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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Grossbritannien abgeschlossenen Abkommens zur Milderung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern (Vom 14. Juli 1956)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Am 12. Juni 1956 ist in London zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland ein Abkommen zur Milderung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern unterzeichnet worden. Wir beehren uns, Ihnen dieses Abkommen hiermit zur Genehmigung zu unterbreiten.

I. Vorgeschichte

1. Am 27. August 1872 hat der Bundesrat namens des Kantons Waadt mit der Regierung ihrer Britischen Majestät eine Vereinbarung betreffend den gegenseitigen Bezug von Erbschafts- und Vermächtnissteuern abgeschlossen (AS a.F. X, 1011). Diese Vereinbarung, deren Geltungsbereich schweizerischerseits auf das Gebiet des Kantons Waadt beschränkt ist, sieht gewisse Steuerbefreiungen zugunsten von Nachlässen britischer Bürger im Kanton Waadt und waadtländischer Bürger in Grossbritannien vor. Insbesondere kann der Kanton Waadt den Nachlass eines britischen Staatsangehörigen nur dann in vollem Umfange seinen Erbschafts- und Vermächtnissteuern unterwerfen, wenn der Erblasser vor seinem Tode eine formelle Erklärung darüber abgegeben hat, dass er im Gebiet des Kantons Waadt Wohnsitz nehmen wolle. Mangels einer solchen Erklärung dürfen nur diejenigen Teile des unbeweglichen und beweglichen Nach-

1568 lassvermögens besteuert werden, die im Gebiet des Kantons Waadt liegen. Die Vereinbarung von 1872 mildert die Doppelbesteuerung im schweizerisch-britischen Verhältnis nur in sehr beschränktem Umfange.

2. Im Laufe der Verhandlungen, die ani 80. September 1954 zum Abschluss eines schweizerisch-britischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Einkommenssteuern geführt haben (AS 1955, 319), hatte die schweizerische Delegation Gelegenheit, mit einer besondern britischen Delegation auch die Erbschaftssteuerfragen zu besprechen. Von der Schweiz wurde vorgeschlagen, das Einkommenssteuerabkommen durch ein solches über die Erbschaf tssteuern zu ergänzen, in welchem dem Wohnsitzstaat des Erblassers bezüglich der Besteuerung der beweglichen Teile eines Nachlassvermögens der Vorrang eingeräumt und das Besteuerungsrecht für Grundstücke ausschliesslich dem Staate, in dessen Gebiet das Grundstück liegt, zuerkannt wird.

Erwartungsgemäss stiessen diese schweizerischen Vorschläge auf erhebliche Schwierigkeiten. Der Grund hiefür liegt darin, dass Grossbritannien seine Erbschaftssteuer (estate duty) nicht bloss von den Nachlässen von Erblassern mit letztem Wohnsitz in Grossbritannien erhebt, sondern auch von Teilen des Nachlasses einer mit Wohnsitz ausserhalb Grossbritanniens verstorbenen Person, wenn diese Nachlassteile die Hand wechseln auf Grund einer dem britischen Becht unterstehenden Verfügung oder eines vom britischen Eecht beherrschten Übergangs von Eechtes wegen oder wenn sie nach der britischen Gesetzgebung als in Grossbritannien gelegen betrachtet werden. Als in Grossbritannien liegendes Vermögen gelten nicht nur die in Grossbritannien belegenen Grunstücke, sondern auch gewisse bewegliche Nachlassteile, insbesondere in Grossbritannien eingetragene Aktien britischer Gesellschaften, Forderungen gegen in Grossbritannien wohnhafte Schuldner sowie in- und' ausländische Wertpapiere, die in Grossbritannien verwahrt werden. Die Steuerpflicht setzt ein, sobald die in Grossbritannien steuerbaren Nachlassteile den Betrag von £ 3000 übersteigen. Steuerfreie Abzüge kennt das britische Recht nicht.

Hinzu kommt, dass die Ermächtigung der britischen Behörden, die Doppelbesteuerung auf staatsvertraglichem Wege einzuschränken oder aufzuheben, durch die britische Gesetzgebung sehr eng
begrenzt worden ist (Finance [No. 2] Act, 1945, und Finance Act, 1948). Abkommen mit andern Staaten können nur sogenannte Belegenheits- (Situs-) Regeln aufstellen und können nur vorsehen, dass die im Ausland erhobenen Erbschaftssteuern an die britische Nachlasssteuer angerechnet werden, und auch dies bloss, wenn die ausländischen Steuern den gleichen Rechtscharakter haben wie die britische Steuer.

Die britischen Unterhändler erklärten sich denn auch ausserstande, für die Besteuerung des beweglichen Nachlassvermögens generell das Domizilprinzip (d.h. die Besteuerung am letzten Wohnsitz des Erblassers) zu vereinbaren. Die gegensei tige Steueranrechnung (tax credi t) wie sie das schweizerisch-amerikanische Erbschaftssteuerabkommen (Art. IV; AS 1952, 645) kennt, lehnten sie für das schweizerisch-britische Verhältnis mit der Begründung ab, dass die schweizerischen Kantone Erbanf allsteuern erheben, die ihrer Natur nach von der britischen

1569 Nachlaßsteuer abweichen. Auch ein weiterer schweizerischer Vorschlag, die britische Nachlaßsteuer auf solchen Nachlassteilen, die von der britischen Steuer nicht befreit werden können, durch Gewährung besonderer steuerfreier Quoten nach dem Vorbilde des schweizerisch-amerikanischen Erbschaftssteuerabkommens herabzusetzen, liess sich nicht verwirklichen, da das britische Steuerrecht, im Gegensatz zum amerikanischen, keine derartigenAbzüge kennt. Daher verblieb einzig die Möglichkeit, in einem schweizerisch-britischen Erbschaftssteuerabkommen Situsregeln für einzelne Vermögensteile aufzustellen, durch welche die aus dem internen Landesrecht resultierende Steuerpflicht wenigstens teilweise eingeschränkt wird.

8. Nach eingehender Aussprache gelang es gegen Ende 1953, einen vorläufigen Abkommensentwurf aufzustellen. Dieser vom 3. Dezember 1953 datierte Entwurf ist zu Beginn des Jahres 1954 den Kegierungen der Kantone, der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren und den Wirtschaftsverbänden zur Stellungnahme unterbreitet worden (vgl. Botschaft des Bundesrates zum Einkommenssteuerabkommen vom 22. Oktober 1954; BB11954, II, 690). Gestützt auf die Ergebnisse dieser Umfrage, welche die Wünschbarkeit eines Abkommens erkennen liessen, sind die Besprechungen mit einer britischen Delegation im Dezember 1954 in Bern wieder aufgenommen und am 9. Dezember 1954 mit der Aufstellung eines bereinigten Abkommenstextes in englischer Sprache abgeschlossen worden.

4. Das vorliegende Abkommen gleicht zwar in seinem äussern Aufbau dem schweizerisch-amerikanischen Erbschaftssteuerabkommen vom 9. Juli 1951 (AS 1952, 645) ; es weicht aber inhaltlich wesentlich ab. Die Tragweite des Abkommens mit Grossbritannien beschränkt sich auf Nachlässe von Personen, die ihren letzten Wohnsitz in einem der beiden Vertragsstaaten hatten und Vermögensteile besassen, die nach dem Recht des andern Staates als dort belegen gelten. Für diese Fälle stellt Artikel IV eine Eeihe von Situsregeln auf ; dagegen schliesst das Abkommen die doppelte.Besteuerung von Nachlässen solcher Personen, die von jedem der beiden Staaten als in seinem Gebiet wohnhaft betrachtet werden, nicht aus.

II. Erläuterung des Abkommens Artikel I Das Abkommen erstreckt sich auf alle im Vereinigten Königreich erhobenen Erbschaftssteuern; derzeit sind dies die in
Grossbritannien (d.h. England, Wales und Schottland) erhobene Nachlaßsteuer und die davon getrennt in Nordirland erhobene Nachlaßsteuer.

Schweizerischerseits erstreckt sich das Abkommen auf die kantonalen und kommunalen Nachlass- und Erbanfallsteuern.

Gemäss Absatz 2 finden die Bestimmungen des Abkommens auch auf jede künftige in Grossbritannien, Nordirland oder der Schweiz neu eingeführte, gleichartige Erbschaftssteuer Anwendung.

1570 Artikel II In Absatz l werden verschiedene im Abkommen verwendete Begriffe definiert.

Die Absätze 2 und 8 verweisen, englischer Vertragspraxis entsprechend, für die Umschreibung des Wohnsitzes des Erblassers und für die Auslegung der im Abkommen nicht besonders definierten Begriffe auf das interne Recht jedes der beiden Vertragsstaaten. Nach britischem Eecht wird ein zivilrechtlicher Wohnsitz («domicile») unter ungleich schwierigeren Bedingungen erworben und verloren als nach schweizerischem Recht. Doppelwohnsitzfälle werden daher bei Schweizern in Grossbritannien wesentlich seltener sein als bei Briten in derSchweiz.

In Fällen von doppeltem Wohnsitz des Erblassers sieht das Abkommen keine irgendwie geartete Erleichterung der daraus entstehenden Doppelbesteuerung vor; insbesondere haben die Kantone (im Gegensatz zu der im schweizerischamerikanischen Abkommen [Art. IV] enthaltenen Ordnung) keine britischen Erbschaftssteuern an ihre eigenen anzurechnen.

Auf schweizerischen Wunsch ist dem Wohnsitz in der Schweiz die Eröffnung des Erbganges in der Schweiz gleichgestellt worden (Art.II, Abs.2), damit das Abkommen auch in den relativ seltenen Fällen Anwendung finden kann, wo ein Erbgang nach den Regeln des internationalen Privatrechts in der Schweiz eröffnet und die Erbschaft hier besteuert wird, obwohl der Verstorbene in der Schweiz keinen Wohnsitz hatte.

Grossbritannien hat sich anderseits das Recht vorbehalten, dem britischen Recht unterstellte Erbgänge ohne Rücksicht auf den letzten Wohnsitz des Erblassers weiterhin seiner Nachlaßsteuer zu unterwerfen (Art. III, Abs. 4, und Art. V, Abs.2, lit.b).

Artikel III Artikel III bildet, zusammen mit Artikel IV, das Kernstück des Abkommens.

Hatte der Erblasser seinen Wohnsitz nur im einen und nicht im andern Vertragsstaat (und trifft auch keiner der in den Erläuterungen zu Art. II hiev or genannten Sonderfälle zu), so dürfen im andern Staate Erbschaftssteuern nur auf denjenigen Nachlassteilen erhoben werden, die nach dem Abkommen als in dessen Gebiet belegen gelten (Art. III, Abs. l und 2).

Wie bereits erwähnt, hat sich Grossbritannien indessen vorbehalten, ohne Rücksicht auf die Belegenheit der Vermögenswerte und auf den Wohnsitz des Erblassers diejenigen Vermögenswerte weiterhin seiner Nachlaßsteuer zu unterwerfen, die auf Grund einer dem britischen
Recht unterstehenden Verfügung oder eines vom britischen Recht beherrschten Überganges von Rechts wegen die Hand wechseln (sogenannte «British title», Absatz 4). Der Vermögensübergang wird namentlich in den beiden folgenden Fällen durch das britische Recht beherrscht : - wenn die letztwillige Verfügung nach dem (gemäss britischem Erbrecht rnassgebenden) Wohnsitzrecht ungültig, nach britischem Recht jedoch gültig ist und Nachlassteile kraft dieser Verfügung übergehen ;

1571 - wenn das durch Testament oder durch Verfügung zu Lebzeiten zugunsten einer dritten Person bestellte Nutzungsrecht an einer Vermögensmasse (trust oder settlement) wegen Todes des Berechtigten dahinfällt und der trust oder das settlement britischem Eecht untersteht.

Die in Artikel IV enthaltenen Eegeln über die Belegenheit der Nachlassteile (sogenannte Situsregeln) haben nicht die Bedeutung von Kollisionsnormen, d.h.

sie teilen nicht einzelne Vermögensstücke dem einen oder andern Vertragsstaat zur ausschliesslichen Besteuerung zu. Das Kecht des Wohnsitzstaates des Erblassers, den gesamten Nachlass seiner internen Gesetzgebung gemäss zu besteuern, bleibt mithin uneingeschränkt bestehen. Nur die Befugnis zur Erhebung von Steuern des Staates, in dessen Gebiet der Erblasser keinen Wohnsitz, wohl aber Vermögenswerte hatte, wird beschnitten. Die Situsregeln haben auch nicht absolute Geltung, sondern finden nur Anwendung, wenn im Wohnsitzstaat für das gleiche Vermögensstück tatsächlich eine Steuerpflicht besteht (Schlussteil von Abs.l und 2). Anderseits kann unter Berufung auf die staatsvertraglichen Eegeln keine Steuerpf licht begründet werden, die nicht bereits nach dem internen Eecht bestehen würde (Abs.3).

Artikel IV Die Situsregeln für unbewegliches Vermögen (lit.a: Belegenheit), Forderungen, Versicherungssummen und immaterielle Güterrechte (lit.e, e und h: Wohnsitz des Erblassers) entsprechen den schweizerischen Wünschen. Für bewegliche Sachen und Aktien hingegen muss die in den britischen Verträgen übliche Lokalisierung nach dem tatsächlichen Aufbewahrungsort (lit.b) bzw. dem Ort, nach dessen Eecht die Aktiengesellschaft errichtet worden ist (lit.d), in Kauf genommen werden. Die übrigen Fälle (lit./, g, i, j) dürften nicht von grosser Bedeutung sein. Die Belegenheit von Vermögenswerten, die nicht im Abkommen aufgezählt werden, ist nach dem internen Eecht des steuererhebenden Staates zu bestimmen. Zu dieser Kategorie gehören nach britischer Darstellung insbesondere folgende Vermögenswerte : - Ansprüche an einer unverteilten Erbschaft. Hinterlässt der Erblasser A mehrere Erben und stirbt einer derselben (B), bevor der Nachlass des A verteilt ist, und hat dieser Erbe B nicht einen Anspruch auf einzelne Vermögenswerte, so gehört zu seinem eigenen Nachlass ein Anspruch auf einen Anteil am
Nettonachlass des A (sogenannte chose in action).

- Anwartschaftliche Ansprüche. Ist ein Trustvermögen nach dem Ableben des Nutzniessers A an B auszuhändigen und stirbt B vor A, so gehört zum Nachlass des B ein anwartschaftlicher Anspruch auf das Trustvermögen.

- Nutzniessung auf Lebenszeit einer andern Person. Hat im vorstehenden Beispiel A sein Nutzungsrecht an C abgetreten und stirbt C vor A, so gehört zum Nachlass des C ein Eecht auf das Einkommen aus dem Trust für den Eest des Lebens des A.

1572 - Gewisse vertragliche Bechte, wie z.B. die Ansprüche aus einem Gesellschaffcsvertrag (partnership), sofern der Anspruch nicht auf eine bestimmte Summe geht (in welchem Falle eine Forderung im Sinne von Art. IV, lit.e, vorliegen würde), Schadenersatzansprüche aus Vertragsverletzung und dergleichen.

Artikel V Die Abzüge vom steuerbaren Nachlass bemessen sich nach dem internen Steuerrecht der Vertragsstaaten. Den Kantonen bleibt das Eecht gewahrt, bei der Festsetzung des Satzes ihrer Erbschaftssteuern auf Immobilien, die in Grossbritannien verstorbenen Personen gehören, auf die Höhe des gesamten Nachlasses abzustellen.

Artikel VI bis VIII Steuerrückerstattungsbegehren auf Grund des Abkommens sind innert 5 Jahren geltend zu machen. Bewährter schweizerischer Praxis entsprechend ist zur Behebung von Anständen und Auslegungsschwierigkeiten ein Verständigungsverfahren vorgesehen. Dagegen wird kein allgemeiner Austausch von Steuerauskünften vereinbart. Die Klausel betreffend die Ausdehnung des Abkommens auf Gebiete, für deren internationale Beziehungen das Vereinigte Königreich zuständig ist, entspricht der im Einkommenssteuerabkommen enthaltenen Bestimmung (Art.XXI).

Artikel IX und X Das Abkommen soll mit dem Austausch der Eatifikationsurkunden in Kraft treten und auf die Erbfälle solcher Personen Anwendung finden, die an oder nach diesem Tage verstorben sind. Die Geltungsdauer ist auf 8 Jahre festgesetzt. Wird, das Abkommen auf Ende dieser Frist von keiner Seite gekündigt, so läuft es weiter und kann unter Beachtung einer Frist von 6 Monaten auf jeden beliebigen Termin gekündigt werden. Zu erwähnen ist, dass das Abkommen mit Bezug auf Nordirland gesondert gekündigt werden kann (Art.X, Abs.4).

Die aus der Vereinbarung zwischen dem Kanton Waadt und Grossbritannien betreffend den gegenseitigen Bezug von Erbschafts- und Vermächtnissteuern von 1872 (vgl. Ziff.I, l, hievor) resultierenden Steuererleichterungen werden durch das vorliegende Abkommen nicht berührt. Es ist indessen beabsichtigt, die Vereinbarung von 1872 in dem Sinne abzuändern, dass von einem bestimmten Zeitpunkt an nur noch Personen, die die im Abkommen genannten Voraussetzungen an diesem Stichtag erfüllten, in den Genuss der Abkommensvorteile gelangen.

Dadurch wird die Vereinbarung von 1872 von selbst allmählich an Bedeutung verlieren und schliesslich dahinfallen. Zur Zeit sind die Verhandlungen über diesen Gegenstand noch nicht abgeschlossen. Die beabsichtigte Änderung der Vereinbarung vom 27. August 1872 soll nach Möglichkeit noch vor Inkrafttreten des Erbschaftssteuerabkommens getroffen "werden.

1573 Das Abkommen bringt für Nachlässe von Erblassern mit letztem Wohnsitz in der Schweiz zwar keine vollständige Beseitigung, aber doch eine spürbare Milderung der bisherigen Doppelbesteuerung. Es haben ihm daher auch die meisten Kantone und die Kreise von Handel und Industrie zugestimmt. Wir beantragen Ihnen deshalb, das Abkommen durch Annahme des beiliegenden Entwurf es eines Bundesbeschlusses gutzuheissen.

Wir benützen auch diesen Anlass, um Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 14. Juli 1956.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Weidmann Der Vizekanzler: F. Weber

1574 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Genehmigung des zwischen der Schweiz und Grossbritannien abgeschlossenen Abkommens zur Milderung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 14. Juli 1956, beschliesst: Einziger Artikel Das am 12. Juni 1956 unterzeichnete Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland zur Milderung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, das Abkommen zu ratifizieren.

2683

1575 Übersetzung aus dem französischen und englischen Originaltext

Abkommen zwischen

der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland zur Milderung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern

Der Schweizerische Bundesrat und die Eegierung des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland, vom Wunsche geleitet, ein Abkommen zur Milderung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftssteuern abzuschliessen, haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Der Schweizerische Bundesrat : Herrn Armin Daeniker, ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Schweizerischen Eidgenossenschaft in London; Die Eegierung des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland : The Eight Honourable John Selwyn Brooke Lloyd, C.B.E., Q.C., M. P., Principal Secretary of State for Foreign Affairs ; die, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und diese in guter und gehöriger Form befunden, folgendes vereinbart haben : Artikel I 1

Die Steuern, welche Gegenstand dieses Abkommens bilden, sind : a. Im Vereinigten Königreich : Die in Grossbritannien erhobene Nachlaßsteuer (estate duty) ; b. In der Schweiz : Die kantonalen und kommunalen Nachlass- und Erbanfallsteuern.

2 Das vorliegende Abkommen findet auf die in Nordirland erhobene Nachlaßsteuer in gleicher Weise Anwendung wie auf die in Grossbritannien erhobene Nachlaßsteuer.

1576 3

Das vorliegende Abkommen findet auch auf alle andern Steuern Anwendung, die ihrem Wesen nach den in Absatz l und 2 genannten ähnlich sind und nach der Unterzeichnung dieses Abkommens in Grossbritannien, Nordirland oder der Schweiz erhoben werden.

Artikel II In diesem Abkommen bedeuten, wenn sich aus dem Zusammenhang nichts anderes ergibt : a. Der Ausdruck «Vereinigtes Königreich» Grossbritannien und Nordirland; b. Der Ausdruck «Grossbritannien» England, Wales und Schottland; er umfasst jedoch nicht die Kanalinseln und die Insel Man; c. Der Ausdruck «Schweiz» die Schweizerische Eidgenossenschaft; d. Der mit Bezug auf die eine oder andere vertragschliessende Partei verwendete Ausdruck «Gebiet», je nach dem Zusammenhang, Grossbritannien oder die Schweiz ; e. Der Ausdruck « Steuer», je nach dem Zusammenhang, die in Grossbritannien erhobene Nachlaßsteuer oder eine der in der Schweiz erhobenen kantonalen und kommunalen Nachlass- und Erbanfallsteuern.

1

2

Bei Anwendung dieses Abkommens wird die Frage, ob eine verstorbene Person zur Zeit ihres Todes in irgendeinem Teil des Gebietes einer der vertragschliessenden Parteien Wohnsitz hatte, gemäss der in diesem Gebiet in Kraft stehenden Gesetzgebung entschieden; eine Person, die zur Zeit ihres Todes nicht in der Schweiz Wohnsitz hatte, wird wie eine Person mit Wohnsitz in der Schweiz behandelt, wenn nach schweizerischem Zivilrecht der Erbgang in der Schweiz zu eröffnen ist.

3 Bei Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens durch jede der vertragschliessenden Parteien wird, wenn sich aus dem Zusammenhang nichts anderes ergibt, jedem nicht anders umschriebenen Begriff der Sinn beigelegt, der ihm nach der Gesetzgebung zukommt, die im Gebiete dieser Partei für die Gegenstand dieses Abkommens bildenden Steuern in Kraft steht.

Artikel III Stirbt eine Person mit Wohnsitz in der Schweiz und ohne Wohnsitz in irgendeinem Teil Grossbritanniens, so wird die Belegenheit jedes der in Artikel IV dieses Abkommens aufgezählten, auf strengem Eecht oder Billigkeitsregeln (legal or équitable) beruhenden Eechte (rights or interests), soweit die Belegenheit für die Steuererhebung in Grossbritannien von Bedeutung ist, ausschliesslich auf Grund der in dem genannten Artikel IV umschriebenen Regeln bestimmt; wenn aber ohne Berücksichtigung dieses Absatzes in Grossbritannien auf irgendeinem Vermögenswert eine Steuer erhoben werden könnte, so findet Artikel IV auf diesen Vermögenswert nur dann Anwendung, wenn darauf in der Schweiz 1

1577 eine Steuer erhoben oder nur wegen einer besonderen Steuerbefreiung nicht erhoben wird.

2 Stirbt eine Person mit Wohnsitz in irgendeinem Teil Grossbritanniens und ohne Wohnsitz in der Schweiz, so wird die Belegenheit jedes der in Artikel IV dieses Abkommens aufgezählten, auf strengem Eecht oder Billigkeitsregeln (legal or équitable) beruhenden Eechte (rights or interests), soweit die Belegenheit für die Steuererhebung in der Schweiz von Bedeutung ist, ausschliesslich auf Grund der in dem genannten Artikel IV umschriebenen Eegeln bestimmt ; wenn aber ohne Berücksichtigung dieses Absatzes in der Schweiz auf irgendeinem Vermögenswert eine Steuer erhoben werden könnte, so findet Artikel IV auf diesen Vermögenswert nur dann Anwendung, wenn darauf in Grossbritannien eine Steuer erhoben oder nur wegen einer besonderen Steuerbefreiung nicht erhoben wird.

3 Würde die Anwendung von Artikel IV im Gebiet der einen vertragschliessenden Partei zur Erhebung einer Steuer auf einem Vermögenswert führen, auf dem ohne den genannten Artikel IV in diesem Gebiet keine Steuer erhoben würde, so findet dieser Artikel auf den Vermögenswert keine Anwendung.

4 Keine Bestimmung dieses Artikels soll die Erhebung der Steuer in Grossbritannien auf einem Eecht (right or interest) ausschliessen, das auf Grund einer dem Eecht irgendeines Teils von Grossbritannien unterstehenden Verfügung oder eines von diesem Eecht beherrschten Übergangs von Eechts wegen die Hand wechselt.

a.

b.

c.

, d.

Artikel IV Die in Absatz l und 2 von Artikel III erwähnten Eegeln lauten : Eechte (rights or interests) (ausgenommen Pfandrechte) an unbeweglichem Vermögen gelten als an dem Orte belegen, wo dieses Vermögen liegt ; Eechte (rights or interests) (ausgenommen Pfandrechte) an beweglichen körperlichen Sachen, für die hienach nichts anderes bestimmt wird, sowie an Banknoten oder Papiergeld und andern am Ausgabeort als gesetzliche Zahlungsmittel geltenden Geldsorten, an begebbaren Wechseln und an übertragbaren Schuldscheinen gelten als an dem Orte belegen, wo diese Sachen, Noten, Geldsorten oder Urkunden zur Zeit des Todes liegen, oder, wenn sie sich unterwegs befinden, am Orte ihrer Bestimmung ; Guthaben, ' mit oder ohne Pfandsicherheit, mit Einschluss der von. einer Eegierung, Gemeinde oder andern öffentlichen Behörde ausgegebenen Wertpapiere und der von einer Gesellschaft ausgegebenen Schuldverschreibungen und Obligationen, aber unter Ausschluss derjenigen SchuldVerpflichtungen, für welche in diesem Artikel etwas anderes bestimmt wird, gelten als an dem Orte belegen, wo die verstorbene Person zur Zeit ihres Todes ihren Wohnsitz hatte ; Beteiligungen an Gesellschaften in Form von Aktien oder Kapitalanteilen (mit Einschluss der Aktien oder Kapitalanteile, die sich im Besitze eines

1578 Treuhänders [nominee] befinden, unbeschadet darum, ob das Nutzungsrecht [beneficiai ownership] aus Urkunden oder auf andere Weise ersichtlich ist) gelten als an dem Orte belegen, wo oder nach dessen Gesetzgebung die Gesellschaft errichtet worden ist ; · e. Auf Grund eines Versicherungsvertrages zahlbare Geldbeträge gelten als an dem Orte belegen, wo die verstorbene Person zur Zeit ihres Todes ihren Wohnsitz hatte ; /. Schiffe und Luftfahrzeuge und Anteilsrechte an solchen gelten als an dem Orte belegen, wo die Schiffe oder Luftfahrzeuge immatrikuliert sind; g. Der Geschäftswert (goodwill) als Bestandteil des Vermögens, das der Ausübung eines Handels- oder Geschäftsbetriebes oder eines freien Berufes dient, gilt als an dem Orte belegen, wo dieser Handels- oder Geschäftsbetrieb oder freie Beruf, dem er zugehört, ausgeübt wird ; h. Patente, Marken, Muster, Urheberrechte und Eechte oder Lizenzen zum Gebrauch von Patenten, Marken, Mustern oder urheberrechtlich geschützten Werken gelten als an dem Orte belegen, wo die verstorbene Person zur Zeit ihres Todes ihren Wohnsitz hatte ; i. Eechte oder Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die zugunsten des Nachlasses einer verstorbenen Person weiterbestehen, gelten als an dem Orte belegen, wo diese Eechte oder Ansprüche entstanden sind ; j. Gerichtlich festgestellte Forderungen gelten als an dem Orte belegen, wo das Urteil eingetragen ist ; fe. Jedes andere Recht (right or interest) gilt als an dem Orte belegen, der sich nach der Gesetzgebung bestimmt, die im Gebiet der vertragschliessenden Partei, in dem die verstorbene Person keinen Wohnsitz hatte, in Kraft steht.

ArtiM V Bei der Festsetzung des für die Steuerberechnung massgebenden Betrages sollen die Abzüge, die gemäss der im steuererhebenden Gebiet in Kraft stehenden Gesetzgebung zulässig sind, gewährt werden.

2 Wird im Gebiete der einen vertragschliessenden Partei beim Tode einer Person, die zur Zeit ihres Todes ihren Wohnsitz in keinem Teil dieses Gebietes, sondern in irgendeinem Teil des Gebietes der andern vertragschliessenden Partei hatte, eine Steuer auf irgendeinem Vermögenswert erhoben, so werden bei der Festsetzung des Betrages oder Satzes dieser Steuer irgendwelche andere Vermögenswerte, die ausserhalb des erstgenannten Gebietes belegen sind, ausser Betracht gelassen; dieser Absatz findet
jedoch keine Anwendung auf: a. die in der Schweiz erhobene Steuer auf in der Schweiz liegendem unbeweglichem Vermögen (einschliesslich Zugehör) ; &. die in Grossbritannien erhobene Steuer, wenn die in diesem Absatz erwähnten anderen Vermögenswerte auf Grund einer dem Eecht irgendeines Teils von Grossbritannien unterstehenden Verfügung oder eines von diesem Eecht beherrschten Übergangs von Eechts wegen die Hand wechseln.

1

1579 Artikel VI Begehren um Steuerrückerstattung, die sich auf die Bestimmungen dieses Abkommens stützen, sind binnen fünf Jahren nach dem Tage des Todes der Person, bezüglich deren Nachlass sie gestellt werden, einzureichen oder, im Falle eines anwartschaftlichen Anspruches, bei dem die Steuerzahlung bis zum Tage der Inbesitznahme hinausgeschoben wird, binnen fünf Jahren nach diesem Tage.

2 Zurückzuerstattende Steuerbeträge werden nicht verzinst.

1

Artikel VII Die zuständigen Behörden der beiden vertragschliessenden Parteien können zum Zwecke der Beseitigung von Schwierigkeiten oder Zweifeln bei der Anwendung oder Auslegung dieses Abkommens unmittelbar miteinander verkehren.

2 In diesem Artikel bedeutet der Ausdruck «zuständige Behörden» auf Seiten Grossbritanniens, die Commissioners of Inland Eevenue oder ihren bevollmächtigten Vertreter ; auf selten der Schweiz, den Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung oder seinen bevollmächtigten Vertreter; auf Seiten Nordirlands, den Minister of Finance oder seinen bevollmächtigten Vertreter ; und auf Seiten irgendeines Gebietes, auf welches dieses Abkommen gemäss Artikel VIII ausgedehnt wird, die in diesem Gebiete für die Verwaltung der unter dieses Abkommen fallenden Steuern zuständige Behörde.

1

·Artikel VIII Dieses Abkommen kann entweder unverändert oder mit Änderungen auf irgendein Gebiet ausgedehnt werden, für dessen internationale Beziehungen das Vereinigte Königreich zuständig ist und das Steuern erhebt, die ihrem Wesen nach denjenigen, die Gegenstand dieses Abkommens bilden, ähnlich sind; jede derartige Ausdehnung soll von dem Datum an und mit den Änderungen und Bedingungen (einschliesslich Kündigungsbedingungen) wirksam sein, welche in den zwischen den vertragschliessenden Parteien zu diesem Zwecke auszutauschenden Noten bestimmt und vereinbart werden.

2 Die Beendigung dieses Abkommens gemäss Artikel X mit Bezug auf das Vereinigte Königreich oder die Schweiz setzt auch der Anwendbarkeit des Abkommens auf irgendein Gebiet, auf das es gemäss diesem Artikel ausgedehnt worden ist, ein Ende, sofern die vertragschliessenden Parteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart hatìen oder vereinbaren.

1

Artikel IX Das vorliegende Abkommen soll ratifiziert und die Eatifikationsurkunden sollen so bald als möglich in Bern ausgetauscht werden.

2 Das vorliegende Abkommen tritt am Tage des Austausches der Batifikationsurkunden in Kraft und findet Anwendung auf Erbfälle von Personen, die an oder nach diesem Tage sterben.

1

1580 Artikel X 1

Das vorliegende Abkommen bleibt während mindestens drei auf den Tag seines Inkrafttretens folgenden Jahren in Kraft.

2 Das vorliegende Abkommen bleibt nach Ablauf dieses Zeitraumes von drei Jahren Aveiterhin in Kraft, wenn keine der vertragschliessenden Parteien mindestens sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraumes die andere vertragschliessende Partei auf diplomatischem Wege schriftlich von ihrer Absicht, das Abkommen ausser Kraft zu setzen, in Kenntnis gesetzt hat.

3 Teilt nach Ablauf dieses Zeitraumes von drei Jahren eine der vertragschliessenden Parteien der anderen auf diplomatischem Wege schriftlich ihre Absicht mit, dieses Abkommen ausser Kraft zu setzen, so findet es keine Anwendung mehr auf Erbfälle von Personen, die nach dem in der Kündigungsmitteilung festgesetzten (mindestens sechs Monate nach dem Tage dieser Mitteilung liegenden) Zeitpunkt oder, falls kein solcher Zeitpunkt in dieser Mitteilung bestimmt worden ist, nach Ablauf von sechs Monaten vom Tage der Mitteilung an sterben.

4 Das vorliegende Abkommen kann im Verhältnis zu Nordirland unter Beachtung des in Absatz 2 und 3 dieses Artikels vorgeschriebenen Verfahrens gesondert beendet werden.

Zu Urkund dessen haben die vorgenannten Bevollmächtigten das vorliegende Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

Gefertigt zu London, im Doppel, am 12. Juni 1956, in französischer und in englischer Urschrift, welche gleicherweise authentisch sind.

(gez.) Armin Daeniker (gez.) Selwyn Lloyd

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26.07.1956

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