05.061 Botschaft betreffend das Protokoll vom 28. November 2003 über explosive Kriegsmunitionsrückstände (Protokoll V) zum Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können vom 17. August 2005

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft ­ mit dem Antrag auf Zustimmung ­ den Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend das Protokoll vom 28. November 2003 über explosive Kriegsmunitionsrückstände zum Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können (Protokoll V).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. August 2005

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Samuel Schmid Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2005-0135

5579

Übersicht Mit dieser Botschaft unterbreitet der Bundesrat den eidgenössischen Räten das Protokoll vom 28. November 2003 über explosive Kriegsmunitionsrückstände zum Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können (nachfolgend Waffenübereinkommen), zur Genehmigung. Das Waffenübereinkommen besteht aus einem Rahmenübereinkommen und 4 Protokollen, die den Gebrauch spezifischer konventioneller Waffen einschränken oder verbieten (Protokoll I über nichtentdeckbare Splitter; Protokoll II und revidiertes Protokoll II über Minen, Sprengfallen und andere Vorrichtungen; Protokoll III über Brandwaffen; Protokoll IV über Blendlaserwaffen).

Das am Treffen der Vertragsstaaten des Waffenübereinkommens vom 28. November 2003 verabschiedete Protokoll über explosive Kriegsmunitionsrückstände (nachfolgend Protokoll V) trägt der Erkenntnis Rechnung, dass explosive Kriegsmunitionsrückstände nach Beendigung der bewaffneten Konflikte schwerwiegende humanitäre Probleme verursachen. Dieses neue Protokoll bezweckt, vor allem durch postkonfliktuelle Abhilfemassnahmen, die Gefahren und Wirkungen explosiver Kriegsmunitionsrückstände für die Zivilbevölkerung auf ein Mindestmass zu beschränken. Es enthält eine Räumungspflicht für Staaten, auf deren Hoheitsgebiet sich explosive Kriegsmunitionsrückstände befinden, sowie eine Pflicht des Verwenders dieser explosiven Munition zur technischen, finanziellen oder personellen Hilfe bei der Räumung. Es sieht ferner namentlich eine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht für Informationen über die verwendete explosive Munition, einen Informationsaustausch zur Erleichterung der Räumung, Massnahmen zur Warnung und Aufklärung der Zivilbevölkerung über das Gefahrenpotenzial explosiver Kriegsmunitionsrückstände sowie internationale Hilfe und Zusammenarbeit vor. Ein Technischer Anhang präzisiert mit rechtlich nicht verbindlichen Empfehlungen diese Pflichten und beinhaltet ferner allgemeine Richtlinien im Bereich der Herstellung, der Handhabung und der Lagerung von explosiver Munition.

Das Protokoll V ist mit der schweizerischen Rechtsordnung vereinbar. Die Annahme des Protokolls wird keine voraussehbaren finanziellen Folgen für Bund und Kantone haben.
Die Schweiz hat sich im Rahmen des Waffenübereinkommens stets für humanitäre Anliegen eingesetzt und hat die Ausarbeitung des Protokolls V unterstützt. Für die Ratifikation des Protokolls V sprechen sowohl humanitäre Erwägungen, die ­ in Übereinstimmung mit der humanitären Tradition der Schweiz ­ darauf abzielen, die nachteiligen Folgen bewaffneter Konflikte auch nach deren Beendigung für die Zivilbevölkerung möglichst gering zu halten, als auch das bisherige Fehlen entsprechender Regelungen im humanitären Völkerrecht. Die schweizerische Politik im Bereich der humanitären Minenräumung umfasst bereits heute explosive Kriegsmunitionsrückstände. Dies gilt sowohl für die finanzielle Unterstützung von Räumungseinsätzen als auch für die Ausbildung von Munitions- und Minenräumern. Es gilt ferner für die gleichberechtigte Berücksichtigung von Opfern von Landminen und

5580

explosiven Kriegsmunitionsrückständen bei der Betreuung und Rehabilitierung. Das Protokoll V stellt aus schweizerischer Sicht eine willkommene Ergänzung des humanitären Völkerrechts dar.

5581

Inhaltsverzeichnis Übersicht

5580

1 Ausgangslage 1.1 Das Übereinkommen über konventionelle Waffen 1.2 Bestimmungen des Waffenübereinkommens über die Vereinbarung zusätzlicher Protokolle

5583 5583

2 Entstehungsgeschichte des Protokolls V 2.1 Vorbereitungsarbeiten und Vertragsstaatenkonferenz vom 27./28. November 2003 2.2 Haltung der Schweiz

5584

5584

5584 5586

3 Das Protokoll V über explosive Kriegsmunitionsrückstände 5587 3.1 Allgemeines 5587 3.2 Inhalt des Protokolls V 5588 3.2.1 Allgemeine Bestimmungen und Anwendungsbereich (Art. 1) 5588 3.2.2 Begriffsbestimmungen (Art. 2) 5589 3.2.3 Räumungsverpflichtung und Weitergabe von Information (Art. 3 und 4) 5590 3.2.4 Schutz der Zivilbevölkerung und der humanitären Missionen und Organisationen (Art. 5 und 6) 5591 3.2.5 Bestehende explosive Kriegsmunitionsrückstände (Art. 7) 5592 3.2.6 Internationale Zusammenarbeit (Art. 8) 5592 3.2.7 Allgemeine vorbeugende Massnahmen (Art. 9) 5593 3.2.8 Konsultationen der Hohen Vertragsparteien und Vertragseinhaltung (Art. 10 und 11) 5594 3.3 Inkrafttreten von Protokoll V über explosive Kriegsmunitionsrückstände 5594 3.4 Evaluation 5595 4 Vereinbarkeit mit der schweizerischen Rechtsordnung

5595

5 Finanzielle Auswirkungen

5596

6 Legislaturplanung

5596

7 Verfassungsmässigkeit

5596

Bundesbeschluss betreffend das Protokoll vom 28. November 2003 über explosive Kriegsmunitionsrückstände (Protokoll V) zum Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können (Entwurf) 5599 Protokoll vom 28. November 2003 über explosive Kriegsmunitionsrückstände (Protokoll V) zum Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können

5582

5601

Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Das Übereinkommen über konventionelle Waffen

Das Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können1 (nachfolgend Waffenübereinkommen), wurde am 10. Oktober 1980 im Rahmen der Vereinten Nationen in Genf abgeschlossen. Die Staaten handelten damals in der Einsicht, dass das Recht, dem Gegner zu schaden, nicht unbegrenzt ist und die Zivilbevölkerung unter allen Umständen geschont werden muss. Es besteht aus einem Rahmenübereinkommen und Protokollen, wobei nicht jede Vertragspartei an jedes Protokoll oder an die letzte Fassung des jeweiligen Protokolls gebunden sein muss. Die Protokolle regeln den Gebrauch bestimmter konventioneller Waffen: ­

Protokoll I2 verbietet den Einsatz von Waffen, die als Hauptwirkung Splitter erzeugen, die mit Röntgenstrahlen im menschlichen Körper nicht entdeckbar sind.

­

Protokoll II3 regelt den Gebrauch von Minen und verbietet das Anbringen von Sprengfallen an harmlos scheinenden Gegenständen. Dieses Protokoll wurde an der ersten Überprüfungskonferenz in Genf 1996 revidiert4 (nachfolgend revidiertes Protokoll II).

­

Protokoll III5 beschränkt den Einsatz von Brandwaffen, wie zum Beispiel Napalm, gegen militärische Ziele und verbietet ihn, wenn die Gefahr besteht, dass die Zivilbevölkerung ebenfalls getroffen wird.

­

Protokoll IV6 verbietet den Einsatz von Blendlaserwaffen, wenn sie eigens dazu dienen sollen, dauernde Erblindung herbeizuführen.

Das Rahmenübereinkommen bildet die rechtliche Basis für die angeführten Protokolle und enthält auf letztere anwendbare allgemeine Bestimmungen. Es ist zudem ein dynamisches Instrument, da es eine rechtliche Grundlage für die Vertragsstaaten vorsieht, um zukünftige Verbote oder Beschränkungen weiterer konventioneller Waffensysteme anzustreben bzw. bestehende Verbote oder Beschränkungen auszuweiten.

Die Schweiz hat das Rahmenübereinkommen und die ersten drei Protokolle am 20. August 1982, das revidierte Protokoll II und das Protokoll IV am 24. März 1998 ratifiziert. Anlässlich der Zweiten Überprüfungskonferenz am 21. Dezember 2001 1 2 3

4 5 6

SR 0.515.091 Protokoll über nichtentdeckbare Splitter (im Anhang zum Übereinkommen über konventionelle Waffen), SR 0.515.091 Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen (im Anhang zum Übereinkommen über konventionelle Waffen), SR 0.515.091 Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen, in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung, SR 0.515.091.2 Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Brandwaffen (im Anhang zum Übereinkommen über konventionelle Waffen), SR 0.515.091 Protokoll über Blendlaserwaffen, SR 0.515.091.1

5583

wurde eine Änderung von Artikel 1 des Rahmenübereinkommens verabschiedet, die eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Rahmenübereinkommens und der zu diesem Zeitpunkt dazugehörigen Protokolle auf nicht internationale bewaffnete Konflikte zum Inhalt hat. Die Schweiz hat diese Änderung am 19. Januar 2004 ratifiziert7.

1.2

Bestimmungen des Waffenübereinkommens über die Vereinbarung zusätzlicher Protokolle

Artikel 8 Absatz 2 des Waffenübereinkommens enthält Bestimmungen über die Vereinbarung zusätzlicher Protokolle über andere Kategorien konventioneller Waffen, die durch die bestehenden dazugehörigen Protokolle nicht erfasst sind. Diese Vorschrift sieht ein Verfahren vor, das von den einzelnen Vertragsstaaten in Gang gesetzt werden kann und die Zustimmung einer Mehrheit voraussetzt, die mindestens 18 Vertragsstaaten umfassen muss. Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a legt ferner fest, dass bei Vorliegen dieser Voraussetzung der Depositar umgehend eine Konferenz einberuft, zu der alle Staaten eingeladen werden8.

Nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b kann eine solche Konferenz unter voller Beteiligung aller vertretenen Staaten zusätzliche Protokolle vereinbaren, die in derselben Weise wie das Waffenübereinkommen angenommen, ihm als Anhang beigefügt werden und nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 in Kraft treten.

2

Entstehungsgeschichte des Protokolls V

2.1

Vorbereitungsarbeiten und Vertragsstaatenkonferenz vom 27./28. November 2003

Im Jahr 2000 regte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) im Rahmen des Waffenübereinkommens einen Verhandlungsprozess mit dem Ziel einer rechtlich verbindlichen Regelung betreffend explosive Kriegsmunitionsrückstände an. Es wies darauf hin, dass abgefeuerte, aber entgegen ihrer Bestimmung nicht explodierte Munition eine erhebliche und oft heimtückische unmittelbare Bedrohung darstellt; solche Munition kann die Zivilbevölkerung noch lange nach Beendigung eines bewaffneten Konflikts gefährden, verletzen oder töten. Explosive Kriegsmunitionsrückstände hemmen die Wiederaufbauanstrengungen beträchtlich und erschweren darüber hinaus den Transport von Hilfssendungen sowie die Nutzung oder Urbarmachung land- und forstwirtschaftlicher Flächen. Sie verhindern an vielen ehemaligen Konfliktschauplätzen die Rückkehr der Zivilbevölkerung in ihre angestammten Wohngebiete9. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der andauernden Gefährdungen der Zivilbevölkerung durch die Anwendung von Streumunition während des Kosovo-Konflikts 1999 wurden vermehrt politische Forderungen nach 7 8 9

SR 0.515.091.3 Siehe hierzu Ziff. 3.3.

Vgl. UNO-Dok. CCW/CONF.II/PC.1/WP.1; UNO-Dok. CCW/GGE/I/WP.5; John Borrie: Explosive Remnants of War. A Global Survey. London: Landmine Action, 2003, ISBN 0-9536717-5-5; S. 10­12.

5584

einer internationalen Regelung erhoben. Diese erhielten Unterstützung durch die zusätzlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen von Blindgängern im Zusammenhang mit den Konflikten in Afghanistan in den Jahren 2001 und 2002 sowie im Irak im Jahre 2003.

Die Zweite Konferenz zur Überprüfung des Waffenübereinkommens beschloss am 21. Dezember 2001 die Einsetzung einer Gruppe von Regierungsexperten und beauftragte diese, die Problematik explosiver Kriegsmunitionsrückstände aus völkerrechtlicher, militärischer und technischer Sicht zu erörtern. Nach einjähriger Vorbereitungsarbeit in der Gruppe der Regierungsexperten beschloss die Konferenz der Vertragsstaaten zum Waffenübereinkommen am 13. Dezember 2002, Verhandlungen über ein neues internationales Instrument über explosive Kriegsmunitionsrückstände aufzunehmen10. Nach Massgabe des Mandats11 sollten die Verhandlungen Massnahmen festlegen, die nach Beendigung eines Konflikts dazu beitragen, dass humanitäre Gefährdungen durch explosive Kriegsmunitionsrückstände auf ein Mindestmass reduziert werden.

Im Verlaufe dreier Sitzungen der Gruppe der Regierungsexperten im Jahre 2003 wurde der Protokollentwurf erarbeitet. An der Vertragsstaatenkonferenz des Waffenübereinkommens am 27./28. November 2003 in Genf gelang es vor diesem Hintergrund, mit dem neuen Protokoll V über explosive Kriegsmunitionsrückstände diesen Problembereich völkerrechtlich zu regeln. Die Vertragsstaatenkonferenz beauftragte die Gruppe der Regierungsexperten ferner, im Jahre 2004 die Erörterun-

10

11

Abs. 21 des Berichts (CCW/MSP/2002/2) der Vertragsstaatenkonferenz zum Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, in Genf vom 13. Dez. 2002.

Der massgebliche Teil des Mandats lautete (Abs. 21 des Berichts [UNO-Dok.

CCW/MSP/2002/2]): «The Meeting of the States Parties decided that the Working Group on Explosive Remnants of War would continue its work in the year 2003 with the following mandate: (a) (i) To negotiate an instrument on post-conflict remedial measures of a generic nature which would reduce the risks of explosive remnants of war (ERW). These measures would be based on a broad definition covering most types of explosive munitions, with the exception of mines. Abandoned munitions would have to be included. In these negotiations, questions need to be considered regarding, inter alia, responsibility for clearance, existing ERW, the provision of information to facilitate clearance and risk education, warnings to civilian populations, assistance and co-operation, and a framework for regular consultations of High Contracting Parties. These negotiations would have to establish the scope of this instrument consistent with Article 1 of the Convention as amended at its Second Review Conference.

(ii) To explore and determine whether these negotiations could successfully address preventive generic measures for improving the reliability of munitions that fall within the agreed broad definition, through voluntary best practices concerning the management of manufacturing, quality control, handling and storage of munitions. Exchange of information, assistance and co-operation would be important elements of such best practices.»

5585

gen über vorbeugende Massnahmen fortzusetzen. Dieses Mandat wurde im November 2004 um ein weiteres Jahr verlängert.12

2.2

Haltung der Schweiz

Die Schweiz hat sich im Rahmen des Waffenübereinkommens stets für humanitäre Anliegen und die Stärkung und Förderung des humanitären Völkerrechts eingesetzt, mit dem Ziel, die Auswirkungen des Krieges vor allem auf die Zivilbevölkerung zu mildern und auch die Kombattanten vor Waffen und Methoden der Kriegführung zu bewahren, die über den legitimen Zweck bewaffneter Konflikte ­ das Aussergefechtsetzen des Gegners ­ hinausgehen. Dabei hat sie auch den Interessen der Landesverteidigung und den zwingenden Erfordernissen der militärischen Notwendigkeit Rechnung getragen.

Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beeinträchtigungen durch explosive Kriegsmunitionsrückstände rechtfertigen aus schweizerischer Sicht eine internationale Regelung. Nach Schätzung sachverständiger Organisationen sind mehr als 80 Länder von explosiven Kriegsmunitionsrückständen betroffen13. Im Jahre 2002 wurden in über 40 Ländern Schadenfälle infolge nicht zur Wirkung gelangter oder aufgegebener explosiver Munition erfasst. In einer Reihe von Staaten, z.B. in Laos, Kambodscha und Vietnam, stellen explosive Kriegsmunitionsrückstände ein grösseres Problem als Landminen dar. Der Bedarf an internationaler Unterstützung bei der Räumung solcher Rückstände und bei der Betreuung und Rehabilitierung ihrer Opfer ist erheblich.

Die Schweizer Delegation hatte sich deshalb in den Verhandlungen über das Protokoll V für ein substanzielles, effizientes und rechtsverbindliches Protokoll eingesetzt, das die negativen Auswirkungen explosiver Kriegsmunitionsrückstände, einschliesslich Streumunition, auf die Zivilbevölkerung und den Wiederaufbau des Landes vermindert14. Die Schweiz vertrat die Ansicht, dass postkonfliktuelle Mass12

13 14

Die Vertragsstaaten beschlossen folgendes Mandat für die Arbeitsgruppe explosive Kriegsmunitionsrückstände: für das Jahr 2005: «To continue to consider, including through participation of legal experts, the implementation of existing principles of International Humanitarian Law and to further study, on an open-ended basis, with particular emphasis of meetings on military and technical experts, possible preventive measures aimed at improving the design of specific types of munitions, becoming explosive remnants of war. Exchange of information, assistance and co-operation would be part of this work. The Group will report on the work done to the next Meeting of the States Parties.» John Borrie: Explosive Remnants of War (s. Fn. 9), S. 10­12.

Für die Schweiz war wichtig, dass die für die Zivilbevölkerung ein grosses Gefährdungspotenzial aufweisende Streumunition (auch «Clustermunition» genannt) unter den Begriff «explosive Munition» fällt. Streumunition besteht aus mit zahlreichen hochexplosiven Sprengkörpern (Bomblets, Submunition) bestückten Behältern, die sowohl mit Artillerie als auch mit Hilfe von Flugzeugen (Streubomben, Cluster Bombs) ins Zielgebiet befördert werden können. In einer gewissen Höhe über dem Zielgebiet werden die Bomblets vom Behälter «ausgestossen» und kommen ­ je nach Typ bzw. Einstellung des Zünders ­ auf Annäherung, beim Aufprall auf das Ziel oder nach kurzer Verzögerung hin zur Explosion. Die Streumunition wird wegen ihres Streuungseffektes der Sprengkörper gegen Flächenziele eingesetzt. Analysen jüngster Konflikte zeigen auf, dass die Blindgängerrate (Bomblets, die beim Aufprall nicht explodieren) von älterer Streumunition sehr hoch ist. Wenn diese Sprengkörper beim Aufprall auf den Boden nicht gleich explodieren, haben sie eine ähnliche Wirkung auf die Zivilbevölkerung wie Antipersonenminen.

5586

nahmen, wie eine unmittelbar nach Beendigung der aktiven Feindseligkeiten greifende Räumungspflicht, die von den Kriegsmunitionsrückständen ausgehende Gefahr für die Zivilbevölkerung zu vermindern vermögen. Sie wies aber immer wieder darauf hin, dass präventive technische Massnahmen zur Erhöhung der Qualität und Zuverlässigkeit der Waffensysteme und der explosiven Munition, insbesondere Streumunition, neben der Räumungspflicht ein weiterer wesentlicher Bestandteil einer umfassenden Regelung von explosiver Munition wären, die eine nachhaltige Verbesserung der Schutzwirkung für die Zivilbevölkerung beinhalten würden15. Im Protokoll V werden allgemeine präventive Massnahmen lediglich im rechtlich nicht verbindlichen Technischen Anhang aufgeführt. An den CCWVertragsstaatentreffen von 2003 und 2004 wurde beschlossen, die Präventionsanstrengungen im Zusammenhang mit explosiver Munition im Rahmen des Waffenübereinkommens fortzusetzen. Die Schweiz will, diese Arbeit weiterhin nach Kräften unterstützen und die Möglichkeiten zur Verbesserung des Schutzes der Zivilbevölkerung beim Einsatz von explosiver Munition ausschöpfen.

3

Das Protokoll V über explosive Kriegsmunitionsrückstände

3.1

Allgemeines

Protokoll V enthält elf Artikel, die ­ wie seine Präambel klarstellt ­ die rechtlich verbindlichen Regelungen enthalten, und einen so genannten Technischen Anhang.

Die rechtlich verbindlichen Bestimmungen regeln die Abhilfemassnahmen nach Beendigung eines bewaffneten Konflikts, welche die Gefährdungen durch explosive Kriegsmunitionsrückstände auf ein Mindestmass beschränken sollen. Hiermit sind in erster Linie die Kennzeichnung gefährdeter Gebiete und deren Räumung von explosiven Kriegsmunitionsrückständen gemeint. Dies dient auch dem Schutz der Zivilbevölkerung, einzelner Zivilpersonen sowie humanitärer Missionen und Organisationen. Das Protokoll gilt in der Hauptsache für künftige explosive Kriegsmunitionsrückstände und ruft die Vertragsstaaten zur Zusammenarbeit bei deren Beseitigung auf. Protokoll V entfaltet keine rückwirkende rechtliche Bindung; eine Räumungspflicht des Verwenders wird weder für bestehende noch für künftige explosive Kriegsmunitionsrückstände begründet.

Der so genannte Technische Anhang enthält rechtlich nicht verbindliche Empfehlungen für vorbeugende Massnahmen und für bewährte Verfahren bei Aufzeichnung und Information, Warntätigkeit, Schaffung von Gefährdungsbewusstsein, Kennzeichnung, Abzäunung und Überwachung sowie in den Bereichen der Herstellung, Handhabung und Lagerung von explosiver Munition.

Verhandlungssprache des von der Vertragsstaatenkonferenz am 28. November 2003 angenommenen Protokolls V war Englisch. Gegenstand des Annahmebeschlusses der Vertragsstaatenkonferenz war lediglich die englischsprachige Fassung des Protokolls V. Bei den in den anderen Amtssprachen der Vereinten Nationen vorliegenden Fassungen des Protokolls handelt es sich um Übersetzungen.

15

Die Grundidee der präventiven technischen Massnahmen ist, dass die Anzahl der beim Einsatz von explosiver Munition, einschliesslich Streumunition, entstehenden Blindgänger durch technische Vorrichtungen wie die eines Selbstzerstörungs- oder eines Selbstdeaktivierungsmechanismus so weit als möglich reduziert wird.

5587

3.2

Inhalt des Protokolls V

3.2.1

Allgemeine Bestimmungen und Anwendungsbereich (Art. 1)

Die Präambel verdeutlicht, dass das Protokoll eine kombinierte Lösung aus rechtlich verbindlichen Regelungen und rechtlich nicht verbindlichen Empfehlungen bewährter Verfahren anbietet16. Die im Technischen Anhang näher bezeichneten Massnahmen, auf die in den Artikeln 4, 5 und 9 verwiesen wird, sind ihrer Natur nach freiwillige Handlungsanleitungen.

Artikel 1 enthält allgemeine Bestimmungen und legt den Anwendungsbereich des Protokolls fest: In dem Ausmass, in dem Absatz 1 auf das in bewaffneten Konflikten anwendbare Völkerrecht verweist, schliesst es sowohl das Völkervertragsrecht als auch das Gewohnheitsrecht ­ und somit die Anwendbarkeit wichtiger Grundsätze des humanitären Völkerrechts im Verhältnis zu allen Staaten ­ mit ein. Den Vertragsstaaten ging es mithin nicht um eine Beschränkung oder Aushöhlung der Anwendbarkeit gewohnheitsrechtlicher Standards.

Das Protokoll findet nach Absatz 2 Anwendung auf explosive Kriegsmunitionsrückstände im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten einschliesslich ihrer inneren Gewässer.

Obwohl explosive Kriegsmunitionsrückstände im Wesentlichen einen Problemfall der Austragung bewaffneter Konflikte zu Lande darstellen, war zu berücksichtigen, dass auch angrenzende Binnengewässer wie Hafeneinfahrten, Flüsse oder Binnenseen ­ etwa durch die Verklappung von Munition ­ betroffen sein können. Zwischen den Vertragsstaaten bestand Einvernehmen, dass es sich bei den inneren Gewässern um den in Artikel 8 Absatz 1 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 198217 verwendeten Begriff handelt. Die Anwendbarkeit des Protokolls auf innere Gewässer umfasst folglich die landwärts der Basislinie des Küstenmeers gelegenen Gewässer eines Staates.

Bei der Änderung von Artikel 1 des Waffenübereinkommens am 21. Dezember 2001, durch die der Anwendungsbereich des Waffenübereinkommens auf nicht internationale bewaffnete Konflikte ausgedehnt wurde, konnte keine Einigkeit darüber erzielt werden, dass künftige Protokolle automatisch auch auf nicht internationale bewaffnete Konflikte anwendbar sein werden18. Hieraus folgt, dass bei der Ausarbeitung künftiger Protokolle die Anwendbarkeit in nicht internationalen bewaffneten Konflikten jeweils erneut ausdrücklich erwähnt werden muss. Dem trägt Absatz 3 mit der Bezugnahme auf Artikel 1 Absätze 1 - 6 des Waffenübereinkommens in der am 21. Dezember 2001 geänderten Fassung Rechnung.

16

17

18

Protokoll V ist das einzige Protokoll zum Waffenübereinkommen, das eine Präambel enthält. Diese hat ihren Grund in der Notwendigkeit, die vom Rahmenübereinkommen und seinen von den dazugehörigen Protokollen abweichende Regelungsmethode zu erläutern.

Die Schweiz hat das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen am 17. Oktober 1984 unterzeichnet, Die Ratifikation steht noch aus, sie soll aber noch in dieser Legislaturperiode vom Parlament beraten werden.

Siehe Botschaft vom 16. April 2003 betreffend die Änderung von Artikel 1 vom 21. Dezember 2001 des Übereinkommens vom 10. Oktober 1980 über das Verbot und die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, BBl 2003 3575 ff., hier S. 3583 f.

5588

Absatz 4 unterscheidet zwischen explosiven Kriegsmunitionsrückständen, die erst nach Inkrafttreten des Protokolls für einen Vertragsstaat entstehen, und bestehenden explosiven Kriegsmunitionsrückständen, d. h. explosiven Kriegsmunitionsrückständen, die bereits bei Inkrafttreten des Protokolls für diesen Vertragsstaat vorhanden waren19. Danach gelten die Regelungen in den Artikeln 6, 7, 9, 10 und 11 sowie in Teil 3 des Technischen Anhangs für ältere und erst neu entstehende explosive Kriegsmunitionsrückstände gleichermassen, während sich die Verpflichtungen zur Räumung, Beseitigung oder Zerstörung, zur Aufzeichnung und Informationsweitergabe, zu Schutzmassnahmen für die Zivilbevölkerung und zur internationalen Zusammenarbeit sowie die Teile 1 und 2 des Technischen Anhangs nicht auf bestehende explosive Kriegsmunitionsrückstände erstrecken.

3.2.2

Begriffsbestimmungen (Art. 2)

Artikel 2 definiert explosive Munition als konventionelle sprengstoffhaltige Munition. Um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden, wird ausdrücklich klargestellt, dass der Begriff der explosiven Munition nicht Minen, Sprengfallen und andere Vorrichtungen, wie sie in Artikel 2 Absätze 1­5 und 14 des revidierten Protokolls II zum Waffenübereinkommen definiert sind, umfasst20. Die Definition ist bewusst weit gefasst und schliesst sowohl nicht zur Wirkung gelangte explosive Munition als auch aufgegebene explosive Munition ein (Art. 2 Abs. 4).

Zur Bestimmung der Rechtsfolgen des Protokolls erwies es sich als erforderlich, eine klare Unterscheidung zwischen den bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Protokolls V bestehenden explosiven Kriegsmunitionsrückständen einerseits und den erst infolge neuer bewaffneter Konflikte entstehenden explosiven Kriegsmunitionsrückständen andererseits vorzunehmen. Eine derartige Regelung stellte für viele Staaten eine Schlüsselfrage im Verlaufe der Verhandlungen dar. Für einige Staaten galt es, keine Ansatzpunkte für die Möglichkeit des Wiederauflebens von Schadensersatz- oder Wiedergutmachungsansprüchen oder vergleichbaren Forderungen als Folge der Auswirkungen bestehender explosiver Kriegsmunitionsrückstände zuzulassen, die ihren Ursprung in früheren bewaffneten Konflikten hatten. Entsprechend legt das Protokoll V fest, dass bestehende explosive Kriegsmunitionsrückstände nicht zur Wirkung gelangte explosive Munition und aufgegebene explosive Munition sind, die vor dem Inkrafttreten dieses Protokolls für den Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet sie sich befinden, vorhanden waren (Art. 2 Abs. 5).

19 20

Siehe die Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 5.

Art. 2 Abs. 1; vgl. Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung (Protokoll II in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung) zum Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, SR 0.515.091.2.

5589

3.2.3

Räumungsverpflichtung und Weitergabe von Information (Art. 3 und 4)

Artikel 3 über die Räumung, Beseitigung oder Zerstörung explosiver Kriegsmunitionsrückstände und Artikel 4 über die Aufzeichnung, Aufbewahrung und Weitergabe von Informationen stellen zentrale Regelungsbestandteile des Protokolls dar.

Nach Artikel 3 Absatz 1 trägt jeder Vertragsstaat und jede an einem bewaffneten Konflikt beteiligte Partei die Verantwortung für alle explosiven Kriegsmunitionsrückstände im Gebiet unter ihrer Kontrolle. Eine Partei, die das Gebiet nicht mehr kontrolliert, in dem sie explosive Munition verwendet hat, welche zu explosiven Kriegsmunitionsrückständen geworden ist, muss nach Beendigung der aktiven Feindseligkeiten Hilfe leisten, um die Kennzeichnung und Räumung, Beseitigung oder Zerstörung dieser explosiven Kriegsmunitionsrückstände zu erleichtern. Diese Verpflichtung besteht indes nur in dem Ausmass, in dem ihre Erfüllung praktisch möglich ist. Ohne diesen einschränkenden Vorbehalt wäre es nicht möglich gewesen, bei den Verhandlungen einen Konsens über diese Vorschrift zu erzielen. Eine Räumungsverantwortung des Verwenders wird somit nicht begründet. Er wird aber immerhin angehalten, dem Staat, auf dessen Gebiet die explosiven Kriegsmunitionsrückstände der von ihm eingesetzten Munition liegen, im Rahmen seiner Möglichkeiten Hilfe zu leisten. Da eine direkte Hilfeleistung zwischen ehemaligen Kriegsparteien problematisch sein könnte, ist ferner in Absatz 5 die Möglichkeit vorgesehen, dass die Hilfe über einen Dritten, wie zum Beispiel die Vereinten Nationen oder andere Organisationen, geleistet werden kann. Die Regelung entspricht derjenigen in Artikel 10 Absatz 3 des revidierten Protokolls II zum Waffenübereinkommen und geht weiter als die vergleichbare Vorschrift in Artikel 5 Absatz 1 des Waffenübereinkommens vom 18. September 199721 über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Anti-Personenminen und über deren Vernichtung, welche keine spezifische Pflicht des Verwenders von Antipersonenminen zur Hilfeleistung an den betroffenen Staat vorsieht22.

Artikel 3 Absatz 2 enthält die wichtige Bestimmung, dass nach Beendigung der aktiven Feindseligkeiten und so früh als praktisch möglich jeder Vertragsstaat und jede an einem bewaffneten Konflikt beteiligte Partei explosive Kriegsmunitionsrückstände in betroffenen Gebieten unter ihrer
Kontrolle kennzeichnet und räumt, beseitigt oder zerstört. Hierbei sind Gebiete, die von explosiven Kriegsmunitionsrückständen betroffen sind, welche als schwerwiegende humanitäre Gefahr beurteilt werden, bei Räumung, Beseitigung oder Zerstörung vorrangig zu behandeln. Dies entspricht der humanitären Zielsetzung des Protokolls.

Damit explosive Kriegsmunitionsrückstände effektiv aufgespürt und geräumt werden können, sind Daten über ihre Auffindbarkeit und Zusammensetzung für die Durchführung von Räumung, Beseitigung oder Zerstörung, aber auch für die Aufklärung über die Gefahren von besonderer Bedeutung. Artikel 4, der sich eng an Artikel 9 des revidierten Protokolls II zum Waffenübereinkommen anlehnt23, enthält ausführliche Bestimmungen über die Weitergabe von Informationen. In den Ver21 22

23

SR 0.515.092 Vgl. auch Stuart Maslen: Commentary on Arms Control Treaties. Vol. I: The Convention on the Prohibition of the Use, Stockpiling, Production, and Transfer of Anti-Personnel Mines and on their Destruction. Oxford: Oxford University Press, 2004.

ISBN 0-19-926977-7; S. 166 f. (Nrn. 5.22­5.24).

SR 0.515.091.2

5590

handlungen über die Formulierung dieser Vorschrift war die verteidigungs- und sicherheitspolitische Relevanz weitergabefähiger Daten zu berücksichtigen. Gleichwohl konnte die humanitäre Ausrichtung dieser Bestimmung bewahrt werden und wird von daher Räumungs- und Beseitigungsbemühungen der Parteien und internationalen Organisationen unterstützen. Vorschläge für bewährte Gepflogenheiten bei Aufzeichnung, Aufbewahrung und Freigabe von Informationen über explosive Kriegsmunitionsrückstände sind in Teil 1 des Technischen Anhangs aufgeführt. Der Technische Anhang erwähnt, dass die Aufzeichnungen von Informationen in Art und Umfang auf die Bedürfnisse der Räumungsorganisationen abgestimmt sein sollten; die Aufbewahrung von Informationen sollte so gestaltet sein, dass diese einfach abgerufen und freigegeben werden können; die Freigabe von Informationen sollte so früh als möglich, aber unter Berücksichtigung der militärischen und humanitären Lage, der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Informationen, sowie von Sicherheitsfragen erfolgen. Diese Empfehlungen gelten nicht für bestehende explosive Kriegsmunitionsrückstände.

3.2.4

Schutz der Zivilbevölkerung und der humanitären Missionen und Organisationen (Art. 5 und 6)

Die Vertragsstaaten und die an einem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien sind nach Artikel 5 verpflichtet, alle praktisch möglichen Vorsichtsmassnahmen in von explosiven Kriegsmunitionsrückständen24 betroffenen Gebieten unter ihrer Kontrolle zu ergreifen, um die Zivilbevölkerung, einzelne Zivilpersonen und zivile Objekte vor den Gefahren und Wirkungen explosiver Kriegsmunitionsrückstände zu schützen. Als «praktisch mögliche Vorsichtsmassnahmen» gelten solche Vorsichtsmassnahmen, die unter Abwägung aller zum betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umstände einschliesslich humanitärer und militärischer Erwägungen durchführbar oder praktisch möglich sind. Hierzu zählen u. a. Warnungen, Aufklärung der Zivilbevölkerung über Gefahren, Kennzeichnung, Absperrung und Überwachung des von explosiven Kriegsmunitionsrückständen betroffenen Gebiets. Artikel 5 enthält neben rechtlich bindenden Verpflichtungen einen Verweis auf Teil 2 des Technischen Anhangs, der Vorschläge zu bewährten Gepflogenheiten bei Warnung, Aufklärung über Gefahren, Kennzeichnung, Absperrung und Überwachung enthält.

Nach Artikel 6 sind die Parteien verpflichtet, humanitäre Missionen und Organisationen soweit praktisch möglich vor den Wirkungen explosiver Kriegsmunitionsrückstände zu schützen. Die Bestimmung gilt für humanitäre Missionen oder Organisationen, die mit Zustimmung der verpflichteten Partei im Gebiet, das von dieser Partei kontrolliert wird, tätig sind oder tätig sein werden. Auf Ersuchen einer humanitären Mission oder Organisation hat die betroffene Partei ­ ebenfalls im Rahmen des praktisch Möglichen ­ Informationen über die Lage aller explosiven Kriegsmunitionsrückstände zur Verfügung zu stellen. Artikel 6 lässt das bestehende humanitäre Völkerrecht, sonstige internationale Übereinkünfte, soweit sie anwendbar sind, und Beschlüsse des Sicherheitsrats, sofern in ihnen ein umfassender Schutz vorgesehen ist, unberührt.

24

Art. 5 und Teil 2 des Technischen Anhangs gelten nicht für bestehende explosive Kriegsmunitionsrückstände.

5591

3.2.5

Bestehende explosive Kriegsmunitionsrückstände (Art. 7)

Artikel 7 betrifft bestehende explosive Kriegsmunitionsrückstände, d.h. explosive Kriegsmunitionsrückstände, die bei Inkrafttreten des Protokolls für den Vertragsstaat bereits vorhanden waren, und gibt jedem Vertragsstaat das Recht, von anderen Vertragsstaaten, von Staaten, die durch Protokoll V nicht gebunden sind, und von einschlägigen internationalen Organisationen und Einrichtungen Hilfe bei der Behandlung der von bestehenden explosiven Kriegsmunitionsrückständen ausgehenden Probleme zu erbitten und zu erhalten. Vertragsstaaten, die hierzu in der Lage sind, leisten, soweit notwendig und praktisch möglich, Hilfe bei der Behandlung der von bestehenden explosiven Kriegsmunitionsrückständen ausgehenden Probleme.

Die Grenzziehung zwischen explosiven Kriegsmunitionsrückständen und bestehenden explosiven Kriegsmunitionsrückständen gehörte zu den schwierigsten Fragen, die im Laufe der Verhandlungen zu lösen waren. Während eine Reihe von Staaten eine begrenzte Regelung wünschten, sprachen sich andere Staaten ­ unter erweiterter Bezugnahme auf Rechtsfiguren des internationalen Umweltrechts ­ für eine verschuldensunabhängige Räumungshaftung im Sinne einer Verursacherhaftung auch hinsichtlich bestehender explosiver Kriegsmunitionsrückstände aus. Wie oben unter Ziffer 1.2 erwähnt, hat die überwiegende Mehrheit der Vertragsstaaten jedoch die Auffassung vertreten, dass Protokoll V keine rückwirkende rechtliche Bindung entfalte. Zugleich war offenkundig, dass die Probleme, die von bestehenden explosiven Kriegsmunitionsrückständen verursacht werden, nicht völlig aus dem Protokoll ausgeklammert werden konnten. Artikel 7 stellt einen Kompromiss dar, der auf der einen Seite das Recht umfasst, um Unterstützung zu bitten, und Vertragsstaaten, die hierzu im Stande sind, zur Hilfegewährung aufruft, es aber auf der anderen Seite dem freien Ermessen der ersuchten Vertragsstaaten überlässt zu entscheiden, ob sie über Möglichkeiten zur Gewährung von Hilfe verfügen.

3.2.6

Internationale Zusammenarbeit (Art. 8)

Artikel 8 ruft die Vertragsstaaten auf, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Hilfe bei der Kennzeichnung und Räumung, Beseitigung oder Zerstörung explosiver Kriegsmunitionsrückstände zu leisten. Er enthält ferner Bestimmungen über die Betreuung und Rehabilitierung sowie die soziale und wirtschaftliche Wiedereingliederung der Opfer explosiver Kriegsmunitionsrückstände. Es bleibt jedem Staat selber überlassen, in einer konkreten Situation zu beurteilen, ob er über die technischen, finanziellen oder personellen Mittel verfügt, um Hilfe leisten zu können. Diese Hilfe kann über das System der Vereinten Nationen, das IKRK, nationale Gesellschaften des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds und deren Internationale Föderation, aber auch an einzelne nichtstaatliche Organisationen oder auf bilateraler Ebene geleistet werden. Darüber hinaus hat jeder Vertragsstaat das Recht, an einem möglichst umfassenden Austausch von Ausrüstung und Material sowie von wissenschaftlichen und technologischen Informationen teilzunehmen. Dieses Recht gilt jedoch nicht für waffenbezogene Technologie.

Die Vertragsparteien verpflichten sich des Weiteren zur Bereitstellung von Informationen über Räumungsausrüstung und damit zusammenhängende technologische Fragen, über Datenbanken zu Minenaktionen und über die verschiedenen Mittel und 5592

Technologien zur Räumung explosiver Kriegsmunitionsrückstände sowie von Verzeichnissen von Fachleuten, Expertenagenturen und nationalen Kontaktstellen für die Räumung. Hilfeersuchen können über das System der Vereinten Nationen eingebracht werden. Diese können auch bei der Beurteilung der Bedarfssituation und bei der Erstellung von Empfehlungen für geeignete Formen der Unterstützung behilflich sein. Bei Gesuchen, die an die Vereinten Nationen gerichtet werden, kann der Generalsekretär eine Abklärung der Bedürfnisse vornehmen.

3.2.7

Allgemeine vorbeugende Massnahmen (Art. 9)

Artikel 9 und der damit zusammenhängende Teil 3 des Technischen Anhangs behandeln allgemeine vorbeugende Massnahmen und rufen die Vertragsstaaten auf, Massnahmen zu treffen, um das Vorkommen explosiver Kriegsmunitionsrückstände auf ein Mindestmass zu beschränken. Teil 3 des Technischen Anhangs, der sich sowohl auf explosive Kriegsmunitionsrückstände als auch auf bestehende explosive Kriegsmunitionsrückstände bezieht, empfiehlt den Vertragsstaaten, die explosive Munition herstellen oder beschaffen, sich soweit möglich und angemessen darum zu bemühen sicherzustellen, dass während der gesamten Lebensdauer explosiver Munition folgende Massnahmen durchgeführt und beachtet werden: ­

Bei der Herstellung von explosiver Munition sollten Normen der Qualitätssicherung, Qualitätskontrollen der Herstellungsabläufe und Zulassungstests der Munition sowie beim Verkauf und bei der Weitergabe verbindliche Verlässlichkeitsnormen eingeführt werden.

­

Im Umgang mit der Munition stehen die Gesichtspunkte der korrekten Lagerung, des Transports, der Registrierung und der Verfolgung und Überprüfung im Vordergrund. Im Weiteren soll durch Beschussprüfungen und Labortests die Haltbarkeit der Munition wiederholt getestet und gegebenenfalls angepasst werden.

­

Das Personal, das explosive Munition handhabt, transportiert oder einsetzt, soll spezifisch ausgebildet werden.

­

Jeder Staat, der explosive Munition weitergibt, soll darauf achten, dass der empfangende Staat über die Fähigkeit verfügt, diese korrekt zu lagern, zu warten und einzusetzen.

­

Bei der künftigen Herstellung explosiver Munition sollten Mittel und Wege geprüft werden, um deren Zuverlässigkeit zu verbessern.

Die Schweiz hat anlässlich des Vertragsstaatentreffen vom 27./28. November 2003 geltend gemacht, dass ihrer Ansicht nach Artikel 9 und Teil 3 des Technischen Anhangs eine neue Regelung über präventive technische Massnahmen insbesondere für Streumunition nicht ausschliessen.

5593

3.2.8

Konsultationen der Hohen Vertragsparteien und Vertragseinhaltung (Art. 10 und 11)

Gemäss Artikel 10 kann eine Konferenz der Vertragsstaaten abgehalten werden, um Fragen im Zusammenhang mit der Wirkungsweise des Protokolls zu beraten. Hierfür ist die Zustimmung einer Mehrheit, mindestens jedoch von 18 Vertragsstaaten, erforderlich. Eine Konferenz der Vertragsstaaten ist berechtigt, den Status und die Wirkungsweise des Protokolls zu überprüfen, Fragen betreffend die nationale Durchführung des Protokolls, einschliesslich jährlicher nationaler Berichterstattung oder Aktualisierung, zu prüfen und Überprüfungskonferenzen vorzubereiten.

Im Unterschied zu Artikel 13 Absatz 4 des revidierten Protokolls II zum Waffenübereinkommen ist im Protokoll V ein jährlicher Informationsaustausch nicht bindend vorgeschrieben, sondern der späteren Entscheidung einer Konferenz der Vertragsstaaten vorbehalten. Der Grund hierfür lag im Unwillen vieler ­ namentlich kleinerer ­ Vertragsstaaten während der Verhandlungen, der Einführung eines weiteren Informationsaustauschs zuzustimmen, der begrenzte nationale Kapazitäten noch mehr belasten würde.

Nach Artikel 11 verpflichtet jeder Vertragsstaat seine Streitkräfte sowie seine zuständigen Behörden und Ministerien zur Erstellung sachgerechter Vorschriften und Dienstanweisungen sowie dazu, dass deren Personal eine den einschlägigen Bestimmungen des Protokolls entsprechende Ausbildung erhält. Die Vertragsparteien verpflichten sich ferner, einander bilateral, über den Generalsekretär der Vereinten Nationen oder im Rahmen sonstiger geeigneter internationaler Verfahren zu konsultieren und zusammenzuarbeiten, um Probleme, die sich aus der Auslegung oder Anwendung des Protokolls ergeben, zu lösen.

Die Bestimmungen über die Konsultationen der Vertragsparteien und die Einhaltung des Protokolls entsprechen weitgehend jenen in den Artikeln 13 und 14 des revidierten Protokolls II zum Waffenübereinkommen, ohne jedoch das Institut der jährlichen Staatenkonferenzen zu übernehmen. Bei Protokoll V wurde bewusst davon Abstand genommen, Konferenzen der Vertragsstaaten einer bestimmten Periodizität zu unterwerfen.

3.3

Inkrafttreten von Protokoll V über explosive Kriegsmunitionsrückstände

Nach Artikel 5 Absatz 3 des Waffenübereinkommens tritt jedes neue Protokoll sechs Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem 20 Staaten ihre Zustimmung notifiziert haben, durch das Protokoll gebunden zu sein. Für jeden Staat, der seine Zustimmung nach der zwanzigsten Annahme notifiziert, tritt dieses Protokoll sechs Monate nach dem Zeitpunkt seiner Notifikation in Kraft.25

25

Art. 8 Abs. 1 Bst. b in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 2 des Übereinkommens über konventionelle Waffen.

5594

3.4

Evaluation

Die im Protokoll vereinbarten rechtsverbindlichen Bestimmungen, die ­ im Gegensatz zu den übrigen Protokollen ­ grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Waffenart abzielen, und die Einführung eines freiwilligen Technischen Anhangs spiegeln das Bemühen der Vertragsstaaten um einen am Leitbild des Waffenübereinkommens ausgerichteten Ausgleich wider. Protokoll V ist das Ergebnis einer Abwägung zwischen ambitionierten Forderungen einer Reihe von Vertragsstaaten, die von der Vorstellung einer weitreichenden Fortentwicklung des humanitären Völkerrechts motiviert sind, und diesen entgegenstehenden Positionen anderer Vertragsstaaten, für die bei Aufnahme des Verhandlungsprozesses zunächst nur politisch verbindliche Regelungen in Frage kamen, welche hinreichend weiten Spielraum für rechtlich ungebundene Zweckmässigkeitsentscheidungen gewähren würden.

Protokoll V stellt eine gelungene Lösung des Zielkonflikts zwischen humanitären Gesichtspunkten einerseits und militärischen Anforderungen andererseits dar. Selbst wenn Protokoll V nicht sämtliche mit explosiven Kriegsmunitionsrückständen verbundenen Probleme zu lösen vermag, stellt es gleichwohl eine bedeutsame Anerkennung der Verantwortung der Staaten für die Reduzierung des Gefahrenpotenzials von explosiven Kriegsmunitionsrückständen für die Zivilbevölkerung dar.

Die schweizerische Politik im Bereich der humanitären Minenräumung umfasst bereits heute explosive Kriegsmunitionsrückstände. Dies gilt sowohl für die finanzielle Unterstützung von Räumungseinsätzen als auch für die Ausbildung von Munitions- und Minenräumern. Es gilt ferner für die gleichberechtigte Berücksichtigung von Opfern von Landminen und von explosiven Kriegsmunitionsrückständen bei der Betreuung und Rehabilitierung. Protokoll V stellt aus schweizerischer Sicht eine willkommene Ergänzung des humanitären Völkerrechts dar.

4

Vereinbarkeit mit der schweizerischen Rechtsordnung

Die Schweizer Armee verfügt über explosive Munition, die unter die Definition in Artikel 2 Ziffer 1 des Protokolls V fällt. Das Reglement 51.30 vom 22. September 1998 (Schiessen mit Munition oder Simulatoren), basierend auf dem Befehl des Ausbildungschefs vom 21. September 1994 für Ordnung und Sauberkeit auf den Schiess- und Übungsplätzen und für die Blindgängervernichtung, begründet jedoch eine Räumungspflicht beim Einsatz explosiver Munition. Zusätzlich ist in jedem Waffenplatz- und Schiessplatzbefehl eine Aufräumpflicht festgeschrieben. Entsprechend ist in dieser Beziehung keine Anpassung notwendig.

Betreffend Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht der Informationen über den Einsatz von explosiver Munition wird durch eine Schusszahlerhebung die Anzahl verbrauchter Munition festgehalten (für die Abrechung mit dem Munitionsdepot notwendig). Diese Information wird aufbewahrt. Entsprechend ist bei einer Ratifizierung keine Anpassung einer Vorschrift notwendig. Protokoll V ist mit der bestehenden schweizerischen Rechtsordnung vereinbar.

5595

5

Finanzielle Auswirkungen

Die Annahme des Protokolls V wird für die Schweiz keine finanziellen Auswirkungen haben. Wie schon erwähnt, erfüllt die Schweiz bereits heute die im Protokoll V vorgesehenen Pflichten, weshalb in finanzieller und in personeller Hinsicht kein Mehraufwand für Bund und Kantone entstehen wird. Was die Regelung der internationalen Zusammenarbeit anbelangt, so ist hervorzuheben, dass es jedem Staat selber überlassen bleibt, in einer konkreten Situation zu beurteilen, ob er über die zur Hilfeleistung erforderlichen Mittel verfügt. Angesichts der aktiven humanitären Minenpolitik der Schweiz, welche die Problematik der nicht explosiven Kriegsmunitionsrückstände miteinschliesst, erfüllt die Schweiz bereits heute diese Bestimmung.

6

Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht über die Legislaturplanung 2003­200726 nicht angekündigt. Im Zeitpunkt ihrer Erstellung war nicht vorhersehbar, ob das Protokoll V verabschiedet und zu welchem Zeitpunkt dies allenfalls der Fall sein würde. Die Ratifikation des Protokolls V wurde daher nicht in die Legislaturplanung aufgenommen.

7

Verfassungsmässigkeit

Die verfassungsmässige Grundlage des Bundesbeschlusses zur Genehmigung des Protokolls V findet sich in Artikel 54 Absatz 1 BV, der den Bund ermächtigt, völkerrechtliche Verträge abzuschliessen. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig, das Protokoll V zu genehmigen.

Laut Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1­3 BV werden völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum unterstellt, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn ihre Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3). Das Rahmenübereinkommen und seine Protokolle sind unbefristet, können aber jederzeit gekündigt werden. Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang ihrer Notifikation beim Depositar wirksam, es sei denn, die kündigende Vertragspartei sei bei Ablauf dieser Frist in einen bewaffneten Konflikt verwickelt oder in einen Besetzungszustand eingetreten. In diesen Fällen bleibt der kündigende Staat durch die vertraglichen Verpflichtungen bis zum Ende des Konflikts oder der Besetzung gebunden27. Das Waffenübereinkommen sieht auch keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

Es stellt sich somit einzig die Frage, wie es sich mit Ziffer 3 verhält. Welche Rechtsätze als wichtig im Sinne der Verfassung gelten, beurteilt sich nach Artikel 164 Absatz 1 Buchstaben a­g BV: Als wichtig anzusehen sind namentlich alle grundlegenden Bestimmungen über die Rechte und Pflichten von Personen sowie über die Aufgaben und Leistungen des Bundes. Die Kriterien, die für die Beurteilung der 26 27

BBl 2004 1149 Siehe Art. 9 des Rahmenübereinkommens.

5596

Frage festgelegt wurden, welche Regelungsgegenstände in einem formellen Gesetz normiert werden müssen, werden somit grundsätzlich im Fall von Staatsverträgen für die Beurteilung der Referendumspflicht angewandt.

Protokoll V sieht keine neuen Rechte und Pflichten für Personen oder neue Aufgaben und Leistungen des Bundes vor. Es enthält insofern keine Bestimmungen, die als wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV einzustufen sind. Der zur Genehmigung unterbreitete Bundesbeschluss unterliegt somit nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum.

5597

5598