438; Delnon/Rüdy, BSK II StGB, Art. 181 N 68.

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rin oder der Täter darauf, das Opfer mit einer schweren Drohung zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden zu nötigen, wird diese oder dieser nach Artikel 181 StGB bestraft.52 Dasselbe müsste für eine neue Tatvariante zum Stalking gelten: Eine (auch nur versuchte) Nötigung durch Stalking würde auch eine Drohung durch Stalking beinhalten. Von der Umsetzung dieser Möglichkeit soll daher abgesehen werden.

Geprüft wurde aber, Stalking alternativ im Tatbestand der Drohung oder in jenem der Nötigung für strafbar zu erklären. Die Kommission hat sich jedoch im Zuge der Arbeiten dafür entschieden, auch auf diese Umsetzungsvariante zu verzichten, da sich mit der Ergänzung einer bestehenden Strafnorm diverse Abgrenzungsfragen innerhalb der Tatbestände ergeben hätten (vgl. Ziff. 5). Zudem erscheint es ihr auch aus rechtspolitischen Überlegungen angezeigt, Stalking als eigenständige Strafnorm zu konzipieren.

3.2.1.2

Vorteile einer eigenständigen Strafnorm

Bei einer eigenständigen Strafnorm kann die generell-abstrakte Formulierung dem als strafwürdig erachteten Verhalten angepasst werden, ohne dass sie sich in einen bestehenden Tatbestand einfügen muss. So kann insbesondere eine auf den vorausgesetzten Erfolg zugeschnittene Rechtsprechung entwickelt werden. Von einer eigenständigen Strafnorm geht zudem wohl die grösste symbolische Wirkung aus.

3.2.1.3

Regelung im deutschen Recht

Die Umschreibung des strafbaren Verhaltens und des vorausgesetzten Erfolgs wirft einige Probleme auf. Diese ergeben sich mithin daraus, dass die Definition des Stalkings darauf abstellt, wie das Opfer das Verhalten empfindet. Es ist davon auszugehen, dass die Anwendung der Strafnorm (wie dies auch bei der Subsumtion des Stalkings unter die Nötigung der Fall ist) die Praxis vor einige Herausforderungen stellen wird.

Dies zeigen auch die Erfahrungen in Deutschland: § 238 D-StGB setzte bei seinem Inkrafttreten im Jahr 2007 als Erfolg eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers voraus. Dies wurde kritisiert, da die Strafbarkeit somit von der Frustrationstoleranz des Opfers abhängig sei. Es dürfe nicht sein, dass das Opfer beispielsweise umziehen müsse, damit sein Stalker strafrechtlich belangt werden könne. Die Hürden der Strafbarkeit wurden als zu hoch angesehen. So wurden denn auch viele Anzeigen eingereicht, doch konnten nur wenige Täterinnen und Täter zur Rechenschaft gezogen werden.53 Der Tatbestand wurde daher per 2017 revidiert. Seither genügt es, dass die Tat geeignet ist, die Lebensgestaltung einer Person schwerwiegend zu beeinträchtigen, selbst wenn das Opfer dem Druck nicht nachgibt.54

52 53 54

BGE 99 IV 212, E. 1b); Delnon/Rüdy, BSK II StGB, Art. 180 N 32 und 45.

Gemäss Fischer, Kommentar D-StGB, § 238 N 1, erfolgt eine Verurteilung in weniger als 5% der angezeigten Fälle. Siehe auch Kinzig, S. 1, 5 und 6 ff. sowie Kuhlen, S. 94.

Auch der Tatbestand des österreichischen Rechts (§ 107a A-StGB) stellt auf die Eignung zur unzumutbaren Beeinträchtigung der Lebensführung ab.

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Trotz der Änderung stand die deutsche Strafverfolgungspraxis bei der Subsumtion noch immer vor Problemen, die sich aufgrund unbestimmter Tatbestandsmerkmale ergaben. Der Tatbestand wurde daher mit einer weiteren Revision ausgeweitet.55 Nach der heutigen Fassung, die am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten ist, genügt statt einer schwerwiegenden eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Lebensgestaltung; zudem ist nicht mehr beharrliches, sondern lediglich wiederholtes Nachstellen verlangt.

Die Lehre spricht sich bezüglich der ausdrücklichen Strafbarerklärung des Stalkings eher für eine Ergänzung bestehender Straftatbestände aus. Dies aber insbesondere mit Blick darauf, dass der Schutz im deutschen (und österreichischen) Recht auf das Vorfeld der Gefährdung verschoben wurde, was gerade bei der Zusammenfassung isoliert betrachtet sozialadäquater Handlungen für das schweizerische Recht zu weit gehen würde.56 Es ist auch zu beachten, dass nach schweizerischem Recht die Strafbarkeit schon greifen würde, wenn die Täterin oder der Täter versucht, das Opfer in der Lebensgestaltung zu beeinträchtigen. Dagegen ist in Deutschland der Versuch bei einem Vergehen nicht strafbar (§ 23 Abs. 1 D-StGB).

3.2.2

Mehrheit von Handlungen, die in ihrer Gesamtheit Strafbarkeit begründen

Die vorgeschlagene Regelung erfasst primär jenes Verhalten, dessen Einzelhandlungen für sich allein genommen als sozialadäquat zu werten sind und nicht unter die geltenden Strafnormen fallen, das in seiner Gesamtheit aber strafwürdig ist.

3.2.3

Abgrenzung und Konkurrenzen

Mit der neuen Strafnorm sollen Verhaltensweisen für strafbar erklärt werden, die bisher unter Artikel 181 (Nötigung) oder 180 StGB (Drohung) subsumiert wurden.

Die Einzelhandlungen können zudem aufgrund anderer Strafnormen strafbar sein (beispielsweise Sachbeschädigung, Art. 144 StGB; Hausfriedensbruch, Art. 186 StGB; Missbrauch einer Fernmeldeanlage, Art. 179septies StGB; Identitätsmissbrauch, Art. 179decies StGB). Es wird damit Abgrenzungsschwierigkeiten und Konkurrenzfragen geben, die im Einzelnen von der Rechtsprechung gelöst werden müssen.

55

56

Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches ­ effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings vom 24. März 2021, S. 1; Pressemitteilung vom 24. März 2021, Bundesregierung beschliesst Gesetzentwurf zur effektiveren Bekämpfung von Stalking, abrufbar unter: www.bmj.de > Presse > Pressemitteilungen > Archiv Pressemitteilungen (Stand: 22. Februar 2024). Die Vorlage enthielt zudem eine Ergänzung, um digitales Stalking im Netz und über Apps zu erfassen, die dem schweizerischen Tatbestand zum Identitätsmissbrauch (Art. 179decies StGB) entspricht.

Schwarzenegger/Gurt, S. 28; zudem würde ein Tatbestand nach deutschem Vorbild (der verschiedene typische Stalkinghandlungen aufführt) zu Überschneidungen mit bestehenden Tatbeständen und Konkurrenzproblemen führen: Schwarzenegger/Gurt, S. 28; Gurt, N 457.

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Gerade das Bedrohen ist ein typisches Element bei Stalking bzw. Nachstellung. Es geht hier aber nicht um dasselbe Verhalten wie im Drohungstatbestand (Art. 180 StGB: schwere Drohung als Einzelhandlung) oder im Nötigungstatbestand (Art. 181 StGB: Androhung ernstlicher Nachteile als Einzelhandlung). Die einzelnen Bedrohungen der Stalking-Strafnorm können leichter sein; das Verhalten muss hier insgesamt (zusammen mit anderen Bedrohungen, Verfolgungen oder Belästigungen) beharrlich sein und eine vergleichbare Intensität erreichen wie eine einzelne schwere Drohung gemäss Artikel 180 StGB.

Stalking bzw. Nachstellung als Mehrheit von isoliert gesehen sozialadäquaten Handlungen soll künftig als lex specialis von Artikel 181b StGB erfasst, und nicht mehr nach Artikel 180 und 181 StGB strafbar sein. Fällt aber eine Einzelhandlung gleichzeitig unter andere Strafnormen (auch etwa Art. 180 oder 181 StGB), dürften diese in der Regel mit der Stalking-Strafnorm in echte Konkurrenz treten. Nach den entsprechenden Regeln verurteilt das Gericht die Täterin oder den Täter diesfalls zur Strafe der schwersten Straftat und erhöht diese (Art. 49 Abs. 1 StGB).

3.2.4

Aufnahme in verschiedenen Deliktskatalogen

3.2.4.1

Sistierung und Einstellung des Verfahrens

Artikel 55a StGB und Artikel 46b MStG erlauben es, das Strafverfahren bei gewissen Delikten, die sich gegen den Ehegatten, die eingetragene Partnerin, den eingetragenen Partner, die hetero- oder homosexuelle Lebenspartnerin oder den hetero- oder homosexuellen Lebenspartner richten, auf entsprechendes Gesuch des Opfers zu sistieren, wenn dies geeignet erscheint, die Situation des Opfers zu stabilisieren oder zu verbessern. Nach Ablauf der Sistierungsfrist von sechs Monaten kann das Verfahren eingestellt werden, wenn sich die Situation des Opfers stabilisiert oder verbessert hat.

Eine solche Sistierung und Einstellung sind auch bei der Drohung (Art. 180 Abs. 2 StGB, Art. 149 MStG) und Nötigung (Art. 181 StGB, Art. 150 MStG) vorgesehen.

Stalking soll grundsätzlich auf Antrag verfolgt werden. In Absatz 2 soll aber eine exofficio-Verfolgung vorgesehen werden, wenn die Tat in einer Paarbeziehung begangen wurde: Ist die Täterin oder der Täter der Ehegatte (Bst. a), die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner (Bst. b) oder die hetero- oder homosexuelle Lebenspartnerin bzw. der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner (Bst. c) des Opfers und wurde die Tat während der Beziehung oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung der Ehe, der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft oder der Trennung der Lebenspartnerschaft begangen, müssen die Strafverfolgungsbehörden bei entsprechenden Hinweisen die Strafverfolgung aufnehmen.

Es rechtfertigt sich, in diesem Fall eine Sistierung und Einstellung des Verfahrens nach Artikel 55a StGB und Artikel 46b MStG zuzulassen. In der Vernehmlassung fanden sich auch Stimmen, die eine Einstellung in schweren Stalking-Fällen ausschliessen wollten.57 Allerdings hat die Behörde, wenn ein Gesuch um Sistierung gestellt wird zu prüfen, ob diese im konkreten Fall geeignet scheint, die Situation des 57

Vernehmlassungsbericht, Ziff. 5.1

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Opfers zu verbessern oder zu stabilisieren. Der Entscheid über den Fortgang des Strafverfahrens liegt in der Verantwortung der Behörde.58 Insbesondere wird mit einer Aufnahme in den Deliktskatalog von Artikel 55a StGB und Artikel 46b MStG ermöglicht, auch in Stalkingfällen während der Sistierung ein Lernprogramm gegen Gewalt anzuordnen (Abs. 2 der Bestimmungen).

3.2.4.2

Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs

Bei Einführung einer eigenständigen Strafnorm ist eine Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs nach Artikel 269 der Strafprozessordnung (StPO)59 möglich. Absatz 2 der Bestimmung listet die Taten auf, bei deren Verfolgung eine solche Überwachung angeordnet werden kann. Eine Änderung des Deliktskatalogs ist nicht erforderlich, weil der Katalog auf die Artikel 180­185bis StGB verweist und damit die neue Strafnorm mitumfasst.60 Im Rahmen der Änderung vom 17. Juni 202261 der StPO wurde der Katalog punktuell erweitert. Dabei wurde auch Artikel 70 Absatz 2 des Militärstrafprozesses vom 23. März 197962 (MStP) geändert, um die Parallelität der Kataloge der StPO und des MStP wiederherzustellen.63 So ist eine Überwachung auch bei der Drohung nach Artikel 149 Absatz 1 MStG und bei der Nötigung nach Artikel 150 Absatz 1 MStG möglich. Die neue Strafnorm zum Stalking nach Artikel 150a E-MStG muss aber im Katalog nach Artikel 70 Absatz 2 MStP ergänzt werden.

Mit der Revision des Sexualstrafrechts wurde Artikel 70 Absatz 2 MStP angepasst.64 Die Änderung wird am 1. Juli 2024 in Kraft treten.65 Der vorliegende Entwurf basiert entsprechend auf der Koordinationsbestimmung dieser Vorlage.66

3.2.4.3

Weitere Deliktskataloge

Eine Aufnahme in weitere Deliktskatalogen ist nicht angezeigt. Insbesondere rechtfertigt sich keine Aufnahme im Deliktskatalog der obligatorischen Landesverweisung (Art. 66a Abs. 1 Bst. g StGB; Art. 49a Abs. 1 Bst. e MStG). Indessen wäre eine nicht obligatorische Landesverweisung (Art. 66abis StGB, Art. 49abis MStG) möglich, die bei Vergehen angeordnet werden kann.

58 59 60 61 62 63 64 65 66

BBl 2017 7307, Ziff. 3.3.2 SR 312.0 Vgl. auch Fassung gemäss der Vorlage zur Revision des Sexualstrafrechts, AS 2024 27 S. 9 und 17, die am 01.07.2024 in Kraft tritt (a.a.O., S. 16).

AS 2023 468 SR 322.1 BBl 2019 6697 S. 6779. Zur Änderung von Art. 269 Abs. 2 StPO vgl. BBl 2019 6697 S. 6755­6756.

Schlussabstimmungstext 18.043, BBl 2023 1521 AS 2024 27 S. 18 AS 2024 27 S. 16

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3.3

Abgrenzung zum Mobbing

Beim Mobbing (sei es real oder unter Nutzung von IKT) geht es um vorsätzlich begangenes, einschüchterndes, belästigendes oder blossstellendes Verhalten, das aus wiederholten Einzelakten über einen längeren Zeitraum besteht und dazu führt, dass sich die betroffene Person beleidigt, schikaniert, gequält oder herabgesetzt fühlt.67 Mit der parlamentarischen Initiative 20.445 Suter «Neuer Straftatbestand Cybermobbing», welche von National- und Ständerat angenommen worden ist,68 soll das StGB entsprechend ergänzt werden. Der Bundesrat hatte in seinem Bericht «Ergänzungen betreffend Cybermobbing im Strafgesetzbuch» vom 19. Oktober in Erfüllung des Postulats 21.3969 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates den Handlungsbedarf im Grundsatz verneint, sich für den Fall der Legiferierung aber für eine technologieneutrale Formulierung der Strafnorm ausgesprochen.

Es stellen sich schwer zu lösende Abgrenzungsprobleme zum Stalking. Auch Mobbing kann bei der betroffenen Person Angst auslösen bzw. diese in ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigen. Beim Mobbing geht es der Täterin oder dem Täter aber in der Regel um eine Herabsetzung bzw. Erniedrigung und Ausgrenzung des Opfers.69 Damit unterscheidet es sich in der Motivationslage vom Stalking, bei dem es oftmals um Beziehungssuche und die Herstellung von Nähe zum Opfer geht.70 Beim Stalking aus Rache dürfte die Motivationslage aber jener beim Mobbing deutlich mehr entsprechen: In beiden Fällen ist die Täterin oder der Täter vom Bedürfnis nach Ausübung von Macht über das Opfer getrieben.71

3.4

Lösungsansätze zur Rechtsdurchsetzung bei Cyberstalking

Wie aus der Begründung der Kommissionsinitiative hervorgeht, zielt diese auch darauf ab, Lösungsansätze in Bezug auf die Rechtsdurchsetzung bei Cyberstalking zu finden.

3.4.1

Darstellung der Problematik

Bei der strafrechtlichen Verfolgung von Taten, die über IKT begangen werden, ergeben sich besondere Schwierigkeiten: Oftmals handelt die Täterschaft über Plattfor-

67 68 69 70

71

Postulatsbericht 21.3969, S. 10 und 51 Vom Nationalrat Folge gegeben am 06. Dezember 2022, vom Ständerat Folge gegeben am 21. Dezember 2023.

Postulatsbericht 21.3969, S. 11 Gurt, N 72. Die Autorin hebt auch hervor, dass Stalking fast ausschliesslich von einer Tatperson verübt wird, während der Täterkreis bei Mobbing gewöhnlich aus mehreren Personen besteht, die sich zu einem sog. Mob zusammenschliessen. Dazu auch Postulatsbericht 21.3969, S. 31 f.

Gurt, N 72; Hilt et al., S. 24 und 28; Marcum/Higgins/Ricketts, S. 49

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men, die keinen Sitz in der Schweiz haben und ihre Daten im Ausland speichern.72 Für den Nachweis des Sachverhalts sind die Strafverfolgungsbehörden aber auf diese Daten als Beweismittel angewiesen. Wurde die Tat von einer anonymen Täterschaft begangen, scheitert es schon am ersten und entscheidenden Ermittlungsschritt, der Identifikation der Täterschaft.

Diesfalls ist es den schweizerischen Strafverfolgungsbehörden aufgrund völkerrechtlicher Prinzipien, insbesondere der Souveränität der Staaten, nicht möglich, die Daten direkt herauszuverlangen oder zu beschlagnahmen. Aus dem Territorialitätsprinzip folgt, dass Beweismittel von schweizerischen Behörden grundsätzlich nur erhoben werden dürfen, wenn sie sich im Inland befinden (Art. 1 und 54 StPO i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Bst. b des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 198173 [IRSG] und Art. 3 StGB).

So können beispielsweise im Rahmen einer Hausdurchsuchung Daten herausverlangt (Art. 265, vgl. auch 246 StPO), die IT-Systeme von Privaten durchsucht (Art. 246 StPO) oder Daten bzw. Datenträger beschlagnahmt werden (Art. 263 ff. StPO). Diese Zwangsmassnahmen greifen aber nur gegenüber der Inhaberin bzw. dem Inhaber der Daten, denen die Herrschaftsmöglichkeit über die verlangten Daten zukommt; andernfalls fehlt es an der prozessualen Mitwirkungspflicht. Bei schweizerischen Niederlassungen von Google und Facebook/Meta ist dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht der Fall, da sie die Dienste lediglich vermarkten, nicht aber betreiben.74 Wer über einen Internetzugang im Inland einen Dienst nutzt, der von einem ausländischen Unternehmen angeboten wird, handelt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht «im Ausland»; die Strafverfolgungsbehörden dürfen also in der Schweiz über das Nutzerkonto auf die so verfügbaren Daten zugreifen und sie verwerten ­ vorausgesetzt, dass die Zugangsdaten in einer prozessual zulässigen Form erhoben worden sind.75 Ist eine direkte Erhebung der Daten im Inland nicht möglich, müssen die Strafverfolgungsbehörden über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vorgehen. Diese ist häufig aufwendig und zeitintensiv, was dazu führen kann, dass gesetzliche Fristen ablaufen und die Strafverfolgung allenfalls eingestellt werden muss.76 Oftmals führt sie zudem nicht zum Ziel, etwa wenn es am Erfordernis der beidseitigen
Strafbarkeit mangelt. Hier könnte die Einführung einer eigenständigen Strafnorm zum Stalking Vorteile bieten, indem sich die beidseitige Strafbarkeit für die ausländischen Strafbehörden leichter begründen lässt. Die Rechtsgrundlagen für die Rechtshilfe sind in der Regel völkerrechtlicher (multi- oder bilaterale Staatsverträge) bzw. verwaltungsrechtlicher Natur. Das Verfahren richtet sich nach dem IRSG.

72 73 74 75 76

Die meisten in der Schweiz stark genutzten Plattformen haben ihren Sitz im Ausland: Postulatsbericht 21.3969, S. 35 f.

SR 351.1 BGE 143 IV 21, E. 3.3 und 3.4, und Urteil des Bundesgerichts 1B_142/2016 vom 16. Novembre 2016, E. 3.

BGE 143 IV 270, E. 6 und 7; dies wird allerdings in der Lehre kritisiert: Vgl. Graf, Rz. 21 ff.; allgemein dazu Aepli, S. 130 f.

Z.B. die Frist zur Aufbewahrung und Verwertung von IP-Adressen, welche Randdaten nach Art. 273 Abs. 3 StPO sind; dazu auch BGE 139 IV 98 (vollständiger Sachverhalt im Urteil des Bundesgerichts 1B_481/2012 vom 22. Januar 2013, E. 2 und 3).

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Das Übereinkommen des Europarates über die Cyberkriminalität vom 23. November 200177 (CCC), zu dessen Vertragsstaaten auch die Schweiz gehört, ist das wichtigste internationale Übereinkommen im Bereich der Computer- und Netzwerkkriminalität. Das zweite Zusatzprotokoll zum CCC vom 12. Mai 202278 bezweckt eine verstärkte internationale Kooperation und einen erleichterten und raschen Austausch von elektronischen Informationen und Beweismitteln. Es ist noch nicht in Kraft getreten und wurde von der Schweiz bisher nicht unterzeichnet. Diese Arbeiten zeigen jedoch, dass auf internationaler Ebene erhebliche Anstrengungen im Gange sind, damit die grenzüberschreitende Zusammenarbeit den Herausforderungen der technologischen Entwicklung und des gesellschaftlichen Wandels entspricht und eine effiziente Strafverfolgung im Cyberbereich zulässt.

Auf globaler Ebene laufen seit Mai 2021 ähnliche Bestrebungen im Rahmen der Erarbeitung einer «United Nations Convention against Cybercrime», bei denen sich die Schweiz sowie ein sehr breiter Staatenkreis aktiv beteiligen.79 Auch dieses Abkommen strebt eine verstärkte internationale Kooperation u.a. beim Austausch von elektronischen Informationen und Beweismitteln an. Obschon die Arbeiten aufgrund im Einzelnen stark divergierender Ansichten von wesentlichen Herausforderungen geprägt sind, zeigen diese Anstrengungen gleichzeitig, dass andere Länder die Rechtsdurchsetzung in einem zunehmend internationalen Kontext ebenfalls als Schwierigkeit wahrnehmen. Damit verbunden besteht folglich durchaus eine Tendenz, dass die Strafverfolgungsmöglichkeiten internationaler ausgerichtet werden sollen, um die Rechtsdurchsetzung bei Sachverhalten mit internationalem Bezug zu verbessern.

3.4.2

Cyberstalking im Besonderen

Die Rechtsdurchsetzung ist insbesondere da ein Problem, wo die Täterschaft anonym operiert. Dies ist beim Stalking jedoch nur selten der Fall: In den meisten Fällen ist die stalkende Person dem Opfer bekannt. In 30­50% der Fälle geht Stalking vom ExPartner bzw. der Ex-Partnerin aus; es kann aber auch im beruflichen, familiären oder nachbarlichen Umfeld oder unter flüchtig Bekannten erfolgen.80 Aus diesem Grund ist die Problematik der Rechtsdurchsetzung hier nicht so akzentuiert wie in anderen Gebieten. Auch wenn die Täterin oder der Täter dem Opfer bekannt ist, kann es dennoch Schwierigkeiten bei der Beweissicherung geben. Gerade bei typischen Cyberstalkinghandlungen lassen sich diese bis zu einem gewissen Grad 77 78

79

80

SR 0.311.43 Das zweite Zusatzprotokoll zum CCC betreffend die Verstärkung der Zusammenarbeit und die Weitergabe von elektronischem Beweismaterial vom 12. Mai 2022 wurde bisher von rund 40 Ländern unterzeichnet und durch zwei Staaten ratifiziert; es tritt drei Monate nach Ratifizierung durch mindestens fünf Vertragsparteien in Kraft: www.coe.int > Explore > Vertragsbüro > Gesamtverzeichnis > SEV Nr. 224 (Stand: 22. Februar 2024).

Am 26. Mai 2021 verabschiedete die UN-Generalversammlung die Resolution 75/282 mit dem Titel «Countering the use of information and communications technologies for criminal purposes», die die Grundlage für die laufenden Verhandlungen darstellt. Die relevanten Dokumente finden sich unter: www.unodc.org > cybercrime > Ad hoc committee to elaborate an international convention on countering the use of ICTs for criminal purposes (Stand: 22. Februar 2024).

Postulatsbericht 14.4204, S. 10 f.

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mindern, beispielsweise, indem Screenshots von E-Mails oder anderen Nachrichten gemacht werden. Die Wiederholung einzelner Handlungen lässt sich so i.d.R. sogar besser beweisen als bei gewissen realen Stalkinghandlungen, etwa dem Auflauern.

3.4.3

Lösungsansätze

Mit der Totalrevision des DSG, die am 1. September 2023 in Kraft getreten ist, wird die Problematik etwas entschärft: Private Datenbearbeiter mit Sitz im Ausland sind seither verpflichtet, eine Vertretung in der Schweiz zu bezeichnen, wenn sie Personendaten von Personen in der Schweiz bearbeiten, die Datenbearbeitung im Zusammenhang mit dem Angebot von Dienstleistungen oder der Beobachtung des Verhaltens von Personen in der Schweiz steht, umfangreich ist, regelmässig stattfindet und ein hohes Risiko für die Persönlichkeit mit sich bringt (Art. 14 f. DSG). Davon betroffen sind voraussichtlich insbesondere grosse Internetplattformen und soziale Netzwerke. Die Vertretung dient als Ansprechpartnerin für den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten und die betroffenen Personen in der Schweiz (Art. 14 Abs. 2 DSG). Diese Regelung soll die einfache Kontaktaufnahme mit Betreibern von Internetplattformen ermöglichen, damit betroffene Personen ihre Rechte ­ wie beispielsweise das Entfernen von ehrenrührigen Inhalten ­ besser geltend machen können. Allein damit besteht freilich noch kein Anspruch auf Löschung, der auch international durchgesetzt werden könnte.

Diese neue Regelung überschneidet sich mit den Anliegen der Motion 18.3306 Glättli «Rechtsdurchsetzung im Internet stärken durch ein obligatorisches Zustellungsdomizil für grosse kommerzielle Internetplattformen» vom 15. März 2018 und der Motion 18.3379 der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates «Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf Daten im Ausland» vom 23. März 2018. Beide Motionen wurden vom Bundesrat zur Annahme empfohlen und vom Parlament überwiesen. Der Bundesrat hatte die Motion 18.3306 in dem Sinne entgegengenommen, dass zusammen mit der Motion 18.3379 nach Lösungen gesucht werde, die tatsächlich auch umsetzbar seien und eine Wirkung zeigten.81 Letztere zielt auf eine allgemeine Pflicht von Internetunternehmen, eine Zustellmöglichkeit zu schaffen. Verlangt wird u.a. die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, damit soziale Netzwerke verpflichtet werden können, eine Vertretung oder ein Zustelldomizil in der Schweiz zu bezeichnen, was die Kommunikation mit den Behörden sowie den Konsumentinnen und Konsumenten vereinfachen soll. Weigert sich allerdings ein ausländisches Unternehmen, eine Vertretung in der Schweiz zu
bezeichnen, stösst die Durchsetzung dieser Pflicht auch hier an ihre Grenzen.

Wie aufgezeigt, können nationale Massnahmen zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung nur beschränkt wirksam sein. Die grenzüberschreitende Beweiserhebung ist vorzugsweise durch bi- oder multilaterale Verträge auf internationaler Ebene zu verbessern. Demzufolge ist es wichtig, dass die Schweiz die entsprechenden Bestrebungen mit Blick auf nationale Lösungen mitverfolgt und sich, wie vorangehend erwähnt, weiterhin daran beteiligt.

81

AB 2018 N 1400

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4

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

4.1

Strafgesetzbuch

4.1.1

Artikel 55a Absatz 1 Einleitungssatz

Stalking wird häufig nach der Trennung einer Paarbeziehung begangen. Aus diesem Grund erklärt Artikel 181b Absatz 2 E-StGB eine im Kontext einer aktuellen oder vergangenen Paarbeziehung begangene Nachstellung zum Offizialdelikt (vgl.

Ziff. 4.1.2.7).

Absatz 2 ist entsprechend im Deliktskatalog von Artikel 55a Absatz 1 StGB aufzunehmen (vgl. Ziff. 3.2.4.1). Damit kann ein Verfahren wegen Nachstellung während der Ehe, eingetragenen Partnerschaft oder hetero- bzw. homosexuellen Lebenspartnerschaft ­ oder innerhalb eines Jahres nach Scheidung der Ehe, Auflösung der eingetragenen Partnerschaft oder Trennung der Lebenspartnerschaft ­ auf Gesuch des Opfers sistiert werden, wenn das zu einer Stabilisierung oder Verbesserung der Situation des Opfers führen kann. Während dieser Phase kann die Strafbehörde gemäss Artikel 55a Absatz 2 StGB die beschuldigte Person dazu verpflichten, ein Lernprogramm gegen Gewalt zu besuchen. Nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten kann das Verfahren eingestellt werden, sofern sich die Situation des Opfers stabilisiert oder verbessert hat (Art. 55a Abs. 3 und 4 StGB).

4.1.2

Artikel 181b

4.1.2.1

Systematische Einordnung und Randtitel

Die neue Strafnorm wird unter den Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit eingereiht (Vierter Titel des Zweiten Buches). Denn die Tat richtet sich gegen die innere Freiheit des Opfers, sein Leben entsprechend seinem Willen zu gestalten. Geschützt wird damit ein Mass an innerer Freiheit, das einer Person die freie Entfaltung und die Bewahrung des psychischen Gleichgewichts garantieren soll.82 Dieses wird verletzt, wenn das Sicherheitsgefühl des Opfers erschüttert wird und es in der (auch alltäglichen) Planung und Gestaltung seines Lebens oder bei einzelnen wichtigen Entscheiden nicht mehr frei ist. Aufgrund der Nähe zur Nötigung wird vorgeschlagen, den neuen Tatbestand in Artikel 181b E-StGB aufzunehmen.

In der deutschen Fassung der Strafnorm bietet sich als Randtitel der Begriff «Nachstellung» an. Dieser Begriff entstammt wie «Stalking» der Jagdsprache und kann als deutsche Bezeichnung des Phänomens gelten. «Nachstellung» findet auch in Artikel 34 der Istanbul-Konvention und Artikel 28b f. ZGB Verwendung; überdies trägt auch die deutsche Strafnorm (§ 238 D-StGB) diesen Randtitel.

In der Vernehmlassung wurde verlangt, «Stalking» als Randtitel zu übernehmen, da dieser Begriff in der Alltagssprache gebräuchlich sei und auch in der Rechtsprechung

82

Zu den Tatbeständen der Drohung und Nötigung vgl. Delnon/Rüdy, BSK II StGB, Art. 180 N 5 und 181 N 7.

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und juristischen Fachsprache verwendet werde.83 Anglizismen sollten jedoch nur mit grösster Zurückhaltung in der Gesetzgebung aufgenommen werden. Mit «Nachstellung» gibt es eine geeignete amtssprachliche Bezeichnung ­ die bereits im schweizerischen Recht verwendet wird.84 Zur Bezeichnung desselben Phänomens innerhalb der schweizerischen Rechtsordnung sollten nicht ohne Grund unterschiedliche Begriffe verwendet werden. «Nachstellung» ist als gleichbedeutend wie «Stalking» zu verstehen und bezeichnet einen Komplex mehrerer verfolgender, belästigender oder bedrohender Handlungen, die in ihrer Gesamtheit die Freiheit des Opfers beschränken. «Nachstellung» umfasst dabei sowohl Handlungen in der «realen Welt», als auch unter Benutzung von IKT.85 Die Minderheit I (Arslan, Andrey, Dandrès, Docourt, Funiciello, Jaccoud, Mahaim, Marti Min Li) beantragt, in der deutschen Fassung den Randtitel «Stalking» zu verwenden. Sie teilt die Vorbringen in der Vernehmlassung, dass der Anglizismus «Stalking» in der Alltagssprache gebräuchlich und für den Rechtsadressaten besser verständlich sei als «Nachstellung». Er sei inzwischen auch in der juristischen Fachsprache etabliert. «Stalking» decke die Heterogenität und Komplexität möglicher Handlungen besser ab. Mit diesem Begriff könne auch besser ausgedrückt werden, dass die Strafnorm nicht nur offline-Handlungen, sondern auch Cyberhandlungen umfasse. Von einer Strafnorm mit dem Randtitel «Stalking» sei schliesslich eine höhere symbolische Wirkung zu erwarten.

In der französischen Fassung soll der Randtitel «Harcèlement obsessionnel» lauten.

In der Vernehmlassung wurde dies kontrovers aufgenommen. Einige Teilnehmende sprachen sich für den Randtitel «Harcèlement» aus. Denn «obsessionnel» sei wenig klar: Die Strafnorm selbst enthalte das Element der Beharrlichkeit («obstination»), nicht der Besessenheit («obsession»). Letztere dürfe nicht heimlich zu einem Tatbestandselement werden.86 Die Kommission hat sich allerdings für die Beibehaltung des Randtitels «Harcèlement obsessionnel» ausgesprochen. Sie ist der Ansicht, dass der Begriff «Harcèlement» für sich allein genommen zu weit ist. Zudem darf der Randtitel nur mit Vorsicht zur Auslegung eines Tatbestandes herangezogen werden; bei Diskrepanzen geht der aus dem Text des Tatbestandes gewonnene Sinn vor.87 83

84

85

86 87

Zudem wurde vorgebracht, der Begriff decke die Komplexität und Heterogenität möglicher Taten besser ab, treffe auch Cyberstalking, während «Nachstellung eher mit «offlineStalking» in Verbindung gebracht werde, und führe zu einer höheren symbolischen Wirkung: Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.2.

Zum Ganzen: Empfehlungen für den Umgang mit Anglizismen in deutschsprachigen Texten des Bundes, März 2020, abrufbar unter: www.admin.ch > Der Bundesrat > Schweizerische Bundeskanzlei (BK) > Dokumentation > Sprachen > Hilfsmittel für Textredaktion und Übersetzung > Verfassen von Texten allgemein > Empfehlungen zu Anglizismen März 2020 (Stand: 22.02.2024). Siehe auch Po. 04.3159 Berberat «Anglizismen.

Bundesrat als ?».

Dies entspricht auch dem Begriffsverständnis im ZGB: Gemäss Art. 28b Abs. 1 Ziff. 3 ZGB kann das Zivilgericht bei Nachstellungen der verletzenden Person insbesondere verbieten, auf elektronischem Weg Kontakt mit der klagenden Person aufzunehmen. Und auch § 238 D-StGB versteht unter «Nachstellung» ausdrücklich auch Cyberhandlungen (vgl. etwa Abs. 1 Nr. 2).

Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.2 BGE 119 IV 59, E. 2. B cc; Trechsel/Jean-Richard-dit-Bressel, PK StGB, Art. 1 N 17.

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Die Minderheit II (Mahaim, Andrey, Arslan, Dandrès. Docourt, Funiciello, Jaccoud, Marti Min Li) beantragt, als Randtitel den Begriff «Harcèlement» zu verwenden. Sie macht geltend, dass mit dem Adjektiv «obsessionnel» eine Divergenz zum Tatbestand geschaffen werde, der das Element der Beharrlichkeit enthalte. Die Besessenheit («obsession») sei ein Begriff aus dem pathologischen Bereich. Auch wenn der Randtitel für die Auslegung des Tatbestandes nicht massgebend sei, sollte eine «Besessenheit» nicht in die strafrechtliche Umschreibung Eingang finden. Dies sei auch im Randtitel der deutschen und italienischen Fassung nicht der Fall. Insbesondere aber verwende auch Artikel 34 der Istanbul-Konvention und Artikel 28b f. ZGB lediglich den Begriff «Harcèlement».

Der Randtitel der italienischen Fassung lautet «Atti persecutori». Dieser Begriff entspricht Artikel 34 der Istanbul-Konvention und der Strafnorm des italienischen StGB (Art. 612bis I-StGB). Er unterscheidet sich jedoch von Artikel 28b f. ZGB: Das dort verwendete «Insidie» könnte mit Hinterhalt übersetzt werden und scheint zu vage.

Der Begriff «Atti persecutori» ist jünger und hat sich in der italienischen Rechtssprache zur Umschreibung des strafbaren Stalkings durchgesetzt. Daher soll in der italienischen Fassung eine Divergenz zum ZGB in Kauf genommen werden.

4.1.2.2

Die einzelnen Handlungen

Im Tatbestand des deutschen Rechts (§ 238 D-StGB) wurde die Formulierung «nachstellen» gewählt. Dagegen enthält der Tatbestand des österreichischen Rechts (§ 107a A-StGB) den Begriff «verfolgen». Das Bundesgericht spricht mit Blick auf Stalking allgemein von «belästigendem und bedrohendem Verhalten».88 Auch die Definition nach Artikel 34 der Istanbul-Konvention hebt die Bedrohlichkeit des Verhaltens hervor.

Angesichts der Heterogenität des Stalkings stellt die Umschreibung der Tathandlung eine Herausforderung dar. Die Formulierung muss genügend umfassend sein, gleichzeitig aber das Bestimmtheitsgebot (Art. 1 StGB; nulla poena sine lege certa) wahren.

Dieses verlangt, dass der Rechtsadressat sein Verhalten nach der Gesetzesnorm ausrichten und die Folgen einer Missachtung zu einem gewissen Grad erkennen kann.

Mit der Trias verfolgen, belästigen oder bedrohen werden die typischen Verhaltensweisen des Stalkings erfasst. Dabei spielt es keine Rolle, ob die stalkende Person in der «realen Welt» oder unter Nutzung von IKT handelt:

88

­

«Verfolgen» ist in einem weiten Sinn zu verstehen und soll neben dem Nachgehen oder Nachfahren auch das Auflauern (d.h. das Warten auf das Opfer auf einem Weg, den es häufig geht oder an einem Ort, den es häufig aufsucht, etwa am Wohnort oder Arbeitsplatz), das Beobachten oder Ausspionieren umfassen.

­

Unter «Belästigen» fällt insbesondere die belästigende Kontaktsuche (etwa via Telefonanrufe, Briefe, E-Mails, Nachrichten oder soziale Netzwerke) oder

Vgl. etwa BGE 141 IV 437, E. 3.2.2.

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das Zusenden von Geschenken. Auch dieser Begriff ist weit und muss insbesondere (anders als in Art. 198 StGB) nicht sexuell konnotiert sein.

­

«Bedrohen» erfasst Handlungen, die dem Opfer Angst einjagen bzw. einen Nachteil in Aussicht stellen, wie Einschüchterungen, das Eindringen in den persönlichen Lebensbereich (unter der Schwelle des Hausfriedensbruchs), Angriffe gegen das Eigentum, etwa auch Haustiere (unter der Schwelle der Sachbeschädigung) oder die Isolation des Opfers von seinem Umfeld. Das angedrohte Übel kann sich dabei gegen das Opfer, aber auch gegen Dritte (nahestehende Personen) oder gar den Täter selbst richten, sofern dem Opfer damit Furcht eingeflösst wird.89

Während das Verfolgen auf das Täterverhalten abstellt, scheinen die Begriffe Belästigen und Bedrohen opferorientiert.90 Wie bei den Tathandlungen der «schweren Drohung» und «Androhung ernstlicher Nachteile» in Artikel 180 Absatz 1 und 181 StGB ist hier eine Objektivierung vorzunehmen, wonach das Verhalten auch auf eine besonnene bzw. verständige Person in derselben Lage entsprechend wirken muss.91 In der Vernehmlassung wurde von vielen Teilnehmenden gefordert, die Tathandlung weiter zu formulieren («oder eine andere vergleichbare Handlung vornimmt» bzw.

Ergänzung um «nachstellen»).92 Mit einer solchen Ausweitung würde die Tathandlung allerdings kaum begrenzbar, was gerade für einen Tatbestand, der den Übergang von sozialadäquatem zu strafbarem Verhalten definieren muss, heikel ist. Mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot wird daher von einer solchen Ausweitung abgesehen.

Zudem wurde in der Vernehmlassung darauf hingewiesen, dass bei Stalking oft Dritte (Familienmitglieder, insbesondere gemeinsame Kinder, Freunde oder Arbeitskollegen) einbezogen werden.93 In der Regel handelt die Drittperson vorsatzlos (namentlich da ihr nicht bewusst ist, dass sie einen Tatbeitrag zur Nachstellung leistet) oder schuldlos (beispielsweise ein nicht schuldfähiges Kind). Es geht um mittelbare Täterschaft und das Verhalten der Drittperson wird der Täterin oder dem Täter aufgrund der allgemeinen Regeln angerechnet. Wie in anderen Tatbeständen soll diese allgemeine Regel auch hier nicht ausdrücklich erwähnt werden.

Schliesslich wurde in der Vernehmlassung gefordert, Cyberstalking-Handlungen im Tatbestand ausdrücklich zu erwähnen.94 Die Tatbestände des schweizerischen Strafrechts sind wo immer möglich technologieneutral ausgestaltet. Das heisst, sie sind unabhängig von der konkreten Art der Tatbegehung formuliert und erfassen sowohl Handlungen aus der «realen Welt» als auch unter Nutzung von IKT (vgl. etwa jüngst den Identitätsmissbrauch nach Art. 179decies StGB, in Kraft seit 1. September 2023).

Die ausdrückliche Nennung von Cyberstalking könnte zwar womöglich einem symbolischen Anliegen dienen, ist der bisherigen Gesetzgebung aber fremd, weshalb darauf verzichtet werden soll.

89 90 91 92 93 94

Delnon/Rüdy, BSK II StGB, Art. 180 N 17 und Art. 181 N 33 Gurt, N 479 Delnon/Rüdy, BSK II StGB, Art. 180 N 19 und Art. 181 N 34 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.3 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.3 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.3

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Eine Minderheit (Docourt, Andrey, Dandrès, Funiciello, Jaccoud, Mahaim, Marti Min Li) beantragt für die französische Fassung eine andere Formulierung der Tathandlung. Anstelle von «traque, harcèle ou menace» soll die Formulierung «traque, importune ou menace» lauten. Da «Harcèlement (obsessionnel)» gleichzeitig der Randtitel und damit Oberbegriff für das strafbare Verhalten sei, dem überdies bereits eine Wiederholung innewohne, sei derselbe Begriff zur Umschreibung einer einzelnen Handlung ungeeignet. Wie in der Vernehmlassung angeführt, sei das deutsche Pendant, «belästigen», weiter und könne sich auf weniger gravierende Verhaltensweisen beziehen.95 «Harceler» sei daher durch «importuner» zu ersetzen.

4.1.2.3

Handlungsmehrheit

Stalking bzw. Nachstellung setzt wesensgemäss eine Mehrheit von Handlungen voraus, die gesamthaft die erforderliche Tatschwere erreichen. Zur gesetzlichen Umschreibung dieser Handlungsmehrheit wählt Vanoli den Begriff «andauernd»,96 Schwarzenegger/Gurt dagegen «mehrmalig»,97 Gurt auch «beharrlich»98. Das Bundesgericht setzt für die Erfüllung des Nötigungstatbestandes im Leitentscheid zum Stalking eine Vielzahl von Belästigungen während längerer Zeit voraus.99 Nach Auffassung der Kommission soll dies durch den Begriff «beharrlich» ausgedrückt werden, der auch in der österreichischen Strafnorm Verwendung findet. Derselbe Begriff wurde ursprünglich auch in der deutschen Strafnorm verwendet, mit der Revision von 2021 aber in «wiederholt» abgeändert (vgl. Ziff. 3.2.1.3). «Wiederholt» wird auch in Artikel 34 der Istanbul-Konvention verwendet. In der Vernehmlassung haben sich viele Teilnehmende für diesen Begriff ausgesprochen, da er klarer und niederschwelliger sei. Der Begriff erscheine zudem bereits im StGB.100 So werden Tätlichkeiten von Amtes wegen verfolgt, wenn sie «wiederholt» an Personen unter der Obhut oder Sorge der Täterin oder des Täters bzw. in einer Paarbeziehung begangen werden (Art. 126 Abs. 2 StGB). Botschaft, herrschende Lehre und wohl auch Rechtsprechung verstehen darunter mehrmalige (also nicht bereits zwei) Vorfälle. Die Einzelakte müssen sich «in mehr oder weniger kurzer Zeit folgen».101 Eine längere Zeitspanne wird also nicht vorausgesetzt.

95 96 97 98 99

Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.3 Vanoli, N 361 ff.

Schwarzenegger/Gurt, S. 27; auch Gurt, N 478 (Vorschlag I) Gurt, N 483 (Vorschlag II) BGE 141 IV 437 E. 3.2 in Bestätigung von BGE 129 IV 262, E. 2.4 f. Mit Blick auf die Definition von Stalking genügt gemäss Bundesgericht jedoch, dass das fragliche Verhalten mindestens zweimal vorkommt: BGE 129 IV 216, E. 2.3.

100 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.4. Im StGB findet sich zudem der Begriff «fortgesetzt» (Art. 156 Ziff. 2 StGB, Art. 139 Ziff. 2 Abs. 3 und Art. 140 Ziff. 3 Abs. 2 StGB). Bei der Erpressung genügen nach der Mehrheit der Lehre bereits zwei Fälle: Weissenberger, BSK II StGB, Art. 156 N 40; Dupuis et al., Art. 156 N 32; a.A. Trechsel/Crameri, PK StGB, Art. 156 N 14.

101 Roth/Keshelava, BSK I StGB, Art. 126 StGB N 9; vgl. BBl 1985 II 1009 Ziff. 213.5; Donatsch, 63; Stratenwerth/Bommer, § 3 N 58; wohl auch Urteil des Bundesgerichts 6S.273/2004, E. 2 vom 24.09.2004. Dagegen sollen gemäss Trechsel/Geth, PK StGB, Art. 126 N 8 bereits zwei selbständige Vorfälle genügen.

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Beim Stalking bzw. bei der Nachstellung, wo sich mehrere (auch sozialadäquate) Handlungen zu einer genügenden Intensität verdichten müssen, soll dies nicht genügen. Vorauszusetzen ist eine Mehrzahl von Handlungen während längerer Zeit. Dabei kann nicht abstrakt eine bestimmte Mindestzahl oder eine bestimmte Mindestdauer festgelegt werden. Diese ist auch abhängig von der Art der Handlungen. In der Kombination der Anzahl von Handlungen über einen längeren Zeitraum muss eine «Hartnäckigkeit» in der Missachtung des Opferwillens zum Ausdruck kommen. Diese Wertung muss im konkreten Einzelfall vorgenommen werden. Um dies auszudrücken, scheint der Kommission der Begriff «beharrlich» besser geeignet.

Da es um mehrere Handlungen geht, die isoliert betrachtet oftmals sozialadäquat sind und erst durch ihre Kumulation als strafwürdig erscheinen, bedingt die strafrechtliche Erfassung des Stalkings eine Formulierung als tatbestandliche Handlungseinheit. Dabei setzt das tatbestandsmässige Verhalten begrifflich, faktisch oder typischerweise mehrere Einzelhandlungen voraus,102 deren Begehung eine strafbare Handlung verwirklicht. Damit fiele eine Bestrafung wegen mehrfacher Tatbegehung wie gemäss heutiger Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Nötigung durch Stalking und eine Erhöhung der Strafe nach den Konkurrenzregeln (Art. 49 Abs. 1 StGB) ausser Betracht. Diese Praxis wurde denn auch kritisiert, da das fragliche Verhalten eben erst in Kumulation Strafwürdigkeit begründet und nicht mehrfach begangen wird.103 In der französischen und italienischen Fassung wurde zudem durch eine redaktionelle Anpassung sichergestellt, dass sich die Adverbien «obstinément» bzw. «insistentemente» jeweils auf alle drei Handlungen beziehen.

4.1.2.4

Erfolg

Es wird vorgeschlagen, den Erfolg als Beschränkung in der Lebensgestaltungsfreiheit zu umschreiben. Diese Formulierung lehnt sich an die Strafnormen des deutschen und österreichischen Rechts.104 In der Vernehmlassung war die Formulierung des Erfolgs umstritten. Insbesondere wurde verlangt, der Erfolg sei präziser zu umschreiben.105 Die Problematik liegt darin, dass beim Stalking nicht nur die Vorgehensweisen, sondern auch die Motive höchst unterschiedlich sind. Wie erwähnt (vgl. Ziff. 2.1), lassen sie sich grob in zwei Kategorien einteilen: Beziehungssuche und Rachesuche. Je nach Motiv unterscheidet sich damit auch das Ziel, die Absicht der Tatperson. Artikel 34 der Istanbul-Konvention stellt die Angst in den Vordergrund; dies entspräche dem Erfolg der Drohung (Art.

180 StGB). Allerdings wäre ein solcher Erfolg zumindest beim beziehungssuchenden Stalking in der Regel nicht vom Vorsatz der Täterin oder des Täters getragen. Hier 102

BGE 132 IV 49 E. 3.1.1.3; 131 IV 83 E. 2.4.5; Urteil des Bundesgerichts 6B_646/2018 vom 02.11.2018, E. 4.3.

103 Zum Ganzen Gurt, N 475 und 156.

104 Diese Strafnormen sind allerdings als Gefährdungsdelikte ausgestaltet. Vgl. § 238 D-StGB: «geeignet [...], deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen»; § 107a A-StGB: «geeignet [...], sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen».

105 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.5

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will die Tatperson dem Opfer keine Angst einjagen und nimmt dies evtl. nicht einmal in Kauf (Art. 12 Abs. 2 StGB). Die Tatperson wird aber zumindest als notwendige Nebenfolge ihres eigentlichen Ziels auf die Lebensgestaltung des Opfers Einfluss nehmen wollen, indem dieses beispielsweise Treffen mit einer neuen Bekanntschaft unterlässt oder eine Beziehung mit ihr eingeht. Beim rachesuchenden Stalking steht das In-Angst-Versetzen, die Beeinträchtigung des Sicherheitsgefühls im Vordergrund.

Die Kommission geht davon aus, dass auch dies in einer Beschränkung der Lebensgestaltungsfreiheit münden muss (etwa, wenn sich das Opfer abends nicht mehr aus dem Haus traut). Die vorgeschlagene Formulierung erscheint als «gemeinsamer Nenner» der beiden Kategorien von Stalking.

Artikel 181 StGB enthält als Erfolg, dass das Opfer genötigt wird, «etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden». Dies entspricht eher einem durch eine Einzelhandlung erzielten Erfolg. Beim Stalking aber kumulieren sich mehrere Handlungen und führen insgesamt dazu, dass das Opfer nicht mehr frei ist, sein Leben wie gewünscht zu gestalten, es also in der Freiheit der Lebensgestaltung beschränkt wird.

Dabei ist keine äusserlich wahrnehmbare Veränderung des Verhaltens erforderlich (so muss es genügen, wenn das Opfer beispielsweise bestimmte Orte meidet oder sich abends nicht mehr aus dem Haus traut). Es kann sich dabei durchaus um alltägliche Tätigkeiten oder Planungen handeln (etwa das Gehen eines bestimmten Weges), andererseits aber auch um einzelne wichtige Entscheidungen (etwa die Aufnahme einer Beziehung). Auch psychisches Leiden aufgrund des Stalkings kann als Beschränkung der Lebensgestaltungsfreiheit angesehen werden.106 Zur Beurteilung, ob sich das Opfer in der Lebensgestaltungsfreiheit beschränkt fühlt, ist zwingend auf die Sicht des Opfers abzustellen; es ist aber eine Objektivierung vorzunehmen und vorauszusetzen, dass das Verhalten auch auf eine besonnene bzw. verständige Person in derselben Lage entsprechend wirken würde.

In der Vernehmlassung wurde teilweise gefordert, den Tatbestand (wie im deutschen und österreichischen Recht) als (abstraktes) Gefährdungsdelikt ausgestalten. Damit würde es genügen, dass die Tathandlung «geeignet ist, die Lebensgestaltung zu beeinträchtigen». Diese Forderung ist abzulehnen: Tritt der Erfolg
nicht ein, kann das Verhalten im schweizerischen (anders als im deutschen) Recht als Versuch bestraft werden. Diesfalls gilt grundsätzlich die gleiche Strafdrohung wie beim vollendeten Delikt, das Gericht kann die Strafe aber mildern (Art. 22 StGB). In der Vernehmlassung wurde gerügt, es sei nicht angebracht, das Stalking als versucht oder vollendet anzusehen, je nachdem wie das Opfer reagiere. Dies ist jedoch auch bei anderen Tatbeständen so, namentlich bei der Drohung (Art. 180 StGB) oder der Nötigung (Art. 181 StGB). Da diese der Nachstellung nahen Tatbestände als Erfolgsdelikte ausgestaltet sind, sollte auch die neue Strafnorm ein Erfolgsdelikt sein. Bei einem abstrakten Gefährdungsdelikt wäre der Tatbestand sogar auch dann erfüllt, wenn jemand gestalkt wird, davon aber gar nichts merkt. Das erscheint nicht nachvollziehbar. Aus diesen Gründen bleibt die Kommission bei einem Erfolgsdelikt.

In der Vernehmlassung haben überdies einige Teilnehmende gefordert, die Strafnorm als Tätigkeitsdelikt auszugestalten und es somit genügen zu lassen, dass die Täterin 106

Fischer, Kommentar D-StGB, § 238 N 32

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oder der Täter ein bestimmtes Verhalten an den Tag gelegt hat; darin liege das verpönte Unrecht.107 Auch in diesem Fall könnte der Tatbestand erfüllt sein, obwohl das Opfer nichts von der Nachstellung bemerkt. Nach Auffassung der Kommission muss die Tathandlung einen Erfolg bewirken. Das Opfer muss sich mindestens teilweise nach dem Willen der Täterin oder des Täters verhalten haben. Das entspricht der Auffassung, dass das Verhalten beim Stalking nie Selbstzweck ist,108 sondern zu einer bestimmten Einschränkung der Freiheit führen soll.

In der französischen Fassung wird eine redaktionelle Anpassung vorgenommen und durch den Begriff «ainsi» ausgedrückt, dass der Erfolg durch die Tathandlung bewirkt worden sein muss.

4.1.2.5

Subjektiver Tatbestand

Betreffend den subjektiven Tatbestand gelten die allgemeinen Regeln: Die Täterin oder der Täter muss die Tat mit Wissen und Willen ausführen, wobei Eventualvorsatz genügt (Art. 12 Abs. 1 und 2 StGB). Die Täterin oder der Täter muss auch den Eintritt des Erfolgs wollen ­ und somit zumindest in Kauf nehmen, dass das Verhalten die Lebensgestaltungsfreiheit des Opfers beschränkt.

Indem der Tatbestand mehrmalige, beharrliche Handlungen voraussetzt, schafft er eine tatbestandliche Handlungseinheit (vgl. Ziff. 4.1.2.3). Im Gegensatz zur natürlichen Handlungseinheit (beispielsweise einer Tracht Prügel) ist nicht erforderlich, dass die Handlungen auf einem einheitlichen Willensakt beruhen.109 Die Täterin oder der Täter kann für jeden Einzelakt einen neuen Willensentschluss fassen. Dennoch ist vorauszusetzen, dass die Handlungen von einem Gesamtvorsatz getragen sein müssen, der sich auf den tatbestandsmässigen Erfolg bezieht.110

4.1.2.6

Rechtswidrigkeit

Bei der Nötigung handelt es sich gemäss ständiger Praxis des Bundesgerichts um einen offenen Tatbestand: Die Erfüllung des Tatbestandes indiziert die Rechtswidrigkeit nicht, diese bedarf besonderer Begründung. Denn der Angriff der Täterin oder des Täters muss die rechtlich geschützte Freiheit seines Opfers unzulässig beschränken.111 Auch bei der Nachstellung muss vorausgesetzt werden, dass das Opfer unzulässig in seiner Lebensgestaltungsfreiheit beschränkt wird. Nur Einschränkungen, die über das vom Opfer zu duldende Mass hinausgehen, sollen zur Strafbarkeit führen.112 Es wird 107 108 109 110

Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.5 Schwarzenegger/Gurt, S. 27 f.

Zur Abgrenzung von der natürlichen Handlungseinheit Gurt, N 158 Beim Raub, der ebenfalls als tatbestandliche Handlungseinheit konzipiert ist, muss sich der Vorsatz sowohl auf die Nötigungshandlung, als auch auf die dadurch ermöglichte Wegnahme beziehen: Vgl. Donatsch, S. 173.

111 Delnon/Rüdy, BSK II, Art. 181 N 56; BGE 129 IV 262, E. 2.1, mit weiteren Verweisen.

112 Vgl. Fischer, Kommentar D-StGB, § 238 N 33

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der Rechtsprechung obliegen zu beurteilen, ob die Rechtswidrigkeit auch bei der Nachstellung besonderer Begründung bedarf ­ gerade, da es hier um die Kumulation von oftmals sozialadäquaten Einzelhandlungen geht.

4.1.2.7

Antragsdelikt; Offizialdelikt bei Begehung in Paarbeziehung

In der Vernehmlassungsvorlage war die Strafnorm noch als Offizialdelikt ausgestaltet, was von vielen Teilnehmenden begrüsst wurde.113 Begründet wurde dies damit, dass Stalking in 30­50% der Fälle von der Ex-Partnerin oder dem Ex-Partner ausgeht;114 Delikte im Rahmen häuslicher Gewalt (zu der auch beendete Paarbeziehungen bis zu einem gewissen Zeitpunkt noch zu zählen sind) stellen grundsätzlich Offizialdelikte dar.

Allerdings handelt es sich damit in 50­70% der Fälle nicht um Gewalt in der Paarbeziehung. Vereinzelt wurde in der Vernehmlassung denn auch verlangt, dass die Tat auf Antrag verfolgt werden solle. So seien Wahrnehmung und Wirkung von StalkingHandlungen stark mit der Persönlichkeit des Opfers verbunden.115 Dem ist zuzustimmen: Wie sehr das Verhalten das Opfer eingeschränkt hat, kann letztlich nur dieses selbst beurteilen. Stalking hat zudem die Besonderheit, dass einzelne Handlungen erst mit der Zeit eine genügende Intensität erreichen, um das Opfer in seiner Lebensgestaltungsfreiheit einzuschränken. Ob und wann dies der Fall ist, kann von aussen kaum beurteilt werden.

Es soll daher grundsätzlich dem Opfer überlassen sein, über die Strafverfolgung zu entscheiden. Aussenstehenden soll es nicht möglich sein, unabhängig vom Willen des Opfers ein Strafverfahren in Gang zu setzen. Die Strafnorm wird entsprechend im Grundtatbestand als Antragsdelikt ausgestaltet.

In der Vernehmlassung wurde vorgebracht, dass bei einer Verfolgung des Stalkings auf Antrag der Beginn der Antragsfrist (Art. 31 StGB) nur schwer zu bestimmen sei.116 Es wird die Aufgabe der Rechtsprechung sein, den Beginn festzulegen. Dabei dürften folgende Überlegungen eine Rolle spielen: Bei der Nachstellung gemäss Artikel 181b E-StGB handelt es sich um eine tatbestandliche Handlungseinheit, das heisst, das tatbestandsmässige Verhalten setzt faktisch mehrere Einzelhandlungen voraus. Bei derartigen Delikten beginnt die Verjährungsfrist mit dem Tag, an dem die Täterin oder der Täter die letzte Tätigkeit ausführt.117 Gleiches dürfte in Bezug auf den Beginn der Antragsfrist gelten.118 Es wäre unlogisch, wenn das Opfer nach jeder einzelnen Handlung, die für sich allein betrachtet gar kein Delikt darstellt, innert dreier Monate Strafantrag stellen müsste. Der Antrag kann bereits gestellt werden, bevor die Antragsfrist zu laufen begonnen hat, und das nicht nur dann, wenn die Tä113 114 115 116 117 118

Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.6 Postulatsbericht 14.4204, S. 10 f.; der Bericht datiert von 2017 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.6 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.6 Zurbrügg, BSK I StGB, Art. 98 N 14 ff.

Zur Fristauslösung ist ­ zusätzlich zur Kenntnis der Tat ­ die Kenntnis der Täterin oder des Täters erforderlich; siehe Art. 31 StGB.

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terschaft noch unbekannt ist. Gemäss Riedo wirkt bei einer tatbestandlichen Handlungseinheit ein allfälliger Strafantrag auch in die Zukunft.119 In Absatz 2 soll den Konstellationen Rechnung getragen werden, bei denen die Tat im Rahmen einer Paarbeziehung erfolgt. Stalking kann während einer Paarbeziehung, insbesondere aber in der Trennungsphase vorkommen. Auch Delikte im Rahmen beendeter Paarbeziehungen fallen noch unter den Begriff der häuslichen Gewalt. Grund dafür, dass Delikte häuslicher Gewalt zu Offizialdelikten erklärt wurden, ist, dass das Opfer etwa aus moralischem Skrupel, Resignation, Abhängigkeit oder Angst vor dem Partner keinen Strafantrag stellen bzw. diesen zurückziehen könnte.120 Solche Hinderungsgründe können auch bei Stalking in der Paarbeziehung eine Rolle spielen. Die Täterin oder der Täter wird daher von Amtes wegen verfolgt, wenn er oder sie der Ehegatte (Bst. a), die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner (Bst. b) oder die hetero- oder homosexuelle Lebenspartnerin bzw. der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner (Bst. c) des Opfers ist und die Tat während der Beziehung oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung der Ehe, der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft oder der Trennung der Lebenspartnerschaft begangen wurde. Diesem Konzept folgen auch die Drohung (Art. 180 StGB), die einfache Körperverletzung (Art. 123 StGB) und (bei wiederholter Begehung) die Tätlichkeiten (Art. 126 StGB).

4.1.2.8

Strafdrohung

Als Strafdrohung beantragt die Kommission «Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe». In der Vernehmlassung wurde dies von Vielen befürwortet, vereinzelt wurde aber auch eine höhere Strafdrohung verlangt: Die vorgeschlagene Strafdrohung sei niedriger als nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, nach der Stalking üblicherweise als mehrfache Nötigung bzw. mehrfache Drohung bestraft werde, womit die Höchststrafe 4,5 Jahre betrage.121 Zu beachten ist allerdings, dass es beim Stalking um eine Tat geht: Mehrere Handlungen, die für sich genommen sozialadäquat sind, begründen erst in ihrer Gesamtheit Strafbarkeit (vgl. Ziff. 4.1.2.3). Erfüllt die Täterin oder der Täter durch eine Einzelhandlung gleichzeitig eine andere Strafnorm (gerade auch Drohung oder Nötigung), tritt diese in Konkurrenz zur Stalking-Strafnorm (vgl. Ziff. 3.2.3) und es kommt zu einer Erhöhung der Strafe in Anwendung von Artikel 49 StGB.

Eine höhere Strafdrohung wäre insbesondere mit Blick auf die erst vor Kurzem vom Parlament beschlossene Vorlage zur Harmonisierung der Strafrahmen122 nicht angemessen. Die vorgeschlagene Strafdrohung entspricht jener der Drohung und Nötigung, deren Ergänzung mit der Kommissionsinitiative ursprünglich beabsichtigt war.

Die Strafdrohung ist genügend breit, um einerseits schwerere, andererseits leichtere Stalking-Fälle zu erfassen. In der Vernehmlassung wurde für verschiedene Konstel-

119 120 121 122

Riedo, BSK I StGB, Art. 30 N 102 ff.

BBl 2003 1937, hier 1939 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.7 18.043, Strafrahmenharmonisierung und Anpassung des Nebenstrafrechts an das neue Sanktionenrecht, AS 2023 259.

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lationen eine Qualifikation gefordert;123 nach Auffassung der Kommission kann das Gericht diesen Konstellationen mit der vorgesehenen, breiten Strafdrohung Rechnung tragen.

4.2

Militärstrafgesetz und Militärstrafprozess

Neben einer Änderung des StGB ist auch eine entsprechende Änderung des MStG erforderlich. Denn es ist denkbar, dass Stalking von Personen begangen wird, die nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind ­ beispielsweise, wenn ein Armeeangehöriger während des Militärdienstes einer anderen Person nachstellt, Cyberstalking begeht oder während des Ausgangs seine Partnerin bedrängt.

Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass Stalking wiederholte Handlungen voraussetzt. Es ist daher denkbar, dass gewisse Handlungen durch einen Armeeangehörigen ausserhalb des Militärdienstes, im zivilen Alltag, andere während des Militärdienstes begangen werden.124 Die Regelung solcher Zuständigkeitskonflikte soll dem Einvernehmen der Behörden überlassen sein.

Die Strafnorm zum Stalking soll in Artikel 150a E-MStG aufgenommen werden. Inhaltlich entspricht Artikel 150a E-MStG der Regelung für das StGB. Entsprechend kann auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden (vgl. Ziff. 4.1). So wird vorgeschlagen, das Delikt im Grundtatbestand ebenfalls als Antragsdelikt auszugestalten.

Gemäss Absatz 2 soll das Delikt aber von Amtes wegen verfolgt werden, wenn die Tat in einer Paarbeziehung begangen wurde.

Absatz 2 ist entsprechend im Deliktskatalog der Bestimmung zu ergänzen, die eine Einstellung des Verfahrens erlaubt, wenn die Tat im Rahmen der Ehe, der eingetragenen Partnerschaft oder einer hetero- oder homosexuellen Lebenspartnerschaft begangen wird (Art. 46b Abs. 1 MStG).

Zudem ist eine Ergänzung des Katalogs der Taten erforderlich, zu deren Verfolgung eine Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs angeordnet werden kann. In Artikel 70 Absatz 2 MStP ist auch Artikel 150a E-MStG aufzuführen. Der Entwurf basiert dabei auf der Koordinationsbestimmung der Vorlage zur Revision des Sexualstrafrechts (vgl. Ziff. 3.2.4.2).125

123 124

Vernehmlassungsbericht, Ziff. 4.7 Art. 221 MStG betrifft die Konstellation, dass jemand mehrerer strafbarer Handlungen beschuldigt ist, die teils der militärischen, teils der zivilen Gerichtsbarkeit unterstehen.

Diese Bestimmung ist jedoch nicht auf Stalking anwendbar, da hier eine strafbare Handlung in Frage steht, die wesensgemäss aus mehreren Einzelakten besteht.

125 AS 2024 27 S. 16

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5

Geprüfte und verworfene Varianten

5.1

Ergänzung des Drohungstatbestandes

Die Kommission hat die Möglichkeit verworfen, Stalking in Ergänzung des Drohungstatbestandes (Art. 180 Abs. 1 StGB bzw. Art. 149 Abs. 1 MStG) für strafbar zu erklären.

Für diese Variante könnte sprechen, dass der gesetzliche Tatbestand damit sehr nahe an der international kodifizierten Definition des Stalkings bliebe: Nach Artikel 34 der Istanbul-Konvention (vgl. Ziff. 2.1) muss Stalking aus Bedrohungen bestehen, die dazu führen, dass das Opfer um seine Sicherheit fürchtet. Dies entspricht dem Drohungstatbestand, der voraussetzt, dass das Opfer in Schrecken oder Angst versetzt wurde.126 Als Nachteil dieser Variante ist zu werten, dass der Akzent damit bei der emotionalen Reaktion des Opfers liegen würde.127 Zielt die Täterin oder der Täter auf einen weitergehenden Erfolg, eine Einschränkung der Handlungsfreiheit, läge nicht mehr eine Drohung, sondern eine (versuchte) Nötigung vor. Sodann könnten sich bei dieser Variante Strafbarkeitslücken ergeben: Obwohl das Opfer oftmals Furcht verspürt, richtet sich der Vorsatz der Täterin oder des Täters nicht zwingend darauf.128 Dies gerade bei beziehungssuchendem Stalking: Es kann sein, dass die Täterin oder der Täter das Opfer verängstigen und unter Druck setzten will, um ihr bzw. sein Ziel zu erreichen.

Es kann aber durchaus auch sein, dass keine Furchteinflössung beabsichtigt ist.

5.2

Ergänzung des Nötigungstatbestandes

Ebenso hat die Kommission davon abgesehen, die Strafbarerklärung des Stalkings im Nötigungstatbestand (Art. 181 StGB bzw. Art. 150 Abs. 1 MStG) vorzuschlagen.

Diese Variante bliebe nahe an dem, was den Unrechtsgehalt des Stalkings ausmacht: Das belästigende Verhalten muss zu einer Einschränkung der Handlungsfreiheit geführt haben, indem das Opfer durch das Stalking genötigt wurde, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden.129 Diese Variante hätte überdies den bedeutenden Vorteil, dass sich die unterdessen reiche Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Nötigung durch Stalking übernehmen liesse (Ziff. 2.2.3).

Wie bei einer Ergänzung der Drohung könnten sich aber auch bei einer Ergänzung der Nötigung innertatbestandliche Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Denn diese Tatbestände kennen als klassische Tathandlungen die «schwere Drohung» (Art. 180 Abs. 1 StGB) bzw. die «Androhung ernstlicher Nachteile» (Art. 181 StGB). Auch im Rahmen des Stalkings kann die Täterin oder der Täter das Opfer bedrohen, und es können sich für die Praxis Probleme hinsichtlich der Abgrenzung der verschiedenen Tathandlungen ergeben.

126 127 128 129

Vgl. auch Vanoli, N 318, mit Blick auf die Definition des kalifornischen StGB.

Schwarzenegger/Gurt, S. 28 Gurt, N 473.

BGE 129 IV 216, E. 2.7

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Gemäss dem begleitenden Bericht zur Vernehmlassungsvorlage130 haben die vorgeschlagenen Änderungen keine finanziellen Auswirkungen. In der Vernehmlassung wurde dieser Aussage widersprochen.131 Die Einschätzung im begleitenden Bericht beruhte auf der Annahme, dass mit der neuen Strafnorm im Wesentlichen die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung kodifiziert wird. Mit der neuen Strafnorm werden jedoch Tathandlung und Erfolg neu formuliert.

Unabhängig von der Frage, wie weit sich die neue Regelung von der heutigen Rechtsprechung entfernt, ist aber davon auszugehen, dass die Einführung der neuen Strafnorm (insbesondere zu Beginn) zu einer Zunahme von Strafverfahren führen wird. Sie kann als Einladung verstanden werden, Anzeige zu erheben ­ gerade bei Sachverhalten, deren strafrechtliche Relevanz heute fraglich ist. Dies zeigt auch ein Blick ins Ausland: In Österreich gab es nach Einführung der Strafnorm (2006) im Jahr 2007 noch 2'601 Anzeigen, danach gab es einen deutlichen Rückgang. 2020 waren es 1'717, 2021 1'657 angezeigte Fälle.132 2020 kam es lediglich in 112 Fällen zu einer Verurteilung, 2021 in 123 Fällen.133 Auch in Deutschland ist die Zahl der angezeigten Fälle rückläufig: Nach Einführung der Strafnorm (2007) waren es 2008 29'373, 2010 26'840, 2020 19'666 und 2021 20'464 Fälle. Trotz der sehr hohen Zahl von Anzeigen kommt es aber nur selten zu Verurteilungen, nämlich in weniger als 5 % der Fälle.134 Man geht davon aus, dass dies gerade an den vielen unbestimmten Tatbestandselementen liegt, die die Anwendung der Strafnorm erschweren. Dies war auch ein Grund für die Revision von 2021 (vgl. Ziff. 3.2.1.3). Die Auswirkungen dieser Revision können statistisch noch nicht eingeschätzt werden: Die angezeigten Fälle 2022 nahmen nur leicht zu (21'436), Zahlen zu den Verurteilungen sind noch nicht verfügbar. Es zeichnet sich bisher aber noch keine einschneidende Veränderung ab.135 Die Erfahrungen im Ausland lassen eine ähnliche Entwicklung in der Schweiz erwarten. Es ist also davon auszugehen, dass mit Einführung der Stalking-Strafnorm insbesondere zu Beginn ein grosser Mehraufwand für die kantonalen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte entstehen wird. Dieser ist zurzeit allerdings nicht quantifizierbar.

Sofern man davon ausgehen kann, dass die Verfahren (und Verurteilungen) wegen 130 131 132

Bericht der RK-N vom 27. April 2023, Ziff. 6 Vernehmlassungsbericht, Ziff. 6 Kriminalitätsbericht Statistik und Analyse in den Sicherheitsberichten 2010, 2020 und 2021, abrufbar unter: www.bmi.gv.at > Sicherheitspolitik und Strategie > Sicherheitsbericht > Kriminalitätsbericht Statistik und Analyse (Stand: 22. Februar 2024).

133 Gerichtliche Kriminalstatistik 2019­2020 respektive 2021­2022, abrufbar unter: www.statistik.at > Statistiken > Bevölkerung und Soziales > Kriminalität und Sicherheit > Verurteilungs- und Wiederverurteilungsstatistik > Publikationen (Stand: 22. Februar 2024).

134 Fischer, Kommentar D-StGB, § 238 N 1. Zahlen für Anzeigen und Verurteilungen nach der Revision von 2021 sind noch nicht verfügbar.

135 Pressemitteilung 187/23 des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 27. November 2023 zur Strafverfolgungsstatistik 2022, www.justiz.bayern.de > Presse und Medien > Pressemitteilungen (Stand: 22. Februar 2024): 2022 wurden ähnlich viele Personen wie im Vorjahr wegen Nachstellung für schuldig befunden.

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Stalking eine mögliche Gewalt-Spirale frühzeitig zu durchbrechen vermögen, sind diesem Mehraufwand jedoch Einsparungen bei späteren Verfahren und Folgekosten wegen Gewalt gegenüberzustellen.

7

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die vorgeschlagenen Änderungen sind mit den internationalen Verpflichtungen vereinbar.

Im Zusammenhang mit Stalking sind dabei insbesondere die Vorgaben massgebend, die sich für die Schweiz aufgrund der Istanbul-Konvention ergeben. Diese verpflichtet ihre Vertragsstaaten in Artikel 34, Stalking für strafbar zu erklären. Bereits das geltende schweizerische Strafrecht erfüllt diese Verpflichtung, da die einzelnen Verhaltensweisen bzw. Stalking in seiner Gesamtheit geahndet werden können; über die von der Konvention verlangten Massnahmen hinaus kennt auch das Zivilrecht Massnahmen zum Schutz vor Stalking.136 Die hier vorgeschlagenen Änderungen entsprechen aber der Vorgabe der IstanbulKonvention, eine umfassende Bestrafung des Stalkings sicherzustellen.

8

Rechtliche Grundlagen

8.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 123 Absatz 1 der Bundesverfassung137, der dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Straf- und Strafprozessrechts gibt.

8.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf enthält keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen.

8.3

Erlassform

Beim vorgeschlagenen Entwurf handelt es sich um eine Revision von Bundesgesetzen.

136 137

BBl 2017 185 Ziff. 2.5.6 SR 101

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des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht vom 25. April 2018 (18.043) Bericht des Bundesamtes für Justiz zur Frage der Kodifizierung eines Straftatbestands «Stalking» vom 12. April 2019, abrufbar unter: www.parlament.ch > Geschäft 19.433 > weiterführende Unterlagen (Stand: 22. Februar 2024) (zit. Bericht BJ Stalking) BBl 2019 6697, Botschaft zur Änderung der Strafprozessordnung (Umsetzung der Motion 14.3383, Kommission für Rechtsfragen des Ständerats, Anpassung der Strafprozessordnung) vom 28. August 2019 (19.048)

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