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Bericht der

Kommission des Ständerathes, betreffend die nachträgliche Uebereinkunft zum internationalen Münzvertrag vom 23 Dezember 1865.

(Vom 12. Juni 1874.)

Die Frage der Zweckmäßigkeit einer doppelten Münzwährung, resp. der Wünsch barkeit der Ersetzung derselben durch die reine Goldwährung ist schon seit langer Zeit Gegenstand nicht bloß wissenschaftlicher Erörterungen, sondern auch praktischer staatswirtschaftlicher Untersuchungen von Seiten der Regierungen derjenigen Staaten gewesen, in welchen die doppelte Währung existirt.

Schon bei der ersten internationalen Münzkonferenz wurde von Seiten der schweizerischen Abgeordneten die Annahme der Goldwährung, jedoch ohne Erfolg, befürwortet. Als daher in den letzten Jahren, namentlich seit der Abzahlung der französischen Kriegsschuld an Deutschland und der von dem deutschen Bunde adoptirt Einführung der reinen Goldwährung, das frühere Werthverhältniß zwischen den beiden Edelmetallen dermassen gestört wurde, daß in unserm Verkehr ein rasches Abströmen des Geldes und dessen Ersetzung durch das in seinem Marktwerthe gesunkene Silber erfolgte, glaubte der Bundesrath bei den Vertragsstaaten die Anordnung einer Konferenz verlangen und b e i d e n n dießfälligen Verhandlungen die Annahme der Goldwährung und weitere transitorische Malregeln beantragen zu sollen.

Bei der in Folge dieser Anregung unter Zustimmung sämmtlicher Conventions-Staaten im Januar d. J. einberufenen Conferenz wurde zwar der Antrag der Schweiz. Delegirtcn in dar Hauptsache, d. h. soweit derselbe die Einführung der Goldwährung betraf,

327 abgelehnt. Dagegen wurde eine Vereinigung mehr vorübergehender Natur zu Stande gebracht, welche in dem vorliegenden Vertrage nun der Genehmigung der gesetzgebenden Räthe unterstellt wird.

Der Hauptgrund dieses Uebereinkommens ist eine theilweise Einschränkung der Prägung von silbernen FUnffrankenthalerii in den Vereinsstaaten für das Jahr 1874, in der Absicht, dadurch ein weiteres Abströmen des Goldes zu verhüten. In den Artikeln l und 2 ist die betreffende Gesammtsumme auf 140 Millioneil Franken festgesetzt, inclusive circa 50 Millionen Franken als Betrag der von den Münzstätten bereits am 31. Dezember 1873 ausgegebenen MUnzscheine und Inbegriffen weitere 20 Millionen Franken, welche für das Jahr 1874 in der italienischen Nationalbank als Theil ihres Reservefondes deponirt werden müssen und demnach so lange nicht in Umlauf gesetzt werden. Nach der Ansicht Ihrer Kommission kann diese einmalige Einschränkung der Silberprägung als ein wohlberechtigter Versuch, dem bezeichneten Uebel zu steuern, betrachtet werden und ist nun vorerst die Wirkung dieser Maßregel hinsichtlich ihres Einflusses sowohl auf den Bestand der baaren Zirkulationsmittel im Allgemeinen als im Besondern auch auf das Werthverhältniß der beiden Edelmetalle zu einander abzuwarten.

Abgesehen aber von dieser allgemeinen, allen Vertragsstaaten zu gute kommenden Bedeutung der dießfälligen Vereinbarung hat dieselbe für unser Land weiter keine praktische Folge., indem eine neue Prägung von Schweiz. Fünffrankenstücken in größerem Belange ohnehin nicht stattgefunden hätte. -- Eine weitere nennenswerthe Bestimmung der vorliegenden Uebereinkunft ist in Art. 3 enthalten, wonach im Laufe des Monats Januar 1875 wieder eine Münzkonferenz zwischen den Abgeordneten der Vertragsstaaten in Paris stattfinden soll. Diese Verabredung ist zum Theil wenigstens eine Folge der ursprünglichen Münzkonvention vom 23. Dezember 1865 und zudem betrachten wir sie auch an sich als gerechtfertigt unter den obwaltenden Verhältnissen der Münzzirkulation der Vertragsstaaten.

Wenn hienach Ihre Kommission bei Prüfung der vorliegenden Uebereinkunft nichts findet, was der Genehmigung derselben irgendwie im Wege stehen könnte, so glauben wir dagegen nicht verschweigen zu dürfen, daß die bundesräthlichen Mittheilungen hinsichtlich der s. Z. getroffenen Einleitungen zur
letzten Müiizkonferenz und der den schweizerischen Abgeordneten ertheilten Instruktionen in unserm Schooße die gleichen konstitutionellen Bedenken wachgerufen haben, welche in dieser Sache schon von Seite der ständeräthHohen Kommission über die Geschäftsführung des Bundesrathes geäußert worden sind. Wir können uns den in dem dießfälligen Berichte (Seite 25) niedergelegten Bemerkungen um so mehr an-

328 schließen, als wir auch in sachlicher Beziehung des Zweifels in die Opportunità^ aller von schweizerischer Seite den mitkontrahirenden Staaten zur gegebenen Zeit vorgeschlagenen Maßregeln der Abwehr gegen die eingetretene Münzkrisis uns nicht zu entschlagen vermögen. Es ist hier nicht der Ort, näher auf die Materie einzutreten, und wir glauben uns daher nur auf die flüchtige Darlegung einiger weniger Momente und auch nur in soweit einlassen zu sollen, als es nothwendig sein wird, um unsere oben angedeuteten sachlichen Bedenken zu rechtfertigen. Ganz abgesehen von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Doktrin derjenigen Schule der Nationalökonomen, welche der doppelten Währung vor der reinen Goldwährung den Vorzug geben, indem sie in ihr eine sicherere Gewähr für die leichtere Beschaffung der metallischen Mittel für die Baarzirkulation und damit zugleich eine größere Garantie gegen extreme Schwankungen des Zinsfußes zu Zeiten von Handelskrisen finden, ja selbst bei Anerkennung der Vorzüglichkeit der reinen Goldwährung darf doch nie außer Acht gelassen werden, daß die Ersetzung der Doppelwährung durch die Goldwährung immer mit Opfern verbunden ist und daß letztere um so größer sind, je tiefer während dieser Operation der Preis des Silbers fällt. Eine Aenderung der Goldwährung der Vertragsstaaten zur Zeit der Einberufung der Conferenz, da der Preis des Silbers ein äußerst niedriger war, hätte daher mit ausnahmsweise großen Opfern begleitet sein müssen und wäre wol nur zu rechtfertigen gewesen, wenn sich eine weitere und dauernde Entvverthung des Silbers mit unbestreitbarer Sicherheit hätte voraussehen lassen. Die Controverse, wie sie auch bei den Verhandlungen der letzten Pariser Conferenz sich geltend gemacht, kann sich daher einzig um die Frage drehen: Ist die seit circa zwei Jahren zu Tage getretene Entvverthung des Silbers eine nur vorübergehende, oder ist sie dauernd und stetig?

So sehr nun auch die Beantwortung solcher Fragen bei den Mitteln, welche der heutige Stand der Gesellschaftswissenschaften an die Hand gibt, immer eine schwankende und unsichere sein wird, -- so neigt sich Ihre Kommission doch mehr- der auch von der größern Zahl der Delegirten der letzten Münzkonferenz ausgesprochenen Ansicht zu, daß die fragliche Krisis mehr vorübergehender Natur sei.

Schon der akute Charakter
ihres Auftretens läßt darauf schließen, daß sie ihr Entstehen mehr einer zufälligen Komplikation, theils momentaner, theils noch auf unbestimmte Zeit fortwirkender Ursachen verdanke, so u. A. dem großen Exporte von Gold nach Nordamerika in Folge der letzten dortigen Bankkrisis, der Handelslage in Indien und der dadurch bedingten schwachen Abfuhr von Silber nach Ostasien, ferner dem Zwangskurse in Frankreich und Italien und dann hauptsächlich der Démonétisation des Silbers in

329 Deutschland, Holland und in den skandinavischen Staaten in Folge der Einführung der Goldwährung, bei gleichzeitiger größerer Anhäufung derselben im ersteren Lande in Folge der Zahlung der französischen Kriegsschuld. -- Schon zu wiederholten Malen haben während der letzten Dezennien aus verwandten Ursachen ähnliche Schwankungen im Werthverhältnisse der beiden Edelmetalle stattgefunden, wobei das eine Mal das Silber, das andere Mal das Gold durch die Entwerthung betroffen worden. Aber immer ist mit dem Schwinden der Ursachen wieder eine Ausgleichung erfolgt, und es ist daher mehr als wahrscheinlich, daß die letzte Krisis, die übrigens schon während der Verhandlungen der letzten Pariser Konferenz Vieles von ihrem akuten Charakter verloren, in ähnlicher Weise von einer Reaktion gefolgt sein werde. Bei der weit mehr noch, als es bei der Goldausbeute der Fall ist, innerhalb bestimmter Grenzen gehaltenen Gewinnung des Silbers, bei dem ausgedehnten Gebiete der Zirkulation dieses Metalles als Mittelwaare, bei dem mit dem fortwährend wachsenden Verkehr der Menschen, der Güter und Produkte täglich zunehmenden Bedarf dieses Zirkulationsmittels sogar auch in den Ländern der Goldwährung (in der Ausprägung als Kleingeld) und bei dem durch weiter nichts als durch das Kaufsvermögen und die Grenzen des Angebotes beschränkten Verbrauche des Silbers zu den verschiedensten Zwecken aller Art, muß aber vollends eine dauernde Entwerthung dieses Metalles in dem Maße, wie es befürchtet worden zu sein scheint, fast undenkbar erscheinen.

Wenn aber diese Anschauungen und Auseinandersetzungen nicht ganz unbegründet sind, so muß es, nach der Ansicht der Kommission, für ein Land, das von der Doppelwährung zur reinen Goldwährung überzugehen beabsichtigt, als geboten erscheinen, hiefür nicht einen Zeitpunkt zu wählen, wo durch einen zufälligen hohen Marktwerth des Goldes die Operation mit außergewöhnlichen Opfern verbunden sein müßte.

Wir schließen diese Bemerkungen mit dem Antrage*), der vorliegenden Uebereinkunft gemäß dem Vorschlage des Bundesrathes Ihre Genehmigung zu ertheilen.

B e r n , den 12. Juni 1874.

Namens der ständeräthlichen Kommission, Der B e r i c h t e r s t a t t e r : H. Boiler.

*)

Angenommen am 13. Juni.

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Bericht des

Schweiz. Konsuls in Christiania (Hrn. Th. J. Hefti von Hätzingen, Glarus) über das Jahr 1873.

(Vom 2. Mai 1874, eingegangen am 9. Mai 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Das abgelaufene Jahr 1873 darf in vielen Beziehungen für dieses Land als ein überaus günstiges betrachtet werden.

Die G e t r e i d e - E r n t e kann man durchschnittlich als eine sehr gute betrachten, während sie sich im nördlichen Norwegen zu einer ausnahmsweise ergiebigen gestaltete. Auch war bei der großen Ausdehnung unseres Reichs, und der durch die geographische Lage der Landestheile bedingten Verschiedenheit des Klimas, ein Unterschied vorherzusehen; daß derselbe sich zu Gunsten des Nordens zeigte, ist diesem um so mehr zu gönnen, als die südlichen, für Ackerbau besser situirten Provinzen sich seit einer Reihe von Jahren ganz guter Ernten zu erfreuen gehabt. Freilich ging die wichtige Kartoffelernte in großer Ausdehnung verloren.

Wenn der landwirtschaftliche Ertrag im westlichen Theil relativ am ungünstigsten ausfiel, so hat dies einen großen Belang nicht, weil die Bevölkerung daselbst von jeher hauptsächlich auf Fischerei angewiesen ist.

Die Preise der erzielten Produkte waren durchgängig hoch, und es macht sich auf dem Gebiete des Ackerbaus ein Empor-

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