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Bundesblatt 108. Jahrgang

Bern, den 28. August 1956

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 3O Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung dee Abkommens über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Regierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Gebiete der friedlichen Verwendung der Atomenergie (Vom 81. Juli 1956) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit das Abkommen zwischen der Schweizerischen Regierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Zusammenarbeit auf dem Gebiete der friedlichen Verwendung der Atomenergie, welches am 21. Juni 1956 in Washington unter Ratifikationsvorbehalt unterzeichnet wurde, zur Genehmigung zu unterbreiten.

I. Einleitung: Die friedliche Verwendung der Atomenergie Im Verlaufe der letzten Jahre sind auf dem Gebiete der friedlichen Verwendung der Atomenergie bemerkenswerte Fortschritte erzielt worden, die nicht nur einen kleinen Kreis von eingeweihten Wissenschaftlern interessieren, sondern es auch für unser Land zu einer eigentlichen Schicksalsfrage werden, lassen, mit dieser Entwicklung Schritt halten zu können.

Den Forschern und Fachleuten auf dem Gebiete der Kernphysik war zwar schon seit längerer Zeit klar, dass in den Atomkernen ungeheure Kräfte aufgespeichert seien, die die Menschheit früher oder später zu ihrem Heil oder Unheil verwenden würde. Bereits im Jahre 1904 hat der englische Physiker Rutherford vorausgesagt, dass enorme Energien aus sehr kleinen Substanzmengen gewonnen werden könnten, sofern es gelänge, die Geschwindigkeit des Zerfalls radioaktiver Elemente nach Belieben zu regeln. Für die Wissenschaft war es Bundesblatt. 108. Jahrg. Bd. II.

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122 seither eigentlich nur eine Frage der Zeit und der Umstände, wie, wann und wo der menschliche Geist sich dieser neuen Kraftquelle bemächtigen würde. Die Bedeutung der Atomenergie trat für die breitere Öffentlichkeit erstmals in einem höchst unheimlichen Zusammenhang in Erscheinung, nämlich in Verbindung mit der Explosion zweier Atombomben über Japan im Sommer 1945. Aber inzwischen hat sich deutlicher und deutlicher herausgestellt, dass der neu erschlossene Energievorrat keineswegs bloss Werke der Zerstörung verrichten sondern der Menschheit sowohl als Kraftquelle wie auch als Forschungs- und als Heilmittel unabsehbare Dienste leisten könne.

Die Bemühungen um die friedliche Verwendung der Atomenergie wurden auch dadurch angefacht, dass sich vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg immer eindringlicher gezeigt hat, dass der steigende Energiebedarf nicht für alle Zeiten durch die herkömmlichen Energieträger, nämlich Kohle, Rohöl und Wasserkraft, gedeckt werden könne. Insbesondere wirft die industrielle Entwicklung der wirtschaftlich zurückgebliebenen Länder manch heikle Probleme dieser Art auf : denn es lässt sich mit Händen greifen, dass die herkömmlichen Energieträger trotz Entdeckung verschiedener neuer Lagerstätten um so früher zur Neige gehen würden, je näher die Lebensverhältnisse der asiatisch-afrikanischen Völker an den amerikanisch-europäischen Standard mit seinem gewaltigen Energieverbrauch herankämen. Die Suche nach neuen Kraftquellen erweist sich unter diesen Umständen als unerlässliche Voraussetzung für den weitern technischen und wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Fortschritt der Menschheit.

In den Jahren zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg gehörte die Schweiz zu jenen Ländern, die in der Kernforschung einen der vordem Bange einnahmen. Aber aus militärisch-strategischen Erwägungen haben die Grossmächte, allen voran die Vereinigten Staaten, später auch die Sowjetunion und Grossbritannien, in der Kriegs- und Nachkriegszeit enorme Mittel für die Erforschung der Atomenergie bereitgestellt. Diese Länder verfügten auch über die nötigen Spaltmaterialien. Die Schweiz ist dadurch gleich andern Klein- und Mittelstaaten zwangsläufig ins Hintertreffen geraten. Das Ausmass des Bückstandes, welchen unser Land heute auf diesem Gebiete aufzuholen hat, ist der schweizerischen
Öffentlichkeit anlässlich der Internationalen Atomkonferenz, die die Vereinten Nationen im August 1955 nach Genf einberufen hatten, eindringlich vor Augen geführt worden. Bedeutende Entdeckungen und neuartige technische Beahsierungen wurden der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Erstmals konnte man sich hier über die vielfältige Verwendbarkeit des während geraumer 2eit unter vorwiegend militärischen Aspekten erforschten Atomkernzerfalles Rechenschaft ablegen und die Zukunftsmöglichkeiten ermessen, die sich dank der Fortschritte der Kernphysik im Bereiche der Energieerzeugung, der Biologie und Medizin, der Chemie und Metallurgie, der industriellen und landwirtschaftlichen Technik usw. usw. aufgetan hatten.

Freilich waren in der Zwischenzeit die Bundesbehörden wie auch die Kreise der Wirtschaft, der Wissenschaft und Forschung in unserm Lande keineswegs müssig geblieben. Der Bundesrat hat bereits im Herbst 1945, das heisst in einem

123 Augenblicke, da die Kernspaltung zur Hauptsache noch unter militärischen Gesichtspunkten betrachtet wurde, eine Schweizerische Studienkornmission für Atomenergie ernannt, deren Tätigkeit sich in der Folgezeit vor allem auf die Anregung und finanzielle Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung im Bereiche der Atomphysik erstreckte. Zu diesem Zwecke wurde der Studienkommission für die Jahre 1946 bis 1955 ein Betrag von sechs Millionen Franken zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig bemühte sich die Studienkommission um die Beschaffung des für den Betrieb eines schweizerischen Versuchs-Atomreaktors erforderlichen spaltbaren Materials, was ihr angesichts der von den Erzeugerstaaten verfügten Sperre erst im Jahre 1954 gelang.

Während sich die genannte Studienkommission, in der neben den Vertretern des Bundes vor allem namhafte Fachleute auf dem Gebiete der Physik, der Chemie, der Physiologie, der Elektrotechnik usw. sitzen, ausschliosslich mit der wissenschaftlichen Seite dieses Gebietes befasst, besteht zur Betreuung der vorwiegend verwaltungsmässigen Probleme seit Sommer 1955 eine besondere interdépartementale Administrativkommission für Atomenergiefragen. Im Januar 1956 wurde ausserdem im Schosse des Bunderates eine spezielle Delegation für Fragen der Atomenergie gebildet, der die Vorsteher des Politischen, des Volkswirtschafts- und des Post- und Eisenbahndepartements angehören. Zur bestmöglichen Koordinierung aller von der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Verwaltung ausgehenden Pläne und Projekte im Bereich der Atomenergie wie auch zum fortlaufenden Studium aller mit der friedlichen Verwertung der Kernspaltung in unserem Lande zusammenhängenden Probleme wurde gleichzeitig als Delegierter des Bundesrates für Fragen der Atomenergie der frühere Delegierte für Arbeitsbeschaffung, Herr Direktor Dr. Otto Zipfel, ernannt.

Auch die schweizerische Wirtschaft hat die Bedeutung der Atomenergie und ihrer zivilen Verwendungsmöglichkeiten beizeiten erkannt, unsere Industrie interessiert sich sowohl für die Fabrikation atomischer Apparaturen wie für die mannigfaltigen Anwendungsgebiete der radioaktiven Isotopen und namentlich auch für die Erzeugung elektrischer Energie aus Atomkraft. Hier steht die schweizerische Atomphysik und Atomtechnik vor einer wichtigen Zukunftsaufgabe, denn unsere als ausbauwürdig
erachteten Wasserkräfte würden in kaum 20 Jahren den Bedarf nicht mehr zu decken vermögen, falls der Stromverbrauch weiterhin im Ausmasse der letzten 10 Jahre ansteigt. Welches aber immer die Richtung der industriellen Anstrengungen sei : Erfolge werden sich nur erzielen lassen, wenn in unserem Lande fortan auf breiter Grundlage geforscht und experimentiert werden kann.

Solchen Überlegungen entstammte das Projekt, in der Schweiz einen Versuchsreaktor zu errichten, der mit natürlichem Uranmetall als Spaltstoff und schwerem Wasser als Moderator arbeitet. Gebaut und betrieben wird die Anlage von einer eigens hierfür gegründeten Gesellschaft, der EeaktorAG., an der sich 141 schweizerische Firmen durch Zeichnung des Aktienkapitals und durch weitere Beiträge beteiligt haben. Der Gesellschaftszweck ist auf die praktische Forschung und technische Entwicklung beschränkt, deren Ergebnisse der

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schweizerischen Wirtschaft und Wissenschaft zugute kommen sollen. Durch Bundesbeschluss vom 21. Dezember 1954 wurde der Bund bekanntlich ermächtigt, auch seinerseits den Bau und Betrieb des Schwerwasserreaktors mit insgesamt 11,8 Millionen Pranken zu unterstützen, wofür sich die Eeaktor AG.

zur Einhaltung verschiedener im Interesse der Wissenschaft, Forschung und Nachwuchsschulung gelegener Bedingungen verpflichtete. Freilich werden noch ungefähr zwei Jahre verstreichen, ehe der im Bau befindliche Beaktor seine Arbeit aufnehmen kann. Erfreulicherweise gelang es dem Bund in der Zwischenzeit, den von der amerikanischen Atomenergiekommission anlässlich der Genfer Atomkonferenz ausgestellten Swimmingpool-Reaktor (eine kleinere Versuchsanlage, die mit angereichertem Uran und natürlichem Wasser arbeitet) zu erwerben und zu Ausbildungs- und Experimentierzwecken an die Beaktor AG.

abzutreten. Im übrigen hat der Vorsteher des Eidgenössischen Politischen Departements in seiner Antwort auf die Interpellation Spühler vorn 14. Juni 1956 bereits im einzelnen auf die Arbeit der Behörden und der Privatwirtschaft auf dem Gebiet der Atomenergie hingewiesen.

Es würde jedoch ziemlich aussichtlos anmuten, wenn die Schweiz auf dem Gebiete der friedlichen Anwendung der Atomenergie vollkommen eigene Wege gehen wollte. Denn gerade im Bereiche der Kernkräfte und ihrer Verwertung bestehen vielerlei wechselseitige Abhängigkeiten, mit denen namentlich die Klein- und Mittelstaaten zu rechnen haben. Sowohl für die Beschaffung der Atomspaltstoffe wie für den Austausch der Forschungsergebnisse und der technischen Erfahrungen ist die Schweiz auf die internationale Zusammenarbeit angewiesen. Dieser Einsicht folgend, ist die Schweiz auf Grund des Bundesbeschlusses vom 30. September 1953 dem Europäischen Eat für Kernforschung beigetreten, aus dem zwei Jahre später die Europäische Organisation für Kernforschung (CEEN) hervorgegangen ist. Die Ziele dieser Organisation sind rein wissenschaftlicher Art : sie umfassen einerseits die Förderung der Kernforschung und der Erforschung der kosmischen Strahlung, den Austausch der Forschungsergebnisse und die Ausbildung des Nachwuchses, anderseits aber die Errichtung eines mit zwei mächtigen Beschleunigungsapparaten ausgerüsteten kernphysikalischen Forschungsinstitutes in Genf. Als
praktisch-industrielle Ergänzung des CEEN wurde auf britische Anregung die Europäische Gesellschaft für Atomenergie mit Sitz in Harwell (England) gegründet, der die Schweiz ebenfalls angehört, und die sich hauptsächlich dem Erfahrungsaustausch, der Information und Dokumentation sowie der Aufstellung einer einheitlichen Nomenklatur widmet.

Aber nicht nur die wissenschaftlichen Aspekte, sondern auch die durch den Stand der Forschung in greifbare Nähe gerückte wirtschaftüche Ausnützungsmöglichkeit der Atomenergie beschäftigt in zunehmendem Masse eine Eeihe der wichtigsten internationalen Organisationen. So sind die Vereinten Nationen gegenwärtig im Begriffe, eine internationale Atombehörde zu schaffen, die den Namen «Weltatomagentur» tragen und sich mit der Verteilung der Kernbrennstoffe unter jene Staaten, die keine eigenen Vorkommen besitzen, und der

125 Durchführung internationaler Kontrollen befassen soll. Die Satzungen dieser Agentur sind bereits in einem von den wichtigsten Atommächten genehmigten Entwurf fertiggestellt; sie sollen im Herbst 1956 auf einer nach New York einberufenen diplomatischen Konferenz, zu der auch die Schweiz eingeladen -worden ist, beraten werden.

In besonderem Masse hat sich auch die Europäische Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECE) in Paris mit der Frage einer europäischen, Zusammenarbeit auf dem Gebiete der friedlichen Verwendung der Atomenergie befasst. Auf Grund eingehender Studien verschiedener Arbeitsgruppen, die hierüber auch mit den schweizerischen Behörden und Wirtschaftskreisen Besprechungen geführt haben, hat die Ministerratskonferenz der OECE unter Zustimmung der vom Vorsteher des Eidgenössischen Politischen Departements geleiteten schweizerischen Delegation am 18. Juli 1956 die Schaffung eines Direktionskomitees für Atomenergie beschlossen, dessen Tätigkeit neben dem Erfahrungsaustausch vor allem die Gegenüberstellung der Länderprogramme und die gegenseitige Abstimmung der nationalen Gesetzgebungen, besonders auf dem Gebiete des Strahlenschutzes, die Schaffung eines allgemein gültigen Kontrollsystems, die Festlegung internationaler Standardnormen, die Liberalisierung des Handels mit Atomenergiematerialien usw. umfassen soll; überdies will die OECE die Gründung von Gemeinschaftsunternehmungen zur Anreicherung und Aufbereitung des Spaltmaterials (Isotopentrennungsanlage, chemische Trennungsanlage) und zur Atomkraftnutzung, die die Ökonomischen und finanziellen Möglichkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten übersteigen würden, in die Wege leiten. Die in einem liberalen Eahmen gehaltenen Bestrebungen der OECE auf dem Gebiete der atomwirtschaftlichen Zusammenarbeit verfolgt die Schweiz als Mitglied dieser Organisation mit Aufmerksamkeit und Sympathie. Sie arbeitet in den entsprechenden Gremien aktiv mit und hat, ohne die Frage der späteren Beteiligung der Schweiz an derartigen Gemeinschaftsanlagen zu präjudizieren, ihre Bereitschaft erklärt, an den Studiengesellschaften für die Projektierung einer Isotopentrennungsanlage und einer Anlage für chemische Trennung sowie an den Arbeitsgruppen für Eeaktorenprototypen und für die Planung von Atomkraftwerken mitzuwirken. Zu den Bestrebungen der sechs
Montanunionsländer, eine bedeutend straffere europäische Atomorganisation namens «Euratom» ins Leben zu rufen, hat unser Land, das der Gruppe der sechs Staaten der Brüsseler Konferenz nicht angehört, keine Stellung zu nehmen. Es werden Wege gefunden werden müssen, diese Bemühungen harmonisch mit den Arbeiten der OECE in Einklang zu bringen.

So wichtig diese allerdings noch in ihren Anfängen stehende internationale Zusammenarbeit im Eahmen multilateraler Vereinbarungen ist, vermag sie dem Aufholbedarf unserer Wirtschaft und Wissenschaft heute noch nicht zu genügen.

Vielmehr drängt sich unter bestimmten Umständen deren Ergänzung durch bilaterale Verträge auf. Daher erwies sich namentlich eine Eegelung unserer atomwirtschaftlichen und atomwissenschaftlichen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten als besonders wünschbar. Gegenüber andern Ländern ver-

126 fügen die USA sowohl im Hinblick auf ihre Vorräte an spaltbarem Material wie auch im Hinblick auf den Stand ihrer Forschungen über einen eindeutigen Vorsprung. Nach dem am 18. Juli 1955 erfolgten Abschluss eines Kaufsvertrages mit Bezug auf den in Genf ausgestellten Versuchsreaktor, dessen Klauseln bereits eine auf die damit zusammenhängenden wissenschaftlichen Belange beschränkte Zusammenarbeit vorsehen, erwies sich eine Vertiefung dieser Beziehungen und Ausdehnung auf das Gebiet der industriellen Anwendung der Atomenergie als äusserst wünschbar. Das amerikanische Atomenergiegesetz von 1954, das die Lieferung von Spaltmaterial, atomischen Geräten und «klassifizierten» Informationen an das Ausland vorsieht, bot hiefür die Möglichkeit.

Es schreibt der amerikanischen Eegierung jedoch gleichzeitig die Sicherheitsbedingungen vor, die sie dem ausländischen Vertragspartner zu überbinden hat, um zu verhindern, dass Atomspaltstoffe und kernphysikalische Kenntnisse missbräuchlich zu militärischen Zwecken verwendet werden. Sowohl die UNO wie die OECE möchten den von ihnen geplanten Atominstitutionen eine solche Sicherheitskontrolle auf multilateraler Grundlage übertragen. Da zurzeit aber noch keine internationalen Aufsichtsorgane tätig sind, behält sich die amerikanische Eegierung durch Abschluss zweiseitiger Verträge mit den Ländern, die eine atonrvrissenschaftliche und atomwirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten wünschen, diejenigen Kontrolhnöglichkeiten vor, auf die sie aus Sicherheitsgründen nicht glaubt verzichten zu können. Die amerikanischen Ansprüche auf diesem Gebiete haben für unser Land, das auf die Erhaltung seiner Souveränität und Neutralität stets grossies Gewicht legt, gewisse Probleme heraufbeschworen. Wir werden diese Fragen, die, wie wir glauben, eine befriedigende Lösung gefunden haben, in den folgenden Abschnitten näher erläutern.

Anderseits mussten sich die schweizerischen Unterhändler vor Augen halten, dass ein Kooperationsvertrag mit den Vereinigten Staaten, der den Austausch vertraulicher Informationen im Bereiche der Atomphysik und der Atomtechnik, insbesondere des Baus von Atomreaktoren, ferner die Lieferung von Apparaten und Ausrüstungsgegenständen und schliesslich die Abtretung von spaltbarem Material zum Ziele hat, zur Aufholung unseres Rückstandes auf
dem Gebiete der Kernenergie und ihrer zivilen Verwendung in hohem Masse geeignet erscheint. Die Vorteile, die sich aus einem solchen Abkommen für die Entwicklung unserer eigenen Atomforschung und Atomtechnik ergeben, sind von der schweizerischen Industrie sofort wahrgenommen worden. Die Verhandlungen wurden deshalb mit grösstmöglicher Beschleunigung geführt. Dies bedarf vielleicht noch einer näheren Erläuterung.

Wir haben bereits auf die Bemühungen der OECE für eine Zusammenarbeit auf dem Gebiete der Atomenergie und auf die in Bildung begriffene Atomagentur der Vereinten Nationen hingewiesen. Man kann daher die Frage stellen, warum wir nicht abgewartet haben, bis unser Land über eine der internationalen Organisationen in den Besitz spaltbaren Materials und geheimer Informationen hätte gelangen können. Die Gründe sind in der Hauptsache die folgenden :

127 Die Schweiz befindet sich zwar in der glücklichen Lage, vorläufig noch über unausgenützte Wasserkräfte zu verfügen, deren Ausbau die Bedarfsentwicklung aber auf die Dauer nicht zu befriedigen vermag, sodass auch für uns rein energiewirtschaftlich gesehen die Entwicklung der Atomenergie wünschbar ist.

Andere Länder aber stellt der Mangel an ausbaufähigen Wasserkraftwerken und die mit dem steigenden Bedarf zunehmende Knappheit an Kohle vor weit ernstere Probleme. Für sie bildet die Atomenergienutzung den einzigen Ausweg aus einer Lage, die unweigerlich zu einer Stagnation der Wirtschaftstätigkeit verbunden mit einer solchen des Lebensstandards der Bevölkerung führen müsste.

Nun haben wir gerade in unserm Lande eine ausgebaute Industrie für Energieerzeugungsanlagen, deren Fabrikate, ob es sich um Dieselmotoren, Wasser-, Gas- und Dampfturbinen, Generatoren, Dampfkessel, Wärmeaustauscher oder um Mess- und Kontrollinstruinente und all die zahlreichen Zusatzeinrichtungen handle, zum grösseren Teil ins Ausland gehen. Stösst der Absatz dieser Maschinen und Einrichtungen wegen Verknappung der herkömmlichen Energiequellen auf Schwierigkeiten, so muss unsere Industrie in der Lage sein, Ersatzanlageii anzubieten, und für solche kommt nur die Atomenergienutzung in Frage. Soll unsere Industrie nicht aus dem Markt fallen, so bleibt ihr nur übrig, die von ihr bisher hergestellten Maschinen und Einrichtungen der neuen Energiequelle anzupassen und aus ihr das Maximum an Leistung herauszuholen. Aber auch dies allein dürfte nicht genügen, sondern sie muss in der Lage sein, vollständige Anlagen mit Einschluss der Reaktoren anbieten zu können. Dies aber setzt nicht nur forcierte Forschungs- und Entwicklungsarbeit voraus, sondern auch den Besitz einiger Versuchsreaktoren und des zu ihrem Betrieb erforderlichen Betriebsstoffes. Der Beaktor, den die Beaktor AG in Würenlmgen in Bau genommen hat, wird mit natürlichem Uran und schwerem Wasser arbeiten. Noch lässt sich aber nicht voraussehen, ob das natürliche oder das angereicherte Uran der Reaktorbrennstoff der Zukunft sein wird. Die Meinungen darüber sind sowohl bei den Wissenschaftlern wie bei der Industrie geteilt, wobei eine gewisse Bolle spielt, ob ein Land über natürliches Uran verfügt oder gezwungen ist, sich angereichertes in einem Drittland zu verschaffen. Unsere
Wirtschaft kann sich unter diesen Umständen nicht auf einen bestimmten Atomspaltstoff festlegen, sondern ist gezwungen, alle Möglichkeiten ins Auge zu fassen und ihre Forschungen auf breiter Basis zu betreiben. Nur wenn es ihr gelingt, den Wünschen der Kunden auch in bezug auf die Verwendung verschiedener Atombrennstoffe zu entsprechen, wird sie mit einiger Aussicht auf Erfolg den Konkurrenzkampf bestehen können. Es bedeutet dies, dass neben dem Versuchs- und Forschungsreaktor in Würenlingen weitere Versuchsreaktoren entweder im Ausland erworben oder auf Grund ausländischer Erfahrungen in der Schweiz gebaut werden müssen. Als Lieferant solcher Beaktoren und des dazugehörenden Atomspaltstoffs kommen aber zurzeit nur die Vereinigten Staaten von Amerika in Frage. Dieses Land ist auch in der Lage, unserer Industrie die ihr noch fehlenden Erfahrungen sowohl hinsieht-

128 lieh des Baus von Beaktoren und des dabei zu verwendenden Konstruktionsmaterials als auch des Strahlenschutzes und der Beseitigung des radioaktiven Abfallmaterials zu vermitteln.

Soll sich unsere Wirtschaft nicht gezwungen sehen, sich dauernd in ein Abhängigkeitsverhältnis zum Ausland'zu begeben, so muss unsere Forschung sowohl in den Hochschulen und wissenschaftlichen Instituten des Landes als auch in den Laboratorien der Industrie energisch vorwärtsgetrieben werden. Diese Aufgabe wird ihr ganz wesentlich erleichtert, wenn auf bereits gemachten Erfahrungen aufgebaut werden kann und diese nicht erst unter Aufwendung grosser finanzieller Mittel und mit erheblichem Zeitverlust mühsam selber erarbeitet werden müssen. Sie ist aber gänzlich unlösbar, wenn zur Durchführung der Forschungen und Versuche die nötigen Grundstoffe, vor allem das angereicherte Uran und Plutonium, fehlen.

Aber nicht nur die Maschinen- und elektrotechnische Industrie sowie die Metallindustrie sind am Abschluss des Abkommens mit den Vereinigten Staaten sehr stark interessiert, sondern auch die chemische Industrie und über diese die Medizin und die Landwirtschaft. Die radioaktiven Isotopen als Nebenprodukte der Eeaktoren gewinnen in einer Weise an Bedeutung, die noch vor wenigen Jahren als undenkbar erschien. Ihre Anwendungsmöglichkeiten zu erforschen und entsprechende Produkte herzustellen, fällt ebenfalls in das Aufgabengebiet unserer Wirtschaft.

Es war also in erster Linie die Sorge um die Zukunft wichtiger Teile unserer Wirtschaft, die den Bundesrat zu raschem Handeln und zum Abschluss des vorliegenden Vertrages 'noch während der gegenwärtigen amerikanischen KöngressSession - das Abkommen muss während dreissig Tagen vor Vertagung des Kongresses aufgelegt werden - veranlasst hat. Wo es, wie in diesem Palle, um das Aufholen eines Eückstandes geht, ist der Zeitfaktor von grösster Wichtigkeit, und der Bundesrat war der Auffassung, dass ein Zuwarten bis zur Möglichkeit einer Belieferung unseres Landes durch eine internationale Organisation nicht hätte verantwortet werden können. Dies um so weniger, als niemand voraussagen kann, zu welchem Zeitpunkt die eine oder andere dieser Organisationen in einem für die Schweiz ausreichenden Masse ihre Tätigkeit wird ausüben können. So rechnet zum Beispiel die OECE nicht damit, dass eine
gemeinschaftliche europäische Isotopentrennungsanlage zur Herstellung von angereichertem Uran vor vier bis fünf Jahren fertiggestellt werden könnte. Auch ist es fraglich, ob dann auf mulilateraler Basis günstigere Bedingungen vereinbart werden könnten. Wir werden weiter unten noch verschiedentlich auf die Tendenz zur weltweiten Angleichung, insbesondere der Sicherheits- und Kontrollbestimmungen, zu sprechen kommen. So wichtig diese OECE-Projekte für die Schweiz werden können, entheben sie unser Land daher doch nicht der Notwendigkeit, eine Sofortlösung zu finden. Sie bilden jedoch eine wertvolle Ergänzung des bilateralen schweizerisch-amerikanischen Abkommens, insbesondere wenn es gelingen sollte, eine europäische chemische Trennungsanlage zu schaffen, in der später das von den USA gelieferte Spaltmaterial aufgearbeitet werden könnte.

129 Schliesslich sei noch erwähnt, dass, obschon beim Spaltmaterial die Vereinigten Staaten ausschliesslich und bei den vertraulichen Informationen wohl noch auf längere Sicht hauptsächlich der gebende Teil sein werden, der Gegenseitigkeitscharakter des Vertrages nach Möglichkeit betont wurde, wobei amerikanischerseits wohl auch erwogen worden ist, dass das Abkommen zu einer Erweiterung der Handelsbeziehungen führen kann. Die Informationen werden zumeist im Zusammenhang mit dem Aufbau-, Kern- und Moderatormaterial geliefert werden, das unser Land nicht geschenkweise erhalten, sondern im Gefüge normaler Handelsgeschäfte gegen Entgelt beziehen wird, und die schweizerische Industrie wird vermutlich auf Grund des Abkommens allerlei Ausrüstungsgegenstände und Apparaturen, vielleicht auch ganze Atomreaktoren, in den Vereinigten Staaten kaufen.

Die Verhandlungen wurden nach ersten Sondierungen im Oktober 1955 anfangs dieses Jahres auf diplomatischem Wege aufgenommen. Unserer Gesandtschaft in Washington standen die Herren Professor Dr. Paul Scherrer und Dr. Walter Boveri als Experten zur Verfügung. Im Mai wurden die Verhandlungen von einer unter Leitung von Herrn Direktor Dr. Otto Zipfel, Delegierter des Bundesrates für Fragen der Atomenergie, stehenden Delegation weitergeführt. Sie gelangten durch die Unterzeichnung des Abkommens am 21. Juni zum erfolgreichen Abschluss. Die durch Vertreter der Wissenschaft und der Privatwirtschaft erweiterte Administrativkommission für Atomenergiefragen hat den Abkommensentwurf durchberaten und dem Bundesrat einstimmig die Annahme empfohlen.

Im nachfolgenden Abschnitt werden wir zuerst die einzelnen Bestimmungen des Abkommens kurz erläutern, um anschhessend in Abschnitt III auf diejenigen Fragen von grundsätzlicher staatspohtischer Bedeutung, wie sie vor allem durch das System der Sicherheitsbestimmungen aufgeworfen werden, näher einzutreten. Auch werden wir in diesem Abschnitt zar neutralitätspolitischen Seite des Abkommens Stellung nehmen und ferner einige privatrechtliche Besonderheiten, wie sie die Patentregelung darstellt, kommentieren.

Schliesslich glauben wir, einige Angaben über die Art und Weise, wie die einzelnen interessierten schweizerischen Wirtsehaftskreise und Universitäten in den Besitz der amerikanischen Leistungen gelangen können und wie sich
diesbezüglich die Beziehungen zwischen Behörden, Wissenschaft und Privatindustrie gestalten werden, machen zu sollen.

H. Inhalt des Abkommens A r t i k e l I. Das Abkommen, das nach erfolgter Ratifikation durch beide Vertragsparteien in Kraft treten soll, ist für eine Dauer von 10 Jahren abgeschlossen worden. Es kann jedoch von jeder Partei bereits nach Ablauf von 5 Jahren unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist beendigt werden.

Die Tragweite des Abkommens wird in Artikel II umrissen. Dieser stellt fest, dass die beiden Begierungen bei der Nutzbarmachung der Atomenergie

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ausschliesslich zu friedlichen Zwecken zusammenarbeiten werden. Eine Zusammenarbeit im militärischen Bereich wird ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Arten dieser Zusammenarbeit werden in den Artikeln III bis VIII festgelegt. Sie bezieht sich auf Expérimental- und Leistungsreaktoren, die im Eahmen des Atomenergieprogramms der Vertragsparteien gebaut und betrieben werden, und wird sich in drei verschiedenen Gestalten abwickeln : erstens in Form eines Austausches sogenannter klassifizierter (d.h. als geheim zu behandelnde oder beschränkt zugänglicher) Informationen, zweitens in Form der Abtretung von Apparaturen und Ausrüstungsgegenständen und drittens in Form des Verkaufs von spaltbarem Material. Das vorliegende Abkommen stellt, wie aus dem Text deutlich hervorgeht, lediglich einen Rahmen dar, der die Gebiete abgrenzt und das Ausmass festsetzt, in dem der eine Vertragspartner Leistungen des andern in Anspruch nehmen kann, aber nicht in Anspruch nehmen muss. Der praktische Gehalt dieser Bestimmungen wird von den einzelnen Transaktionen abhängen, die auf Grund des Abkommens von Fall zu Fall zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten abgeschlossen werden. Das Abkommen sieht nirgends eine Bezugsverpflichtung der Schweiz vor; der Schweizerische Bundesrat bleibt somit völlig frei, zu bestimmen, in welchem Umfang er von den Möglichkeiten, die der Vertrag bietet, Gebrauch machen will. Das wird weitgehend von den Bedürfnissen der Privatwirtschaft abhängen. Die Modalitäten, gemäss denen die amerikanischen Informationen, Ausrüstungsgegenstände und spaltbaren Materialien durch den Delegierten des Bundesrates für Fragen der Atomenergie an die einzelnen privaten Interessenten abgegeben werden, sind weiter unten näher ausgeführt.

A r t i k e 1111 des Abkommens sieht den Austausch sogenannter klassifizierter Informationen vor, das heisst solcher Informationen, die zum Grossteil auf den Forschungen der amerikanischen Atomenergiekommission beruhen und nach amerikanischer Gesetzgebung zurzeit noch geheimgehalten oder in ihrer Verbreitung beschränkt werden müssen bzw. dem Ausland nur im Eahmen besonderer bilateraler Verträge bekanntgegeben werden dürfen. Bei der raschen wissenschaf thchen und technischen Entwicklung auf dem Atomgebiet wird der Umfang der streng geheimen Sphäre natürlich ständig revidiert. Während
einerseits Erfahrungen und Erfindungen Allgemeingut werden, die bis dahin geheimgehalten werden mussten, hegt es in der Natur der Sache, dass anderseits laufend neue.

Entdeckungen gemacht werden, die wenigstens im Anfangsstadium ihrerseits vertraulich bleiben. Durch die Bestimmung, die den Austausch solcher klassifizierter Informationen zwischen Amerika und der Schweiz ermöglicht, erhält unser Land einen zeitlichen Vorsprung bei der Erlangung amerikanischer Forschungsergebnisse.

Die genannten Informationen beziehen sich auf die mit dem Bau und dem Betrieb der verschiedenen Beaktortypen zusammenhängenden Probleme, und zwar im weitesten Sinne. Da die Vereinigten Staaten in dieser Hinsicht bedeutend stärker fortgeschritten sind als die Schweiz, wird unser Land im gegenwärtigen Zeitpunkt den USA kaum Informationen liefern können. Es wird wenigstens für den Anfang ausschliesslich der nehmende Teil sein. Dagegen sind die Informatio-

181 nen, dio die Schweiz von den Vereinigten Staaten auf Grund des Artikels III des Vertrages empfangen wird, von grösster Bedeutung für unsere Wissenschaft und Industrie ; sie ersparen unserm Lande langwierige und kostspielige Forschungsarbeiten und erlauben ihm, seine eigene Atomf orsehung teilweise auf den im Laufe der letzten 15 Jahre erzielten amerikanischen Ergebnisse aufzubauen.

Das Verfahren wird sich im einzelnen so gestalten, dass die amerikanischen Behörden zuerst allgemeine Informationen über die verschiedenen Beaktortypen zur Verfügung stellen, um den schweizerischen Interessenten Gelegenheit zu geben, die für unsere Verhältnisse am besten geeigneten Konstruktionen zu bezeichnen. Über diese werden alsdann auf Wunsch zusätzliche Angaben geliefert. Der Informationsaustausch wird in Form von Berichten, Besprechungen und Besuchen von Forschungsstätten erfolgen.

Artikel III B (8) zählt die verschiedenen technischen Gebiete auf, über die Angaben ausgetauscht werden können. Von allgemeinem Interesse für die Schweiz ist insbesondere die Bestimmung unter lit./, derzufolge mit Bezug auf die einzelnen Eeaktortypen auch Informationen über die Gefährdung durch radioaktive Strahlung mitgeteilt werden sollen und über die Art und Weise, wie das Personal und die Bevölkerung am besten vor solchen Schädigungen geschützt werden können.

Sofern die verschiedenen für die Atomforschung benötigten Materialien (und zwar sowohl Ausgangsmaterial wie spezielles Kernmaterial, ferner Spaltprodukte, andere radioaktive Isotopen sowie stabile Isotopen) im Handel nicht erhältlich sein sollten, werden sie nach den Bestimmungen des Artikels IV in Mengen und zu Bedingungen, die noch vereinbart werden müssen, zu Forschungszwecken ausgetauscht. Immerhin hat die amerikanische Eegierung die Lieferungen in der Weise beschränkt, dass die Menge des gemäss diesem Artikel abgetretenen speziellen Kernmaterials auf schweizerischem Hoheitsgebiet zu keinem Zeitpunkt 100 Gramm Uran 235, 10 Gramm Plutonium und 10 Gramm Uran 233 übersteigen dürfe. Diese Quantitäten werden von den schweizerischen Forschern und Wissenschaftlern als ausreichend für ihre Experimente und Untersuchungen bezeichnet. Diese Versuchsmengen werden erlauben, die wissenschaftlichen Bemühungen in unserm Lande, die auf die Erforschung der Eigenschaften dieser besondern
Kernmaterialien abzielen, zu intensivieren und zu vertiefen und die Bearbeitung der Probleme des Energieverlaufs der Wirkungsquerschnitte, der Sekundärneutronenzahl, der magnetischen und elektrischen Kernmomente usw.

zu ermöglichen. Diese Materiahen sind aber auch besonders wertvoll für den quantitativen Nachweis von Neutronen. Sowohl bei kernphysikalischen Untersuchungen jeder Art, insbesondere aber bei Arbeiten mit Eeaktoren, wird der Nachweis von Neutronen am einfachsten durch den Spaltprozess selbst durchgeführt, wobei die Tatsache, dass der Wirkungsquerschnitt für Energien von zirka l Million Elektronenvolt fast energieunabhängig ist, besonders interessante Möglichkeiten in sich birgt. Da in einem solchen Nachweisgerät Mengen von l bis 1000 Milligramm verwendet werden, scheint auch hier die in Aussicht genommene maximale Quantität als ausreichend. Vielfach gilt das mit U-285 angereicherte

132 Uran im Zusammenhange mit den neu entwickelten Reaktorentypen (sogenannte Brutreaktoren) als der Kernspaltstoff der Zukunft, während Plutonium und Uran 288 beim Spaltungsprozess im Brutreaktor anfällt. Somit erscheint es wichtig, dass sich auch die Chemie mit der Handhabung dieser Materialien vertraut machen kann.

Da die Schweiz zur Zeit keine speziellen Kernmaterialien an die Vereinigten Staaten abzutreten hat, wird sie auch auf diesem Gebiete ausschliesslich der erwerbende Teil sein. Diese Materialien werden im Wege kommerzieller Transaktionen gekauft werden.

Der bereits erwähnte Artikel IV sieht neben dem Materialaustausch überdies die gemeinschaftliche Benutzung besonderer Forschungs- und Prüfungsstätten für Eeaktormaterial vor, sofern dies die Eäumlichkeiten, die Beschaffenheit der Anlagen und die Personalverhältnisse erlauben und soweit solche Einrichtungen nicht im Handel erhältlich sind. Die den schweizerischen Atomwissenschaftlern und Atomingenieuren dank dieser Bestimmung gebotene Möglichkeit, die Forschungs- und Prüfungsanlagen der amerikanischen Atomenergiekommission besuchen und Einblick in ihre Arbeitsmethoden gewinnen zu können, erscheint besonders wertvoll. Auch kann die Schweiz auf diese Weise an Ort und Stelle auf dem Gebiete der Organisation derartiger Versuchsstätten und Laboratorien wie auch auf dem Gebiete der praktischen Handhabung von Schutzvorrichtungen die nötige Erfahrung sammeln.

Artikel V räumt der Schweiz die Möglichkeit ein, in den Vereinigten Staaten atomische Ausrüstungsgegenstände und Apparaturen zu erwerben, die Gegenstand der klassifizierten Informationen bilden. Dies bezieht sich jedoch nicht allein auf Begierungskäufe.

Gemäss A r t i k e l VI können zum Erwerb solcher Einrichtungen auch Privatpersonen und Privatfirmen ermächtigt werden, die der Hoheit der einen oder andern vertragschliessenden Partei unterstehen. Diese Bestimmung wird den schweizerischen Unternehmungen erlauben, direkt mit den amerikanischen Unternehmungen in Fühlung zu treten, um von ihnen Ausrüstungsgegenstände und Apparate, Dienstleistungen oder Informationen zu erlangen, die sich auf den Bau und den Betrieb von Versuchs- und Leistungsreaktoren beziehen. In diesem Zusammenhange sei erwähnt, dass zur Besichtigung der Anlagen der amerikanischen Atomenergiekommission wie auch der privaten
amerikanischen Atomindustrie nur solche Ausländer zugelassen werden, die von der zuständigen Atombehörde im Rahmen eines bilateralen Abkommens akkreditiert worden sind.

Der vorliegende Artikel öffnet den schweizerischen Atomforschern und Atomingenieuren derartige Besuchs- und Besichtigungsmöglichkeiten, Die Anmeldung eines schweizerischen Besuchers muss der Delegierte des Bundesrates für Fragen der Atomenergie in jedem einzelnen Falle auf offiziellem Wege bei der amerikanischen Atomenergiebehörde vornehmen.

Artikel VII setzt die Menge angereicherten Uraniums fest, die die Vereinigten Staaten der Schweiz als Kernspaltstoff für den Betrieb von Forschungs-, Expérimental- und Leistungsreaktoren zu verkaufen bereit sind, Diese Menge wird

183 500 Kilogramm Uran-285 nicht überschreiten. Abgegeben wird es in Form von bis zu einem Maximum von 20 Prozent mit U-235 angereichertem TIran-238. Diese Quantitäten werden ausreichen, um unsern Bedarf an Beaktorenspaltstoff während schätzungsweise zehn Jahren zu decken. Die Lieferungen sollen nach Massgabe unserer effektiven Bedürfnisse erfolgen. Die Vereinigten Staaten werden uns somit nicht mehr Kernspaltstoffe verkaufen, als wir wirklich benötigen.

Irgendwelche Abnahmeverpfhchtungen ist die Schweiz nicht eingegangen. Der Preis wird von Fall zu Fall nach der jeweiligen Marktlage vereinbart werden.

Er beträgt heute zirka $ 25 pro Gramm U-235.

Das Kernmaterial, das die Schweiz von den Vereinigten Staaten erwirbt, muss im Eigentum des Bundes verbleiben, der es den privaten Benutzern zur Verfügung stellen wird. Die Eegeneration des in den Eeaktoren eingesetzten Materials kann in einer Aufbereitungsanlage der amerikanischen Atomenergiekommission oder in einer von ihr genehmigten Anlage ausserhalb der Vereinigten Staaten erfolgen. Die schweizerische Delegation hat in diesem Zusammenhang der Erwartung Ausdruck gegeben, dass die amerikanische Atomenergiekommission ihre Zustimmung zur Benützung einer allfälligen zukünftigen europäischen Gemeinschaftsanlage, wie sie z.B. von der OECE projektiert wird, erteilen würde. Die Vereinigten Staaten behalten sich für alles spezielle Kernmaterial (z.B. Plutonium), daä durch Eeaktoren erzeugt wird, die mit den von den Vereinigten Staaten gelieferten Kernspaltstoffen betrieben werden, ein Optionsrecht vor, sofern es von der Schweiz nicht selbst gebraucht wird. Ferner bedarf die Abtretung solchen Kernmaterials an Drittstaaten der Genehmigung seitens der Vereinigten Staaten.

Besondere Vereinbarungen können gemäss Artikel VIII gegebenenfalls über die Miete, den Kauf und den Verkauf von Atommaterialien (unter Ausschluss des speziellen Kernmaterials, aber einschliesslich des natürlichen Urans und des schweren Wassers) getroffen werden, wenn hiervon grössere als die für Forschungszwecke erforderlichen Quantitäten benötigt werden, dieselben jedoch nicht im Handel erhältlich sind.

Artikel IX regelt die Fragen des Eigentumsrechts an den Erfindungen, welche auf Grund der klassifizierten Informationen getätigt wurden, die in Ausführung des Abkommens mitgeteilt worden
sind. Die Vereinigten Staaten erklären sich bereit, uns geheime Mitteilungen über Forschungsergebnisse zu machen, die die Frucht vieljähriger Bemühungen bilden, möchten sich aber als Gegenleistung gewisse Rechte an den Entdeckungen ausbedingen, die ohne solche Informationen gar nicht möglich wären. Diese Eechte lassen sich im wesentlichen wie folgt umschreiben : a. Den Vereinigten Staaten wird auf ihrem Hoheitsgebiet die Ausübung aller Eechte zugestanden, die von Erfindungen herrühren, welche in der Schweiz gestützt auf geheime Informationen amerikanischer Herkunft getätigt wurden, wobei es gleichgültig ist, ob die Erfindungen der schweizerischen Regierung oder schweizerischen Privatpersonen gehören. Immerhin erhält die Schweiz eine unentgeltliche Lizenz, die nicht exklusiv und unwiderruflich

134 ist und ihr gestatten soll, diese Erfindungen im öffentlichen schweizerischen Interesse in den Vereinigten Staaten zu verwerten, fe. Auf ihr Ansuchen hin erhalten die Vereinigten Staaten eine unentgeltliche, nicht exklusive und unwiderrufliche Lizenz, die ihnen gestatten soll, im öffentlichen amerikanischen Interesse in der Schweiz oder in Drittländern Erfindungen zu verwerten, die in unserm Lande auf Grund geheimer Informationen amerikanischer Herkunft getätigt worden sind.

Im übrigen kann die Schweiz nach Beheben über alle Erfindungen, Entdeckungen, Patente oder Patentanmeldungen in der Schweiz oder in Drittländern verfügen. Immerhin wird vorausgesetzt, dass die amerikanischen Staatsangehörigen keiner Diskriminierung bei der Verleihung von Patentrechten in der Schweiz oder in Drittländern unterliegen sollen, über die die Schweizerische Kegierung zu verfügen hat. Der gleiche Grundsatz gilt für die schweizerischen Staatsangehörigen mit Bezug auf die Verleihung von amerikanischen Lizenzen in USA oder Drittländern.

Umgekehrt bleiben der Schweiz im Hinblick auf diejenigen Erfindungen, welche in den Vereinigten Staaten auf Grund von vertraulichen Informationen schweizerischer Herkunft getätigt werden, dieselben Bechte vorbehalten, soweit die Erfindungen und Entdeckungen der Eegierung der Vereinigten Staaten gehören. Die Beziprozität ist somit gesichert, wenn sie auch praktisch für unser Land vorderhand wenig Bedeutung hat. Im übrigen dürfen die Geheimhaltungsverpflichtungen nicht durch Patentierungen verletzt werden, d.h. in der Schweiz könnten Patente nur insoweit nachgesucht werden, als dadurch keine Bückschlüsse auf die zugrunde liegenden amerikanischen Verfahren möglich würden.

Gemäss Artikel S wird die amerikanische Atomenergiekommission die schweizerische Begierung über die Kriterien unterrichten, welche sie bezüglich der Klassifizierung von Mitteilungen, Materialien und Ausrüstungen aufgestellt hat, die nach Massgabe des Abkommens geliefert werden. Als klassifiziert gelten die Informationen, Materialien und Ausrüstungen, die nicht veröffentlicht werden dürfen und infolgedessen geheimen Charakter haben. Zur Sicherung dieser Klassifizierung sollen die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden. Die Massnahmen, die die Schweiz zu diesem' Zwecke ergreifen wird, werden im wesentlichen darin
bestehen, dass der Zugang zu den klassifizierten Mitteilungen, Materialien und Ausrüstungen nur solchen Personen gestattet wird, die hierfür ausdrücklich ermächtigt sind. Die notwendigen Bewilligungen werden durch den Delegierten des Bundesrates für Fragen der Atomenergie erteilt werden. Die Personen, die um solche Bewilligungen nachsuchen, um mit derartigen Informationen, Materialien oder Ausrüstungen arbeiten zu können, werden sich vorgängig einer Prüfung auf ihren Leumund und ihre Zuverlässigkeit unterziehen müssen.

Die vertragschliessende Partei, welche Materialien, Ausrüstungen oder Informationen-erhält, die als klassifiziert gelten, darf sie ohne schriftliche Einwilligung der Vertragspartei, welche sie geliefert hat, keinem Drittstaat zugänglich machen. Ebenso darf keine der vertragschh'essendenParteien einem Drittstaat

185

Ausrüstungen oder Apparaturen abtreten, deren Lieferung die Verbreitung von klassifizierten Informationen nach sich zöge, die von der andern Vertragspartei stammen, es sei denn, diese hätte ihre schriftliche Einwilligung hierzu erteilt.

In Artikel XI bekunden die beiden vertragschliessenden Parteien ihr gemeinsames Interesse an der Schaffung einer internationalen Atomagentur und kommen überein, dass sie dieser Agentur gegebenenfalls die Anwendung der Sicherheitsvorschriften und Kontrollen übertragen können. Demgemäss haben die Bestimmungen des Abkommens, die die Sicherheits- und Uberwachungsmassnahmen betreffen, allenfalls blossen Übergangscharakter. Sie könnten, wenn dies wünschbar erscheinen sollte, abgeändert werden, sobald eine internationale Atomagentur ins Leben gerufen worden ist und ihre Tätigkeit aufgenommen hat.

Die Kontroll- und Sicherheitsbestimmungen, die bis zu diesem Zeitpunkt gelten sollen, sind in Artikel XII zusammengefasst. Sie bezeichnen die Eechte, die die Vereinigten Staaten sich vorbehalten haben und die ihnen Gewähr dafür bieten sollen, dass die gelieferten Ausrüstungen und Materialien ausschliesslich friedlichen Zwecken dienen und dass bei ihrer Benutzung wirkungsvolle Vorsichtsmassregeln getroffen werden. Dabei handelt es sich im wesentlichen um folgende Hechte: 1. das Eecht, Einsicht in die Baupläne betreffend die Eeaktoren und Installationen, die von den USA geliefert oder die mit amerikanischem Material betrieben werden, zu nehmen, soweit als dies notwendig ist, um festzustellen, dass sie nur zivilen Zwecken dienen und die Anwendung wirksamer Sicherheitsmassnahinen gewährleistet ist ; 2. das Eecht, die Vorlage von Betriebsberichten und Eapporten über die Verwendung des gelieferten Materials zu verlangen; 8. das Eecht, auf die Ergreifung aller notwendigen Schutz- und Sicherheitsmassnahmen zu dringen ; 4. das Eecht, besondere Lagereinrichtungen zu bezeichnen, in denen das von den Vereinigten Staaten gelieferte spezielle Kernmaterial aufbewahrt werden muss ; 5. das Eecht, nach Konsultation der schweizerischen Regierung die Persönlichkeiten zu bezeichnen, die - auf Ersuchen der einen oder andern Vertragspartei von Vertrauenspersonen der schweizerischen Eegierung begleitet Zutritt zu allen Ortlichkeiten und Angaben erhalten sollen, soweit sie dessen bedürfen, um sich über
den Verbleib des von den USA gelieferten Aufbauund speziellen Kernmaterials und die Einhaltung der Vertragsbestimmungen zu vergewissern und unabhängig (wie bei der Vertragsunterzeichnung vereinbart wurde, bedeutet das: unabhängig von der Betriebsleitung, aber im Beisein schweizerischer Funktionäre) diejenigen Messungen vorzunehmen, die sie als erforderlich erachten; 6. das Kecht, das Abkommen zu suspendieren oder zu künden und die Eückgabe allen von den USA gelieferten Materials und aller Ausrüstungen zu verlangen, sofern die Bestimmungen des Artikels XII oder die Verpfhchtun-

186

gen des Artikels XIII nicht eingehalten werden und sofern die Schweizerische Regierung es unterlägst, innert nützlicher Frist für Abhilfe zu sorgen; 7, das Eecht, sich mit der Schweizerischen Eegierung über Probleme des Gesundheitsschutzes zu beraten.

Die Schweizerische Regierung wird die notwendigen Vorkehrungen treffen, um die Handhabung der in Artikel XII vorgesehenen Schutz- und Sicherheitsmassnahmen zu erleichtern.

Artikel XIII zählt die Verbindlichkeiten auf, die die beiden vertragschliessenden Parteien im Hinblick auf die Durchführung des Abkommens wechselseitig übernehmen. Die Parteien verpflichten sich, mit Bezug auf alle klassifizierten, das heisst geheimen oder beschränkt zugänglichen Informationen und Materialien, einschliesslich der Ausrüstungsgegenstände und Apparaturen, vereinbarte Vorkehrungen über die Sicherheit anzuwenden und aufrechtzuerhalten. Sie verpflichten sich ausserdern, die nach Massgabe des Abkommens ausgetauschten Ausrüstungen, Geräte und Materialien für keinerlei militärische Zwecke zu verwenden, und sie verpflichten sich schliesslich, kein Material, keine Ausrüstungen und keine Apparaturen an Personen abzutreten, die hierzu nicht von den zuständigen Stellen ermächtigt sind oder nicht der Hoheit der vertragschliessenden Parteien unterstehen. Eine Übergabe an Drittstaaten kann nur mit Einwilligung des Vertragspartners erfolgen.

A r t i k e l X I V befreit die Partei, die Informationen, Materialien, Ausrüstungsgegenstände oder Apparaturen liefert, von jeder Verantwortung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Eignung der erfolgten Mitteilungen und abgetretenen Sachen.

Artikel XV enthält eine Reihe von Definitionen der im Abkommen verwendeten Ausdrücke.

m. Die Hauptprobleme des Abkommens In den ersten beiden Abschnitten der Botschaft haben wir auf die atomwissenschaftliche und auf die atomwirtschaftliche Tragweite des Abkommens hingewiesen, so dass es uns überflüssig scheint, nochmals auf diese Frage zurückzukommen. Hingegen möchten wir Ihre Aufmerksamkeit auf einige Vertragsbestimmungen lenken, die mit Rücksicht auf die davon berührten Probleme zu besonderen Erläuterungen Anlass geben.

1. Wie wir bereits ausgeführt haben, werden die im Abkommen erwähnten Informationen und Ausrüstungsgegenstände in vielen Fällen und das Spaltmaterial ausschliesslich nur dem Bund
geliefert werden, der Eigentümer wird und bleibt. Da die Schweiz im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten kein staatliches Atomenergieprogramm besitzt und keine eigenen Anlagen betreibt, in denen dieses Material verwendet werden könnte, stellt sich die Frage, wie diese Informationen und das Material den wirklichen Benutzern, d. h. den Uni.versitäten und der Privatwirtschaft, zur Verfügung gestellt werden können. Es ist in dieser Hinsicht vorgesehen, dass der Delegierte des Bundesrates für Fragen

137 der Atomenergie zwischen den schweizerischen Benutzern und den amerikanischen Behörden als Vermittler auftritt. Was die Informationen anbetrifft, sind, wie wir im Abschnitt II bereits dargelegt haben, direkte Besuche schweizerischer Privatpersonen in den amerikanischen Laboratorien und Industrien im Bahmen eines offiziellen AkkreditierungsVerfahrens vorgesehen. Diese Besuche werden durch den Delegierten des Bundesrates für Fragen der Atomenergie vermittelt werden. Der Delegierte wird ferner je nach Bedürfnis die Berichte und Pläne einholen und das Spaltmaterial bestellen, deren die schweizerischen Kreise bedürfen. Diese werden sich vertraglich verpflichten müssen, die erforderlichen Sicherheitsmassnahmen zu beachten. Da der Bund den amerikanischen Behörden gegenüber gewisse Verbindlichkeiten betreffend das der Schweiz zu liefernde Material, die Ausrüstungsgegenstände und die klassifizierten Informationen zu übernehmen hat, müssen auch die Firmen oder Personen, welchen das Material, die Ausrüstungsgegenstände und die Informationen zugänglich gemacht werden, sich dem Delegierten für Fragen der Atomenergie gegenüber verpflichten, den Bestimmungen des Abkommens nachzukommen.

Die Einzelheiten dieser Bedingungen sind mit den Vertretern der Industrie besprochen und von ihnen als annehmbar bezeichnet worden. Sobald die eidgenössischen Bäte ein Gesetz über die Atomenergie erlassen haben werden, wird es möglich sein, diesen Verpflichtungen in den entsprechenden Bestimmungen über die Erteilung von Einfuhrbewilligungen oder Konzessionen Bechnung zu tragen und so eine rechtlich klare Lage zu schaffen.

Der Bundesrat beabsichtigt somit keineswegs, eine Monopolstellung auf dem Atoingebiet aufzubauen. Die Kompetenzen und Kontrollbefugnisse, die er in Zukunft auch unabhängig -von den Bestimmungen des bilateralen schweizerisch-amerikanischen Abkommens wird ausüben müssen, sollen Gegenstand einer Verfassungsbestimmung und einer besondern Gesetzgebung bilden, deren Entwurf wir den eidgenössischen Bäten in den nächsten Monaten vorzulegen gedenken.

2. Wir haben in Abschnitt II gesehen, dass Artikel IX des Abkommens den Vertragspartnern gewisse Eechte auf die Erfindungen und Entdeckungen einräumt, die auf Grund der von ihnen gelieferten vertraulichen Informationen auf dem Gebiete des andern Vertragspartners gemacht
werden. Da es, wenigstens vorläufig, wenig wahrscheinlich erscheint, dass unmittelbar auf Grund des Abkommens die Schweiz den Vereinigten Staaten Informationen hefern könnte, die amerikanische Forscher zu wichtigen Neuentdeckungen anzuregen vermöchten, wird sich diese Bestimmung vor allem zugunsten der Vereinigten Staaten auswirken, indem \vir faktisch den Amerikanern ein Mitbenutzungsrecht an alledem zugestehen, was in unserm Lande dank ihrer vertrauliehen Informationen entdeckt oder erfunden wird.

Durch diese Verpflichtung wird der schweizerische Entdecker oder Erfinder seinerseits in der Benützung seiner Entdeckung oder Erfindung freilich nicht behindert. Weil ihm jedoch weder in den Vereinigten Staaten noch in Drittländern ein ausschliessliches Verwertungsrecht zustände, wäre es denkbar, Bundesblatt, 108. Jahrg. Bd. II.

10

138 dass Artikel IX das Interesse der schweizerischen Unternehmungen, die seitens der Vereinigten Staaten gelieferten vertraulichen Informationen auch kommerziell auszuwerten, einigermassen beeinträchtigen würde.

Schwierigkeiten könnten sich allenfalls orgeben, wenn schweizerische Unternehmungen Erfindungen und Entdeckungen machen, die teils auf amerikanischen Informationen vertraulichen Charakters, teils jedoch auf eigenen Forschungen oder auf Informationen aus Drittländern aufbauen. Denn das Abkommen enthält keinerlei Kriterien, denen zu entnehmen wäre, wann eine Erfindung oder Entdeckung auf vertraulichen Informationen des Vertragspartners beruht und wann nicht. Trotz einiger Bedenken, die gegenüber den Bestimmungen des Artikels IX und den sich daraus ergebenden Unklarheiten aufgetaucht sind, hat sich die Industrie (wie dies anlässlich der Beratungen der durch Vertreter der Privatwirtschaft erweiterten Administrativkommission für Atomenergiefragen erklärt und in einer Vernehmlassung des Vororts des schweizerischen Handelsund Industrie-Vereins bestätigt worden ist) mit der vorhegenden Fassung dieses Artikels angesichts der sonstigen Vorteile des Abkommens abgefunden. Dabei mag vielleicht auch die Erwägung mitgespielt haben, dass die meisten Erfindungen im Bereiche der Atomenergie in der Schweiz gar nicht patentiert ·werden könnten, da wir die Einrichtung der Geheiinpatente in unserm Landenicht kennen, 8. Nach den Bestimmungen des Artikels X verpflichten sich die vertragschliessenden Parteien, die empfangenen vertraulichen Informationen, Materialien, Ausrüstungsgegenstände und Apparate zu schützen. Über die Art der Vorkehrungen, welche die Schweiz zu treffen gedenkt, um diesen Verpflichtungen zu genügen, war bereits in Abschnitt II die Eede.

Hingegen taucht die Frage auf, weshalb gemäss ht. A des genannten Artikels die Kriterien, welche die Atomenergiekommission der Vereinigten Staaten aufgestellt hat, um den Grad der Vertraulichkeit atomischer Informationen zu bezeichnen, für alle Mitteilungen und Materialien, Ausrüstungsgegenstände und Apparaturen gelten sollen, die auf Grund des Abkommens ausgetauscht werden. Diese Eegelung erklärt sich jedoch aus der Notwendigkeit, die Informationen amerikanischer Herkunft, die in den Vereinigten Staaten auf Grund der dortigen Kriterien als klassifiziert
gelten, im gleichen Sinne in der Schweiz als vertraulich zu behandeln. Keziprok werden auf unseren Wunsch die Informationen schweizerischer Herkunft in den Vereinigten Staaten den gleichen Sicherheitsbestimmungen unterworfen werden. Beigefügt sei, dass die amerikanische Eegierung durch das Atomenergiegesetz von 1954 zur Einhaltung sehr weitgehender und .strikter Sicherheitsvorschriften verpflichtet ist, denen sie sich nicht entziehen konnte. Überdies ist in lit. A des Artikels X vorgesehen, dass die amerikanische Atomenergiekommission die schweizerische Eegierung über die genannten Kriterien und ihre Änderungen auf dem laufenden halten werde und dass die vertragschliessenden Parteien periodische Konsultationen über deren praktische Anwendung pflegen werden, so dass die Schweiz die Möglichkeit haben wird, Bedenken und Einwendungen rechtzeitig anzubringen.

189 4. Fragen von besonderer Bedeutung wirft Artikel XII auf, durch welchen sich die Vereinigten Staaten bestimmte Überwachungsbefugnisse ausbedungen haben, um den ausschliesslich zivilen Gebrauch der gelieferten Materialien und Ausrüstungsgegenstände überprüfen und sich vergewissern zu können, dass die unerlässlichen Schutzvorschriften in vollem Umfang angewendet werden. Über den Charakter, das Ausmass und die Art dieser Kontrolle war bereits im Abschnitt II die Bede. Wenn wir hier noch einmal auf diese Frage zurückkommen, so deshalb, weil durch die Einräumung solcher Befugnisse der unberechtigte Eindruck entstehen könnte, die Schweiz sei bereit, einen Eingriff in ihre staatlichen Hoheitsrechte hinzunehmen.

Die Atomenergie ist eine neuartige Energieform, welche die Lebensbedingungen für den Menschen wesentlich zu verbessern vermag, die aber auch grosse Gefahren in sich birgt. Ihre Zerstörungskraft zeigt sich nicht nur beim kriegerischen Einsatz, sondern müsste sich schon bei mangelhafter Befolgung der Schutz- und Sicherheitsvorschriften unheilvoll auswirken, und zwar unter Umständen auch über die Landesgrenze hinaus. Man ist sich darüber einig, dass die Verwendung spaltbaren Materials einer strengen Kontrolle unterliegen muss und besonderer Vorschriften bedarf. Es ist deshalb nicht ganz unverständlich, dass die Sorge um den Schutz und die Sicherheit vor Strahlenschädigungen nicht ohne weiteres dem Ermessen der nationalen Behörden des das Spaltmaterial empfangenden Staates anheimgestellt wird, die auf diesem Gebiet über eine geringe Erfahrung verfügen. Die beste Lösung wäre wohl die Schaffung einer internationalen Kontrollstelle.

Die Mitglieder des mit der Ausarbeitung eines Statuts der künftigen Weltatomagentur betrauten Ausschusses, dem die wichtigsten Atommächte und Produzentenländer von Spaltmaterial angehören (Australien, Belgien, Brasilien, Frankreich, Indien, Kanada, Portugal, Sowjetunion, Südafrikanische Union, Tschechoslowakei, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika), hatten sich im Frühjahr in Washington auf Kontrollmaasnahmen über die Verwendung der von der Agentur zu liefernden Spaltmaterialien geeinigt. Artikel XII des Entwurfes für.das Statut einer internationalen Atomagentur, der sich mit den Kontroll- und Inspektionsrechten befasst, hat folgenden Wortlaut: «A. Der
Agentur stehen bezüglich aller von ihr durchgeführten Projekte sowie der Vereinbarungen, in denen die beteiligten Parteien sie um Überwachungsmassnahmen ersuchen, folgende Eechte und Pflichten zu: 1. Die Agentur genehmigt die Pläne aller Einrichtungen und Spezialausrüstungen, die Atomreaktoren inbegriffen; 2. sie kann die Anwendung aller von ihr vorgeschriebenen Schutz- und Sicherheitsmassnahmen fordern; 3. sie kann zur Erleichterung einer Buchführung über die Spalt- und Eohmaterialien die Führung und Vorlegung von Betriebsregistern fordern; 4. sie kann Berichte über die erzielten Fortschritte verlangen;

140 5. sie genehmigt das Verfahren für die cüemische Behandlung der radioaktiven Stoffe, entscheidet über die Verwendung der aufbereiteten oder als Nebenprodukt anfallenden besonderen Kermnaterialien und kann verlangen, das« diese besonderen Kernmaterialien bei ihr hinterlegt werden, mit Ausnahme der Mengen, die mit ihrer Zustimmung und unter ihrer ständigen Kontrolle für bestimmte, nicht militärische Zwecke zurückbehalten werden können; 6. sie entsendet von ihr im Einvernehmen mit dem beteiligten Staat bezeichnete Inspektoren in das Gebiet des empfangenden Staates; die Inspektoren haben zwecks Kontrolle der besonderen Kernmaterialien und Spaltstoffe jederzeit und überall Zutritt zu allen Personen und allen Auskunftsmöglichkeiten, um den Verbleib der besondern Kernmaterialien und Spaltprodukte zu kontrollieren und sich davon zu überzeugen, dass die Verpflichtung der Nichtverwendung zu militärischen Zwecken gemäss Artikel XI, Absatz F-4, beobachtet, dass die Schutzund Sicherheitsmassnahmen gemäss Absatz A-2 dieses Artikels vorgenommen und dass alle im Abkommen zwischen der Agentur und dem betreffenden Staat vorgesehenen Bedingungen erfüllt worden sind; 7. Im Falle der Nichtbeachtung und sofern der empfangende Staat nicht innert nützlicher Frist die geforderten Massnahmen trifft, steht der Agentur das Eecht zu, die Hilfe zeitweise oder gänzlich einzustellen und die von ihr oder von einem Drittstaat gelieferten Materialien und Ausrüstungsgegenstände zurückzuverlangen.

B. Je nach Bedürfnis wird die Agentur einen Stab von Inspektoren bilden.

Diesen Inspektoren steht die Aufgabe zu, alle Handlungen der Agentur zu überprüfen und sich davon zu überzeugen, dass die Agentur alle Schutzund Sicherheitsmassnahmen vornimmt, die sie selbst für die Durchführung eines von ihr genehmigten und ihrer Kontrolle unterstellten Projektes vorgeschrieben hat. Die Inspektoren versichern sieb ferner, dass die Agentur alle Vorkehrungen trifft, damit die ihr anvertrauten und die von ihr benützten oder in eigenen Projekten hergestellten Aufbaumaterialien oder besonderen Spaltstoffe nicht zu militärischen Zwecken verwendet werden. Die Agentur trifft die notwendigen Massnahmen, um jegliche Übertretung oder jegliche Unterlassung unverzüglich zu beheben.

C. Die Inspektoren haben ferner die Aufgabe, die in Absatz A-6 dieses Artikels
vorgesehene Buchführung einzuverlangen und zu prüfen und darüber zu entscheiden, ob die in Artikel XI, Absatz F-4, erwähnte Verpflichtung, die Bestimmungen von Absatz A-2 dieses Artikels sowie die übrigen Bedingungen des Abkommens zwischen der Agentur und dem beteiligten Staat erfüllt worden sind. Die Inspektoren melden dem Generaldirektor jede Nichtbeachtung ; dieser benachrichtigt den Eat der Gouverneure. Der Bat fordert den empfangenden Staat auf, die festgestellten Übertretungen unverzüglich einzustellen. Der Bat bringt die Übertretung allen Mitgliedstaaten zur

141 Kenntnis und unterbreitet sie dem Sicherheitsrat und der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Sofern der betreffende Staat nicht innert nützlicher Frist Vorkehrungen trifft, um seinen Pflichten nachzukommen, kann der Eat eine der beiden folgenden Massnahmen, oder beide, treffen : Herabsetzung oder Unterbrechung der von der Agentur oder von einem Drittstaat gewährten Hilfe ; Forderung der Rückerstattung der dem Mitgliedstaat oder einer Gruppe von Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Produkte und Ausrüstungsgegenstände. Auf Grund von Artikel XIX kann die Agentur ausserdem ein Mitglied, das sich eine Übertretung zuschulden kommen lässt, vom Genuss der mit der Mitgliedschaft verbundenen Beeilte ausschliessen.» Diese Bestimmungen sind noch nicht in Kraft, sondern werden der Konferenz unterbreitet werden, die auf den Herbst zwecks Genehmigung der Statuten der Agentur nach New York einberufen wurde. Eine wesentliche Änderung des Textes scheint wenig wahrscheinlich, da er durch die wichtigsten Atommächte gemeinsam ausgearbeitet wurde. In den Abkommen mit andern Ländern möchten sich die amerikanischen Behörden schon jetzt an diese Vorschriften halten, da sie die Einführung eines einheitlichen Kontrollsystems befürworten. Aus diesem Grunde dringen sie darauf, dass unser Abkommen analoge Bestimmungen enthält. Um unsem "Wünschen Rechnung zu tragen, haben sie jedoch in unserem Falle gewissen Abänderungen der allgemeinen Überprüfungsrechte und mit Bezug auf die Überwachung dem Grundsatz zugestimmt, dass diese nicht ausschliesslich von amerikanischen Vertrauenspersonen sondern unter Mitwirkung schweizerischer Funktionäre ausgeübt wird. Die fakultative Formulierung der Bestimmung betreffend die Begleitung durch schweizerische Sachverständige wurde deshalb gewählt, um andern Staaten, mit denen die USA Abkommen von identischem Typ abschliessen werden, die Möglichkeit zu geben, auf eine Mitwirkung zu verzichten. Es wurde jedoch kein Zweifel darüber offengelassen, dass schweizerischerseits die Teilnahme an den Uberwachungsfunktionen stets verlangt werden wird.

Unser Abkommen mit den Vereinigten Staaten bringt keine dauernde Verpflichtung. Es wurde für die Zeit von zehn Jahren abgeschlossen, kann jedoch nach Ablauf von fünf Jahren von jeder Vertragspartei gekündigt werden. Was die Uberwachungsvorschriften
im besonderen anbelangt, sind sie vor allem als Übergangslösung gedacht, die gegebenenfalls später, sobald die Atomagentur der UNO hiezu imstande sein wird, durch die Sichorheitsmassnahmen dieses internationalen Organes abgelöst werden könnte. Artikel XI des Abkommens sieht die Möglichkeit einer solchen Übertragung der Kontrolle ausdrücklich vor, wobei wiederum, sofern sich die beiden Partner hierüber nicht einigen können, jeder von ihnen das Becht zur Kündigung besitzt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die USA auch mit einer Übertragung der Überwachung an eine zwischenstaatliche europäische Atombehörde, wie sie heute von der OECE geplant wird, einverstanden sein werden.

142 Es kann jedoch nicht damit gerechnet werden, dass die von einer internationalen Organisation ausgeübte Kontrolle weniger streng wäre als diejenige, welche von den Vereinigten Staaten verlangt wird. Aus dem Entwurf der Statuten der Weltatomagentur und aus den Besprechungen im Schosse der OECE ist zu schliessen, dass die vorgesehenen Überwachungsbefugnisse mindestens denjenigen unseres Abkommens entsprechen, wenn nicht darüber hinausgehen werden.

Die von amerikanischen Sachverständigen auszuübende Überwachung beschränkt sich auf die von den Vereinigten Staaten gelieferten Spaltmaterialien ; sie erstreckt sich hingegen weder auf Ausrüstungen und Geräte, die aus USA bezogen werden noch auf die Kontrolle der Verwendung vertraulicher Informationen, die den schweizerischen Behörden obliegt. Auf unser Verlangen wird die Überwachung im Beisein der schweizerischen Funktionäre vorgenommen, und unsere Zustimmung muss für die Ernennung der amerikanischen Vertrauenspersonen eingeholt werden.

Es muss schliesslich hervorgehoben werden, dass es sich bei den amerikanischen Fachleuten keineswegs um blosse Sicherheitsbeamte handelt, sondern um hochqualifizierte Atomphysiker und Atomingenieure, die bei ihren Besuchen voraussichtlich den schweizerischen Fachleuten wertvolle Batschläge auf dem Gebiete der technischen Anwendung der Kernenergie, der Konstruktion von atomischen Apparaturen, des Strahlungsschutzes, der Abfallbeseitigung usw.

vermitteln' werden. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass die schweizerische Industrie aus ihrem Kontakt mit amerikanischen Sachverständigen manch greifbaren Nutzen zu ziehen vermöchte. Industrielle Unternehmungen, die aus irgendeinem Grunde in keine solche Kontrolle einwilligen wollen, bleiben im übrigen vollkommen frei, sich ihr zu entziehen, indem sie keine Materiallieferungen (nur auf solche erstrecken sich die geschilderten Massnahmen) von den Vereinigten Staaten entgegennehmen. Es hängt also vom Entschluss jeder einzelnen schweizerischen Firma ab, ob sie dem Besuch amerikanischer Fachleute zustimmen will, oder ob sie es vorzieht, auf den Bezug amerikanischen Materials zu verzichten.

Aus den vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass die schweizerische Souveränität durch das Abkommen nicht angetastet wird. Dabei kann es nichts schaden, den völkerrechtlichen Begriff
der Souveränität näher zu umschreiben.

Jeder internationale Vertrag bringt für die beteiligten Staaten Verpflichtungen und damit Einschränkungen ihrer Handlungsfreiheit mit sich. Es ist dies der Sinn jeder vertraglichen Bindung. Die Zusammenarbeit unter verschiedenen Staaten ist nur möglich, wenn sie gewillt sind, solche Einschränkungen auf sich zu nehmen. Das Eingehen staatsvertraglieher Verpflichtungen ändert an und für sich nichts daran, dass die Souveränität der beteiligten Staaten gewahrt bleibt, indem diese nach wie vor den Normen des Völkerrechts unterstehen. Ausschlaggebend erscheint ferner, dass die Unabhängigkeit eines Staates aufrechterhalten bleibt, so dass seine Handlungsfreiheit nicht durch Entscheide ausländischer

143

Behörden eingeschränkt werden kann. Das vorliegende Abkommen beschränkt die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft nicht, indem es wie andere Verträge gegenseitige Bechte und Pflichten für beide Staaten aufstellt, die sich gleichberechtigt gegenüberstehen. Der amerikanischen Verpflichtung, der Schweiz Spaltmaterial und klassifizierte Informationen zu liefern, entspricht die schweizerische Verpflichtung, eine Kontrolle über die Verwendung dieser Materialien zuzulassen. Diese gegenseitigen Eechte und Pflichten sind miteinander verbunden.

Im übrigen hat die Eidgenossenschaft auch schon früher die amtliche Tätigkeit ausländischer Staatsorgane in besonderen Fällen, und wenn die Notwendigkeit hiefür vorlag, zugelassen. Artikel 271 StGB erklärt grundsätzlich Handlungen ohne B e willigung für einen fremden Staat auf schweizerischem Gebiet, die einer Behörde oder einem Beamten zukommen, als strafbar. Solche Handlungen sind somit nicht 'gesetzlich verboten, sondern können unter besondern Umständen und Bedingungen bewilligt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gestattete der Bundesrat einer sowjetrussischen Mihtärkommission, zusammen mit einer schweizerischen Delegation die Verhältnisse der russischen Internierten in der Schweiz zu untersuchen. Seit längerer Zeit wird ferner den Zollorganen einer Beihe von Staaten, die das Wertzollsystem kennen, die Befugnis eingeräumt, gewisse Erhebungen über die Preisberechnungen schweizerischer Firmen in der Schweiz am Sitze der zuständigen Handelskammer durchzuführen.

Ausnahmsweise wurde auch schon ausländischen Gerichtspersonen in besonders gelagerten Fällen gestattet, Zeugeneinvernahmen in der Schweiz beizuwohnen oder in Gegenwart schweizerischer Amtspersonen Urkunden einzusehen.

Schliesslich sehen verschiedene Verträge mit Nachbarstaaten vor, dass die ausländischen Zoll- und Grenzpolizeiorgane in den auf Schweizer Gebiet gelegenen Grenzbahnhöfen, wie auch an andern Grenzübergangsstellen, ihre amtlichen Befugnisse ausüben können.

Der Bundesrat hat die Frage der Einräumung eines Überwachungsrechts an die amerikanischen Organe eingehend geprüft. Er hätte es vorgezogen, die Überwachung neutralen Sachverständigen oder einer internationalen Organisation zu übertragen. Die erste Lösung konnte von den amerikanischen Behörden nicht gutgeheissen werden, und die zweite stand
ausser Frage, weil eine internationale Kontrollorganisation heute noch nicht besteht. Im Verlaufe der Verhandlungen haben wir aber darauf hingewirkt, die Befugnisse der amerikanischen Stellen einzuschränken und mit Garantien zur Wahrung unserer Landesinteressen zu umgeben. In der Tat gelang es, einige weiter oben geschilderte wesentliche Zugeständnisse zu erlangen, und wir sind der Meinung, dass die im Abkommen vereinbarten Kontrolhnassnahmen tragbar sind. Sie erklären sich aus den besondern Eigenschaften der Atommaterialien.

5. Wir haben ferner eingehend geprüft, ob das Abkommen nicht dem Grundsatz der dauernden Neutralität zuwiderlaufe. Dieser Grundsatz verpflichtet die Schweiz, alles zu tun, um nicht in einen Krieg hineingezogen zu werden, und alles zu unterlassen, was die Verwicklung in Feindseligkeiten mit sich bringen könnte.

144 Sie darf keine Verträge abschliessen, die sie zur Unterstützung einer Partei im Hinblick auf Feindseligkeiten oder zur Beteiligung daran, aber auch keine solchen, die sie im Kriegsfall zu einem neutralitätswidrigen Verhalten, d.h. zu einem Verhalten, das gegen die Vorschriften des gewöhnlichen Neutralitätsrechts verstossen würde, verpflichten würden. Auf wirtschaftlichem und technischem Gebiet bestehen im allgemeinen keine Neutralitätspflichten; dem neutralen Staat ist lediglich verboten, einem Kriegführenden eine derartige Hilfe ausdrücklich zur direkten Verwendung für die Kriegsführung zu gewähren.

Im vorhegenden Abkommen ist die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten ausdrücklich auf friedliche Zwecke beschränkt.

Artikel IIB setzt fest, dass das Abkommen weder auf Atomwaffen Anwendung findet noch auf den Austausch von Informationen über die Pläne oder die Fabrikation derartiger Waffen. In Artikel XIII garantieren sich beide Eegierungen, dass ihre Leistungen zu keinen militärischen Zwecken Verwendung finden sollen.

Auch wenn das Abkommen während eines allfälligen Krieges weiter zur Durchführung gelangen sollte, so würde die darin vorgesehene gegenseitige Hilfeleistung in keiner Weise gegen die Neutralitätspflichten verstossen, da es sich nicht um Hilfe im Hinblick auf die Kriegsführung, sondern um eine solche zu Friedenszwecken handelt. Es gilt dasselbe wie in bezug auf die wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zwischen der Schweiz und ausländischen Staaten im Kriegsfälle.

Dazu kommt, dass das vorhegende Abkommen in keiner Weise exklusiven Charakter hat .und die Schweiz nicht hindert, auf dem Gebiete der Atomenergie mit andern Staaten zusammenzuarbeiten. Wir beteiligen uns aktiv an den Arbeiten der OECE und gedenken, der Weltatomagentur beizutreten. Nichts würde uns davon abhalten, wenn dies in unserem Interesse hegen sollte, mit andern Staaten Abkommen über die gegenseitige Zusammenarbeit absnischhessen.

Wenn wir vorerst ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten abgeschlossen haben, so deshalb, weil sie uns im gegenwärtigen Zeitpunkt die grössten Vorteile bieten konnten.

Das Abkommen, das wir unterzeichnet haben, entspricht den lebhaften Wünschen der schweizerischen Industrie und Wissenschaft, die sich bemühen, die friedliche Verwendung der Atomenergie
in unserem Lande zu fördern. Es liegt in unserem Interesse, dass ihnen das Spaltmaterial, die Ausrüstungsgegenstände und die Informationen, derer sie für die Weiterführung ihrer Forschungstätigkeit bedürfen, so rasch wie möglich zur Verfügung stehen. Wie wir am Anfang unserer Botschaft ausgeführt haben, gilt es für die Schweiz, einen beträchtlichen Eückstand einzuholen. Das Abkommen, das wir mit den Vereinigten Staaten abgeschlossen haben, wird uns in dieser Eichtung Fortschritte bringen. Es kommt ihm für unsere Gesamtwirtschaft eine grosse Bedeutung zu und bringt ihr unbestrittene Vorteile. Wir beantragen Ihnen deshalb, das Abkommen durch Annahme des beiliegenden Entwurfs eines Bundesbeschlusses gutzuheissen. Da das

145 Abkommen nur auf eine Dauer von zehn Jahren abgeschlossen wurde und nach fünf Jahren beendigt werden kann, untersteht es nicht dem fakultativen Eeferendum gemäss Artikel 89, Absatz 3, der Bundesverfassung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 31. Juli 1956.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Feldmann Der Bundeskanzler: Ch. Oser

146 {Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Abkommens über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Regierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Gebiete der friedlichen Verwendung der Atomenergie

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vorn 31. Juli 1956, beschliesst: Art. l Das Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Regierung und der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika auf dein Gebiete der friedlichen Verwendung der Atomenergie, abgeschlossen in Washington am 21. Juni 1956, wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, dieses Abkommen zu ratifizieren.

'Art. 2 Der Bundesrat wird ermächtigt, im Eahmen des Abkommens die notwendigen Vollzugsbestimmungen zu erlassen.

2732

147 Übersetzung aus dem englischen und französischen Originaltext1)

Abkommen über

die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Regierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Gebiete der friedlichen Verwendung der Atomenergie

In Anbetracht, dass die friedliche Verwendung der Atomenergie für die gesamte Menschheit grosse Aussichten eröffnet; und in Anbetracht, dass zur Förderung der friedlichen Verwendung der Atomenergie die Schweizerische Eegierung und die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika ein Abkommen für die Zusammenarbeit abgeschlossen haben, das den Verkauf und Kauf eines Forschungsreaktors, den Austausch von diesbezüglichen Informationen und die Vennietung von speziellem Kernmaterial zum Gegenstand hat ; und in Anbetracht, dass die Schweizerische Eegierung und die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ein weiteres Abkommen für die Zusammenarbeit bei der friedlichen Verwendung der Atomenergie abzuschliessen wünschen mit Bezug auf die medizinische Therapie, den Austausch von Informationen betreffend die Entwicklung anderer friedlicher Verwendungsarten der Atomenergie, einschliesslich derjenigen der Verwertung von Kernenergie für zivile Zwecke, sowie zur Förderung der Forschungs- und Entwicklungsprogramme, die die Verwirklichung der friedlichen und humanitären Verwendung der Atomenergie zum Ziele haben; und in Anbetracht, dass die Schweizerische Eegierung und die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika miteinander zusammenarbeiten wollen, um die oben genannten Ziele zu erreichen, vereinbaren die Parteien folgendes: Artikel I Dieses Abkommen tritt an jenem Tage in Kraft, an dem jede Eegierung von der anderen Eegierung die schriftliche Anzeige erhält, dass sie die gesetzlichen und verfassungsmäßigen Erfordernisse für die Inkraftsetzung dieses Abkommens erfüllt hat, und bleibt für eine Dauer von zehn Jahren in Kraft.

J

) Bei Abweichungen ist der englische Text massgebend.

148 Jede Partei kann jedoch dieses Abkommen nach Ablauf von fünf Jahren seit seinem Inkrafttreten durch eine sechs Monate im voraus an die andere Partei gerichtete schriftliche Anzeige beenden.

Artikel II A. Unter Vorbehalt der Bestimmungen dieses Abkommens, der Verfügbarkeit von Personal und Material, sowie der anwendbaren Gesetze, Verordnungen und Lizenzvorschriften, die in ihrem betreffenden Land in Kraft sind, werden die Parteien zusammenarbeiten, um die friedliche Verwendung der Atomenergie za verwirklichen.

B. Dieses Abkommen bezieht sich weder auf die Verfügung über und die Verwendung von Atomwaffen, noch auf den Austausch von beschränkt zugänglichen Informationen («restricted data») über die Pläne oder die Herstellung von Atomwaffen.

C. Der Austausch von beschränkt zugänglichen Informationen gemäss diesem Abkommen ist folgenden Einschränkungen unterworfen: 1. Beschränkt zugängliche Informationen, welche nach Ansicht der Kommission der Vereinigten Staaten von vorwiegend militärischer Bedeutung sind, sollen nicht ausgetauscht werden.

2. Beschränkt zugängliche Informationen über die Erzeugung von speziellen Kernmaterialien sollen, mit Ausnahme derjenigen über den Anfall solcher Materialien als Nebenprodukte beim Betrieb eines Leistungsreaktors, nicht ausgetauscht werden.

3. Der Austausch soll nur soweit stattfinden, als dies für laufende oder projektierte Programme erheblich ist.

4. Die Entwicklung von Unterseeboots-, Schiffs-, Flugzeug- und gewissen fahrbaren Leistungsreaktoren geschieht gegenwärtig hauptsächlich im Hinblick auf ihre militärische Verwendung. Demgemäss werden beschränkt zugängliche Informationen bezüglich solcher Beaktoren solange nicht ausgetauscht, bis diese Beaktortypen einen Gebrauch in Priedenszeiten rechtfertigen und der Austausch von Informationen über solche Typen vereinbart wird. Informationen über die Anpassung dieser Beaktortypen zu militärischem Gebrauch werden nicht ausgetauscht werden. Desgleichen werden beschränkt zugängliche Informationen über zukünftige Eeaktortypen, die vor allem für militärische Zwecke entwickelt werden, bis zu dem Zeitpunkt nicht ausgetauscht, in dem die Verwendung dieser Eeaktortypen für zivile Zwecke gerechtfertigt ist und der Austausch von Informationen über diese Typen vereinbart wird; beschränkt zugängliche Informationen über
die Anpassung dieser Typen für den militärischen Gebrauch werden nicht ausgetauscht.

D. Dieses Abkommen findet keine Anwendung auf den Austausch von Informationen, welche die Parteien nicht mitteilen dürfen, entweder weil sie von

149 Privaten entwickelt wurden und ihnen gehören oder weil sie von einer anderen Regierung erhalten wurden.

E. Es wird vereinbart, dass die Kommission der Vereinigten Staaten kein Material übertragen und keine Ausfuhr irgendwelcher Materialien, Ausrüstungen und Geräte erlauben wird, wenn diese Materialien, Ausrüstungen und Geräte nach Ansicht der Kommission der Vereinigten Staaten hauptsächlich von militärischer Bedeutung sind.

Artikel III A. Unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikels II sollen klassifizierte Informationen in den unten einzeln angeführten Anwendungsbereichen und nicht klassifizierte Informationen zwischen der Kommission der Vereinigten Staaten und der Schweizerischen Regierung ausgetauscht werden, sofern sie die Verwendung von Atomenergie zu friedlichen Zwecken betreffen, einschliesshch der Erforschung und Entwicklung solcher Verwendungsmöglichkeiten und damit zusammenhängender Probleme der Gesundheit und des Schutzes. Der in diesem Artikel vorgesehene Informationsaustausch soll durch alle verfügbaren Mittel, einschliesslich Berichte, Konferenzen und Besichtigungen der Anlagen, durchgeführt werden.

B. Die Parteien kommen überein, folgende klassifizierte Informationen, mit Einschluss der beschränkt zugänglichen Informationen, auszutauschen: 1. allgemeine Informationen über den Aufbau und die Besonderheiten von Experimentaireaktoren, Prototyp-Leistungsreaktoren und Leistungsreaktoren, soweit sie benötigt werden, um eine Abschätzung und einen Vergleich ihrer möglichen Verwendung in einem Programm für Energieerzeugung zu erlauben ; 2. technologische Informationen über bestimmte Experimentaireaktoren, Prototyp-Leistungsreaktoren oder Leistungsreaktoren, soweit vereinbart und soweit, im Falle der Schweiz, solche Informationen verlangt werden für Eeaktoren, die in der Schweiz zur Zeit in Betrieb sind, oder soweit sie verlangt werden für die Entwicklung, die Erstellung und den Betrieb von bestimmten Reaktoren, welche die Schweiz im Eahmen eines laufenden schweizerischen Programms für Experimentaireaktoren, Prototyp-Leistungsreaktoren und Leistungsreaktoren zu erstellen beabsichtigt, 3. Es sollen die oben in den Unterabschnitten l und 2 erwähnten klassifizierten Informationen innerhalb der folgenden Anwendungsbereiche ausgetauscht werden: a) Angaben über Eeaktormaterial.

Endgültige
beschreibende Unterlagen, einschliesshch Zusammensetzung, Form, Grosse und spezielle Handhabungsverfahren von Eeaktormaterialien, einschliesslich Uran, schweres Wasser, für Reaktoren geeignetes Graphit und Zirkonium.

150

Ì}) Eigenschaften von Eeaktormaterial.

Physikalische, chemische, metallurgische, kernphysikalische und mechanische Eigenschaften von Eeaktormaterialien, einschliesslich Spaltstoffe, Moderator- und Kühlmaterialien, sowie die Auswirkungen der Betriebsbedingungen eines Reaktors auf die Eigenschaften dieser Materialien.

c) B e s t a n d t e i l e der Eeaktoren.

Konstruktions- und Leistungsangaben von Reaktorbestandteilen, jedoch ohne Herstellungs- und Fabrikationsmethoden.

à) Physikalische Technologie von Eeaktoren.

Dieses Gebiet umfasst die Theorie und die wesentlichen Angaben über Eeaktionen auf den Beschuss mit Neutronen, über Neutronen-Wirkungsquerschnitte, über Berechnungen der kritischen Grosse sowie über Reaktorkinetik und Abschirmvorrichtungen.

e) Konstruktionslehre für Eeaktoren.

Dieses Gebiet umfasst Angaben über die Konstruktion und den Gesamtaufbau des Reaktors und dessen optimale Dimensionierung sowie die Theorie und technische Unterlagen über Probleme wie die Analyse der Festigkeit und des Wärmeübergangs in Reaktoren.

f) Erwägungen zum Schutz der Umgebung.

Dieses Gebiet umfasst Erwägungen über die Strahlung von Eeaktoren ini' normalen Betriebszustand, die möglichen Unfallgefahren und ihre Auswirkungen auf Einrichtungen und Personal sowie die geeigneten Methoden zur Beseitigung der Abfälle und zur Entgiftung.

Artikel IV A. Materialien zu Forschungszwecken Materialien von Bedeutung im Zusammenhang mit dem vereinbarten Informationsaustausch, wie er in Artikel III und unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikels II vorgesehen ist, einschliesslich Aufbaumaterialien und spezielle Kernmateriahen, Spaltprodukte, andere radioaktive Isotopen und stabile Isotopen, werden, sofern solches Material im Handel nicht erhältlich ist, zu Forschungszwecken in solchen Mengen und zu den Bedingungen ausgetauscht, wie vereinbart wird. In keinem Zeitpunkt sollen jedoch die Mengen der gemäas diesem Artikel übergebenen speziellen Kernmateriahen im schweizerischen Hoheitsbereich 100 Gramm in Uran enthaltenes U-285, 10 Gramm Plutonium und 10 Gramm U-288 übersteigen.

B. Forschungsanlagen Unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikels II, zu den allfällig vereinbarten Bedingungen und im allfällig vereinbarten Umfange werden die Parteien ihre spezialisierten Forschungs- und Prüfungsanlagen für Eeaktor-

151 materialien, soweit die Platzverhältnisse, die Anlagen und das verfügbare Personal es erlauben, zur gegenseitigen Verwendung zur Verfügung stellen, sofern solche Anlagen im Handel nicht erbältlich sind. Es versteht sich, dass die Kommission der Vereinigten Staaten nicht in der Lage sein wird, den Zutritt zu ·Anlagen von hauptsächlich militärischer Bedeutung zu gestatten.

Artikel V Im Eahmen des Anwendungsbereichs des vereinbarten Informationsaustausches gemäss Artikel III und unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikels II können Ausrüstungen und Geräte von der einen Partei der anderen unter jeweils zu vereinbarenden Bedingungen übergeben werden. Es wird anerkannt, dass solche Übertragungen allfälligen Beschränkungen unterhegen, die infolge von Versorgungsschwierigkeiten oder anderen Umständen dannzumal bestehen.

Artikel VI A. Es ist beabsichtigt, dass gemäss diesem Artikel Privatpersonen und private Organisationen in den Vereinigten Staaten oder in der Schweiz direkt mit Privatpersonen und privaten Organisationen im anderen Land verkehren dürfen. Dementsprechend können innerhalb der in Paragraph B dieses Artikels erwähnten Anwendungsbereiche Personen, die sich im Hoheitsbereich der Begierung der Vereinigten Staaten oder der Schweizerischen Begierung befinden, Abmachungen treffen über die Übergabe und die Ausfuhr von Materialien, einschliesslich Ausrüstungen und Geräte, und über Dienstleistungen zugunsten der anderen Begierung und derjenigen Personen in deren Hoheitsbereich, welche durch diese andere Eegierung ermächtigt sind, Materiahen der erwähnten Art zu erhalten und zu besitzen und solche Dienstleistungen entgegenzunehmen, vorausgesetzt, dass die klassifizierten Informationen innerhalb die in Paragraph B erwähnten Bereiche fallen, und unter Vorbehalt: 1. der Bestimmungen von Paragraph E des Artikels II ; 2. der anwendbaren Gesetze, Verordnungen und Lizenzvorschriften; 3. der Zustimmung der Partei, in deren Hoheitsbereich die Person, welche die Abmachung trifft, sich befindet, wenn es sich um klassifizierte Materiahen oder Dienstleistungen handelt oder wenn die Beschaffung solcher Materiahen oder Dienstleistungen die Mitteilung klassifizierter Informationen verlangt.

B. In dem Umfange, als dies zur Ausführung der gemäss Paragraph A dieses Artikels getroffenen Abmachungen notwendig ist,
kann die Person, welche das Material zur Verfügung stellt oder Dienstleistungen erbringt, stets unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikels II, folgende klassifizierte Informationen der Partei oder der Person mitteilen, die solches Material erhält oder solche Dienstleistungen entgegennimmt:

152 1. solche, die in den Anwendungsbereich des gemäss Artikel III vereinbarten Informationsaustausches fallen; 2. technologische Informationen innerhalb der in Artikel III, Paragraph B, Ziffer 3, festgesetzten Informationskategorien betreffend bestimmte Experimentalreaktoren, Prototyp-Leistungsreaktoren oder Leistungsreaktoren, und soweit sie, wie im Falle der Schweiz, verlangt werden für Beaktoren, die in der Schweiz zur Zeit in Betrieb sind, oder soweit sie für die Erstellung und den Betrieb von bestimmten Beaktoren verlangt werden, welche die Schweizerische Begierung oder in ihrem Hoheitsbereich sich befindende ermächtigte Personen im Bahmen eines laufenden schweizerischen Programms für Experimentalreaktoren, Prototyp-Leistungsreaktoren und Leistungsreaktoren zu erstellen beabsichtigen.

Artikel VII A. Die Kommission der Vereinigten Staaten wird der Schweizerischen Begierung während der Dauer dieses Abkommens Uran verkaufen, das mit dem Isotop U-235 angereichert ist, wobei die in diesem Uran enthaltene Menge an U-235 500 kg nicht überschreiten soll. Dieses Nettogewicht ergibt sich aus der Differenz zwischen dem U-235, das in dem der Schweizerischen Begierung verkauften Uran enthalten ist, und der Menge U-235, die in dem wiederaufzubereitenden Uran enthalten ist, welches den Vereinigten Staaten wiederverkauft oder irgendeinem anderen Staat oder einer internationalen Organisation mit der Genehmigung der Vereinigten Staaten in Übereinstimmung mit diesem Abkommen übergeben wird. Dieses Material soll nicht mit mehr als zwanzig Prozent (20%) U-2S5 angereichert sein, unter Vorbehalt der nachstehenden Ausnahmen. Es wird zu den in diesem Artikel festgesetzten Bedingungen und gemäss den anderen Bestimmungen dieses Abkommens verkauft, sofern es als Spaltstoff für Erstfüllung oder als Spaltstoff für Nachfüllung zum Betrieb von bestimmten Forschungsreaktoren, Experimentaireaktoren, Prototyp-Leistungsreaktoren und Leistungsreaktoren verlangt wird, welche die Schweizerische Begierung, nach Konsultierung der Kommission der Vereinigten Staaten, selber oder durch ermächtigte private Organisationen in der Schweiz zu erstellen beschliesst, und soweit es zur Durchführung von damit zusammenhängenden Versuchen verlangt wird. Die Kommission der Vereinigten Staaten kann auf Ersuchen und nach ihrem Ermessen einen Teil
der erwähnten 500 Kilogramm bis auf neunzig Prozent (90 %) angereichert zur Verfügung stellen, sofern dieses Material in einem Materialprüfungsreaktor verwendet wird, für dessen Betrieb eine Spaltstoffmenge von nicht mehr als sechs (6) Kilogramm in Uran enthaltenes U-235 genügt.

B. Die Menge des mit U-285 angereicherten Urans, das von der Kommission der Vereinigten Staaten gemäss diesem Artikel übergeben wird und sich im Gewahrsam der Schweizerischen Begierung befindet, soll zu keinem Zeitpunkt diejenige Materiahnenge übersteigen, die für die volle Ladung jeder Beaktoranlage notwendig ist, welche die Schweizerische Begierung oder in ihrem Hoheitsbereich sich befindende Personen wie hier vorgesehen zu erstellen beschliessen; hiezu

153 kommt eine solche zusätzliche Menge, als nach der Ansicht der Kommission der Vereinigten Staaten notwendig ist, um einen -wirksamen und dauernden Betrieb des oder der Eeaktoren zu ermöglichen, während die ersetzten Spaltstoffelemente ihre Eadioaktivität in der Schweiz abbauen oder Spaltstoffelemente sich auf dem Transport befinden, wobei es die Absicht der Kommission der Vereinigten Staaten ist, die maximale Ausnützung des derart übergebenen Materials zu ermöglichen.

C. Jeder Verkauf von mit U-235 angereichertem Uran soll gemäss den Vereinbarungen der Parteien über die Lieferfristen, die Form, die Preise und die Menge des zu liefernden Materials, unter Vorbehalt der in Paragraph B festgelegten Mengenbeschränkungen, erfolgen. Es versteht sich und wird vereinbart, dass die Schweizerische Kegierung, obwohl sie mit U-235 angereichertes Uran an ermächtigte Verbraucher in der Schweiz verteilt, Eigentümerin allen mit U-235 angereicherten Urans bleibt, das sie von der Kommission der Vereinigten Staaten gekauft hak wenigstens bis zu dem Zeitpunkt, in dem private Verbraucher in den Vereinigten Staaten die Erlaubnis erhalten, in den Vereinigten Staaten mit U-235 angereichertes Uran zu erwerben.

D. Wenn irgendwelches von den Vereinigten Staaten von Amerika erhaltenes Aufbaumaterial oder spezielles Kernmaterial aufbereitet werden muss, so wird vereinbart, dass diese Wiederaufbereitung nach Ermessen der Kommission der Vereinigten Staaten in ihren Anlagen oder in ihr genehmen Anlagen unter später zu vereinbarenden Bedingungen durchgeführt werden soll; ferner versteht sich, unter Vorbehalt anderer Vereinbarungen, dass Form und Inhalt der bestrahlten Spaltstoffelemente nach ihrer Herausnahme aus dem Beaktor und vor ihrer Ablieferung an die Kommission der Vereinigten Staaten oder an die ihr genehmen Unternehmen zur Wiederaufbereitung nicht verändert werden dürfen.

E. Hinsichtlich des speziellen Kernmaterials, das in Beaktoren erzeugt wird; welche mit Spaltstoffmaterial aus den Vereinigten Staaten gespiesen werden, und das die Bedürfnisse der Schweiz zur Durchführung des Programms für die friedliche Verwendung der Atomenergie übersteigt, wird der Begierung der Vereinigten Staaten von Amerika gewährt : (a) ein Vorkaufsrecht für solches Material, und zwar zu den in den Vereinigten Staaten dannzumal geltenden
Preisen für spezielles Kernmaterial, das in Beaktoren erzeugt wird, die gemäss den Bestimmungen eines Abkommens über die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika gespiesen werden, und (h) das Becht, ihre Zustimmung zur Übergabe dieses Materials an irgendeinen anderen Staat oder an internationale Organisationen zu erteilen, wenn das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird.

Artikel VIII Soweit nötig und je nach gegenseitiger Vereinbarung können im Bahmen des Anwendungsbereichs für den vereinbarten Austausch von Informationen, wie er in Artikel III vorgesehen ist, und unter den in Artikel II festgesetzten BeBundesblatt. 108. Jahrg. Bd. II.

11

154

schränkungen, sowie zu den allfällig vereinbarten Bedingungen, von Zeit zu Zeit besondere Abmachungen zwischen den Parteien getroffen werden über Miete, Verkauf und Kauf von Materialien, einschliesslich schweren Wassers und natürlichen Urans, aber unter Ausschluss von speziellen Kernmatorialien, und zwar in grösseren Mengen, als für die Forschung benötigt wird, sofern diese Materialien im Handel nicht erhältlich sind.

Artikel IX A. Mit Bezug auf alle Erfindungen und Entdeckungen, für die gemäss Artikel III mitgeteilte und somit klassifizierte Informationen benützt wurden, und die als Ergebnis einer solchen Mitteilung während der Geltungsdauer dieses Abkommens gemacht oder erdacht wurden, vereinbaren die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika hinsichtlich der ihr gehörenden Erfindungs- und Entdeckungsrechte und die Schweizerische Eegierung hinsichtlich der ihr gehörenden oder der von in ihrem Hoheitsbereich sich befindende^ Personen gemachten oder erdachten Erfindungen und Entdeckungen folgendes : 1, Die Ausübung im Lande der anderen Partei von allen Eechten, Ansprüchen und Interessen an solchen Erfindungen, Entdeckungen, Patentanmeldungen und Patenten soll dieser anderen Partei übergeben und übertragen, oder ihre Übergabe oder Übertragung soll veranlagst werden, unter Vorbehalt einer gebührenfreien, nicht ausschliesslichen und unwiderruflichen Lizenz zugunsten der Eegierung der übergebenden Partei für ihre off entheb en Zwecke.

2. Auf Verlangen der anderen Partei soll dieser eine gebührenfreie, nicht ausschliessliche und unwiderrufliche Lizenz für ihre öffentlichen Zwecke im Land der übergebenden Partei oder in Drittstaaten gewährt oder ihre Gewährung veranlasst werden, einschliesslich des Gebrauchs für die in diesen Staaten vorgenommene Herstellung von Materialien zwecks Verkaufs an die verlangende Partei durch einen ihrer Lieferanten.

8. Jede Partei kann im übrigen nach Belieben in ihrem eigenen Land oder in Drittstaaten über alle Erfindungen, Entdeckungen, Patentanmeldungen oder Patente verfügen; doch in keinem Fall soll eine Partei Staatsangehörige der anderen Partei ungünstiger als ihre eigenen behandeln bei der Gewahrung von Lizenzen auf den Patenten, die ihr im eigenen Land oder in einem Drittstaat gehören.

4. Jede Partei verzichtet gegenüber der anderen auf alle Ansprüche auf
Entschädigungen, Lizenzgebühren oder Prämien bezüglich solcher Erfindungen, Entdeckungen, Patentanmeldungen oder Patente und befreit die andere von allen Verpflichtungen aus derartigen Ansprüchen.

B.

1. Kein Patentgesuch betreffend irgendeine klassifizierte Erfindung oder Entdeckung, die auf einer gemäss diesem Abkommen mitgeteilten Information beruht, soll durch eine Partei oder eine Person im Land der anderen

155

Partei eingereicht werden, es sei denn in Übereinstimmung mit den vereinbarten Bedingungen und Verfahren.

2. Kein Patentgesuch betreffend irgendeine klassifizierte Erfindung oder Entdeckung soll in einem Staate eingereicht werden, der nicht Partei dieses Abkommens ist, ausser auf Grund einer ausdrücklichen Vereinbarung und unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikels XIII.

3. Es sollen geeignete Geheimhaltungsvorschriften oder Verbote zur Anwendung der Bestimmungen dieses Paragraphen erlassen werden.

Artikel X A. Die von der Kommission der Vereinigten Staaten aufgestellten Kriterien für die Klassifizierung aus Sicherheitsgründen sind anwendbar auf alle Informationen und alle Materialien, mit Einschluss von Ausrüstungen und Geräten, die gemäss diesem Abkommen ausgetauscht werden. Die Kommission der Vereinigten Staaten wird die Schweizerische Eegierung bezüglich dieser Kriterien und ihrer Abänderungen auf dem laufenden halten; die Parteien worden von Zeit zu Zeit über ihre praktische Anwendung Konsultationen pflegen.

B. Es wird vereinbart, dass alle Informationen und Materiahen, mit Einschluss von Ausrüstungen und Geräten, welche eine Klassifizierung in Übereinstimmung mit Paragraph A dieses Artikels erfordern, gemäss zwischen der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika, vertreten durch die Kommission der Vereinigten Staaten, und der Schweizerischen Eegierung vereinbarten Sicherheitsbestimmungen geschützt werden sollen.

C. Es wird vereinbart, dass diejenige Partei, welche irgendwelches Material, mit Einschluss von Ausrüstungen und Geräten, und irgendwelche klassifizierte Informationen gemäss diesem Abkommen erhalten hat, solche Informationen nicht weiterverbreiten vind solches Material, mit Einschluss von Ausrüstungen und Geräten, keinem andern Staat übergeben darf ohne die schriftliche Zustimmung des Herkunftslandes. Des weiteren wird vereinbart, dass keine Partei dieses Abkommens irgendeinem anderen Staat Ausrüstungen und Geräte übergeben wird, wenn diese Übergabe die Preisgabe irgendeiner klassifizierten, von der anderen Partei erhaltenen Information nach sich ziehen würde, ohne dass diese andere Partei schriftlich zugestimmt hätte.

Artikel XI Die Schweizerische Eegierung und die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika erklären ihr gemeinsames Interesse an der Schaffung einer
internationalen Atomagentur, um die friedliche Verwendung der Atomenergie zu fördern. Wenn eine solche internationale Agentur gegründet wird : l. werden die Parteien sich gegenseitig konsultieren, um festzulegen, in welcher Hinsicht, wenn überhaupt, sie die Bestimmungen dieses Abkommens über die Zusammenarbeit abzuändern wünschen. Insbesondere werden die

156

Parteien sich gegenseitig konsultieren, um festzulegen, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang sie der internationalen Agentur die Handhabung derjenigen Bestimmungen, Kontrollen und Sicherheitsmassnahmen, einschliesslich der Gesundheits- und Schutzvorschriften, zu übertragen wünschen, wie sie die internationale Agentur im Zusammenhang mit ähnlichen Leistungen an einen unter ihrer Ägide mitarbeitenden Staat verlangt.

2. Wenn die Parteien nach den gemäss Paragraph l dieses Artikels vorgenommenen Konsultationen zu keiner gegenseitig befriedigenden Vereinbarung gelangen, so kann jede Partei dieses Abkommen durch schriftliche Anzeige beenden. Wenn dieses Abkommen auf diese Weise beendet wird, soll die Schweizerische Begierung der Kommission der Vereinigten Staaten alles ungebrauchte Aufbau- und spezielle Kernmaterial, das sie auf Grand dieses Abkommens erhalten hat, zurückgeben.

Artikel XII Die Schweizerische Eegierung und die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika betonen ihr gemeinsames Interesse daran, dass alle Materiahen, Ausrüstungen und Geräte, die gemäss diesem Abkommen der Schweizerischen Eegierung zur Verfügung gestellt werden, nur für zivile Zwecke verwendet werden.

A. Soweit die Sicherheitsmassnahmen, die in diesem Abkommen vorgesehen sind, nicht durch Sicherheitsmassnahmen der vorgeschlagenen Internationalen Atomagentur ersetzt werden, wie es die Parteien gemäss Artikel XI vereinbaren können, bleiben der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika ungeachtet irgendwelcher anderer Bestimmungen dieses Abkommens folgende Eechte vorbehalten: 1. - um sich zu vergewissern, dass Konstruktion und Betrieb zivilen Zwecken dienen und die Anwendung wirkungsvoller Sicherheitsmassnahmen ermög· liehen - das Eecht, Einsicht zu nehmen in die Konstruktionspläne für (i) j eden Eeaktor und (ii) alle anderen Ausrüstungen und Geräte, deren Konstruktionspläne von der Kommission der Vereinigten Staaten als für die wirksame Handhabung der Sicherheitsmassnahmen erheblich bezeichnet werden, soweit - sie der Schweizerischen Eegierung oder irgendeiner in ihrem Hoheitsbereich sich befindenden Person durch die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika oder durch irgendeine in ihrem Hoheitsbereich sich befindende Person zur Verfügung gestellt werden, oder -- sie dazu dienen, die im Eahmen des Abkommens
zur Verfügung gestellten Materialien, wie Aufbaumaterial, spezielles Kernmaterial, Moderatormaterial oder anderes durch die Kommission der Vereinigten Staaten bezeichnetes Material zu verwenden, zu fabrizieren oder zu verarbeiten ;

157 2. a) das Hecht, die Erstellung und Vorweisung von Betriebsberichten zu verlangen sowie um Berichte zum Zwecke der Erleichterung der Bechenschaftsablage über die nachstehend genannten Materialien nachzusuchen und diese zu erhalten, ferner b) das Eecht, zu verlangen, dass das nachstehend genannte Material, das im Gewahrsam der Schweizerischen Begierung oder einer in ihrem Hoheitsbereich sich befindenden Person ist, allen in diesem Artikel vorgesehenen Sicherheitsmassnahmen und den in Artikel XIII festgesetzten Garantien unterstellt wird: Aufbaumaterial oder spezielles Kernmaterial, das der Schweizerischen Eegierung oder einer in ihrem Hoheitsbereich sich befindenden Person durch die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika oder durch eine in ihrem Hoheitsbereich sich befindende Person übergeben worden ist, sowie alles Aufbaumaterial oder spezielle Kernmaterial, das bei der Verwendung von irgendwelchen der folgenden zur Verfügung gestellten Materialien, Ausrüstungen und Geräte gebraucht, wiedergewonnen oder erzeugt wurde : (i) Aufbaumaterial, spezielles Kernmaterial, Moderatormatorial oder anderes durch die Kommission der Vereinigten Staaten bezeichnetes Material, (ii) Eeaktoren, (iii) irgendwelche andere durch die Kommission der Vereinigten Staaten bezeichnete Ausrüstungen und Geräte, die unter der Bedingung zur Verfügung gestellt werden, dass die Bestimmungen dieses Unterabschnittes A 2 Anwendung finden; 8. das Eecht, zu verlangen, alles im Unterabschnitt A 2 diesesArtikels erwähnte spezielle Kernmaterial sei in durch die Kommission der Vereinigten Staaten bezeichneten Lagereinrichtungen aufzubewahren, soweit es nicht laufend zu zivilen Zwecken in der Schweiz gebraucht, und soweit es nicht gemäss Artikel VII, Paragraph E (a), dieses Abkommens gekauft oder geinäss Artikel VII, Paragraph E (b), dieses Abkommens übergeben wird, oder soweit darüber nicht gemäss einer andern zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung verfügt wird; 4. das Recht, nach Konsultierung der Schweizerischen Eegierung Personen zu bezeichnen, welche - auf Verlangen der einen oder anderen Partei in Begleitung von durch die Schweizerische Eegierung bezeichneten Personen in der Schweiz Zutritt zu allen Örthchkeiten und Angaben haben, soweit dies notwendig ist, um den Verbleib der Aufbaumaterialien und speziellen
Kernmaterialien, dio unter die Bestimmungen des Unterabschnittes A 2 dieses Artikels fallen, festzustellen und sich zu vergewissern, ob diesem Abkommen nachgelebt wird, und, soweit als notwendig erachtet, unabhängige Messungen vorzunehmen;

158 5. daa Eecht, im Falle der Nichteinhaltung der Beatimmungen dieses Artikels oder der in Artikel XIII festgelegten Garantien, und sofern die Schweizerische Eegierung innerhalb vernünftiger Frist den Vorschriften dieses Artikels nicht nachkommt, dieses Abkommen zu suspendieren oder zu beenden und die Eückgabe aller in Unterabschnitt A 2 dieses Artikels erwähnten Materiahen, Ausrüstungen und Geräte zu verlangen; 6. das Eecht, mit der Schweizerischen Eegierung über Gesundheita- und Schut zinassnahmen Konsultationen zu pflegen.

B. Die Schweizerische Eegierung verpflichtet sich, die Handhabung der in diesem Artikel vorgesehenen Sicherheitsmassnahmen zu erleichtern.

Artikel XIII

:

A. Die Schweizerische Eegierung garantiert, dass: 1. die Sicherheitsmassnahmen und -kritorien gemäss geltenden Sicherheitsvereinbarungen zwischen der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika, vertreten durch die Kommission der Vereinigten Staaten, und der Schweizerischen Eegierung hinsichtlich aller gemäss diesem Abkommen ausgetauschten klassifizierten Informationen und Materiahen, einschliessHch. Ausrüstungen und Geräte, angewendet werden; 2. kein Material, einschliesslich Ausrüstungen und Geräte, das der Schweizerischen Eegierung oder ermächtigten, in ihrem Hoheitsbereich sich befindenden Personen durch Kauf oder auf andere Weise gemäss diesem Abkommen übergeben wurde, für Atomwaffen, für die Forschung betreffend Atomwaffen, für deren Entwicklung oder für irgendwelche andere militärische Zwecke verwendet wird; 3. keinMaterial, einschh'essh'ch Ausrüstungen und Geräte, und keine beschränkt zugänglichen Informationen, die der Schweizerischen Eegierung oder ermächtigten, in ihrem Hoheitsbereich sich befindenden Personen gemäss diesem Abkommen übergeben wurden, an nichtermächtigte oder ausserhalb des Hoheitsbereichs der Schweizerischen Eegierung sich befindende Personen übergeben werden, es sei denn, dass die Kommission der Vereinigten Staaten mit einer solchen Übertragung an einen anderen Staat einverstanden ist, und dies nur, wenn die Übergabe von Material oder beschränkt zugänglichen Informationen sich im Eahmen eines Abkommens über die Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und dem anderen Staat hält.

B. Die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika garantiert, dass: · 1. die Sicherheitsmassnahmen und -kriterien gemäss geltenden Sicherheitsvereinbarungen zwischen der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika, vertreten durch die Kommission der Vereinigten Staaten, und der Schweizerischen Eegierung hinsichtlich aller gemäss diesem Abkommen

159 ausgetauschten klassifizierten Informationen und Materialien, einschliesslich Ausrüstungen und Geräte, angewendet werden; 2. keine Ausrüstungen und Geräte, die der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika oder ermächtigten, in ihrem Hoheitsbereich sich befindenden Personen durch Kauf oder auf andere Weise geniäss diesem Abkommen übergeben wurden, für Atomwaffen, für die Forschung betreffend Atomwaffen, für deren Entwicklung oder für irgendwelche andere militärische Zwecke verwendet werden; 3. kein Material, einschliesslich Ausrüstungen und Geräte, und keine beschränkt zugänglichen Informationen, die der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika oder ermächtigten, in ihrem Hoheitsbereich sich befindenden Personen gemäss diesem Abkommen übertragen wurden, an nichtermächtigte oder ausserhalb des Hoheitsbereichs der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika sich befindenden Personen übergeben werden, es sei denn, die Schweizerische Eegierung stimme einer solchen Übergabe an einen andern Staat zu.

Artikel XIV Die Anwendung oder der Gebrauch von Informationen (einschliesslich Plänen, Zeichnungen und Beschreibungen), Materialien, Ausrüstungen oder Geräten, dio gomäss diesem Abkommen zwischen den Parteien ausgetauscht oder übergeben werden, fällt unter die Verantwortlichkeit der Partei, welche sie erhält; die andere Partei übernimmt keine Gewähr für die Eichtigkeit oder die Vollständigkeit solcher Informationen und für die Eignung solcher Informationen, Materiahen, Ausrüstungen und Geräte zu bestimmten Anwendung«- und Gebrauchszwecken.

Artikel XV Für dieses Abkommen bedeuten: A. «Kommission der Vereinigten Staaten» oder «Kommission»: die Atomenergiekommissión der Vereinigten Staaten; B. «Parteien»: die Schweizerische Eegierung und die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika, mit Einschluss der Kommission der Vereinigten Staaten als Vertreterin der Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika ; «Partei»: eine der erwähnten «Parteien»; C. «Atomwaffen»: irgendwelche Vorrichtungen, die Atomenergie verwenden mit Ausnahme der zum Transport oder Antrieb dienenden Teile (sofern diese Teile von der Vorrichtung abtrennbar sind) - und deren Hauptzweck darin hegt, als Waffe, als Waffenprototyp oder als Versuchswaffe gebraucht oder zu deren Entwicklung verwendet zu werden; D. « Spaltprodukte» : jedes radioaktive Material (ausgenommen spezielles Kernmaterial), das infolge der Einwirkung der Strahlung, die mit der Herstellung

160

E.

F.

G.

H.

I.

J,

K.

oder Verwendung von speziellem Kermnaterial verbunden ist, gewonnen wird oder radioaktiv geworden ist ; «klassifiziert»: eine Sicherheitsbezeichnung für «vertraulich» oder einen höheren Grad der Geheimhaltung, mit Einschluss der «beschränkt zugänglichen Informationen», welche die Schweizerische Eegierung xmd die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika gemäss ihren Gesetzen und Verordnungen auf irgendwelche Angaben, Informationen, Materiahen, Dienstleistungen und irgendwelche andere Gegenstände anwenden; «Ausrüstungen und Geräte» und «Ausrüstungen oder Geräte»; alle Instrumente, Apparate oder Einrichtungen, einschliesslich aller derjenigen Einrichtungen, ausgenommen Atomwaffen, mit denen spezielles Kernmaterial verwendet oder hergestellt werden kann, sowie deren integrierende Beatandteile; «Person»: jede Einzelperson, Körperschaft, Gesellschaft, Firma, Vereinigung, Trust, Vermögensmasse, öffentliche oder private Anstalt, Gruppe, Regierungsstelle oder öffentliche -Körperschaft, nicht aber die Parteien dieses Abkommens ; «Reaktor»; eine Einrichtung, anders als eine Atomwaffe, in der eine durch Spaltung sich selbsterhaltende Kettenreaktion unter Verwendung von Uran, Plutonium oder Thorium, oder irgendwelcher Zusammensetzung von Uran, Plutonium oder Thorium aufrechterhalten wird; «beschränkt zugängliche Informationen» («restricted data»): alle Angaben über 1. Konstruktion, Herstellung oder Verwendung von Atomwaffen; 2. die Herstellung von speziellem Kernmaterial; 8. die Verwendung von speziellem Kernmaterial bei der Erzeugung von Energie; jedoch mit Ausschluss von Angaben, deren. Geheimhaltung aufgehoben wurde, oder die durch die zuständige Behörde aus der Kategorie der «beschränkt zugänglichen Informationen» ausgeschieden wurden; «Aufbaumaterial»: 1. Uran, Thorium oder jedes andere Material, das von der Schweizerischen Regierung oder der Kommission der Vereinigten Staaten als Aufbaumaterial, bezeichnet wird; oder .

2. Erze, die eines oder mehrere der oben erwähnten Materiahen enthalten, und zwar in einer Konzentration, die von der Schweizerischen Regierung oder der Kommission der Vereinigten Staaten von Zeit zu Zeit festgesetzt wird; «spezielles Kernmaterial»: 1. Plutonium, mit Isotop 288 oder Isotop 285 angereichertes Uran, und jedes andere Material, welches von der Schweizerischen Eegierung oder

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der Kommission der Vereinigten Staaten als spezielles Kernmaterial bezeichnet -wird; oder 2. jedes Material, das mit einem der vorerwähnten Stoffe künstlich angereichert ist.

Zu Urkund dessen hahen die Parteien gestützt auf die ihnen hiefür übertragenen Befugnisse die Ausfertigung des vorliegenden Abkommens in guter und gehöriger Form veranlagst.

Gegeben zu Washington im Doppel, am 21. Juni 1956.

Für die Schweizerische Regierung:

(gez.) H. de Torrente, Schweizerischer Gesandter Für die Eegierung der Vereinigten Staaten von Amerika : (gez.) C. Burke Elbrick, stellvertretender Unterstaatssekretär für europäische Angelegenheiten (gez.) W. F. Libby, Präsident a. i. der Atomenergiekommission der Vereinigten Staaten

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des Abkommens über die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Regierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika auf dem Gebiete der friedlichen Verwendun...

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Jahr

1956

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

34

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7212

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.08.1956

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121-161

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