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Buudesratsbeschluss betreffend

die AUgeiueinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Dachdeckergewerbe (Vom 10. August 1956)

Der Schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Artikel 3, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1943 über die Allgemeinverbihdlicherklämng von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. l 1

Aus dem Gesamtarbeitsvertrag vom I.April 1955 für das schweizerische Dachdeckergewerbe werden die im Anhang wiedergegebenen Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt.

2 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

Art. 2 1

Dieser Beschluss gilt für das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft, mit Ausnahme der Kantone Basel-Stadt und Genf sowie der Stadt Bern.

2 Er findet Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Inhabern von Betrieben des Dachdeckergewerbes und ihren gelernten und ungelernten Arbeitnehmern, mit Ausnahme der Angestellten und Lehrlinge.

Art. 3 Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die den vertragschlieasenden Verbänden nicht angehören, können gegen Massnahmen der Vertragsparteien oder der im Gesamtarbeitsvertrag vorgesehenen Organe beim Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Beschwerde führen.

168 Art. 4 Dieser Beschluss tritt am 24. August 1956 in Kraft und gilt bis zum 81. Dezember 1956.

Bern, den l0.August 1956.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Für den Bundespräsidenten: Chaudet Der B u n d e s k a n z l e r : Ch. Oser

164 Anhang

Gesamtarbeitsvertrag für das schweizerische Dachdeckergewerbe abgeschlossen am 1. April 1955 zwischen

dem Schweizerischen Dachdeckermeister-Verband, einerseits, und dem Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverband, dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband, dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz sowie dem Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter, anderseits.

Allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen Ordentliche

Freier Samstagnachmittag

Art. 20 Die ordentliche Arbeitszeit darf in städtischen und halbstädtischen Verhältnissen 48 Stunden pro Woche nicht überschreiten und in ländlichen Verhältnissen nicht mehr als 52 Stunden pro Woche betragen.

2 Eine zuschlagsfreie Mehrarbeit von 4 Stunden pro Woche ist zulässig, sofern sie innert desselben Kalenderjahres mit einer entsprechenden Arbeitszeitverkürzung ausgeglichen wird.

3 Der Weg zu und von der Arbeitsstelle ist, ausgenommen bei auswärtiger Arbeit, in der Arbeitszeit nicht Inbegriffen, Verspätetes Erscheinen zur Arbeit und vorzeitiges Verlassen der Arbeit werden in Abzug gebracht.

4 Handlanger haben auf Verlangen morgens eine Viertelstunde früher zu erscheinen und abends nach Arbeitsschluss die Werkstätte aufzuräumen. Diese Arbeit wird im gewöhnlichen Stundenlohn bezahlt.

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Art. 21 Der Samstagnachmittäg ist frei.

Art. 22 1

N^ht^und Überzeit-, Nacht- und Sonntagsarbeit darf nur in wirklich drinSonntagsarbeit genden Fällen verlangt und verrichtet werden.

2 .Als Überzcitarbeit gilt jede Arbeitsverrichtung von mehr als einer Viertelstunde über die normale tägliche Arbeitszeit hinaus, ausgenommen ausgeglichene Mehrarbeiten gemäss Artikel 20, Absatz 2.

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Als Nachtarbeit gilt Arbeit in der Zeit von 20 bis 6 Uhr, als Sonntagsarbeit solche in der Zeit von 0 bis 24 Uhr an Sonn- und gesetzlich anerkannten Feiertagen.

4 Für gewöhnliche Überzeitarbeit wird ein Zuschlag von 25 Prozent, für Nacht- und Sonntagsarbeit ein solcher von 50 Prozent bezahlt, wobei der Zuschlag auf dem Stundenlohn, nicht aber auf der Haushaltunggund Kinderzulage zu berechnen ist."

5 Die Zuschläge für Überzeit-, Nacht- und Sonntagsarbeit sind jedoch nur dann auszurichten, wenn die Mehrarbeit vom Arbeitgeber oder dessen Stellvertreter ausdrücklich angeordnet o~der nachträglich gebilligt wurde.

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Art. 23 Der Lohn ist spätestens innerhalb der zweiten Woche seit dem Geschäftseintritt im beidseitigon Einverständnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festzusetzen.

Lohnfeetsetzung

Art. 25 1

Der Lohn ist in regelmässigen Abständen, mindestens alle 14 Tage, im Monatslohn angestellten Arbeitnehmern allmonatlich, in bar auszubezahlen. Dabei ist dem Arbeitnehmer eine datierte und detaillierte Abrechnung auszuhändigen.

2 Kein Arbeitnehmer kann verpflichtet werden, Kost und Logis beim Arbeitgeber zu beziehen. Erfolgt ein derartiger Bezug, so kann der Arbeitgeber den Entschädigungsanspruch dafür mit dem Lohnguthaben des Arbeitnehmers verrechnen. Die Höhe des Kostgeldes ist spätestens in der zweiten Bezugswoche schriftlich festzulegen.

Art. 27 Bei auswärtigen Arbeiten ist die für den Arbeitsort gültige Arbeitszeit einzuhalten und für die Dauer der Arbeit der Lohn des Arbeitnehmers notwendigenfalls soweit zu erhöhen, dass er dem für den Arbeitsort gültigen Mindestlohn entspricht.

2 Bei Arbeiten ausserhalb des normalen Geschäftsbereiches werden dem Arbeitnehmer die Fahrtspesen vergütet. Entschädigungen für die Fahrtzeit zur und von der Arbeitsstätte sind vor Inangriffnahme der betreffenden Arbeit von Fall zu Fall zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vereinbaren. Kann der Arbeitnehmer nur abends heimkehren, so wird ihm eine Mittagszulage von 3 Franken entrichtet, sofern keine Möglichkeiten bestehen oder geboten werden, das Mittagessen zu Hause einzunehmen.

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Lohnzahlung

Auswärtige Arbeiten

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MUSS der Arbeitnehmer auswärts übernachten, so hat der Arbeitgeber für dessen Unterkunft und Verpflegung aufzukommen.

4 Für gefährliche Arbeiten, wie Turrnarbeiton, wird ein Zuschlag von mindestens 30 Prozent des Stundenlohnes (ohne Haushaltungs- und Kinderzulage) bezahlt, 5 Für Holzkonservierungsarbeiten wird pro Arbeitnehmer der gesamten Gruppe, die damit beschäftigt ist, eine Tageszulage von 2 Franken, bzw. für halbe Tage die Hälfte, entrichtet.

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Ferien

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Art. 28

! Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlte Ferien, und zwar mindestens auf: 6 Tage nach Vollendung des 1. Anstellungsjahres 9 » » » » 5.

» für dieses und die 12 » » » » 10.

» folgenden Jahre 15 » » » » 15.

·» 2 Für die Ferienberechnung ist das Eintrittsdatum des Arbeitnehmers in die Firma massgebend. Vergütet wird pro Ferientag der normale Stundenlohn, einsehliesslich Haushaltungs- und Kinderzulagen, von einem Sechstel der normalen wöchentlichen Arbeitszeit.

3 Über den Antritt der Ferien hat sich der Arbeitnehmer rechtzeitig mit dem Arbeitgeber zu verständigen. Die Ferien sollen in der Hegel höchstens unter zwei Malen, ohne weitere Unterbrechung, im Jahre nach dem Erreichen des jeweiligen Anspruches bezogen werden. Bei Auflösung des Dienstverhältnisses noch fällige Ferien sind während der Kündigungsfrist einzuziehen.

4 Bei Auflösung des Dienstverhältnisses sind die Ferien für das angefangene Anstellungsjahr prozentual entsprechend der zurückgelegten Dienstzeit im betreffenden Jahr zu gewähren.

5 Werden Arbeitnehmer vorübergehend einer andern Firma zugewiesen, so wird dadurch die Dienstzeit in der Stammfirma nicht unterbrochen, und es haftet diese für die dem Arbeitnehmer zukommenden Ferien, wobei die betreffende Firma der Stammfirma den entsprechenden Anteil der Eerien zu vergüten hat.

6 Bei Beschäftigungsunterbruch von zusammengerechnet mehr als 2 Monaten im Jahr infolge Arbeitsmangels kann der Ferienanspruoh nach Massgabe der ausgefallenen Arbeitszeit um einen Zwölftel pro ausgefallenen Monat gekürzt werden, wobei aber die Kürzung immer auf einen halben Tag abzurunden ist.

7 Die Ferien sind tatsächlich zu gewähren und einzuziehen. Die Ausrichtung einer Entschädigung in irgendeiner Form an Stelle der tatsächlichen Feriengewährung ist nicht gestattet, ausgenommen die Abgabe von Ferienausgleichskassen-Marken.

167 Art, 29 1

Für die 6 Feiertage (Neujahr, Karfreitag, Ostermontag, Auffahrt, Pfingstmontag und ein Weihnachtstag) wird allen Arbeitnehmern eine Entschädigung ausgerichtet.

2 Die Höhe der Entschädigung beträgt pro Feiertag und Arbeitnehmer 14 Franken in ländlichen, 16 Franken in halbstädtischen und 18 Franken in städtischen Verhältnissen, höchstens jedoch den vollen Stundenlohn einschliesslich Haushaltungs- und Kinderzulagen für einen Sechstel der normalen wöchentlichen Arbeitszeit.

Bezahlte Feiertage

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Die Feiertagsentschädigung ist auszurichten, wenn ein Feiertag auf einen Werktag fällt und an ihm nicht gearbeitet wird, und zwar auch dann, wenn der Feiertag auf einen Samstag fällt, oder wenn in derjenigen Woche, in die ein Feiertag fällt, der Betrieb ganz oder teilweise geschlossen oder der Arbeitnehmer aus irgendwelchen Gründen an der Arbeitsleistung verhindert ist. In die Ferienzeit fallende Feiertage sind ebenfalls zu entschädigen, wobei sich die Ferien um die entsprechende Anzahl von Feiertagen verlängern.

4 Es steht den Arbeitgebern frei, einzelne der unter Absatz l genannten Feiertage für ihre gesamte Arbeiterschaft gegen einen andern gesetzlichen oder hohen Feiertag auszutauschen, wobei aber die zur Entschädigung vorgemerkten Feiertage der Arbeiterschaft alljährlich zum voraus bekanntzugeben sind. Der Austausch hat insbesondere dann zu erfolgen, wenn einzelne der vorbezeichneten Feiertage auf Sonntage fallen oder wenn sie entsprechend Ortsgebrauch nicht gefeiert werden.

Jedem Arbeitnehmer sind pro Kalenderjahr 6 Feiertage zu entschädigen.

Art. 31 1

Der I.Mai gilt als unbezahlter Feiertag.

Die am I.August vom Arbeitgeber angeordneten Ausfallstunden werden voll entschädigt (einschliesslich Haushaltungs- und Kinderzulagen) .

2

Art. 36 Jedem Arbeitnehmer wird an den ersten zwei Zahltagen der Lohn von je einem Arbeitstag als Standgeld abgezogen. Dieses verbleibt während der ganzen Anstellungsdauer im Besitze des Arbeitgebers, d.h. bis zum ordnungsgemässen Austritt des Arbeitnehmers aus der Firma und der vollzähligen Ablieferung des anvertrauten Werkzeuges.

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2

Das Standgeld verfällt zugunsten des Arbeitgebers, wenn das Dienstverhältnis vom Arbeitnehmer ohne Einhaltung der vertraglich vorgeschriebenen Kündigungsfrist gelöst wird. Das Standgeld kann ferner

1. Mai und 1. August

Standgeld

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Schwarzarbeit

Kündigung

zur Deckung von aus dem Arbeitsverhältnis entstandenen Schadenforderungen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer herangezogen werden.

Art. 37 1 Nach Beendigung der Arbeitszeit und während der Ferien darf keine Berufsarbeit für Drittpersonen verrichtet werden.

2 Arbeitnehmer, die trotz einmaliger Verwarnung diesem Schwarzarbeitsverbot zuwiderhandeln, verlieren den Anspruch auf das noch nicht bezogene Feriengeld des betreffenden Dienstjahres und können überdies fristlos entlassen werden, ohne dass sie eine Entschädigung für die Entlassung ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beanspruchen können.

3 Ausgenommen vom Verbot gemäss Absatz l hiervor bleiben nur Arbeiten in Notfällen sowie ausnahmsweise Gefälligkeitsarbeiten von geringem Umfang, die unentgeltlich geleistet werden und für welch letztere der Arbeitnehmer vor der Arbeitsausführung die Zustimmung des Arbeitgebers eingeholt hat.

Art. 88 Sofern ein Anstellungsverhältnis noch kein Jahr gedauert hat und nicht von vorneherein befristet ist, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenseitig kündigen unter Einhaltung einer zweitägigen Kündigungsfrist.

2 Bei überjährigen Dienstverhältnissen beträgt die gegenseitige Kündigungsfrist 14 Tage, wobei die Kündigung auf einen Samstag hin zu erfolgen hat.

3 Während eines Unfalles kann das Dienstverhältnis nicht gekündigt und der Arbeitnehmer nicht entlassen werden. Ebenso ist das Dienstverhältnis nicht kündbar bei schwerer Krankheit, sofern die Arbeitsverhinderung weniger als vier Wochen dauert.

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Bundesratsbeschluss betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Dachdeckergewerbe (Vom 10. August 1956)

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1956

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34

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.08.1956

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162-168

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