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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gewährleistung der geänderten Artikel der Verfassung des Kantons Zürich (Vom 27. Februar 1956)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich haben in der Volksabstimmung vom 4. Dezember 1955 mit 64 005 Ja gegen 42 792 Nein bei 65 ungültigen und 17 006 leeren Stimmen den vom Kantonsrat am 14. März 1955 gefassten Beschluss über die Änderung der Artikel 13, 18, 29, Absatz 8, und Artikel 80 der Kantonsverfassung angenommen. Mit Schreiben vom 15. Dezember 1955 ersucht der Eegierungsrat um Erteilung der eidgenössischen Gewährleistung.

In bezug auf die vorgenannten Artikel lauten die bisherigen und die neuen Bestimmungen wie folgt: Bisheriger Text

Neuer Text

Art. 13

Art. 18

Alle dem Volke zustehenden Wahlen von Kantonal-, Bezirks- und Kreisbeamten werden mittelst der Wahlurne getroffen. Den Gemeinden bleibt freigestellt, diese Wahlart ebenfalls anzuwenden.

Alle dem Volke zustehenden Wahlen von Behörden und Beamten des Kantons, der Bezirke und Kreise werden in der Regel durch die Wahlurne vorgenommen. Den Gemeinden bleibt es freigestellt, diese Wahlart ebenfalls anzuwenden, soweit sie nicht schon durch das Gesetz dazu verpflichtet sind.

675 Bisheriger Text

Neuer Text Die Gesetzgebung kann für einzelne Wahlen ein Verfahren ohne Urnengang zulassen für den Fall, dass die Zahl der Vorgeschlagenen die Zahl der in das betreffende Amt zu Wählenden nicht übersteigt.

Art. 18

Art. 18

Die Einstellung im Aktivbürgerrecht und in der Wählbarkeit erfolgt:

Die Einstellung im Stimmrecht und in der Wählbarkeit erfolgt :

1. mit dem Verlust der bürgerlichen Handlungsfähigkeit ;

1. mit dem Verlust der Handlungsfähigkeit ;

2. wegen entehrender Verbrechen oder Vergehen durch gerichtliches Urteil ;

2. durch gerichtliches Urteil, für die Dauer der Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit ;

3. mit dem Ausbruch des Konkurses für die Dauer desselben; 4. wegen dauernder Unterstützung aus dem Armengut während der Dauer der Unterstützung, ausgenommen die Fälle, in denen die Verarmung nicht selbstverschuldet ist.

Art. 29, Abs. 3 Ebenso muss der Volksentscheid veranlasst werden, wenn 5000 Stimmberechtigte oder eine Anzahl von Gemeindeversammlungen, an denen wenigstens 5000 Stimmberechtigte dafür gestimmt haben, ein solches Begehren 'stellen, insofern der Kantonsrat demselben nicht entspricht. Eine rechtzeitig eingereichte Anregung soll spätestens in der zweitfolgenden regelmässigen Volksabstimmung dem Volke zum Entscheide vorgelegt werden.

3. wegen Einweisung in eine Strafanstalt oder wegen zwangsweiser,durch eine Behörde angeordneter Einweisung in eine Verwahrungs-, Versorgungs- oder Arbeitserziehungsanstalt, für die Dauer der Einweisung; ausgenommen sind die in Untersuchungshaft befindlichen Personen.

Art. 29, Abs. 3 Ebenso muss der Volksentscheid veranlasst werden, wenn 5000 Stimmberechtigte ein solches Begehren stellen, sofern der Kantonsrat demselben nicht entspricht. Eine Volksinitiative ist innert zwei Jahren dem Volke zum Entscheide zu unterbreiten.

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Bisheriger Text

Neuer Text

Art. 80, Abs. l und Abs. 2, Ziff. l Art. 30, Abs. l und Abs. 2, Ziff. l Abs.l: Alljährlich zweimal, im Abs. l wird aufgehoben.

Frühjahr und im Herbst, findet die Abstimmung des Volkes über die gesetzgeberischen Akte des Kantonsrates statt (Referendum). In dringenden Fällen kann dieser eine ausserordentliche Abstimmung anordnen.

Abs. 2, Ziff. 1: Der VolksabstirnAbs. 2, Ziff. 1: Der Volksabstimmung sind zu unterstellen : mung werden unterstellt : 1. alle Verfassungsänderungen, Ge-' 1. alle Verfassungsänderungen und setze und Konkordate ; Gesetze sowie Konkordate über Gegenstände, welche im Kanton der Volksabstimmung unterstehen.

Der Begründung des Eegierungsrates ist zu entnehmen, dass die Eevision vor allem bezweckt, bestehende Vorschriften elastischer zu gestalten sowie nicht mehr zeitgemässe Bestimmungen den heutigen veränderten Verhältnissen anzupassen. So wird die zu starre Fassung des Artikels 13 bezüglich der Wahlen mittelst Wahlurne durch Einschiebung der Worte «in der Regel» abgeschwächt und der bisherigen Praxis angepasst. Der neue Absatz 2 des Artikels 13 wird eingefügt, um die Einführung stiller Wahlen auf dem Wege der Gesetzgebung zu ermöglichen.

Artikel 18, Ziffer l, erfährt eine lediglich redaktionelle Änderung, desgleichen Ziffer 2 zwecks Anpassung an den Sprachgebrauch des Schweizerischen Strafgesetzbuches. Ziffer 3 ist durch das BG vom 29. April 1920 betreffend die öffentlichrechtlichen Folgen der fruchtlosen Pfändung und des Konkurses (B S 3, 78) hinfällig geworden; die Bestimmung war daher zu streichen. Auch wird auf die in der bisherigen Ziffer 4 statuierte Einstellung im Aktivbürgerrecht aus Gründen selbstverschuldeter Armengenössigkeit verzichtet, da dieser Ausschliessungsgrund der heutigen Auffassung über das Stimmrecht der Bürger nicht mehr entspricht. Dagegen wird in einer neuen Ziffer 3 der Ausschluss vom Stimmrecht und der Wählbarkeit derjenigen Personen, abgesehen von Untersuchungsgefangenen, eingeführt, die in eine der dort aufgezählten Anstalten eingewiesen werden.

Durch die neue Fassung des Artikels 29, Absatz 3, wird das bisherige besondere Initiativrecht der Gemeindeversammlungen aufgehoben, das schon seit langem nicht mehr angewendet wurde, weil die gewöhnliche Volksinitiative viel einfacher erzielt werden kann. Ferner bedingt der aufgehobene Absatz l des
Artikels 30 eine Eliminierung des bisherigen zweiten Satzes des Artikels 29, Absatz 3. Statt dessen wird bei Initiativen der Abstimmungstermin aus Zweckmässigkeitsgründen auf zwei Jahre nach Einreichung des Begehrens angesetzt.

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Im weiteren wird Absatz l des bisherigen Artikels 30 aufgehoben, da die Beschränkung der Eeferendumsakte auf zwei Termine sich heute nicht mehr , einhalten lässt. Schliesslich erfährt auch Absatz 2, Ziffer l, des Artikels 30 eine Änderung, indem nur noch Konkordate über Gegenstände, welche im Kanton der Volksabstimmung unterstehen, dem Volk zur Stellungnahme vorzulegen sind.

Die Abänderung der Verfassung des Kantons Zürich beschlägt nur das kantonale öffentliche Recht und widerspricht nicht dem Bundesrecht. Wir beantragen Ihnen daher, den Verfassungsänderungen durch Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes die Gewährleistung des Bundes zu erteilen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 27. Februar 1956.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates,

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Der Vizepräsident: Streuli Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Gewährleistung der geänderten Artikel der Verfassung des Kantons Zürich

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung des Artikels 6 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar 1956 in Erwägung, dass die vorliegenden Verfassungsänderungen nichts enthalten, das dem Bundesrecht widerspricht, beschliesst:

Art. l Den in der Volksabstimmung vom 4. Dezember 1955 beschlossenen Änderungen der Artikel 13, 18, 29vAbsatz 3, und Artikel 30 der Verfassung des Kantons Zürich wird die Gewährleistung des Bundes erteilt.

Art. 2 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

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1956

Année Anno Band

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10

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7072

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.03.1956

Date Data Seite

674-678

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