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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend ein Sofortprogramm zur Beschaffung von Kriegematerial (Vom 7. Dezember 1956)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen den Antrag auf Durchführung eines Sofortprogrammes zur Beschaffung von Kriegsmaterial für die Armee zur Beschlussfassung zu unterbreiten.

I.

Das Eüstungsprogramm des Jahres 1951 bezweckte in erster Linie, Bewaffnung und Ausrüstung unserer Armee der Truppenordnung 1951 anzupassen und zugleich eine Verstärkung ihrer Kampfkraft herbeizuführen.

Aus verschiedenen, bereits früher dargelegten Gründen konnte das Eüstungsprogramm bis zum heutigen Tag nicht vollständig durchgeführt werden. Dazu kommt, dass in den letzten Jahren die Entwicklungen auf dem Gebiet des Kriegsmaterials zu neuen Ergebnissen geführt haben. Insbesondere sind bezüglich der taktischen Atomwaffen Portschritte erzielt worden, die sich bei der Aufstellung des Eüstungsprogramms noch nicht in allen ihren Auswirkungen überblicken Hessen.

Wir werden deshalb immer gezwungen sein, unsere eigene Ausrüstung der allgemeinen Entwicklung anzupassen und - immer im Eahmen unserer Eigenständigkeit - Beschaffungen von neuen Waffen oder Verbesserungen an bestehenden vorzunehmen. Es war deshalb vorgesehen, im Laufe der nächsten Jahre durch Vorlage neuer Kreditbegehren die nicht verwirklichten Beschaffungen des Eüstungsprogramms noch durchzuführen und zugleich weitere, notwendige Verstärkungen der Armee vorzuschlagen.

846 Nun aber sehen -wir uns veranlagst, Ihnen eine Beschleunigung dieser Massnahmen vorzuschlagen. Dabei handelt es sich um Beschaffungen dringlicher Natur, die soweit vorbereitet sind, dass die notwendigen Bestellungen unverzüglich in die Wege geleitet und die immer langen Lieferfristen entsprechend verkürzt werden können. Durch diese Massnahmen wird der zukünftigen Gestaltung unserer Armee nicht vorgegriffen. Es handelt sich noch um einzelne Posten des Eüstungsprogrammes 1951, das insbesondere in bezug auf die ursprünglich in Aussicht genommene Beschaffung von Panzern, von Fliegerabwehrgeschützen und der dazugehörigen Munition nicht vollständig zur Durchführung gelangte, II.

Bei dem zur Beschaffung. beantragten Kriegsmaterial des vorliegenden Programmes handelt es sich um folgende Waffen und Ausrüstungsgegenstände : 1. Das Sturmgewehr. Der Kampf der modernen Infanterie erfordert gebieterisch eine Erhöhung ihrer Feuerkraft. Dies bedingt die Einführung einer automatischen Waffe in der Hand des Einzelkämpfers. Diese Waffe muss den Erfordernissen einer genügenden Präzision und Geschosswirkung bis zu 800 m sowie einer handlichen Bedienung und eines geringen Gewichts genügen. Seit mehreren Jahren ist deshalb sowohl von der Eidgenössischen Waffenfabrik wie auch von der Privatindustrie intensiv an der Entwicklung eines Sturmgewehrs gearbeitet worden, mit dem die normale Gewehrpatrone verfeuert werden kann.

Diese Waffe wird für Einzel- und Seriefeuer verwendbar sein, wobei im Einzelfeuer praktisch die gleiche Präzision wie mit dem Karabiner erzielt wird.

Durch die Ausrüstung der Infanterie mit einem Sturmgewehr wird die Zahl der automatischen Waffen vervielfacht und zugleich die durch den Einsatz von Atomwaffen notwendig gewordene Dezentrahsation der Truppe ermöglicht.

Die Entwicklung eines schweizerischen Sturmgewehrs steht unmittelbar vor dem Abschluss. Der Entscheid über das einzuführende Modell kann noch vor Ende des laufenden Jahres gefällt werden. Damit mit der Fabrikation unverzüglich begonnen werden kann, ist es notwendig, die erforderlichen Kredite schon heute bereitzustellen.

Die Beschaffung der notwendigen Anzahl Sturmgewehre kann nur etappenweise erfolgen und wird sich über mehrere Jahre erstrecken.

Im Hinblick auf die Anlauf Schwierigkeiten jeder grossen Serie muss erfahrungsgemäss mit längeren Fristen für eine Anfangsserie gerechnet werden.

Die Kosten für eine erste Serie von 25 000 Sturmgewehren belaufen sich auf rund 86 Millionen.Franken. In diesen Aufwendungen sind die Werkzeuge und Einrichtungen für eine spätere Grossproduktion Inbegriffen. Wir werden ihnen in der Frühjahrssession die genauen Kostenberechnungen sowie einen Antrag für die Beschaffung weiterer Stunngewehre vorlegen.

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2. Panzer und Panzerabwehr.

·a. In unserer Botschaft vom 18.Februar 1955 betreffend Vermehrung der Panzerabwehrwaffen und Beschaffung von Panzern sowie über die Mehrkosten des Büstungsprograrnms haben wir dargelegt, dass es vor allem finanzielle Gründe waren, die uns veranlagst haben, den eidgenössischen Bäten vorerst nur die Beschaffung von 200 Leichtpanzern «AMX» und 100 mittelschweren Panzern «Centurion» zu beantragen. Nach wie vor bleibt die Erfüllung der ursprünglich mit dem Büstungsprogramm in Aussicht genommenen Beschaffung von 550 Panzern ein dringendes Bedürfnis.

Der heute notwendige, aufgelockerte Kampf der Infanterie kann mit wesentlich mehr Erfolg geführt werden, wenn die infanteristischen Verbände über eigene Panzer zur direkten Feuerunterstützung verfügen. In allen ausländischen Armeen gehören heute Panzerverbände organisch zur Infanteriedivision.

Wiederum im Hinblick auf die heutige Lage halten wir es für ein dringendes Gebot, die Zahl unserer Panzer um weitere 100 Stück zu vermehren. Hiefür kommt der englische Panzer «Centurion» in Frage, von welchem das noch etwas verbesserte Modell «Mark VII» innert einer Frist von 18 Monaten vom Zeitpunkt der Bestellung an gerechnet erhältlich ist.

Dio weitere Beschaffung von «Centurions» erscheint auch deshalb angezeigt, weil mit den bisher gelieferten Fahrzeugen gute Erfahrungen gemacht wurden und weil der «Centurion» immer noch als einer der besten Panzer dieser Art gelten darf. Die Kosten für die Beschaffung von 100 weitern Panzern vom Typ «Centurion VII» stehen noch nicht fest; nach den zuletzt erhaltenen Auskünften dürften diese nicht wesentlich von den Kosten der ersten Serie abweichen. Wir halten es deshalb für richtig, hiefür vorläufig einen Kredit von 100 Millionen Franken in Aussicht zu nehmen; in dieser Summe sind die Kosten für Munition, Ersatzteile und Begleitfahrzeuge eingeschlossen. Nähere Angaben über die Kosten dieser Serie «Centurions» sollen den Bäten in der Frühjahrssession gemacht werden.

l>. Neben der Beschaffung von Panzern wird unsere Panzerabwehr auch noch durch andere Waffen verstärkt. So wurde dieses Jahr im Bahmen des Büstungsprograrnms eine Serie von 220 Stück 9 cm L. Pak. Modell 1957 angeordnet. Dieses neue Modell weist eine grössere Reichweite auf als das Modell 50 und ist vorgesehen zur Verstärkung der
Panzerabwehr der Grenzbrigaden.

Ausserdem ist eine verbesserte Panzerwurfgranate in Herstellung begriffen. Auch sind Studien und Versuche für ein verbessertes, leichteres und handlicheres Eaketenrohr im Gange.

c. Ein weiteres, wirkungsvolles Mittel zur Panzerabwehr bedeutet die Panzerabwehrmine. Die Armee verfügt heute noch nicht über eine genügend grosse Zahl von Panzerabwehrminen. Wir nehmen deshalb in Aussicht, die Zahl der Panzerminen 58 zu vermehren durch eine Weiterführung der zur Zeit

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laufenden Fabrikation; ausserdein soll eine grössere Zahl von metallfreien Minen aus dem Ausland beschafft werden. Da die Modelle ausländischer Herkunft bereits erprobt worden sind, kann sofort eine erste Serie solcher Minen im Ausland bestellt und innert kurzer Zeit abgeliefert werden.

Hiefür setzen wir einen ersten Betrag von 5 Millionen Franken ein.

8, Die F l u g w a f f e . Bereits in verschiedenen früheren Botschaften haben wir die Planung der Erneuerung unserer Flugwaffe umrissen. Die in dieser Planung eingestellten Düsenflugzeuge («Vampire» und «Venom») werden-zu Beginn des Jahres 1958 restlos abgeliefert sein, so dass in jenem Zeitpunkt unsere Luftwaffe vollständig mit Düsenflugzeugen ausgerüstet sein wird. Für eine weitere Beschaffung kommt jedoch das jüngste Modell des «Venom» nicht mehr in Frage, da dieses durch modernere Entwicklungen bereits überholt ist. Obschön die Eigenentwicklung unseres P 16 bis heute befriedigende Fortschritte gemacht hat, sind dennoch eine Reihe weiterer Versuche und Prüfungen notwendig, bevor ein endgültiger Entscheid über die Beschaffung des P 16 gefällt werden kann. Dies wird frühestens in der zweiten Hälfte 1957 möglich sein, was zur .Folge hat, dass mit der Lieferung von P 16-Fhigzeugen nicht vor dem Jahre 1960 gerechnet werden kann. Dadurch würde es möglich sein, die 1959 das Ende ihrer Lebensdauer erreichenden «Vampire» der ersten Serie zu'ersetzen. Bei der grossen Bedeutung der Luftlandeaktionen der modernen Kriegsführung scheint es jedoch in der heutigen Zeit angezeigt, unsere Luftverteidigung durch die Beschaffung einer kleinen Serie leistungsfähiger und moderner Düsenflugzeuge zu verstärken. Die Kriegstechnische .Abteilung hat in Verbindung mit der Fliegertruppe verschiedene moderne ausländische Flugzeuge erprobt und auf ihre Verwendbarkeit in unseren besondern Verhältnissen geprüft. Dabei zeigt es sich, dass im heutigen Zeitpunkt einzig das französische Modell «Mistèro D7a» Eigenschaften aufweist, die unseren Bedürfnissen am ehesten entsprechen.

Gegenwärtig wird dieses Flugzeug in einer grossen Serie hergestellt, so dass eine kleine Anzahl in etwa zwei Jahren lieferbar wäre. Es ist beabsichtigt, zwei Fliegerstaffeln damit auszurüsten, wofür 40 Flugzeuge benötigt werden. Mit diesen zwei Staffeln würden wir in relativ kurzer Frist über modernere
Mittel verfügen als diejenigen, die uns heute zum Schutz unseres Luftraumes zur Verfügung stehen.

Die Gesamtkosten für die Beschaffung von 40 Flugzeugen vom Typ «Mistèro IVa» mit Bewaffnung und Munition sowie den notwendigen Ersatzteilen und Unterhaltseinrichtungen sind noch nicht restlos abgeklärt. Wir werden die genauen Berechnungen für die Frühjahrssession vorlegen. Heute ist vorläufig mit einer Summe von 100 Millionen Franken zu rechnen.

4. Die Fliegerabwehr. In unserer bereits genannten Botschaft vom 18. Februar 1955 haben wir dargelegt, dass die 20 mm Fliegerabwehrgeschütze aus Kostengründen nicht im vorgesehenen Umfang beschafft werden konnten und dass aus demselben Grund auch die ursprünglich dafür in Aussicht genom-

849 mene Munition nur teilweise in Auftrag gegeben .-worden ist. Für die Munition fielen die Kosten besonders ins Gewicht, da die Munition - entgegen der ursprünglichen Erwartung - für die neuen Geschütze durchwegs neu beschafft; werden musste. Diese Kürzung des Programms hatte zur Folge, dass nicht alle Truppen, die mit dem neuen Geschütz hätten ausgerüstet werden sollen, dieses tatsächlich erhalten haben. Es war jedoch von jeher vorgesehen, an der vollständigen Erfüllung des seinerzeitigen Programms festzuhalten und sobald als möglich die Beschaffung der fehlenden Geschütze und der benötigten Munition nachzuholen. Für die Märzsession beabsichtigen wir eine Kreditvorlage für die Beschaffung der restlichen, im Eüstungsprogramm vorgesehenen Geschütze und Munition einzubringen. Gegenwärtig sind aber eine kleine Anzahl solcher Geschütze beim Fabrikanten greifbar, so dass wir Ihnen beantragen, diese unverzüglich zu erwerben. Die hiefür beantragten Auslagen betragen 3 Millionen Franken.

5. L u f t s c h u t z m a t e r i a l . Die Luftschutztrappe verfügt heute erst über die Hälfte des notwendigen technischen Materials. Ausserdem ist das Material für den chemischen Dienst und den Übermittlungsdienst nur als Schulmaterial vorhanden, während es im Korpsmaterial noch fehlt.

Wir sehen vor, das von der Luftschutztruppe in erster Dringlichkeit benötigte fehlende Material in die Vorlage vom nächsten Frühjahr aufzunehmen.

Dagegen ist es notwendig, heute schon die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Truppe mit Gasschutzmaterial, welches ihr die Bettung der Bevölkerung aus vergifteten oder verseuchten Bäumen gestattet, auszurüsten.

Ausserdem soll noch das dringendste Material für den Feuerwehrdienst beschafft werden. Gesamthaft handelt es sich um einen Betrag von 5 Millionen Franken.

6. Sanitätsmaterial. Je leistungsfähiger und je vollständiger ein Sanitätsdienst ausgerüstet ist, desto grössere Erfolge können in der Behandlung der Verwundeten erzielt werden. Die in Indochina und Korea gemachten Erfahrungen sprechen auf diesem Gebiet eine eindeutige Sprache. Die geplanten Verbesserungen beziehen sich auf das Gebiet der Krankheitsverhütung, der Prophylaxe, der Frühbehandlung, der Narkose-Anästhesie, des Bluttransfusionsdienstes und des Transportes von Schwerverletzten.

Für die Beschaffung
des für den Sanitätsdienst benötigten Materials sollen die notwendigen Beträge in die vorgesehene Frühjahrsvorlage eingestellt werden.

Um jedoch mit der Beschaffung des notwendigsten Materials sofort beginnen zu können, wird ein vorläufiger Betrag von 10 Millionen Franken benötigt.

III.

· Gesamthaft belaufen sich die Kosten des beantragten Sofortprogramms auf folgende Summen:

850 Millionen Franken

-

Sturmgewehr Panzer und Panzerabwehr Flugwaffe Fliegerabwehr Luftschutzmaterial Sanitätsmaterial Total

36 105 100 8 5 10 259

Wir beehren uns, Ihnen den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend ein Sofortprogramm zur Beschaffung von Kriegsmaterial im Gesamtbetrag von 259 Millionen Franken zur Annahme zu empfehlen.

Da der beantragte mitfolgende Beschluss die vorgesehene Kreditgrenze von 5 Millionen Franken überschreitet, benötigt er gemäss Bundesbeschluss über die Finanzordnung das absolute Mehr der beiden Räte (Ausgabenbremse).

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den T.Dezember 1956.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Feldmann Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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Entwurf

Bundesbeschluss betreffend

ein Sofortprogramm zur Beschaffung von Kriegsmaterial

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 7.Dezember 1956, beschliesst:

Art. l Der sofortigen Beschaffung von Kriegsmaterial gemäss Botschaft vom 7.Dezember 1956 wird zugestimmt und hiefür ein Gesamtkredit von 259 Millionen Franken bewilligt.

Der jährliche Zahlungsbedarf ist in den Voranschlag einzustellen. Für 1957 ist der Zahlungsbedarf in die Nachtragskredite aufzunehmen.

Art. 2 Dieser Bundesbeschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend ein Sofortprogramm zur Beschaffung von Kriegsmaterial (Vom 7. Dezember 1956)

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1956

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7295

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13.12.1956

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