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Bundesblatt 108. Jahrgang

Bern, den 14. Juni 1956

Band I

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 60 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Oie. in Bern

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7176

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Wiederaufnahme gebürtiger Schweizerinnen ins Schweizerbürgerrecht (Art. 58 des Bürgerrechtsgesetzes) und

Botschaft zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über Ergänzung des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts (Vom 8. Juni 1956)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit Bericht zu erstatten über die Durchführung des Artikels 58 des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts. Damit kommen wir dem Postulat nach, das am 23. Dezember 1953 von Herrn Nationalrat Grendelmeier und 40 Mitunter:zeichnern eingereicht und am 24. März 1954 vom Nationalrat angenommen wurde.

Das Postulat hat folgenden Wortlaut : « Das neue Bürgerrechtsgesetz hat in Artikel 58 den ehemaligen Schweizerinnen, welche durch Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht verloren haben, ermöglicht, durch eine bis Ende 1953 abzugebende Erklärung das Schweizerbürgerrecht.

zurückzuerlangen.

Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. I.

84

1158 Es haben sich nun aber verschiedene Schwierigkeiten ergeben. So können z. B ehemalige Schweizerinnen in verschiedenen Staaten, wie Prankreich, Belgien, Skandinavien, USA usw. das Schweizerbürgerrecht nicht zurückerlangen, ohne gleichzeitig das durch die Heirat erworbene Bürgerrecht zu verlieren. Dadurch kann ein Grossteil von Frauen nicht in den Genuss von Artikel 58 gelangen.

Ferner hat die durch die hiesigen Behörden vorgenommene wörtliche Auslegung von Artikel 58, der von «gebürtigen» Schweizerinnen spricht, alle ehemaligen Schweizerinnen von der Rückeinbürgerung ausgeschlossen, wenn sie zwar wohl in der Schweiz geboren und aufgewachsen, aber nur naturalisierte Schweizerinnen waren. Durch diese Praxis hat man Schweizerinnen mit vollen und solche mit minderen Rechten unterschieden.

Der Bundesrat wird eingeladen, den Räten einen Bericht über die Anwendung und über die Auswirkungen des neuen Bürgerrechtsgesetzes zu unterbreiten. Ferner wird der Bundesrat ersucht, nach Mitteln und Wegen zu suchen und Vorschläge zu machen, damit die erwähnten Schwierigkeiten auch noch nach Ende 1953 behoben werden und alle ehemaligen Schweizerinnen, sofern sie in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind, von Artikel 58 Gebrauch machen können. »

Wir erlauben uns, Ihnen gleichzeitig den Entwurf zu einem Gesetz über eine Teilrevision des Bürgerrechtsgesetzes zu unterbreiten und die Botschaft einfachheitshalber - als zweiten Teil diesem Bericht anzufügen.

Erster Teil Bericht über die Wiederaufnahmen I.

Das Bürgerrechtsgesetz von 1952 trat am I.Januar 1953 in Kraft. Es brachte als eine seiner wesentlichen Neuerungen im Vergleich zum früheren Eecht für die Schweizerbürgerin die Möglichkeit, bei Heirat mit einem Ausländer das Schweizerburgerrecht beizubehalten.

Zwar stellt Artikel 9 des Bürgerrechtsgesetzes den traditionellen Grundsatz voran, wonach die Schweizerbürgerin durch Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht verliert. Die Frau kann indessen durch einfache schriftliche Erklärung, während der Verkündung oder bei der Trauung das Schweizerbürgerrecht beibehalten.

Soweit uns bekannt ist, haben ziemlich ausnahmslos alle Schweizerinnen, die seit dem I.Januar 1958 in der Schweiz die Ehe mit einem Ausländer eingingen, die Beibehaltungserklärung abgegeben.

n.

Schon die Expertenkommission, die den Vorentwurf zum Bürgerrechtsgesetz prüfte und begutachtete, entschied sich für die Lösung, die heute im wesentlichen in Artikel 9 des Bürgerrechtsgesetzes festgelegt ist. Dabei war in der Expertenkommission u. a. von den Schwierigkeiten gesprochen worden, die ehemaligen Schweizerinnen während der letzten Kriegszeit erwachsen waren

1159 und die nicht oder nur gemildert bestanden hätten, wenn diese Frauen das Schweizerbürgerrecht noch besessen hätten. Es war denn auch verständlich, dass ein Antrag gestellt wurde, der zum Ziele hatte, die neue Lösung, nämlich die Beibehaltung des Bürgerrechts trotz Ehe mit einem Ausländer, irgendwie «rückwirken» zu lassen auf Frauen, die schon vor dem neuen Gesetz das Bürgerrecht durch Heirat verloren haben ; die Nachteile des alten Eechts sollten nicht noch während Jahrzehnten spürbar sein. Diese Überlegungen führten zu folgendem Antrag: «Gebürtige Schweizerinnen, die ihr Schweizerbürgerrecht vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch ihre Eheschliessung mit einem Ausländer verloren haben, werden unentgeltlich in ihr früheres Schweizerbürgerrecht, sowie in die zuletzt besessenen Kantons- und Gemeindebürgerrechte wiedereingesetzt, sofern sie das Gesuch innert 6 Monaten seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes stellen. Die Wiedereinbürgerung wird durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement verfügt.» Zu diesem Antrag wurden sofort mehrere Zusatzanträge vorgebracht: der eine von ihnen wünschte Ausdehnung auf « Gebürtige und naturalisierte Schweizerinnen . . . » ; . andere Anträge wollten eine zeitliche Befristung vorsehen ; ein weiterer Zusatzantrag wollte auf den Wohnsitz in der Schweiz abstellen. Eine Bereinigung dieser Anträge erfolgte durch die Expertenkommission nicht. Denn in dieser überwogen die grundsätzlichen Bedenken gegen jede solche Übergangsbestimmung, die an dem ändern sollte, was bisher rechtens war.

Der Empfehlung der Expertenkommission folgend, verzichtete auch der Bundesrat darauf, in seiner Gesetzesvorlage eine solche Übergangsbestimmung vorzusehen.

In der nationalrätlichen Kommission für das Bürgerrechtsgesetz wurde dann der folgende Antrag vorgebracht, der sich im wesentlichen wörtlich deckt mit dem Hauptantrag, der in der Expertenkommission gestellt worden war: « Gebürtige Schweizerinnen, die ihr Schweizerbürgerrecht vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch ihre Eheschliessung mit einem Ausländer verloren haben, werden unentgeltlich in ihr früheres Bürgerrecht wiedereingesetzt, sofern sie das Gesuch innert 6 Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes stellen. Die Wiedereinbürgerung wird durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement verfügt. --
Gesuche, die nach dieser Frist eingereicht werden, werden ebenfalls behandelt, wenn die Gesuchstellerin glaubhaft dartun kann, dass sie an der fristgerechten Einreichung verhindert war. » Nach einigen Änderungen durch die Kommission und durch das Plenum wurde am 2. Oktober 1951 folgende Fassung der Übergangsbestimmung vom Nationalrat angenommen: « Gebürtige Schweizerinnen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes, aber nach dem I.Mai 1942, durch Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht verloren haben, können trotz fortbestehender Ehe unentgeltlich in dieses wieder aufgenommen werden, sofern sie das Gesuch innert einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes stellen. Später eingereichte Gesuche können berücksichtigt werden, wenn die Gesuchstellerin glaubhaft dartut, dass sie an der fristgerechten Einreichung verhindert war.

Die Wiedereinbürgerung wird durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement verfügt. »

1160 Die ständerätliche Kommission sprach sich gegen einen solchen Artikel aus. Sie erblickte darin namentlich einen Widerspruch zum Grundsatz der Nichtrückwirkung eines Gesetzes. Ferner wurde die Befürchtung geäussert, dass viele Frauen wiederaufgenommen werden könnten, die zur Schweiz keine inneren Beziehungen mehr hätten. Die Beschränkung der Wiederaufnahme auf Frauen, die nach dem I.Mai 1942 geheiratet hatten, wurde als willkürlich betrachtet. - Der Ständerat lehnte dementsprechend am 20. März 1952 diese Übergangsvorschrift ab.

In der Folge suchte die nationalrätliche Kommission eine Lösung, die diesen Bedenken zum Teil Eechnung trug: Die zeitliche Befristung wurde fallen gelassen und die Verbundenheit mit der Schweiz als Voraussetzung aufgenommen.

Mit dieser Beschränkung sollte aber ein Rechtsanspruch auf Wiedererteilung des Bürgerrechts zugestanden werden. - Diesen Überlegungen folgend, nahm der Nationalrat am 10. Juni 1952 nachstehende Formulierung an: «Gebürtige Schweizerinnen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht verloren haben, aber mi t der Schweiz verbunden geblieben sind, werden trotz fortbestehender Ehe unentgeltlich wiedereingebürgert, sofern sie das Gesuch innert einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes stellen. Später eingereichte Gesuche können berücksichtigt werden, wenn die Gesucbstellerin glaubhaft dartut, dass sie an der fristgerechten Einreichung verhindert war. Die Wiedereinbürgerung wird durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement verfügt. »

Bei der nochmaligen Prüfung anerkannte auch die ständerätliche Kommission, dass das Prinzip der Nichtrückwirkung eines Gesetzes einer solchen Übergangsbestimmung nicht entgegengestellt werden dürfe, und dass eine Wiederaufnahme ehemaliger Schweizerinnen mit bestimmten Einschränkungen gerechtfertigt sei. Verbundenheit mit der Schweiz sei aber, als Voraussetzung zur Wiederaufnahme, schwer feststellbar. Vorzuziehen sei eine negative Umschreibung in dem Sinne, dass die Behörden in Fällen von Unwürdigkeit die Wiederaufnahme ablehnen könnten. Im übrigen hielt die Kommission dafür, dass verspätet eingereichte Gesuche nicht mehr berücksichtigt werden sollten, da das neue Gesetz den ehemaligen Schweizerinnen in genügender Weise bekannt werden dürfte. Aus diesen Überlegungen ergab sich die folgende Bestimmung, die dann vom Ständerat und vom Nationaltat angenommen und endgültig als Artikel 58 Aufnahme im Gesetz fand: « J Gebürtige Schweizerinnen, die vor .dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht verloren haben, werden trotz fortbestehender Ehe unentgeltlich ins Schweizerbürgerrecht wiederaufgenommen, sofern sie inn'ert einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes das Gesuch an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement stellen.

2 Gesuche von gebürtigen Schweizerinnen, deren Verhalten den Interessen oder dem Ansehen der Schweiz erheblich nachteilig war oder die sich sonstwie offensichtlich unwürdig erweisen, sind abzulehenen.

3 Die Entscheide-können an den Bundesrat weitergezogen werden.

4 Die Artikel 24, 28, 39 und 41 sind sinngemäss anwendbar.»

1161 III.

Da das Gesetz am 1. Januar 1958 in Kraft trat, lief die in Artikel 58 festgelegte Frist bis zum 81. Dezember 1958. Zur Durchführung dieser Übergangsbestimmung stellte sich somit für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement als erstes die Aufgabe, möglichst alle Interessentinnen rechtzeitig auf die Möglichkeit der Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht aufmerksam zu machen.

Bei den meisten in der Schweiz wohnenden Frauen durfte vermutet werden, dass sie bereits durch die öffentliche Diskussion des Gesetzesentwurfes und die Presseberichte über die Verhandlungen in der Bundesversammlung aufmerksam geworden waren. Das Departement wies in einer Mitteilung, die durch Presse und Eadio verbreitet wurde, am Jahresanfang und dann nochmals gegen Ende des Jahres 1953 auf die Möglichkeit der Wiederaufnahme und die laufende Frist hin. Im übrigen waren seit Vorbereitung des Gesetzes Tausende von Anfragen von Interessentinnen eingelangt, die provisorisch registriert und dann im gegebenen Zeitpunkt einzeln beantwortet wurden.

Im Ausland musste sich die Benachrichtigung der Interessentinnen nach der Lage in den einzelnen Staaten richten. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement richtete an sämtliche schweizerischen Gesandtschaften und Konsulate allgemeine Empfehlungen über das Vorgehen. Die Vertretungen haben sich der Aufgabe ernsthaft angenommen. Die immatrikulierten Schweizerbürger, sowie die den Vertretungen bekannten ehemaligen Mitbürgerinnen wurden einzeln auf die wichtigsten Bestimmungen des neuen Bürgerrechtsgesetzes und besonders auch auf Artikel 58 aufmerksam gemacht. Die Schweizerkolonien wurden durch Vorträge und durch ihre Zeitungen aufgeklärt. Das, vom Auslandschweizerwerk der Neuen Helvetischen Gesellschaft herausgegebene «Echo», sowie der Kurzwellensender Schwarzenburg verbreiteten Aufrufe. In einigen Staaten ergaben sich aber aus geographischen oder politischen Gründen ziemliche Schwierigkeiten für die Benachrichtigung ehemaliger Schweizerinnen.

IV.

Das Verfahren wurde möglichst einfach und wirksam gestaltet. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement schuf ein Gesuchsformular, dem eine ausführliche Anleitung beigegeben war; es wurde innert nützlicher Frist in mehr als 55 000 Exemplaren in den drei Amtssprachen verteilt. Obschon dieses Formular natürlich nicht Voraussetzung für die Gültigkeit des Gesuches war, wurde es in nahezu allen Fällen verwendet.

Dem Gesuch sollten die allenfalls zur Vervollständigung der Eintragungen in den heimatlichen Registern notwendigen Zivilstandsdokumente beigefügt werden, ferner Leumundszeugnisse von den Orten, an denen die Gesuchstellerin innerhalb der letzten 5 Jahre gewohnt hatte, sowie ein Strafregisterauszug, wenn ein solcher leicht erhältlich war.

1162 Die eingelangten Gesuche wurden dem Schweizerischen Zentralpolizeibureau und der Bundesanwaltschaft unterbreitet und nachher an die Behörden des früheren Heimatkantons übermittelt zur Überprüfung der Angaben über frühere Heimatangehörigkeit und den Zivilstand. Die kantonalen Behörden wurden zugleich eingeladen, dem Departement zu berichten, wenn ihnen etwas bekannt war, das eine Gesuchstellerin erheblich zu belasten schien. Nach Eingang aller Bescheide wurde dann im Einzelfall geprüft, ob die formellen und materiellen Voraussetzungen zur Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht, gestützt auf Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes, gegeben waren.

Der Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements über Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht wurde der Gesuchstellerin eröffnet ; Doppel des Entscheides gingen an den Heimatkanton, die Heimatgemeinde, den Wohnkanton oder gegebenenfalls die Gesandtschaft oder das Konsulat zur Immatrikulation.

V.

Insgesamt wurden 34 081 Gesuche um Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht gestützt auf Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes eingereicht. Davon wurden im Jahre 1953 18 178 Gesuche, im Jahre 195415 236 und im Jahre 1955 587 Gesuche erledigt, bis Ende 1955 also insgesamt 34001. Am I.Januar 1956 waren noch 80 Gesuche hängig. Diese Einzelfälle bieten besondere Schwierigkeiten, die wiederholte Fühlungnahmen mit kantonalen Behörden und mit schweizerischen Vertretungen im Ausland nötig machten zur ausreichenden Abklärung rechtlicher und tatsächlicher Verhältnisse. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ist bemüht, auch diese restlichen Einzelfälle möglichst rasch zu einer Erledigung zu bringen.

32 196 Gesuchstellerinnen wurden durch Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements in ihr früheres Kantons- und Gemeindebürgerrecht und damit ins Schweizerbürgerrecht wiederaufgenommen.

1072 Wiederaufnahmegesuche mussten aus formellen Gründen abgewiesen werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen zur Wiederaufnahme nicht erfüllt waren : 25 Gesuchstellerinnen hatten das Schweizerbürgerrecht überhaupt nie besessen; 826 Gesuchstellerinnen waren nicht gebürtige Schweizerinnen; 37 Gesuchstellerinnen hatten das Schweizerbürgerrecht seinerzeit nicht durch Heirat verloren; 184 Gesuche waren nach Ablauf der gesetzlichen Frist eingereicht worden.

91 Gesuche wurden aus materiellen Gründen abgewiesen, weil die Gesuchstellerinnen als der Wiederaufnahme offensichtlich unwürdig betrachtet werden mussten (Art. 58, Abs. 2 BüG). .

642 Gesuche wurden zurückgezogen oder gegenstandslos. In zahlreichen dieser Fälle erfolgte der Eückzug, weil die Gesuchstellerinnen den drohenden Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht auf sich nehmen konnten.

94 Gesuche wurden gegenstandslos, weil sich herausstellte, dass die Gesuch-

1163 stellerin das Schweizerbürgerrecht nie verloren hatte, 101, weil die Gesuchstellerin das Schweizerbürgerrecht auf anderem Wege, namentlich durch Heirat mit einem Schweizerbürger wieder erwarb, 63, weil die Gesuchstellerin während der Hängigkeit des Gesuches starb, und 44, weil die Gesuchstellerin trotz mehrfacher Mahnungen es unterliess, die zur Prüfung unerlässlichen zusätzlichen Angaben zu machen.

Vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass 315 gebürtige Schweizerinnen, die auf Grund von Artikel 58 hätten wiederaufgenommen werden müssen, gestützt auf Artikel 19, Absatz l a oder c des Bürgerrechtsgesetzes wiedereingebürgert wurden. Hier ging es darum, gleichzeitig mit der Mutter noch minderjährige Kinder ins Schweizerbürgerrecht aufzunehmen, was nach Artikel 58 nicht möglich war. Auf diese Wiedereinbürgerungsfälle wurden aber im wesentlichen die für den Entscheid nach Artikel 58 massgebenden Grundsätze angewandt.

Die nachfolgenden Tabellen geben einen Überblick über die 32 196 Wiederaufnahmeentscheide, nach verschiedenen Gesichtspunkten zusammengestellt.

Tabelle l

Wohnsitz Heimatstaat

Europa Deutschland Frankreich Italien Liechtenstein Albanien Belgien .

Bulgarien .

. . . .

. .

. . . .

Pinnland Griechenland Grossbritannien . . . .

Irland . .

Island . .

. . .

Jugoslawien Luxemburg Niederlande Norwegen Polen. .

Portugal

. . . .

San Marino Schweden Sowjetunion Spanien Tschechoslowakei . . .

Ungarn Total

Wiederaufnahmen im ganzen

11088 3031 11019 1703 230 1 194 36 67 19 156 1280 5 1 91 17 1 737 31 698 70 128 43 5 35 11 252 153 278 31 380

Hievon geboren im in der Schweiz Ausland

Total

Schweiz Hievon geboren Inder im Schweiz Ausland

7147 3941 3879 3591 2640 391 1745 1617 9867 1152 8588 8254 300 888 842 1403 4 226 173 170 1 22 67 64 172 5 11 11 31 4 41 63 43 6 2 2 13 25 57 63 131 1 114 166 236 216 2 1 3 3 1 12 79 35 35 17 14 14 1 1 1 98 180 639 193 4 4 28 3 647 51 334 324 11 25 8 45 64 64 26 18 20 6 4 23 5 5 5 6 22 29 18 4 7 6 3 179 73 76 83 27 79 126 75 87 191 86 75 24892 6488 16603 15706

1) Provisorisches Ergebnis; über rund 80 Gesuche wurde noch nicht entschieden.

Heimatstaat Total

Drittstaat Hievon geboren Hievon geboren Total in der Inder im im Schweiz Ausland Schweiz Ausland

288 128 334 46 3

6869 1107 2074 680 54

3290 869 1343 452 53

3579 238 731 228 1

3

96 21 12 16 66 836 1 1 43 1

83 17 11 10 55 733 1 1 33 1

13 4 1 6 11 103

440 20 95 46 87 34

380 19 74 29 37 17

4 8 3 3 7 123 4 42 11 104 897 12877

8 3 66 25 45 7655

2 6 20 2

13 10 3 8 2

340 179 357 135 3 1 31 4 12 1 27 208 1

266 154 270 109 3 1 25 3 11 1 19 165 1

74 25 87 26

10

13 2

11 2

2

60 1 19 17 50 17

104 7 271 13 15 3

79 5 249 8 9 2

25 2 22 5 6 1

57 17 59 5222

5 2 46 32 88 1900

3 1 37 2<> 71 1531

2 1 9 6 17 369

6 1 1 8 43

1164

Vom 1.1.53 bis 81.12.55 gemäss Art. 58 BüG erfolgte Wiederaufnahmen gebürtiger Schweizerinnen in das Schweizerbürgerrecht D 1. Wiederaufnahmen nach Heimatsaat, Wohnsitz und Geburtsland

Tabelle l 1. Wiederaufnahmen nach Heimatstaat, Wohnsitz und Geburtsland

Heimatstaat

Wiederaufnahmen im ganzen

Hievon geboren in der im Schweiz Ausland

Afrika ÄSTvoten Südafrikanische Union .

Übriges Afrika Total

125

50 47 1 98

Asien Afghanistan Ceylon China Indien Indochina Indonesien Irak Iran . .

Israel .

Japan .

Jordanien Korea Libanon Philippinen Syrien Thailand Türkei Total

1 3 18 16 1 2 9 64 54 10 7 1 37 1 13 5 65 307

1 3 17 14 1 2 8 62 42 9 6 1 29 1 11 5 55 267

. . . .

67 55 3

Total

Schweiz Hievon geboren im Inder Schweiz Ausland

Wohnsitz Drittstaat Heimatstaat Hievon geboren Hievon geboien Total Total in der in der im im Schweiz Ausland Schweiz Ausland

17 8 . 2

6 2

6 2

--

52 50 3

39 42 1

27

8

8

.--

105

82

1 1 5 6 1

1 1 5 6 1

2 5 7

2 5 7

2 27 2 3 2 1 5 1 4 2 32 95

1

2 6 25 50 5 4

2 6 24 38 4 3

18 7 3 27 161

1 2 1 2 12 1 1 8 2 10 40

26 2 3 2 1 5 1 4 2 27 88

1 1

5 7

9 3

.3

12

8

4

8 3

7 1

2

1 12 1 1

1 12 2 2 1

1 12 2 2 1

13

5

14

11

3

6 3 23 136

1

2

1

1

4 25

6 51

5 43

1 8

13

8 2 23

5

4

1

Oi Öl

Tabelle l

05 05

1. Wiederaufnahmen nach Heimatstaat, Wohnsitz und Geburtsland

Heimatstaat

Wiederaufnahmen im ganzen

Hievon geboren Inder im Schweiz Ausland

Amerika Argentinien Bolivien Brasilien Chile Costa Rica Ecuador Guatemala Kanada Mexiko .

.

.

.

Peru Uruguay USA Venezuela .

. .

Übriges Amerika . . . .

Total

31 6 23 6 6 8 6 15 14 14 4 62 9 9 213

12 5 10 2 4 ö 4 11 9 11 2 56 9 4 144

19 1

Australien und Neuseeland Australien Neuseeland Total

31 5 36 135

Staatenlose Total

Total

Schweiz Hievon geboren in der im Schweiz Ausland

3 3 1

2 2

1 1

1

!

7 5 10 13 12 2 31 9 6 148

27 3 30

4

--

31 3 34

14

4

4

2 1 22

1 1 21

1

5 69

1 39

32

7

27 5 32

4

--

--

.--

99

36

1 1

-- 65

.

1

23 2 19 6 °ö

1

51

25 532 | 6 664 i 16 810 15885

32196

14

13 4 2 3 2 4 5 3 2 6

4

Wohnsitz Eeimatstaat Drittstaat Hievon geboren Hievon geboren Total Total in der in der im im Schweiz Ausland Schweiz Ausland

9 2 8 2 2 5 4 7 8 10 1 28 9 3 98

1 1 1

!

£

11 4 1 2 1 3 5 2 1 3 3 50

5 1 3

1 1 2

4

2

1

1

1

1 1 1

1

1 9

7

1 2

2 26

1 14

1 12

1 1

-- 2 2 · . --

4

2 2

--

--

70

48

22

925 13325 l

8001 5324

2061

1646

415

1167 Tabelle 2 2. Wiederaufnahmen nach Heimatkanton und Heimatstaat T[eimatstaa t

Wiederim ganzen Deutschland Zürich.

Bern Luzern

Uri

3444 5964 . . . .

. .

1 267 177 660

Obwalden Nidwaiden Glarus Zug Freiburg Solothurn

. . . .

. .

Basel- Stadt Schaffhausen Appenzell A. Rh. . . .

Appenzell I. Rh St Gallen Graubünden · Aargau . .

Thurfau Waadt Wallis

. . . .

Genf

. . . .

Total

195 222 374 213 1 148 818 876 663 516 558 258 2460 1189 2567 1 224 2641 2157 911 797 897 32196

Österreich

Frankreich

Italien

Übrige Länder

1 487

266

158

2497

250

625

524

82

61 335 117 132 147 98 132 293 459 326 291 288 147 1003 278 1173 632 94 261 93 134 86

93 9 43 12 18 30 14 21.

44 29 22 31 46 27 319 63 152 105 22 32 21 21 13

6 15 4 7 7 11 244 90 80 91 22 10 5 73 36 163 42 61 491 157 181 370

376 80 200 36 46 134 53 575 271 121 144 86 136 62 671 662 640 234 2364 874 534 253 195

67 26 19 56 37 176 120 187 80 86 78 17 394 150 439 211 100 499 106 208 233

11088

1703

3031

11019

5355

715

818

1 557 1035 192 21

1168 Tabelle 3 3. Wiederaufnahmen nach Heimatkanton und Wohnsitz Wohnsitz Heimatkanton

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Obwalden Nidwaldon

. .

. .

Zue Freiburg .

Solothum Basel-Stadt Basel-Land Schaffhausen Appenzell A. Rh.

Appenzell I. Rh St Gallen Graubünden Aargau . . . . . .

Thurgau Tessin .

Waadt Walh's Neuenburg . . .

Genf

Total

. .

. .

- .

. .

. .

. .

Wiederaufnahmen Im ganzen

Heimatkanton

Übrige Kantone

Total Schweiz

Ausland

887 830 282 34 104 18 19 76 32 155 168 193 121 53 45 11 716 400 339 149 1433 833 326 201 483

524 1874 463 74 242 55 63 110 71 657 279 114 220 143 257 124 684 274 832 411 358 485 374 228 63

1411 2704 695 108 346 73 82 186 103 812 447 307 341 196 302 135 1400 674 1171 560 1791 1318 673 429 546

2033 3260 572 69 314 122 140 188 110 336 371 569 322 320 256 123 1060 515 1396 664 850 839 238 368 351

3444 5964 1267 177 660 195 222 374 213 1148 818 876 668 516 558 258 2460 1189 2567 1224 2641 2157 911 797 897

16810

15386

32196

7858

8952

1169 Tabelle 4 4. Wiederaufnahmen nach Zivilstand, Muttersprache, Konfession und, AUer Wohnsitz

Wohnsitz Schweiz Ausland

Zivilstand Verheiratet .

Verwitwet .

Geschieden .

Getrennt . .

Ehe ungültig

.

.

.

.

.

Total . . . .

Total

Schweiz Ausland

Total

12870 28233 1936 2716 784 456 456 118 . 7 6

Unter 20. . .

24

10

34

20-29 . . . .

2591

1605

4196

30-39 . . . .

4055

3367

7422

16810 15386 32196

40nt9 . . . .

4592

4324

8916

50-59 . . . .

2754

3207

5961

60-64 . . . .

893

65

189

215

404

66-69 . . . .

636

676

1 312

70-79 . . . .

914

729

1643

80-89 . . . .

154

71

225

90 und mehr .

8

2

10

15363

780 328 338 1

Muttersprache Deutsch . . .

Französisch .

Italienisch . .

Übrige. . . .

10068 11381 21449 4648 2607 7255 1891 1 165 3056 203 233 436

Total . . . .

16810 15386 32196

1 180 2073

Total . . . . 16 810 15 386 32 196 Konfession Protestantisch Römisch-Kath.

Christkath . . .

Israelitisch . .

Übrige u. ohne Konfession . .

Total . . . .

8379 8124 81 52 174

9011 17390 5780 13904 62 150

143 202

383

557

16810 15386 32196

5. Wiederaufnahmen nach Aufenthalt und Wohnsitz Im ganzen

Schweiz

Hievon Total

Hievon Total

in der im Schweiz Ausland geboren geboren

Drittstaat

Heimatstaat Hievon

in der im Schweiz Ausland geboren geboren

Total

Hievon

.Total in der in der im im Schweiz Ausland Schweiz Ausland geboren geboren geboren geboren

Wohnte: Seit Geburt in der Schweiz Immer im Ausland

13724 . .

13724

4281

13724

--

4281

--

4052

Vorwiegend in der Schweiz

8819

7984

835

2484

Vorwiegend im Ausland

5372

3824

1548

602

32196

25532

6664

Total

13724

4052

229

1212

229

1160

1 946

538

5123

4878

245

215

387

4150

3123

1027

620

486

134

925 13 325

8001

5324

2061

1646

415

16810 15885

i

--

52

1170

Tabelle 5

1171

VI.

Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes sieht die Wiederaufnahme vor für «gebürtige Schweizerinnen». Dieser Begriff ist im Gesetz nicht definiert.

Er hat sich aber seit Jahrzehnten in Lehre und Praxis eingelebt und dient dazu, Personen, die von Gesetzes wegen bei der Geburt, namentlich durch Abstammung, Schweizer geworden sind, zu unterscheiden von Personen, die das Schweizerbürgerrecht durch Einbürgerung oder Heirat erworben haben.

Mit dieser Bedeutung wurde der Begriff «gebürtige Schweizerin» auch in unserer Botschaft vom 9. August 1951 zum Entwurf zu einem Bürgerrechtsgesetz verwendet. Dort wurde mit Bezug auf die ordentliche Wiedereinbürgerung (Art. 19 BüG) u. a. ausgeführt : «Wer soll wiedereingebürgert werden können: nur die gebürtige Schweizerin, oder auch die seinerzeit Eingebürgerte, aber nicht auch die Frau, die unser Bürgerrecht durch (eine erste) Heirat erworben hatte? Wir glauben, dass das Gesetz auf jede Einschränkung verzichten sollte; denn sie würde dem Leben wohl oft nicht gerecht. Die in der Schweiz aufgewachsene Frau, die durch eine erste Ehe Schweizerbürgerin geworden ist, oder die ehemalige Ausländerin, die mit dem (ersten) schweizerischen Ehemann während Jahren hier gelebt hat, kann mit Land und Volk enger verwachsen sein als beispielsweise eine gebürtige Schweizerin, die im Ausland aufgewachsen ist und dort einen Ausländer geheiratet hat. Das Bürgerrecht stimmt eben trotz allem nicht immer überein mit einer entsprechenden inneren Bindung an die rechtmässige Heimat. Auch aus diesem Grunde erachten wir die Lösung nach Entwurf für richtig: Sie gibt keinen Rechtsanspruch auf Wiedereinbürgerung, sondern erlaubt den Behörden, den Einzelfall angemessen zu entscheiden. Sie lässt grundsätzlich die Wiedereinbürgerung immer dann zu, wenn das Schweizerbürgerrecht durch Heirat verloren worden ist ; sie gestattet aber gleichzeitig, das Gesuch einer Frau abzulehenen, die innerlich unserem Lande fremd ist, habe sie seinerzeit das Schweizerbürgerrecht aus diesem oder jenem Grunde erworben.»

Diesen Überlegungen sind die eidgenössischen Eäte bei der Festlegung der Bestimmungen über die ordentliche Wiedereinbürgerung gefolgt. Bei der Wiederaufnahme, im Sinne von Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes wurde aber eine andere Lösung gewählt. Denn hier wurde ein Eechtsanspruch geschaffen, eine Prüfung von Assimilation, von Eignung zum Bürger (unter Vorbehalt von Abs. 2) ausgeschlossen.

Das Bürgerrechtsgesetz verwendet den Begriff «gebürtige Schweizerin» nicht nur in Artikel 58, sondern auch in Artikel 15, Absatz 2 und in Artikel 27.

Diese letzte Bestimmung, die die erleichterte Einbürgerung für Kinder einer gebürtigen Schweizerin vorsieht, stützt sich auf Artikel 44, Absatz 3 der Bundesverfassung. Dieser ermächtigt den Gesetzgeber zu Sonderbestimmungen für das Kind, «wenn seine Mutter von Abstammung Schweizerbürgerin war». Die verfassungsmässige Grundlage wäre somit nicht gegeben zu einer erleichterten Einbürgerung für Kinder, deren Mutter durch Einbürgerung oder Heirat das Schweizerbürgerrecht erworben hatte. Der Begriff muss, wenn er im selben Gesetz in verschiedenen Bestimmungen vorkommt, überall gleich verstanden und ausgelegt werden.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat denn auch von Anfang an in seinen Mitteilungen an die Presse und in seinen Kreisschreiben

1172 hervorgehoben, dass Frauen, die das Schweizerbürgerrecht durch Einbürgerung oder durch Heirat erworben hatten, für die Wiederaufnahme nach Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes nicht in Frage kämen. Trotzdem wurden zahlreiche Gesuche von solchen Frauen eingereicht; sie mussten abgewiesen werden. Mehrere Gesuchstellerinnen rekurrierten an den Bundesrat. Dieser wies indessen die Eekurse ab. Aus der einlässlichen Begründung eines solchen Eekursentscheids sei der folgende Absatz wiedergegeben: « Geht man vom objektiven Sinne der in Frage stehenden Gesetzesbestimmung aus, so ergibt sich, dass mit dem Begriff .gebürtige Schweizerinnen' der Gegensatz zum Ausdruck gebracht werden wollte zu jenen Frauen, die durch Heirat oder durch Einbürgerung Schweizerinnen geworden sind. Diese Unterscheidung wird nicht nur von Juristen gemacht, sie ist vielmehr in allen Kreisen der Bevölkerung geläufig, wie sich bei Gesprächen immer wieder feststellen lässt. Der Wortlaut des Gesetzes, dessen französische und italienische Fassungen (,les femmes suisses par naissance', ,1e donne svizzere per nascita') genau mit dem deutschen Text übereinstimmen, ist somit klar; Artikel 58 BUG lässt die Wiederaufnahme eingebürgerter oder eingeheirateter Frauen nicht zu. Nur diese Auslegung bewegt sich im Rahmen des Gesetzestextes.»

VII.

Die Wiederaufnahme ist nach Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes zulässig für Frauen, die «durch Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht verloren haben». Der Verlust muss vor dem I.Januar 1958 eingetreten sein.

Nach altem Eecht galt gewohnheitsrechtlich - aber unbestritten - die Eegel, dass die Schweizerin, die einen Ausländer heiratete, durch diese Heirat, d. h. als unmittelbare Eechtsfolge der Eheschliessung, das Schweizerbürgerrecht verlor. Der Bürgerrechtsverlust trat ipso iure ein, kraft schweizerischen Eechts. Er hing nicht von irgendeiner Willensäusserung in bezug auf das Bürgerrecht ab; das - und nur das - nannte man den Bürgerrechtsverlust «durch Heirat».

Daneben kannte auch das frühere Eecht den andern Verlustgrund: Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht auf Grund einer Verzichterklärung.

Jeder Schweizerbürger im Ausland konnte, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren, auf das Schweizerbürgerrecht verzichten und hatte Anspruch auf Entlassung durch die heimatlichen Behörden. Der Beweggrund zur Verzichterklärung blieb dabei ohne Bedeutung.

Das neue Bürgerrechtsgesetz bestätigt im wesentlichen diese Eegelung: Nach Artikel 9 des Bürgerrechtsgesetzes tritt - wenn keine Beibehaltungserklärung vorliegt - der Bürgerrechtsverlust als unmittelbare Folge einer Bestimmung des schweizerischen Eechts ein; nur dies ist Verlust des Bürgerrechts «durch Heirat». Die Artikel 42 ff. des Bürgerrechtsgesetzes ordnen die Entlassung aus dem Schweizerbürgerrecht gestützt auf eine Willenserklärung, ohne grundsätzliche Verschiedenheit gegenüber dem alten Eecht.

1173 Mit Artikel 58 wollte der Gesetzgeber, nachdem er die Beibehaltungsmöglichkeit in Artikel 9 festgelegt hatte, den Frauen entgegenkommen, die nach' altem Kecht als unmittelbare Folge einer schweizerischen Eechtsnorm durch den familienrechtlichen Akt der Eheschliessung das Schweizerbürgerrecht verloren hatten.

Die Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht gestützt auf Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes ist somit nur zulässig für eine gebürtige Schweizerin, die bei der Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht noch besass und es ipso iure durch die Eheschliessung verlor. Hatte eine Frau schon vor der Heirat auf das Schweizerbürgerrecht verzichtet, so fehlt die Voraussetzung zur Wiederaufnahme, selbst dann, wenn der Verzicht im Hinblick auf die beabsichtigte Ehe erklärt worden war.

In verschiedenen Staaten bestehen gesetzliche Bestimmungen oder administrative Weisungen, die es z. B. hohen Beamten oder Militärpersonen untersagen, sich mit einer Ausländerin zu verehelichen. In solchen Fällen kommt es vor, dass Schweizerinnen auf ihr angestammtes Bürgerrecht verzichten, um nachher einen ausländischen Beamten oder Offizier heiraten zu können.

Wiederaufnahmegesuche von solchen Frauen musste das Departement mit Bücksicht auf den klaren Gesetzestext abweisen.

Auch seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes kommt es vor, dass Schweizerinnen trotz der Kegeln des Artikels 9 des Bürgerrechtsgesetzes auf unser Bürgerrecht verzichten müssen, wenn sie in diesem oder jenem Staat einen höhern Beamten oder Offizier heiraten wollen. Ferner kommt es öfters vor, dass Frauen, die bei der Heirat das Schweizerbürgerrecht beibehalten haben, darauf verzichten müssen, wenn sie die ausländische Staatsangehörigkeit des Ehemannes erwerben wollen; so namentlich in den skandinavischen Staaten, in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und einzelnen andern überseeischen Ländern. Hier kommt dann für die allfällige Wiedererlangung des Schweizerbürgerrechts gegebenenfalls Artikel 23 des Bürgerrechtsgesetzes in Betracht.

In einer Eeihe von Fällen, namentlich wenn die Staatsangehörigkeit des Ehemannes nicht eindeutig feststand, war zu überprüfen, ob die Gesuchstellerinnen seinerzeit durch die Heirat das Schweizerbürgerrecht überhaupt verloren hatten. Ergab die Prüfung, dass dies nicht zutraf, so wurde von Amtes wegen die
Eintragung in den heimatlichen Familienregistern veranlasst. In einigen Fällen wurde im Interesse der Gesuchstellerinnen einfachheitshalber die Wiederaufnahme verfügt, um das zeitraubende und in seinem Ergebnis unsichere Feststellungsverfahren nach Artikel 49 zu vermeiden.

VIII.

Gebürtige Schweizerinnen werden «trotz f o r t b e s t e h e n d e r Ehe »ins Schweizerbürgerrecht wiederaufgenommen. Einzelne kantonale und GemeindeBehörden vertraten anfänglich die Auffassung, das sei so auszulegen, dass die Wiederaufnahme nur Frauen offen stehe, die noch mit einem Ausländer verheiBundesblatt. 108.'Jahrg. Bd. I.

85

1174 ratet seien; verwitwete, geschiedene oder getrennt lebende Frauen könnten dagegen nur die ordentliche Wiedereinbürgerung nach Artikel 19 des Bürgerrechtsgesetzes nachsuchen.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat demgegenüber von Anfang an in Kreisschreiben an Behörden und Mitteilungen an die Presse und in seiner Entscheidspraxis festgehalten, dass die Wiederaufnahme unabhängig vom derzeitigen Zivilstand der Gesuchstellerin nachgesucht werden könne.

Aus der Entstehungsgeschichte des Artikels 58 ergibt sich, dass die Wendung «trotz fortbestehender Ehe» in die Bestimmung eingefügt wurde, um deutlich und im Gegensatz zur ordentlichen Wiedereinbürgerung - hervorzuheben, dass nicht nur verwitwete, geschiedene oder getrennt lebende Frauen, sondern auch verheiratete Frauen wiederaufgenommen werden könnten. Hätte der Gesetzgeber nur verheiratete Frauen in Betracht ziehen wollen, so hätte er bestimmt nicht die Wendung «trotz fortbestehender Ehe» eingefügt, sondern vielleicht «deren Ehe fortbesteht» oder eine ähnliche Wendung.

Eine andere Auslegung hätte auch dem Sinn und Zweck des Artikels 58 nicht entsprochen. Es bestand zweifellos nicht die Meinung, Frauen, deren Ehe noch fortbesteht, sollten einen Kechtsanspruch auf Wiedererlangung des Schweizerbürgerrechts erhalten, während verwitwete, geschiedene oder getrennt lebende Frauen vom Ermessensentscheid der Behörden abhängig gewesen wären, wobei die Assimilation, der gute Leumund usw. massgebend ins Gewicht gefallen wären.

IX.

Wiederaufnahmegesuche mussten «innert einem Jahr nach I n k r a f t treten» des Bürgerrechtsgesetzes an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement gestellt werden. Da das Bürgerrechtsgesetz am I.Januar 1958 in Kraft trat, lief also die Frist am 31. Dezember 1953 ab. Es handelt sich um eine gesetzliche Verwirkungsfrist. Im Verlaufe der parlamentarischen Beratungen war ein Vorschlag, wonach in Härtefallen auch noch nach Fristablauf eingereichte Gesuche hätten berücksichtigt werden können, aus Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes gestrichen worden.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat in seinen Kreisschreiben an Behörden, Mitteilungen an die Presse, im amtlichen Gesuchsformular und sonst bei jeder Gelegenheit nachdrücklich auf diese Verwirkungsfrist aufmerksam gemacht.

Trotzdem wurden
zahlreiche Gesuche verspätet eingereicht. Sie mussten abgewiesen werden. In einigen Fällen fiel der Entscheid nicht leicht, da die Gesuchstellerin geltend machte, sie hätte sich rechtzeitig um die Wiedererlangung des Bürgerrechts interessiert und auch ein Gesuchsformular verlangt.

Auf die im Ausland eingereichten Gesuche wurde eingetreten, soweit sie einer Gesandtschaft oder einem Konsulat oder aber der Post spätestens am 31. Dezember 1953 übergeben worden waren. Mit ganz wenigen Ausnahmen bot die Feststellung der rechtzeitigen Einreichung keine Schwierigkeiten.

1175 X.

Wie bereits dargelegt, schafft Artikel 58 einen Bechtsanspruch auf Eückerhalt des Schweizerbürgerrechts. Dies allerdings nicht unbeschränkt, sondern mit dem Vorbehalt von Absatz 2, der lautet: « Gesuche von gebürtigen Schweizerinnen, deren Verhalten den Interessen oder dem Ansehen der Schweiz erheblich nachteilig war, oder die sich sonstwie offensichtlich unwürdig erweisen, sind abzulehnen. »

Diese Bestimmung enthält somit die materiellen Gründe, aus denen - neben den formellen Gründen - ein Wiederaufnahmegesuch abgewiesen werden kann.

Da Absatz 2 eine Einschränkung eines Bechtsansprucb.es darstellt, ist die Bestimmung nach allgemeinen Grundsätzen restriktiv auszulegen und anzuwenden. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat sich denn auch von Anfang an zur Auffassung und Praxis bekannt, dass nur bei schwerwiegenden Gründen eine Abweisung eines Wiederaufnahmegesuches stattfinden dürfe.

Diese Ansicht wird durch folgende Überlegung bestärkt: Nach Artikel 9 des Bürgerrechtsgesetzes kann jede Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, das Schweizerbürgerrecht beibehalten; ihre Verbundenheit mit der Schweiz, ihre Lebensführung und auch die Art und Weise des Erwerbs des Schweizerbürgerrechts sind dabei gleichgültig. Wenn somit im Hinblick auf die Neuerung des Artikels 9 des Bürgerrechtsgesetzes grundsätzlich die Wiederaufnahme ehemaliger Schweizerinnen ermöglicht werden sollte, bestand auch unter diesem Gesichtspunkt kein Anlass, besonders zurückhaltend zu sein.

Bei der parlamentarischen Beratung des Artikels 58 wurde indessen klar, dass man doch nicht unbesehen jede Frau, die einmal das Schweizerbürgerrecht besessen hat, wieder in unser Bürgerrecht aufnehmen wollte, dass man namentlich Frauen ausschliessen wollte, die aus politischen oder allgemein sittlichen Gründen als des Schweizerbürgerrechts unwürdig befunden werden mussten.

Dieses Bestreben fand seinen Niederschlag in Absatz 2 von Artikel 58. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement suchte mit seiner Praxis diesem gesetzgeberischen Auftrag nach Möglichkeit nachzukommen. Dabei ergab sich aber für Gesuchstellerinnen, die stets im Ausland gewohnt hatten, die praktische Schwierigkeit, hinreichende und zuverlässige Auskünfte zu erhalten. Abgesehen davon, dass womöglich Strafregisterauszüge und Leumundsberichte der ausländischen Behörden verlangt wurden, konnten in der Begel keine Auskünfte von fremden Behörden eingeholt werden. Dagegen bemühten sich die schweizerischen Gesandtschaften und Konsulate, unter Mitwirkung der Schweizervereine und von Vertrauensleuten, in vielen Fällen mit Erfolg um Abklärung des Sachverhalts. Trotzdem besteht zweifellos die Möglichkeit, dass Gesuchstellerinnen, die im Ausland wohnen,
besser weggekommen sind, als einzelne Gesuchstellerinnen in der Schweiz, über die man umfassend Bescheid wusste.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat die ;paär wenigen Gesuche von Frauen, die sich während des letzten Weltkrieges des politischen oder militärischen Nachrichtendienstes gegen die Schweiz schuldig !gemacht

1176 hatten und dafür bestraft worden waren, abgewiesen; ihr Verhalten war den Interessen der Schweiz erheblich nachteilig gewesen.

.Als «offensichtlich unwürdig» wurden ferner die Frauen betrachtet, die entweder durch den Bundesrat gestützt auf Artikel 70 BV oder durch eine, kantonale Behörde gestützt auf Artikel 10 B G über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen worden waren. Immerhin hat das Departement in all jenen Einzelfällen, in welchen nicht besonders schwerwiegende Ausweisungsgründe vorgelegen hatten oder wo seit der Ausweisung eine verhältnismässig lange Frist verstrichen Avar, mit der ausweisenden Behörde Fühlung genommen und die Frage einer allfälligen Aufhebung der Verfügung gestellt. In einer Eeihe von Einzelfällen wurden solche Verfügungen widerrufen, worauf dann die Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht stattfinden konnte.

Im übrigen bot der Entscheid oft besondere Schwierigkeiten, wenn einer Gesuchstellerin vorgeworfen wurde, sie sei vor oder während des letzten Weltkrieges überzeugte Nationalsozialistin oder Fascistin gewesen. In den meisten Fällen dieser Art erfuhr namentlich die Abklärung des Tatbestandes Schwierigkeiten; oft wurden Behauptungen aufgestellt, die nicht mehr auf ihre Richtigkeit überprüft werden konnten. Das Departement gelangte dann zu einer Ablehnung des Wiederaufnahmegesuches, wenn es auf Grund der Akten die Überzeugung gewann, die Gesuchstellerin habe sich in kritischer Zeit eindeutig zugunsten eines andern Staates entschieden, sie habe sich wirklich oder bildlich auf die andere Seite der Grenze gestellt und damit von der angestammten Heimat abgewandt. Hierher gehört beispielsweise der in einzelnen Fällen festgestellte Ausspruch: «Ich schäme mich, Schweizerin gewesen zu sein.» Auch gegenüber gewöhnlichen Rechtsbrecherinnen, sowie gegenüber Frauen, denen eine liederliche oder leichtsinnige Lebensführung vorgeworfen werden konnte, war der Entscheid nicht immer leicht zu finden. Auch hier hat sich das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement daran gehalten, dass nur schwerwiegende Gründe eine Ablehnung des Gesuches rechtfertigten. Dazu gehörte auch, dass ein belastendes Verhalten noch in jüngster Zeit hatte festgestellt werden müssen; auf weit zurückliegende, manchmal nur vorübergehend oder vereinzelt vorgekommene
Unkorrektheiten wurde nicht Rücksicht genommen.

XL Die Frauen, die das Gesuch um Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht stellten, besassen - von den wenigen Staatenlosen abgesehen - eine fremde Staatsangehörigkeit. Von Anfang an stellte sich somit die Frage, welche Rückwirkungen die Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht auf die bisherige Staatsangehörigkeit habe.

.Für das schweizerische Recht war davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das Entstehen von Doppelbürgerrecht durch Anwendung des Artikels 58 des Bürgerrechtsgesetzes von vorneherein in Kauf nahm. Er hatte für die schweizerische Familie am Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie

1177 festgehalten und jedenfalls nicht die Absicht, die Einheit des Bürgerrechts in der ausländischen Familie, wo sie bestand, zu zerstören. Es entsprach auch nicht seinem Willen, der Frau, die durch Wiederaufnahme das Schweizerbürgerrecht zurückerlangte, gleichzeitig Schwierigkeiten im Verhältnis zu ihrem bisherigen Heimatstaat - in welchem sie unter Umständen lebte - zu verursachen.

Bestand oder Verlust der fremden Staatsangehörigkeit wird aber ausschliesslich vom ausländischen Eecht bestimmt. Die Staatsangehörigkeitsordnungen der andern Staaten beruhen auf den verschiedensten Grundsätzen und sind deshalb auch sehr verschiedenartig gestaltet. Die Wiederaufnahme einer Frau ins Schweizerbürgerrecht konnte deshalb ganz verschiedene Auswirkungen auf die bisherige Staatsangehörigkeit haben, je nach dem Staat, dem die Frau zur Zeit der Wiederaufnahme angehörte.

Im Verhältnis zu Österreich, Italien, den Niederlanden und wenigen weitern Staaten ergaben sich keine Schwierigkeiten; denn diese Staaten halten streng fest am Grundsatz der Einheitlichkeit des Bürgerrechts in der Familie, weshalb die Ehefrau-die bisherige Staatsangehörigkeit beibehielt, trotz der Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht auf Gesuch hin.

Auch -gegenüber Grossbritannien war die Lösung einfach, weil nach britischem Eecht die britische Staatsangehörigkeit beim freiwilligen Erwerb eines fremden Bürgerrechts nicht untergeht.

Demgegenüber kennen Frankreich und Belgien den automatischen Verlust ihrer Staatsangehörigkeit bei freiwilligem Erwerb eines ausländischen Bürgerrechts. Auf Anfrage hin bestätigten denn auch die französischen und belgischen Behörden, dass nach ihrer Auffassung - der formelle Entscheid ist den Gerichten vorbehalten - französische und belgische Frauen, die auf ihr Gesuch hin ins Schweizerbürgerrecht wiederaufgenommen würden, die französische beziehungsweise belgische Staatsangehörigkeit verlieren.

In Deutschland blieb bis zum 31. März 1953 die Wiederaufnahme einer verheirateten Frau ins Schweizerbürgerrecht ohne Einfluss darauf, dass die Frau die deutsche Staatsangehörigkeit des Ehemannes besass. Mit dem I.April 1953 wurde der Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter auch im Gebiet des Bürgerrechts verwirklicht. Seither verliert die deutsche Staatsangehörige, die im Ausland wohnt und auf Gesuch hin ein
fremdes Bürgerrecht erwirkt, also z. B. ins Schweizerbürgerrecht wiederaufgenommen wird, die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie kann indessen vorgängig ehi Gesuch um Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit einreichen.

In zahlreichen weitern Staaten, namentlich auch in Übersee, hatte die Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht zur Folge, dass die Frau die .bisherige Staatsangehörigkeit verlor.

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat alle Gesuchstellerinnen, für die nach den Bestimmungen des Heimatstaates mit, dem Untergang der bisherigen Staatsangehörigkeit gerechnet werden musste, auf diese Auswirkung einzeln besonders aufmerksam gemacht. Die Folge davon war, dass zahlreiche Gesuche zurückgezogen wurden. Dies gilt namentlich für gebürtige

1178 Schweizerinnen, die mit französischen Staatsangehörigen verheiratet sind und in Frankreich wohnen. Das Departement hat ferner die Frauen, die - wie in Deutschland nach dem I.April 1953 - ein Gesuch um Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit stellen konnten, auf diese Mögb'chkeit aufmerksam gemacht und ihnen gegebenenfalls durch Aufschub des Entscheids die Einreichung eines solchen Gesuches erleichtert.

Es wurde schliesslich die Frage aufgeworfen, ob nicht die Schweiz durch Verträge mit andern Staaten, beispielsweise mit Frankreich und Belgien, hätte erreichen können, dass der Verlust der bisherigen. Staatsangehörigkeit als Folge der Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht unterblieben wäre. Wir haben davon abgesehen, Verhandlungen über solche Verträge einzuleiten. Jeder Staat ordnet sein Staatsangehörigkeitsrecht nach eigenen Gesichtspunkten; es ist Ausfluss der staatlichen Souveränität und trägt politischen Charakter. Zudem schuf die Schweiz durch die Wiederaufnahme ehemaliger Bürgerinnen, die Angehörige eines andern Staates waren und allenfalls noch auf dessen Gebiet wohnten, eine Rechtslage, die sich kaum mit den Interessen des andern Staates deckte. Sie hätte auch keine Gegenleistung anbieten können. Bei dieser Sachlage wären Verhandlungen von vorneherein aussichtslos gewesen.

XII.

Es ist bereits dargelegt worden, dass die Frau durch die Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht Doppelbürgerin wurde, sofern ihr bisheriges Heimatrecht die Beibehaltung der Staatsangehörigkeit gestattete, oder aber dass sie nunmehr nur noch Schweizerbürgerin ist, unter Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit, sofern der fremde Staat diese Eechtsfolge vorsieht. In beiden Fällen, namentlich aber bei Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit, zieht die Wiederaufnahme mannigfaltige Auswirkungen des zivilen und des öffentlichen Eechts nach sich.

In der Schweiz hat die wiederaufgenommene Frau uneingeschränkt die Stellung einer Schweizerbürgerin. Lebt sie als Doppelbürgerin in ihrem zweiten Heimatstaat, so hat sie keinen Anspruch auf schweizerischen diplomatischen Schutz; unter Umständen verwehrt ihr der andere Heimatstaat auch, einen Schweizerpass zu besitzen und mit diesem zu reisen.

Die Frau, die nur Schweizerin ist, besitzt nun nicht mehr die gleiche Staatsangehörigkeit wie ihr Ehemann und ihre Kinder. Wohnt sie im Heimatstaat des Ehemannes, so ist sie mit der Wiederaufnahme aus der Stellung einer eigenen Staatsangehörigen übergetreten in die Stellung einer Ausländerin. Das kann sehr bedeutsam sein und für die Frau unter Umständen erhebliche Nachteile bringen. Deshalb haben ja auch die weitaus meisten gebürtigen Schweizerinnen in Frankreich und Belgien, in den skandinavischen Staaten und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, trotz ihrer Verbundenheit mit der Schweiz, darauf verzichten müssen, die Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht anzustreben.

1179 Für die grosse Zahl gebürtiger Schweizerinnen, die stets in der Schweiz gelebt und hier einen Ausländer geheiratet haben, entsprach die Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht wohl nicht nur einem persönlichen Bedürfnis, sondern auch weitgehend dem öffentlichen Interesse. Diese Frauen können sich nunmehr in ihrer angestammten Heimat wiederum auch rechtlich als Schweizerbürgerin fühlen. Das wirkt sich bestimmt auch bei der Erziehung der hier aufwachsenden Kinder aus, die für eine erleichterte Einbürgerung in Betracht kommen. Bei den im Ausland lebenden wiederaufgenommenen Frauen, namentlich bei denjenigen, die schon im Ausland geboren wurden, dürften alle denkbaren Grade der Verbundenheit mit der Schweiz vorkommen, wie das auch bei unsern männlichen Landsleuten im Ausland der Fall ist.

Die Wiederaufnahme der ehemaligen Schweizerinnen und als Folge davon die Tatsache, dass in ihren Familien verschiedene Bürgerrechte vorkommen, stellen auch die schweizerischen Behörden naturgemäss v.or eine ganze Keine von Fragen, die geprüft und in der Praxis allmählich einer angemessenen Lösung entgegengeführt werden müssen.

Schwierigkeiten können sich beispielsweise ergeben bei der fremdenpolizeilichen Behandlung des Ehemannes einer Frau, die das Schweizerbürgerrecht behalten oder wiedererlangt hat. Hiezu ist zu wiederholen, was wir in der Botschaft zum Bürgerrechtsgesetz mit Bezug auf das Beibehaltungsrecht nach Artikel 9 des Bürgerrechtsgesetzes gesagt haben : « Gewisse Härten bei fremdenpolizeilichen Entscheidungen gegen den ausländischen Ehemann müssen als unvermeidlich in Kauf genommen werden; dem Ehemann kann auf jeden Fall keine bevorzugte fremdenpolizeiliche Behandlung zugesichert werden.» Schwierigkeiten ergeben sich auch bei der Fürsorge für Familien, in denen nicht mehr einheitlich das gleiche Bürgerrecht besteht, sondern, verschiedene Familienmitglieder verschiedene Staatsangehörigkeiten besitzen. Die Konferenz der kantonalen Armendirektoren hat sich schon wiederholt mit der Frage befasst. Auch international ergeben sich Auswirkungen, nämlich im Verhältnis zu Frankreich und Deutschland, mit denen Fürsorgeabkommen bestehen. Doch sind hier bereits zweckmässige Lösungen vereinbart worden.

Die grosse Zahl von Wiederaufnahmen ehemaliger Schweizerinnen ins Schweizerbürgerrecht hat erwartungsgemäss
gewisse Auswirkungen auf die Unterstützungsleistungen der schweizerischen Behörden gehabt. Der Bund trägt die Hälfte der den Kantonen und Gemeinden während der ersten 10 Jahre erwachsenden Unterstützungskosten in diesen Einzelfällen. Er vergütete in diesem Sinn den Kantonen für das Jahr 1954 insgesamt 58 57-1 Franken, für das Jahr 1955 122 778 Franken. Vergleichsweise sei beigefügt, dass der Bund als Hälftenanteil an die Unterstützungskosten für die unter der Herrschaft des Gesetzes von 1903 Wiedereingebürgerten im Jahre 1954 insgesamt 224 738 Franken, im Jahre 1955 201 459 Franken vergütete. Die gleichen Beträge belasten somit alle Kantone und die Gemeinden gesamthaft. Dabei ist allerdings nicht zu übersehen, dass einzelne Kantone und namentlich Gemeinden, die besonders viele Auswanderer in die Welt haben ziehen sehen, stark beansprucht sind.

1180 Zweiter Teil Teilrevision des Gesetzes XIII.

In Anwendung von Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes konnte eine grosse Zahl gebürtiger Schweizerinnen, von denen viele mit unserem Land auch innerlich eng verbunden waren, ins Schweizerbürgerrecht wiederaufgenommen werden.

Das ist an sich erfreulich. Bei der Anwendung des Artikels 58 zeigten sich indessen gewisse Unbilligkeiten und Härten. Diese lassen sich, wenigstens teilweise, durch eine Teilrevision des Bürgerrechtsgesetzes beheben. Wir glauben, dass eine solche Teilrevision verantwortet werden kann, und gestatten uns, eine entsprechende Vorlage zu unterbreiten.

In drei Bichtungen bleibt die Wiederaufnahme ehemaliger Schweizerinnen nach 'Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes unbefriedigend : Wegen der Kürze der Frist zur Einreichung der Wiederaufnahmegesuche; wegen der Beschränkung auf gebürtige Schweizerinnen; wegen der Eückwirkung auf die fremde Staatsangehörigkeit der wiederaufgenommenen 'Frauen.

Nach Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes konnte das Wiederaufnahmegesuch innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Bürgerrechtsgesetzes eingereicht werden.'Für normale Verhältnisse war diese Frist reichlich bemessen.

1 Es hat sich indessen gezeigt, dass sie namentlich für Frauen in Staaten, in denen aus politischen oder geographischen Gründen die Verbindung mit einer schweizerischen Vertretung oder mit der Heimat direkt nicht sehr einfach ist, zu kurz war. Zwar hat sich das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit Hilfe der schweizerischen Gesandtschaften und Konsulate bemüht, möglichst alle in Betracht kommenden Frauen rechtzeitig von der Wiederaufnahmemöglichkeit zu unterrichten. Trotzdem sind über 184 Gesuche verspätet eingereicht worden; fast alle diese Bewerberinnen konnten Gründe für die Verspätung geltend machen, die die einfache Abweisung der Gesuche aus formellen Gründen als hart erscheinen Hessen. Die gesetzliche Frist musste jedoch beachtet werden; dies umsomehr, als im Laufe der parlamentarischen Beratungen ein Vorschlag, in Härtefällen auch verspätet eingereichte Gesuche zu berücksichtigen, ausdrücklich abgelehnt worden war.

Wir glauben, dass es einem Gebot der Billigkeit entspricht, auch den Frauen noch die Gelegenheit zur Wiedererlangung des Schweizerbürgerrechts zu verschaffen, die aus von ihrem Willen weitgehend
unabhängigen Gründen nicht in der Lage waren, das Wiederaufnahmegesuch innert der gesetzlichen Frist einzureichen.

Wie im ersten Teil dieses Berichts ausführlich dargelegt wurde, ist Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes auf gebürtige Schweizerinnen beschränkt. Man schuf seinerzeit einen Bechtsanspruch auf Wiederaufnahme; als Folge davon wurde

1181 der Personenkreis, der des. Vorteils teilhaftig werden sollte, eng umschrieben.

Es fragt sich indessen, ob der dabei erreichte Erfolg mit den schweizerischen öffentlichen Interessen übereinstimmt und als wirklich recht und billig betrachtet werden kann.

In unserer Botschaft (vom 9. August 1951) zum Bürgerrechtsgesetz haben wir nachdrücklich hervorgehoben, dass das Bürgerrecht äussere und innere Bindung an den Heimatstaat bedeute und dass die rechtliche Stellung dort korrigiert werden sollte, wo die äussere Bindung mit der inneren nicht mehr übereinstimmt.

Bei der gebürtigen Schweizerin setzt man im allgemeinen eine erhebliche innere Bindung an die Schweiz als gegeben voraus, selbst wenn die. Frau sich mit einem Ausländer verheiratet hat. Diese Annahme dürfte immer dann in besonderer Weise zutreffen, wenn die Frau in der Schweiz aufgewachsen ist.

Bei Frauen dagegen, die beispielsweise im Ausland geboren worden sind und dauernd dort gewohnt haben, lässt sich die grundsätzliche Annahme der inneren Verbundenheit mit der Schweiz als Heimat kaum mehr zuverlässig überprüfen.

Demgegenüber lässt sich beispielsweise bei Frauen, die in der Schweiz aufgewachsen und in frühem Kindesalter mit ihren Eltern hier eingebürgert worden sind, oder die selbständig hier eingebürgert wurden, eine sehr enge innere Verbundenheit mit unserem Lande, seinem Volk, seinen Sitten und Lebensgewohnheiten feststellen. Diese Verbundenheit ist übrigens durch den Einbürgerungsentscheid in aller Form bekräftigt worden. Wenn - was uns grundsätzlich richtig erscheint -- von der entscheidenden Bedeutung der inneren Verbundenheit mit der Heimat ausgegangen wird, lässt sich kein wesentlicher Grund dafür erkennen, solche nicht gebürtigen Schweizerinnen von der Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht auszuschliessen. Denn andererseits hat sich doch sehr deutlich gezeigt, dass bei der Anwendung von Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes auch eine beträchtliche Anzahl Frauen das Schweizerbürgerrecht zurückerlangt haben, an deren innerer Verbundenheit mit unseren Lande erhebliche Zweifel bestehen können. Wir halten deshalb dafür, dass auch Frauen, die das Schweizerbürgerrecht seinerzeit durch Einbürgerung erlangt haben, dieses Bürgerrecht sollte zurückgegeben werden können. Es dürfte sich hier um einige wenige tausend Frauen handeln,
die für eine solche Massnahme in Betracht kommen.

Demgegenüber sind Zweifel berechtigt, ob ein entsprechendes Entgegenkommen auch bei Frauen möglich sein soll, die unser Bürgerrecht seinerzeit nur durch die Ehe mit einem Schweizerbürger erworben hatten. Oft fehlt nach .solchen Heiraten anfänglich jede Verbundenheit mit der Schweiz. Es sind aber auch andere Fälle denkbar, und sie kommen praktisch vor : Junge Ausländerin. nen, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen, hier also vollkommen assimiliert sind, sehen hin und wieder nur deshalb davon ab, sich um eine Einbürgerung zu bemühen, weil schon in frühem Alter ernsthafte Absichten auf Eingehen der Ehe mit einem bestimmten Schweizerbürger bestehen. Trotz einwandfrei gegebener Einbürgerungsreife unterbleibt somit die Einbürgerung,

1182 und ein Vorwurf kann hieraus diesen Frauen nicht gemacht werden. Andererseits besteht kein ernsthafter Grund, sie als mit der Schweiz weniger verbunden zu betrachten denn irgendeine eingebürgerte Ausländerin. Selbstverständlich ist bei der Wiedererteilung des Schweizerbürgerrechts von vornherein Zurückhaltung geboten gegenüber Frauen, die das Schweizerbürgerrecht bloss durch eine erste Heirat erworben, durch eine zweite Heirat mit einem Ausländer dann wieder verloren haben. Grundsätzlich sollte aber auch in solchen Fällen, bei besondern Umständen, eine Wiedererteilung des Schweizerbürgerrechts möglich sein.

An den Wirkungen, die das ausländische Kecht mit Bezug auf die fremde Staatsangehörigkeit einer Frau an deren Wiederaufnahme ins Schweizerbürgerrecht knüpft, kann schweizerischerseits nichts geändert werden. Zwar hätte die Wiedererteilung des Schweizerbürgerrechts von. Gesetzes wegen - statt auf Gesuch hin - in jenen Staaten helfen können, die ihre Staatsangehörigkeit bei freiwilligem Erwerb eines fremden Bürgerrechts untergehen lassen. Gegenüber jenen Staaten, die den Bestand eines Doppelbürgerrechts an sich ausschliessen, gibt es keine vermittelnde Lösung ; die Frau muss sich hier notwendigerweise für die Staatsangehörigkeit des Ehemannes oder aber das Schweizerbürgerrecht entscheiden. Diese rechtlichen Verhältnisse sind namentlich dann von weittragender praktischer Bedeutung, wenn die Ehegatten im Heimatstaat des Ehemannes leben. Verlegen sie den Wohnsitz von dort nach der Schweiz oder in ein drittes Land, kann eine grundlegende Änderung eintreten und kann vielleicht die Frau den Verlust der andern Staatsangehörigkeit ohne besondere Nachteile auf sich nehmen. Überdies besteht aber auch immer die Möglichkeit, dass der eine oder andere Staat sein Staatsangehörigkeitsrecht ändert, oder dass dort, wo es weitgehend auf die Bechtssprechung ankommt, eine grundsätzliche Änderung der Gerichtspraxis eintritt. Ähnlich verhält es sich bei Frauen, die in Staaten wohnen, in welchen vielleicht die politischen Verhältnisse es nicht als ratsam erscheinen lassen, sich von dort aus um die Wiedererlangung des Schweizerbürgerrechts zu bemühen. Aus all diesen Gründen wäre es möglich, dass früher oder später auch gebürtige Schweizerinnen, die sich wegen der geschilderten Verhältnisse im Jahre 1953 nicht auf
Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes berufen konnten, in die Lage versetzt würden, sich nachträglich um das Schweizerbürgerrecht zu bemühen, .wie es viele tausend andere gebürtige Schweizerinnen schon 1953 hatten tun können.

XIV.

Der Gesetzgeber hat mit Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes den gebürtigen Schweizerinnen zwar einen Bechtsanspruch auf Wiedererlangung des angestammten Bürgerrechts zuerkannt, dieses Bürgerrecht aber nicht von Gesetzes wegen wieder entstehen lassen, sondern von der Einreichung eines Gesuches, also von einer Willenserklärung abhängig gemacht. Wenn heute eine gewisse Ergänzung zu jener Lösung in Betracht gezogen wird, kommt auf jeden Fall eine Wiedererteilung unseres Bürgerrechts von Gesetzes wegen erst recht nicht

1183 in Frage. Es muss vielmehr auch bei der neuen Lösung eine-Willenserklärung verlangt werden, mit andern Worten ein Gesuch der Bewerberin an die schweizerischen Behörden.

Es geht nicht darum, zu den bereits verfügten 32 000 Wiederaufnahmen hinzu noch möglichst viele ehemalige Schweizerinnen wiederum zu Schweizerbürgerinnen zu erklären. Vielmehr soll dort korrigierend eingegriffen werden können, wo die derzeitigen rechtlichen Verhältnisse und die tatsächlichen Bindungen einer Frau an die Schweiz so offenkundig auseinanderklaffen, dass im Hinblick auf die Durchführung des Artikels 58 des Bürgerrechtsgesetzes von einer Unbilligkeit oder Härte gesprochen werden muss. Die korrigierende Lösung soll Frauen zugute kommen, welche als mit der Schweiz innerlich eng verbunden betrachtet werden dürfen. Es soll - wie das einem Grundzug des Bürgerrechtsgesetzes entspricht - Auswahl nach Eignung zum Bürgerrecht stattfinden. Das bildet den wesentlichsten Unterschied zur Lösung von Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes, der grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf das Schweizerbürgerrecht gewährte.

Die neue Lösung ist in einer einfachen Ergänzung des Artikels 19 des Bürgerrechtsgesetzes zu erblicken, der die ordentliche Wiedereinbürgerung einer ehemaligen Schweizerin regelt: Während Artikel 19, Absatz l, lit. a die Wiedereinbürgerung einer Frau zulässt, sobald ihre Ehe rechtlich oder tatsächlich aufgelöst ist, soll neu die Wiedereinbürgerung nun auch möglich sein, wenn die Ehe noch fortbesteht, aber vor dem I.Januar 1953 abgeschlossen worden ist.

Die ehemaligen Schweizerinnen, die unter der Herrschaft des alten Rechts einen Ausländer geheiratet haben, sollen also nicht mehr warten müssen, bis ihre Ehe zu bestehen aufgehört hat, um die Wiedereinbürgerung nachsuchen , zu dürfen.

XV.

Nach diesen Überlegungen ist die Revisionsvorlage gestaltet. Da sie sich nur auf Ehen bezieht, die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes geschlossen wurden, scheint es uns richtiger zu sein, nicht den Artikel 19 als solchen abzuändern, sondern eine neue Übergangsbestimmung - Artikel 58Ws - ins Bürgerrechtsgesetz aufzunehmen.

Inhaltlich stellt die neue Bestimmung eine dem Artikel 19, Absatz l des Bürgerrechtsgesetzes beigefügte Wiedereinbürgerungsmöglichkeit dar. Deshalb sind auch für diese Art von Wiedereinbürgerungen die gleichen
formellen und materiellen Regeln anwendbar wie für die Wiedereinbürgerungen nach Artikel 19. Wir verweisen namentlich auf Artikel 18, wonach die Wiedereinbürgerung durch die Bundesbehörde erfolgt und unentgeltlich ist ; auf Artikel 25, wonach das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement nur dann die Wiedereinbürgerung verfügen kann, wenn die kantonale Behörde zustimmt, während bei ablehnendem Antrag des Kantons höchstens der Bundesrat die Wieder·einbürgerung verfügen darf ; auf Artikel 24, wonach das Kantons- und Gemeinde-

·11®4 bürgerrecht erworben wird, das die Gesuchstellerin zuletzt besessen hat, und auf Artikel 89, wonach der Bund die Hälfte der den Kantonen und Gemeinden während der ersten zehn Jahre erwachsenden Unterstützungskosten übernimmt.

Die Wiedereinbürgerung nach Artikel 58Ws soll - wie jene nach Artikel 19 nicht beschränkt sein auf gebürtige Schweizerinnen, sondern zulässig auch gegenüber Frauen, die seinerzeit das Schweizerbürgerrecht durch Einbürgerung oder Heirat erworben hatten. Es wird aber bloss die Möglichkeit zu solchen i Wiedereinbürgerungen geschaffen (nur eine «Kann »-Vorschrift aufgestellt); es ist somit ein Ermessensentscheid über das eingereichte Gesuch zu treffen, und .dabei kann auf die Verbundenheit der Gesuchstellerin mit der Schweiz, wie auf andere Gründe, die sie als erwünschten oder unerwünschten Zuwachs erscheinen lassen können, die gebotene Eücksicht genommen werden.

Wird die Wiedereinbürgerungsmöglichkeit im Sinne von Artikel 58bls ins Gesetz aufgenommen, so werden selbstverständlich in der ersten Zeit nach Inkrafttreten eine grössere Anzahl von entsprechenden Gesuchen eingereicht werden. Die Gesuche werden zahlenmässig mit der Zeit abnehmen und allmäblich überhaupt nicht mehr vorkommen. Wir haben uns deshalb gefragt, ob es geboten wäre, eine Frist - beispielsweise von 10 Jahren seit Inkrafttreten des neuen Bürgerrechtsgesetzes - für die Einreichung solcher Gesuche festzusetzen. Das liesse sich rechtfertigen in bezug auf jene Fälle, wo die geltende Frist zur Einreichung eines Wiederaufnahmegesuches nach Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes nicht ausreichte; auch dort, wo eine Frau sich nur deshalb nicht auf Artikel 58 des Bürgerrechtsgesetzes berufen konnte, weil sie nicht gebürtige Schweizerin ist. Denn wer sich mit unserem Lande wirklich verbunden ·füblt,,wird ordentlicherweise von der durch das Gesetz gebotenen Gelegenheit, das Schweizerbürgerrecht wieder zu erlangen, ohne langes Zaudern Gebrauch machen.

Wir sehen trotzdem von einer Befristung ab. Dies geschieht mit Eücksicht auf die ausländische Gesetzgebung oder Eechtssprechung und allgemein die Verhältnisse in andern Staaten. Wenn ein anderes Land sein Staatsangehörig·keitsrecht ändert, sodass die dort beheimateten und lebenden ehemaligen Schweizerinnen nun ohne Nachteil das Schweizerbürgerrecht erwerben können, soll
es nicht darauf ankommen, ob diese Änderung des ausländischen Eechts zufällig innerhalb von 10 Jahren nach Inkrafttreten unseres Bürgerrechtsgesetzes Stattfindet oder später. Das gleiche gilt für eine allfällige Änderung beispielsweise der politischen Verhältnisse. Andererseits kann beim Ermessensentscheid über das Wiedereinbürgerungsgesuch geprüft and nach den Umständen wohl .auch einigermassen zuverlässig beurteilt werden, ob die späte Einreichung des Gesuches auf mangelndes Interesse am Schweizerbürgerrecht, d. h. ungenügende Verbundenheit mit unserem Lande, zurückzuführen ist, oder auf Umstände, die die Frau nicht zu verantworten hat.

Vollständigkeitshalber muss für Kinder der hier in Frage stehenden ehemaligen: Schweizerinnen die Möglichkeit zur erleichterten Einbürgerung nach

: - i i 1185

Artikel 28 des Bürgerrechtsgesetzes geschaffen werden. Auch Artikel 58 sah die Anwendbarkeit des Artikels 28 auf die Kinder wiederaufgenommener Schweizerinnen vor.

Aus diesen Erwägungen gestatten wir uns, Ihnen die Annahme des folgenden Gesetzesentwurfs zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 8. Juni 1956.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Feldmann Der Bundeskanzler: Ch. Oser

1186 (Bntmirf)

Bundesgesetz über

Ergänzung des Bundesgesetzes iiiber Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 1956, beschliess't : I.

Das Bundesgesetz vom 29. September 1952 wird ergänzt durch folgenden Art. 58Ws Wiedereinbürgerung verheirateter ehemaliger Schweizerinnen

1

Ehemalige Schweizerinnen, die voi' dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Heirat oder Einbezug in die Entlassung des Ehemannes das Schweizerbürgerrecht verloren haben, und deren Ehe nicht aufgelöst oder getrennt ist, können wiedereingebürgert werden.

2 Für das Verfahren und die Wirkung der Wiedereinbürgerung sind die Bestimmungen der Artikel 18,24,25, 51, Absatz l, und 52 anwendbar.

Die Artikel 28 und 37-41 gelten sinngemäss.

II.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

2616

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Wiederaufnahme gebürtiger Schweizerinnen ins Schweizerbürgerrecht (Art. 58 des Bürgerrechtsgesetzes) und Botschaft zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über Ergänzung des Bundesgesetzes über Erwe...

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1956

Année Anno Band

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24

Cahier Numero Geschäftsnummer

7176

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14.06.1956

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