05.077 Botschaft über die Gewährung eines Darlehens an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) zur Finanzierung eines Gebäudes der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf vom 9. November 2005

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, mit der vorliegenden Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Gewährung eines Darlehens von 60 Millionen Schweizer Franken an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) zur Finanzierung eines Gebäudes für die Welthandelsorganisation (WTO) in Genf, mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

9. November 2005

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Samuel Schmid Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2004-0430

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Übersicht Die Schweiz verfügt über eine langjährige Tradition als Sitzstaat internationaler Organisationen und als Durchführungsort von Konferenzen und multilateralen Treffen. Diese Rolle als Gaststaat verschafft unserem Land eine wertvolle und einzigartige Plattform für seine aussenpolitischen Interessen. Der Gaststaatpolitik und ganz besonders dem internationalen Genf kommt deshalb in der schweizerischen Aussenpolitik grosse Bedeutung zu.

Ein wesentliches Element dieser Gaststaatpolitik bilden die Leistungen, welche der Bund über die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) gewähren kann. So besteht die Möglichkeit, zwischenstaatlichen Organisationen, welche den Bau eines Gebäudes beabsichtigen, ein zinsfreies, über 50 Jahre rückzahlbares Darlehen der Eidgenossenschaft zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich dabei um eine besondere Art der Standortförderung, mit welcher die Verankerung von anerkannten, vorwiegend in Genf etablierten internationalen Organisationen gestärkt wird.

Mit der vorliegenden Botschaft ersucht der Bundesrat die eidgenössischen Räte um die Gewährung eines Verpflichtungskredits, welcher für ein derartiges Darlehen im Rahmen der schweizerischen Gaststaatpolitik bestimmt ist. Das Darlehen dient der Finanzierung des Baus eines zusätzlichen Verwaltungsgebäudes für die Welthandelsorganisation (WTO), eine der bedeutendsten internationalen Organisationen mit Sitz in der Schweiz. Die FIPOI soll das Bauvorhaben begleiten und die Bauherrschaft bei der Umsetzung des Projekts beraten.

Die Gewährung des für das Darlehen bestimmten Verpflichtungskredits bringt für die Eidgenossenschaft finanzielle Lasten von 60 Millionen Schweizer Franken mit sich. Das zinsfreie Darlehen ist von der WTO innert fünfzig Jahren nach Beendigung der Bauarbeiten in Jahrestranchen zurückzuzahlen.

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Abkürzungsverzeichnis AITIC BIZ BKP CERN CICG CIM CWR EFTA EKG FIPOI GATT GEC IAO IBE/UNESCO IEC IFRC IKRK IOK IOM ISO ITU LDCs MWSt NGO OCSTAT OTIF ÖRK SIA UICN UNAIDS UNHCHR UNHCR UNOG UPU WEF WHO

Agentur für Internationale Handelsinformation und -kooperation Bank für internationalen Zahlungsausgleich Baukostenplan Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung Internationales Konferenzzentrum von Genf Zwischenstaatliches Komitee für Auswanderung (1989 umgewandelt in die Internationale Organisation für Migration IOM) Centre William Rappard Europäische Freihandelsassoziation Elementkostengliederung Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen Geneva Executive Center (heute Internationales Umwelthaus IEH) Internationale Arbeitsorganisation Internationales Erziehungsamt Internationale Elektrotechnische Kommission Internationale Föderation der Rotkreuz- und RothalbmondGesellschaften Internationales Komitee vom Roten Kreuz Internationales Olympisches Komitee Internationale Organisation für Migration Internationale Organisation für Normung Internationale Fernmeldeunion Least developed countries Mehrwertsteuer Nichtregierungsorganisation Kantonales Statistisches Amt Genf Zwischenstaatliche Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr Ökumenischer Rat der Kirchen Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein Internationale Union zur Erhaltung der Natur und der natürlichen Lebensräume HIV/AIDS-Programm der Vereinten Nationen Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Menschenrechte Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge Büro der Vereinten Nationen in Genf Weltpostverein Weltwirtschaftsforum Weltgesundheitsorganisation 6845

WIPO WMO WTO WWF

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Weltorganisation für geistiges Eigentum Weltorganisation für Meteorologie Welthandelsorganisation World Wide Fund for Nature

Botschaft 1

Einführung

1.1

Die internationale Rolle Genfs

Die Schweiz verfügt über eine langjährige Tradition als Gaststaat internationaler Organisationen. Die ältesten dieser Organisationen wurden bereits im 19. Jahrhundert gegründet. Heute haben zahlreiche zwischenstaatliche Organisationen und internationale Organismen ihren Sitz in der Schweiz. Ihre starke Präsenz stellt ein charakteristisches Element unseres Landes dar. Sie bietet der schweizerischen Aussenpolitik eine wichtige Plattform. Der Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO) stärkte das Gastland Schweiz und im Besonderen das internationale Genf, denn die Mitgliedschaft erleichtert unserem Land die Festigung seiner Position als Sitz zahlreicher zwischenstaatlicher Organisationen sowie als Ort der Durchführung von Konferenzen und multilateralen Treffen.

Insgesamt 25 Organisationen haben mit der Schweiz ein Sitzabkommen geschlossen, und mit 5 quasi-zwischenstaatlichen Organisationen besteht ein Fiskalabkommen. Dazu kommt eine grosse Zahl von weiteren Organismen, Programmen und Sekretariaten internationaler Abkommen. Die Zahl der Nichtregierungsorganisationen (NGO) mit Sitz in der Schweiz und beratendem Status bei den Vereinten Nationen beläuft sich auf rund 170, darunter etwa der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) oder die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC). Weitere bekannte Institutionen sind die Umweltstiftung WWF in Gland (VD) oder das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Genf. Dazu kommen rund 30 internationale Verbände und Organisationen im Sportbereich mit Sitz in der Schweiz, beispielsweise das Internationale Olympische Komitee (IOK) in Lausanne.

Die Schweiz beherbergt aber auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), welches 1864 in Genf gegründet wurde, wo es heute noch seinen Sitz hat, wie auch die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC).

Traditionell der bedeutendste Treffpunkt internationaler Organisationen und Institutionen in der Schweiz ist Genf, das zusammen mit New York eines der beiden wichtigsten Zentren für multilaterale Zusammenarbeit darstellt. In Genf haben zum Beispiel das Genfer Büro der Vereinten Nationen (UNOG), mehrere UNO-Sonderorganisationen (Internationale Arbeitsorganisation IAO, Weltgesundheitsorganisation WHO, Weltorganisation für Meteorologie WMO, Weltorganisation für geistiges
Eigentum WIPO, Internationale Fernmeldeunion ITU, Internationales Erziehungsamt IBE/UNESCO) sowie die Hochkommissariate für Flüchtlinge (UNHCR) und für Menschenrechte (UNHCHR) ihren Sitz. Dazu kommen eine Reihe von Organisationen ausserhalb des UNO-Systems, etwa die Welthandelsorganisation (WTO), die Europäische Organisation für Kernforschung (CERN) und die Internationale Organisation für Migration (IOM). Weitere wichtige internationale Organisationen befinden sich in Bern (Weltpostverein UPU) und in Basel (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ).

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Auf Grund der Bedeutung Genfs unterhalten dort 153 ausländische Staaten und die Schweiz eine ständige Mission. Jedes Jahr werden in Genf mehrere tausend internationale Tagungen und Konferenzen veranstaltet, an denen Zehntausende von Delegierten teilnehmen.1 Das so genannte «internationale Genf» ist aber nicht nur von herausragender politischer Bedeutung für die Schweiz. Es bildet gleichzeitig auch einen wichtigen Bestandteil des Wirtschaftslebens des Kantons Genf und der gesamten Eidgenossenschaft. Die Gesamtzahl des internationalen Personals einschliesslich Familienangehörige und Hausangestellte in der Schweiz umfasst rund 35 000 Personen. Zudem werden rund 14 000 Stellen im Privatsektor (insbesondere in Gastgewerbe und Hotellerie) indirekt durch die Präsenz der internationalen Organisationen geschaffen und hängen vom internationalen Genf ab. Die jährlichen Ausgaben der internationalen Organisationen mit Sitzabkommen in der Schweiz belaufen sich gemäss Schätzungen auf ca. 4­5 Milliarden Schweizer Franken (2003), wovon ein Teil in Form von Löhnen oder als Entgelt für Waren und Dienstleistungen wieder in der Schweiz ausgegeben wird.2 Seit rund zehn Jahren ist auf dem Gebiet der Gaststaatpolitik ein lebhafter internationaler Wettbewerb zu spüren. Wie der Bundesrat in den letzten Jahren verschiedentlich dargelegt hat, führte das Ende des Kalten Krieges auch im Bereich der internationalen Organisationen zu einem grundlegenden Wandel. Mit dem Wegfall des Blockdenkens verstärkte sich die Konkurrenz bei der Ansiedlung von multilateralen Organisationen und bei der Vergabe internationaler Konferenzen3.

Als Antwort auf diese neuen Herausforderungen hat der Bundesrat eine Strategie entwickelt, welche in Bezug auf die Ansiedlung internationaler Organisationen den Akzent auf die Konsolidierung der Position der Schweiz setzt. Qualität wird der Quantität vorgezogen. Der Bund konzentriert seine Bemühungen auf klar definierte prioritäre Bereiche, in denen Arbeitssynergien erhalten und weiterentwickelt werden können. Bei der Aufnahme neuer Organisationen verfolgt er dadurch ein selektives Vorgehen unter Fokussierung auf die traditionellen Kernbereiche: humanitäre Fragen und Menschenrechte, Sicherheits- und Abrüstungspolitik, Wirtschaft und Arbeit, Wissenschaft und Technologie sowie Gesundheit, Umwelt und nachhaltige
Entwicklung. Diese Strategie ermöglicht es, die Stellung des Sitzstaates Schweiz und insbesondere Genfs als Zentrum für internationale Konferenzen und Tagungen gezielt zu festigen und auszubauen.

Im Sinne flankierender Massnahmen wurden nebenbei in den letzten Jahren weitere Aspekte der schweizerischen Gaststaatpolitik verbessert. Dazu gehören insbesondere die allgemeine Informationsvermittlung über Genf, die Schaffung von Infrastrukturen zur verstärkten Integration der Mitglieder des internationalen Sektors sowie die Verbesserung der Aufnahmebedingungen für Nichtregierungsorganisationen.

1

2 3

Les organisations internationales à Genève et en Suisse. Résultats de l'enquête 2004.

Office cantonal de la statistique (OCSTAT) Genève 2005.

ftp://ftp.geneve.ch/statistique/publication/donnees_stat/2005/dg-ds-2005-03.pdf Vgl. dazu Anhang 2 zum Bericht 2005 des Bundesrats über das Verhältnis zur UNO und zu den internationalen Organisationen mit Sitz in der Schweiz.

Vgl. dazu Botschaft über die Finanzhilfen an die FIPOI vom 17. November 1999 (BBl 2000 453).

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1.2

Immobilienpolitik und die FIPOI

Wie sich in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt hat, ist eine gezielte Immobilienpolitik ein ausserordentlich wichtiger Aspekt der Gaststaatpolitik. Es handelt sich dementsprechend um ein stark genutztes Instrument. Dies gilt insbesondere für Genf, wo erschwinglicher Büroraum auf dem freien Markt nur schwer zu finden ist.

Zur Unterstützung bei der Beschaffung von Lokalitäten steht den internationalen Organisationen in Genf die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) zur Seite. Die FIPOI ist eine Stiftung des schweizerischen Privatrechts, welche 1964 von Bund und Kanton Genf gegründet wurde, um die Rolle Genfs als Zentrum internationaler Begegnungen zu unterstützen.4 Die FIPOI steht unter der Kontrolle der eidgenössischen Stiftungsaufsicht sowie der eidgenössischen und kantonalen Finanzkontrolle. Bund und Kanton Genf als Gründungsmitglieder sind mit je drei Personen im Stiftungsrat vertreten und nehmen alternierend den Vorsitz wahr.

Das Mandat der Stiftung besteht darin, internationalen Organisationen sowie ausnahmsweise auch Nichtregierungsorganisationen ein attraktives Raumangebot zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck kann der Bund der FIPOI zinsfreie, innert 50 Jahren rückzahlbare Darlehen gewähren, womit die FIPOI ihrerseits den internationalen Organisationen den Kauf, den Bau oder die Umnutzung von Gebäuden ermöglicht. Gleichzeitig ist die FIPOI befugt, selber Immobilien zu kaufen oder zu bauen, zu vermieten und zu verwalten.

Die Gewährung eines zinsfreien Darlehens zum Bau eines eigenen Gebäudes stellt für eine Organisation, welche unter Raumnot leidet, eine sehr attraktive Option dar.

Zugleich ist sie auch im Interesse des Gaststaates Schweiz. Denn indem die Organisation unter Beratung und Begleitung durch die FIPOI ein grösseres Bauvorhaben unternimmt und schliesslich Besitzerin eines Gebäudes wird, verankert sich die Organisation stärker in der Schweiz. Die Möglichkeit, ein FIPOI-Darlehen zu gewähren, bildet deshalb ein zentrales Element bei der Umsetzung der Gaststaatpolitik.

Das Tätigkeitsgebiet der Stiftung war bisher auf das Gebiet des Kantons Genf beschränkt. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre haben indessen gezeigt, dass die Position Genfs im internationalen Standortwettbewerb noch wirkungsvoller gefördert werden könnte, wenn die FIPOI bei Bedarf
punktuell auch ausserhalb des Genfer Kantonsgebiets handeln könnte. Mit der Revision der FIPOI-Statuten, welche der Bundesrat am 14. Januar 2004 gutgeheissen hat, kann die FIPOI neu in den statuarisch festgehaltenen Fällen ausnahmsweise auch auf dem Gebiet des Kantons Waadt aktiv werden.

Von ihrer Gründung bis zum 31. Dezember 2003 gewährte der Bund der FIPOI Darlehen und Schenkungen von insgesamt 912 respektive 341 Millionen Franken.

Ende 2003 hatte die FIPOI für diese Bundesdarlehen bereits Zinsen und Rückzahlungen in der Höhe von 484 Millionen Franken an die Bundeskasse geleistet. Das zum Brandversicherungswert geschätzte Immobilienvermögen der FIPOI betrug per 31. Dezember 2004 rund 602,7 Millionen Franken.

4

Bundesbeschluss vom 11. Dezember 1964 über die Gewährung von Darlehen an die FIPOI (BBl 1964 II 1490).

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Bei der Umsetzung der geschilderten Immobilienpolitik ist der Kanton Genf ein aktiver Partner des Bundes. Er hat bisher Darlehen und Schenkungen von rund 9 Millionen Franken eingeräumt und zudem den internationalen Organisationen die benötigten Baugrundstücke (geschätzter Wert: ca. 250 Mio. Fr.) je nach Fall kostenlos oder zu Baurechtszinsen überlassen. Gemäss einer langjährigen Praxis verzichtet der Kanton auf die Erhebung von Baurechtszinsen für die den internationalen Organisationen oder der FIPOI zur Verfügung gestellten Grundstücke, wenn der Bund die damit verbundenen Baudarlehen an die FIPOI unverzinslich ausgestaltet. Seit die eidgenössischen Räte 1996 beschlossen haben, künftig alle FIPOI-Darlehen zinsfrei zu gewähren, stellt der Verzicht des Kantons auf die Erhebung von Baurechtszinsen die Regel dar.

1.3

Die Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO)

Die Welthandelsorganisation bildet seit zehn Jahren den institutionellen Rahmen des multilateralen Handelssystems und regelt als einzige internationale Organisation die grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen der Staaten auf globaler Ebene. Gleichzeitig ist die WTO ein Forum, in welchem auf multilateraler Ebene Verhandlungen zur Weiterentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen geführt werden.

Die WTO nahm ihre Tätigkeit am 1. Januar 1995 auf, nach Abschluss der mehr als sieben Jahre dauernden Verhandlungen, die unter dem Namen «Uruguay-Runde» geführt wurden. Integrale Bestandteile der WTO sind das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT), welches bereits seit 1948 als «provisorisches» Vertragswerk die Regeln für den internationalen Güterhandel festgeschrieben hat, das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) und die Vereinbarung über handelsrelevante Aspekte der geistigen Eigentumsrechte (TRIPS). Eine zentrale institutionelle Errungenschaft und wesentliche Neuerung gegenüber dem GATT besteht im Streitbeilegungsrat (Dispute Settlement Body), auch Streitschlichtungsorgan genannt, und in der Rekursinstanz (ständiges Berufungsorgan, Appellate Body), welche mit der Schaffung der WTO entstanden sind.

Regierungen von WTO-Mitgliedstaaten können mit Hilfe dieses Verfahrens gegen WTO-rechtswidrige Praktiken anderer Staaten vorgehen.5 Heute werden im Rahmen der WTO insgesamt über dreissig multilaterale Abkommen betreut und deren Einhaltung überwacht. Die WTO-Abkommen zielen auf eine schrittweise Liberalisierung des internationalen Handels ab, die im Rahmen von Verhandlungsrunden gefördert werden soll. Die WTO steht somit für einen möglichst offenen Weltmarkt, dessen Regeln und Grenzen das Höchstmass an Konsens zwischen den Mitgliedstaaten reflektiert. Im November 2001 wurde in Doha (Qatar) bereits die neunte Welthandelsrunde, die sogenannte Doha-Entwicklungsagenda, lanciert. Neben den Abkommen, die alle WTO-Mitglieder binden, gibt es Verträge, die allein die jeweiligen Vertragsstaaten verpflichten.

Die WTO hat ihren Sitz und zugleich ihr einziges Büro in Genf. Sie zählt gegenwärtig 148 Mitgliedländer und -territorien, wovon etwa drei Viertel Entwicklungsländer sind. Wiederum knapp ein Viertel der Entwicklungsländer (32) gehören zu den am 5

Senti, Richard. Die Welthandelsordnung nach der Uruguay-Runde. (ETH, Zürich, 2003, 4. überarbeitete Auflage).

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wenigsten entwickelten Ländern (least-developed countries, LDCs). Die Schweiz, die der WTO per 1. Juli 1995 beitrat, gehört zu den Gründerstaaten der Organisation. Die letzten Beitritte betrafen Kambodscha (2004), Nepal (2004), die Republik Mazedonien (2003) und Armenien (2003). Weitere rund 30 Länder, darunter beispielsweise die Russische Föderation, verhandeln derzeit über ihren Beitritt. Angesichts ihrer stetig wachsenden Anzahl Mitglieder entwickelt sich die WTO zunehmend in Richtung einer universellen Organisation. 124 Mitglieder der WTO verfügen über eine diplomatische Vertretung in Genf, manchmal sogar über eine eigene Mission für die WTO, so auch die Schweiz.

Oberstes Organ der WTO ist die Ministerkonferenz, welche mindestens alle zwei Jahre tagt. Darunter ist der Allgemeine Rat angesiedelt, der sich mehrmals jährlich am Sitz der WTO in Genf trifft, um über grundsätzliche Fragen zu befinden.

Schliesslich befassen sich zahlreiche Spezialausschüsse sowie Arbeitsgruppen mit der Implementierung der einzelnen WTO-Abkommen und anderen handelsspezifischen Fragen. Hingegen verfügt die WTO über keinen selbständigen und mit weitgehenden Befugnissen ausgestatteten Exekutivrat, wie dies andere internationale Organisationen kennen. In den erwähnten Leitorganen und in den verschiedenen Ausschüssen und Arbeitsgruppen der WTO nehmen die Regierungen der Mitgliedländer gleichberechtigt teil und die Entscheide werden von allen Mitgliedstaaten zusammen, normalerweise im Konsens, gefällt. So können beispielsweise Änderungen von Kernbestimmungen der WTO nur nach Annahme durch alle Mitglieder der WTO in Kraft treten, nach Ratifikation gemäss den landeseigenen, von der jeweiligen Verfassung vorgeschriebenen Verfahren.

Das Budget der WTO beläuft sich auf knapp 169 Millionen Franken (2005). Seine Finanzierung erfolgt über Mitgliederbeiträge, deren Beitragshöhe sich nach dem jeweiligen Welthandelsanteil der einzelnen Mitglieder richtet. Infolgedessen bezahlt die Schweiz etwas weniger als 2 % des Budgets, was im Jahr 2005 einem allgemeinen Jahresbeitrag der Schweiz von 2,4 Millionen Franken entspricht.

Im Mai 2005 hat der Allgemeine Rat der WTO den Franzosen Pascal Lamy zum Nachfolger des gegenwärtigen Generaldirektors Supachai Panitchpakdi (Thailand) bestimmt. Der Amtsantritt ist im September 2005 erfolgt. Der
Generaldirektor steht dem Sekretariat der Organisation am Sitz in Genf vor, wo derzeit über 750 Angestellte, darunter eine erhebliche Anzahl Schweizer Bürgerinnen und Bürger, arbeiten. Unter «Sekretariat» wird die allgemeine Administration der WTO verstanden, welche in verschiedene Abteilungen unterteilt und für folgende Hauptaufgaben zuständig ist: Vorbereitung und Unterstützung von Verhandlungen zwischen den WTO-Mitgliedern; Beratung der Handelspartner; Analyse; Darstellung und Veröffentlichung der Welthandelsentwicklung sowie Organisation der Streitschlichtungsverfahren.

Wie mit allen zwischenstaatlichen Organisationen, die sich in der Schweiz niederlassen, hat der Bundesrat mit der WTO am 2. Juni 1995 ein Sitzabkommen abgeschlossen.6

6

SR 0.192.122.632

6851

2

Bau eines Gebäudes für die WTO

2.1

Ausgangslage

Die WTO ist eine der bedeutendsten internationalen Organisationen mit Sitz in der Schweiz. Seit der Gründung der WTO im Jahr 1995 befindet sich der Sitz der Organisation in Genf im Centre William Rappard (CWR), welches zuvor bereits teilweise das Sekretariat des GATT beherbergt hat. Das historische Gebäude, welches 1926 für das Internationale Arbeitsamt errichtet wurde, liegt an der Rue de Lausanne in unmittelbarer Nähe des Sees.

Nach der Überführung des ursprünglichen GATT in die WTO setzte sich der Bundesrat mit Unterstützung der eidgenössischen Räte und des Kantons Genf erfolgreich dafür ein, dass der von Bonn begehrte Sitz der WTO in Genf verblieb. Nach schwierigen Verhandlungen wurde zwischen dem Bund, dem Kanton Genf, der FIPOI und der WTO ein «Infrastrukturvertrag» abgeschlossen, um die gegenüber der WTO eingegangenen Verpflichtungen im Immobilienbereich zu regeln. So entschied sich die Schweiz in einer ausserordentlichen Geste, der WTO das Centre William Rappard zu schenken sowie den baulichen Unterhalt des Gebäudes zu übernehmen.7 Gleichzeitig verpflichtete sie sich zum Bau eines Konferenzsaals ­ der am 16. Februar 1998 eingeweiht wurde und seither voll ausgelastet ist ­ sowie zur Übernahme von dessen Unterhalts- und Betriebskosten.8 Aufgrund dieses Infrastrukturvertrags leistet die Schweiz einen jährlichen Unterhaltsbeitrag von ca.

1,7 Millionen Franken an die WTO.

Der Verbleib der WTO in Genf gilt als einer der wichtigsten Erfolge der schweizerischen Gaststaatpolitik der letzten Jahrzehnte.

Als Sitzstaat hat die Schweiz ein wesentliches Interesse, den internationalen Organisationen bestmögliche Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Falle der WTO war bereits während den Verhandlungen zum Abschluss des Infrastrukturvertrags von 1995 erkennbar, dass das CWR für die Bedürfnisse der WTO in absehbarer Zukunft zu klein werden könnte.

Der Bedarf der WTO nach zusätzlichen Räumlichkeiten ist ausgewiesen, verschiedene Faktoren haben dazu geführt: a)

7 8 9

Die Organisation ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen; über 30 Staaten sind der WTO seit 1995 neu beigetreten. Der Beitritt weiterer grosser Staaten wie beispielsweise der Russischen Föderation ist absehbar.

Mit jedem Beitritt vergrössert sich einerseits die Zahl der potenziellen Länder, welche Unterstützung durch das Sekretariat benötigen. Andererseits werden Verhandlungen dadurch immer komplexer, sodass vermehrt auch in kleineren Gruppen vorverhandelt werden muss. Ein gutes Beispiel dafür sind die Agrarverhandlungen mit ihrem Drei-Stufen-System (formelle Plenarsitzung, informelle Plenarsitzung, technische Diskussionen). Zudem nimmt der regionale Koordinationsbedarf zu. Gemäss Angaben des WTO-Konferenzdienstes hat sich die Anzahl der Meetings in den letzten drei Jahren von 5224 Treffen im Jahr 2002 auf 5839 Zusammenkünfte im Jahr 2004 erhöht.9

BBl 1996 I 518 Bundesbeschlüsse vom 13. und vom 24. März 1995 (BBl 1995 II 461/AS 1998 1460).

WTO Conference Office, Dezember 2004. Die Zahl der Meetings umfasst sowohl formelle, informelle (multilateral, plurilateral) wie auch private (bilateral, Panel) Treffen.

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Reservationen für Säle und Verhandlungsräume müssen in Anbetracht der aktuellen engen Raumverhältnisse mit grossem zeitlichen Aufwand getätigt werden.

b)

Das Mandat der WTO erweitert sich mit jeder neuen Verhandlungsrunde, zusätzliche Aufgaben stehen an. Mit neuen Abkommen entstehen zumeist neue Gremien wie Komitees oder Arbeitsgruppen zur Umsetzung und Verwaltung der entsprechenden Bestimmungen. Das Sekretariat seinerseits unterstützt die WTO-Mitglieder, insbesondere die Entwicklungsländer, bei der Umsetzung der Verhandlungsresultate. Neue Abkommen erhöhen somit den Bedarf an Sekretariatspersonal und Büroräumlichkeiten sowie an Sitzungssälen.

c)

Das Streitbeilegungsverfahren hat sich bewährt; die Zahl der erfolgreich behandelten Streitfälle ist hoch. Während zwischen 1947 und 1994 im Rahmen des GATT-Streitschlichtungsmechanismus gegen 200 Verfahren eingeleitet und in rund 90 Fällen schliesslich von eingesetzten Expertengruppen ­ so genannten «Panels» ­ Streitbeilegungsempfehlungen formuliert wurden, endeten seit der Gründung der WTO bis Oktober 2004 über 80 Streitigkeiten mit einem Panel- oder Appelate Body-Bericht bei insgesamt 317 notifizierten Konsultationsbegehren. Das System wurde somit allein in den ersten zehn Jahren seines Bestehens öfters genutzt als unter dem GATT 1947.10 In der Praxis werden rund drei Viertel aller Panelberichte angefochten und damit dem Appelate Body zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Einerseits wird dadurch die Arbeitslast fürs Sekretariat erhöht, das die Panelisten bei der Vorbereitung ihrer Berichte umfassend unterstützt, andererseits steigt der Bedarf der Rekursinstanz selbst an Personal und Raum erheblich.

Die WTO, stets bemüht um einen schlanken Organisationsapparat, ist bedacht, trotz wachsenden Aufgaben ein Aufblähen ihrer Administration zu vermeiden. Dennoch war angesichts der geschilderten Entwicklung der Organisation ein Anstieg der Zahl ihrer Angestellten unvermeidlich: Das Sekretariatspersonal hat sich seit 1995, als die WTO 445 Angestellte zählte, markant erhöht. Am 1. August 2005 beschäftigte die Organisation über 750 Mitarbeitende aller Kategorien von Arbeitsverträgen. Davon arbeiten heute bereits mehr als 100 Personen in einem Provisorium an der Rue Rothschild, da die Raumkapazitäten des CWR nicht mehr für alle ausreichen. Angesichts der in absehbarer Zeit bevorstehenden Neubeitritte, der laufenden DohaVerhandlungen sowie der daraus resultierenden neuen Aufgaben der WTO kann ein weiterer Personalanstieg in den kommenden Jahren als sehr wahrscheinlich eingestuft werden. Eine mögliche Erhöhung der bisher drei offiziellen Sprachen der WTO ­ im System der Vereinten Nationen gibt es sechs Sprachen ­ würde den Personalbestand nochmals erhöhen. Die dem Neubau zugrunde liegenden Berechnungen gehen von einem mittelfristigen Personalbestand der WTO von 1000 Personen aus, wovon 600 Mitarbeitende im CWR und 400 im Neubau untergebracht werden sollen.

10

Oesch Matthias. Das Streitbeilegungsverfahren der WTO. In: Zeitschrift «recht», 2004, Heft 5, S. 192­205. Zimmermann Thomas A. Zehn Jahre WTO-Streitschlichtung: Eine Zwischenbilanz. In: Die Volkswirtschaft. Das Magazin für Wirtschafspolitik. (12-2004, S. 63­66).

6853

Der geplante Neubau soll den spezifischen Aufgaben der Rekursinstanz sowie einem Teil des Sekretariats genügend Büroraum bieten sowie die für die Abläufe der WTO unumgänglichen Begegnungszonen und Säle umfassen.

Der Allgemeine Rat der WTO hat dem Bauvorhaben sowie der vorgesehenen Finanzierung durch ein zinsfreies Darlehen der FIPOI, rückzahlbar innert 50 Jahren nach Fertigstellung des Gebäudes, am 19. Dezember 2001 seine grundsätzliche Zustimmung erteilt und diesen Entscheid am 27. Juli 2005 bestätigt.

Aufgrund der Bedeutung der Organisation für die schweizerische Aussenhandelspolitik und als treibende Kraft für das internationale Genf ist die Verbesserung ihrer räumlichen Situation mittels des geplanten zusätzlichen Verwaltungsgebäudes von höchster Priorität für die Schweiz. Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass die Gewährung eines FIPOI-Darlehens zu dessen Bau aus dem Blickwinkel der schweizerischen Gaststaatpolitik sinnvoll ist. Trotz Knappheit auf dem Genfer Grundstückund Immobilienmarkt konnte bereits eine geeignete Parzelle an optimaler Lage gefunden werden. Die Verankerung der WTO in Genf wird durch den Bau dieses Gebäudes zweifellos nochmals gefestigt werden. In Anbetracht dieser Umstände erscheint es angezeigt, das Projekt zum Bau eines zusätzlichen WTO-Gebäudes so effizient als möglich zu unterstützen.

2.2

Architekturwettbewerb

Im Hinblick auf den geplanten Neubau für die WTO genehmigten die eidgenössischen Räte im Rahmen des Voranschlags 2003 einen Verpflichtungskredit von 4 950 000 Franken zur Finanzierung des Vorprojekts, der Projektstudie sowie eines Kostenvoranschlags. Nach Unterzeichnung des entsprechenden Darlehensvertrags zwischen der FIPOI und der WTO im Dezember 2003 organisierte die FIPOI auf Ersuchen der WTO einen internationalen, zweistufigen Architekturwettbewerb. Der Wettbewerb wurde weltweit in der Presse ausgeschrieben, um eine möglichst grosse Vielfalt an Bewerberinnen und Bewerbern zu erreichen. Der international besetzten Jury gehörten Vertreter der WTO, der FIPOI, der Bundesverwaltung und der Genfer Kantonsverwaltung sowie Architektinnen und Architekten aus Kanada, Malaysia, Mexiko, der Schweiz, Spanien und Tunesien an. Ihr wurden schliesslich insgesamt 94 Entwürfe aus 28 Ländern eingereicht.

Bei ihrer Beurteilung stützte sich die Jury besonders auf folgende Aspekte ab: Urbanistisches Konzept (Allgemeine Integration des Projekts in die bestehende Umgebung) Architektonisches Konzept (Qualität des Projekts in seiner spezifischen Umgebung).

Funktionalität (Gestaltung des Gebäudes im Hinblick auf die speziellen Bedürfnisse der WTO, Flexibilität bei der Benutzung der verschiedenen Flächen).

Wirtschaftlichkeit und Ökologie (Verhältnismässigkeit der baulichen, energetischen, installationstechnischen und materiellen Aspekte zu den zur Verfügung stehenden Mitteln, unter besonderer Berücksichtigung der Nachhaltigkeit).

Eine zusätzliche Herausforderung des vorliegenden Bauvorhabens besteht darin, ein Gebäude zu schaffen, welches zwei verschiedenen Aktivitäten Rechnung trägt. So müssen sowohl die spezifischen Aufgaben der Rekursinstanz mit Büros, Vorberei-

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tungs- und Konferenzsälen als auch generelle administrative Aufgaben unter einem Dach vereint werden.

Unter diesen Gesichtspunkten wählte die Jury im Mai 2003 den vom Zürcher Architekturbüro Eckert+Eckert eingereichten Entwurf «Body Double» als siegreiches Projekt aus. Schnell zeigte sich jedoch, dass das zweitplatzierte Projekt «Goldeneye» des Genfer Architekturbüros group8 aufgrund seiner Flexibilität und Funktionalität in der räumlichen Ausgestaltung des Gebäudes den Bedürfnissen und Erwartungen der WTO besser entspricht. «Goldeneye» bietet zudem ein besseres Preis-Leistungsverhältnis, indem die mit der Realisierung von «Goldeneye» verbundenen Kosten sich im Bereich des von der WTO vorgegebenen Kostenrahmens bewegen. Der WTO-Generaldirektor Panitchpakdi empfahl deshalb den Mitgliedstaaten ­ entgegen der Entscheidung der Jury ­, das Projekt «Goldeneye» zu realisieren. Dem stimmte der Allgemeine Rat der WTO im Dezember 2003 zu und beauftragte daraufhin im Januar 2004 das Architekturbüro group8 mit der Projektplanung.

Das ausgewählte Projekt trägt der komplexen Ausgangslage Rechnung, indem es eine Aufteilung des Gebäudes in grossräumige Begegnungszonen und Säle einerseits sowie Büroräume andererseits vorsieht. Im unteren Teil befinden sich eine Reihe von gemeinsam benutzten Räumen wie zum Beispiel das Foyer zu den Gerichtssälen, die Eingangshalle und das Restaurant mit Cafeteria, während die oberen Etagen für die Büros der Rekursinstanz und der verschiedenen administrativen Abteilungen der WTO reserviert sind. Dank leichter Zwischenwände lässt das Bauprojekt zudem die Möglichkeit zur flexiblen Anpassung der verschiedenen (Büro-)Räumlichkeiten an spätere Gegebenheiten offen.

Das Projekt «Goldeneye» integriert den L-förmigen Neubau geschickt in die bestehende natürliche und bauliche Umgebung. Höhe und Umfang des angrenzenden Gebäudes werden übernommen, wodurch einerseits eine architektonische Einheit mit dem Anbau gebildet und andererseits gleichzeitig aufgrund der Verschiedenartigkeit der eingesetzten Materialien trotzdem eine gewisse Autonomie gewahrt werden kann. Gewollt setzt der gläserne Bau einen architektonischen Kontrastpunkt zum klassischen Stil des Sitzgebäudes der WTO.

2.3

Bauprojekt

Das zur Überbauung vorgesehene Grundstück befindet sich an der Avenue de France, an zentraler Lage im internationalen Teil Genfs und nur zehn Minuten Fussmarsch vom WTO-Hauptsitz im CWR entfernt. Die Bauparzelle gehört den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), welche diese gegen einen Baurechtszins von 400 000 Franken pro Jahr im Baurecht abzugeben bereit sind. Der Kanton Genf hat sich schriftlich verpflichtet, diese Kosten analog zur Laufzeit des Bundesdarlehens während 50 Jahren zu übernehmen, wodurch der WTO das benötigte Baugrundstück via FIPOI kostenlos zur Verfügung gestellt werden kann.

Als Anbau an ein bereits existierendes Gebäude, in dem die Internationale Strassentransport-Union (IRU) untergebracht ist, soll der Neubau durch optimalste Verplanung der vorhandenen Fläche eine Nutzungsfläche von 12 312 m2 plus Kellergeschoss und Parking mit 60 Plätzen für die Benutzerinnen und Benutzer des Gebäudes umfassen. Raum für rund 400 Arbeitsstationen wird entstehen. Insgesamt 6855

wird das geplante Gebäude für die WTO aus fünf Untergeschossen (Archivräume, Parking, VIP-Eingang, Säle und Foyer, Dolmetscherkabinen), dem Erdgeschoss (Empfang, Eingangshalle, Restaurant) und sieben Obergeschossen (Büroräume) bestehen. Die vorgesehene Geschossfläche beträgt 19 017 m2. Durch effiziente Raum- und Materialnutzung vermag das vorliegende Projekt bei gleichem Kostenrahmen eine grössere Nutzungsfläche bereitzustellen, als noch zu Beginn des Projekts aufgrund der Gegebenheiten der Bauparzelle geschätzt werden konnte. Dies zeugt von der Effizienz des Bauprojekts der WTO, das funktional und kostenschlank auf die Bedürfnisse der Organisation ausgerichtet ist und auf jeglichen Schnickschnack verzichtet.

Seit dem 11. September 2001 und den Anschlägen auf die UNO in Bagdad vom August 2003 hat das Thema Sicherheit für alle internationalen Organisationen zentrale Bedeutung erlangt. Das Vorliegen eines angemessenen Sicherheitsdispositivs ist zu einem entscheidenden Standortfaktor im Rahmen der Sitzstaatpolitik geworden. Das Bauprojekt der WTO ist deshalb auch unter dem Aspekt der Sicherheit evaluiert worden. Die ins Bauprojekt integrierten und vom Bundessicherheitsdienst gutgeheissenen Massnahmen zielen insbesondere darauf, das Gebäude samt Perimeter zu sichern, die Zugänge effektiv zu kontrollieren sowie eine angemessene Überwachung des Areal zu garantieren.

Bauherrin wird die WTO sein. Die FIPOI steht ihr bei der Durchführung des Bauvorhabens beratend zu Seite. Für die Konzeptualisierung sowie die Realisierung des Projekts hat die WTO das Architekturbüro group8 beauftragt.

Die innere Organisation des Neubaus gruppiert sich um zwei grosse öffentliche Räume: die Eingangshalle und das Foyer zu den Gerichtssälen. Auf dem Niveau der Avenue de France angesiedelt, was dem Erdgeschoss entspricht, befindet sich die Eingangshalle als horizontaler Raum. Ein Geschoss tiefer liegt das Foyer, welches vertikal zweistöckig eingerichtet ist und somit beide Ebenen räumlich verbindet.

Einen grossen Teil des Gebäudes wird die Rekursinstanz besetzen. Es sind Büros für rund 40 Personen vorgesehen wie auch drei Gerichtssäle mit je sieben Dolmetschersowie einer Regiekabine. Die Arbeit der Rekursinstanz bedarf grosser Vertraulichkeit und Sicherheit, weshalb ihre Büros auf Wunsch der WTO alle auf der gleichen,
obersten Etage (7. Stock) angesiedelt werden und über einen eigenen, kontrollierten Eingang verfügen. Zudem besitzt der Trakt der Rekursinstanz eigene Liftanlagen, welche mit den Gerichtssälen verbunden sind, um eine sichere Fortbewegung innerhalb der betreffenden Organisationseinheit zu ermöglichen. In unmittelbarer Nähe zu den Gerichtssälen, welche durchaus auch als Verhandlungs- oder Konferenzsäle dienen können, sind für die Mitglieder der Rekursinstanz drei Säle zur Vorbereitung von Sitzungen angesiedelt, welche durch den gesichertem Lift direkt mit den entsprechenden Büros verbunden sind. Die drei Säle sind jeweils für 60, 80 und 120 Personen konzipiert. Die beiden letzteren sind modulierbar und können bei Bedarf zu einem grossen Saal für 200 Personen zusammengeschlossen werden.

Fürs Sekretariat und seine verschiedenen Abteilungen werden in den Stockwerken 1 bis 6 dank der modularen Konzeption rund 350 flexible Arbeitsstationen entstehen.

Da die gegenwärtig zur Archivierung der Dokumente genutzten Räume im CWR für deren langjährige Konservierung nicht geeignet sind (Temperatur, Feuchtigkeit), wird im Untergeschoss des Baus eine spezielle Archivzone eingerichtet.

6856

Die geschilderten Aufgaben des Gebäudes machen verschiedene Eingänge notwendig. Der repräsentative Haupteingang befindet sich auf der Seite der Avenue de France und wird durch Fachpersonal bedient. Der Nebeneingang erfolgt auf der Hinterseite des Gebäudes via Voie-Creuse. Eine Rampe führt dort zum Gebäude und zu verschiedenen Eingangsbereichen: Bereich VIP, unterirdisches Parking sowie Zugang zum Lieferbereich. Diese Aufteilung erlaubt die bessere Kontrolle der Personen und vermeidet die Bildung von Staus.

Das Gebäude mit seiner Struktur aus Eisenbeton ist auf den drei Seiten, welche Lärm und Thermik von aussen ausgesetzt sind (Norden, Süden, Osten), mit einer so genannten doppelten Haut überzogen. Die äussere Fassade besteht aus transparentem Glas, während die innere alterniert zwischen durchsichtigen und milchigen Elementen, wodurch ein spezieller Rastereffekt entsteht. Die Aussenfassade aus doppeltem Glas ist jedoch nicht bloss optische Spielerei. Vielmehr dient sie als wirksamer Lärmschutz, was insofern bedeutend ist, als das Gebäude stetem Verkehrslärm (Bahn, Tram, Bus, Autos) ausgesetzt sein wird. Die gläserne Aussenfassade lässt gleichzeitig viel natürliches Licht einfallen und reduziert ­ in Kombination mit Isolation und natürlichem Lüftungssystem ­ den Heizaufwand. Als Explosionsschutz wird sie zudem mit einem Schutzfilm überzogen.

2.4

Kosten

2.4.1

Einleitende Bemerkungen

Die WTO steht hinter dem Neubauprojekt und hat dies mehrfach bestätigt. Vertreterinnen und Vertreter der FIPOI und des Bundes berieten die WTO bei der Entwicklung und Konkretisierung des Bauvorhabens. Die Kosten für die Umsetzung des vorliegenden Projekts «Goldeneye», welches den wesentlichen Bedürfnissen der Organisation Rechnung trägt, werden auf insgesamt 60 Millionen Franken veranschlagt. Darin enthalten sind die Ausgaben von 4,95 Millionen Franken für die Vorprojektphase (Vorprojekt, Projektstudie, Kostenvoranschlag) sowie eine Reserve von 3,7 Millionen Franken für Unvorhergesehenes und die Teuerung. Der Kostenrahmen enthält auch insgesamt 5,7 Millionen Franken für die erwähnten Sicherheitsmassnahmen. Mit Schreiben vom 27. Juli 2005 hat die WTO eine Darlehenssumme dieser Höhe bei der Eidgenossenschaft beantragt. Die entsprechenden Mittel sind im Finanzplan für die kommenden Jahre eingestellt.

Die FIPOI wird mit der Bauherrin WTO einen Darlehensvertrag über den Gesamtbetrag abschliessen, wie sie dies bereits für die erste Darlehenstranche getan hat. In den vertraglichen Regelungen mit der WTO wird die Begrenzung des finanziellen Engagements des Bundes klar festgehalten werden.

2.4.2

Kostenaufstellung

Die Gesamtkosten des Gebäudes werden auf 60 Millionen Franken (von der Mehrwertsteuer befreit) veranschlagt. Dieser Betrag soll durch ein FIPOI-Darlehen des Bundes finanziert werden. Die aufgeführten Kosten verteilen sich auf die nachfolgend aufgeführten Positionen.

6857

Kostenaufstellung nach Baukostenplan (BKP): BKP

Kostenkategorie Hauptgruppen

Kosten (in CHF)

%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Grundstück (pro memoria) Vorbereitungsarbeiten Gebäude Betriebseinrichtungen Umgebungsarbeiten Baunebenkosten Reserven für Unvorhergesehenes Honorare Reserven für Teuerung Ausstattung

0 1 001 700 39 799 200 1 430 400 2 396 400 3 666 100 1 700 000 6 662 100 2 000 000 1 344 100

0,00 1,67 66,33 2,38 3,99 6,11 2,83 11,10 3,33 2,24

Gesamttotal (ohne MWSt)

60 000 000

100,00

FIPOI-Darlehen des Bundes

60 Mio. Franken

Der allgemeine Kostenvoranschlag beruht auf der Grundlage des Genfer Baukostenindexes vom April 2004.

Die aufgeführten Rubriken des BKP umfassen insbesondere folgende Positionen: Grundstück (BKP 0): Für die WTO entstehen keine durch den Erwerb eines Grundstücks bedingten Kosten. Wie bei derartigen Bauvorhaben im internationalen Genf üblich, wird die zur Überbauung vorgesehene Parzelle der WTO unentgeltlich im Baurecht zur Verfügung gestellt.

Vorbereitungsarbeiten (BKP 1): Darunter fallen die vor Beginn des Baus erforderlichen Geländearbeiten, zum Beispiel betreffend Erschliessung, Kanalisation oder Grundmauern.

Gebäude (BKP 2): Aufwendungen für jene Bauleistungen, welche dazu dienen, das Gebäude für seine Benutzerinnen und Benutzer dauerhaft brauchbar zu machen (einschliesslich elektrische und sanitäre Installationen, Transportanlagen sowie Sicherheitsvorkehrungen).

Das Gebäudevolumen gemäss SIA-Norm 116 beträgt 65 114 m3. Der Kubikmeterpreis beläuft sich auf 921 Franken (BKP 1­9) bzw. 603 Franken (BKP 2).

Betriebseinrichtungen (BKP 3): Kosten für die fest eingebauten Einrichtungen, welche einer spezialisierten Nutzung des Gebäudes dienen. Dazu gehören insbesondere die Einrichtungen für den Gerichts- bzw. Konferenzteil.

Umgebungsarbeiten (BKP 4): Kosten für Umgebungsarbeiten auf dem Grundstück, einschliesslich Maurer- und Gärtnerarbeiten (Neubepflanzungen) und bauliche Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit sowie für die Erstellung der Zufahrten.

6858

Baunebenkosten (BKP 5): Kosten für die Durchführung des Architekturwettbewerbs, Bewilligungen und Gebühren, Kosten für Reproduktionen und Modelle sowie Versicherungen und übrige Auslagen.

Reserven für Unvorhergesehenes (BKP 6): Diese Gruppe umfasst eine Reserve für Auslagen, welche nach Baubeginn unerwartet auftauchen könnten, sowie für Diverses.

Honorare (BKP 7): Sämtliche Honorare für das Projekt, d.h. Honorare für die Bauvorbereitung, für das Bauwerk, für die Betriebsausrüstung und für die Umgebung.

Reserven für Teuerung (BKP 8): Dieses Element umfasst eine Reserve für mögliche Auswirkungen der Teuerung (vgl. Ziff. 3.2, Auswirkungen der Teuerung).

Ausstattung (BKP 9): Unter dieses Element fallen die Kosten für Mobiliar und Zubehör zum allgemeinen Gebrauch, wie es beispielsweise in den Sälen, den Archiven, der Cafeteria und der Empfangshalle benötigt wird.

Kostenaufstellung nach Elementkostengliederung (EKG): EKG

Element

Kosten (in CHF)

%

A B C D E I M P Q R T V W X

Grundstück (pro memoria) Bauvorbereitung Baustelleninstallationen, Gerüste Rohbau Gebäude bis Oberkante Bodenplatte Rohbau Gebäude oberhalb der Bodenplatte Installationen und Transportanlagen Ausbau Gebäude Bauliche Betriebseinrichtungen Betriebseinrichtungen Ausstattung Umgebungsarbeiten Baunebenkosten Honorare Übergangskonto und Unvorhergesehenes

0 1 001 700 741 400 1 690 700 13 283 700 11 918 300 10 802 200 1 268 900 1 430 400 1 438 100 2 396 400 3 666 100 6 662 100 3 700 000

0,00 1,67 1,24 2,82 22,14 19,86 18,00 2,11 2,38 2,40 3,99 6,11 11,10 6,17

Gesamttotal (ohne MWSt)

60 000 000

100,00

FIPOI-Darlehen des Bundes

60 Mio. Franken

6859

Die aufgeführten Rubriken nach der EKG umfassen unter anderem folgende Elemente: Grundstück (EKG A): Das Grundstück ist aus dem bereits erwähnten Grund (unentgeltliches Zurverfügungstellen durch den Kanton Genf) nicht in den Kosten inbegriffen.

Bauvorbereitung (EKG B): Darunter fallen die gemeinsamen Baustelleneinrichtungen, provisorische Massnahmen in der Baugrube sowie Spezialfundamente und besondere Bauvorbereitungen.

Baustelleninstallationen, Gerüste (EKG C): Dieses Kostenelement umfasst die allgemeine Baustelleneinrichtung, Fassadengerüste und übrige Gerüste.

Rohbau Gebäude bis Oberkante Bodenplatte (EKG D): Darunter fallen der Baugrubenaushub, das Hinterfüllen des Bauwerks, Fundamente und Bodenplatten sowie die Kanalisation im Gebäude.

Rohbau Gebäude oberhalb der Bodenplatte (EKG E): Darunter fallen insbesondere die Erstellung von Decken, Treppen, Dächern, Stützen, Aussenwänden, Fenstern, Aussentüren und -toren sowie Innenwänden.

Installationen und Transportanlagen (EKG I): Dieses Element umfasst die Starkstromanlagen, Telekommunikation und Sicherheitsanlagen, Heizungsanlagen, luft- und kältetechnische Anlagen, Wasser- und Abwasseranlagen, Transportanlagen sowie die Gebäudeautomation.

Ausbau Gebäude (EKG M): Unter dieses Element fallen insbesondere die allgemeinen Ausbauarbeiten für das Gebäude, die Trennwände und Innentüren, Schutzelemente, Bodenbeläge, Wandverkleidungen sowie Deckenbekleidungen.

Bauliche Betriebseinrichtungen (EKG P): Kosten für die fest eingebauten Einrichtungen, welche einer spezialisierten Nutzung des Gebäudes dienen. Dazu gehören insbesondere die Einrichtungen für den Gerichts- bzw. Konferenzteil (vgl. dazu die Ausführungen zum untenstehenden Posten «Betriebseinrichtungen EKG Q»).

Betriebseinrichtungen (EKG Q): Die unter dem gleich lautenden Kapitel 3 des Baukostenplans («Betriebseinrichtungen BKP 3») aufgeführten Posten sind bei der Aufstellung der Kosten gemäss Elementkostengliederung unter dem Punkt P der Elementkostengliederung («Bauliche Betriebseinrichtungen EKG P») sowie unter dem Kapitel I («Installationen und Transportanlagen EKG I») einkalkuliert.

Ausstattung (EKG R): Unter dieses Element fallen die Kosten für Mobiliar und Zubehör zum allgemeinen Gebrauch, wie es beispielsweise in den Sälen, den Archiven, der Cafeteria und der Empfangshalle benötigt wird.

6860

Umgebungsarbeiten (EKG T): Dazu gehören insbesondere die Kosten für die Kanalisationsleitungen, für die Wasser-, Gas- und Stromversorgung, für Gärtnerarbeiten sowie für die Aussenbeleuchtung. Ebenfalls abgedeckt ist dadurch die Erstellung der Zufahrt und der Aussenplätze.

Baunebenkosten (EKG V): Dieses Element deckt unter anderem jene Kosten ab, welche für die Durchführung des Architekturwettbewerbs, für die Vervielfältigung von Dokumenten, für Versicherungen sowie für Bewilligungen und Gebühren entstehen.

Honorare (EKG W): Sämtliche Honorare für das Projekt, d.h. Honorare für die Bauvorbereitung, für das Bauwerk, für die Betriebsausrüstung und für die Umgebung.

Übergangskonto und Unvorhergesehenes (EKG X): Dieses Element enthält einerseits Reserven für die Teuerung, andererseits gewisse Reserven für Unvorhergesehenes (vgl. dazu die Ausführungen zum Baukostenplan unter BKP 6 und BKP 8).

3

Finanzierung des Gebäudes der WTO

3.1

Darlehen an die FIPOI

Das Zurverfügungstellen von Immobilien zur Deckung der Bedürfnisse internationaler Organisationen stellt eines der wichtigsten Instrumente der schweizerischen Gaststaatpolitik dar. Dies geschieht über die FIPOI. So kann der Bund im Rahmen seiner Gaststaatpolitik namentlich beschliessen, einer bauwilligen Organisation zur Finanzierung eines bestimmten Projekts via FIPOI ein zinsfreies, innert fünfzig Jahren rückzahlbares Darlehen zu gewähren.

Um für die internationalen Organisationen angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen, hat der Bund in der Vergangenheit bereits zahlreiche zinsfreie Baudarlehen gewährt. Es sei an dieser Stelle an frühere Botschaften11 erinnert, auf deren Grundlage die eidgenössischen Räte Bundesbeschlüsse zur Bewilligung von Verpflichtungskrediten für Darlehen an die FIPOI verabschiedet haben.

11

Botschaften vom 18. September 1964 (FIPOI, GATT, EFTA; BBl 1964 II 769), vom 6. Juni 1966 (IAO; BBl 1966 I 969), vom 5. Juni 1967 (UNO, ITU, WMO, UPU; BBl 1967 I 1127), vom 17. Februar 1971 (EFTA, CICG, WIPO; IAO; BBl 1971 I 425), vom 1. Mai 1974 (CERN; BBl 1974 I 1377), vom 7. August 1974 (ITU, IAO, WIPO; BBl 1974 II 441), vom 2. März 1977 (WIPO; BBl 1977 I 1292), vom 25. Mai 1983 (CIM; BBl 1983 II 1501), vom 5. März 1984 (CERN; BBl 1984 I 1205), vom 27. November 1985 (ITU; BBl 1985 III 485), vom 18. Februar 1987 (WIPO; BBl 1987 I 816), vom 13. Februar 1989 (UNHCR; BBl 1989 I 1229), vom 17. Februar 1993 (CERN, WMO; BBl 1993 I 1225), vom 30. Mai 1994 (GEC, Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften; BBl 1994 III 1049), vom 19. September 1994 (WMO, CWR; BBl 1994 V 227), vom 15. Mai 1996 (ITU; BBl 1996 III 1) und vom 16. April 2003 (WHO, UNAIDS; BBl 2003 3439).

6861

Auf Antrag des Bundesrats gewährten die eidgenössischen Räte der FIPOI mit dem Voranschlag 2003 innerhalb der FIPOI-Kreditrubrik eine erste Darlehenstranche von 4 950 000 Franken für das Neubauvorhaben der WTO. Dieser Betrag war zur Finanzierung des Vorprojekts, einer Projektstudie sowie eines Kostenvoranschlags bestimmt. Die erwähnten Unterlagen sind in der Zwischenzeit erarbeitet worden und bilden die Grundlage der vorliegenden Botschaft. Gestützt darauf beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten die Bewilligung eines Gesamtpakets in Form eines Verpflichtungskredits von 60 Millionen Franken, um die Realisierung des beschriebenen Bauvorhabens zu finanzieren. Die erste, bereits teilweise ausbezahlte Darlehenstranche von 4 950 000 Franken ist in diesem Betrag inbegriffen und wird im Rahmen des Gesamtpakets rückzahlbar sein. Wie bei FIPOI-Geschäften üblich, wird das Darlehen mit der Fertigstellung des Baus zur Rückzahlung innert 50 Jahren fällig. Die Baudauer wird gegenwärtig auf rund zwei Jahre veranschlagt.

3.2

Auswirkungen der Teuerung

Den eidgenössischen Räten unterbreitete Kreditbegehren für zivile oder militärische Bauten des Bundes berücksichtigen in der Regel die Teuerung nicht. Das Bauvorhaben, welches Gegenstand der vorliegenden Botschaft bildet, kann jedoch diesen Kategorien nicht gleichgestellt werden. Es ist für einen Dritten bestimmt, welcher nicht der Verordnung über das Bauwesen des Bundes untersteht.

Es ist allerdings schwierig, den Umfang der jährlichen Teuerung für die vorgesehene Bauzeit bis zur Fertigstellung des zusätzlichen Gebäudes für die WTO abzuschätzen.

Die Berechnungen, welche der Botschaft zugrunde liegen, enthalten eine Reserve von 3,3 Prozent zum Auffangen von teuerungsbedingten Preisanstiegen während der gesamten Bauzeit (voraussichtlich die Jahre 2006­2008).

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle Auswirkungen

Dieser Antrag auf die Gewährung eines Darlehens an die FIPOI zur Finanzierung eines zusätzlichen Verwaltungsgebäudes für die WTO in Genf wird den Bund mit einem finanziellen Aufwand von insgesamt 60 Millionen Franken (inkl. erste Darlehenstranche fürs Vorprojekt), verteilt auf die Jahre 2003­2009, belasten. Die aus diesen Verpflichtungen erwachsenden Ausgaben sind in den Staatsrechnungen 2003 und 2004 enthalten sowie in den Voranschlägen 2005 und 2006 und im Finanzplan 2007­2009 vorgesehen.

Die vorliegende Ausgabe ist für ein Darlehen bestimmt, welches innert fünfzig Jahren nach Beendigung der Bauarbeiten rückzahlbar ist.

6862

4.2

Anwendung der Ausgabenbremse

Der beiliegende Entwurf für einen Bundesbeschluss sieht in Artikel 1 die Gewährung eines Verpflichtungskredits nach Artikel 25 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1989 über den eidgenössischen Finanzhaushalt12 im Umfang von 60 Millionen Franken vor. Es handelt sich dabei um eine neue einmalige Ausgabe von mehr als 20 Millionen Franken. Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung13 muss Artikel 1 des beiliegenden Entwurfs für einen Bundesbeschluss deshalb der Ausgabenbremse unterstellt werden.

4.3

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf den Personalbestand des Bundes.

4.4

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Die Ausführung des vorliegenden Bundesbeschlusses obliegt der Eidgenossenschaft.

Dem Kanton Genf werden durch das Bauprojekt Kosten entstehen. Er muss den SBB den Baurechtszins bezahlen, der als Gegenleistung für das Baurecht der zur Überbauung vorgesehenen Parzelle gefordert ist, damit das besagte Grundstück der WTO unentgeltlich im Baurecht zur Verfügung gestellt werden kann. Letzteres entspricht einer langjährigen Praxis für Bauvorhaben im internationalen Genf, die mit einem zinsfreien Darlehen des Bundes finanziert werden.

Abgesehen davon werden den Kantonen und Gemeinden keine Kosten entstehen.

5

Legislaturplanung

Das Vorhaben, im Rahmen der Schweizer Gaststaatpolitik die WTO durch ein FIPOI-Darlehen bei der Realisierung eines Gebäudes finanziell zu unterstützen, ist im Gesetzgebungsprogramm zur Legislaturplanung 2003­200714 unter Ziffer 3.1 «Stellung der Schweiz in der Welt festigen: Aussenbeziehungen» namentlich enthalten. Die Realisierung des Vorhabens wird voraussichtlich über den zeitlichen Rahmen der aktuellen Legislatur hinausreichen.

12 13 14

SR 611.0 SR 101 Bericht des Bundesrats vom 25. Februar 2004 über die Legislaturplanung 2003­2007 (BBl 2004 1149).

6863

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Gesetzliche Grundlagen

Das Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Finanzhilfen an die FIPOI15 bildet die gesetzliche Grundlage für die Gewährung von Darlehen an die FIPOI. Artikel 1 Absatz 1 des Gesetzes sieht vor, dass der Bund der FIPOI zinslose, innert 50 Jahren rückzahlbare Darlehen gewähren kann.

Die Budgetkompetenz der eidgenössischen Räte ergibt sich aus Artikel 167 der Bundesverfassung16.

6.2

Rechtsform des Erlasses

Gemäss Artikel 163 Absatz 2 der Bundesverfassung und Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200217 ist für den im vorliegenden Fall zu treffenden Erlass die Form des einfachen Bundesbeschlusses, der nicht dem Referendum untersteht, vorgesehen.

15 16 17

SR 617.0 SR 101 SR 171.10

6864

Anhang 1 Abbildung des geplanten WTO-Gebäudes (Computersimulation)

6865

Anhang 2 Gesamtplan

Legende zum Gesamtplan ONU

Vereinte Nationen (UNO) (Palais des Nations) OMC Welthandelsorganisation (WTO) (ohne Kreis) Hauptsitz im Centre William Rappard OMC Welthandelsorganisation (WTO) (mit Kreis) geplanter Neubau OMPI Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) UIT

6866

Internationale Fernmeldeunion (ITU)

CICR

Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) HCR Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge (UNHCR) OMS Weltgesundheitsorganisation (WHO) BIT/IAOInternationales Arbeitsamt, Sitz der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO)

Anhang 3 Lage des geplanten WTO-Gebäudes

6867

Anhang 4 Modell

6868

Querschnitt