# S T #

N o

s o

1549

Bundesblatt 108. Jahrgang

Bern, den 26. Juli 1956

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebükhr: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stampili & Cie. in Bern

# S T #

7178

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die technische Hilfe der Schweiz an wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder (Vom 14. Juli 1956) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir haben die Ehre, Ihnen zu beantragen, uns zu ermächtigen, am erweiterten Programm für die technische Hilfe der Organisation der Vereinigten Nationen weiter mitzuwirken und die auf bilateraler Ebene begonnene Hilfe fortzusetzen.

Es mag schon zu Beginn festgehalten werden, dass die zwischenstaatliche technische Hilfe zum Ziele hat, den wirtschaftlich unterentwickelten Ländern zu helfen, ihr technisches Personal auszubilden und die zu ihrer Entwicklung erforderlichen technischen Kenntnisse zu erwerben. Die Programme für technische Hilfe sind also nicht mit denjenigen zu verwechseln, die finanzielle oder kommerzielle Unterstützung, kulturelle Zusammenarbeit oder eine direkte Hilfe an die Bevölkerung vorsehen.

I.

Technische Hilfe der Vereinigten Nationen a. Einleitung Das durch Beschluss der Generalversammlung im Dezember 1949 aufgestellte erweiterte technische Hilfsprogramm der Vereinigten Nationen hat bekanntlich zum Ziel, den unterentwickelten Ländern eine technische Hilfe zu bringen, die es ihnen ermöglichen soll, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern und in der Folge den Lebensstandard ihrer Bevölkerung zu heben. Dieses von Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. I.

111

1550 den Vereinigten Nationen begonnene Werk bezweckt daher, die Ungleichheiten der Lebensbedingungen zu vermindern, welche zwischen den industrialisierten Nationen und den wirtschaftlich ungenügend entwickelten Ländern bestehen.

Erinnern wir daran, dass die technische Hilfe nur auf Anfrage der jeweils interessierten Eegierung gewährt werden soll, dass jeder politische Einfluss zu vermeiden ist und dass diese Aktion durch Entsendung von Experten und Ausrichtung von Stipendien zur Weiterbildung und zu Studienzwecken durchgeführt wird.

Mit Bundesbeschluss vom 11. April 1951 haben die eidgenössischen Eäto die Beteiligung der Schweiz am Hilfsprogramm gutgeheissen. Eine Million Pranken ist der Organisation der Vereinigten Nationen für das sich vom l. Juli 1950 bis 31. Dezember 1951 erstreckende Eechnungsjahr überwiesen worden.

Mit Beschluss vom 19. Juni 1953 haben Sie sich für die Fortsetzung der schweizerischen Beteiligung am Programm ausgesprochen und uns ermächtigt, für die Jahre 1952, 1953 und 1954 einen jährlichen Beitrag von einer Million Pranken zu leisten; schliesslich haben Sie durch Beschluss vom 20.Dezember 1954 die Fortsetzung unserer Mitwirkung mit einem jährlichen Beitrag von einer Million Pranken für 1955 und 1956 gutgeheissen. Dieser zuletzt erwähnte Beschluss ist gültig bis Ende 1956, so dass es notwendig ist, jetzt einen Beschluss über die Fortsetzung unserer Mitwirkung ab I.Januar 1957 zu fassen.

Li unseren Botschaften vom 28.März 1952 (BEI I, 613) und vom 24. September 1954 (BB1 II, 441) haben wir die Tätigkeiten gemäss dem erweiterten Programm der Vereinigten Nationen seit dessen Ingangsetzung bis zum Beginn des Jahres 1954 beschrieben. Wir unterbreiten Ihnen daher einen Bericht über die Ergebnisse dieses Programms in den Jahren 1954 und 1955, damit Sie sich ein allgemeines Bild über die Entwicklung des Hilfswerkes machen können.

Zunächst geben wir Ihnen eine allgemeine statistische Übersicht über die Verwirklichung des Programmes 1954 und 1955; nachher berichten wir Ihnen über die Beteiligung der Schweiz am Programm in der gleichen Zeitperiode.

b. Allgemeine Statistiken des erweiterten Programmes /tìr 1954: und 1955 Die folgenden Angaben erlauben Ihnen, den Umfang des erweiterten Programmes der Vereinigten Nationen zu beurteilen.

Die endgültige Ziffer für die im Jahre 1954
bezahlten Beträge ergab 25 021 000 Dollar; im Jahre 1955 stieg der Betrag auf 27 883 000 Dollar. Dieser Anstieg hielt an, indem'die beteiligten Staaten für 1956 Beiträge in der Höhe von 28 757 COO Dollar versprochen haben. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben sich bereit erklärt, 1956 einen Beitrag von 15% Millionen Dollar zu leisten, wenn die Beiträge der anderen Staaten die gleiche Summe erreichen.

Im Jahre 1954 betrug die Zahl der am Programm finanziell mitwirkenden Staaten 73, in den Jahren 1955 und 1956 waren es 71 bzw. 73.

1551 Die untenstehende Tabelle vermittelt für 1954/55 die Ziffern der Ausgaben der am Programm beteiligten Organisationen, die Anzahl der Experten, die Aufträge ausgeführt haben und die Zahl der zugesprochenen Stipendien: Organisationen ')

Ausgaben in Dollar 1954 1955

AAT/UN FAO UNESCO OMS OIT OACI ÜIT OMM BAT

4653104 4 725 973 2 309 935 3 754 545 1 990 164 753 710 -- -- 1 277 311 19 464 742

gestellte Experten 1954 1955

zugeteilte Stipendien 1954 1955

5 954 351 7650128 3 081 748 4 400 256 2 643 486 1020585 . --.

-- 1 356 084

343 428 182 344 180 84 14 9

415 665 232 419 241 94 23 19

153 238 296 278 506 45 6 7

26 106 638

1584

2108

1529

457 274 417 545 573 106 30 29

2431 ·

Im Jahre 1954 haben 71 Länder und Territorien Experten bei sich aufgenommen, während 86 Länder Stipendien für das Ausland erhielten; im Jahre Ì955 waren es 80 bzw. 101. Wir möchten darauf hinweisen, dass Staaten auf allen fünf Kontinenten Hilfe erhalten haben und dass der Prozentsatz der Ausgaben für die technische Hilfe sich wie folgt auf die verschiedenen Regionen der. Erde verteilt: Afrika Ferner Osten Europa Latein-Amerika Mittlerer Osten Kegionale und interregionale Programme .

| AAT/UN PAO

1954

1955

8,5 30,8 9,9 25,9 21,5 3,4

8,5 31,1 8,0 26,4 21,9 4,1

Verwaltung der Technischen Hilfe der Vereinigten Nationen Organisation der Vereinigten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft UNESCO Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur OMS Weltgesundheitsorganisation OIT Internationale Arbeitsorganisation Internationale Zivilluftfahrtsorganisation OACI UIT Weltnachrichtenunion OMM Meteorologische Weltorganisation BAT Bureau der technischen Hilfe

1552 c. Beteiligung des Bundes am erweiterten Programm in den Jahren 1954 und 1955 1954 Experten Fachgebiete

Zahl der tätigen Experten engagiert früher 1954 engagiert

Landwirtschaft, Viehzucht und verwandte Gebiete.

Länder

Afghanistan, Bolivien, Honduras, Iran, Lybien, Nepal, Peru Türkei, Jugoslawien Afghanistan, Nepal

Forstwirtschaft Naturwissenschaften. . .

Technische Wissenschaften und Industrie

11

Äthiopien, Indonesien, Irak, Iran, Libanon, Pakistan, Philippinen, Türkei, Jugoslawien

Unterricht und Berufsausbildung

7

Hygiene und Gesundheit .

3

Verwaltung und Wirtschaft

l

Brasilien, Costa Bica, Iran, Italien, Nepal, Paraguay Indonesien, Irak, Jordanien, Marokko, Syrien, Tanganyika x) Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Türkei *)

Total Fachgebiete

l l

19

1954 Stipendiaten Zahl der Stipendiaten

Landwirtschaft, Viehzucht und verwandte Gebiete Forstwirtschaft Naturwissenschaften Technische Wissenschaften und Industrie Stagiaires in der Industrie Hygiene und Gesundheit .

Wirtschaft .

Sozialdienst.

30

8

5 3

18 22

3 5

Länder

Finnland, Iran Jugoslawien Israel, Jugoslawien Ceylon, Ägypten, Griechenland, Indien, Iran, Israel, Pakistan, Jugoslawien Israel, Jugoslawien Iran, Israel, Marokko, Jugoslawien Finnland, Griechenland Costa Bica, Dahomey, Finnland, Italien, Jamaika

Total 68 ) Im Fachgebiet «Hygiene und Gesundheit» wechselte 1954 ein Experte von Jordanien nach dem Irak, im Fachgebiet «Verwaltung und Wirtschaft» von Ecuador nach Kolumbien. Damit erklärt sich, dass die Zahl der Länder höher ist als diejenige der Experten.

J

1558 Fachgebiete

1955 Experten Zahl der tätigen Experten engagiert früher 1955 engagiert

Landwirtschaft, Viehzucht und verwandte Gebiete.

Afghanistan, Bolivien, Costa Bica, Ägypten, Ecuador, Äthiopien, Indien, Iran, Libyen, Nepal, Syrien, Jugoslawien Israel, Türkei, Jugoslawien Afghanistan, Kolumbien, Nepal

l l

Forstwirtschaft Naturwissenschaften. . .

Technische Wissenschaften und Industrie

10

Saudi Arabien, Äthiopien, Indonesien, Iran, Jordanien, Libanon, Pakistan, Türkei, Jugoslawien Bolivien, Iran, Jordanien, Nepal, Paraguay Irak, Israel, Liberia, Marokko, Syrien, Tanganyika Bolivien, Kolumbien, Iran, Türkei

Unterricht und Berufsausbildung

4

6

Hygiene und Gesundheit .

2

4

Verwaltung und Wirtschaft Total

2

3

27

33

Fachgebiete

Länder

1955 Stipendiaten Zahl der Stipendiaten

Landwirtschaft, Viehzucht und verwandte Gebiete ' .

5

Forstwirtschaft Naturwissenschaften Technische Wissenschaften und Industrie

20

· Unterricht und Berufsausbildung

19

Stagiaires in der Industrie . . .

21

Hygiene und G e s u n d h e i t . . . .

8

Wirtschaft

7

Sozialdienst.'

7

Total

4 l

92~

Länder

Finnland, Israel, Türkei, Jugoslawien Ceylon, Mexiko, Jugoslawien Pakistan Ceylon, Indien, Iran, Israel, Pakistan, Peru, Jugoslawien Brasilien, Griechenland, Haiti, Iran, Jugoslawien Griechenland, Israel, Türkei, Jugoslawien Österreich, Iran, Marokko, Tunesien, Türkei Indien, Israel, Jordanien, Türkei Griechenland, Haiti, Iran, Madagascar, Surinam, Türkei, Jugoslawien

1554 Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass die Schweiz im Jahre 1954 19 noue Experten entsandt "hat, während 30 andere, die früher angestellt wurden, ihre Aufgabe fortsetzten. Im gleichen Jahr hat sie 68 Stipendiaten aufgenommen.

Im Jahre 1955 wurden 27 neue Experten angestellt; 33 setzten ihre Tätigkeit fort und 92 Stipendiaten kamen in unser Land.

Seit Beginn des Programmes (1950) betrug die Gesamtzahl der schweizerischen Experterimissionen bis Anfang des laufenden Jahres 124, während gleichzeitig etwa 440 Stipendiaten in der Schweiz aufgenommen worden waren.

In Ergänzung der Expertenmissionen und der Ausrichtung von Stipendien stellen die Vereinigten Nationen Material und Instrumente in einem beschränkten Eahmen zur Verfügung. Die zu diesem Zwecke in der Schweiz getätigten Käufe belaufen sich in den Jahren 1954 und 1955 auf rund 80 000, beziehungsweise 300 000 Franken.

d. Allgemeine Betrachtungen Wenn man die Durchführung des Programmes der Vereinigten Nationen in den Jahren 1954 und 1955 betrachtet und mit derjenigen der vorhergehenden Jahre vergleicht, so stellt man fest, dass trotz der Verlangsamung während des Jahres 1954 allgemein gesehen ein Aufschwung stattfand. Die im Jahre 1954 eingetretene Verlangsamung rührt davon her, dass. mehrere Länder die versprochenen Beträge mit Verspätung leisteten und dass gewisse Beiträge verspätet angemeldet worden sind. Um diesen Nachteilen zu begegnen, hat das Komitee der technischen Hilfe im Jahre 1954 die Gründung eines Eeserve- und Betriebsfonds beschlossen, welcher infolge jährlicher Vorwegnahme von 3 Millionen Dollar aus dem Beitrag der Vereinigten Staaten im Jahre 1956 einen Betrag von 12 Millionen Dollar erreichen Avird. Der Eeservefonds für das Programm betrug vor diesem Entscheid nur 3 Millionen Dollar. Dieser Fonds soll fernerhin die Geschäftsführung erleichtern, die sich wegen der verschiedenen Währung, in denen die Beiträge zu bezahlen sind, schwierig gestaltet.

Im Jahre 1955 erhöhten verschiedene Länder ihre Beiträge. Diese Erhöhungen betrugen : 25% für Dänemark 20% für Frankreich 18% für Grossbritannien 20% für Schweden

(von (von l (von l (von

434 342 $ auf 550166$) 207 500 $ auf l 448 571 f ) 820 218 $ auf 2 240 000 $) 483 279 $ auf 579 935 $).

Norwegen seinerseits vervierfachte seinen Beitrag (von 97 998 $ auf 400 000 $).

Für 1956 meldeten 26 Länder eine Erhöhung ihrer Beiträge an. Unter diesen seien hervorgehoben Belgien mit 30 Prozent, Kanada mit 20 Prozent, Italien mit 20 Prozent, die Niederlande mit 15 Prozent, Schweden mit 20 Prozent und Indien mit 12,5 Prozent.

Des weiteren hat der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinigten Nationen in seinen letzten Versammlungen eine Verringerung der administrativen und

1555 indirekten Kosten, der technischen Hilfe festgestellt ; man ist daran, sie auf 14 Prozent, ja sogar auf 12 Prozent der Gesamtausgaben für das Programm zurückzuführen. Wir weisen darauf hin, dass dieses Verhältnis der Kosten ungefähr den Bedingungen entspricht, welche wir für die Verwendung unseres Beitrages gestellt haben, indem mindestens 85 Prozent davon für schweizerische Dienstleistungen ausgegeben werden sollen.

Eine im Jahre 1954 durchgeführte Verwaltungsreform, welche ein gutes Ergebnis zeitigte, bestand in der Abschaffung der festen Zuschüsse, welche den mitwirkenden Organisationen jedes Jahr gewährt wurden; künftig werden diese Beiträge nicht mehr nach einem festen Schema ausgerichtet, sondern gemäss den von den Organisationen auf Grund der Hilfegesuche der wirtschaftlich unterentwickelten Länder aufgestellten Programmen. Über die Dringlichkeit der verschiedenen Projekte sollen die Länder selbst entscheiden.

Die Frage 'des Mitspracherechts von Ländern, die nicht Mitglieder der Vereinigten Nationen sind, bei der Planung des Programms der technischen Hilfe (Ausschuss für die technische Hilfe) ist noch nicht entschieden. Die Schweiz misst ihr nach wie vor grosse Bedeutung bei. Sie hofft, dass dieses Problem in allernächster Zeit in befriedigender Weise gelöst wird.

Bei der Beurteilung der Ergebnisse des Programmes darf man nicht übersehen, dass es nur innerhalb gewisser Grenzen durchgeführt werden kann; vor allem kommt es auf die Fähigkeit jedes unterentwickelten Landes an, unter Herbeiziehung seiner eigenen Hilfsquellen an qualifizierten Arbeitskräften, Kapitalien usw. aus der gewährten Hilfe den grösstmöglichen wirklichen Nutzen zu ziehen.

Anderseits stösst die Eekrutierung von Experten, welche die unerlässlichen menschlichen und beruflichen Qualitäten aufweisen, auf Schwierigkeiten, da die Eeserve an Spezialisten nicht unerschöpflich ist. Wir stellen fest, dass die Zahl der angestellten Experten und der aufgenommenen Stipendiaten sich in unserem Land auf einem befriedigenden Stand halten konnte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Bundesbehörden sich der Mitwirkung der Wirtschaftskreise und der wissenschaftlichen Institute versichern mussten, um Experten vorschlagen und Stipendiaten empfangen zu können. Diese Kreise haben dank ihrem Verständnis für die Probleme
der technischen Hilfe den zuständigen Behörden einen wertvollen Beitrag an die Erfüllung ihrer Aufgabe geleistet.

Man darf auch nicht vergessen, dass das Programm nicht dazu bestimmt ist, alle die weitläufigen Probleme der unterentwickelten Länder zu lösen, sondern dasä es nur ein bescheidenes Mittel darstellt, das zur Entwicklung dieser Länder beiträgt. Wie wir bereits in unserer Botschaft vom 24. September 1954 ausgeführt haben, kann die dank dem Programm der Vereinigten Nationen geleistete Hilfe sowie jedes andere multilaterale oder bilaterale Programm für Hilfeleistungen an unterentwickelte Länder nur die Rolle eines Katalysators spielen in Anbetracht der ungeheuren Grosse der Probleme, denen sich wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder gegenübergestellt sehen. Die Lösung dieser Probleme hängt in erster Linie von den Anstrengungen der betreffenden Nationen selbst ab.

1556 Um das Programm der Vereinigten Nationen lebendiger zu veranschaulichen, nennen wir einige typische Beispiele aus der Tätigkeit der Vereinigten Nationen und ihren spezialisierten Organisationen, sowie aus der Mitarbeit der Schweiz.

Wir erinnern Sie daran, dass sich diese Aktionen zur Hilfe an ungenügend entwickelte Länder in fünf verschiedene Bichtungen auswirken : in der Erforschung der noch nicht ausgebeuteten natürlichen Hilfsquellen im Interesse der Volkswirtschaft dieser Länder ; in der Steigerung des Ertrages der bereits ausgebeuteten natürlichen Hilfsquellen ; im wirksameren Gebrauch der ihnen beschränkt zur Verfügung stehenden Kapitalgüter ; in der Erhöhung des Potentials der wichtigsten Hilfsquelle, nämlich der Arbeitskraft, und schliesslich in der Verbesserung der Verwaltungen, die mit der Ausarbeitung und Durchführung von Plänen zur (Förderung der Wirtschaft beauftragt sind.

In Belutschistan (Westpakistan) sind weite, ehemals fruchtbare und blühende Landstriche seit Jahrhunderten in einem wüstenähnlichen Zustand; die Bevölkerung ist dünngesät und nomadenhaft und lebt im äussersten Elend. Es handelt sich hier vor allem-darum, das Problem der Bewässerung zu lösen. Ein Hydrologe der Verwaltung der Technischen Hilfe der Vereinigten Nationen, unterstützt durch Spezialisten der Organisation der Vereinigten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) und der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO), bat sich dieser Aufgabe angenommen. Im Jahre 1954 konnte die Leistung verschiedener Brunnen dank tieferer Bohrungen vergrössert werden, so dass das zusätzlich gefundene Wasser für den Unterhalt von zirka 15 000 Personen ausreicht.

Die Tätigkeit der Vereinigten Nationen hat aber nicht an diesem Punkt aufgehört, sondern die Experten haben die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Aufschwunges dieser Gegend durch den Abbau der ziemlich wichtigen Mineralvorkommen, die Förderung der Landwirtschaft und die Verbesserung der hygienischen Bedingungen geprüft. Die Experten haben bei der Bevölkerung wirksame Unterstützung gefunden; die ersten erreichten Eesultate bieten Gewähr für einen neuen, erst begonnenen Aufschwung dieser Gegend Pakistans.

Die Ausbildung von qualifizierten Arbeitern ist für wirtschaftlich zurückgebliebene Länder von grosser Bedeutung. Sie
ist eine der wesentlichen Bedingungen, um die unter Mithilfe von Experten der technischen Hilfe ausgearbeiteten Entwicklungsprojekte zu verwirklichen. Durch Erhöhung des Produktionsniveaus können die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessert werden.

In diesem Zusammenhang erweckt die Tätigkeit der Internationalen Arbeitsorganisation (OIT) auf Haiti besonderes Interesse.

In der Tat besitzt nur ein kleiner Teil der Bevölkerung dieser Eepublik die für den Aufschwung von Gewerbe und Industrie unerlässlichen technischen Kenntnisse. Die Regierung von Haiti hat sich daher an die OIT gewandt. Sie

1557 dachte zuerst daran, ein Institut für Technologie zu gründen; doch erwies es sich als vorteilhafter, dieses allzu ehrgeizige Proj ekt vor allem zugunsten der Förderung der beruflichen Ausbildung aufzugeben. Die Aktion begann in der Berufsschule Därmen in Port-au-Prince. Während die Eegierung für die Vergrösserung dieser Schule und die Vermehrung des Personals sorgte, stellte die OIT zu Beginn des Jahres 1954 einen Experten für die berufliche Ausbildung, sowie weitere Instruktoren zur Verfügung. Eine Sektion für Elektrizität und Autoelektrizität wurde eröffnet, diejenige für Automechanik wurde neu organisiert ; ferner wurden Pläne erstellt für die Entwicklung der Sektionen für allgemeine Mechanik und für Holz.

Parallel mit der Verbesserung des Unterrichtes traten die Experten mit den Organisationen der Arbeitgeber und den Gewerkschaften der Arbeitnehmer in Verbindung, um die Bedürfnisse des Landes für qualifizierte Arbeitskräfte festzustellen und um die in der Schule Damien ausgebildeten Arbeiter zu plazieren.

Seit Ende des Jahres 1954 zeitigte das Projekt die ersten Früchte : die Schüler, die unter den Instruktoren der OIT ihre Ausbildung beendet hatten, begannen ihre praktische Tätigkeit und erfreuten sich sogleich grosser Wertschätzung. Anderseits wirkt die OIT an der Förderung des Handwerks, insbesondere der Gerbereien und Wagnereien, mit.

Infolge des Aufschwunges des beruflichen Unterrichtes verstärkte sich das Interesse der jungen Leute für die technischen Berufe so sehr, dass die Aufnahmebedingungen der Berufsschule verschärft werden mussten.

Wir heben noch hervor, dass die Experten mit Hilfe der Schüler der Schule Damien einen windgetriebenen Apparat für die Bewässerung erstellt haben.

Dieser Apparat kann in den Werkstätten von Haiti hergestellt und den Landwirten zu einem erschwinglichen Preis abgegeben werden.

Abschliessend ist zu bemerken, dass das Projekt der OIT den Bedürfnissen des Landes genau entspricht; es wird dank aktiver Hilfe der Eegierung und'auch der gesamten interessierten Kreise ausgeführt und hat demzufolge sehr rasch positive Ergebnisse gezeitigt.

Die technische Hilfe wirkt sich oft zugunsten verschiedener Länder aus, die sich mit ähnlichen Problemen auseinandersetzen müssen. Die Hebung der Lebensmittelproduktion ist eine gebieterische Notwendigkeit im südlichen
und südöstlichen Asien. Um diesem Gebiet dazu zu verhelfen, hat die FAO bei Beginn des erweiterten Programmes die Eeiskommission ins Leben gerufen. Diese Kommission, deren Forschungen im Eeisinstitut der indischen Eegierung in Cuttak konzentriert sind, unterstützt auch eine gewisse Anzahl von Forschungsstationen in Burma, auf Ceylon, in Indonesien, in Japan und auf den Philippinen.

Die Arbeiten beziehen sich auf die Verbesserung der Eeisarten, die Einführung des Eeisbaus in neuen Gebieten und auf die Verwendung von Dünger. Diese Aktion stützt sich nicht nur auf die Hilfe von ausländischen Spezialisten, sondern auch auf die Zusammenarbeit zwischen den Wissenschaftern und Forschern aus allen Ländern Südasiens und des Fernen Ostens.

Diese Beispiele genügen, um einen Überblick über die Verschiedenartigkeit und die Schwierigkeiten der Aufgaben der Vereinigten Nationen zu geben, welche

1558 ein Gleichgewicht zwischen dem notwendigen Fortschritt und der festen Tradition der wirtschaftlich unterentwickelten Länder finden müssen. Sie zeigen uns auch, dass sich das Programm jedes Jahr mit neuen Erfahrungen bereichert, die seine Wirksamkeit erhöhen.

Wie die obige Zusammenstellung der schweizerischen Expertenmissionen zeigt, verteilt sich die Tätigkeit unserer Mitbürger, die von den Vereinigten Nationen und ihren Speziai-Organisationen angestellt worden sind, auf dio verschiedensten Gebiete, von der Verwertung der natürlichen Hilfsquellen bis zur Entwicklung des Transportes und der Nachrichtenverbindungen. Hievon einige Beispiele : Ein Agrar-Ingenieur, der in einem ti epischen Land solide Kenntnisse über die Bewässerungsarbeiten erworben hatte, arbeitet nun im Mittleren Orient an der Verwertung unfruchtbaren oder wenig ertragreichen Bodens für die Landwirtschaft. Die Arbeitsgruppe von Spezialisten der PAO, der dieser Ingenieur angehört, hat ein ähnliches Programm auszuführen wie dasjenige in Belutschistan, von dem oben die Bede war.

Sind Wälder in zu intensiver Weise ausgebeutet, d. h. zum grossen Teil zerstört worden, so ist es notwendig, vor allem die wissenschaftlichen Grundlagen für die Wiederaufforstung zu schaffen. Zu diesem Zweck ist die Gründung von Forschungsinstituten unerlässlich. In einem der Länder des Mittleren Orients hat sich ein Mitarbeiter des eidgenössischen forstwissenschaftlichon Instituts, der seit dem Sommer 1954 im Dienste der FAO tätig ist, dieser Arbeit gewidmet. Um diese Aufgabe zu Ende oder wenigstens so weit zu führen, bis ein Enderfolg sicher ist, muss der Experte über genügend Zeit verfügen können.

Gegenwärtig ist das Institut in seiner Gesamtheit bereits eingerichtet, und interessante Versuche sind im Gange, besonders was die Gürtel von schützenden Bäumen in Steppenregionen und die Verbesserung der Ausbeutung von boholzten Weidegebieten betrifft.

In zwei Ländern Asiens sind schweizerische Geologen mit der Sammlung von Angaben über die Bodenbeschaffenheit beschäftigt im Hinblick auf eine allfällige Ausbeutung der Mineralvorkommen oder auf eine Ausnützung unterirdischer Gewässer für die Tränkung des Viehs und die Versorgung von Ortschaften mit Trinkwasser.

In Zentralamerika hat ein schweizerischer Veterinär am Kampf gegen die Viehseuchen mitgewirkt,
und ein anderer Veterinär befindet sich noch in der gleichen Gegend, wo er zwei Jahre verbringen soll.

Die Erweiterung des Strassennetzes ist für die wirtschaftliche Entwicklung von erstrangiger Bedeutung. Es gibt Gegenden, wo der Mangel an Verbindungswegen eine blühende Landwirtschaft ihres Marktes beraubt oder die Ausbeutung der Bodenschätze verhindert. Ein schweizerischer Zivilingenieur, der früher in Indien arbeitete, ist mit einer Aufgabe für die Verbesserung des Strassennetzes in einem Land des Mittleren Orients betraut worden. Seine zunächst für ein Jahr vorgesehene Tätigkeit wurde auf zwei Jahre verlängert. Schon wurden

1559 Eesultate erreicht, indem die betreffende Regierung im Rahmen eines nationalen Entwicklungsprogrammes alles ans Werk setzt, um ein neues Strassennetz zu schaffen.

Was die Fernverbindungen anbelangt, können wir auf die Tätigkeit eines schweizerischen Ingenieurs in einem der Länder Afrikas hinweisen, wo er seit 1953 die Leitung eines wissenschaftlichen und technischen Institutes innehat und dessen Entwicklung fördert. Seit Ende 1955 wird er von einem anderen schweizerischen Spezialisten als Instruktor unterstützt. Diese moderne Technik führt in einem wirtschaftlich zurückgebliebenen Land zur Erleichterung von Verwaltung und Austausch, indem sie die Verkürzung der Distanzen fördert, welche oft ein Hindernis für den Aufschwung einer gewissen Gegend bilden.

Auf dem Gebiet der beruflichen Ausbildung erwähnen wir die Tätigkeit von vier Experten (landwirtschaftliche oder industrielle Lehrkräfte) in Südamerika und im Mittleren Orient. Dank den Anregungen dieser Spezialisten konnten schon Erfolge im technischen Unterrichtswesen erreicht werden.

Schliesslich sei noch auf die Arbeit einer Spezialistin des Haushaltungsunterrichtes in einem Land des Mittleren Orientes hingewiesen. Dieses Beispiel zeigt, dass sich das erweiterte Programm auf allen Gebieten der nationalen Tätigkeit auswirken will und dass die Vereinigten Nationen die Bedeutung der Rolle der Frau im Kampf um bessere Lebensbedingungen erfasst haben.

Im grossen und ganzen kann festgestellt werden, dass die schweizerischen Experten positive Erfahrungen gesammelt haben. Unsere Mitbürger müssen grosser Schwierigkeiten Herr werden. Sie haben ihr Verständnis, ihre Initiative und ihre Geduld unter Beweis gestellt. Die technische Hilfe ist ein Werk auf lange Sicht, und ihre Fortschritte sind nur zu oft sehr langsam. Anderseits weisen wir darauf hin, dass die Dienste unserer schweizerischen Experten, wie in der Vergangenheit, so wohl auch in Zukunft, von den mitwirkenden internationalen Organisationen und den betreffenden Ländern sehr geschätzt werden.

Was die Stipendiaten anbelangt, die in der Schweiz ihre Praxiszeit absolvierten, so haben sie im allgemeinen ihren Willen bewiesen, sich mit unseren Arbeitsmethoden zu befreunden. Es ist natürlich schwer festzustellen, in welchem Mass sie nachher im Stande waren, die bei uns gesammelten Kenntnisse
und Erfahrungen den speziellen Bedingungen ihres Landes anzupassen. Jedenfalls erlauben uns die eingezogenen Erkundigungen, anzunehmen, dass dies bei den Stipendiaten, die im Verlauf der letzten Jahre aufgenommen wurden, meistens der Fall war.

Was die Verwendung des schweizerischen Beitrages anbelangt, der gemäss den daran geknüpften Bedingungen zu 85 Prozent der Bezahlung schweizerischer Dienste dienen soll, so konnten wir von sehr vorsichtigen Schätzungen ausgehend für die Jahre 1955 und auch 1954 feststellen, dass die Ausgaben für die schweizerischen Dienstleistungen (Expertenmissionen, Stipendien, Materialkäufe) unseren jährlichen Beitrag von einer Million weit überschritten haben.

1560 e. Schlussfolgerungen Man erkennt mehr und mehr, dass das Programm der technischen Hilfe der Vereinigten Nationen eines der nützlichsten und wirksamsten Werke dieser Organisation ist. Wir sehen auch das wachsende Interesse, das man in allen Teilen unseres Landes und im Ausland den allgemeinen Problemen der technischen Hilfe an unterentwickelte Länder entgegenbringt; denn die öffentliche Meinung ist sich der Notwendigkeit und Dringlichkeit bewusst, mit der der Unterschied zwischen dem Lebensstandard der industrialisierten und der sich erst entwickelnden Länder verkleinert werden muss.

Wir haben in unserer -Botschaft hervorgehoben, wie zahlreiche Länder ihre Anstrengungen zugunsten des Programmes vergrössert haben. Wir haben auch unterstrichen, dass die Ergebnisse den Erwartungen, die man in das Programm setzte, entsprechen und haben ferner darauf hingewiesen, dass die Ausgaben für schweizerische Dienstleistungen unseren jähr li chen Beitrag weiterhin überschreiten.

Wir glauben, dass das Programm der technischen Hilfe einigermassen aus dem Versuchsstadium herausgekommen ist und dass es jetzt auf eine Grundlage gestellt werden könnte, die erlauben würde, möglichst viele Projekte auf lange Sicht zu planen. Bei Ausarbeitung der Botschaft, die wir Ihnen am 24. September 1954 unterbreiteten, haben wir bereits die Zweckmässigkeit einer Erhöhung unseres Beitrages geprüft ; wir haben es dann aber vorgezogen, keine Änderungen vorzuschlagen und erst nach dem Ablauf von zwei Jahren und auf Grund der Entwicklung des Programmes der Vereinigten Nationen konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Koordinationskommission für die technische Hilfe hat diese Frage von neuem bei Beginn dieses Jahres geprüft und hat einstimmig festgestellt, dass der Zeitpunkt für die Erhöhung unseres Beitrages gekommen sei, und zwar mit Rücksicht auf die Ergebnisse des Programmes und auf die Tatsache, dass verschiedene Mitgliedstaaten, wie oben erwähnt, ihre Beiträge beträchtlich erhöht haben.

Daher halten wir dafür, dass unser jährlicher Beitrag von einer Million auf anderthalb Millionen Franken zu erhöben sei, jedoch unter Beibehaltung folgender Bedingungen : 1. 85 Prozent unseres Beitrages müssen für die Entschädigung von schweizerischen Experten, für die Aufnahme von Stipendiaten, für ihre Ausbildung bei uns und für den Ankauf
von Ausrüstungs- und Demonstrationsmaterial schweizerischer Herkunft vorgesehen werden ; 2. der verbleibende Saldo unserer Beiträge für die Jahre 1957 und 1958 muss vom Betrag, den wir 1958 und 1959 der technischen Hilfe gewähren, in Abzug gebracht werden.

Anderseits scheint es uns gegeben, dass wir eine längere Periode für unsere Beteiligungen vorsehen, indem diese auf drei Jahre anstatt auf zwei Jahre angesetzt wird, und zwar ab I.Januar 1957. Denn es ist für die Agenturen der

·

1561

technischen Hilfe nützlich, im voraus während einer bestimmten Dauer die Höhe der Beiträge zu kennen, damit sie ihre Programme demgemäss aufstellen können.

Auf Grund vorstehender Überlegungen beantragen wir ihnen, der weiteren Beteiligung der Eidgenossenschaft am erweiterten Programm für die technische Hilfe der Vereinigten Nationen zuzustimmen.

II.

Bilaterale technische Hilfe a. Ausganspunkt und bisherige Entwicklung Den Ausgangspunkt für die Tätigkeit der Schweiz auf dem Gebiete der bilateralen technischen Hilfe bildete, wie in unserer Botschaft vom 14. Februar 1951 dargelegt wurde, die Gewährung eines Vorschusskredits von 200 000 Franken an den Delegierten für Arbeitsbeschaffung durch Bundesratsbeschluss vom 31. März 1950, dem Sie im Eahmen der Nachtragskreditbegehren I. Teil in der Sommersession des gleichen Jahres ihre Zustimmung erteilten. Mit Hilfe dieses Kredites sollte schweizerischen Fachleuten die Aufnahme von einleitenden Verhandlungen mit wirtschaftlich ungenügend entwickelten Ländern und die Durchführung von Vorarbeiten ermöglicht werden. In der Folge konnten in den Jahren 1950 und 1951 zwei Expertenmissionen nach Iran und Nepan finanziert werden. Der ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsbeschaffung festgelegte Rahmen des Bundesratsbeschlusses vom 81. März 1950 erwies sich aber für die technische Hilfe auf bilateraler Basis als zu eng. Die Koordinationskommission für die technische Hilfe beantragte daher, ihn zu erweitern und auch Stipendien für Studien- und Weiterbildungsaufenthalte von Studenten und qualifizierten Fachleuten aus solchen Ländern in der Schweiz zu gewähren.

Entsprechend unseren Vorschlägen haben sie in der Folge in Artikel 2 der Bundesbeschlüsse vom 19. Juni 1952 und vom 20. Dezember 1954 den Bundesrat für die Jahre 1952 bis 1956 ermächtigt, neben der Beteiligung am technischen Hilfsprogramm der Vereinigten Nationen auf bilateraler Basis Màssnahmen zugunsten ungenügend entwickelter Länder im Auf wände von jährlich höchstens 100 000 Franken durchzuführen. Über die Verwendung dieser Mittel bestimmte unser Beschluss vom l I.November 1952 betreffend die bilaterale technische Hilfe der Schweiz an wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder, dass grundsätzlich jeweils 60 Prozent der jährlich verfügbaren Mittel für die Gewährung von Stipendien und 40 Prozent für die Entsendung schweizerischer Fachleute verwendet werden sollen. Indessen wurde vorbehalten, dass, sofern es die Verhältnisse erfordern, ein anderer Verteilungsschlüssel festgesetzt oder weitere Màssnahmen auf bilateraler Basis durchgeführt werden können.

Wie bereits dem zweiten Abschnitt unserer Botschaft vom 24. November 1954 zu entnehmen ist, hat die seitherige Entwicklung, abgesehen von einem bescheidenen Kredit für den Druck einer topographischen Karte eines kleinen

1562 Gebietsteils von Nepal, zu einer ausschliesslichen Konzentration auf die Gewährung von Stipendien geführt, wogegen die Finanzierung von schweizerischen Expertenmissionen im Rahmen der bilateralen technischen Hilfe bis heute unterblieben ist. Für die Jahre 1955 und 1956 sind einstweilen folgende Stipendien zugesprochen worden: Land

Zahl

Ägypten Indien Indonesien Iran Jugoslawien . . . .

Nigeria Pakistan

2 2 2 l l l 3

Philippinen Türkei Uruguay

ll l

Studiengebiete

Baustatik; Elektrotechnik Chemie; Technische Chemie Textilindustrie; Photoelastizität Pathologie Botanik Städtebau Sozialer Wohnungsbau und Stadtplanung; Erziehungswesen ; Bauingenieurwesen Keramik Katasterwesen Elektrotechnik

Total 15 Die genannten Stipendiaten verbrachten durchschnittlich 7 bis 8 Monate an Universitätsinstituten, verschiedenen Verwaltungsstellen und bei einer Reihe von Unternehmungen der privaten Wirtschaft. Was die Nationalität der Gäste betrifft, so beschränkte sich anfänglich die bilaterale Stipendienaktion der Schweiz auf den Erdteil Asien, um die verhältnismässig bescheidenen Mittel nicht allzusehr aufzusplittern. Ebenso wie beim technischen Hilfsprogramm der Vereinigten Nationen zeigte sich jedoch auch bei bilateralen Hilfsmassnahmen der Schweiz, dass in allen Erdteilen Gebiete anzutreffen sind, für die sich nach irgend einer Richtung eine Förderung ihrer wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Entwicklung besonders günstig auswirken würde. Aus diesen Erwägungen wurden kürzlich Stipendien besonders gut qualifizierten Kandidaten aus Jugoslawien, Nigeria und Uruguay zugesprochen, doch vorerst noch als Ausnahmen von dem nach wie vor festgehaltenen Grundsatz der Beschränkung auf die Staaten des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens.

Zusammenfassend darf festgestellt werden, dass die Erfahrungen, die mit den bisher berücksichtigten Stipendiaten gesammelt werden konnten, den Erwartungen, die man in die Aktion setzen durfte, durchwegs vollauf entsprachen, indem es sich bei diesen Gästen auf der ganzen Linie um tüchtige Leute handelte, die ernsthaft studierten und auch sonst bestrebt waren, den Aufenthalt in der Schweiz nutzbringend auszuwerten.

Diese erfreuliche Tatsache ist zu einem wesentlichen Teil der grossen Unterstützung der zuständigen Behörden durch unsere Vertretungen im Ausland zu verdanken, denen nach den geltenden Bestimmungen ein Hauptgewicht bei der Auswahl der Kandidaten zukommt, eine Lösung, welche durch die Erwägung bestimmt wurde, dass unsere diplomatischen Vertreter nach Stellung und Auf-

1563 gäbe besonders berufen sind, bei der Auswahl der Personen und auch der Fachgebiete mitzuwirken, für die oder in welchen eine Weiterbildung in der Schweiz am ehesten in Frage kommt. Ihre eingehende Kenntnis der Verhältnisse in den Staaten, wo sie akkreditiert sind, ist auch deshalb sehr wertvoll, weil Stipendien vornehmlich dort am Platze sind, wo eine Unterstützung im Eahmen des technischen Hilfsprogramms der Vereinigten Nationen nicht erhältlich ist, z. B. weil das hilfebegehrende Land das von den internationalen Organisationen zugebilligte Kontingent bereits voll ausgeschöpft hat. Dieser Zusammenhang mit dem technischen Hilfsprogramm der Vereinigten Nationen tritt übrigens auch dadurch in Erscheinung, dass nicht selten den schweizerischen Behörden im In- und Ausland von Experten der internationalen Organisationen besonders qualifizierte Kandidaten für einen Weiterbildungsaufenthalt in der Schweiz empfohlen werden.

Wenn im Eahmen der bilateralen technischen Hilfe, abgesehen von den eingangs erwähnten Expertenmissionen nach Iran und Nepal, die beabsichtigte Entsendung von Fachleuten nach unterentwickelten Ländern bisher unterblieb, so beruht dies keineswegs auf einem Mangel an entsprechenden Anfragen und Projekten, sondern einzig und allein auf dem Ungenügen der verfügbaren Mittel. Gemäss dem bereits erwähnten Bundesratsbeschluss vom 11.November 1952 steht für die Entsendung von schweizerischen Fachleuten lediglich ein Betrag von 40 000 Franken im Jahr bereit, der nach den Erfahrungen der Vereinigten Nationen in den meisten Fällen nicht einmal für die Verpflichtung eines einzigen Fachmannes während eines Jahres ausreicht. Die zuständigen Behörden hielten es jedoch für ratsamer, zunächst einige Erfahrungen zu sammeln, bevor sie die Ende 1952 erlassenen Bestimmungen ändern wollten, und es darf festgestellt werden, dass der Wunsch und die Bereitschaft unterentwickelter Länder, schweizerische Fachleute als Berater zu verpflichten, in den letzten Jahren eher noch zugenommen hat. Deshalb scheint es uns angezeigt, ein neues Hilfsprogramm vorzuschlagen, welches von 1957 an das heute geltende ersetzt.

b. Künftige Gestaltung Die Koordinationskommission für die technische Hilfe befürwortete an ihrer Sitzung vom 19. Januar 1956 einstimmig die Fortsetzung der bilateralen technischen Hilfe der Schweiz. Auf
Grund der bisherigen Erfahrungen rechtfertigt sich die Feststellung, dass die Schweiz als neutraler Staat eine Eeihe von besonders günstigen Voraussetzungen für die Verwirklichung der technischen Hilfe im Geiste der internationalen Solidarität erfüllt. Die Aufnahme von Stipendiaten aus unterentwickelten Ländern in der Schweiz und die Entsendung schweizerischer Fachleute nach solchen Gebieten vermitteln einzigartige Gelegenheiten für den Austausch von Kenntnissen und Erfahrungen, von dem in den meisten Fällen beide Teile reichen Gewinn und Nutzen ziehen.

Wir halten es für wünschenswert, die bilaterale technische Hilfe nicht weiter auf asiatische Staaten zu beschränken, sondern sie auszudehnen auf Wirtschaft-

1564 lieh unterentwickelte Länder aller Erdteile, wobei wir vor allem an Lateinamerika und an Afrika denken. Bei dieser Gelegenheit wäre festzustellen, dass der Begriff: «wirtschaftlich unterentwickelte Länder» nichts Absolutes bedeutet, sondern von Fall zu Fall auszulegen ist. In vielen Staaten sind grosse Unterschiede im Entwicklungsgrad auf wirtschaftlichem, kulturellem, sozialem und sonstigem Gebiete anzutreffen. Entscheidend für die Leistung der technischen Hilfe ist allein das Bedürfnis, einen bestimmten Bückstand irgendwelcher Art aufzuholen.

Die Ausdehnung des Grundsatzes der bilateralen technischen Hilfe auf alle Kontinente bildet also den ersten Punkt unseres Programms. Der zweite besteht in der Schaffung der finanziellen Voraussetzungen für die Entsendung schweizerischer Fachleute nach unterentwickelten Ländern. Nach unseren Feststellungen im Laufe der letzten Jahre entspricht diese Aufgabe einem Bedürfnis.

Angesichts der grossen Anstrengungen, die von den meisten europäischen Staaten nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Amerika in dieser Eichtung unternommen werden, glauben wir, dass die Schweiz ihren Interessen schaden würde, wenn sie nicht auch den Staaten, die qualifizierter Fachleute bedürfen, solche zur Verfügung stellen würde. Allerdings sind derartige Missionen von Fachleuten wegen des Hilfspersonals und Materials, das sie benötigen, recht kostspielig, selbst wenn man alle überflüssigen Ausgaben zu vermeiden sucht.

Anderseits ist aber nicht zu bestreiten, dass der Einfluss eines qualifizierten Experten, der über die nötigen personellen und materiellen Mittel verfügt und seine Fähigkeiten voll zur Geltung bringen kann, in den meisten Fällen weit über seinen unmittelbaren Auftrag hinausreicht.

Wir sollten auch in der Lage sein, junge Fachleute auf ihre zukünftige Expertenaufgabe vorzubereiten, indem wir ihnen gegebenenfalls Gelegenheit bieten, gewisse Experten zu begleiten, um aus deren Erfahrungen lernen zu können.

Schliesslich möchten wir unseren Experten auf Verlangen die benötigten Hilfsmittel für die beschleunigte Anwendung ihrer Methoden zur Verfügung stellen.

Aus all diesen Erwägungen sind wir mit der Koordinationskommission für die technische Hilfe der Auffassung, der Kredit für die Massnahmen auf bilateraler Basis sollte für die kommenden drei Jahre erhöht
werden. Wir schlagen vor, ihn von 100 000 Franken auf 300 000 Franken pro Jahr zu erhöhen. Wir geben uns von der Tragweite dieser Erhöhung Rechenschaft, sind aber davon überzeugt, dass sie einer Notwendigkeit entspricht, wenn die vorstehend umschriebenen neuen Aufgaben wirklich gelöst werden sollen. In welchem Verhältnis dieser Betrag auf die Gewährung von Stipendien einerseits und auf die Entsendung von Fachleuten andererseits oder für andere Möglichkeiten aufzuteilen ist, wird in den Ausführungsbestimmungen festzulegen sein, wobei es sich voraussichtlich empfehlen dürfte, an Stelle von starren Ansätzen gewisse Rahmen vorzusehen, innerhalb welcher den Bedürfnissen der verschiedenen Aktionen am besten Rechnung getragen werden kann.

1565 Die bilaterale technische Hilfe unseres Landes bildet gleich der multilateralen technischen Hilfe der Vereinigten Nationen nur einen Teil der Hilfsmassnahmen, die man den unterentwickelten Ländern gewähren sollte und verspricht nicht, das Problem in seiner Gesamtheit zu lösen.

Auf Grund der vorangehenden Überlegungen in bezug auf die Beteiligung der Schweiz am Programm für die multilaterale technische Hilfe und die Fortsetzung des Programmes der bilateralen technischen Hilfe beantragen wir Ihnen, dem beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss, der sich auf beide Aktionen bezieht und ähnlich lautet wie der Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1955, zuzustimmen. Für die Annahme des neuen Beschlusses ist das in Artikel 8 des Bundesbeschlusses über die Finanzordnung 1951 bis 1954 vorgesehene qualifizierte Mehr nicht erforderlich.

Genehmigen Sie, Herr. Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 14. Juli 1956.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Feldmann Der Vizekanzler: F. Weber

Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. I.

112

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die technische Hilfe der Schweiz an wirtschaftlich ungenügend entwickelte Länder (Vom 14. Juli 1956)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1956

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

30

Cahier Numero Geschäftsnummer

7178

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.07.1956

Date Data Seite

1549-1565

Page Pagina Ref. No

10 039 493

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.