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Bundesblatt 108. Jahrgang

Bern, den 4. Oktober 1956

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis .30 Franken im -Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nahnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 60 Happen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung der revidierten internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht und des Statuts der Haager Konferenz für internationales Privatrecht {Vorn 24. September 1956) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung der revidierten internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht einerseits, und des Statuts der Haager Konferenz für internationales Privatrocht andererseits, vorzulegen.

I.

Die internationale "Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht, der gegenwärtig an die 20 Staaten angehören, ist aus den Arbeiten der «Haager Konferenz für internationales Privatrecht» entstanden, die sich auf Veranlassung der niederländischen Regierung erstmals 1893 versammelte. Die Übereinkunft trat in der an den Zusammenkünften von 1893 und 1894 ausgearbeiteten ursprünglichen Fassung (vgl. BEI 1898, II, 756) für die Schweiz am 25.Mai 1899 in Kraft. Der heute gültige Wortlaut (BS 12, 277) entspringt einer Revision aus dem Jahre 1904 (BEI 1908, VI, 129 f.) und trägt das Datum des 17. Juli 1905; er gilt in der Schweiz seit dem 27. April 1909.

Die Übereinkunft stellt zwischen den Vertragsstaaten gemeinsame Regeln auf, die nicht das gesamte internationale Zivilprozessrecht ordnen, sondern nur gewisse Gebiete davon, nämlich die Mitteilung gerichtlicher und aussergerichtlicher Urkunden (Art.1 bis 7), die Ersuchungsschreiben (Art.8 bis 16), die Sicherheitsleistung für Prozesskosten (cautio iudicatu solvi; Art. 17 bis 19), das Armenrecht (Art.20 bis 28) und die Personalhaft (Art.24).

Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. II.

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Die ersten Vorschläge zu gewissen Änderungen oder Ergänzungen der gegenwärtigen Übereinkunft wurden im Jahre 1925 der S.Tagung der Konferenz unterbreitet, welche sich jedoch auf die Formulierung eines weiteren Absatzes zu Artikel 19 beschränkte.

Es blieb der 6. Tagung der Haager Konferenz im Jahre 1928 vorbehalten, sich mit eingehenderen Bevisionsvorschlägen auseinanderzusetzen. Damals beschäftigte sich der Völkerbund auch mit dem Armenrecht und suchte Beine Mitgliedstaaten zu bewegen, unter sich ein Abkommen abzuschliessen, das sich im wesentlichen an die in den Artikeln 20 bis 28 der Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vorgesehene Ordnung anlehnen würde. Diese Anregung fand eine günstige Aufnahme, Um aber eine Doppelspurigkeit zu vermeiden, überliess dann der Völkerbundsrat die Aufgabe, ein Armenrechtsabkommen auszuarbeiten, der Haager Konferenz für internationales Privatrecht. Die Konferenz kam dieser Aufgabe anlässlich ihrer G.Tagung nach und schlug gleichzeitig den der Übereinkunft von 1905 angehörenden Staaten vor, in diese Übereinkunft auch die wenigen Neuerungen des Entwurfs zu einem Armenrechtsabkommen aufzunehmen. Diesem in Form eines Entwurfs zu einem « Zusatzabkommen zur Übereinkunft vom 17. Juli 1905 betreffend Zivilprozessrecht» abgefassten Vorschlag war jedoch kein Erfolg beschieden, namentlich weil es sich als unmöglich erwies, rechtzeitig, d.h. vor dem Kriegsausbruch von 1989, die gemäss dem Entwurf erforderliche Eatifikation durch sämtliche der Übereinkunft von 1905 angehörenden Staaten zu erlangen.

Die Revision der Übereinkunft kam wieder auf das Programm der 7. Tagung der Haager Konferenz, die im Oktober 1951 stattfand. Grossbritannien, das der Übereinkunft noch nicht angehört, hatte nämlich anlässlich einer Versammlung des Europarates Interesse für gewisse Fragen des internationalen Zivilprozessrechts gezeigt. Es war deshalb am Platze, dass die Haager Konferenz im Hinblick auf einen Beitritt Grossbritanniens den Text der Übereinkunft und der 1925 und 1928 vorgeschlagenen Änderungen erneut überprüfte und so der britischen Delegation Gelegenheit gab, ihre allfälligen Änderungsvorschläge anzubringen.

Diese erwiesen sich übrigens nicht als zahlreich, und die Konferenz konnte ohne Schwierigkeiten einen neuen Abkommenstext aufstellen, der die Übereinkunft vom 17. Juli 1905
ersetzen soll.

Die neue Übereinkunft trägt das Datum des I.März 1954, von welchem Tage an sie den an der 7. Tagung der Konferenz vertretenen Staaten zur Unterzeichnung offen stand. Unser Gesandter im Haag hat sie am 2. Juli 1954 im Namen des Bundesrates unterzeichnet.

Die neue Übereinkunft enthält 26 Hauptartikel und 7 Schlussbestimmungen (Art.27 bis 83). Gesamthaft weicht sie bezüglich Aufbau und Stoff kaum von der bisherigen Übereinkunft ab, deren Bestimmungen grösstenteils unverändert übernommen wurden. Im einzelnen gibt sie, besonders hinsichtlich der abgeänderten, ergänzten oder neuen Bestimmungen, zu folgenden Bemerkungen Anlass :

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1. Mitteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden Der bisherige Artikel 2 sieht yor, dass die Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Urkunden, die für eine im Ausland befindliche Person bestimmt sind, der «zuständigen Behörde des ersuchten Staates» obliege. Die britische Delegation wies jedoch darauf hin, dass die Anwendung des Artikels 2 zu Schwierigkeiten führen könnte, da in Grossbritannien die Zustellung der Urkunden in gewissen Fällen durch «solicites» (mit gewissen gerichtlichen Nebenhandlungen betraute Urkundspersonen) erfolge, die nicht unter den Begriff einer staatlichen Behörde fallen. Die Konferenz hat deshalb im Einvernehmen mit der britischen Delegation beschlossen, diesen Artikel leicht in dem Sinne abzuändern, dass die Zustellung «durch die nach den Gesetzen des ersuchten Staates zuständige Behörde» erfolgen werde.

Die britische Delegation machte im Zusammenhang mit Artikel 3 darauf aufmerksam, dass die jüngsten zweiseitigen Verträge," die Grossbritannien auf dem Gebiete der Eechtshilfe abgeschlossen hat, die Zustellung der Urkunden in zweifacher Ausfertigung verlangen. Da nichts entgegenstand, diese Forderung zu berücksichtigen, beschloss die Konferenz, folgenden ersten Absatz in Artikel 8 aufzunehmen: «Dem Begehren ist das zuzustellende Schriftstück in zweifacher Ausfertigung beizufügen.» Diese Ergänzung des Artikels 8 brachte eine Anpassung von Artikel 5, Absatz 2, mit sich, der gegenwärtig wie folgt lautet: «Ist das zuzustellende Schriftstück in zwei Doppeln übermittelt worden, so ist das Empfangsbekenntnis oder die Bescheinigung auf eines der beiden Stücke zu setzen oder daran zu heften.» Da nun die Zustellung des Schriftstücks in zweifacher Ausfertigung zur Kegel werden soll, wäre der bedingte Wortlaut nicht mehr gerechtfertigt. Der neue Artikel 5, Absatz 2, beschränkt sich deshalb darauf vorzuschreiben, dass der Empfangsschein oder die Bescheinigung «auf eine der beiden Ausfertigungen zu setzen oder daran zu heften» ist.

Vom schweizerischen Standpunkt aus geben die drei erwähnten Änderungen zu keinen Beanstandungen Anlass. Die Vornahme von Handlungen internationaler Bechtshilfe gemäss den Gesetzen des ersuchten Staates ist übrigens ein allgemein anerkannter und durch die Praxis bestätigter Grundsatz. Die Zustellung der Urkunden in zweifacher Ausfertigung
entspricht einer bereits oft ausgeübten schweizerischen Gewohnheit, namentlich im Verhältnis zu Grossbritannien und andern der Übereinkunft von 1905 nicht angehörenden Staaten.

2. Eisuchungsschreiben Auf dem Gebiete der Ersuchungsschreiben bringt die neue Übereinkunft keine Änderungen in die Bestimmungen der Übereinkunft von 1905, deren Artikel 8 bis 16 sie wörtlich übernimmt.

3. Sicherheitsleistung für die Prozesskosten a. Nach dem bisherigen Artikel 17, den die neue Übereinkunft unverändert übernimmt, werden von der Sicherheitsleistung für die Prozesskosten jene Ange-

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hörigen eines der Vertragsstaaten befreit, die in irgend einem der Vertragsstaaten ihren Wohnsitz haben und in einem andern dieser Staaten als Kläger oder Intervenienten vor Gericht auftreten. So ist ein Angehöriger des Vertragsstaates A, der im Vertragsstaate B als Kläger oder Intervenient vor Gericht auftritt, von der Pflicht der Sicherheitsleistung für die Prozesskosten nicht nur dann befreit, wenn er im Staate A oder B domiziliert ist, sondern auch, wenn er in einem Staate C Wohnsitz hat, vorausgesetzt dass dieser Drittstaat ebenfalls der Übereinkunft angehört.

Diese Begelung hat die Vertragsstaaten der Übereinkunft von 1905 voll befriedigt. Es besteht indessen die Gefahr, dass der von der neuen Übereinkunft übernommene Artikel 17 durch den neuen Artikel 32, Absatz l, in seiner Tragweite eingeschränkt werde. Nach dieser Bestimmung kann nämlich jeder Vertragsstaat anlässlich der Unterzeichnung oder der Eatifizierung der vorstehenden Übereinkunft oder anlässlich seines Beitritts sich vorbehalten, «die Anwendung des Artikels 17 auf die Angehörigen der Vertragsstaaten zu beschränken, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt auf seinem Gebiete haben». In Änderung von Artikel 17 könnte somit der Vertragsstaat A, der den in Artikel 32 vorgesehenen Vorbehalt anbringt, die Sicherheitsleistung dem Kläger oder Intervenienten auferlegen, der als Angehöriger des Vertragsstaates B seinen Wohnsitz in B oder im Vertragsstaate C hat.

Die Konferenz nahm Artikel 82, Absatz l, auf Begehren der britischen Delegation an, die darauf hinwies, dass im englischen Eecht jeder nicht in Grossbritannien domizilierte Kläger, selbst wenn er die britische Staatsangehörigkeit besitzt, angehalten werden kann, für die Prozesskosten Sicherheit zu leisten. Die britische Delegation erwähnte, dass sich auch die von Grossbritannien abgeschlossenen zweiseitigen Verträge strikte an das Domizilerfordernis im Prozessstaat halten und vorsehen, dass die Angehörigen des einen Vertragsstaates, sofern sie im andern Staate domialiert sind, in diesem Staate unter den gleichen Bedingungen von der Sicherheitsleistung befreit werden wie die eigenen Staatsangehörigen.

Der Vorbehalt des Artikels 32, Absatz l, stellt somit ein Zugeständnis an Grossbritannieri dar, um diesem Lande den Beitritt zur Übereinkunft zu ermöglichen. Kommt es dazu, so wäre das
Zugeständnis durch die Vereinfachung, welche die neue Übereinkunft im Verkehr mit Grossbritannien brächte, gerechtfertigt. Sollte jedoch dieses Land der Übereinkunft nicht beitreten, so ist wohl nicht zu erwarten, dass andere Staaten vom erwähnten Vorbehalt Gebrauch machen werden.

Natürlich könnte der Staat, der den Vorbehalt anbringt, für seine eigenen Staatsangehörigen keine günstigere Behandlung beanspruchen als die, die er den Angehörigen der andern Vertragsstaaten gewährt. Daher sieht Artikel 32, Absatz 2, richtigerweise vor, in solchem Falle nur die Staatsangehörigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesen andern Staaten haben, dort der Wohltat des Artikels 17 teilhaftig werden zu lassen. Dadurch, dass ein Staat den Vorbehalt anbringt, erhalten also alle andern Vertragsstaaten automatisch das Eecht, den

289 Angehörigen dieses Staates, die nicht auf ihrem Gebiet wohnen, die Wohltat des Artikels 17 zu verweigern.

Der Vorbehalt des Artikels 32 beschränkt sich auf Artikel 17 und berührt in keiner Weise das in den Artikeln 18 und 19 vorgesehene Verfahren für die Vollstreckbarerklärung der Prozesskostenentscheidungen, die gegen den von der Kaution befreiten Kläger oder Intervenienten ergehen. Sollte nun Grossbritannien der Übereinkunft unter dem Vorbehalt in Artikel 32 beitreten, so wäre dieser Staat gleichwohl verpflichtet, Kostenentscheidungen, die zugunsten des vor G-erichten eines andern Staates obsiegenden Beklagten ergehen, kostenlos vollstreckbar zu erklären, wenn der verurteilte Kläger zu dieser Zeit in Grossbritannien wohnt. Auch unter diesem Gesichtspunkt wäre der Beitritt Grossbritanniens zur Übereinkunft wünschenswert. Ferner ist zu bemerken, dass ein anderer Vertragsstaat im Falle eines Beitritts Grossbritanniens unter dem erwähnten Vorbehalt sich nicht auf die britische Staatsangehörigkeit des in einem dritten Vertragsstaate domizilierten Beklagten berufen könnte, um die Vollstreckbarerklärung der gegen den Kläger durch die Gerichte dieses Staates ausgesprochenen Kostenentscheidungen zu verweigern.

t>. Artikel 19 der neuen Übereinkunft unterscheidet sich vom bisherigen Wortlaut durch eine Änderung in Absatz 8 und einen zusätzlichen Absatz 4.

Diese Neuerungen gehen auf Konferenzbeschlüsse aus den Jahren 1925 und 1928 zurück.

Um im Hinblick auf die Vollstreckbarerklärung nachzuweisen, dass der gegen den Kläger ergangene Prozesskostenentscheid in Eechtskraft erwachsen ist, genügt nach dem Wortlaut des geltenden Absatzes 8 eine Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates. Dieser Wortlaut führte zu Schwierigkeiten, da es in gewissen Staaten keine Behörde gibt, die für die Erteilung einer solchen Erklärung als zuständig bezeichnet wird, und weil in andern Staaten zufolge einer wörtlichen Auslegung der Übereinkunft diese Erklärung, unter Ausschluss aller andern Belege, als allein zulässiges Beweismittel der erlangten Eechtskraft betrachtet wird. Um in Zukunft ähnliche Schwierigkeiten zu vermeiden, war es gegeben, Absatz 3 bestimmter zu fassen. Die neue Bestimmung stellt deshalb ausdrücklich fest, dass der erforderliche Nachweis entweder durch die erwähnte Erklärung «oder durch
die Vorlegung gehörig beglaubigter Urkunden, die dartun, dass die Entscheidung in Eechtskraft erwachsen ist», erbracht werden kann. Darunter fallen Schriftstücke, die beispielsweise nachweisen, dass der Entscheid dem in die Prozesskosten verurteilten Kläger ordnungsgemäss zugestellt wurde und dass dieser seither die gesetzlichen Eekursfristen unbenutzt ablaxifen liess.

Obwohl der gegen den Kläger ergangene Prozesskostenentscheid den Beklagten wenigstens grundsätzlich für die durch den Prozess verursachten Kosten und für den dadurch erlittenen Schaden voll entschädigen sollte, enthält die gegenwärtige Übereinkunft aber keine Bestimmung, die es dem Beklagten erlauben würde, sich gewisse zusätzliche Spesen (Ü bersetzungs- und Beglaubigungs-

290 kosten) vergüten zu lassen, die er anlässlich der Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung bestreiten muss. Glücklicherweise -wird nun die neue Übereinkunft diese Lücke dank Artikel 19, Absatz 4, ausfüllen. Nach dieser Bestimmung ist es Sache der Exequaturbehörde, auf Antrag des Interessierten die Höhe dieser Spesen, die- dann ebenfalls als Prozesskosten gelten, zu bestimmen. Zu beachten ist, dass schon der schweizerisch-türkische Vertrag vom I.Juni 1933 über den Eechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen (ES 12, 341 ; Art. 3, letzter Absatz) die gleiche Bestimmung aufgenommen hat.

4. Armenrecht

Auf dem Gebiete des Armenrechts sind jene Neuerungen aufgenommen worden, welche die Konferenz an ihrer Tagung vom Jahre 1928 beschlossen und in ihrem Entwurf eines Zusatzabkommens zur Übereinkunft von 1905 vorgesehen hatte. Diese Neuerungen suchen die bisherige Bcgelung in gewissen Punkten zu verbessern, ohne jedoch deren Grundprinzip zu ändern, wonach den Angehörigen der andern Vertragsstaaten ohne Bücksicbt auf ihren Wohnsitz die gleiche Behandlung wie den eigenen Staatsangehörigen zugesichert wird, damit der Bedürftige des Bechts, vor Gericht aufzutreten, nicht allein seiner Ausländereigenschaft wegen verlustig gohe.

Dieses Prinzip wird in Artikel 20, Absatz l, verankert, nach welchem die Angehörigen eines jeden der Vertragsstaaten in allen andern Vertragsstaaten unter denselben gesetzlichen Bedingungen und Voraussetzungen zum Armenrecht zugelassen werden wie die Angehörigen des Staates, in dessen Gebiete die Bewilligung des Armenrechts nachgesucht wird. Der neue Text unterscheidet sich vom bisherigen nur darin, dass die Worte «in Zivil- und Handelssachen» vorangesetzt werden, eine Präzisierung, die sich wegen des neuen Absatzes 2, der das Armenrecht auch auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausdehnt, als nötig erwies.

Die Konferenz hielt diese Erweiterung für notwendig, weil die laut ihrem Titel nur auf Zivilsachen anwendbare Übereinkunft von 1905 gewisse Staaten, deren Gesetzgebung die unentgeltliche Bechtspflege für Bedürftige auch im Verwaltungsgerichtsverfahren kennt, keineswegs verpflichtet, Klägern ausländischer Nationalität diese B-echtswohltat zuzugestehen. Die neue Übereinkunft bringt somit einen Fortschritt in der Verallgemeinerung des Armenrechts, indem sie . diese Wohltat bedürftigen Ausländern auch in Verwaltungsgerichtssachen zubilligt, wenigstens in denjenigen Vertragsstaaten, die das Armenrecht im Verwaltungsgerichtsverfahren kennen und es den eigenen Staatsangehörigen zugestehen.

Artikel 22, Absatz 2, wurde ergänzt, um zu vermeiden, dass einem ausländischen Staatsangehörigen das Armenrecht allein wegen eines wahrscheinlich heilbaren Mangels der Belege zu seinem Gesuch verweigert werde; ein solcher Mangel kann zum Beispiel darin bestehen, dass das im Heimatstaat des Gesuchstellers ausgestellte Armutszeugnis den vom Prozeßstaat verlangten Erfordernissen nicht entspricht. Nach Ansicht der Konferenz weist der bisherige Text nicht mit genügender Klarheit darauf hin, dass die zuständige Behörde ein

291 irgendwie mangelhaftes Armenrechtsgesuch nicht einfach von vornherein abweisen, sondern in allen Fällen, in denen der Mangel vermutlich behoben werden kann, nach Möglichkeit weitere Auskunft einholen soll. Um die Aufgabe der Behörde, die über das Armenrechtsgesiieh zu entscheiden hat, näher zu umschreiben, erwähnt nun der neue Wortlaut ausdrücklich, dass sie «sich zur ausreichenden Unterrichtung ergänzende Aufschlüsse geben» lassen kann. Diese Befugnis der Behörde ist auch schon im vorgenannten schweizerisch-türkischen Vertrag vorgesehen (Art. 6, Abs.2).

Der vollständig heue Artikel 23 erleichtert den Bedürftigen, die in einern andern als ihrem Wohnsitzstaat prozessieren wollen, dio Übermittlung des Armenrechtsgesuches und dessen Beilagen an die Behörden des Prozeßstaates.

Da die Übereinkunft von 1905 nichts ähnliches vorsah, kam es nämlich vor, dass .

Bedürftige grosse Schwierigkeiten hatten, mit der zuständigen Behörde des Prozeßstaates in Verbindung zu treten. Xach Absatz l der neuen Bestimmung liegt es nun dem Konsul des Heimatstaates des Bedürftigen ob, das Armenrechtsgesach der «zum Entscheid zuständigen oder der von dem Staat, in dem der Antrag behandelt werden soll, bezeichneten Behörde» zu übermitteln. Je nachdem der Bedürftige, der im Ausland prozessieren will, in seinem Heimatstaat oder in einem Drittstaat wohnt, wird die Übermittlung des Gesuchs also dem beim Prozeßstaat oder beim Drittstaat akkreditierten Konsul obliegen.

Die Frage dagegen, an welche Behörde des Wohnsitzstaates der Bedürftige sein Gesuch im Hinblick auf die Übermittlung an den zuständigen Konsul im Ausland zu richten hat, hängt von der internen Organisation eines jeden Staates ab und wird richtigerweise in der Übereinkunft nicht geregelt.

Absatz 2 erklärt gewisse Bestimmungen über die Ersuchungsschreiben auch auf die Übermittlung von Armenrechtsgesuehen anwendbar und gibt dadurch nützliche Angaben über die Regelung dieser Übermittlung.

Artikel 24 bezieht sich auf den Fall, in dem die Durchführung dos Prozesses, wofür dem Angehörigen eines Vertragsstaates das Armenrecht gewährt wurde, die Bechtshilfe eines andern Vertragsstaates erfordert. Vorgesehen ist, dass die durch die Zustellungen jeglicher Art und die Erledigung der Ersuchungsschreiben entstehenden Auslagen vom Staat, der diese Bechtshilfohandlungen
vornimmt, zu tragen sind, mit Ausnahme der an Sachverständige bezahlten Entschädigungen, die ihm der Prozeßstaat vergüten rnuss, Artikel 24 vereinfacht die Übereinkunft von 1905, deren Artikel 23 die Vergütung nicht nur der an Sachverständige bezahlten Entschädigungen vorschreibt, sondern auch der Kosten für Zustellungen in einer besondern Form und der den Zeugen entrichteten Entschädigungen. Die Konferenz hat mit Eecht erkannt, dass die neue Übereinkunft die Vergütung anderer Kosten als die an Sachverständige entrichteten Entschädigungen ohne Bedenken ausschliessen kann; aus ihren Beratungen geht nämlich hervor, dass diese Kosten meistens gering sind und sich früher oder später in den Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen Staaten ausgleichen.

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5. Kostenfreie Abgabe von Auszügen aus den Zivilstandsregistern Artikel 25 ist freilich eine Neuerung, die über das Gebiet des prozessualen Armeiirechts hinausgeht. Die Konferenz fand es jedoch nützlich, in der neuen Übereinkunft die kostenlose Abgabe von Auszügen aus den Zivilstandsregistern an Bedürftige vorzusehen und dabei auch den Grundsatz der Gleichbehandlung von Einheimischen und Ausländern anzuwenden. Die neue Bestimmung verfügt ferner, dass Bedürftige die zu ihrer Elleschliessung erforderlichen Ausweise kostenfrei beglaubigen lassen können.

Vom schweizerischen Standpunkt aus kann der Artikel 25 ohne Bedenken angenommen werden. Die Zivilstandsverordnung vom 1. Jum'1958 sieht nämlich, ohne zwischen Schweizern und Ausländern zu unterscheiden, bereits vor, dass Kegisterauszüge an Bedürftige kostenlos abzugeben sind (Art. 179). Auch unsere diplomatischen und konsularischen Vertretungen können nach einer Weisung des Politischen Departements über die Anwendung des Gebührentarifs den schweizerischen und ausländischen Bedürftigen alle Beglaubigungsgebühren ganz oder teilweise erlassen. Die Schweiz hat übrigens mit einigen Staaten zweiseitige Verträge abgeschlossen, nach denen die im einen Vertragsstaate ausgestellten Zivilstandsausweise zur Verwendung im andern Staate keiner Beglaubigung bedürfen, 6. Personalhaft Artikel 26 entspricht wörtlich dem Artikel 24 der Übereinkunft von 1905.

Diese Bestimmung wird in der neuen Übereinkunft beibehalten, weil die unserem ordre public (Art. 59, Abs. 3, BV) widersprechende Personalhaft (Schuldhaft) in gewissen Staaten, namentlich in Grossbritannien und in den Niederlanden, heute noch - wenn auch selten - angewendet wird. Die niederländische Gesetzgebung lasst sie gegenüber Ausländern sogar in weitergehendem Masse zu als gegenüber Inländern. Indem den Angehörigen der andern Vertragsstaaten die gleiche Behandlung zugesichert wird wie den eigenen Staatsangehörigen, schützt sie die Übereinkunft wenigstens vor jeder durch die Verschiedenheit der Staatsangehörigkeit bedingten Diskriminierung.

7. Schlussbestimmungen Die Schlussbestimmungen sind vielfach abgeändert worden, in erster Linie, um sie den heutigen Verhältnissen anzupassen. Es konnte zum Beispiel nicht in Frage-kommen, eine Bestimmung beizubehalten (vgl, den bisherigen Art. 28), die das Inkrafttreten
der neuen Übereinkunft von der Eatifizierung aller Staaten abhängig gemacht hätte, welche die Übereinkunft von 1905 ratifiziert haben oder ihr beigetreten sind, existieren doch gewisse dieser Staaten (ehemalige baltische Staaten, Danzig) heute überhaupt nicht mehr als solche.

Nach den Artikeln 27 und 28 kann die Übereinkunft durch die an der 7. Tagung der Konferenz (1951) vertretenen Staaten unterzeichnet und ratifiziert werden; sie tritt 60 Tage nach der Hinterlegung der 4. Batifikationsurkunde in Kraft.

293 Artikel 29 präzisiert, die neue Konvention werde in den Beziehungen zwischen den Staaten, die sie ratifizieren, die Übereinkunft von 1905 ersetzen.

Daraus folgt, dass die Übereinkunft von 1905 einerseits zwischen den Staaten, welche die neue Übereinkunft nicht ratifizieren, und anderseits zwischen den Staaten, die sie ratifizieren und denen, die sie nicht ratifizieren, in Kraft bleiben wird.

Artikel 80 bezieht sich auf den Fall, wo ein Vertragsstaat den Anwendungsbereich der Übereinkunft auf Gebiete, «deren internationale Beziehungen er wahrnimmt», auszudehnen wünscht.

Artikel 81 regelt den Beitritt von Staaten, die an der 7. Tagung der Konferenz nicht vertreten waren. Um ihre eigene Einheit zu wahren, hielt es die Konferenz für angebracht, in der Übereinkunft zu bestimmen, dass der Einspruch eines Staates, der die Übereinkunft ratifiziert hat, genügen würde, den Beitritt eines neuen Staates zu verhindern.

Artikel 32 betrifft den Vorbehalt, von dem im Zusammenhang mit Artikel 17 (Sicherheitsleistung für. die Prozesskosten) bereits die Eede war.

Endlich bestimmt Artikel 33 insbesondere, dass die Übereinkunft vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an für die Dauer von fünf Jahren gilt und, vorbehaltlich Kündigung wenigstens sechs Monate vor Ablauf der Frist, stillschweigend von fünf zu fünf Jahren erneuert wird.

Zusammenfassend halten wir fest, dass die revidierte Übereinkunft die bisherige Eegelung in mancher Hinsicht verbessert und vereinfacht und damit auf einem besonders verwickelten Gebiet der internationalen Bechtsbeziehungen einen bemerkenswerten Fortschritt bringt. Wir empfehlen Ihnen deshalb, die Übereinkunft zu genehmigen.

II.

1. In Erkenntnis der Notwendigkeit, die aus der Mannigfaltigkeit ihrer nationalen Privatrechtsgesetzgebungen sich ergebenden Nachteile zu verringern, haben 13 Staaten, darunter auch die Schweiz, im Jahre 1898 eine Einladung der niederländischen Begierung angenommen, sich im Haag zu einer Konferenz zusammenzufinden, die, wie aus der offiziellen Bezeichnung der Konferenz hervorging, verschiedene Gebiete des internationalen Privatrechts regeln sollte (Conférence de La Haye chargée de réglementer diverses matières de droit international privé). Die Absicht dieser Staaten war, zwecks Lösung von Gesetzeskollisionen ihre Delegierten - alles Sachverständige des internationalen Bechts multilaterale Abkommen entwerf eu. «u lassen, welche in Fällen, wo verschiedene Landesgesetzgebungen für ein und dasselbe Bechtsverhältnis Geltung beanspruchen, die allein anwendbare Bechtsordnung bestimmen sollten.

Die Teilnehmerstaaten waren sich der Schwierigkeiten dieser Aufgabe bewusst und ahnten wohl, dass eine einzige Zusammenkunft ihrer Delegierten nicht genügen würde, das angestrebte Ziel auch nur teilweise zu erreichen. Tatsächlich waren denn auch vier Zusammenkünfte notwendig (1893, 1894, 1900 und 1904), um zur Begelung einiger Materien aus dem Familien-, Erb- und

294 Zivilprozessrecht zu gelangen. Von den aufgestellten Abkommensentwürfen wurden sechs von mehreren Staaten ratifiziert. Die Schweiz ratifizierte deren vier (BEI 1898, II, 756; 1904, V, 869). Seit Kündigung des Ehescheidungsabkommens im Jahre 1929 (AS 1929, 215) gehört unser Land noch den drei Haager Abkommen über die Eheschliessung (BS 11, 795), die Vormundschaft über Minderjährige (BS 11, 800) und das Zivilprozessrecht an.

Grosse und Schwierigkeit der Aufgaben, welche den im Haag vereinigten Begierungsvertretern zugewiesen waren, liessen schon bald den Gedanken aufkommen, die «Haager Konferenz für internationales Privatrecht» als ständige internationale Institution zu erachten. Aber erst anlässlich der S.Zusammenkunft der Delegierten im Jahre 1925 begann diese Idee Eugs zu fassen, indem nicht mehr von der «5.Haager Konferenz für internationales Privatrecht», sondern von der «5. Tagung» der Konferenz die Eede war. Die Kontinuität der Institution kam damit klar zum Ausdruck. Dies war auch der Fall, als an der 6. Tagung vom Jahre 1928 die Konferenz, welche sich dem Studium der Gesetzeskollisionen im internationalen Kaufsrecht zugewandt hatte, einen Sonderausschuss beauftragte, im Hinblick auf die 7.Tagung einen Abkommensentwurf auszuarbeiten. Dieser Ausschuss trat 1931 zusammen und erfüllte seine Aufgabe, aber die 7.Tagung der Konferenz konnte erst im Oktober 1951 stattfinden.

Die Tatsache, dass die Tagungen der Konferenz mit Unterbrechungen und unter zwei Malen wegen des politischen Weltgeschehens sogar in Abständen von mehr als zwanzig Jahren (1904-1925; 1928-1951) stattfanden, wies jedoch zur Genüge darauf hin, dass der ständige Charakter der Konferenz stark vom Zufall abhängig war. In der Besorgnis, die Zukunft der Konferenz zu sichern, sah sich denn auch die niederländische Begiemng veranlagst, an der 7. Tagung vorzuschlagen, die Grundlagen der Institution durch Schaffung eines Statuts zu festigen. Dieser holländische Vorschlag war um so mehr gerechtfertigt, als der Europarat, bestrebt den Abschluss von Vereinbarungen auf dem Gebiete der Gesetzeskollisionen zu fördern, sich einverstanden erklärt hatte, auf die Vorbereitung eigener Abkommensentwürfe, die eher in den Aufgabenbereich der Konferenz fallen, zu verzichten. Dies bedeutete aber für die Konferenz die Notwendigkeit, ihre Arbeiten
auch zwischen den Tagungen weiterzuführen und während dieser Zeit eine ständigere, nach aussen deutlicher in Erscheinung tretende Gestalt anzunehmen.

Obwohl der holländische Vorschlag nicht formell auf das Programm der 7. Tagung gesetzt worden war, stimmte ihm die aus Vertretern von 16 Staaten gebildete Konferenz zu und nahm am 31, Oktober 1951 den Entwurf zu eiriem «Statut der Haager Konferenz für internationales Privatrecht» an.

2. Artikel l des Statuts erinnert vorerst an die Aufgabe der Haager Konferenz, die darin besteht, an der fortschreitenden Vereinheitlichung der Begeln des internationalen Privatrechts zu arbeiten.

Der zwischenstaatliche Charakter der Konferenz geht aus Artikel 2 hervor, nach welchem diejenigen Staaten Konferenzmitglieder sind, die bereits an einer oder mehreren Tagungen der Konferenz teilgenommen haben und deren Statut

295 annehmen. Andere Staaten, «deren Teilnahme für die Arbeiten der Konferenz von juristischem Interesse ist», können Mitglieder werden, wenn ihre Zulassung auf Vorschlag wenigstens eines der Mitgliedstaaten mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem Tage, an dein den Regierungen dieser Vorschlag zugegangen ist, beschlossen wird.

Während bisher die Plenarversammlung das einzige Organ der Konferenz war, sieht Artikel 3 zwei neue Organe vor, nämlich die « Niederländische Staatskommission», die schon durch Königliches Dekret vom 20.Februar 1897 zur Förderung der Kodifizierung des internationalen Privatrechts geschaffen worden war, und ein «Ständiges Büro».

Wenn die Konferenz boi der Schaffung eines ihrer Organe vorzog, eine bereits bestehende holländische Einrichtung gewissermassen zu internationalisieren, statt als leitendes Organ eine aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehende internationale Kommission einzusetzen, so geschah dies nicht nur aus Sparsamkeitsgründen, sondern ebensosehr um sich auch in Zukunft die Mitwirkung dieser Niederländischen Staatskommission zu sichern, die durch fachgemässe und objektive Vorbereitung und Organisation der verschiedenen Tagungen das Vertrauen der Konferenz verdient hat. Übrigens konnte die Niederländische Staatskommission um so eher beibehalten werden, als Artikel 9 des Statuts -- wie weiter unten erwähnt wird -- noch ein weiteres ausgesprochen internationales Organ der Konferenz vorsieht, nämlich die jährliche Zusammenkunft der diplomatischen Vertreter der Mitgliedstaaten im Haag, deren Kompetenzen freilich auf finanzielle Fragen beschränkt sind.

Als leitendes Organ der Konferenz sorgt die Niederländische Staatskommission für den Fortgang der Arbeiten und bereitet Tagungen vor, deren Zeitpunkt und Tagesordnung sie nach Befragung der Mitgliedstaaten festsetzt. Für die Einberufung der Mitgliedstaaten wendet sie sich an die holländische Begierung.

Die ordentlichen Tagungen sollen grundsätzlich alle vier Jahre stattfinden.

Die Staatskommission wird in der Erfüllung ihrer Aufgabe durch das Ständige Büro unterstützt, das vom Standpunkt der Kontinuität der Arbeiten der Konferenz und der Beständigkeit ihrer Organisation als wichtigste Neuerung zu bezeichnen ist. Artikel 4 bestimmt Den Haag als Sitz des Büros und
beschränkt seine Zusammensetzung auf einen Generalsekretär und zwei Sekretäre, die verschiedenen Staaten angehören müssen und die von der niederländischen Begierung auf Vorschlag der Staatskommission ernannt werden; immerhin besteht die Möglichkeit, nach Befragung der Mitgliedstaaten .die Zahl der Sekretäre zu erhöhen. Nach den Artikeln 5 und 7 ist das Ständige Büro unter der Leitung der Staatskommission besonders damit beauftragt, die Tagungen der Konferenz sowie die Sitzungen der Sonderausschüsse - welche die Konferenz oder die Staatskommission selbst zwischen den Tagungen zur Ausarbeitung von Abkommensentwürfen oder Behandlung anderer Fragen einberufen kann vorzubereiten und zu organisieren. Sache des ständigen Büros ist es auch, die Sekretariatsarbeiten der Konferenz und der Sonderausschüsse zu besorgen.

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Zur Erleichterung des Verkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dem Ständigen Büro schreibt Artikel 6 einer jeden Eegierung vor, ein «innerstaatliches Organ» («organe national») zu bezeichnen, mit dem das Ständige Büro direkt korrespondieren kann.

Das Ständige Büro wird auch mit den «zuständigen internationalen Organisationen» verkehren können, worunter insbesondere die auf dem Gebiete der Gesetzeskonflikte spezialisierten Institutionen zu verstehen sind, so das «Institut de droit international», die «International Law Association», die «Chambre de commerce internationale» oder das «Institut international de Borne pour l'unification du droit privé». Es liegt ja im Interesse der Konferenz, sich über die Arbeiten dieser Organisationen zu erkundigen und wenn möglich mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Die Artikel 8, 9 und 10 des Statuts regeln die Kostenfrage der neuen Organisation. Wie bisher sind die durch ordentliche Tagungen der Konferenz verursachten Kosten von der niederländischen Begierung, Beise- und Aufenthaltskosten der Delegierten dagegen von den einzelnen Begierungen zu tragen. Alle andern Kosten, namentlich Betriebs- und Unterhaltskosten des Ständigen Büros, werden unter die Mitgliedstaaten verteilt (die Kosten der ausserordentlichen Tagungen dagegen nur unter die daran teilnehmenden Staaten). Die Art und Weise der Kostenverteilung wird durch die im Haag akkreditierten diplomatischen Vertreter der Mitgliedstaaten bestimmt, die auch zuständig sind, den Voranschlag der Konferenz zu prüfen und zu genehmigen. Zu diesem Zwecke treten sie alljährlich unter dem Vorsitz des niederländischen Ministers für auswärtige Angelegenheiten zusammen.

Die Bestimmungen der Artikel 11 bis 1.3 betreffen die subsidiare Anwendung der Konferenzbräuche sowie die Änderung des Statuts und den Erlass eines Beglements, welches das Statut ergänzen und dessen Durchführung sicherstellen soll.

Laut Artikel 14 steht das Statut allen Staaten, die an einer oder mehreren Tagungen der Konferenz teilgenommen haben, zur Annahme offen und tritt in Kraft, sobald es von der Mehrheit der an der T.Tagung vertretenen Staaten angenommen ist.

Endlich sieht Artikel 15 vor, jeder Mitgliedstaat könne das Statut nach Ablauf einer Frist.von fünf Jahren, vom Tage seines Inkrafttretens an gerechnet, jedoch sechs Monate vor Ablauf des Rechnungsjahres
der Konferenz, kündigen.

3. Nachdem die an der T.Tagung der Konferenz vertretenen Begierungen von der niederländischen Begierung eingeladen worden waren, sich zum Statutentwurf zu äussern, haben wir ihn, gestützt auf zustimmende Berichte der interessierten Departemente, am 18. Juli 1954 genehmigt. Unsere Genehmigung hatte jedoch noch keine völkerrechtliche Bindung bewirkt, sondern, gleich wie die Unterzeichnung anderer internationaler Abkommen, lediglich der endgültigen Festlegung des Textes gedient. Damit die Schweiz Mitglied der Konferenz werde, bedarf es noch, nach Artikel 14, Absatz 2, des Statuts, einer bei der niederländischen Begierung zu hinterlegenden formellen Annahmeerklärung,

297 Da das Statut vom Standpunkt unseres öffentlichen Rechts (Art. 85, Ziff. 5, BV) als ein internationales Abkommen betrachtet werden muss, das unserem Lande neue Verpflichtungen, namentlich solche finanzieller Natur auferlegt, kann aber nur dessen Genehmigung durch die Bundesversammlung uns ermächtigen, die erwähnte - anstelle einer Ratifikation tretende - Annahmeerklärung zu hinterlegen.

4. Bis zum 15. Juli 1955 haben 9 der 16 an der 7. Tagung der Konferenz vertretenen Staaten eine Annahmeerklärung des Statuts hinterlegt. An diesem Datum ist somit das Statut gemäss Artikel 14 in Kraft getreten. Gegenwärtig sind 15 Staaten Konferenzmitglieder, nämlich Belgien, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Finnland, Griechenland, Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Irland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien und die Türkei. Andere Staaten, namentlich Frankreich und Italien, deren Regierungen das Statut genehmigt haben, werden ihre Annahmeerklärung vermutlich bald hinterlegen.

5. Der Staat, der, um Mitglied der Konferenz zu werden, das Statut annimmt, verpflichtet sich einerseits, das in Artikel 6 vorgesehene innerstaatliche Organ zu bezeichnen, andererseits die aus den Artikeln 8 und 9 sich ergebenden Jahresbeiträge zu leisten. Andere Verpflichtungen übernimmt er nicht; indessen hat er an die Bestreitung der Kosten der ausserordentlichen Tagungen, an denen er sich vertreten lässt, beizutragen (vgl. Art. 3, letzter Absatz, und 10, Abs. 2).

Tritt auch die Schweiz dem Statut bei, so werden wir die Justizabteilung des Justiz- und Polizeidepartementes als innerstaatliches Organ im Sinne von Artikel 6 bezeichnen. Diese Abteilung scheint uns als zum Verkehr mit dem Ständigen Büro der Konferenz geeignet, da es wegen ihrer Befugnisse auf dem Gebiete des Zivil- und Prozessrechts (Art. 81 des Bundesgesetzes vom 26.März 1914 über die Organisation der Bundes Verwaltung; BS l, 261) meistens ihr obliegt, die durch die Mitwirkung der Schweiz am Konferenzwerk bedingten Anordnungen vorzuschlagen oder zu ergreifen.

Aus den Beratungen der 7. Tagung der Konferenz (vgl.« Actes», S. 314ff.) geht hervor, dass die Regierungsdelegierten bei der Ausarbeitung des Statuts ständig darauf bedacht waren, übermässigeReorganisationskosten zu vermeiden. Sie wollten namentlich
verhindern, dass das Ständige Büro die Ausmasse eines umfangreichen Sekretariats annehme. Der Wille, die Ausgaben zu beschränken, bekundete sich auch am 26. August 1955 an der ersten Versammlung des Rates der diplomatischen Vertreter, die nach Artikel 9 beauftragt sind, über den Voranschlag der Konferenz zu beschliessen und die Verteilung der den Mitgliedstaaten überbundenen Kosten festzulegen. An dieser Versammlung, an der unser Land durch einen Beobachter vertreten war, wurde der Entwurf zu einem Voranschlag für 1955/56 nach sorgfältiger Prüfung erst genehmigt, nachdem der durch die niederländische Eegierung gemäss Artikel 4 des Statuts neuernannte Generalsekretär des Ständigen Büros - der Holländer M. H. van Hoogstraten - erklärt hatte,

298 er werde bei der Verwendung der vorgesehenen Auslagen höchst vorsichtig vorgehen.

Der für das Eechnungsjahr 1955/56 genehmigte Voranschlag sah Totalausgaben im Betrage von 199 700 Gulden (rund 232 000 Franken) vor. Nachdem der Eat der diplomatischen Vertreter auf Vorschlag der niederländischen Eegierung beschlossen hat, diese Auslagen gemäss dem Schlüssel des Weltpostvereins - der den wirtschaftlichen Möglichkeiten der verschiedenen Länder angemessen Bechnung trägt - zu verteilen, entfällt auf die Schweiz für das Eechnungsjahr 1955/56 (15 Einheiten von 289) ein Kostenanteil von rund 12 000 Franken. Es ist nicht zu erwarten, dass die kommenden Jahresbeiträge der Schweiz diesen Betrag übersteigen werden. Jedenfalls sieht der am 26. Juli 1956 vom Eat der diplomatischen Vertreter, genehmigte zweite Voranschlag der Konferenz für das Eechnungsjahr 1956/57 Gesamtausgaben vor, die mit 180 800 Gulden unter denjenigen des ersten Voranschlages liegen; der schweizerische Beitrag für dieses Eechnungsjahr verringert sich somit auf rund 11 000 Franken.

Zu beachten ist, dass obige Berechnung unseres Beitrages an die Konferenzkosten deren Verteilung unter 20 Staaten voraussetzt (d. h. insgesamt 289 Einheiten gemäss dem Verteilungsschlüssel des Weltpostvereins). Obwohl gegenwärtig erst 15 Staaten Mitglieder der Konferenz sind, glaubte der Eat der diplomatischen Vertreter mit der niederländischen Eegierung annehmen zu dürfen, dass bald weitere fünf Staaten, darunter die Schweiz, dem Statut der Konferenz beitreten würden. Er erachtete es deshalb als angebracht und billig, dass sich auch diese Staaten an den Gesamtkosten der neugestalteten Konferenz beteiligen, namentlich auch an den im ersten Voranschlag vorgesehenen Auslagen, unter denen sich der grosste Teil der Einrichtungskosten des Ständigen Büros befindet.

Mit Schreiben vom S.Mai 1956 teilte der Generalsekretär des Ständigen Büros unserer Gesandtschaft im Haag mit, die schweizerische Eegierung würde der Konferenz einen wertvollen Dienst erweisen, wenn sie, wie es die französische Eegierung getan hat, schon vor der formellen Annahmeerklärung des Statuts ihren Beitrag für das Eechnungsjahr 1955/56 entrichtete. Da ein Betriebskapital fehlt und das Ständige Büro zur Erfüllung der ihm gestellten Aufgaben auf die rasche Einzahlung der Jahresbeiträge angewiesen
ist, versteht sich der Schritt des Generalsekretärs umso eher, als die niederländische Eegierung auf Vorschlag der Staatskommission im .März 1956 einen jungen Schweizerjuristen - Herrn von Overbeck, aus Freiburg - zur Besetzung eines der beiden Sekretärposten des Ständigen Büros ernannt hat (vgl. Art. 4 des Statuts).

Deshalb werden wir Ihnen in unserer'Botschaf t über den II. Teil der Nachtragskreditbegehren für 1956 beantragen, uns unter neuer Eubrik der Justizabteilung des Justiz- und Polizeidopartements einen Kredit von 12 000 Franken zu eröffnen, als Beitrag der Schweiz an die Kosten des ersten Eechnungsjahres (1955/56) der Haager Konferenz. Den Kostenbeitrag für das zweite Eechnungs-

299

jähr (1956/57) hat das Justiz- und Polizeidepartement im Hinblick auf den Voranschlag des Bundes für das Jahr 1957 bereits angemeldet.

6. Die Schweiz hat seit 1893 an allen Tagungen der Haager Konferenz für internationales Privatrecht teilgenommen. Dank ihrer traditionellen Politik der Achtung vor dem Kecht und dem immer -wieder bezeugten Willen, mit ihren bescheidenen Mitteln an der Vervollkommnung der internationalen Bechtsordnung mitzuwirken, erfreut sich die Schweiz in den Kreisen der Konferenz einer Wertschätzung, zu der auch unsere bisherigen Delegierten dank ihrer besonderen Eignung wesentlich beigetragen haben. Diese schöpfen übrigens aus den Konferenzberatungen und aus den mit den Delegierten anderer Staaten angeknüpften Beziehungen eine wissenschaftliche Bereicherung, von der das ganze schweizerische Kechtsdenken Nutzen zieht. Die Haager Konferenz gefällt sich aber nicht in ausschliesslich wissenschaftlichen Forschungen, sondern beschäftigt sich in erster Linie mit juristischen Fragen von praktischer Wichtigkeit. Um sich hievon zu überzeugen, genügt ein Blick auf einige der in denletzten Tagungen behandelten Materien: Erbrecht und Testament, Vollstreckung ausländischer Zivilurteile, Konkurs, internationaler Kaufvertrag, Unterhaltspflicht. Der Entwurf zu einer «convention sur la loi applicable aux ventes à caractère international d'objets mobiliers corporels» (Abkommen über das bei internationalem Kauf von beweglichen körperlichen Gegenständen anwendbare Keeht), der aus der 7. Tagung hervorgegangen ist, interessiert ganz besonders den internationalen Handel. Wenn ihn eine beträchtliche Anzahl von Staaten annimmt, wird er die Nützlichkeit der Haager Konferenz bestätigen und ihre Lebensfähigkeit auf längere Zeit sichern.Die 8. Tagung der Konferenz, die vom 8. bis 24. Oktober 1956 stattfindet und an der auch die Schweiz teilnimmt, wird sich auch noch mit weiteren Fragen des internationalen Kaufsrechts befassen (Eigentumsübergaug und Gerichtszuständigkeit).

Das neue Statut der Konferenz bietet gewisse Vorteile, die nicht zu unterschätzen sind. Es sichert den Fortbestand der Institution und ermöglicht dank der Errichtung des Ständigen Büros eine gründlichere Vorbereitung der Arbeit der Konferenz und der sich zwischen den Tagungen versammelnden Sonderausschüsse. Die Mitwirkung von zwei
nichtholländischen Juristen im Ständigen Büro im Haag wird unseres Erachtens auch einen glücklichen Einfluss auf die Grundkonzeption der Vorbereitungsarbeiten haben. Letzton Endes wird es die Schaffung nationaler Organe dem Ständigen Büro ermöglichen, die Wünsche der einzelnen Mitgliedstaaten über die auf das Programm der Konferenztagungen zu setzenden Verhandlungsgegenstände besser zu ermitteln.

Mit dem Entschluss, in Zukunft an den Arbeiten der Konferenz auch als Mitgliedstaat mitzuwirken, wird die Schweiz einmal mehr bezeugen, dass sie im Eahmen ihrer Mittel gewillt ist, im. Schosse der Völkergemeinschaft ihre Eolle zu spielen und die entsprechenden Pflichten zu übernehmen. Aus diesen Gründen empfehlen wir Ihnen, das «Statut der Haager Konferenz für internationales Privatrecht» zu genehmigen.

300

Die Geltungsdauer der revidierten internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht ist auf 5 Jahre festgesetzt, jene des Statuts der Haager Konferenz für internationales Privatrecht dagegen unbegrenzt. Das Statut ist aber, wie die Übereinkunft, vor Ablauf von 15 Jahren kündbar. Der Bundesbeschluss, dessen Entwurf wir Ihnen in der Beilage unterbreiten, ist daher dem im Artikel 89, Absatz 3, der Bundcsverfassung vorgesehenen fakultativen Beferendum nicht unterstellt.

Wir beantragen Ihnen, diesen beiden internationalen Vereinbarungen durch Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes Ihre Zustimmung zu erteilen, und wir benützen diese Gelegenheit, Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 24.September 1956, Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Feldmann Der Bundeskanzler : Ch. Oser

801

(Entwurf)

Bimdesbeschluss über

die Genehmigung der revidierten internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht und des Statuts der Haager Konferenz für internationales Privatrecht

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 24. September 1956, beschliesst:

Art. l Die revidierte internationale Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vom I.März 1954 wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, die Übereinkunft zu ratifizieren.

Art. 2 Das Statut der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vom 31. Oktober 1951 wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, bei der niederländischen Eegierung eine Annahmeerklärung dieses Statuts zu hinterlegen.

2788

Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. II.

22

802 Übersetzung aus àem französischen Originaltext

Übereinkunft betreffend Zivilprozessreckt Die Signatarstaaten dieser Übereinkunft, vom Wunsche geleitet, an der Übereinkunft vom 17. Juli 1905 betreffend Zivilprozessrecht die nach der Erfahrung gebotenen Verbesserungen vorzunehmen, haben zu diesem Zweck den Abschluss einer neuen Übereinkunft beschlossen und die nachstehenden Bestimmungen vereinbart : I. Mitteilung gerichtlicher und aussergerichtlicher Urkunden Art. l In Zivil- oder Handelssachen erfolgt die Zustellung von Schriftstücken, die für eine im Auslande befindliche Person bestimmt sind, in den Vertragsstaaten auf ein Begehren, das der Konsul des ersuchenden Staates an die vom ersuchten Staate zu bezeichnende Behörde richtet. Das Begehren hat die Behörde, von der das übermittelte Schriftstück ausgeht, den Namen und die Stellung der Parteien, die Adresse des Empfängers sowie die Art des in Eede stehenden Schriftstücks anzugeben und muss in der Sprache der ersuchten Behörde abgefasst sein. Diese Behörde hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, welche die Zustellung nachweist oder den die Zustellung hindernden Umstand angibt.

Alle Anstände, zu denen das Zustellungsbegehren des Konsuls Anlass geben mag, sind auf diplomatischem Wege zu erledigen.

Jeder Vertragsstaat kann in einer an die andern Vertragsstaaten gerichteten .Mitteilung erklären, er verlange, dass das Begehren einer in seinein Gebiete zu bewirkenden Zustellung, das die in Absatz l bezeichneten Angaben enthalten soll, auf diplomatischem Wege an ihn gerichtet werde.

Die vorstehenden Bestimmungen hindern nicht, dass sich zwei Vertragsstaaten über die Zulassung des unmittelbaren Geschäftsverkehrs zwischen ihren beiderseitigen Behörden verständigen.

Art. 2 Die Zustellung erfolgt durch die nach den Gesetzen des ersuchten Staates zu. ständige Behörde. Diese Behörde kann sich, ausgenommen in den in Artikel 3 vorgesehenen Fällen, darauf beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstückes an den Empfänger zu bewirken, sofern er zur Annahme bereit ist.

Neuerungen sind kursiv gedruckt.

803

Art. 8 Dem Begehren ist das Kusustellende Schriftstück in zioeifacher Ausfertigung beizufügen.

Ist das zuzustellende Schriftstück in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefasst oder ist es von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet, so lässt die ersuchte Behörde, falls es in dem Begehren gewünscht wird, das Schriftstück in der durch ihre innere Gesetzgebung für gleichartige Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besondern Form, sofern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwiderläuft, zustellen. Ist ein solcher Wunsch nicht ausgesprochen, so wird die ersuchte Behörde zunächst die Übergabe nach den Vorschriften des Artikels 2 zu bewirken suchen.

Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung ist die im vorstehenden Absätze vorgesehene Übersetzung von dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder von einem beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates zu beglaubigen.

Art. 4 Die in den Artikeln l, 2 und 3 vorgesehene Zustellung kann nur abgelehnt werden, wenn sie nach der Auffassung des Staates, auf dessen Gebiet sie erfolgen soll, geeignet erscheint, seine Hoheitsrechte zu verletzen oder seine Sicherheit zu gefährden.

Art. 5 Der Nachweis der Zustellung erfolgt entweder durch einen mit Datum versehenen und beglaubigten Empfangsschein des Empfängers oder durch eine Bescheinigung der Behörde des ersuchten Staates, aus der sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergibt.

Der Empfangsschein oder die Bescheinigung ist auf eine der beiden Ausfertigungen zu setzen oder daran zu heften.

Art. 6 Die Bestimmungen der voraufgehenden Artikel schliessen nicht aus : 1. dass Urkunden den im Auslande befindlichen Beteiligten unmittelbar durch die Post zugesandt werden; 2. dass die Beteiligten die Zustellung unmittelbar durch diejenigen Gerichtsvollzieher oder sonstigen Beamten vornehmen lassen, die in dem Lande, wo die Zustellung erfolgen soll, hierfür zuständig sind ; 3. dass jeder Staat die Zustellimg an Personen, die sich in einem andern Staate befinden, unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter vornehmen lasse.

304

Die in diesen Fällen vorgesehenen Zustellungsarten sind jedoch nur statthaft, wenn Abkommen zwischen den beteiligten Staaten sie einräumen oder wenn in Ermangelung von Abkommen der Staat, auf dessen Gebiete die Zustellung erfolgen soll, nicht widerspricht. Dieser Staat kann nicht widersprechen, wenn im Falle des Absatzes l, Ziffer 8, das Schriftstück ohne Anwendung von Zwang einem Angehörigen des ersuchenden Staates zugestellt werden soll.

Art. 7 Für Zustellungen dürfen Gebühren oder Kosten irgendwelcher Art nicht erhoben werden.

Jedoch ist, vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft, der ersuchte Staat berechtigt, von dem ersuchenden Staate die Erstattung der Kosten zu verlangen, die durch die Mitwirkung eines Vollziehungsbeamten oder durch die Anwendung einer besonderen Form in den Fällen des Artikels 3 entstanden sind.

II, Ersuchungsschreiben

Art. 8 In Zivil- oder Handelssachen können die gerichtlichen Behörden eines Vertragsstaates, nach Massgabe der Vorschriften seiner Gesetzgebung, sich durch Ersuchungsschreiben an die zuständige Behörde eines andern Vertragsstaates wenden, um innerhalb deren Geschäftskreises die Vornahme einer richterlichen Prozesshandlung oder anderer gerichtlicher Handlungen zu erbitten.

Art. 9 Die Ersuchungsschreiben werden durch den Konsul des ersuchenden Staates der von dem ersuchten Staate zu bezeichnenden Behörde übermittelt. Diese Behörde hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, aus der sich die Erledigung des Ersuchens oder der die Erledigung hindernde Umstand ergibt.

Alle Anstände, zu denen diese Übermittlung Anlass geben mag, werden auf diplomatischem Wege erledigt.

Jeder Vertragsstaat kann durch eine, an die andern Vertragsstaaten gerichtete Mitteilung verlangen, dass ihm die auf seinem Gebiete zu erledigenden Ersuchungsschreiben auf diplomatischem Wege übermittelt werden.

Die vorstehenden Bestimmungen schliessen nicht aus, dass sich zwei Vertragsstaaten über die Zulassung der unmittelbaren Übermittlung von Ersuchungsschreiben zwischen ihren beiderseitigen Behörden verständigen.

Art. 10 Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung muss das Ersuchungssehreiben in der Sprache der ersuchten Bchörde^der in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefasst oder aber von einer Übersetzung in eine

805

dieser Sprachen begleitet sein, die durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einen beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates beglaubigt ist.

Art. 11 Die Gerichtsbehörde, an die das Ersuchen gerichtet wird, ist verpflichtet, ihm zu entsprechen und dabei dieselben Zwangsmittel anzuwenden, wie bei der Erledigung eines Ersuchens der Behörden des ersuchten Staates oder ' eines dahingehenden Begehrens einer beteiligten Partei. Diese Zwangsmittel brauchen nicht angewendet zu werden, wenn es sich um das persönliche Erscheinen streitender Parteien handelt.

Die ersuchende Behörde ist auf ihr Verlangen von der Zeit und dem Orte der auf das Ersuchen vorzunehmenden Handlung zu benachrichtigen, damit die beteiligte Partei ihr beizuwohnen in der Lage ist.

Die Erledigung dos Ersuchens kann nur abgelehnt werden : 1. wenn die Echtheit der Urkunde nicht feststeht ; 2. wenn in dem ersuchten Staate die Erledigung des Ersuchens nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt ; 3. wenn das Ersuchen nach der Auffassung des Staates, auf dessen Gebiet sie erfolgen soll, geeignet erscheint, seine Hoheitsrechte zu verletzen oder seine Sicherheit zu gefährden.

Art. 12 Im Falle der Unzuständigkeit der ersuchten Behörde ist das Ersuchungsschrëiben von Amtes wegen an die zuständige Gerichtsbehörde desselben Staates unter Beobachtung der dafür nach dessen Gesetzgebung massgebenden Begeln abzugeben.

Art. 13 In allen Fällen, in denen das Ersuchen von der angegangenen Behörde nicht erledigt wird, hat diese die ersuchende Behörde unverzüglich hievon zu benachrichtigen, und zwar im Falle des Artikels 11 unter Angabe der Gründe, aus denen die Erledigung des Ersuchens abgelehnt, und im Falle des Artikels 12 unter Bezeichnung der Behörde, an die das Ersuchen abgegeben worden ist.

Art. 14 Die ein Ersuchen erledigende Gerichtsbehörde hat hinsichtlich der zu beobachtenden Formen des Verfahrens die Gesetze ihres Landes in Anwendung zu bringen.

Jedoch ist dem Antrage der ersuchenden Behörde, dass nach einer besonderen Form verfahren werde, zu entsprechen, sofern diese Form der Gesetzgebung des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft.

306

Art. 15 Durch die Bestimmungen der vorstehenden Artikel wird nicht ausgeschlossen, dass jeder Staat die Ersuchen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter erledigen lassen kann, wenn Abkommen zwischen den beteiligten Staaten dies zulassen oder wenn der Staat, auf dessen Gebiet das Ersuchen erledigt werden soll, nicht widerspricht.

Art. 16 Für die Erledigung von Ersuchen dürfen Gebühren oder Kosten irgendwelcher Art nicht erhoben werden.

Jedoch ist, vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung, der ersuchte Staat berechtigt, von dem ersuchenden Staate die Erstattung der an Zeugen oder Sachverständige bezahlten Entschädigungen sowie der Kosten zu verlangen, welche für die wegen Nichterscheinens der Zeugen erforderlich gewordene Mitwirkung eines Vollziehungsbeamten oder durch die Anwendung des Artikels 14, Absatz 2, entstanden sind.

m. Sicherheitsleistung für die Prozesskosten Art. 17 . Treten Angehörige eines der Vertragstaaten in einem andern dieser Staaten als Kläger oder Intervenienten vor Gericht auf, so darf, sofern sie in irgendeinem der Vertragsstaaten ihren Wohnsitz haben, ihnen wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder deswegen, weil sie keinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inlande haben, eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Benennung es auch sei, nicht auferlegt werden.

Die gleiche Eegel findet Anwendung auf die Vorauszahlung, die von den Klägern oder Intervenienten zur Deckung der Gerichtskosten einzufordern wäre.

Die Abkommen, wodurch Vertragsstaaten für ihre Angehörigen ohne Bücksicht auf den Wohnsitz Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozesskosten oder von der Vorauszahlung der Gerichtskosten vereinbart haben, finden auch weiter Anwendung.

Art. 18 Entscheidungen, wodurch der Kläger oder Intervenient, der nach Artikel 17, Absatz l und 2, oder nach dem in dem Staate der Klagerhebung geltenden Kechte von der Sicherheitsleistung, Hinterlegung oder Vorauszahlung befreit worden war, in die Prozesskosten verurteilt wird, sind, wenn das Begehren auf diplomatischem Wege gestellt wird, in jedem der andern Vertragsstaaten durch die zuständige Behörde kostenfrei vollstreckbar zu erklären.

307 · Die gleiche Hegel findet Anwendung auf gerichtliche Entscheidungen, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt wird.

Die vorhergehenden Bestimmungen schliessen nicht aus, dass zwei Vertragsstaaten vereinbaren, auch der beteiligten Partei selbst zu gestatten, die Vollstreckbarerklärung zu beantragen.

Art. 19 Die Kostenentscheidungen werden ohne Anhörung der Parteien, jedoch unbeschadet eines späteren Rekurses der verurteilten Partei, gemass der Gesetzgebung des Landes, wo die Vollstreckung betrieben wird, vollstreckbar erklärt.

Die zur Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zuständige Behörde hat ihre Prüfung darauf zu beschränken: 1. ob nach dem Gesetze des Landes, wo die Verurteilung erfolgt ist, die Ausfertigung der Entscheidung die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; 2. ob nach demselben Gesetze die Entscheidung die Eechtskraft erlangt hat; 3. ob das Dispositiv der Entscheidung in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefasst ist oder von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet ist, die, vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft, durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einen beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates beglaubigt sein muss.

Den Erfordernissen des Absatzes 2, Ziffer l und 2, wird genügt entweder durch eine Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, dass die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat, oder durch die Vorlegung gehörig beglaubigter Urkunden, die dartun, dass die Ent-scheidung in Rechtskraft erwachsen ist. Die Zuständigkeit dieser Behörde ist, vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung, durch den höchsten Justizverwaltungsbeamten des ersuchenden Staates zu bescheinigen. Die Erklärung und die Bescheinigung, die soeben erwähnt worden sind, müssen nach Vorschrift des Absatzes 2, Ziffer 8, abgefasst und übersetzt sein.

Die mm Entscheid über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zuständige Behörde bestimmt, sofern die Partei dies gleichzeitig beantragt, die Höhe der in Absatz 2i Ziffer 3, erwähnten Bescheinigungs-, Übersetzungs- und Beglaubigungskosten. Diese Kosten gelten als Prozesskosten.

IV. Armenrecht Art. 20 In Zivil- und Handelssachen werden die Angehörigen eines jeden der Vertragsstaaten in allen andern Vertragsstaaten unter denselben gesetzlichen Bedingungen und Voraussetzungen zum Armenrecht zugelassen, wie die An-

808 * gehörigen des Staates, in dessen Gebiete die Bewilligung des Armenrechts nachgesucht wird.

In Staaten, die das Armenrecht auch in Verwaltungssachen kennen, gilt der vorstehende Absatz auch für Angelegenheiten, die vor die in Verwaltungssachen zuständigen Gerichte gebracht werden.

Art. 21 Das Armutszeugnis oder die Erklärung des Unvermögens zur Bestreitung der Prozesskosten muss in allen Fällen von den Behörden des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Ausländers, oder in Ermangelung solcher, von den Behörden seines derzeitigen Aufenthaltsortes ausgestellt oder entgegengenommen sein. Gehören diese Behörden keinem der Vertragsstaaten an und werden von ihnen solche Bescheinigungen oder Erklärungen nicht ausgestellt oder entgegengenommen, so genügt die Ausstellung oder Entgegennahme der Bescheinigung oder der Erklärung durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, dem der Ausländer angehört.

Hält der Antragsteller sich nicht in dem Lande auf, wo das Armenrecht nachgesucht wird, so ist das Zeugnis oder die Erklärung des Unvermögens kostenfrei von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes zu heglaubigen, in dessen Gebiet die Urkunde vorgelegt werden soll.

Art. 22 Die zur Erteilung des Armutszeugnisses oder zur Entgegennahme der Erklärung über das Unvermögen zuständige Behörde kann bei den Behörden der andern Vertragsstaaten über die Vermögensverhältnisse des Antragstellers Erkundigungen einziehen.

Der Behörde, die über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, bleibt in den Grenzen ihrer Amtsbefugnisse das Beeilt gewahrt, die ihr vorgelegten Zeugnisse, Erklärungen und Auskünfte auf ihre Eichtigkeit hin zu prüfen und sich zur ausreichenden Unterrichtung ergänzende Aufschlüsse geben zu lassen.

Art. 23 Befindet sich der Bedürftige in einem andern Lande als in dem, wo das Armenrecht nachgesucht werden soll, so kann sein Antrag auf Bemlligung des Armenrechts, samt Zeugnissen oder Erklärungen über das Unvermögen und gegebenenfalls weiteren für die Behandlung des Antrages dienlichen Belegen, durch den Konsul seines Landes der zum Entscheid zuständigen oder der von dem Staat, in dem der Antrag behandelt werden soll, bezeichneten Behörde übermittelt werden.

Die in Artikel 9, Absatz 2, 3 und 4, sowie in Artikel 10 und 12 hiervor enthaltenen Bestimmungen über Ersuchungsschreiben gelten auch für die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung des Armenrechts und ihrer Beilagen.

809 Art. 24 Ist das Armenrecht einem Angehörigen eines der Vertragsstaaten bewilligt worden, so hat der ersuchende Staat für Zustellungen jeglicher Art, die sich auf denselben Proeess beziehen und die in einem andern Vertragsstaat vorzunehmen sind, dem ersuchten Staat keinerlei Auslagen zu vergüten.

Dasselbe gilt auch für Ersuchungsschreiben, mit Ausnahme der an Sachverständige bezahlten Entschädigungen.

V. Kostenfreie Abgabe von Auszügen aus den Zivüstandsregistern

Art. 25 Bedürftige Angehörige eines der Vertragsstaaten können sich unter den gleichen Voraussetzungen wie dessen eigene Staatsangehörige Auszüge aus den Zivilstandsregistern kostenlos ausstellen lassen. Die zu ihrer Eheschliessung erforderliclien Ausweise werden von den diplomatischen oder konsularischen Vertretern der Vertragsstaaten kostenfrei beglaubigt.

VI. Personalhaît

Art. 26 Die Personalhaft findet in Zivil- oder Handelssachen gegen die einem der Vertragsstaaten angehörenden Ausländer nur in den Fällen statt, in denen aie auch gegen Inländer anwendbar sein würde. Eine Tatsache, auf Grund deren ein im Inlande wohnhafter Inländer die Aufhebung der Personalhaft verlangen kann, soll zugunsten des Angehörigen eines Vertragsstaates die gleiche Wirkung auch dann haben, wenn sich diese Tatsache im Ausland ereignet hat.

VII. Schlussbestimmungen

Art. 27 Diese Übereinkunft steht den Staaten, die auf der siebenten Tagung der Konferenz für internationales Privatrecht vertreten waren, zur Unterzeichnung offen.

Sie wird ratifiziert und die Batifikationsurkunden werden beim niederländischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten 'hinterlegt.

Über jede Hinterlegung von Ratifikationsurkunden wird ein Protoltoll aufgenommen, wovon jedem Signatarstaat eine beglaubigte Abschrift auf diplomatischem Wege %u übermitteln ist.

Art. 28 Diese Übereinkunft tritt am sechzigsten Tage nach der in Artikel 27, Absatz 2, vorgesehenen Hinterlegung der -vierten Ratifikationsurkunde in Kraft.

Für jeden Signatarstaat, der später ratifiziert, tritt die Übereinkunft am sechzigsten Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.

310 Art. 29 In den Beziehungen zwischen den Staaten, die sie ratifizieren, tritt diese Übereinkunft an die Stelle der am 17. Juli 1905 im Haag unterzeichneten Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht.

Art. 80 Diese Übereinkunft findet auf das Mutterland jedes Vertragsstaates ohne weiteres Anwendung.

Wünscht ein Vertragsstaat die Inkraftsetzung der Übereinkunft in allen oder einzelnen andern Gebieten, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, so hai er dies in einer Mitteilung bekanntzugeben, die beim niederländischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten hinterlegt wird. Dieses übermittelt jedem der Vertragsstaaten auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift.

Die Übereinkunft tritt in Kraft für die Beziehungen zwischen den Staaten, die innerhalb von sechs Monaten nach dieser Mitteilung keine Einwendungen erheben, und jedem Gebiet, dessen internationale Beziehungen der betreffende Staat wahrnimmt und für welches die Mitteilung erfolgt ist.

Art. 81 Jeder Staat, der auf der siebenten Tagung der Konferenz nicht vertreten war, kann vorstehender Übereinkunft beitreten, es sei denn, dass ein oder mehrere Staaten, die die Übereinkunft ratifiziert haben, innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem die niederländische Segierung den Beitritt mitgeteilt hat, dagegen Einspruch erheben. Der Beitritt erfolgt in der in Artikel 27, Absatz 2, vorgesehenen Weise.

Es versteht sich, dass Beitritte erst erfolgen können, nachdem diese Übereinkunft gemäss Artikel 28, Absatz l, in Kraft getreten ist.

- Art. 3'2 Jeder Vertragsstaat kann sich anlässlich der Unterzeichnung oder der Ratifizierung der vorstehenden Übereinkunft oder anlässlich seines Beitritts-vorbehalten, die Anwendung des Artikels 17 auf die Angehörigen der Vertragsstaaten zu beschränken, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt auf seinem Gebiete haben.

Ein Staat, der von der im vorhergehenden Absatz vorgesehenen Möglichlteit Gebrauch gemacht hat, kann die Anwendung des Artikels 17 durch die anderen Vertragsstaaten nur. zugunsten derjenigen seiner Angehörigen beanspruchen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt auf dem Gebiete des Vertragsstaates haben, vor dessen Gerichten sie als Kläger oder Intervenieren auftreten.

Art. 88 Vorstellende Übereinkunft gilt für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von dem in Artikel 28, Absatz l, angegebenen Zeitpunkt. ·

811 Mit demselben Zeitpunkt beginnt der Lauf dieser Frist auch für die Staaten, welche die Übereinkunft erst später ratifizieren oder ihr nachträglich beitreten.

In Ermangelung einer Kündigung gilt die Übereinkunft als stillschweigend von fünf zu fünf Jahren erneuert. Die Kündigung muss wenigstens sechs Monate vor Ablauf der Frist dem niederländischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten erklärt werden, die hiervon allen andern Vertragsstaaten Kenntnis geben wird.

Die Kündigung kann auf alle oder einzelne Gebiete, die in einer auf Grund des Artikels 30, Absatz 2, erfolgten Mitteilung aufgeführt sind, beschränkt werden.

Die Kündigung soll nur für den Staat wirksam sein, der sie erklärt hat. Für die übrigen Vertragsstaaten bleibt die Übereinkunft in Kraft, Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten, durch ihre Regierungen hier m gehörig ermächtigt, die vorstehende Übereinkunft unterzeichnet.

Geschehen im Haag, den I.März 1954, in einer einzigen Ausfertigung, die im Archive der Regierung der Niederlande zu hinterlegen ist und wovon eine beglaubigte Abschrift auf diplomatischem Wege einem jeden der Staaten übergeben werden soll, die auf der siebenten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vertreten waren.

312 Übersetzung aus dem französischen Originaltext

Statut der Haager Konferenz für internationales Privatrecht

Die Eegierungen der nachstehend aufgeführten Staaten: Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Spanien, Finnland, Frankreich, Italien, Japan, Luxemburg, Norwegen, Niederlande, Portugal, Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Schweden und Schweiz ; in Anbetracht des ständigen Charakters der Haager Konferenz für internationales Privatrecht ; von dem Wunsche geleitet, diesen Charakter zu betonen ; in der Erkenntnis, dass es sich zu diesem Zwecke empfiehlt, der Konferenz ein Statut zu geben; haben die folgenden Bestimmungen vereinbart :

Art. l Die Haager Konferenz hat die Aufgabe, an der fortschreitenden Vereinheitlichung der Eegeln des internationalen Privatrechts zu arbeiten.

Art, 2 Mitglieder der Haager Konferenz für internationales Privatrecht sind die Staaten, die bereits an einer oder mehreren Tagungen der Konferenz teilgenommen haben und dieses Statut annehmen.

Mitglieder können alle anderen Staaten werden, deren Teilnahme für die Arbeiten der Konferenz von juristischem Interesse ist. Über die Zulassung neuer Mitglieder entscheiden die Eegierungen der teilnehmenden Staaten, auf Vorschlag einer oder mehrerer von ihnen, mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem Tage, an dem den Eegierungen dieser Vorschlag zugegangen ist.

Die Zulassung wird mit der Annahme dieses Statuts durch den interessierten Staat wirksam.

Art. 3 Den Fortgang der Arbeiten der Konferenz sichert die durch Königliches Dekret vom 20. Februar 1897 zur Förderung der Kodifizierung des internationalen Privatrechts eingesetzte Niederländische Staatskommission.

313 Diese Kommission sichert den Fortgang der Arbeiten der Konferenz mit Hilfe eines Ständigen Büros, dessen Tätigkeit sie leitet.

Sie prüft alle Vorschläge, die auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden sollen. Sie entscheidet frei darüber, was auf Grund dieser Vorschläge vorzukehren ist.

Die Staatskommission setzt nach Befragung der Mitglieder der Konferenz den Zeitpunkt und die Tagesordnung der Tagungen fest.

Für die Einberufung der Mitglieder wendet sie sich an die niederländische Eegierung.

Die ordentlichen Tagungen der Konferenz finden grundsätzlich alle vier Jahre statt.

Nötigenfalls kann die Staatskommission, wenn die Mitglieder zugestimmt haben, die niederländische Eegierung bitten, die Konferenz zu einer ausserordentlichen Tagung einzuberufen.

Art. 4 Das Ständige Büro hat seinen Sitz im Haag. Es besteht aus einem Generalsekretär und zwei Sekretären, die verschiedenen Staaten angehören müssen und von der niederländischen Eegierung auf Vorschlag der Staatskommission ernannt werden.

Der Generalsekretär und die Sekretäre müssen über angemessene juristische Kenntnisse und praktische Erfahrung verfügen.

Die Zahl der Sekretäre kann nach Befragung der Mitglieder der Konferenz erhöht werden.

Art. 5 Unter der Leitung der Staatskommission ist das Ständige Büro beauftragt : a. mit der Vorbereitung und Organisation der Tagungen der Haager Konferenz sowie der Sitzungen der Sonderausschüsse; b. mit den Arbeiten des Sekretariats der vorerwähnten Tagungen und Sitzungen; c. mit allen Aufgaben, die zur Tätigkeit eines Sekretariats gehören.

Art. 6 Um den Verkehr zwischen den Mitgliedern der Konferenz und dem Ständigen Büro zu erleichtern, soll die Eegierung eines jeden Mitgliedstaates ein innerstaatliches Organ bezeichnen.

Das Ständige Büro kann mit allen so bezeichneten innerstaatlichen Organen sowie den zuständigen internationalen Organisationen korrespondieren.

Art. 7 Sonderausschüsse können von der Konferenz und, in der Zeit zwischen den Tagungen, von der Staatskommission eingesetzt werden, um Abkommens-

314 entwürfe auszuarbeiten oder Fragen des internationalen Privatrechts zu prüfen, die zum Aufgabenbereich der Konferenz gehören.

Art. 8 Die Betriebs- und Unterhaltskosten des Ständigen Büros und der Sonderausschüsse werden unter die Mitglieder der Konferenz verteilt, mit Ausnahme der Keise- und Aufenthaltskosten der Delegierten der Sonderausschüsse, die von den vertretenen Eegierungen zu tragen sind.

Art. 9 Der Voranschlag des Ständigen Büros und der Sondersauschüsse wird all jährlich den diplomatischen Vertretern der Mitglieder im Haag zur Genehmigung vorgelegt.

Diese Vertreter bestimmen ebenfalls, wie die nach dem Voranschlag von den Mitgliedern zu tragenden Kosten unter diese verteilt werden.

Die diplomatischen Vertreter treten zu diesem Zweck unter dem Vorsitz des niederländischen Ministers für auswärtige Angelegenheiten zusammen.

Art. 10 Die durch die ordentlichen Tagungen der Konferenz verursachten Kosten werden von der niederländischen Eegierung getragen.

Im Falle einer ausserordentlichen Tagung werden die Kosten unter die an dieser Tagung vertretenen Mitglieder der Konferenz verteilt.

In jedem Falle werden jedoch die Eeise- und Aufenthaltskosten der Delegierten von ihren Eegierungen getragen.

Art. 11 Die Gebräuche der Konferenz bleiben in Kraft, soweit sie diesem Statut oder dem Reglement nicht zuwiderlaufen.

Art. 12 Abänderungen an diesem Statut bedürfen der Genehmigung von zwei Dritteln der Mitglieder.

Art. 18 Um die Durchführung sicherzustellen, sollen die Bestimmungen dieses Statuts durch ein Eeglement ergänzt werden. Dieses Eeglement ist durch das Ständige Büro auszuarbeiten und den Eegierungen der Mitglieder zur Genehmigung vorzulegen.

315 Art. 14 Dieses Statut ist den Regierungen der Staaten, die an einer oder mehreren Tagungen der Konferenz teilgenommen haben, zur Annahme vorzulegen. Es tritt in Kraft, sobald es von der Mehrheit der an der siebenten Tagung vertretenen Staaten angenommen ist.

Die Annahmeerklärung ist bei der niederländischen Regierung zu hinterlegen, die den in Absatz l dieses Artikels genannten Eegierungen davon Kenntnis geben wird.

Das gleiche gilt bei der Zulassung eines -weiteren Staates für seine Annahmeerklärung.

Art. 15 . Jedes Mitglied kann dieses Statut nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren kündigen, die vom Tage seines Inkrafttretens gemäss Artikel 14, Absatz l, gerechnet wird.

Die Kündigung ist dem niederländischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten spätestens sechs Monate vor Ablauf des Rechnungsjahres der Konferenz mitzuteilen; sie wird nach Ablauf des Bechnungsjahres wirksam, jedoch nur für den kündigenden Staat.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung der revidierten internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht und des Statuts der Haager Konferenz für internationales Privatrecht (Vom 24. September 1956)

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1956

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40

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7255

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04.10.1956

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285-315

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