04.074 Botschaft zum Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen vom 17. November 2004

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2002

P

02.3120

Steuerliche Regelung der Mitarbeiter-Optionen S 21.03.2002 Schweiger

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. November 2004

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Joseph Deiss Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-2347

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Übersicht Mit der Botschaft zum Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen legt der Bundesrat einen Gesetzesentwurf vor, der die geltenden Vorschriften der Einkommensbesteuerung ergänzen soll. Diese zusätzlichen Bestimmungen sollen im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) und im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) aufgenommen werden.

Das Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen bezweckt hauptsächlich die Wiederherstellung der Rechtssicherheit bei der Besteuerung von geldwerten Vorteilen aus Mitarbeiterbeteiligungen. Insbesondere haben in den letzten Jahren die Mitarbeiteroptionen als Salärbestandteil an Bedeutung stark zugenommen, weshalb sich eine Praxis aufdrängt, die sich auf klare gesetzliche Grundlagen stützten kann. Mit Artikel 17 DBG hat der Gesetzgeber zwar eine Rechtsgrundlage geschaffen, um auch solche geldwerte Vorteile zu besteuern. Da die meisten Mitarbeiteraktien und -optionen einer Verfügungssperre unterliegen, vermag diese Rechtsgrundlage in der Praxis aber nicht zu genügen. Es stellt sich nämlich bei den Mitarbeiteraktien die Frage, ob das Einkommen bereits bei ihrem Erwerb oder erst bei Wegfall der Verfügungssperre realisiert ist. Bei den Mitarbeiteroptionen stellt sich die Frage, ob das Einkommen bei ihrer Zuteilung, beim unwiderruflichen Rechtserwerb oder bei Ausübung zu erfassen ist. In der Veranlagungspraxis wurden diese Fragen teilweise sehr unterschiedlich beantwortet. Der vorliegende Gesetzesentwurf will auf diese Fragen eine eindeutige Antwort geben, indem er den verschiedenen Typen von Mitarbeiterbeteiligungen einen entsprechenden Besteuerungszeitpunkt zuordnet.

Mitarbeiteraktien sollen wie bisher im Zeitpunkt des Erwerbs besteuert werden.

Ausschlaggebend sind dabei der zivilrechtliche Rechtserwerb und die damit verbundene Einräumung des Dividendenrechts. Der Verfügungssperre gesperrter Mitarbeiteraktien soll Rechnung getragen werden, indem der Verkehrswert der Aktie mit einem Einschlag von 6 Prozent pro Jahr reduziert wird; dies bis zu maximal 10 Jahren.

Börsenkotierte Mitarbeiteroptionen, die frei verfüg- oder ausübbar sind, werden ebenfalls im Zeitpunkt des Erwerbs besteuert. Nicht börsenkotierte oder gesperrte Mitarbeiteroptionen sollen dagegen im Zeitpunkt
der Ausübung der Besteuerung unterliegen. Damit wird die bisherige Steuerpraxis, Mitarbeiteroptionen im Zeitpunkt der Zuteilung zu besteuern, aufgegeben. Die Besteuerung nicht börsenkotierter oder gesperrter Optionen im Ausübungszeitpunkt hat für die Unternehmen und die Steuerbehörden den Vorteil, dass die Optionen nicht mehr nach komplizierten finanzmathematischen Formeln bewertet werden müssen. Ferner müssen die Mitarbeitenden nicht mehr Steuern auf einem geldwerten Vorteil entrichten, den sie wegen eines späteren Kursverfalls der Aktien gar nicht realisieren können.

Der bei der Optionsausübung erzielte geldwerte Vorteil soll für die Steuerbemessung pro Sperrjahr um 10 Prozent, höchstens aber um 50 Prozent vermindert werden. Damit soll die Standortattraktivität der Schweiz gefördert werden, da andere

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Länder die Optionen steuerlich und teilweise auch sozialversicherungsrechtlich privilegieren.

Die Besteuerung der Mitarbeiteroptionen im Ausübungszeitpunkt setzt voraus, dass die Vorschriften betreffend Quellenbesteuerung ebenfalls ergänzt werden. Optionen werden hauptsächlich den Mitarbeitenden des oberen Kaders abgegeben, die in international tätigen Unternehmen weltweit eingesetzt werden. Daher ist sicherzustellen, dass die schweizerischen Unternehmen die anteilsmässigen Steuern auf den geldwerten Vorteilen abliefern, die der Dauer der in der Schweiz ausgeübten Tätigkeit des oder der Mitarbeitenden (gemessen an der gesamten Zeitspanne zwischen der Zuteilung der Option und dem Entstehen des Ausübungsrechts) entspricht.

Voraussetzung für eine Besteuerung in der Schweiz ist, dass die Mitarbeitenden die Optionen während ihrer Tätigkeit in der Schweiz erhalten oder ihr Ausübungsrecht hier ohne jegliche Einschränkung erworben haben. Die Unternehmen werden eine Quellensteuer von 11,5 Prozent abliefern müssen. Der Maximalsatz rechtfertigt sich, da die Angehörigen des oberen Kaders in der Regel ohnehin die oberste Progressionsstufe erreichen.

Das StHG wird sinngemäss ergänzt. Der Einschlag von 6 Prozent und die Freistellung von 50 Prozent bei der direkten Bundessteuer ist auch ins StHG aufzunehmen, da hier die Bemessungsgrundlage und nicht die Tarifautonomie der Kantone betroffen ist. Dagegen wird es den Kantonen freigestellt, welchen Satz sie für die erweiterte Quellensteuer wählen wollen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

576

1 Allgemeiner Teil 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Die Besteuerung der Mitarbeiteraktien 1.1.1.1 Das Kreisschreiben Nr. 12 vom 8. November 1973 1.1.1.2 Das Kreisschreiben Nr. 5 vom 17. Mai 1990 1.1.1.3 Das Kreisschreiben Nr. 5 vom 30. April 1997 1.1.2 Die Besteuerung der Mitarbeiteroptionen 1.1.2.1 Das Kreisschreiben Nr. 5 vom 17. Mai 1990 1.1.2.2 Das Kreisschreiben Nr. 5 vom 30. April 1997 1.1.3 Anliegen der Wirtschaft 1.1.4 Anliegen der Politik 1.1.4.1 Motion Hochreutener 1.1.4.2 Bundesgesetz über die Risikokapitalgesellschaften 1.1.5 Die gemischte Arbeitsgruppe 1.1.6 Weitere parlamentarische Vorstösse 1.1.7 Das Vernehmlassungsverfahren 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Besteuerung der Mitarbeiteraktien im Zeitpunkt des Erwerbs 1.3.2 Besteuerung der gesperrten Mitarbeiteroptionen im Zeitpunkt der Ausübung 1.3.3 Die 50-prozentige Freistellung der geldwerten Leistung bei Ausübung der Mitarbeiteroptionen 1.3.4 Die Freistellungsmethode 1.3.5 Die erweiterte Quellenbesteuerung 1.4 Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht 1.4.1 Die Mitarbeiteraktien 1.4.2 Die Mitarbeiteroptionen 1.4.3 Die OECD-Empfehlungen 1.5 Umsetzung

580 580 580 581 581 581 582 582 583 584 584 584 584 585 585 585 587 587 587

590 591 592 592 592 593 594 594

2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Erläuterungen zu den Artikeln des DBG 2.2 Erläuterungen zu den Artikeln des StHG 2.3 Übergangsrecht

594 594 599 600

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkwirtschaft 3.4 Verhältnis zur Legislaturplanung

600 600 600 601 601

4 Rechtliche Aspekte 4.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

601 601

578

589

4.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 4.3 Vereinbarkeit mit dem EU-Recht 4.4 Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen

601 602 602

Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen (Entwurf)

603

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Nach Artikel 17 Absatz 1 DBG und Artikel 7 Absatz 1 StHG sind alle Einkünfte aus privatrechtlichen und öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnissen steuerbar. Darunter fallen auch die geldwerten Vorteile aus dem Erwerb von Mitarbeiteraktien und Mitarbeiteroptionen. Werden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern solche Wertpapiere mit einer Verfügungssperre und/oder mit weiteren Bedingungen abgegeben, so stellt sich die Frage, wann der geldwerte Vorteil aus dem Erwerb von Mitarbeiteraktien und -optionen realisiert ist.

Die Veranlagungsbehörden haben diese Frage vor allem bei den Mitarbeiteroptionen unterschiedlich beantwortet. Dies nicht etwa, weil Richtlinien fehlten, sondern wegen den rechtlichen Schwierigkeiten, die sich bei der Begutachtung der zum Teil recht komplexen Mitarbeiterbeteiligungsplänen ergaben. Daher ist zu Recht der Ruf nach einer Rechtsgrundlage entstanden, die zu einer rechtssicheren Praxis führen soll.

1.1.1

Die Besteuerung der Mitarbeiteraktien

Bereits in den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts begannen die Unternehmen, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermehrt Aktien zu einem Vorzugspreis abzugeben. Sie wollen sie damit zur Leistungssteigerung motivieren. Mit der Abgabe von frei verfügbaren Mitarbeiteraktien lässt sich dies ohne weiteres erreichen, doch damit wird eine rasche Personalfluktuation noch nicht verhindert. Deswegen bevorzugen die meisten Unternehmen die Abgabe von gesperrten Mitarbeiteraktien, um ihre Angestellten länger an das Unternehmen zu binden. Während der Sperrfrist können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dividenden beziehen und ihre Stimmrechte an der Generalversammlung ausüben, dagegen können sie ihre Aktien nicht veräussern. Damit können die Unternehmen einerseits der Forderung nach Mitsprache entsprechen und andererseits zur Vermögensbildung ihrer Angestellten beitragen.

Mitarbeiteraktien werden in der Regel zu einem Vorzugspreis ­ im besten Fall sogar unentgeltlich ­ abgegeben. Bei gesperrten Aktien stellte sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die damit verbundenen geldwerten Vorteile besteuert werden sollen. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin hat zwar die Aktie sachenrechtlich im Abgabezeitpunkt erworben, kann aber noch nicht darüber verfügen; d.h. wegen der Sperrfrist kann er oder sie die Aktie nicht verkaufen. Des Weiteren stellte sich die Frage, welchen Einfluss die Verfügungssperre auf den Wert der abgegebenen Aktie hatte.

Diese und weitere Fragen beantwortete die Eidg. Steuerverwaltung erstmals mit dem Erlass des Kreisschreibens Nr. 12 vom 8. November 1973 (KS 73).

580

1.1.1.1

Das Kreisschreiben Nr. 12 vom 8. November 1973

Die Eidg. Steuerverwaltung unterschied darin drei Arten von Mitarbeiteraktien: Die freien, die gesperrten und diejenigen, die der Personalvorsorge dienten. Nach ihrer Auffassung ging das Eigentum bei allen drei Formen von Mitarbeiteraktien im Zeitpunkt des Erwerbes der Aktie über. Die freien und gesperrten Mitarbeiteraktien wurden deswegen in diesem Zeitpunkt besteuert. Die der Personalvorsorge dienenden Mitarbeiteraktien wurden dagegen erst bei Pensionierung oder bei Eintritt einer Invalidität oder des Todes besteuert. Die geldwerte Leistung wurde bei den drei verschiedenen Formen von Mitarbeiteraktien wie folgt berechnet: Freie Mitarbeiteraktien:

Verkehrswert minus Erwerbspreis

Gebundene Mitarbeiteraktien:

Diskontierter Verkehrswert minus Erwerbspreis (Diskontsatz von 10 Prozent pro Jahr; maximal bis 10 Jahre)

Mitarbeiteraktien zum Zwecke der Personalvorsorge:

1.1.1.2

Verkehrswert bei Freigabe minus Erwerbspreis

Das Kreisschreiben Nr. 5 vom 17. Mai 1990

Mit diesem Kreissschreiben änderte die Eidg. Steuerverwaltung ihre Praxis. Sie unterschied die Mitarbeiteraktien in die gleichen drei Formen wie vorstehend in Ziffer 1.1.1.1 erwähnt. Zusätzlich traf sie bei den gebundenen Mitarbeiteraktien folgende Unterscheidung: Gebundene Mitarbeiteraktien ohne Rückgabepflicht und gebundene Mitarbeiteraktien mit unbefristeter Rückgabepflicht. Als gebunden wurden sie bezeichnet, weil sie einer Sperrfrist unterlagen und bei einer Bank oder bei einer Stiftung hinterlegt wurden. Die Mitarbeiteraktien mit unbefristeter Rückgabepflicht wurden im Zeitpunkt der Rücknahme der Aktie besteuert. Erfasst wurde dabei eine allfällige Differenz zwischen dem Rücknahmepreis und dem Abgabepreis.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung änderte aber vor allem die Diskontiermethode.

Neu wurde nicht mehr der Verkehrswert, sondern die geldwerte Leistung diskontiert. Mit Entscheid vom 6. November 1995 qualifizierte das Bundesgericht diese Praxis als bundesrechtswidrig. Es erachtete die Diskontierung des Verkehrswertes als einzig richtige Methode, liess aber offen, ob der Diskontsatz von 10 Prozent nicht zu grosszügig sei.

1.1.1.3

Das Kreisschreiben Nr. 5 vom 30. April 1997

In diesem Kreisschreiben übernahm die Eidg. Steuerverwaltung die alte Diskontierungsmethode des KS 73, setzte aber den Diskontsatz von 10 auf 6 Prozent herab.

Zugleich liess die Eidgenössische Steuerverwaltung die Unterscheidung in gebundene Mitarbeiteraktien ohne Rückgabepflicht und gebundene Mitarbeiteraktien mit unbefristeter Rückgabepflicht fallen, nachdem das Bundesgericht im vorerwähnten Entscheid den zivilrechtlichen Eigentumsübergang als den steuerlich relevanten Realisationstatbestand festhielt.

581

In der nun geltenden Praxis werden alle Mitarbeiteraktien beim Erwerb besteuert.

Dabei wird der Verkehrswert um jeweils 6 Prozent pro Sperrjahr diskontiert. Der Diskont wird bis zum 10. Sperrjahr gewährt. Die Diskontierung ergibt pro Sperrjahr folgende Einschläge und reduzierte Verkehrswerte: Sperrfrist

Einschlag

reduzierter Verkehrswert

1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre 6 Jahre 7 Jahre 8 Jahre 9 Jahre 10 Jahre

5,660 % 11,000 % 16,038 % 20,791 % 25,274 % 29,504 % 33,494 % 37,259 % 40,810 % 44,161 %

94,340 % 89,000 % 83,962 % 79,209 % 74,726 % 70,496 % 66,506 % 62,741 % 59,190 % 55,839 %

Vom reduzierten Verkehrswert wird schliesslich ein allfälliger Erwerbspreis abgezogen, was die steuerbare Leistung ergibt.

1.1.2

Die Besteuerung der Mitarbeiteroptionen

Bei der Publikation des KS 73 waren Mitarbeiteroptionen noch kein Thema, da sie zu dieser Zeit in der Schweiz nicht bekannt waren. Erst im Verlaufe der 80-er Jahre gaben einige ­ vor allem international tätige ­ Unternehmen Mitarbeiteroptionen in Anlehnung an amerikanische Vorbilder ab. Sie räumten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entgeltlich oder unentgeltlich das Recht ein, während einer bestimmten Zeit Aktien zu einem im Voraus festgesetzten Preis zu erwerben.

1.1.2.1

Das Kreisschreiben Nr. 5 vom 17. Mai 1990

In diesem Kreisschreiben regelte die Eidgenössische Steuerverwaltung zum ersten Mal die Besteuerung der Mitarbeiteroptionen. Da fast ausschliesslich börsenkotierte Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Optionen abgaben, die auch an der Börse gehandelt wurden, unterschied das KS 90 zwischen verkäuflichen und nicht verkäuflichen Optionen. Die verkäuflichen Optionen waren bei Abgabe und die unverkäuflichen Optionen bei ihrer Ausübung zu versteuern.

Bei den verkäuflichen Optionen gelangte die Differenz zwischen ihrem Verkehrswert und dem Erwerbspreis, den der Optionsempfänger eventuell zu bezahlen hatte, bei der Zuteilung der Option zur Besteuerung.

Bei den unverkäuflichen Optionen war bei der Ausübung die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Aktie und dem Ausübungspreis zu versteuern.

582

1.1.2.2

Das Kreisschreiben Nr. 5 vom 30. April 1997

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erkannte mit Entscheid vom 4. Juli 1995 für die kantonalen Steuern, der Zufluss von Einkommen aus Mitarbeiteroptionen hänge nicht von deren Verkäuflichkeit ab (Der Steuerentscheid, 1996, B 22.2, Nr. 11). Das Einkommen werde nicht erst bei der Ausübung, sondern schon bei deren Erwerb erzielt.

Mit dem Kreisschreiben Nr. 5 vom 30. April 1997 gab die Eidg. Steuerverwaltung die Unterscheidung in verkäufliche und nicht verkäufliche Optionen auf. An Stelle dieser Begriffe gab sie den Adjektiven «bewertbar» und «nicht bewertbar» den Vorzug. Bewertbare Optionen wurden von nun an bei der Zuteilung und nicht bewertbare bei der Ausübung besteuert. Um als bewertbare Optionen zu gelten, darf die Lauffrist der Option nicht länger als 10 Jahre und die der Sperrfrist nicht länger als 5 Jahre betragen. Zudem darf der Mitarbeiterbeteiligungsplan nicht zahlreiche oder individuelle Bedingungen enthalten, was eine Bewertung der Option verunmöglicht.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung gab für die Bewertung vor allem der BlackScholes-Formel den Vorzug. In diese Formel sind sechs wichtige Parameter einzusetzen: der Aktienkurs, die Sperrfrist, der Ausübungspreis der Option, ihre Laufzeit, die historische Volatilität und die Dividendenrendite. Anhand des nachstehenden Beispiels wird aufgezeigt, wie nach dieser Methode der Marktwert einer nicht gesperrten Option und der Steuerwert einer für fünf Jahre gesperrten Option errechnet wird: Marktwert

Kassakurs der Aktie:

100.000

Steuerbewertung

100.000

Sperrfrist (z.B. 5 Jahre):

5.000

Diskontierter Aktienkurs (6%):

74.726 100.000

74.726

Ausübungspreis:

100.000

100.000

Risikoloser Zinssatz:

3.500%

3.500%

Volatilität:

25.00%

25.00%

Laufzeit der Option (Jahre):

10.000

10.000

Dividendenrendite:

2.00%

Dividendenrendite (bezogen auf diskontierten Aktienkurs): Optionswert (CHF):

2.68% 29.45

13.62

583

1.1.3

Anliegen der Wirtschaft

Die Unternehmen begrüssten das KS 97 der Eidg. Steuerverwaltung. Dieses hatte eine harmonisierende Wirkung, wurde es doch von den meisten kantonalen Steuerverwaltungen sinngemäss für die kantonalen Steuern übernommen. Dennoch vermochte diese Praxis nicht alle Unternehmen zufrieden zu stellen. Namentlich junge Unternehmen (Start-ups) äusserten ihren Unmut darüber, dass die Optionen, die sie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuteilten, erst im Zeitpunkt der Ausübung besteuert wurden. Zudem konnten die Steuerbehörden ihre Optionen nicht mit der Black-Scholes-Formel bewerten, weil zwei der sechs Parameter fehlten: der Aktienkurs und die historische Volatilität. Die Start-ups fühlten sich gegenüber etablierten Firmen, deren Mitarbeiteroptionen bei Zuteilung besteuert wurden, benachteiligt.

Deshalb verlangten sie die Bewertung ihrer Optionen mit einer Formel, die nicht auf die Parameter der Black-Scholes-Methode abstellte.

1.1.4

Anliegen der Politik

1.1.4.1

Motion Hochreutener

Am 22. April 1999 reichte NR Hochreutener eine Motion ein, in der er eine stärkere steuerliche Begünstigung der Mitarbeiterbeteiligungen als bisher und die Einführung der nennwertlosen Aktien verlangte. Die Begünstigung sollte sowohl die Mitarbeiteraktien als auch die -optionen umfassen.

1.1.4.2

Bundesgesetz über die Risikokapitalgesellschaften

Während der Beratungen dieses Bundesgesetzes ist die Frage der Besteuerung von Mitarbeiteroptionen der Start-ups diskutiert worden. Im Anschluss an die Verabschiedung dieses Gesetzes und des bundesrätlichen Berichts über die Förderung von Unternehmensgründungen vom 18. September 2000 ist dem Eidg. Finanzdepartement der Auftrag erteilt worden, die steuerliche Behandlung von Mitarbeiteroptionen solcher Firmen durch Ergänzung des bisherigen Kreisschreibens Nr. 5 vom 30. April 1997 in einer für den Unternehmensstandort Schweiz förderlichen Weise zu konzipieren.

Der damalige Vorschlag der Eidg. Steuerverwaltung sah für Start-ups vor, bei der Bewertung der zugrundeliegenden Aktie auf die Ermittlung des Ertragswertes der Unternehmung zu verzichten und in der Black-Scholes-Formel eine Volatilität von 20 Prozent einzusetzen, wobei die Laufzeit nicht länger als 5 Jahre sein durfte und die Aktie mindestens zwei Jahre vor dem Börsengang zugeteilt sein musste.

Gegen diesen Vorschlag äusserten die Vertreter der kantonalen Steuerverwaltungen an der Sitzung vom 14. Dezember 2000 der Schweizerischen Steuerkonferenz (= SSK) Bedenken und lehnten ihn einstimmig ab. Namentlich brachten sie vor, eine separate Lösung für die Mitarbeiteroptionen von Start-ups benachteilige die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der etablierten Unternehmen.

584

1.1.5

Die gemischte Arbeitsgruppe

Das Eidg. Finanzdepartement erachtete deshalb zur Sicherstellung der Rechtsgleichheit aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine normative Lösung als unerlässlich und beauftragte die Eidgenössische Steuerverwaltung, eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Kantone, der Steuerberatung, der Wirtschaft und ihrer Verwaltung einzuberufen. Am 21. Dezember 2001 legte die gemischte Arbeitsgruppe ihren Bericht vor. Sie schlug vor, drei Zeitpunkte für die Besteuerung der Mitarbeiteroptionen ins DBG aufzunehmen: Zuteilung, unwiderruflicher Rechtserwerb (= irrevocable vesting) und Ausübung. Sie empfahl zudem, die bisherige Besteuerungspraxis betr.

Mitarbeiteraktien auch noch ins DBG aufzunehmen.

Nach ihrem Vorschlag sollten die Optionen grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Zuteilung besteuert und anhand standardisierten Parametern in der Black-Scholes-Formel bewertet werden.

Ging das Ausübungsrecht erst bei Eintritt gewisser Bedingungen auf den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin über, so sollte nach Auffassung der Arbeitsgruppe die Option im Zeitpunkt des unwiderruflichen Rechtserwerbs (Vesting) besteuert werden.

Diesbezüglich lehnte sich die Arbeitsgruppe an ein holländisches BesteuerungsModell an.

In den Fällen, in denen für die Ausübung der Option gewisse, in einer entsprechenden Verordnung festgelegte Bedingungen erfüllt werden, sollte der geldwerte Vorteil im Zeitpunkt der Ausübung versteuert werden, und zwar lediglich zu 50 Prozent.

Die Rentensatzbesteuerung sollte entsprechend der Haltedauer der Optionen sinngemäss angewandt werden.

1.1.6

Weitere parlamentarische Vorstösse

Am 20. März 2002 reichten Frau NR Polla und einen Tag später Herr SR Schweiger je eine Motion zur Besteuerung der Mitarbeiteroptionen ein. Beide ersuchten den Bundesrat, einen Vorschlag zu vereinfachten Besteuerung von Mitarbeiteroptionen aller Unternehmen vorzulegen und dabei auf die Besonderheiten der Start-ups Rücksicht zu nehmen. Diese Motionen wurden in der Folge auf Grund der Stellungnahmen des Bundesrates in Postulate umgewandelt.

Am 16. April 2002 reichte Frau NR Fässler eine einfache Anfrage ein, in der sie die Abklärung der gesetzlichen Regelung der Besteuerung von Mitarbeiteroptionen verlangte und sich nach den diesbezüglichen Absichten des Bundesrates erkundigte.

In der Antwort verwies der Bundesrat auf seine Vorlage, die er bald in die Vernehmlassung schicken werde.

1.1.7

Das Vernehmlassungsverfahren

Der Bundesrat hat am 14. März 2003 die Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens zum Bundesgesetz über die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen beschlossen.

Der Bericht der gemischten Arbeitsgruppe wurde den Vernehmlassungsadressaten materiell unverändert unterbreitet. Beigelegt wurde ein Fragebogen sowie die Motionen von Frau NR Barbara Polla und von Herrn SR Schweiger, so dass die Ver585

nehmlassungsadressaten auch zu den Vorschlägen der Motionäre Stellung nehmen konnten. Die Frist zur Vernehmlassung lief per Ende Juni 2003 ab.

Das Ergebnis der Vernehmlassung kann wie folgt zusammengefasst werden: Alle Vernehmlassungsadressaten haben es begrüsst, dass eine gesetzliche Lösung für die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen vom Bundesrat angestrebt wird.

Vielfach wurde diese Notwendigkeit mit der Rechtsunsicherheit begründet, die sich daraus ergibt, dass die Kantone keine einheitliche Praxis bei der Besteuerung der Mitarbeiteroptionen befolgen. Es wurde darauf hingewiesen, dass neuere Entscheide von kantonalen Rekurskommissionen oder Verwaltungsgerichten zur Verunsicherung beigetragen hätten. Daher sei dringend Rechtssicherheit auf diesem Gebiet herzustellen.

Die Besteuerung der Mitarbeiteraktien im Zeitpunkt des Erwerbs mit einem Diskont von 6 Prozent pro Sperrfristjahr wurde von allen Kantonen, Behörden sowie von fast allen Parteien und Verbänden als sachgerecht beurteilt.

Fast alle Kantone, die Finanzdirektorenkonferenz, namhafte Spitzenverbände der Wirtschaft sowie mehrere Beratungsfirmen haben den Vorschlag des Bundesrates, die Besteuerung der Optionen im Zeitpunkt der Zuteilung bzw. des unwiderruflichen Rechtserwerbs rundweg abgelehnt und die konsequente Ausübungsbesteuerung verlangt. Sie führten namentlich an, dass sich der Zeitpunkt des unwiderruflichen Rechtserwerbs nicht eindeutig bestimmen lasse. Zudem sei der Vollzug durch die Steuerbehörden kaum praktikabel. Des Weiteren würde sich die vorgeschlagene Lösung im internationalen Verhältnis als Sonderlösung erweisen, denn im internationalen Umfeld finde die Besteuerung fast ausnahmslos bei Ausübung statt. Von der Wirtschaftsseite wurde vorgebracht, dass die Börsenentwicklung ihre Vertreter zu einem Umdenken veranlasst habe. Sogar ehemalige Befürworter der Zuteilungsbesteuerung votierten nun für die Ausübungsbesteuerung. In diesem Zusammenhang wurde auf finanzielle Schwierigkeiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufmerksam gemacht. Viele wurden bei Zuteilung der Optionen besteuert und stünden nun als Folge der fallenden Börsenkurse vor dem Nichts, weil sie ihre Optionen überhaupt nicht ausüben und damit ihre bei der Zuteilung bezahlten Steuern nicht finanzieren könnten.

Die vorgeschlagene Freistellung von 50 Prozent
der geldwerten Leistung, die bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen im Zeitpunkt der Optionsausübung möglich wäre, wurde mehrheitlich begrüsst. Während die Kantone eine 50-prozentige Freistellung begrüssten, wünschte sich ein grosser Teil der Verbände und der Firmen sogar eine 70-prozentige Freistellung. Diese Freistellung sollte nach Auffassung dieser Vernehmlassungsadressaten auch bei der konsequenten Ausübungsbesteuerung eingeführt werden. Sie erwarten von der Freistellung vor allem eine Förderung des Wirtschaftsstandortes «Schweiz». Dabei wiesen sie darauf hin, dass Singapur und seit dem Jahre 2003 auch Österreich, bereits eine 50-prozentige Freistellung eingeführt haben.

Die Kantone lehnten die analoge Rentensatzbesteuerung als eher zu kompliziert ab.

Die anderen Vernehmlassungsteilnehmer beurteilten diesen Vorschlag mehrheitlich als geeignet. Einige Teilnehmer liessen durchblicken, dass man aber auf die Rentensatzbesteuerung verzichten könnte, wenn bei der Freistellung des geldwerten Vorteils eine grosszügige Lösung (z.B. 70 Prozent) gefunden werden kann.

586

Der Bundesrat nahm an der Sitzung vom 12. Januar 2004 Kenntnis vom Ergebnis der Vernehmlassung. Er beauftragte das Eidg. Finanzdepartement bzw. die Eidgenössische Steuerverwaltung mit der Ausarbeitung einer Botschaft im Sinne des Vernehmlassungsergebnisses. Aus dem Auftrag ergibt sich, dass der vorzuschlagende Gesetzestext auch Regelungen enthalten soll, die sicherstellen, dass die Steuerpflicht bei einem Wohnsitzwechsel ins Ausland nicht umgangen werden kann.

1.2

Die beantragte Neuregelung

Mit dem Vorschlag des Bundesrates soll es den Veranlagungsbehörden ermöglicht werden, eine Besteuerungspraxis zu verwirklichen, die den Unternehmen, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Steuerbehörden die in der Vernehmlassung geforderte Rechtssicherheit gewährt. Zu diesem Zweck sollen die Artikel 17 DBG und 7 StHG ergänzt werden. Die Artikel 17a­17d DBG und 7a­7d StHG sollen Legaldefinitionen der verschiedenen Beteiligungstypen enthalten und die Besteuerungszeitpunkte der daraus fliessenden geldwerten Vorteile festlegen. Die Legaldefinitionen und die Besteuerungszeitpunkte sind für beide Gesetze einheitlich zu regeln, weshalb ein eigenes Bundesgesetz erlassen werden soll.

Damit soll aber auch der Bedeutung, die die Mitarbeiterbeteiligungen als Salärbestandteil in den letzten Jahren gewonnen haben, Rechnung getragen werden. Aktienund Optionspläne sind heute weit verbreitet. Die Motive zur Einführung von Mitarbeiterplänen sind mannigfaltig, wie verschiedene Forschungen ergaben (vgl. dazu Ingrid Puchegger, Stock-Option-Pläne im internationalen Umfeld, Diss. Wien 2004, S. 45 ff). Eines der wichtigsten Motive ist die stärkere Bindung an den Erfolg des Unternehmens. Mit der vorgeschlagenen Gesetzeslösung können die Unternehmen die Voraussetzungen für ein leistungsorientiertes, unternehmerisches Verhalten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen. Die Höhe des Lohnes kann mit dem Unternehmensrisiko verbunden werden. Jungen Unternehmen wird es ermöglicht, zu günstigen Kosten hochqualifizierte Mitarbeitende einzustellen, die erst Steuern bezahlen müssen, wenn sich der Erfolg auch einstellt.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Besteuerung der Mitarbeiteraktien im Zeitpunkt des Erwerbs

Frei verfügbare Mitarbeiteraktien werden im Zeitpunkt des Erwerbs besteuert. Auf Grund der Reinvermögenszugangstheorie gelten sie in dem Zeitpunkt als realisiert, in dem sie der steuerpflichtigen Person ­ ähnlich wie Barlohn oder Naturalien ­ zugeflossen sind und sie darüber frei verfügen kann.

Die bisherige Besteuerung von gesperrten Mitarbeiteraktien im Zeitpunkt des Erwerbs soll nach dem vorliegenden Vorschlag weitergeführt werden. Im Vernehmlassungsverfahren haben alle Parteien, die Wirtschaft und die Kantone die Weiterführung der bisherigen Praxis auf Grund ihrer guten Erfahrungen begrüsst.

587

Diese Praxis ist bereits früher durch das Bundesgericht als richtig beurteilt worden.

Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid vom 6. November 1995 (ASA 65, 739) festgehalten, der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sei allerspätestens mit Annahme der Kaufofferte (d.h. beim Erwerb) bereichert. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin könne danach sein oder ihr Stimmrecht ausüben, Dividenden beziehen und weitere Beteiligungsrechte gegenüber dem Unternehmen geltend machen. Die zivilrechtlichen Erwägungen des Bundesgerichts betreffend Realisationszeitpunkt einer gesperrten Mitarbeiteraktie gelten nach übereinstimmender Ansicht der Vernehmlassungsadressaten nach wie vor. Diese verlangten, die bisherige Praxis sei auf Gesetzesstufe weiterzuführen.

Das Bundesgericht führte im Entscheid vom 6. November 1995 des Weiteren aus, die Belastung der Mitarbeiteraktien mit einer Verfügungssperre (Veräusserungs- und Verpfändungsverbot, allfällige Rückgabepflicht) führe zu einer Verminderung des Verkehrswertes, weshalb ihr mit einem Diskont Rechnung zu tragen sei. Den damaligen Diskontsatz von 10 Prozent betrachtete es aber als zu grosszügig. Der mit Kreisschreiben 97 herabgesetzte Diskontsatz von 6 Prozent fiel in der Vernehmlassung denn auch auf mehrheitliche Zustimmung. Nur aus einigen Vernehmlassungen ergab sich die Forderung nach einer Erhöhung des Diskontsatzes auf 10 oder 12 Prozent. Ein erhöhter Diskontsatz ist aber abzulehnen, da er nach wie vor zu grosszügig wäre.

Die jetzige Praxis mit der Gewährung eines Diskontes ist für die Mitarbeitenden in der Regel vorteilhaft. Entspricht der Kaufpreis der gesperrten Mitarbeiteraktie in etwa dem diskontierten Verkehrswert, so werden sie wenig oder gar keine Steuern auf der geldwerten Leistung entrichten müssen. Dies ist der Grund, warum die Mitarbeiteraktienmodelle häufig anzutreffen sind. Es ist aber selbst dann attraktiv, wenn die Mitarbeiteraktien gratis oder zu einem Vorzugspreis abgegeben werden, der weit unter dem diskontierten Verkehrswert liegt. Attraktiv ist die Abgabe von Mitarbeiteraktien immer unter der Voraussetzung, dass der Aktienkurs bis zum Wegfall der Sperrfrist steigt.

Fällt dagegen der Kurs der Mitarbeiteraktien bis zum Wegfall der Sperrfrist unter den Verkehrswert beim Eigentumserwerb oder sogar unter den Erwerbspreis, so erweist sich diese
steuerliche Regelung für die Betroffenen als nachteilig. Dieser Nachteil liesse sich beheben, wenn der geldwerte Vorteil erst bei Wegfall der Sperrfrist besteuert würde. Ein solcher Wechsel des Besteuerungszeitpunkts hätte aber zur Folge, dass die Differenz zwischen dem Verkehrswert bei Wegfall der Sperrfrist und dem Erwerbspreis grundsätzlich voll besteuert werden müsste. Damit hätte die Schweiz kein attraktives Besteuerungsmodell mehr, es sei denn, man würde sich wie bei den Mitarbeiteroptionen zu einer Freistellung eines Teils des geldwerten Vorteils entschliessen.

Mit der Besteuerung im Zeitpunkt des Wegfalls der Sperrfrist stünde die Schweiz im internationalen Umfeld alleine. Die meisten Länder besteuern den geldwerten Vorteil ganz oder teilweise im Zeitpunkt des zivilrechtlichen Erwerbs der Mitarbeiteraktien. Da viele Mitarbeiterbeteiligungspläne von international tätigen Unternehmen eingeführt werden, sollte die Schweiz den gleichen Besteuerungszeitpunkt wählen, um Doppelbesteuerungen zu vermeiden.

588

1.3.2

Besteuerung der gesperrten Mitarbeiteroptionen im Zeitpunkt der Ausübung

Den Vorschlag des Bundesrates, die Optionen grundsätzlich bei Zuteilung zu besteuern, lehnten die Kantone einstimmig und die grösseren Wirtschaftsverbände mehrheitlich ab. Festzustellen ist, dass die Börsenentwicklung einen Meinungsumschwung bewirkte. Während kurz nach Erlass des Kreisschreibens Nr. 5 vom 30. April 1997 eine optimistische Stimmung betr. Börsenkurse herrschte, hat sich diese im Verlaufe des Jahres 2001 ins Gegenteil gewandelt. Wer beispielsweise im Jahre 1999 für drei Jahre gesperrte Optionen erhielt, konnte noch hoffen, bei der Ausübung im Jahre 2002 einen steuerfreien Kapitalgewinn zu erzielen, weshalb er gerne bereit war, bei Zuteilung der Optionen Steuern zu zahlen. Bei den nun unter den vereinbarten Ausübungspreis gesunkenen Aktienkursen war niemand mehr bereit, die Optionen auszuüben und Aktien zu erwerben, die unter Umständen hätten weiterverkauft werden können, um die damals bezahlten Steuern nachträglich zu decken. Es gab leider viele Fälle, wo sich die Hoffnungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zerschlugen. Die Zuteilungsbesteuerung vermag Steuerpflichtige und Steuerbehörden nur in Zeiten steigender Börsenkurse zu befriedigen, sie tut es aber nicht mehr bei einer Trendumkehr. Längerfristig ist nur die Ausübungsbesteuerung gerechtfertigt, weil sie für die Mitarbeiter nicht mit Risiken behaftet ist. Bei der Ausübung fliessen zwar dem Mitarbeiter keine Geldbeträge zu, mit der er die Steuern für den geldwerten Vorteil, den er aus dem Erwerb der Aktien erhalten hat, bezahlen kann. In der Regel wird er die benötigten Mittel für die Bezahlung der künftigen Steuern bis zur Ausübung zurücklegen können. Allenfalls wird er die Mittel aus dem Verkauf der Aktien bereitstellen können.

Der Vorschlag, Mitarbeiteroptionen mit Bedingungen (= sog. Vesting) beim unwiderruflichen Rechtserwerb zu besteuern, wurde von den meisten Vernehmlassungsadressaten und von den Kantonen einhellig abgelehnt. Sie führten an, dass sich der Zeitpunkt des unwiderruflichen Rechtserwerbes nicht eindeutig bestimmen lasse.

Zudem sei der Vollzug durch die Steuerbehörden kaum praktikabel. Vertreter der Wirtschaft wiesen darauf hin, dass sich die vorgeschlagene Lösung im internationalen Verhältnis als Sonderlösung erweise, denn im internationalen Umfeld finde die Besteuerung fast ausnahmslos bei Ausübung
statt. Einige Länder, die die Vestingbesteuerung kannten, hätten sie in der Zwischenzeit aufgegeben. Dem ist in der Tat so, einzig die Niederlande kennen noch die Besteuerung beim unwiderruflichen Rechtserwerb.

Die Vorbringen der Kantone sind zutreffend. In den letzten Jahren haben vermehrt amerikanische Unternehmen Optionen an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schweizerischer Tochtergesellschaften abgegeben, die zahlreiche Bedingungen enthalten. Diese Bedingungen können suspensiver oder resolutiver Art sein. Dies stellt in der Praxis erhöhte Anforderungen an die Veranlagungsbehörden, um zu entscheiden, ob beim unwiderruflichen Rechtserwerb oder bei der Ausübung besteuert werden soll. Es kam bereits unter der bisherigen Praxis vor, dass die gleiche Option durch die eine Veranlagungsbehörde bei Zuteilung und durch die andere bei Ausübung steuerlich erfasst wurde. Die Unternehmen wie die Veranlagungsbehörden befürchten daher zu Recht, dass die Rechtsunsicherheit durch sich widersprechende Auskünfte zunehmen werde, wenn zusätzlich die Besteuerung im Zeitpunkt des unwiderruflichen Rechtserwerbs eingeführt würde. Eine Analyse der amerikanischen Mitarbeiterbeteiligungspläne durch die Eidg. Steuerverwaltung ergab, dass die meisten Verfallklauseln enthalten. Danach kann eine Mitarbeiterin oder ein Mitar589

beiter die Optionen entschädigungslos verlieren, selbst wenn beispielsweise nach Ablauf einer zweijährigen Sperrfirst die Möglichkeit besteht, die Optionen auszuüben. Dies ist in der Regel der Fall, wenn er oder sie das Arbeitsverhältnis kündigt und zur Konkurrenz wechselt oder wenn das Unternehmen reorganisiert wird usw.

Es bestehen somit zu viele Unsicherheiten, ob ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin jemals trotz Erwerb des Ausübungsrechts dazu kommt, die Optionen effektiv auszuüben.

Die Wirtschaft wie aber auch die Kantone sprachen sich noch aus einem anderen wichtigen Grund gegen die Besteuerung im Zeitpunkt des unwiderruflichen Rechtserwerbs aus: Vor allem ausländische Unternehmen haben die Tendenz, die Optionen halb- und vierteljährlich, wenn nicht sogar monatlich abzugeben. Die für diese Besteuerungsart erforderliche Bewertung der Optionen auf den Zeitpunkt des jeweiligen unwiderruflichen Rechtserwerbes würde den Unternehmen wie auch den Veranlagungsbehörden zusätzlichen administrativen Aufwand verursachen. Schon unter der jetzigen Praxis muss ein Unternehmen Fachleute für die Bewertung beiziehen. Die Veranlagungsbehörden müssen die eingereichten Bewertungsgutachten kontrollieren. Ein konsequentes Umstellen auf die Ausübungsbesteuerung führt deshalb zu Kosteneinsparungen für die Unternehmen wie für die Steuerverwaltungen, da nur noch auf effektive Werte abgestellt werden muss.

1.3.3

Die 50-prozentige Freistellung der geldwerten Leistung bei Ausübung der Mitarbeiteroptionen

Die Mehrheit der Kantone, der Parteien und der Wirtschaftsverbände begrüssten den Vorschlag des Bundesrates, 50 Prozent der geldwerten Leistung bei Optionsausübung freizustellen. Dies könne dem Wirtschaftsstandort «Schweiz» nur förderlich sein. Einige Wirtschaftsvertreter forderten sogar eine 70-prozentige Freistellung.

Dagegen sprachen sich die Sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften aus.

Die Vertreterinnen und Vertreter der Start-ups sprachen sich eher für eine sehr moderate Zuteilungsbesteuerung aus.

Eine Freistellung rechtfertigt sich aber nur, wenn alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen, die Optionen abgeben, gleich behandelt werden. Eine Unterscheidung nach Art des Unternehmens darf nicht getroffen werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Start-ups wie auch etablierter Unternehmen tragen gleichermassen zum Wohl des Wirtschaftsstandortes «Schweiz» bei. Zudem wäre es schwierig, im Gesetz zu definieren, was ein etabliertes oder ein Start-up-Unternehmen ist.

Ohne Freistellung müsste der ganze geldwerte Vorteil, der bei Ausübung oder allenfalls später bei Veräusserung der erworbenen Aktien erzielt wird, aus steuersystematischen Gründen erfasst werden, da der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin in diesen Zeitpunkten ein vermindertes oder gar kein Risiko trägt. Die volle Besteuerung würde aber selbst gegenüber der bisherigen Praxis betreffend Zuteilungsbesteuerung zu einer Steuerverschärfung führen. Dies würde einerseits die Schweiz für zuzugswillige Unternehmen unattraktiv machen und andererseits würden die Unternehmen die bestehenden Optionspläne aufheben oder nicht weiterführen. Weil andere Staaten begünstigende Besteuerungsmodelle kennen (vgl. Ziff. 1.5), ist der Bundesrat überzeugt, dass mit einer 50-prozentigen Freistellung der Wirtschaftsstandort «Schweiz» im internationalen Umfeld wirksam gefördert werden kann.

590

Oft wird die Freistellung auch damit begründet, dass man der Steuerfreiheit der Kapitalgewinne Rechnung tragen müsse. Steuerrechtlich gesehen trifft dieses Argument nicht zu, denn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin erhält formal die ganze Leistung vom Arbeitgeber, es handelt sich also um Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit. Indessen hängt die Höhe der Salärzahlung nicht primär von der Leistung des Mitarbeitenden, sondern in der Regel von der Wertsteigerung des der Option zugrunde liegenden Aktie des Unternehmens ab. Das trifft zwar für viele andere Bonuszahlungen auch zu, allerdings nicht in diesem extremen Ausmass wie bei den meisten Optionen. Hinzu kommt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Teil ihres Lohnes für eine bestimmte Zeit im Unternehmen wie Aktionäre «stehen lassen». Die vorgeschlagene Freistellung trägt diesem besonderen wirtschaftlichen Sachverhalt in pauschaler Form Rechnung. Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass die Freistellung vor allem in den obersten Lohnsegmenten zu deutlichen Steuervorteilen führen kann. Deshalb möchte der Bundesrat die Höhe der Freistellung begrenzen.

1.3.4

Die Freistellungsmethode

Da nun die konsequente Ausübungsbesteuerung für die gesperrten Mitarbeiteroptionen vorgeschlagen wird, ist die im Rahmen der Vernehmlassung diskutierte 50-prozentige Freistellung zu nuancieren. Nach dem ursprünglichen Vorschlag war die Zuteilungs-, Vesting- und Ausübungsbesteuerung je nach Art des Mitarbeiterbeteiligungsplanes möglich, weshalb es für die Freistellung der geldwerten Leistung aus der Optionsausübung besondere Bedingungen brauchte. Für die Gewährung der Freistellung bei der konsequenten Ausübungsbesteuerung braucht es nun aber andere Bedingungen, die im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens nicht unterbreitet werden konnten. Die damals vorgeschlagene Ausübungsbesteuerung hat die 50-prozentige Freistellung nicht von der Dauer der Sperrfrist abhängig gemacht. Theoretisch müsste bei einer unbesehenen Übernahme des ursprünglichen Vorschlages schon nach einer kurzen Sperrfirst von einem Jahr 50 Prozent der geldwerten Leistung freigestellt werden. Da Optionen in der Regel zwischen 1 und 5 Jahren gesperrt sind, drängt sich ein lineares Modell auf. So können bei einer einjährigen Sperrfrist 10 Prozent, bei einer zweijährigen Sperrfrist 20 Prozent (bis maximal 50 Prozent) der geldwerten Leistung freigestellt werden. Es sind zwar andere Modelle denkbar.

Dem linearen Modell ist aber der Vorzug zu geben, weil es in zeitlicher Hinsicht den verschiedenen Sperrfristen am besten gerecht wird. Würden generell 50 Prozent der geldwerten Leistung nach einer Sperrfrist von beispielsweise 3 Jahren freigestellt, so könnte faktisch kein Unternehmen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Pläne mit kürzeren Sperrfristen anbieten.

Die Freistellung kann aber nur auf der Wertsteigerung gewährt werden, die in der Zeit zwischen der Optionszuteilung und -ausübung eintritt. D.h. der Ausübungspreis darf nicht unter dem Verkehrswert der Aktie bei Optionszuteilung liegen. Diese Voraussetzung ist anhand eines Beispieles zu verdeutlichen: Verkehrswert der Aktie bei Zuteilung:

100 (=Ausübungspreis)

Sperrfrist:

5 Jahre

Verkehrswert der Aktie bei Ausübung:

140

steuerbar 50 Prozent von 40:

20 591

Wird tatsächlich aber ein Ausübungspreis von 80 vereinbart, so darf nur die Differenz von 40 zur Hälfte freigestellt werden. Die Freistellung auf der Differenz von 60 wäre zu verweigern. Korrekterweise müsste ein Betrag von 20, der der Differenz zwischen dem Verkehrswert der Aktie bei Zuteilung (100) und dem tatsächlichen Ausübungspreis (80) entspricht, als zusätzliche geldwerte Leistung im Ausübungszeitpunkt besteuert werden.

1.3.5

Die erweiterte Quellenbesteuerung

Mitarbeiteroptionen werden vorwiegend dem oberen Kader eines Unternehmens abgegeben. Im Zeitalter der Globalisierung wird vom oberen Kader erwartet, dass es weltweit eingesetzt werden kann. Zwischen der Zuteilung und Ausübung gesperrter Optionen können die Mitglieder des Kaders somit in verschiedenen Ländern ansässig und tätig sein. Im Zeitpunkt der Ausübung gesperrter Optionen stellt sich daher die Frage, in welchem Land der geldwerte Vorteil verdient wurde. In Anlehnung an eine OECD-Empfehlung (vgl. Ziff. 1.4.3) gilt der geldwerte Vorteil aus der Optionsausübung als Arbeitseinkommen, das in der Zeit zwischen der Zuteilung und dem unwiderruflichen Erwerb des Ausübungsrechts verdient worden ist. Wenn ein Mitarbeiter in dieser Zeit zuerst im Staate A und dann im Staate B ansässig und tätig war, steht nur diesen Staaten das anteilsmässige Besteuerungsrecht zu. Wenn der Mitarbeiter die Optionen später im Staate C ausübt, steht diesem das Besteuerungsrecht nicht zu, da es sich nicht um Einkommen aus einer Arbeitstätigkeit auf seinem Gebiet handelt.

Diese Lösung setzt voraus, dass die Schweiz ihr Besteuerungsrecht durchsetzen kann. Während der Arbeitstätigkeit in der Schweiz muss die Arbeitgeberin den Steuerbehörden bescheinigen, dass sie ihrem Mitarbeiter Optionen zugeteilt hat.

Falls der Mitarbeiter bereits im Ausland Optionen erworben hat, muss das schweizerische Unternehmen bescheinigen, dass er hier das Ausübungsrecht unwiderruflich erworben hat. Übt er die Optionen später im Ausland aus, so hat das schweizerische Unternehmen die anteilsmässige Steuer dem Schweizer Fiskus abzuliefern.

1.4

Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht

1.4.1

Die Mitarbeiteraktien

Die Abgabe von Mitarbeiteraktien ist vor allem in Ländern wie den USA, UK und F seit längerem beliebt. Die vergünstigte Abgabe von freien Mitarbeiteraktien unterliegt in den USA einem Bundessteuersatz von rund 35 Prozent plus Staatssteuersätzen zwischen 3,5 und 13,5 Prozent. Bei einem Verkauf innert eines Jahres nach dem Erwerb fällt eine progressive Einkommenssteuer auf dem Kapitalgewinn an. Erfolgt der Verkauf nach einer Haltedauer von einem Jahr, so wird eine Kapitalgewinnsteuer von 15 Prozent (früher 20 Prozent) erhoben. Der steuerlichen Privilegierung unterliegen die «Employee Stock Ownership Plans» (ESOP). Zu diesem Zweck ist ein Trust zu errichten. Die Einkommenssteuer wird aufgeschoben, d.h. die Mitarbeiterinnen und der Mitarbeiter haben sie erst zu entrichten, wenn der Trust die Aktien freigibt. Der Berechnung wird der Verkehrswert zum Zeitpunkt des Einbringens der Aktien in den ESOP zu Grunde gelegt. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin hat für 592

den seit der Einbringung resultierenden Wertzuwachs eine Kapitalgewinnsteuer von 15 Prozent zu entrichten.

Gebundene Mitarbeiteraktien werden in den USA an und für sich auch beim Erwerb besteuert. Wenn sie zurückverkauft werden müssen und nicht weiter übertragbar sind, erfolgt aber ein Steueraufschub. Der Besteuerung unterliegt die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Aktie bei Rückkauf und dem damaligen Erwerbspreis. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben hier aber nach Erwerb der Aktie ein Wahlrecht auf die sofortige Besteuerung (Andreas Risi, Mitarbeiteroptionen und -aktien, Schriftenreihe der Treuhandkammer, Band 164, S. 453 ff).

Weniger verbreitet sind die Mitarbeiteraktien in Deutschland. Dort unterliegt die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Aktie und dem Vorzugspreis voll der Einkommenssteuer (Satz von 48,5 Prozent). Ein sog. Veräusserungsverbot (Sperrfrist) rechtfertigt nach der deutschen Rechtsprechung keine Bewertung unter dem Börsenkurs (Ludwig Schmidt, Kommentar zum Einkommenssteuergesetz, 20. Auflage 2001, S. 1661).

1.4.2

Die Mitarbeiteroptionen

Sofern ein Land die gleiche Unterscheidung wie der vorliegende Gesetzesentwurf trifft, werden börsenkotierte Mitarbeiteroptionen in der Regel bei Zuteilung besteuert (A, D, B, NL). Der bei der Ausübung der Option erzielte geldwerte Vorteil wird als steuerfreier Kapitalgewinn qualifiziert.

Vor allem dürfte hier interessieren, dass die nicht börsenkotierten, gesperrten oder eine bestimmte Zeit gehaltenen Optionen in fast allen Ländern bei Ausübung besteuert werden (A, D, F, IRL, LUX, N, S, SGP, UK, USA). UK kennt noch die Besteuerung bei Verkauf der Aktien, die durch Ausübung sog. «approved options» erworben wurden.

Die USA belegen bei Ausübung der sog. «non qualified stock options» die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Aktie und dem Ausübungspreis mit der Einkommenssteuer (Satz von rund 35 Prozent). Bei einem späteren Verkauf der Aktie wird eine Kapitalgewinnsteuer von 15 Prozent erhoben. M.a.W. bei diesen Optionen wird keine steuerliche Privilegierung gewährt.

Bei den sog. «Incentive stock options» (ISO) fällt bei Ausübung keine Einkommenssteuer an. Erst bei Verkauf der Aktie wird die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Aktie und dem Ausübungspreis als Kapitalgewinn erfasst. Bei einem Verkauf der Aktien innerhalb von zwei Jahren nach Zuteilung oder eines Jahres nach der Ausübung fällt aber noch die Einkommenssteuer an.

Singapur und Österreich kennen eine Freistellung der bei Ausübung erzielten geldwerten Leistung von maximal 50 Prozent. Österreich begünstigt den geldwerten Vorteil nur, wenn der Wert der Beteiligung, auf den sich die gewährte Optionen bezieht, den Betrag von EUR 36 400 pro Kalenderjahr nicht übersteigt. Werden Optionen auf höhere Beteiligungen eingeräumt, so wird der den Betrag von EUR 36 400 übersteigende Teil nicht privilegiert. Die Steuerbegünstigung beträgt 10 Prozent auf der geldwerten Leistung für jedes abgelaufene Jahr ab Einräumung (vgl. Ingrid Puchegger, Stock-Option-Pläne in international tätigen Unternehmen, Diss. 2004, Wien).

593

1.4.3

Die OECD-Empfehlungen

Die OECD setzte sich bereits im Jahre 2002 mit der Frage auseinander, wie die Einkünfte aus verschiedenen Tätigkeiten in mehreren Staaten zu besteuern sind. Ihre Empfehlungen sind mehrmals überarbeitet worden, letztmals im Bericht vom 16. Juni 2004 (Cross-border income tax issues arising from employee stock option plans; publiziert am 23. August 2004). Die wesentlichste Empfehlung findet sich unter Ziffer 12.14 zum Kommentar des Artikels 15 OECD-MA (Ziff. 34 des Berichts, S. 15; http://www.oece.org/dataoece/35/53/33700277). Danach sollen die Einkünfte aus Mitarbeiteroptionen besteuert werden «in proportion of the number of days during which employment has been exercised in that country to total number of days during which employment services from which the stock-option is derived has been exercised». Mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag kommt der Bundesrat dieser Empfehlung nach.

Eine weitere Empfehlung betrifft die Unternehmen. Sie besagt, dass eine ausländische Betriebsstätte die Kosten für die Optionen geltend machen kann, wenn sie diese auch tatsächlich übernimmt. Diese Empfehlung entspricht der schweizerischen Steuerpraxis, weshalb sich eine besondere Bestimmung im DBG und StHG erübrigt.

1.5

Umsetzung

Die Umsetzung dieser Vorlage wird durch die kantonalen Steuerverwaltungen und durch die Eidg. Steuerverwaltung erfolgen. Da keine Optionsbewertungen nach finanzmathematischen Formeln mehr vorzunehmen sind, erübrigt sich eine Verordnung, wie sie noch im Bericht der gemischten Arbeitsgruppe vom 21. Dezember 2001 vorgeschlagen wurde.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Erläuterungen zu den Artikeln des DBG

Art. 5 Abs. 1 Bst. b Hier wird eine numerative Ergänzung vorgeschlagen, da Mitglieder der Verwaltung oder Geschäftsführung von juristischen Personen in der Regel auch Mitarbeiterbeteiligungen erhalten, auch wenn sie in der Schweiz nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind. Die wirtschaftliche Zugehörigkeit genügt, um hier für geldwerte Vorteile aus Mitarbeiterbeteiligungen steuerpflichtig zu werden.

Art. 17 Durch die Einfügung der Artikel 17a­17d DBG drängt sich aus gesetzessystematischen Gründen eine Sachüberschrift auf. In Anlehnung an Artikel 18, der eine Generalklausel für die selbständige Erwerbstätigkeit enthält und mit Grundsatz überschrieben ist, wird für Artikel 17 die gleiche Sachüberschrift vorgeschlagen.

594

Die Generalklausel in Absatz 1, die eine nicht abschliessende Aufzählung der Einkünfte enthält, soll ebenfalls aus gesetzessystematischen Gründen mit einem Hinweis auf die geldwerten Vorteile aus Mitarbeiterbeteiligungen ergänzt werden. Dies macht im Hinblick auf die nachfolgenden Grundsätze der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen Sinn.

Art. 17a Dieser Artikel enthält in Absatz 1 eine nicht abschliessende Definition der «Mitarbeiterbeteiligung». Sie ist nicht abschliessend, weil eine Mitarbeiterbeteiligung nicht nur bei Abgabe eigentlicher Aktien, sondern auch bei Abgabe von Partizipationsscheinen und Anteilscheinen an Genossenschaften oder sogar an Anlagefonds möglich ist. Mit der Umschreibung «Beteiligungen anderer Art» können besondere ausländische Modelle unter diesen Begriff subsumiert werden. In Frankreich beispielsweise geben die Unternehmen ihren Mitarbeitenden Anteilscheine an einem von ihnen errichteten Anlagefonds ab, in dessen Leitung Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin paritätisch einsitzen. Der Anlagefonds hat Aktien des Unternehmens auf dem freien Markt einzukaufen. Nach Ablauf der Sperrfrist auf den Anteilscheinen erhalten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Aktien zur freien Verfügung.

Mit dem Adjektiv «echt» in Absatz 1 soll zum Ausdruck gebracht werden, dass in einem Mitarbeiterbeteiligungsplan die Einräumung von Beteiligungsrechten wie Stimm-, Dividenden- und Bezugsrechte ermöglicht werden muss. Mitarbeiteroptionen gelten dann als «echt», wenn sie letztlich nach der Ausübung dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin die Möglichkeit einräumen, Aktien oder andere Beteiligungspapiere seiner oder ihrer Arbeitgeberin zu erwerben.

Unechte Mitarbeiterbeteiligungen bezwecken weder direkt mittels Aktien noch indirekt mittels Optionen den Erwerb von Beteiligungen an der Arbeitgeberin. In der Regel wird damit die Art und Weise der Berechnung des künftigen Bonus in Aussicht gestellt. So wird etwa der künftige Bonus anhand der Aktienkurssteigerung oder der Dividendenrendite berechnet.

Es liegt auch keine echte Mitarbeiterbeteiligung vor, wenn ein Unternehmen der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter die Möglichkeit einräumt, beispielsweise nach drei Jahren Bargeld statt der Aktien zu beziehen. Wegen dieser Wahlmöglichkeit ist es bei der Zuteilung der
Option nicht sicher, ob der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin überhaupt Beteiligungsrechte erwerben will. Das Wahlrecht ist daher als Anwartschaft zu qualifizieren.

Als unechte Mitarbeiterbeteiligung ­ aber nicht im Sinne von Absatz 2 ­ muss auch qualifiziert werden, wenn das Unternehmen die Abgabe von Aktien in beispielsweise zwei Jahren verspricht, falls das Arbeitsverhältnis dannzumal ungekündigt sein wird (sog. Share Awards). Bei der Abgabe des Versprechens ist unsicher, ob das Arbeitsverhältnis beim Eintritt der Bedingung noch bestehen wird. Wegen dieser Unsicherheit haben solche Mitarbeiterbeteiligungspläne auch einen anwartschaftlichen Charakter. Share Awards sind auch nicht als Optionen zu qualifizieren, da sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kein Ausübungsrecht einräumen. Die Aktien werden übertragen, sobald die Bedingung eingetreten ist. Wenn die Aktien dann effektiv abgegeben werden, sind sie aber als echte Mitarbeiterbeteiligung nach Absatz 1 zu qualifizieren. D.h. sie sind bei der künftigen Abgabe entweder als freie

595

oder gesperrte Mitarbeiteraktien zu besteuern, falls noch eine Verfügungssperre auferlegt wird.

Art. 17b Dieser Artikel regelt die Besteuerungszeitpunkte der echten Mitarbeiterbeteiligungen und die Bemessung der steuerbaren Leistung. Absatz 1 sieht die Besteuerung im Zeitpunkt des Erwerbes der Mitarbeiterbeteiligungen vor. Dieser Grundsatz gilt namentlich für die frei verfügbaren und die gesperrten Mitarbeiteraktien sowie für die an der Börse kotierten Mitarbeiteroptionen, die sofort nach Erwerb frei verfügund ausübbar sind (sog. handelbare Optionen). Dieser Grundsatz gilt aber nicht für die gesperrten oder für die nicht börsenkotierten Optionen. Diese werden nach Absatz 3 im Zeitpunkt der Ausübung besteuert.

An der Börse kotierte Mitarbeiteroptionen sind selten; grössere Publikumsgesellschaften geben ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelegentlich solche Optionen zur freien Verfügung und sofortigen Ausübung ab. Da Börsenkurse bestehen, haben sie einen sofort feststellbaren Wert. Die Unternehmen können diesen Wert den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Handen der Veranlagungsbehörde bescheinigen. Diese müssen keine eigene Bewertung vornehmen. Daher rechtfertigt es sich, die börsenkotierten Optionen im Zeitpunkt der Zuteilung zu besteuern. Im Falle ihres Verkaufs oder Ausübung erzielt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin einen steuerfreien Kapitalgewinn. Die überwiegende Mehrzahl der Mitarbeiterbeteiligungspläne sieht dagegen die Abgabe nicht börsenkotierter oder börsenkotierter Optionen vor, die einer Sperrfrist unterliegen, da die Unternehmen ihre Mitarbeitenden längerfristig binden wollen. Es ist anzunehmen, dass die seltenen, nicht börsenkotierten, aber handelbaren Optionen (handelbar allenfalls auch nach Wegfall einer bestimmten Sperrfrist) angesichts der vorgeschlagenen Ausübungsbesteuerung nicht mehr abgegeben werden. Für die Besteuerung solcher Optionen bei Zuteilung oder allenfalls bei Wegfall der Sperrfrist müsste eine Bewertung durch die Unternehmen erfolgen, was aber immer mit hohen Kosten verbunden ist.

Absatz 1 2. Satz schreibt vor, wie die steuerbare Leistung zu berechnen ist. Es handelt sich um einen steuerlich allgemein anerkannten Grundsatz. Grundsätzlich ist immer vom Verkehrswert auszugehen. Der Verkehrswert von Mitarbeiteraktien wird mit einem Einschlag von 6 Prozent
pro Sperrjahr reduziert, längstens jedoch bis zum 10 Sperrjahr. Längere Sperrfristen können vereinbart werden, sie bleiben aber steuerlich unbeachtlich. Absatz 2 entspricht somit der bisherigen Praxis (vgl.

Ziff. 1.1.1.3).

Bei den Mitarbeiteroptionen wird meistens vereinbart, dass der Ausübungspreis dem Verkehrswert der Aktie im Zeitpunkt der Optionszuteilung entspricht. Die Unternehmen wollen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Wertanstieg der Aktie während der Sperrfrist als geldwerten Vorteil zukommen lassen. Nur dieser Wertanstieg soll teilweise von der Besteuerung freigestellt werden. Nun kann es sein, dass ein Mitarbeiter für die zu erwerbenden Aktien keinen oder lediglich einen bescheidenen Erwerbspreis entrichten muss, der unter dem Verkehrswert der Aktie im Zeitpunkt der Optionszuteilung liegt. In solchen Situationen dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht von einer Freistellung profitieren (vgl. das Beispiel unter Ziff. 1.3.4.). Im Gesetz ist daher die Freistellung auf den Wertzuwachs der Aktie während der Besitzesdauer der Option zu beschränken.

596

Im Rahmen der Vernehmlassung ist vorgeschlagen worden, die Freistellung an die Haltedauer der Option zu knüpfen. Die Haltedauer ist von persönlichen Entscheiden der Mitarbeitenden abhängig. Diese entscheiden, wann sie von ihrem Ausübungsrecht Gebrauch machen wollen. Dies würde je nach Haltedauer zu unterschiedlichen Freistellungen führen. Wird dagegen die Freistellung von der Sperrfrist abhängig gemacht, so wird jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin eines Unternehmens der gleiche Prozentsatz eingeräumt. Das Abstellen auf die Sperrfrist garantiert eine Gleichbehandlung der Mitarbeitenden im gleichen Unternehmen.

Art. 17c Werden unechte Mitarbeiterbeteiligungen abgegeben, so ist wegen dem im Mitarbeiterbeteiligungsplan eingeräumten Wahlrecht oder wegen den vereinbarten Bedingungen mit der Besteuerung bis zum Zufluss des Bargeldes oder der Übertragung der Aktien zuzuwarten. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin wird also nicht vom Einschlag von 6 Prozent auf dem Verkehrswert der Aktie bei Beginn des Mitarbeiterbeteiligungsplanes profitieren können. Bei einem Entscheid für den Erwerb von Aktien wird er oder sie die Differenz zwischen dem dannzumaligen Verkehrswert und dem allfälligen Erwerbspreis nach Artikel 17b Absatz 1 versteuern müssen.

Falls der Mitarbeiterbeteiligungsplan nach dem dannzumaligen Erwerb noch eine Verfügungssperre vorsieht, ist die Besteuerung nach Artikel 17b Absatz 2 vorzunehmen.

Art. 17d Mit diesem Artikel wird die Grundlage für das anteilsmässige Besteuerungsrecht der Schweiz gelegt. Das Arbeitseinkommen unterliegt auch dann der Steuerpflicht, wenn der geldwerte Vorteil im Ausland realisiert wird. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eines schweizerischen Unternehmens zwischen der Zuteilung und dem Entstehen des Ausübungsrechts hier für dieses tätig war.

Dieser Vorschlag, der auf eine Empfehlung einer OECD-Expertenkommission zurückgeht, soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Der Mitarbeiter X einer ausländischen Muttergesellschaft erhält Optionen, die einer Verfügungssperre von 5 Jahren unterliegen. Bei der Zuteilung wohnt und arbeitet er im Lande A. Nach zwei Jahren wechselt er zur schweizerischen Tochtergesellschaft und arbeitet für diese hier in der Schweiz mehr als 3 Jahre. Die Optionen könnte er nun hier ausüben. Die Aktien seines
Unternehmens sind noch zu wenig gestiegen, weshalb Mitarbeiter X noch mit der Ausübung zuwartet. Im siebten Jahr übt er seine Optionsrechte aus, arbeitet aber zu dieser Zeit im Land B bei einer anderen Tochtergesellschaft. Der geldwerte Vorteil beträgt 50 pro Option. Nach diesem Artikel kann die Schweiz Dreifünftel ­ also 30 ­ und Land A Zweifünftel der geldwerten Leistung besteuern. Die schweizerische Veranlagungsbehörde wird in diesem Fall dann noch die Freistellung nach Artikel 17b Absatz 3 DBG gewähren. Das Land B kann diesen geldwerten Vorteil nicht besteuern, weil sich der Mitarbeiter X weder bei der Zuteilung noch im Zeitpunkt des Entstehens des Ausübungsrechts dort aufhielt.

Damit gibt die Schweiz ihre bisherige, unbefriedigende Praxis auf. Nach dieser Praxis musste ein Mitarbeiter, der im Ausland nicht bewertbare Optionen erhalten und diese Optionen nach einem Zuzug in die Schweiz ausgeübt hat, seinen mit der Ausübung erzielten geldwerten Vorteil voll versteuern. Ein Mitarbeiter mit bewertbaren Optionen bezahlte keine Steuern, weil die ausländischen Staaten ohnehin bei 597

Ausübung besteuerten und weil die Schweiz davon ausging, dass bewertbare Aktien bei Zuteilung hätten besteuert werden müssen.

Art. 84 Abs. 2 Hier geht es darum, die der Quellenbesteuerung unterliegenden Leistungen numerativ mit einem Hinweis auf die Mitarbeiteraktien und -optionen zu ergänzen. Dies wird ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreffen, die keine fremdenpolizeiliche Niederlassungsbewilligung, aber den steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben.

Art. 93 Abs. 1 und 2 Auch Mitglieder von Verwaltungsräten können Mitarbeiteraktien oder -optionen beziehen. Dies wird in beiden Bestimmungen ergänzt.

Art 97a Die Steuerpflicht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in der Schweiz Optionen erhalten oder im Verlaufe ihrer hiesigen Tätigkeit ein Ausübungsrecht erworben haben und es im Ausland gegenüber der schweizerischen oder ausländischen Mutter- oder Gruppengesellschaft ausüben, bleibt bestehen. Eine Wegzugbesteuerung würde hier keinen Sinn machen. Zum einen kennt das DBG die Wegzugbesteuerung nicht, zum andern hat der Mitarbeiter beim Wegzug nichts realisiert. Der auf die OECD-Empfehlungen zurückgehenden anteilsmässigen Besteuerung ist daher der Vorzug zu geben, da sie an die Arbeitstätigkeit zwischen der Zuteilung und dem Erwerb des Ausübungsrechts anknüpft.

Der Bundesrat schlägt vor, die Steuer mit 11,5 Prozent ­ also dem Maximalsatz ­ festzusetzen, da ohnehin die meisten Kaderleute bei der Besteuerung in der Schweiz diesem Satz unterliegen. Bei der Berechnung ist selbstverständlich von der Freistellung nach Artikel 17b Absatz 3 auszugehen.

Art 98 Der Einschub eines neuen Artikels 97a macht die Anpassung des Verweises in dieser Bestimmung notwendig.

Art. 100 Abs. 1 Bst. d Diese Bestimmung betrifft die Artikel 17d und 97a DBG ­ also die anteilsmässige Besteuerung. Wesentlich ist, dass das schweizerische Unternehmen zur Steuerschuldnerin wird, auch wenn sie dem ehemaligen Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil selber nicht direkt ausrichtet. Sie wird sich entweder bei der ausländischen Mutter- oder Gruppengesellschaft schadlos halten oder die Steuer beim inzwischen im Ausland wohnhaften Mitarbeiter einfordern müssen.

Art. 129 Die Natur des Rechtsgeschäfts von Mitarbeiterbeteiligungen, das über mehrere Jahre dauern kann, verlangt die Einführung einer besonderen Meldepflicht. Die Bescheinigungspflicht nach Artikel 127 Absatz 1 Buchstabe a gegenüber dem Mitarbeiter 598

vermag nicht in jedem Fall zu genügen. Zu denken ist an den Fall, wo der Mitarbeiter seine Option vom Ausland her gegenüber dem schweizerischen Unternehmen ausübt. Von einem solchen Mitarbeiter kann die Bescheinigung mangels Wohnsitz in der Schweiz nicht eingefordert werden, obwohl er für die geldwerte Leistung noch hier steuerpflichtig ist. Namentlich bei den Optionen ist die Zuteilung, der Erwerb des Ausübungsrechts und die Ausübung zu bescheinigen.

2.2

Erläuterungen zu den Artikeln des StHG

Die folgenden Artikel des StHG entsprechen den Artikeln des DBG, weshalb auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen wird: Art. 4 Abs. 2 Bst. b

Art. 5 Abs. 1 Bst. b

Art. 7a

Art. 17a DBG

Art. 7b

Art. 17b DBG

Art. 7c

Art. 17c DBG

Art. 7d

Art. 17d DBG

Art. 32 Abs. 3

Art. 84 Abs. 2 DBG

Art. 35 Abs. 1 Bst. c

Art. 93 Abs. 1 DBG

Art. 35 Abs. 1 Bst. d

Art. 93 Abs. 2 DBG

Art. 35 Abs. 1 Bst. i

Art. 97a Abs. 1 DBG

Art. 37 Abs. 1 Bst. d

Art. 100 Abs. 1 Bst. d DBG

Art. 45 Bst. e

Art. 129 Abs. 1 Bst. d DBG

Zum Einschlag bei den Mitarbeiteraktien und zur Freistellung bei den Mitarbeiteroptionen ist festzuhalten, dass diese Vorgaben die Bemessungsgrundlagen des Einkommens betreffen. Insofern werden die Steuerhoheiten der Kantone nicht betroffen. Artikel 97a Absatz 2 DBG darf daher nicht in Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe i StHG übernommen werden, da es sich um eine tarifarische Vorschrift handelt. Die Kantone sind hier autonom, einen eigenen Steuersatz vorzuschreiben.

Art. 14a Für die Vermögenssteuer sind alle Mitarbeiteraktien, die einer Sperrfrist unterliegen, angemessen mit einem Einschlag zu bewerten. Wie hoch dieser Einschlag ist, können die Kantone auf Grund ihrer Tarifhoheit selber bestimmen.

Da die Zuteilung der Mitabeiteroptionen von den Arbeitgebern zu bescheinigen ist, müssen die damit verbundenen Eigentums- oder Anwartschaftsrechte deklariert werden. Da die nicht börsenkotierten und unechten Mitarbeiteroptionen bei Zuteilung keinen Einkommenssteuerwert haben, ist konsequenterweise auch keine Vermögenssteuer zu ermitteln. Deshalb genügt es, wenn in den Vermögensverzeichnissen pro memoria auf solche Optionen hingewiesen wird.

599

Art. 72e Unternehmen, die Mitarbeiterbeteiligungen abgeben, haben in der Regel Angestellte, die in verschiedenen Kantonen wohnhaft sind. Daher drängt sich eine zeitgleiche Anpassung der kantonalen Gesetzgebungen auf. Dies hat auf den Zeitpunkt des vorliegenden Gesetzesentwurfs zu geschehen.

2.3

Übergangsrecht

Der Bundesrat wird im Interesse einer zeitgleichen Anpassung der DBG- und der StHG-Vorschriften die Inkraftsetzung mit den Kantonen absprechen. Nur so kann sichergestellt werden, dass das vorgeschlagene Besteuerungsmodell zu einer rechtssicheren Praxis in der Schweiz führt.

Weitere übergangsrechtliche Bestimmungen sind nicht notwendig. Bei den Mitarbeiteraktien wird die bisherige Praxis ohnehin weitergeführt. Übergangsrechtliche Fragen werden sich einzig bei Optionen stellen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bei Zuteilung besteuert worden sind und die nach Inkrafttreten ausgeübt werden.

Nach den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungsrechtsprechung dürfen rechtskräftige Veranlagungen nicht aufgehoben werden. Einzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Veranlagungen vor dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht rechtskräftig sind, können die Ausübungsbesteuerung geltend machen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Optionen vor dem Inkrafttreten erhielten und nach der alten Praxis ohnehin bei Ausübung besteuert worden wären, können in den Genuss der Freistellung gelangen.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Mangels statistischer Erhebungen sind keine finanziellen Auswirkungen absehbar.

Es ist auch schwer abzuschätzen, wie die Wirtschaft auf das vorgeschlagene Besteuerungsmodell reagieren wird. Zurzeit rücken einige Unternehmen wegen Verschärfung der Bestimmungen über die Rechenschaftslegung in verschiedenen ausländischen Staaten von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen mittels Optionen ab und zahlen vermehrt Boni aus. Wie weit die Aktienrechtsrevision betr. Transparenz der Vergütungen an die Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung mitspielt, ist ebenfalls schwer abzuschätzen.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

In finanzieller Hinsicht gilt das Gleiche wie vorstehend. In personeller Hinsicht ist in den kantonalen Steuerverwaltungen eine Entlastung vor allem bei den Bewertungen und Begutachtungen der Mitarbeiteroptionspläne zu erwarten.

600

3.3

Auswirkungen auf die Volkwirtschaft

Der Bundesrat rechnet damit, dass die Vorlage zu einer Hebung der Standortattraktivität der Schweiz beitragen wird. Die Schweiz wird für die Mitarbeitenden von etablierten Unternehmen wie auch von Start-ups attraktiver werden. Die Unternehmen können Kaderleute nicht nur länger an sich binden, sondern damit auch deren Risikobereitschaft heben. Letzteres dürfte den Investoren und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Start-ups entgegenkommen. Die bisherige Praxis mit der vollen Ausübungsbesteuerung hat Kaderleute von Start-ups davon abgehalten, ihre Unternehmen in der Schweiz aufzubauen. Diese Lösung kann jungen, innovativen Leuten, die in der Schweiz oder im Ausland eine gute Ausbildung genossen haben, interessante Arbeitsplätze in Hochtechnologiebranchen ermöglichen. Sie hilft damit nicht nur die Standortattraktivität in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch in Bezug auf die Ausbildungsstätte «Schweiz» auf einem hohen Niveau zu halten.

Der Gesetzesvorschlag erfüllt die Anliegen, die Besteuerung zu vereinfachen und die Start-ups mit den etablierten Firmen gleichzustellen. Die Steuerbehörden können deshalb rasch Auskunft geben. Sie müssen damit nicht mehr zuwarten, bis ein Bewertungsgutachten erstellt ist. Die Unternehmen können sich die diesbezüglichen Kosten ersparen. In Zeiten, wo unternehmerische Entscheide rasch gefällt werden, kann eine rasche, rechtsverbindliche Auskunft durch die Behörden ebenfalls zur Standortattraktivität beitragen.

3.4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist im Bericht des Bundesrates vom 25. Februar 2004 über die Legislaturplanung 2003­2007 angekündigt (BBl 2004 1195, Ziff. 1.3).

4

Rechtliche Aspekte

4.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Diese Vorlage stützt sich auf die Artikel 128 und 129 BV, die dem Bund die Kompetenz geben, auf dem Gebiete der direkten Bundessteuer und der Steuerharmonisierung Steuervorschriften zu erlassen. Dabei sind die Grundsätze der Besteuerung nach Artikel 127 BV zu beachten.

4.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Diese Vorlage beachtet die internationalen Besteuerungsgrundsätze, die im Rahmen der Doppelbesteuerungsabkommen aufgestellt wurden. Die Schweiz besteuert vor allem bei den Optionären nur das während ihrer Ansässigkeit in der Schweiz erzielte Arbeitseinkommen, so dass sie damit beiträgt, Doppelbesteuerungen zu vermeiden.

601

4.3

Vereinbarkeit mit dem EU-Recht

Die EU hat noch keine Bestimmungen zur Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen erlassen. Es liegt ein Expertenbericht vor, in dem unverbindliche Empfehlungen den EU-Staaten abgeben werden. Sie decken sich weitgehend mit den vorstehenden OECD-Empfehlungen.

4.4

Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen

Der Bundesrat verzichtet auf den Erlass einer Verordnung, wie sie in der Vernehmlassungsvorlage noch vorgesehen war, da der vorliegende Gesetzesentwurf keine Bewertungsfragen zu regeln hat.

602