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Schweizerisches Bundesblatt.

XXVI. Jahrgang. I.

Nr. 24.

G. Juni 1874.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsge b ü Ur per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zu einem Gesezentwurfe betreffend die Rechtsverhältnisse des Frachtverkehrs und der Spedition auf Eisenbahnen und anderen vom Bunde konzedirten Transportanstalten.

(Vom 26. Mai 1874.)

Tit.!

Das Bundesgesez über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft verfügt in Artikel 38: ,,Die Bundesgesezgebung wird die erforderlichen Bestimmungen aufstellen : ,,1) über die Rechtsverhältnisse des Frachtverkehres und der ,,Spedition auf Eisenbahnen, und auf anderen vom Bunde ,,konzedirten oder von ihm selbst betriebenen TransportAnstalten (Dampfschiffen, Posten), und ,,2) über die Verbindlichkeiten der genannten Transportanstalten ,,zum Sehadenersaz für die beim Bau und Betriebe herbeigeführten Tödtungen und Verlezungen."

Bundesblatt. Jahrg. XXYI. Bd. I.

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Das Departement des Innern ertheilte am 10. Mai 1873 die geeigneten Aufträge, um für die beiden in diesem Artikel 38 in Aussicht genommeneu Bundesgeseze vorläufige Entwürfe und Motive dazu ausarbeiten zu lassen.

Die infolge dieser Aufträge verfaßten Entwürfe wurden schon durch Kreisschreiben vom 1. Juli 1873 den sämmtlichen schweizerischen Eisenbahn Verwaltungen, sowie dem schweizerischen Handelsund Industrievereine, und theils durch dessen Vermittelung, theils direkt an verschiedene Organe des Handelsstandes und Privaten zur Prüfung und Vernehmlassung mitgetheilt.

Die Motive, deren Druk sich einigermaßen verzögert hatte, konnten an die gleichen Adressen erst im September 1873 durch das inzwischen mit dieser Angelegenheit betraute Eisenbahn- und Handelsdepartement nachgeliefert werden.

Diesem Departements wurde im Namen der Vereinigung schweizerischer Eisenbahnverwaltungeu eine sehr gründliche, aber wie es scheint, noch vor Kenntnißnahme der Motive verfaßte gedruktc Eingabe vom 14. September 1873 eingereicht, in welcher die Tendenz und Form der beiden Entwürfe im Ganzen mißbilligt und eine große Reihe einzelner Gegenanträge ' motivirt gestellt werden. Dieser Eingabe wurde zur Unterstüzung der darin geltend gemachten Ansichten später noch eine auf Veranlassung der Direktion der Nordostbahn gedrukte ,,Antwort der Generaldirektion der k. bayerischen Ver,,kehrsanstalten, Betriebsabtheilung, auf eine Anfrage der Direktion ^der schweizerischen Nord-Ostbahn betreffend den schweizerischen .^Gesezesentwurf über den Frachtverkehr auf den Eisenbahnen vom .',10. November 1873" beigefügt.

Auch von Seite des schweizerischen Handelsstandes ist ein gemeinsamer Schritt gethan worden. Dem Ausschusse des schweizerischen Handels- und Industrievereines, welcher eine Aufforderung vom 18. Juli 1873 zu Erklärungen über die beiden Entwürfe an verschiedene Organe der Interessen des Handelsstandes gerichtet hatte, waren 13*) theils mehr theils weniger motivirte Eingaben über*) Diese 13 Eingaben sind folgende: 1) Eingabe des kaufmännischen Direktoriums in St. Gallen vom 6. August 1873, 2) des Baseler Börsenvereines vom 31. August 1873, 3) des Baseler Handelskollegiunis vom 11. September 1873, 4) des Handels- und Industrievereines in Zoflngen vom 8. Äugest und 9. September 1873, 5) des Thurgauischen Handels- nnd Industrievereines vom 9. August 1873, 6) der Handelskammer von Luzern vom G. August 1873,

841 reicht worden. Auf Grundlage dieser Eingaben und eines ausführ liehen Referates des Herrn v. Gonzenbach, Präsident des kaufmännischen Direktoriums in St. Gallen, hat der Ausschuß des schweizerischen Handels- und Industrie Vereines am 5. Oktober 1873 eine artikelweise Berathung, wenigstens des ersten der beiden Entwürfe, mit welchem wir es hier zunächst allein zu thun haben, vorgenommen und das Resultat dieser Berathungen unter Beifügung sämmtlicher Materialien dem Eisenbahn- und Handelsdepartement überreicht. Direkt bei dieser Behörde ist eine kurze Eingabe des Herrn Dr. Sulzer in Winterthur vom 4. September 1873 mit einzelnen treffenden Redaktionsbemerkungen, und nachträglich noch eine umfassende motivirte Kritik der Société industrielle et commerciale du Canton de Vaud vom 9. Januar 1874 eingegangen.

Außerdem hat sich die Presse vielfach mit den Entwürfen, und zwar vorzugsweise mit dem uns hier zunächst angehenden betreffend die Rechtsverhältnisse des Frachtverkehres u. s. w. beschäftigt.

Einläßliche Besprechungen sind von Herrn Oberrichter Dr. Schneider in der Neuen Züricher Zeitung, Nr. 55t) und 552, und in der Zürcherischen Zeitschrift für Gerichtspraxis und Rechtswissenschaft, Bd. XXIV resp. Bd. I, Heft 2, pag. 297 u. f., von Herrn Dr. Eduard Heusler in den Basler Nachrichten, Nr. 22!), 231, 233, 238, 239, von Herrn David in Nr. 262, 274, 283 der Schweizerischen Handelszeitung und von Herrn Prof. Dr. Gareis in Nr. 45 bis 52 des Bund erschienen.

Dieses reichhaltige Material ist von einer durch das Eisenbahnund Handelsdepartement berufenen, aus dem Herrn Dr. Blumer in Glarus als Präsidenten, und den Herren Nationalrath Bützberger in Langenthal, Dr. Simon Kaiser in Solothurn, Dr. Eduard HeuslerBernoully in Basel, Oberst E. v. Gonzenbach in St. Gallen, alt Nationalrath Jules Martin-Franel in Genf, Professor H. Carrard in Lausanne und Professor Dr. Heinrich Fick in Zürich als Mitgliedern bestehenden Kommission einer gründlichen Prüfung unterzogen worden. Dieselbe hat in ihren Sizungen vom 2. bis (i. März 1874 in Bern, an denen jedoch Herr Martin-Franel Theil zu nehmen verhindert war, dem Gesezesentwurfe betreffend die Rechtsverhältnisse 7) der Association commerciale et industrielle Genevoise vom 4. und 15. September 1873, 8) der Handelskommission in Glarus vom 6. September 1873, 9) der
kaufmännischen Gesellschaft in Winterthur vom 12. September 1873, 10) des Börsenkomites in Zürich, 11) der Polizeidirektion des Kantons Aargau vom 17. September 1873, 12) des Herrn Eduard Eckenstein in Basel vom 11. August 1873, 13) des kaufmännischen Direktoriums in Schaffhausen vom 23. September 1873.

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des Frachtverkehres u. s. w. eine Fassung gegeben, welche im Wesentlichen unsere Billigung gefunden hat.

Die hauptsächlichste Aenderung besteht darin, daß, während der Kommissionalentwurf, abgesehen von einigen Ausnahmsbestimmungen, die beiden Eingangs genannten Geseze auch auf die Post anwendbar erklärte, wir nun für dieselbe in Ausführung des Art. 38 des Eisen bahngesezes einen besondern Gesezesentwurf vorlegen werden. In der Botschaft zu lezterem werden wir näher begünden, daß bei der Postvevwaltung andere und ganz eigentümliche Verhältnisse vorkommen, welche eine Gleichstellung mit dem Frachtverkehr und der Haftbarkeit der Eisenbahnen nicht zulassen; vorläufig verweisen wir hier nur darauf, daß auch bisher die Einrichtung, der Betrieb und die Garantie der Posten in einem besondern Geseze (Postregalgesez von 1849) geordnet waren, und daß in denjenigen Staaten, welche eine bestens organisirte Fahrpost und Personenpost unterhalten (m den Deutschen Staaten), die einschlägigen Rechtsverhältnisse gleichfalls durch ein besonderes Gesez regulirt sind.

Bei vorliegendem Entwurfe konnten als legislative Vorarbeiten benuzt werden : 1) die Bestimmungen über Frachtverkehr in Titel 4 Art. 284 bis 321 des Munzinger'schen Entwurfes für ein schweizerisches Handelsgesezbuch, welchen wir Ihnen schon im Dezember 1864 in empfehlendem Sinne zur Eenntniß gebracht hatten; 2) die Bestimmungen über Frachtverkehr in Art. 433 bis 468 eines Entwurfes für ein schweizerisches Obligationenrccht, welcher im Auftrage des Justiz- und Polizeidepartements ebenfalls von dem am 28. April 1873 dahingeschiedenen Professor Dr. Munzinger in Bern verfaßt und wiederholten Beratbungen einer Expertenkommission unterbreitet worden war; 3) das gegenwärtig noch in Geltung befindliche Transportreglement schweizerischer Eisenbahnen für den direkten Verkehr, gültig vom 15. März 1862; 4) die einschlagenden Bestimmungen des allgemeinen deutschen Handelsgesezbuches und des deutschen Eisenbahnbetriebsreglements vom 10. Juni 1870 und 22. Dezember 1871.

Sowohl bei diesem Entwurfe, als bei demjenigen über Tödtungen und Verlezungen, über den wir uns in einer besondern Botschaft aussprechen werden, glaubten wir von dem Grundgedanken ausgehen zu sollen, daß dem gesammten Publikum, welches diesen großen Transportanstalten (Eisenbahnen, Dampfschiffen)
Güter, Gesundheit und Leben anzuvertrauen veranlaßt wird, die möglichst weitgehenden Garantien zu gewähren seien. Wir glaubten in Feststellung dieser Garantien die Grenzen, bis zu welchen hierin die Gesezgebungen und die Praxis benachbarter Staaten vorangegangen sind, mindestens erreichen, und in manchen Punkten,

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worin diese Gesezgebungen, wie namentlich das deutsche Handelsgesezbuch und das deutsche Eisenbahnbetriebsreglement hinter den Anforderungen der Zeit zurükzustehen schienen, überschreiten zu sollen.

Soweit der Artikel 38 des Eisenbahngesezes die Kompetenz verliehen hat, und nicht die Anforderungen der Gerechtigkeit einerseits und die Rüksichten auf das Blühen und Gedeihen der Anstalten andererseits im eigenen Interesse des Publikums selbst Einhalt geboten, haben wir allen Wünschen und Ansprüchen des Publikums und insbesondere des Handelsstandes, nach Erweiterung dieser Garantien Rechnung getragen und die dagegen erhobenen Protestationen der Eisenbahnverwaltungen zurükgewiesen.

Wegen der genauen Abgrenzung der Kompetenz in Art. 38 des Eisenbahngesezes konnte einer sehr wichtigen Anregung, die von einem Mitgliede der Kommission gemacht wurde, auch für V e r s p ä t u n g e n beim Personentransporte und beim sogenannten Fahrverkehre (im Gegensaz zum Fr achtverkehre) Schuzmittel zu gewähren, nicht Folge gegeben werden. Dies mußte, da selbst die weitest gehende Interpretation des Art. 38 hiezu keinen Anhaltspunkt gewährt, dem in Art. 36 des Eisenbahngesezes in Aussicht gestellten Betriebsreglemente, auf das wir in Art. 36 Saz 2 unseres Gesezentwurfes hingewiesen haben, beziehungsweise einem künftigen einheitlichen schweizerischen Obligationenrechte vorbehalten bleiben.

Auch der von derselben Seite gemachten Anregung, die beiden in Art. 38 vorgeschriebenen Geseze in eines zusammenzufassen, sowie dem von dem Genfer Industrie- und Handelsvereine gestellten Antrage, die Lehre vom Frachtvertrage erschöpfend, auch die nichtkonzessionspflichtigen Trausportanstalten und schlichten Frachtführer umfassend, zu normiren, konnte bei der im zitirten Art. 38 klar vorgezeichneten Aufgabe nicht entsprochen werden.

Wenn wir in dem hier vorgelegten Entwürfe in einigen Richtungen den Interessen und Bedürfnissen des Publikums, und insbesondere des Handelsstandes in höherem Maße Rechnung getrogen haben, als es wenigstens vom Standpunkte der durch das römische Recht beherrschten Ansichten der deutschen Jurisprudenz mit den Anforderungen der Gerechtigkeit im Einklänge zu sein scheint, so bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung.

Es ist dies in folgenden drei Richtungen der Fall: Zunächst ist schon durch die sehr
weitgegriffene Verantwortlichkeit der Transportanstalten für ihr gesammtes Personal, die alleruntergeordnetesten Angestellten mit eingeschlossen (Art. 38 und 3!)

Ziffer 1), in Verbindung mit Rechtsvermuthungen und Normirung

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der Beweislast zu Ungunsten der Transportanstalten (Art. 12, 13, 15, 20, 23, 24, 39) ein Erfolg als m ö g l i c h zugelassen, wonach die Transportanstalten für Ereignisse einzustehen haben, die wenigstens für ihre höchsten Verwaltungsorgane beziehungsweise Direktionen sich als völlig u n v e r s c h u l d e t e , rein z u f ä l l i g e darstellen können. In dieser Richtung hat jedoch der Entwurf nicht viel Neues zu dem hinzugefügt, M'as, aus der französischen Praxis stammend, auch schon in den neuesten deutsehen Gesezgebungen Eingang gefunden hatte, Zweitens gehört hierher das prinzipielle Fallenlassen einer Unterscheidung, die im deutschen Handelsgesezbuche (Art. 430 und 380) und im deutschen Eisenbahnbetriebsreglement, ja sogar noch in dem .erst nach Beendigung unserer Entwürfe bekannt gewordenen Entwurfe eines neuen Reichseisenbahngesezes (Berlin 1874 bei Carl Heymann, pag. 20 Art. 50) festgehalten wird. Es ist dies die Unterscheidung bezüglich der Verantwortlichkeit einer Transportanstalt, je nachdem sie als eigentlicher Frachtführer oder als bloßer Spediteur einen Transport besorgt. Es hat nach unserem Entwürfe, womit übrigens schon die Bestimmungen des zürcherischen Gesezbuches (§§ 1646, 1647, 1653 und 1654), sowie das französische Recht (Art. 97 bis 99 des Code de commerce) im Wesentlichen übereinstimmen, die Transportanstalt, welche die Besorgung eines Transportes bis zu einem bestimmten Ablieferungsorte übernommen hat, für die von ihr zuzuziehenden weiteren Transportanstalten, Frachtführer oder Spediteure nicht bloß wegen Verschuldens bei der Auswahl, sondern vielmehr im Allgemeinen ganz so einzustehen, wie wenn sie den Transport selbst bis zum Ablieferungsorte ausgeführt hätte. Es macht im Allgemeinen keinen Unterschied, ob sie das Gut mit dem ursprünglichen Frachtbriefe weiter giebt (direkter Verkehr), oder ob sie dabei in eigenem Namen, aber für Rechnung des Absenders mit oder ohne dessen Zustimmung, einen neuen Frachtbrief zeichnet. Es steht dies in totalem Widerspruche mit der deutschrechtlichen Theorie, wonach der Spediteur im Gegensaze zum Frachtführer (Art. 380 des d. H. G. B.) von jeder Verantwortlichkeit für die Fehler der von ihm zugezogenen Frachtführer, Schiffer, Zwischenspediteure völlig frei wird, sobald er den Beweis erbringt, daß er bei der Wahl derselben und auch sonst
bei der Uebergabe der Güter an diese von ihm zuzuziehenden Transportanten die erforderliche Sorgfalt beobachtet habe. Die deutschrechtliche Theorie geht von der Ansicht aus, daß, sobald dieser Beweis erbracht ist, alle Fehler der zugezogenen Frachtführer etc.

für die als S p e d i t e u r fungirende Transportanstalt sich ohne Weiteres als reiner casus oder völlig unverschuldeter Zufall darstellen, für die sie ebensowenig, wie ein als Spediteur operirender Privat-

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mann zu haften habe.

Nach unserem Entwürfe wird e i n

Wenn in diesen beiden Richtungen den Transportanstalten unter gewissen Voraussezungen .die Verantwortlichkeit für von ihnen n i c h t verschuldeteEreignisse,, für Zufälle zugemuthet wird, so sind es doch immer solche Ereignisse, die der Geschädigte noch weit w e n i g e r verschuldet hat, die jedenfalls von der Trausportanstalt weit eher, als von ihm hätten abgewendet werden können.

Es sind Zufälle, für welche daher sehr wohl eine stillschweigend übernommene Garantie der Transportanstalt ohnenbilligkeittpräs-mirt werden kann.

Endlich drittens ist in Art. 40 das im Wesentlichen schon im deutschen Handelsgesezbuche anerkannte Prinzip sanktionirt, daß, abgesehen von speziellen, durch das Interesse des Publikums selbst gebotenen Ausnahmen (vgl. Art. 19 Absaz 2, Art. 21. Art. 26 Saz 2, Art, 37 Ziffer 4 Saz 2), die gese zlie h normirte Verantwortlichkeit der Transportanstalten durch keinerlei Vertragsberedungen oder reglementarische Bestimmungen, auch wenn sie von a d m i n i s t r a t i v e n Organen des Staates genehmigt werden, ausgeschlossen oder beschränkt werden könne.

Wenn diese Beschränkung der Vertragsfreiheit, in Verbindung mit jenen Bestimmungen, wonach unter gewissen Voraussezungen sogar für Ereignisse, die sich nach älterer Theorie als rein zufällige darstellen würden, gehaftet werden muß, eine allzu große, mit den Anforderungen der Gerechtigkeit nicht im Einklänge stehende Strenge zu enthalten scheint, so ist dagegen schon hier, ehe wir ins Detail eingehen, auf zwei Gesichtspunkte hinzuweisen, die schon von Munzinger in seinen Motiven zu dem Entwurfe eines schweizerischen Handelsgesezbuches pag. 289 und 313 hervorgehoben worden sind.

Zunächst kommt hier das M o n o p o l in Betracht, welches bei den großen Transportanstalten, ungeachtet der Beseitigung von Ausschlußprivilegien , ungeachtet des größten Strebens nach Vermehrung derselben und nach Eröffnung der freien Konkurrenz, t h a t s ä c h l i c h fortbestehen wird.

Das Publikum ist, wenn es einen bestimmten Transportzwek erreichen will, mehr oder weniger immer in einer Nothlage, es muß sich der betreffenden Anstalt anvertrauen. Der Einzelne, der sich der großen Transportanstalt bedient, hat nicht, wie bei anderen Gewerben, die Wahl zwischen vielen Konkurrenten, um demjenigen, der ihm die billigsten Bedingungen und weitest gehenden Garantien bietet, den Vorzug zu geben, er muß sich, sofern hier das Gesez nicht Hülfe schafft, sofern es nicht unbillige Bedingungen und Klau-

846 sein für unwirksam erklärt, den Interessen des andern Kontrahenten fügen. Der scheinbare Eingriff in die Vertragsfreiheit, der darin liegt, daß gewisse Vertragsberedungen für nichtig erklärt werden, ist daher in Wahrheit nur die Wiederherstellung der Vertragsfreiheit gegenüber den Wirkungen eines solchen faktischen Monopols.

Sodann ist es, wie von Munzinger richtig bemerkt wird, die Assekuranzidee, durch welche die Nachtheile, die aus den scheinbar harten und ungerechten Bestimmungen für die Anstalten hervorgehen, wieder aufgehoben werden. Die Verluste, welche die Anstalten allerdings nach diesen "Bestimmungen ohne irgend ein Verschulden nicht selten zu übernehmen haben, kommen im Großen und Ganzen im Verhältnisse zum Gesammtverkchre der Anstalten so vereinzelt vor, daß sie durch einen äußerst minimen, für das Publikum selbst völlig unbemerkbaren Aufschlag zu dem, was die Anstalt außerdem als Transportpreis berechnen würde, gleichsam als Assekuranzprämie, reichlich ausgeglichen werden. Es entsteht daher durch diese scheinbar ungerechten Bestimmungen eine von der Transportanstalt, ohne daß sie es selbst und das Publikum weiß, vermittelte gegenseitige Assekuranzgesellsehaft unter sämmtlichen Personen, die sich jeweilcn der Transportanstalt auf Grund solcher scheinbar ungerechten Gesezesbestimmungen bedienen.

Was die einzelnen in Vorschlag gebrachten' Bestimmungen betrifft, so Averden wir nur bei denjenigen länger verweilen, welche von den legislatorischen Vorarbeiten, die, wie oben erwähnt, als Grundlage gedient haben, wesentlich abweichen, oder in den über die ersten Entwürfe eingegangenen Vernehmlassungen ganz besonders von der einen oder der andern Seite angefochten worden sind.

. · ' Namentlich glauben wir die Bestimmungen Art. l Saz l und Art. 23 und 24 (in dem früheren Entwurfe Art. 21 und 22) einer etwas ausführlichen Besprechung unterziehen zu sollen.

Der Art. l Saz l weicht wesentlich von dem entsprechenden Art. 422 des deutschen Handelsgesezbucb.es darin ab, daß er eine Ver p f l i c h t u n g der Bahnen (sowie der übrigen unter dies Gesez fallenden TranspOrtanstalten} zur Eingehung von Transportkontrakten nicht bloß für die e i g e n e L i n i e , sondern auch zur Weiterbeförderung auf anderen Transportanstalten, mit denen sie in regelmäßigem Verkehr stehen, vorschreibt.

Der Art. 29
des erst nach der definitiven Redaktion unserer Entwürfe zur öffentlichen Kenntniß gelangten Entwurfes für ein ·deutsches Reiehseisenbahngesez hat eine ähnliche Abweichung von

847 Art. 422 des deutschen Handelsgesezbueb.es für den EisenbahnGüterverkehr ebenfalls angenommen, und dabei nur die Verpflichtung zur Uebernahme der Weiterbeförderung auf Eisenbahnen a u ß e r h a l b des d e u t s c h e n R e i c h e s von der Voraussezuug abhängig gemacht, daß mit denselben die dazu erforderlichen Vereinbarungen getroffen seien.

Wir haben die Verpflichtung zur Uebernahme der Weiterbeförderung auf andern Transportanstalten ganz gleichmäßig für den internen, wie für den externen Verkehr von der Voraussezung abhängig gemacht, daß ein regelmäßiger Verkehr mit den andern Transportanstalten, durch welche die Weiterbeförderung zu geschehen hat, bestehe. Dabei ergiebt sich aber auch bei uns ein wesentlicher Unterschied zwischen dem internen und externen Eisenbahnverkehre. Für den internen Verkehr besteht nämlich nach Art. 33 Saz 2 des Eisenbahngesezes eine staatsrechtliche Pflicht einen regelmäßigen, ja sogar einen sogenannten direkten Verkehr anzuknüpfen, sodaß hier die Voïaussezuug für die Verpflichtung zur Uebernahme der Weiterbeförderung, sofern die staatsrechtliche Pflicht des Art. 33 Saz 2 realisirt wird, i m m e r zutreffen wird.

Für den auswärtigen Verkehr ist es dagegen, so lange nicht auf dem Wege von Staatsverträgen ähnliche Einrichtungen, wie für den externen Postverkehr getroffen werden, ganz und gar dem freien Ermessen der schweizerischen Bahnen überlassen, ob sie mit auswärtigen Bahnen einen regelmäßigen Verkehr anzuknüpfen für gut finden oder nicht. Haben sie ihn aber einmal angeknüpft, gleichviel ob es ein direkter, durchgehender ist, bei welchem das Gut o h n e Ausstellung eines neuen Frachtbriefes auf die auswärtige Linie übergeht, oder ob sie dabei als bloße Spediteure fungireu, und beim Uebergange 'auf die auswärtige Linie einen neuen Frachtbrief ausstellen, so dürfen sie die Eingehung des einen oder des andern dieser beiden Kontraktverhältnisse im konkreten einzelnen Falle nicht willkürlich ablehnen oder von irgend welchen nicht a l l g e m e i n geltenden oder nach Art. 40 unzulässigen Transportbedingungen abhängig machen.

Die Gefahr, welche die Eisenbahnen in ihrer Eingabe aus diesem doch nur höchst hypothetischen Zwange für die Weiterbeförderung auf a u s w ä r t i g e n Eisenbahnen (resp. Dampfschiffen) befürchten, ist von keiner Bedeutung, wenn man die
Schlußbestimmungen des Art. 23 in Betracht zieht. Nach Art. 23 haftet die schweizerische Eisenbahn, wenn sie ein Gut zur Weiterbeförderung auf einer auswärtigen Bahn übernommen hat, gleichviel ob sie dabei vermöge d i r e k t e n Verkehres das Gut auf Grund des ursprünglichen Frachtbriefes weiter giebt, oder als bloßer Spediteur

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selbst einen, Frachtbrief ausstellt, für die auf der folgenden Bahn vorkommenden Fehler und Unfälle nur i n s o w e i t , als ihr nach den Gesezen des Auslandes ein Regreßrecht zusteht, und sie dies Regreßrecht nicht durch irgend eine Versäumniß verwirkt hat. Sie m u ß also m a t e r i e l l , und abgesehen von eigenem Verschulden, nur für die S o l v e n z der auswärtigen Anstalt, mit der sie in einem regelmäßigen Fracht- oder Speditionsverkehre steht, -gleichsam als Bürg°e und Selbstzahler einstehen, und wird dies auch getrost k ö n n e n . Eine Insolvenz bei derartigen Anstalten wird überhaupt nicht leicht, jedenfalls nie von heute auf morgen plözlich eintreten.

Wenn eine solche Gefahr herantritt, wird daher wohl immer genügende Gelegenheit geboten sein,, den regelmäßigen Verkehr ganz allgemein rechtzeitig abzubrechen. Ihre Haftung, abgesehen von Insolvenz der nachfolgenden Bahn, ist somit entweder eine r e i n f o r m e l l e , oder eine selbstverschuldete, indem sie ja auf dem Regreß wege, sofern sie diesen nicht durch eigene Schuld verwirkt hat, .Alles das wieder erhalt, was sie dem Absender zahlen mußte.

Vielfach ist von Seiten der schweizerischen Bahnverwaltungen angedeutet worden, daß man, sofern der Art. 23 resp. Art. l Saz 1 nicht auf den i n t e r n e n Eisenbahnverkehr beschränkt würde, überhaupt keinen regelmäßigen Verkehr mit auswärtigen Bahnen anknüpfen werde, daß man sich vielmehr genöthigt sehen werde, Waaren. in's Ausland bloß dann zu übernehmen, wenn sie an einen im Grenzorteetablirtenn S p e d i t e u r als Empfänger adressirt würden, der dann die Weiterbeförderung ohne alle Mitwirkung der Bahn zu besorgen hätte. Diese Drohungen sind jedoch durchaus nicht zu befürchten.

.

Das eigene Interesse der Bahnen wird sie veranlassen, n i c h t in der angedrohten Weise die Etablirung solcher Speditionshäuser an der Grenzstation, denen ja dann ein großer Theil ihrer Einkünfte zufallen würde, selbst herbeizuführen. Sie werden also mindestens-den regelmäßigen Verkehr mit dem Auslande selbst, als Spediteure übernehmen, zumal in diesem Falle, wo ja eine genaue Revision des Gutes an der Grenze stattfindet, der Beweis Ziffer \ der Schlußbestimmung des Art. 23, daß der fragliche Unfall oder Fehler n i c h t auf ihrer Streke vorgekommen sei, keineerheblichenE Schwierigkeiten darbieten kann.
Ganz; anders verhält es sich freilich, wenn der regelmäßige Verkehr in der Form des d i r e k t e n d u r c h g e h e n d e n Verkehrs mit ausländischen Anstalten angeknüpft wird. Hier kann allerdings die Führung des in Ziffer l der Schlußbestimmung des Art. 23 auf , erlegten Beweiss- mit < sehr großen, vielleichtunübersteiglicherr Schwierigkeiten verbunden sein. Daß aber die Bahnen troz diese:

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Schwierigkeiten sich veranlaßt sehen können, in ihrem eigenen Interesse, ohne allen äußeren Zwang, einen solchen d i r e k t e n Versehr anzuknüpfen, hat die Erfahrung schlagend gelehrt.

Dafür kann man sich auf die eigenen Réglemente der schweizerischen Bahnen für den d i r e k t e n Güterverkehr mit der würtemberger Staatsbahn, gültig vom 1. Januar 1864 an, und für den österreichisch-bayerisch-schweizerischen Verkehr, gültig vom 1. Juni 1864 an, berufen.

In diesen beiden Regiemeuten für den d i r e k t e n Güterverkehr mit dem Auslande ist in Ziffer l § 17 ganz im Einklänge mit unserem Gesezentwurfe das Prinzip ausgesprochen,, daß die Solidarhaft der betheiligten Bahnen sich auf die erste, die lezte und die erweislich schuldige Zwischenbahn beschränke. In Ziffer 4 des §17 dieser Réglemente heißt es sodann wörtlich: ,,Bezüglich der Gewährleistung der Eisenbahn für Beschädigungen und Verluste an dem transportirten Gute, sowie für Ver,,säumniß der Lieferzeit, haftet jede der verbundenen Eisenbahnen ,,(vgl. übrigens oben Ziffer 1) dem Versender und Empfänger a u c h ,,für d i e ü b e r i h r e e i g e n e n L i n i e n h i n a u s bele,,g e n e o d e r d e n s e l b e n v o r a n g e h e n d e T r a n s p o r t ,,s t r e k e nur nach den Grundsäzen,, welche die Gesezgebung; des ,, O O ,,Landes, in welchem sie ihren Siz hat, mit sich bringt, beziehungs,,weise nur nach denjenigen Transportbedingungen, welche sie über ,,jene Gewährleistung für ihren i n n e r e n Verkehr veröffentlicht ,,hat, es sei denn, daß im einzelnen Falle nachgewiesen würde, ,,daß die Ursache des Verlustes, der Beschädigung oder der Trans,,portverzögerung auf den Linien einer anderen Eisenbahnverwaltung ,,eintrat, welche nicht der gleichen Gesezgebung unterworfen ist, ,,beziehungsweise für ihren inneren Verkehr andere Transportbedingungen innehält, in welchem Falle die Grundsäze dieser lezteren ,,Gesezgebung resp. die von dieser lezteren Eisenbahnverwaltung ,,veröffentlichten Transportbedingungen Anwendung finden sollen."

Hier haben die Buhnen für den Fall, der uns hier zunächst berührt, daß sie sich bei direktem Verkehre mit dem Auslande, auf m i l d e r e Haftbarkeitsbestimmungen für die n a c h f o l g e n d e n Bahnen berufen wollen, freiwillig den Beweis übernommen, daß der Unfall oder Fehler n i c h t auf ihrer Streke,
sondern auf einer n a c h f o l g e n d e n Bahn vorgekommen sei.

Obgleich der Art. 24 mit der in Saz l des Art. l enthaltenen Verplichtung der Bahnen zur Eingehung von Transportkontrakten keineswegs in dem Masse, wie der Art. 23 in Zusammenhange steht, mag die Besprechung desselben, weil bei ihm analoge Verhältnisse,

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wie in Art. 23 in Frage kommen, doch schon hier ihre Stelle finden Die Grundsäze, welche der Art. 24 über die solidarische Haftbarkeit der abliefernden Transportanstalt für die ihr vorangehenden Frachtführer ausspricht, sind durchaus n i c h t , wie die analogen des Art. 23, bloße Konsequenzen; des oben besprochenen Princips der gleichen Verantwortlichkeit des Spediteurs und des Frachtführers für die von ihnen zugezogenen weitern Transportanten.

Die a n n e h m e n d e Transportanstalt, gleichviel ob sie als Spediteur oder wirklicher Frachtführer den Transport besorgt, hat doch immer d i r e k t rnit dem Absender ko n trahir t, sie haftet also, auch wenn sie für Nachfolger in Anspruch genommen wird, doch immer aus ihrem eigenen Kontrakte. Wenn aber die a b l i e f e r n d e Anstalt für Fehler oder Unfälle auf v o r h e r g e h e n d e n Linien für haftbar erklärt werden soll, so ist dies nur unter der Voraussezung denkbar, daß sie durch Uebernahme des Gutes in das von dem Absender mit der a n n e h m e n d e n Anstalt geschlossene Kontraktsverhältniß eingetreten sei. Dies ist aber ganz entschieden n i c h t der Fall, wenn irgend ein vorangehender Transportant als Spediteur operirt, d. h. in seinem e i g e n e n N a m e n einen n e u e n Frachtvertrag mit dem folgenden abgeschlossen hat und das Gut auf Grund dieses n e u e n Frachtvertrages an die abliefernde Anstalt gelangt ist. Der Eintritt in das ursprüngliche mit dem Absender eingegangenen Kontraktsverhältniß wird sich regelmäßig Hindurch Uebernahme des Gutes auf Grund des ursprünglichen Frachtbriefes äußern können. Die Anwendung des Art. 24 sezt daher entweder einen wirklich bestehenden d i r e k t e n Verkehr oder doch die Verpflichtung der betheiligten Anstalten zu einem solchen dir e k t e n Verkehre voraus.

Während es daher im Art. 23, wo es sich um die Haftbarkeit der a n n e h m e n d e n Anstalt für die N a c h f o l g e r handelt, völlig gleichgültig ist, ob diese N a c h f o l g e r auf Grund des ursprünglichen oder eines neuen Frachtbriefes das Gut übernommen haben, so ist im Art. 24 umgekehrt die Uebernahme des Gutes auf Grund des ursprünglichen Frachtbriefes regelmäßig die unerläßliche Bedingung der Haftbarkeit für die Vorgänger. Der Saz 2 des Art. 24, der im Gegensaze zum deutschen Handelsgesezbuche unter Umständen die abliefernde
Anstalt selbst dann für die Vorgänger haften läßt, wenn das Gut zwar nach der Absicht des Absenders mit demselben Frachtbriefe zur Ablieferung gelangen sollte, aber dieser Absicht zuwider dennoch auf Grund eines neuen Frachtbriefes an die abliefernde Anstalt gelangt ist, enthält daher eine höchst singuläre exceptionelle Bestimmung, die sich nur für den i n t e r n e n

851 kehr zwischen den unter dies Gesez fallenden Anstalten rechtgt. Es liegt darin ein indirekter Z w a n g zum direkten Verre, der eben nur durch die im Geseze selbst gegebene Garantie vollen unbeschränkten Rükgriffsrechtes sich rechtfertigt.

Die Haftbarkeit der Ablieferungsbahn für die V o r g ä n g e r ; daher auch im internen Verkehre jedenfalls weg, wenn der Abier selbst die Ausstellung des n e u e n Frachtbriefes irgendwie kt oder indirekt veranlaßt hat, auf Grund dessen das Gut an Ablieferungsbahn gelangt ist. Aber auch abgesehen davon, d die Ablieferungsbahn für Fehler oder Unfälle, die sich bei c h t unter dies Gesez fallenden Frachtführern ereignet haben, haften, wenn und soweit sie selbst zum Rükgriffe berechtigt o d e r ihren Rükgriff durch eigene Schuld verloren hat. (Vgl.

lußbestimmungen des Art. 24.)

Für n i c h t schweizerische Bahnen haben daher die schweizehen Bahnen, als Ablieferungsbahnen, schlechterdings nur einzuen, wenn ein direkter Verkehr wirklich besteht und das Gut möge eines solchen direkten Verkehrs an sie gelangt ist. Denn h den Gesezen des Auslandes ist ein Rükgriff gegen einen frühern chtführer, der auf Grund eines a n d e r n a l t e r n Frachtbriefes nsportirt hatte, der Ablieferungsbahn, die das Gut auf Grund es n e u e n Frachtbriefes erhielt, überhaupt gar nicht gestattet.

n i c h t direktem Verkehre kann daher, sofern nur bewiesen ist, > der Fehler oder Unfall auf einer Bahn, die das Gut v o r Auslung des lezten an die Ablieferungsbahn gelangten Frachtbriefes asportirte, vorgekommen ist, von einer Haftbarkeit für die ausl u g e Bahn nicht die Rede sein, und der Beweis, daß der nler wirklieh schon früher vorgekommen sei, wird bei n i c h t ektem Verkehre gerade wegen der genauen Besichtigung, die bei sstellung des neuen Frachtbriefes stattfinden kann und soll, keine wierigkeiten mit sich bringen.

Bei direktem Verkehre mit der a u s w ä r t i g e n Bahn entsteht gegen auch hier, wo es sich um die Verantwortlichkeit der abef er u den schweizerischen Bahn für auswärtige Vorbahnen hant, dieselbe Schwierigkeit für den in Ziffer l der Schlußbestimmg des Art. 24 auferlegten Beweis, um die mildern Haftbarkeitsstimmungen des Auslandes anrufen zu können.

Daß aber diese Schwierigkeit auch in diesem Falle die schweiischen Bahnen nicht von der Eingehung direkter
Verkehrsvernde mit dem Auslande abschreken wird, geht ganz ebenso aus a oben zitirten Reglementen vom Jahre 1864 hervor. Denn auch 1 diesen Fall, wo es sich um Haftbarkeit für die V o r b a h n e n

852 handelt, haben sie in diesen Reglementen die betreffende Beweislast freiwillig übernommen.

Wenn aus diesen Gründen alle Bedenken, welche von den schweizerischen Bahnen gegen den Art. l, Saz l und die Artikel 23 und 24 erhoben sind, als widerlegt betrachtet werden, so mußte auf der andern Seite auch einer ganz entgegengesehen, vom Basler Börsen vereine sehr energisch gestellten und auch im Schöße der Expertenkommission nachdrüklich verfochtenen Forderung entgegen getreten werden. Diese Forderung ging dahin, daß die Haftbarkeit der schweizerischen Bahnen für die Nachfolger und Vorgänger, auch wenn diese n i c h t zu den unter das Gesez fallenden Transportanstalten gehören, n i c h t durch die in den Schlußbestimmungen der Artikel 23 und 24..(Art. 21 und 22 des frühern Entwurfes) gestattete dreifache Beweisführung ganz oder theilweise beseitigt werden dürfe.

Dieser Anforderung stehen in der That unabweisliche Gründe des Rechtes und der Billigkeit entgegen, und wenn ihr nachgegeben würde, wäre in der That zu befürchten, daß die Eingehung von weiteren direkten Verkehrsverbänden mit dem Auslande, die für die Schweiz von den segensreichsten Wirkungen sein können, in Zukunft unterbleiben werde, und daß sogar bestehende Verbände mit denjenigen ausländischen Bahnen, die- unter einer mildern Haftbarkeitsgesezgebung stehen, wieder gekündigt werden.

Würde dieser Forderung entsprochen, so würden die schweizerischen Bahnen für Fehler und Unfälle, die n a c h w e i s b a r auf nachfolgenden oder vorangehenden ausländischen Bahnen vorgekommen sind,' selbst dann im vollen Umfange nach Maßgabe der schweiO O zerischen Gesezgebung Schadensersaz leisten müssen, wenn ihnen ' nach der Gesezgebung des Auslandes entweder gar kein Rükgriff, oder wie z. B. bei dem in Deutschland dermalen noch herrschenden Systeme der sogenannten Normalsäze nur für einen minimen Theil ihres Vorschusses ein Rükgriffsrecht zusteht und ihnen auch nicht der leiseste Vorwurf bei Uebergabe oder Uebernahme des fraglichen Gutes zur Last fällt.

Da den schweizerischen Bahnen ebensowenig als der schweizerischen Gesezgebung irgend ein Mittel zu Gebote steht, um die für Fehler und Unfälle bestehende m i l d e r e Gesezgebung des Auslandes zu andern, so liegt hier, wenn irgend wo, sobald der drei fache Beweis im Sinne der Schlußbestimmungen der Artikel 23 und 24 erbracht wird, eine force majeure vor, die ja sogar bei Unfällen auf der eigenen Streke jeden Anspruch auf Entschädigung ausschließt.

S33 Hier würden die Bahnen wenigstens für den Fall, wo sie als abliefernde Bahnen für die ausländischen Bahnen zu haften haben, auch kaum in der Lage sein, sich für die absolut unabwendbaren Verluste, die sie jeweilen durch die mildere G-esezgebuug des Auslandes erleiden würden, durch eine Erhöhung der Frachtsäze, gleichsam als Assekuradeure selbst deken zu können.

Die Folge des von dem Basler Börsenvereines vorgeschlagenen Systèmes würde daher sehr wohl die sein können, daß die schweizerischen Bahnen jeden direkten Verkehr mit denjenigen ausländischen Bahnen, die unter einer m i l d e r e n Haftbarkeitsgesezgebung stehen, einstellten, daß sie Güter nur dann von solchen ausländischen Bahnen übernehmen würden, wenn sie ihnen auf Grund eines völlig selbstständigen Frachtvertrages von einem an der Grenze domizilirten Spediteure, der ihnen gegenüber die Stellung des Absenders einnimmt, übergeben werden, und daß sie auch umgekehrt Güter, die auf solchen ausländischen Bahnen zu befördern sind, nie ohne Bezeichnung eines an der Grenze domizilirten Empfängers übernehmen würden.

Höchst erfreulicher Weise scheint übrigens, wie aus dem mehrfach erwähnten Entwurfe eines deutschen Reichs-Eisenbahngesezes (vgl. § 53 bis 56 und pag. 84) hervorgeht, die deutsche Gesezgebung die frühere Milde gegenüber den Eisenbahnen, namentlich die Gestattung der höchst geringen Normalsäze fallen lassen zu wollen. Da das benachbarte Frankreich ohnehin längst in der P r a x i s mindestens dieselbe Strenge befolgt, wie sie in unserem Entwurfe ausgesprochen wird, so steht in Aussicht, daß dereinst beim Eisenbahnverkehre mit dem Auslande überhaupt nur noch in sehr geringern Umfange von der Gestattung der Entschuldigungsbeweise im Sinne der Schlußbestimmungen der Artikel 23 und 24 Gebrauch gemacht werden wird.

Auch für den Verkehr mit inländischen Frachtführern und Spediteuren, die nicht unter die Bestimmungen des Entwurfes fallen, werden die Nachtheile, die sich für das Publikum aus der Gestattung dieser Eutschuldigungsbeweise ergeben k ö n n e n , weit geringere Dimensionen annehmen, wenn die in Aussicht stehende einheitliche Gesezgebung über Obligationenrecht strengere Haf'tbarkeitsbestimmungen auch für die gewöhnlichen Frachtführer und Spediteure einführt.

Was den übrigen Inhalt des Art. l betrifft, so sind in Folge der
Anregungen von Seiten der Organe des Handelsstandes einige in den vorläufigen Entwurf aus Art. 422 des deutschen Handelsgesezbuches herübergenommene Bestimmungen im Sinne größerer

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Strenge- gegen die Transportanstalten geändert worden. Durch Ziffer 2 Saz 2 des Art. l ist die Ablehnung eines Frachtgeschäftes wegen unzureichender .Transportmittel nur dann gestattet worden, wenn dies die Folge einer aus außergewöhnlich en Umständen hervorgehenden Geschäftsüberhäufung ist. Die im deutschen Handelsgesezbuche Saz 3 gestattete Begünstigung aus Gründen, die in den : Einrichtungen der Anstalt, oder in den Transportverhältnissen liegen, ist -gestrichen worden, so daß für eine solche Begünstigung einzig und allein nur noch das öffentliche Interesse (polizeiliche, militärische Zweke) geltend gemacht werden kann.

" Zu Art. 3 und 9 ist zu bemerken, daß auf Anregung von Seiten des Handelsstandes die Natur und Form des nur fakultativ zugelassenen Ladescheines ' (Konnossementes) im Gegensaze zum bloßen Empfangscheine etwas genauer bestimmt, und in dem neu hinzugefügten Art. 9 (zwischen Art. 8 und 9 des frühern Entwurfes) auf die wesentlichen Modifikationen hingewiesen ist, welche in Beziehung auf Rüknahme und Ablieferung des Frachtgutes durch den Ladeschein herbeigeführt werden.

DemAntrage, aas Institut des Ladescheines gar nicht zu berühren, glaubten wir nichtFolge geben zu sollen.

Wenn auch für den B i n n e n v e r k e h r der Schweiz sich kaum sobald ehr.Bedürfnis für diese dem Seeverkehre nachgebildete und nur für weitere Entfernungen, beziehungsweise für länger dauernde Transporte berechneten Papiere herausstellen wird, so mußte doch die sehr nahe liegende Möglichkeit ins Auge gefaßt werden, daß von Außen her Güter unter Ausstellung solcher Papiere in die Schweiz gesandt werden würden. Gerade für diesen Fall dürfte der neu eingeschaltete Art. 9 geeignet sein, mancherlei Zweifel zu lösen.

Dem entgegengesezten Wunsche, der von Genf aus angeregt wurde, das Institut o b l i g a t o r i s c h einzuführen, durfte natürlich noch weniger entsprochen werden. Es wäre das eine ungebürliche Belästigung u n s e r e r Transportanstalten dem Auslande gegenüber gewesen, da unsere größern Nachbarstaaten, mit denen wir vorzugsweise verkehren, Frankreich, Oesterreich und Deutschland, einen solchen Zwang zur Ausstellung von Ladescheinen nicht kennen.

Auch der mehrfach zitirte Entwurf eines deutschen Reichs-Eisenbahngesezes (§ 37) hat einem vom deutschen Handelsstande im August 1873 gestellten Begehren
entgegen es bei der bloß fakultativen Einführung dieses Institutes bewenden lassen.

Zu Art. 7. Unter Ziffer 3 ist unter den entscheidenden Momenten, von welchen an die Dispositionsbefugniß über das Frachtgut auf den im Frachtbriefe bezeichneten Empfänger übergeht, die

855 außergerichtliche Forderung der Herausgabe dos am Bestimmungsorte angekommenen Gutes, beziehungsweise des Frachtbriefen, angeführt. Das deutsch« Handelsgesezbuch, Art. 405, hat statt dessen die Anstellung einer Klage und § 41 des zitirten Entwurfes eines deutschen Reichs-Eisenbahngesezes sogar die Behändigung der Klage vorgeschrieben. Wir gingen von der Ansicht aus, daß es im Grunde genommen, doch nur auf die Ernstlichkeit der Willenserklärung des Empfängers gegenüber dem Frachtführer, daß er die ihm durch den Frachtbrief für den Fall der Ankunft des Gutes eingeräumte Dispositionsbefugniß in Anspruch nehmen wolle, ankommen könne, und daß es nur höchst überflüßigen Prozeßhandlungen rufen werde, wenn man diese Ernstlichkeit oder Zweifellosigkeit einer solchen Willenserklärung n u r der Klaganstellung oder gar der Klagbebändigung beilegen wollte. An den zu Grunde liegenden wirkliehen Rechts- und Eigentumsverhältnissen vermag natürlich auch die Klaganstellung oder Klagbehändigung nichts zu ändern. Ist z. B.

der Empfänger nach den unterliegenden Verhältnissen bloßer Agent oder Commis des Absenders, so wird der Absender dem Empfänger gegenüber auch noch nach der K l a g b e h ä n d i g u n g beliebig über das Frachtgut disponiren und zu diesem Zweite mit Erfolg auch in dem mit dem Frachtführer anhängigen Prozesse interveniren können.

Durch diese Betrachtung findet auch der von Luzern aus gestellte Antrag, die beiden in Ziffer 2 und 3 des Art. 7 enthaltenen Bestimmungen zu streichen, seine Widerlegung.

In Art. 8, der im Wesentlichen dem schweizerischen Betriebsreglement vom Jahr 1862 entnommen wurde, ist in Abweichung von demselben für die Avisirung der Frachtgüter eine Frist von 24 Stunden auf den nachdrüklichen Wunsch des Handelsstandes bestimmt worden. Gegen die schon in dem vorläufigen Entwürfe enthaltene Neuerung, daß die angekommenen Güter, ,,auch wenn die Lieferungsfrist noch nicht abgelaufen sein sollte", prompt m avisiren sind, wurde von Seite der Bahnverwaltungen keine Einwendung erhoben. Die gleiche Bestimmung hat auch der oben zitirte Entwurf eines deutschen Reichs-Eisenbahngesezes in Art. 43 angenommen.

Das von den Eisenbahnverwaltungen sehr nachdrüklich betonte Bedenken gegen die Gleichstellung der Güter, bei denen die Lieferungsfrist zur Zeit der Ankunft schon abgelaufen ist, mit
den Eilgütern hinsichtlich einer Abkürzung der Avisirungsfrist auf 4 Stunden haben wir nicht begründet gefunden. Bei Anstellung des erforderlichen Personals ist es, wie von Seite des Handelsstandes versichert; wurde, keineswegs mit allzugroßen Schwierigkeiten verbunden, Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. I.

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zeitig genug von der verspäteten Ankunft gewöhnlicher Frachtgüter Kenntniß zu erlangen, um dieser Verpflichtung zu ganügeür Die in Art. 10 enthaltenen, zu dem vorläufigen Entwürfe neu hinzugekommenen Bestimmungen beziehen sich ausschließlich auf den Eisenbahnverkehr. Es ist damit sehr nachdrüklichen, und wie es uiiä scheint, berechtigten Wünschen des Handelsstaudes Rechnung getragen.

In Art. 11, welcher dem im Wesentlichen aus dem schweizerischen Betriebsreglernent von 1862 entnommenen Art. 9 des frühern Entwurfes entspricht, ist auf Anregung des Basler Bürsenvereins die Verpflichtung der Anstalten hinzugefügt worden, vor Rüksendung des Gutes, dessen Empfänger nicht zu ermitteln ist, dem Absender Kenntniß zu geben. Außerdem ist für den Fall des außeramtlichen Verkaufes Publikation vorgeschrieben worden.

Auch der zitirte Entwurf eines deutschen Reichs-Eisenbahngesezes hat in § 47, Sa« 6 die in § 16 des deutschen Betriebsregleinents vom Jahr 1870 und 1871 gestattete Formlosigkeit des außergerichtlichen Verkaufs aufgehoben und sogar öffentliche Auktion vorgeschrieben. Die Schlußbestimmung des Art. 11 (früher 9) unseres Entwurfes, daß die abliefernde Anstalt die vermutlichen Interessen des Eigentümers bei Ausübung dieser Befugnisse bestmöglich zu wahren habe, hat der zitirte Entwurf in etwas veränderter Fassung recipirt.

Zu Art. 12 (früher 10).' Diese Bestimmungen über Verspätung sind weit strenger als das deutsche Handelsgesezbuch, welches den auch noch in dem ziürten neuen deutschen Entwürfe § 52 festgehaltenen Saz enthält, daß der Beweis der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers als Entschuldigung genüge. Sie sind aber im Wesentlichen ganz so schon in dem schweizerischen Betriebsreglement vom Jahre 1862, Art. 59 enthalten und daher kein Grund vorhanden, sie zu mildern.

Zu Art. 13 und 14 (früher 11 und 12). Hier sind die längst im französischen und deutschen Handelsrechte geltenden Prinzipien näher ausgeführt, daß für Totalverlust (Niehtankommen, Abhandenkommen, Zerstörung des Gutes) der volle Werth des Gutes zur Zeit der Ablieferung und am Orte der Ablieferung zu ersezen sei, wenn nicht force majeure, eigenes Verschulden des Absenders, oder die natürliche Beschaffenheit des Gutes (vice propre) als Ursache desselben nachgewiesen wird.

In Art. 15 (früher 13) ist der in den bisherigen Gesezgebungen unbeachtet gebliebene Fall einer Werthangabe näher normirt. Den Absendern ist dadurch auf der einen Seite Gelegenheit gegeben,

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durch eine geringere Werthangabe einen Theil des durch leichtes Verschulden der Anstalten oder durch einen von diesen zu verratenden Zufall entstehenden Schadens auf s i c h zu nehmen und 0 die Risikoprämie, die natürlich bei Gütern unter Werthangabe v on den Anstalten gefordert werden wird, ganz oder theilweise zu ersparen. Auf der andern Seite erhalten dio Absender aber auch Gelegenheit, durch eine den wirklichen Werth des Frachtgutes ibersteigende Werthangabe, und die Zahlung der entsprechenden 1 öhe r u Risikoprämie sich auch für i n d i r e k t e n den Werth des Frachtgutes übersteigenden Schaden vollen Ersaz auszubedingen.

Daß dies einem wirklichem Bedürfnisse entspricht, dafür spricht lehr schlagend, daß der zitirte Entwurf des deutschen Reichs-Eisenbahngesezes sich veranlaßt gesehen hat, in § 55 B die hier aufgestellten Normen wenigstens theilweise zu recipiren.

Der Art. 16 (früher 14) gewährt für die Fälle, wo der Totalverlust auf einer Arglist oder groben Fahrläßigkeit der Trausportinstalt beruht, vollen, auch einen etwaigen indirekten Schaden umfassenden Ersazanspruch. Dabei ist es gleichgültig, ob sich der Geschädigte dies Recht schon durch eine erhöhte Werthangabe speziell ausbedungen hatte, oder nicht, oder ob er sogar umgekehrt durch eine geringere Werthangabe einen Theil des Schadens, gleichsam als Selbstversicherer, auf sich genommen hatte.

Die in diesem Art. 16 aufgestellten Grundsäze entsprechen vollkommen schon der älteren Theorie des gemeinen Rechtes, wonach jede Wegbedingung oder vertragsmäßige Schmälerung der Haftbarkeit für dolus oder culpa lata als n i c h t i g gilt. Sie entsprechen aber auch einem höchst dringenden Bedürfnisse des Handelsstandes und es ist daher vollkommen unerklärlich, wie sich derselbe mit dem Antrage der Eisenbahnen auf Streichung dieses Artikels vereinigen konnte.

Auch der citirte Entwurf eines neuen deutschen Reichseisenbahngesezes hat diese Bestimmungen in Art. 55, Schlußsatz, angenommen und auch den vieldeutigen Ausdruk ,, bösliehe Handlungsweise " des entsprechenden Art. 396 des d. II. G. Buches statt Arglist und grobe Fahrlässigkeit" beseitigt.

Der Art. 18 (früher 16), der für Partialverlust die analoge Anwendung der für den Totalverlust des Frachtgutes vorgeschriebenen Entschädigungsgrundsäze vorschreibt, hat zu den manigfachsten Mißdeutungen
Veranlassung gegeben. Dem vielfach geäußerten Wunsche, statt dessen den Art. 396, Saz 3, des deutschen Handelsgesetzbuches zu recipiren, konnte nicht entsprochen werden. Denn der Saz 3 des Art. 396 des d. H. G. Buches berüksichtigt nicht die Fälle der Werthangabe, die doch auch bei Partialverlust je nach dem in der

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Werthangabe eine theilweise Selbstversicherung oder umgekehrt ein zum Voraus veranschlagter, indirekter, beziehungsweise individueller Schaden enthalten ist, in geeigneter Weise berüksichtigt werden müssen.

Die in, Art. 19 (früher 17) enthaltene prinzipielle Verwerfung obligatorischer Normalsäze ist, wie bereits erwähnt, auch in den Entwurf eines deutschen Eisenbahngesezes (§ 55) aufgenommen worden Auch die exceptionelle Zulassung solcher Normalsäze bei Gütern, für welche wegen ihres besonderen Werthes eine Werthangabe reglemen tarisch vorgeschrieben ist, hat der § 58 des deutschen Entwurfes angenommen, Für Gelder, Wertpapiere und eigentliche Kostbarkeiten hat der .deutsche Entwurf (§ 57), im Falle der mangelnden Werthangabe jede Haftung, sogar bei nachgewiesener Arglist und grober Fahrläßigkeit ausgeschlossen. Eine derartige Entbindung von jeder Haftung.für den Fall mangelnder Werthangabe geht jedoch, zu weit.

' In Art. 20 (früher 18) haben wir Saz l bis 3 mehrere gesez1 i eh e Rechtsvermuthungen im Interesse des Publikums und in Absaz 4 eine solche im Interesse der Anstalten aufgestellt, um dem Richter einige Anhaltspunkte über das Beweisverfahren bei Total- oder Partialverlust zu gewähren. Selbstverständlich ist der Gegenbeweis nicht ausgeschlossen.

Der Art. 21 (früher 19) hat seine jezige, in's Einzelne eingehende Gestalt vorzugsweise in Folge der Anregungen des Baseler Börsenvereines erhalten, die von dem Baseler Mitgliede auch in der Expertenkommission sehr energisch vertreten würden. Man fürchtete, daß bei der bloßen Aufstellung der Grundgedanken für diese ausnahmsweise Zulassung von vertragsmäßigen, resp. reglementarischen Reehtsvermuthungen zu Gunsten der Anstalten dieselben ebenso weitgehende Beschränkungen ihrer Haftbarkeit auf dem Wege der Réglemente erzielen würden, als das deutsche Handelsgesezbuch gestattet hat. Bei der jezigen Fassung sind die Grenzen, innerhalb deren es den Transportanstalten gestattet ist, sich unter gewissen Voraussezungen von dem Beweise, daß ein Verlust oder eine Beschädigung die unabwendbare Folge der natürlichen Beschaffenheit der Waare oder dés eigenenVerschuldens des Absenders beziehungsweise des Empfängers ist, zu befreien, in dem Geseze selbst genau angegeben, und zwar in mehrfacher Beziehung weit enger gezogen, als dies im deutschen Handelsgesezbuche
der Fall ist.

Gänzlich fallen gelassen,ist die in Art. 424, Saz l, Nr. 2, in Verbindung mit Saz 2 des Art. 424 im deutschen Handelsgesezbuche gestattete Rechtsvermuthung, daß alle Schäden, welche Folge

859 gelhafter Verpakung gewesen sein k ö n n e n , auch wirklich solche bis zum Beweise des Gegentheiles angesehen werden m.

Daß für Folgen mangelhafter Verpakung, wenn sich die An; bei der Uebernahme der Güter gehörig reservirt hat, auch nach erem Geseze nicht gehaftet werde, darüber kann natürlich bei Fassung des Art. 5, der in Art. 13 ausdrüklich bei den Beilen des eigenen Verschuldens des Absenders, beziehungsweise des pfängers angeführt wird, kein Zweifel obwalten. Doli aber ein iden wirklich Folge der mangelhaften Verpakung und nicht vielr irgend eines Verschuldens der Transportanstalt oder eines sonst ihr zu vertretenden Zufalles gewesen sei, das hat nach unserem Ge: die Transportanstalt, ohne daß ihr dabei irgend eine Rechtsmuthung zu Gute kommt, in jedem einzelnen Falle nach den gemlichen Regeln des Beweises, wohl meist durch ein Expertenchten nachzuweisen.

Der deutsche Entwurf eines Reichs-Eisenbahngesezes hat dagegen e von uns fallen gelassene Rechtsvermuthung in § 53, Saz 2, Nr. 2 behalten und ist überhaupt in der Einschränkung der durch das tsche Handelsgesezbuch gestatteten reglementarischen Rechtsmuthungen nicht so weit gegangen als wir. Doch trifft er in em sehr wesentlichen Punkte, und zwar ohne daß dessen Verer von der erst in der Kommissionssizung zu Stande gekommejezigen Fassung des Art. 21 Kenntniß gehabt haben konnte, dieser dem Sinne nach vollkommen überein. Er gestattet näm§ 53, Saz 3 die fraglichen Rechtsvermuthungen nur dann, wenn or von Seiten der Eisenbahn dargethan ist, ,,daß unter den Zeit-, i tterungs - und sonstigem Verhältnissen des betreffenden Falles ch der Beschaffenheit des in Frage, stehenden Gutes der eingeetene Schaden ohne Hinzutritt einer Fahrläßigkeit in der Behandng oder sonstige Verschuldung ihrerseits" in der zu vermuthenWeise entstanden sein konnte. Es liegt darin derselbe Geke, den wir in Gemäßheit eines von Herrn Carrard aus Laune in der Expertenkommission gestellten Antrages in unserem :. 21 durch den Schlußsaz zu Ziff. l und durch die in jeder der Ziffern wiederholte Redewendung ,, u n t e r den o b w a l t e n d e n nständen", sowie durch das lezte Alinea des Art. 2l noch timmter und prinzipieller ausgesprochen haben.

In Art. 22 (früher Art. 20) hatte bloß der Schlußsaz des urünglichen Entwurfes Anstoß erregt und ist daher gestrichen rden.

1 Die Art. 23 und 24 (früher 21 und 22) haben bereits oben ! Gelegenheit des Saz l, Art. l ihre Besprechung gefunden.

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Zu Art, 25 (früher 23). Gegen diesen Artikel ist von Seite des Handelsstandes keine Einwendung gemacht.

Die Eisenbahn-Verwaltungen haben Saz 1 offenbar mißverstanden, indem sie voraussezen, daß das Klagerocht gegen die Zwischenbahn resp. den Einzelnen ohne speziellen Beweis, daß der Unfall oder Fehler auf der belangten Zwischenbahn vorgekommen resp.

durch die belangte einzelne Person v e r s c h u l d e t sei, geltend gemacht werden könne. Daß ein solcher Beweis die Voraussezung dieses Klagerechts sei, dürfte klar und unzweideutig ausgedrükt worden sein. .

.

.

Saz 2 und 3 hatten die Eisenbahn-Verwaltungen zu streichen beantragt und zwar in der Meinung, daß das Gegentheil gelten solle.

Dabei bedenken sie nicht, daß dann auch ein Rükgriff der verurtheilten .Bahn, die sich zuerst an die nächstfolgende- oder vorhergehende o h n e E r f o l g mit einer gerichtlichen Klage gewendet hatte, gegen eine erweislich schuldige andere Bahn resp. eine erweislich schuldige einzelne Person ausgeschlossen sein würde.

Der Art. 26 ist zu dem frühern Entwurfe neu hinzugekommen.

Er bezieht sich einzig und allein auf das Verhältniß der zusammenwirkenden Transportanstalten unter einander. Für den Absender beziehungsweise Empfänger hat die U n m ö g l i c h k e i t einer Ermittelung der Streke, auf welcher der an sich zur Entschädigung verpflichtende Unfall oder Fehler vorgekommen ist, keine andere Folge als die in den Art. 24 und 25 normirte, daß die annehmende und abliefernde Anstalt ihnen u n b e d i n g t hafte, ohne sich auf die in den Schlußbestimmungen gestatteten Entschuldigungsgründe berufen zu können.

Die Art. 27 bis 31 sind abgesehen von .ganz vereinzelt dastehenden Antrügen auf Streichung jedes eigentlichen Pfandrechtes ihrem Inhalte nach allseitig, sowohl von Seiten der Eisenbahn-Verwaltungen, als auch von Seiten des Handelsstandes gebilligt worden.

Einige Bemerkungen z u r Redaktion d e s frühern Entwurfes haben In Art. 32 (früher 29). ist neu zu dem früheren Entwurfe hinzugekommen dio Bestimmung unter Ziffer l, Saz 2, wonach die in Saz l vorgeschriebene Erlöschung der Reklamationen durch Abnahme des Gutes und Zahlung der darauf haftenden Forderungen sich nicht auf Reklamationen wegen V e r s p ä t u n g beziehen soll, wenn sie innerhalb einer kurzen Frist nachgeholt werden. Diese Aenderung des
bisherigen Rechtes hat auch der deutsche Entwurf § 46', Ziffer l offenbar in Folge einer Anregung der im August 1873 stattgehabten Verhandlungen des deutschen Handelsstandes in Leipzig verfügt und zwar ist derselbe darin noch weiter im Interesse

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des Publikums gegangen, als in jenen Verhandlungen verlangt wurde, indem er eine Nachholungsfrist von 4 Wochen, statt von 8 Tagen, gestattet. Wir halten 8 Tage für genügend.

Die in Saz 2, Ziffer 3 (früher 2) aufgestellten Ausnahmen von dem Prinzipe des Saz l sind ungeachtet der sehr energischen Protestation der Eisenbahnverwaltungen festgehalten worden. Im Wesentlichen entsprechen dieselben schon den Bestimmungen resp. der Praxis des Zürcherisehen Rechtes (Art. 1662 des Zürcher Gesezbuches und Ullmer's Commentar dazu, Nr. 2278} und sind auch in den Entwurf eines deutschen Eisenbahngesezes (§ 45 Absaz l und Art. 46, Nr. 3) aufgenommen worden.

Die Gestattung eines einseitigen Vorbehaltes bei Uebernahme des Frachtgutes, um sich gegen den daraus zu folgernden Verlust der Reklamation zu wahren, war in dem frühem Entwürfe durch einen besondern Art. 30 wesentlich beschränkt, welcher in dem jezigen Entwürfe auf den Wunsch des Handelsstandes gestrichen worden ist. Nach der jezigeu Fassung des Gesezes hat die abliefernde Anstalt, wenn bei Annahme des Gutes und Bezahlung aller angeblich darauf haftenden Forderungen Reklamationen v o r b e h a l t e n werden, n u r das Recht, in Gemäßheit des Art. 33 Experten ernennen und das Gut amtlich untersuchen zu lassen, und in Gemäßheit des Art. 34 auf Deposition des Gutes anzutragen, mit der Wirkung, daß alle daraus erwachsenden Kosten und Gefahren, wenn sich die vorbehaltene Reklamation als grundlos heraustellt, ausschließlich dem Empfänger zur Last fallen.

In diesen Befugnissen der Anstalten bei einseitigen Vorbehalten späterer Reklamationen in Verbindung mit den kurzen Verjährungsfristen des Art. 35, glaubten wir ein genügendes Korrektiv gegen die aus der Zulassung solcher einseitiger Vorbehalte für die abliefernde Anstalt entstehenden Gefahren zu finden. Der Entwurf des deutschen Reichseisenbahngesezes betrachtet dagegen, was aus seinen Motiven zu § 46 hervorgeht, jeden e i n s e i t i g e n Vorbehalt einer nachträglichen Reklamation als völlig; wirkungslos.

Artikel 34 bildete in dem frühem Entwürfe den Saz 2 des frühem Art. 29. Die darin enthaltenen Bestimmungen sind als selbstständiger Artikel formulirt worden, um das Missverständniß zu vermeiden, als ob dieselben sich bloß auf die in Art. 33 berührten Streitfälle über angeblichen Verlust oder mangelhafte
Beschaffenheit des Frachtgutes beziehen sollten, während sie sehr wohl sich auch auf Streitigkeiten über die angeblich auf dem Gute haftenden Forderungen beziehen können. Handelt es sich einzig und allein um Streitigkeiten d i e s e r l e z t e n A r t , so kann selbstverständlich von der Konstatirung der Beschaffenheit des Gutes abgesehen, und O

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das Gut, sofern der Betrag der streitigen Forderungen deponirt wird, zur freien. Verfügung an den Empfänger herausgegeben werden.

Zu Art. 35 (früher 32). In Beziehung auf die kurze Verjährung der Reklamationen aus dem Frachtverhältnisse haben wir uns zu einer Reihe von wesentlichen Aenderungen des bisherigen Rechtes veranlaßt gesehen. ' · ' Was zunächst den Anfangspunkt der Verjährung betrifft, so weicht unser Entwurf vom deutschenHandelsgesezbuche,, sowie von den beiden Munzinger'schen Entwürfen darin a b , d a ß für Verspätung und Totalwelcher das Gut auch bei bloßer Verspätung als total verloren betrachtet werden kann, bestimmt ist. Diese Bestimmung fußt a u f ist weder von Seiten derBahnverwaltungenn noch von Seiten der Organe desHandelsstandess beanstandet worden. Der deutsche Entwurf hat es dagegen bei der èntgegengesezten Bestimmung des deutschenHandelsgesezbuchess belassen, nach welcher die Verspätung mit der Beschädigung in Beziehung auf den Anfangspunkt der Verjährung gleichgestellt wird.

Was sodann die, Unterbrechung der Verjährung anbetrifft, so haben wir, um tiefgefühlten Mißbrauchen entgegenzutreten, die außergerichtliche Reklamation bei der Direktion mit der Klaganstellung auf eine Linie gestellt. Diese Bestimmung, die auch in dem deutschen Entwurfe § 67 recipirt worden ist, haben wir auf Anregung von Seiten des Handelstandes noch weiter dahin zu Ungunsten der Anstalten geschärft, daß die so unterbrochene Verjährung erst dann von Neuem zu laufen beginnt, wenn mit der abschlägigen Bescheidung von Seite dei- Direktion auch die ihr anvertrauten Beweismittel zurükgegeben werden. Abgesehen von dieser Verschärfung scheint der deutsche "Entwurf nur darin von dem unserigen abzuweichen, daß nach ersterem die Zeit bis zur Reklamation bei der Direktion mit der von der abschlägigen Bescheidung an wieder laufenden Verjährung zusammengerechnet werden soll, während nach lezterem vom Tage der abschlägigen Bescheidung an eine g a n z n e u e Verjährung von einem ganzen Jahre zu laufen beginnt.

Was endlich die Ausnahmen von dieser kurzen Verjährung anbetrifft, so haben wir im Schlußsaze des Art. 35 ganz dieselben statuirt, wie in Art. 32,Saz 2, Ziff. 3 in Beziehung auf Untergang der Reklamationen durch vorbehaltlose .Annahme des Gutes. Die Grundgedanken, welche diese Ausnahme rechtfertigen, sind offenbar im Wesentlichen ganz dieselben in beiden Fällen. Es ist daher nicht wohl einzusehen, weßhalb der Entwurf des deutschen Reichs-

863 nbahngesezes § 67 am Schlüsse hier nur die Ausnahme des Betrugs der Veruntreuung statuirt. Für den Anspruch auf Herausgabe einer ndlosen Bereicherung, der nach unserem Entwurfe bloß der genrechtlichen Verjährung unterliegt, scheint der Entwurf des tschen Reichseisenbahngesezes in § 64 wenigstens unter der Vorezung, die wohl am häufigsten zu einem solchen Ansprüche. Ver.ssung bieten wird, wenn Frachtgut als vermeintlich herrenlos kauft worden ist, eine ganz besondere einjährige Verjährung zu iren, welche von dem Tage an läuft, an welchem die durch mtliche Bekanntmachung gesezte Frist zur Abholung des verntlich herrenlosen Gutes abgelaufen ist.

Zu Art. 36 (früher Art. 33). Daß die hier erwähnten Transportältnisse (Personen-Transport und Fahr verkehr im Gegensaze zum chtverkehr) von den Bestimmungen dieses Gesezes ausgenommen den, beruht auf der Kompetenzbestimmung des Art. 38 des Eisenngesezes. Doch glaubten wir wenigstens insofern den Bestimgen, welche darüber entweder in besonderen Gesessen oder Besreglementen, beziehungsweise in einem einheitlichen Obligationente zu erlassen sind, vorgreifen zu sollen, daß wir das Prinzip Art. 38 auch auf diese Transportverhältnisse für anwendbar ärten. Die in Art. 38 ausgesprochene Verantwortlichkeit der talten für die Handlungen ihres Personals kann nicht wohl eine entlich andere sein, je nach dorn es sich um einen eigentlichen eh t- beziehungsweise Speditions-Kontrakt, oder um die erwähnten nsportkontrakte handelt.

Zu Art. 37 (früher 34). Die Bestimmung in Ziffer l, in welcher für den Reisenden n i c h t o b l i g a t o r i s c h e Normal-Entschäng von Fr. 4 per Pfund eingeführt wird, ist fast wörtlich dem, reizer. Eisenbahntransportreglement § 31, Absaz l und § 32.

r 2 entnommen, dem gegenüber die Bestimmung Ziffer l nur fern strenger ist, als das schweizerische Reglement der Bahn attet, dem Normalsaze gegenüber den Beweis eines g er i n en Werthes zu führen. Wir gingen von der Ansicht aus, der Reisende in der Regel durch das Nichtvorfinden seines Ge;s am Bestimmungsorte, zumal, wenn er seine Reise noch weiter usezen beabsichtigt, auch ganz unabhängig von dem effektiven rthe der Gepäkstüke geschädigt werde, und daß es daher billig ihm das R e c h t auf den Normalsaz unbedingt ohne Zulassung Anstalten zum Nachweise eines Minderwerthes einzuräumen.
In Ziffer 2 haben wir dagegen dem Reisenden das Recht rert, von den Normalsäzen ganz zu abstrahiren, und genau . deu Bestimmungen über Frachtgüter seine Entschädigungsrüche selbst dann geltend zu machen, wenn er w ä h r e n d

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s e i n e r R e i s e , d. h. ehe er an den Ort gelangt ist, wo er seinen Wohnsiz hat, oder seinen dauernden Aufenthalt zu nehmen gedenkt, den Normalsaz gefordert oder angenommen hatte. Dabei ist berüksichtigt worden, daß ein Reisender w ä h r e n d s e i n e r R e i s e nicht in der Lage ist, sich über seine Rechte Rathes zu erholen, und daß er häufig sogar durch das Abhandenkommen seines Gepäkes in dringende ökonomische Verlegenheiten gerathen wird, die ihm die vorläufige Annahme des Normalsazes zur Nothwendigkeit machen.: Hat der Reisende nach Ankunft an seinem Wohnsize oder dauernden Aufenthaltsorte den Normalsaz ohne Vorbehalt gefordert oder angenommen, so versteht eich dagegen von selbst, daß er damit auf eine größere Entschädigungsforderimg der Anstalt gegenüber verzichtet. Ueber die Frage, wie es sich verhalte, wenn das Gepäkstük sich nachträglich finden sollte, hat unser Entwurf keine besondern Bestimmungen für Reisegepäk getroffen. Dabei sind wir von der Ansicht ausgegangen, daß zwar der Reisende, aber keineswegs die Anstalt berechtigt ist, im Sinne des Art. 17 bei Annahme des Normalsazes oder einer weitergehenden Entschädigung den Vorbehalt der nachträglichen Auslieferung zu machen, und daß auch ohne einen solchen Vorbehalt eine aus dem Wiederauffinden sich etwa für die Anstalt ergebende grundlose Bereicherung gegen sie eingeklagt werden könne.

Zu Art. 38 (früher 35}. Gegen diese im Wesentlichen der französischen Praxis entnommenen Prinzipien ist von keiner Seite Einsprache erhoben worden. Unter den Angestellten sind nach feststehender französischer Praxis, wie sie erst jüngst auch vom deutschen Reichshandelsgerichte (Präjudiziensammlung Bd. XI, pag. 91) konstatirt ist, gewöhnliche Arbeiter, wenn und soweit sie im Auftrage der Transportanstalt zu handeln haben, mitbcgriffen.

Zu Art. 39 (früher 36). Die Eisenbahnverwaltungen hatten Streichung des ganzen Artikels beantragt, weil die in Nr. l, 4, 5 und 6 aufgezählten Ausschliessungen der force majeure sich ganz von selbst verständen, dagegen 2 und 3 eine Unbilligkeit und Ungerechtigkeit enthielten.

Der Basler Handelsverein hatte ebenfalls Streichung aber in der Meinung beantragt, daß auch die unter Ziffer 2 und 3 enthaltenen Ausschließungen der force majeure sich ganz von selbst verständen.

Da der Ausschuß des schweizerischen Handels-
und Industrievereins sich dieser Ansicht nicht angeschlossen hat, so glaubten wir uns für Beihaltung dieser Bestimmungen entscheiden zu sollen.

In Ziffer l haben wir durch einen Zusaz zu dem frühern Entwurfe angedeutet, daß diese Bestimmung keineswegs mit der in Saz 2

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des vorigeil Artikels zusammentrifft. Ein Unfall, der durch ein Delikt eines Beamten oder eines Angestellten herbeigeführt wird, ohne daß dies Delikt im Dienste oder bei Vollziehung eines kontraktlich übernommenen Transportes verübt wurde, ist nach Saz 2 des Art. 38 nicht als Verschulden der Anstalt zu betrachten. Derselbe soll aber gleichwohl in .solchen Fällen, wo die Anstalt nicht bloß für ein nachweisbares V e r s c h u l d e n , sondern auch für Zuf a l l einzustehen hat, sofern er sich nicht als force majeure qualifizirt, n i c h t unter diesem Gesichtspunkte, d. h. nicht als ein una b w e n d b a r e r geltend gemacht werden dürfen.

Ueber die innere Rechtfertigung dieser scheinbar sehr harten Bestimmungen haben wir uns schon oben ausgesprochen.

Auch über die in Art. 40 und Saz l des Art. 41 enthaltenen Prinzipien haben wir schon oben uns ausgesprochen.

Der Saz 2 des Art. 41, durch welchen weitere bundesgesezliche Bestimmungen über den Weiterzug von Urtheilen oder Verfügungen der kantonalen Gerichte au das Bundesgericht in Aussicht gestellt werden, ist auf ausdrükliche Anregung der Eisenbahnverwaltungen zu dem früheren Entwurfe hinzugekommen.

Mit diesen erläuternden Bemerkungen haben wir die Ehre, behufs Vollziehung von Art. 38, Ziffer l des Bundesgesezes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. Dezember 1872 Ihnen den folgenden Entwurf zur Prüfung vorzulegen und dessen Annahme zu beantragen.

Wir benuzen diesen Anlaß, Sie, Tit, unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 26. Mai 1874.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes.

Der Bundespräsident:

Schenk, Der Kauzler der Eidgenossenschaft :

Schiess.

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(Entwurf.)

Bundesgesez betreifend

die Rechtsverhältnisse des Frachtverkehrs und der Spedition auf Eisenbahnen und auf anderen vom Bunde konzedirten Transportanstalten (Dampfschiffen).

I.

Ton der Eingehung des Frachtkontraktes.

,, Art. 1.

Verpflichtung der Transportanstalten zur Eingehung von Prachtkontrakten.

Unter Vorbehalt der gesezlichen Bestimmungen liber das Postregal darf eine vom Bunde konzedirte Transportanstalt (Eisenbahn, Dampfschiff), welche dem Publikum zur Benuzung für den Gütertransport eröffnet ist, die bei ihr nachgesuchte Eingehung eines Frachtgeschäftes zur Beförderung von Gütern auf ihrer Transportstreke und zur Weiterbeförderung auf anderen Transportanstalten, mit denen sie in regelmäßigem Verkehre steht, n i c h t verweigern.

Dabei wird vorausgesezt: 1) daß die Güter nicht an sich oder vermöge ihrer Verpakung nach den vom Bundesrathe erlassenen oder genehmigten Reglementen, und, im Falle die lezteren fohlen oder keinen

867 Anhalt gewähren, nach den Einrichtungen und der Benuzungsweise der Transportanstalt zum Transporte ungeeignet sind ; 2) daß die Transportmittel nicht in Folge einer aus a u ß e r o r d e n t l i c h e n Umständen hervorgehenden Geschäftsüberhäufung unzureichend sind; 3) daß der Absender in Beziehung auf den Frachtpreis und die sonstigen Transportbedingungen sich den allgemein geltenden Anordnungen unterwirft.

In Ansehung der Zeit der Uebernahme und Beförderung der Güter darf kein Absender ohne einen im öffentlichen Interesse liegenden Grund vor einem Andern begünstigt werden.

Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen, gleichviel ob sie von der Verwaltung, beziehungsweise Direktion der Anstalt selbst, oder von ausführenden Angestellten derselben ausgehen (vrgl. Titel VII, Art. 38), begründen einen Anspruch gegen die Anstalt auf Ersaz des dadurch entstandenen Schadens.

Art. 2.

Verpflichtung des Absenders zur Ausstellung des Frachtbriefes.

Die Transportanstalt hat das Recht, von dem Absender die Ausfertigung eines Frachtbriefes zu verlangen, welcher für alle gegenseitigen Rechte und Pflichten, vorbehaltlich der Bestimmung Titel VII, Art. 40, Beweis bildet.

Derselbe muß enthalten : 1) Ort und Tag der Ausstellung; 2) die Bezeichnung der annehmenden Transportanstalt; 3) die Bezeichnung der Güter nach Zeichen, Nummern, Anzahl, Verpakungsart und Inhalt unter Angabe des B r u t t o g e w i c h t e s , sofern sie nicht zu solchen Kategorien gehören, welche nach vom Bundesrathe erlassenen oder genehmigten Reglementen n i c h t nach dem Gewichte angenommen werden.

4) die Unterschrift des Absenders oder eine gedrukte, beziehungsweise gestempelte Zeichnung seines Namens; 5) die genaue und deutliche Bezeichnung des Empfängers und des Bestimmungsortes, oder daß das Frachtstük an einem bestimmten Orte (Station restante) zur Verfügung des Absenders bereit gehalten werden solle.

G) Führen vom Absendungs- nach dem Bestimmungsorte verschiedene Woge, so muß die Adresse im Frachtbriefe den Transportweg bestimmt augeben.

868

Ist dies nicht der Fall, so wählt die Vorsandt-Expeditiou denjengien Weg, der ihr für den Absender am zwekmäßigsten scheint.

7} Handelt es sich um den Trausport von Kostbarkeiten, Geldern und Wertpapieren, oder von anderen Gegenständen, bei welchen nach den gehörig publizirten Tarifen der Frachtpreis nach dem Werthe berechnet wird, so ist der Werth im Frachtbriefe anzugeben.

8) Soll in Beziehung auf Frachtpreis oder Lieferzeit von dem, was sich nach den gehörig bekannt gemachten Tarifen und reglemcatarischen Bestimmungen, oder falls es an solchen fehlt, nach den Umständen von selbst versteht, abgewichen werden, so ist dies im Frachtbriefe genau anzugeben.

9) Haben die vertragschließenden Parteien noch andere nach Titel VII, Art. 40 zulässige Abreden getroffen, so sind auch diese in den Frachtbrief aufzunehmen.

Art. 3.

Frachtbriefluplikate. Empfangsbescheinigungen. Ladescheine.

Der Absender hat das Recht, von der Transportanstalt die Bescheinigung des Empfanges der Güter auf einem Frachtbriefduplikate, oder sofern das Gut ohne Frachtbrief befördert wird, auf einem besonderen Scheine mit genügender Bezeichnung der Güter im Sinne der Ziff. 3 und 7 des vorigen Artikels zu fordern.

Zur Ausstellung eines an den I n h a b e r oder an die O r d r e des Absenders oder einer andern benannten Person lautenden Verpflichtungsscheines (Konnossement, Ladeschein) ist dagegen die Transportanstalt ohne besondere Vereinbarung nicht verpflichtet.

Wird ein solcher ausgestellt, so hat derselbe die Wirkung, daß in Abweichung von den Bestimmungen in Art. 8 nur an Denjenigen, welcher sich am Bestimmungsorte als formell legitimirter Inhaber ausweist, das Frachtgut abzuliefern ist, und daß in Abweichung von den Bestimmungen in Art. 6 und 7 der Inhalt desselben die Transportanstalt dem künftigen legitimirten Inhaber gegenüber ohne Rüksicht auf die Verhältnisse zum Absender verpflichtet.

Art. 4.

Begleit-Papierc.

Unterliegen Frachtgüter vor ihrer Ablieferung an den Empfänger einer zoll- oder steueramtlichen Behandlung oder polizeilichen Prüfung, so hat der Absender die Transportanstalt in den

860 3esiz der hiezu erforderlichen Begleitpapiere (Zolldeklarationen, Ursprungszeugnisse, Gesundheitsscheine u. s. w.} zu sezen.

Er ist für deren Richtigkeit und vorschriftsmäßige Abfassung 1er Transportanstalt verantwortlich und hat derselben für Strafen und Schäden, welche dieselbe wegen Unrichtigkeit oderUnzuläng-ichkeit oder gänzlichen Mangels solcher Begleitpapiere treffen, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen einzustehen.

Die Transportanstalt hat die Verpflichtung, dem Absender, soérn er sich bei ihr nach der Notwendigkeit und Einrichtung solcher Papiere erkundigt, die ihr bekannten einschlagenden Bestimmungen mitzutheilen, und ihn auch u n a u f g e f o r d e r t auf leicht erkennbare rrthümer in Beziehung auf die Notwendigkeit oder Einrichtung olcher Begleitpapiere aufmerksam zu machen.

Die aus Nichterfüllung dieser Verpflichtung entspringenden Strafen oder Schäden hat die Transportanstalt an sich selbst zu ragen, beziehungsweise dem Absender zu ersezen.

Art. 5.

Verpakung.

Dem Absender liegt die gehörige, der Natur des Frachtgutes nd der Art des Transportmittels angemessene Verpakung ob.

Die Trausportanstalt, welche ein Frachtstük zum Transporte hne Vorbehalt hinsichtlich der Verpakung angenommen hat, kann .eu Absender für Mängel der Verpakung, welche schon bei der Absendung hätten bemerkt werden können, nur im Falle eines rglistigen Verfahrens verantwortlich machen.

Ein solcher Vorbehalt hat überhaupt nur Gültigkeit, wenn die Mängel der Verpakung im Frachtbriefe oder in einer besondern Urkunde speziell bezeichnet sind.

n.

fön den Rechten und Pflichten bei Vollziehung des Fracht.

kontraktes.

Art. 6.

Rüktritt des Absenders.

So lange das Frachtgut noch n i c h t abgesendet ist, hat der Absender das Recht, dasselbe zurükzunehmen.

Macht er von diesem Rechte Gebrauch, so hat er die Transortanstalt für die Aufbewahrung des Gutes und für die Nachtheile.

S70

welche ihr durch seinen einseitigen Rüktritt erwachsen, zu entschädigen, sofern der Rüktritt nicht etwa durch Verzögerung der Versendung veranlaßt worden ist.

Art. 7.

Moment, bis, zu welchem der Absender und von welchem an dey Empfänger einseitig-, verfügen kann.

Auch nach Absendung des Gutes ist der Absender berechtigt, wegen Rükgabe des Gutes oder wegen Auslieferung an einen andern, als den im Frachtbriefe bezeichneten Empfänger, oder an einen andern Ort Anweisungen zu ertheilen.

Zur Berüksichtigung solcher Anweisungen ist die Transportanstalt nur verpflichtet, wenn sie ihr durch Vermittlung der Aufgabestelle zugehen.

Die Berechtigung des Absenders zu solchen Anweisungen besteht nur so lange, bis entweder 1) die Transportanstalt nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte dem Empfanger den Fracht brief übergeben hat, oder 2) die Anzeige von der Ankunft des Gutes zum Zweke der Abholung desselben an den Empfänger ab gegangen ist, oder endlich 3) der bezeichnete Empfänger nach An kunft des Gutes von sich aus, ohne eine solche Anzeige erhaltet zu haben, Ablieferung des Frachtgutes oder auch nur des Fracht briefes verlangt hat.

Sobald eine von diesen drei Voraussezungen eingetreten ist hat die Transportanstalt nur noch die Anweisungen des Empfängen zu befolgen, widrigenfalls sie demselben für das Gut verantwort lieh bleibt.

Für die aus solchen späteren Anweisungen des Absenders beziehungsweise des Empfängers entstehenden nachtheiligen Folgei (Kosten, Schäden, Verspätungen) hat der Absender, beziehungs weise Empfänger der Transportanstalt einzustehen.

Die zwischen dem Absender und Empfänger bestehenden Rechts Verhältnisse werden durch diese Bestimmungen nicht berührt.

Avisirung und Ablieferung der Güter, Art. 8.

In Ermangelung abweichender Bestimmungen im Frachtbrief oder späterer Anweisungen des Absenders (vgl. Art. 7) hat di Transportanstalt längstens 2-1 Stunden nach Ankunft des Frach gutes am Bestimmungsorte, auch wenn die vertragsmäßige Liefer zeit noch nicht abgelaufen sein sollte, dem Adressaten den Frach

871 brief zuzustellen, oder doch eine schriftliche Anzeige (Avisbrief) an denselben durch übliche Gelegenheit abzusenden und ihm sodann ohne weitem Verzug die Güter nebst dem Frachtbriefe gegen Zahlung des Frachtlohnes und der übrigen auf den Gütern etwa haftenden Auslagen auszuliefern.

Handelt es sich um Güter, bei welchen möglichste Beschleunigung der Ablieferung speziell vorbehalten ist (Eilfracht, grande vitesse), oder ist bei Ankunft der Güter die Lieferzeit schon abgelaufen, so muß die Zustellung der Frachtbriefe, beziehungsweise die Absendung der Avisbriefe längstens binnen 4 Stunden nach erfolgter Ankunft (bei den später als 5 Uhr Abends ankommenden Gütern längstens bis 9 Uhr folgenden Morgens) erfolgen.

Wenn keinerlei Bestimmungen im Frachtbriefe oder spätere Anweisungen des Absenders im Wege stehen, kann der bezeichnete Empfänger nach Ankunft der Güter am Bestimmungsorte, auch ohne eine Anzeige der Transportanstalt abzuwarten, die Vorzeigung des Frachtbriefes und, gegen Erfüllung der ihm laut Frachtvertrag obliegenden Verbindlichkeiten, auch die Herausgabe des Frachtbriefes und der Güter verlangen.

Art. 9.

Ist dem Absender ein an Inhaber oder Ordre lautender Verpflichtungsschein ausgestellt worden (vgl. Art. 3, Saz 2 und 3), so können die dem Absender, beziehungsweise Empfänger, in den Artikeln ß, 7 und Absaz 3 des Art. 8 eingeräumten Befugnisse nur ausgeübt werden, wenn der Verpflichtungsschein zurükgegeben oder von der zuständigen Behörde für kraftlos erklärt wird. Auch sind in einem solchen Falle die der Transportanstalt in Saz l und 2 des Art. 8 auferlegten Verpflichtungen nur Demjenigen gegenüber zu erfüllen, welcher sich bei ihr als formell legitimirter Inhaber des Verpflichtungsscheines ausgewiesen hat.

Art. 10.

Die Eisenbahnverwaltungen sind verpflichte!, dem Adressaten zur Abholung des Gutes vom Empfange des Avisbriefes an eine kostenfreie Frist von zwölf Arbeitsstunden, die Zeit zur Zollabfertigung nicht eingerechnet, zu gestatten, und auf Verlangen die Güter vor der Ablieferung abzuwägen und das Gewichtsergebniß im Frachtbriefe oder auf einem besondern Scheine zu notiren.

Bundesblatt Jahrs. XXVI. Bd. 1.

"71

872 Art. 11.

Verweigerung der Annahme oder Nichtauffindbarkeit des Empfängers.

Bei Verweigerung der Annahme oder wenn der Empfänger nicht ermittelt werden kann, hat die Transportanstalt den Absender zu benachrichtigen und inzwischen die Befugniß, das Frachtgut entweder bei sich selbst oder in einem anderen Lagerhause auf Gefahr und Kosten des Absenders niederzulegen.

Sind innerhalb acht Tagen, vom Tage der Absendung der Benachrichtigung, keine anderweitigen Verfügungen des Absenders eingelaufen, so steht der Transportanstalt die weitere Befugnißzu, das Frachtgut dem Absender zurükzusenden.

Bei Gütern, welche einem schnellen Verderben ausgesezt sind, oder wenn der vermuthliche Werth der Güter die darauf haftenden Kosten nicht dekt, können die Güter zu Gunsten wem Rechtens verkauft werden.

Dieser Verkauf kann, sofern weder der Empfänger noch der Absender oder ein Stellvertreter desselben am Plaze sind, oder doch von keinem derselben ein a m t l i c h e s Verfahren beantragt wird (vgl. Art. 34), außeramtlich vorgenommen werden.

Dabei ist von dem betreffenden Angestellten der Transportanstalt ein Unbetheiligter zuzuziehen und für ortsübliche Bekanntmachung (Börsenanschlag, Ausruf u. s. w.) zu sorgen.

Der Verkauf ist sodann in einem von diesen beiden Personen zu unterzeichnenden Protokolle zu konstatiren, von welchem dem Absender auf Verlangen Abschrift zu ertheilen ist.

Die Transportanstalt hat bei Ausübung aller in diesem Artikel ihr eingeräumten Befugnisse die vermutlichen Interessen des Eigenthümers bestmöglich zu wahren, und kann für nachweisbare Fahrlässigkeit auf Schadenersaz belangt werden.

Art. 12.

Verspätung.

Sind die speziell verabredeten oder aus gehörig publizirten Reglementen sich ergebenden und in Ermangelung solcher nach den Umstanden als angemessen zu betrachtenden Lieferfristen versäumt, so hat die Transportanstalt, sofern sie sich weder auf ein Verschulden oder Anweisungen des Absenders (Art. 7} berufen, noch die Verspätung als Folge höherer Gewalt nachweisen kann, sich die Kürzung der Hälfte der Fracht, und wenn die Lieferung erst nach Ablauf der doppelten Frist erfolgt, der ganzen Fracht gefallen zu lassen.

873

Ueberdies kann der Absender, resp. Empfänger von ihr Ersaz eines n a c h w e i s b a r e n , h o h e m Schadens, jedoch in keinem Falle, auch nicht auf dem Wege der Kürzung der Fracht (Absaz l dieses Artikels), mehr, als für gänzlichen Verlust des Gutes (Art. 14-- 16) zu ersezen ist, verlangen.

Art. 13.

Abhandenkommen oder Untergang des Gutes.

Wenn ein zum Transporte übernommenes Frachtstük länger als 4 Wochen nach Ablauf der Lieferzeit ausgeblieben, oder gänzlich zu Grunde gegangeil ist, und die Transportanstalt nicht beweisen kann, daß dies Folge eines Verschuldens (Art. 4 und 5) oder einer Anweisung des Absenders, beziehungsweise des Empfängers (Art. G und 7), oder der natürlichen Beschaffenheit des Gutes, oder einer hohem Gewalt sei, so hat sie den Schaden nach Maßgabe der Art. 14--16 zu ersezen.

Art. 14.

Berechnung des Schadens bei mangelnder Werthangabe.

Wenn keine Werthdeklaration stattgefunden hat, so kann als Schadenersaz der Betrag gefordert werden, welcher zu der Zeit und an dem Orte, wo die Ablieferung stattfinden sollte, zum Ankauf eines Gegenstandes von der gleichen Art und Beschaffenheit aufgewendet werden müßte.

Von diesem Betrage, welcher vom Tage, wo die Ablieferung hätte erfolgen müssen, mit 6 % zu verzinsen ist, kann die Transportanstalt alle durch den Verlust des Gutes ersparten Zölle und sonstige Unkosten, sowie die auf Grund des Frachtkontraktes noch zu bezahlenden Transportkosten für die ganze Streke bis zum Bestimmungsorte in Abzug bringen.

Uebersteigen die rükständigen Transportkosten den an den Geschädigten zu bezahlenden Betrag, so kann der Schadenersazberechtigte auf Grund des Frachtkontrakts nicht zur Auszahlung des Ueberschusses angehalten werden.

Art. 15.

Berechnung des Schadens bei vorhandener Werthdeklaration.

Wenn eine Werthdeklaration stattgefunden h a t , so ist als Schadenersaz der deklarirte Werth nebst H % Zinsen seit; dem Tage, wo die Ablieferung hätte erfolgen müssen, unter Abzug der ersparten, beziehungsweise noch rükständigen Transportkosten (Art. 14, Sa z 2) zu bezahlen.

874

Eine Erhöhung dieses Betrages kann der Geschädigte nur unter den in Art. 16 angegebenen Voraussezungen fordern.

Eine Reduktion dieses Betrages kann die Transportanstalt nur fordern, wenn sie den Beweis leistet, daß der wirkliche Werth des verlorenen Gutes nach der Berechnung des Art. 14, Saz l ein geringerer sei, und überdies nach den obwaltenden Umständen kein individuelles Interesse, welches die höhere Werthangabe rechtfertigen könnte, anzunehmen, ist..

Art. 16.

Vorbehalt höherer Schadensberechnung.

Ein höherer Schadenersaz, als nach den Bestimmungen der Art. 14 und 15 zu leisten ist, kann gefordert werden, wenn das Abhandenkommen, resp. der Untergang des Frachtstükes als Folge einer Arglist oder groben Fahrlässigkeit der Transportanstalt vgl.

Art. 38) nachgewiesen wird.

Art. 17.

Wiederauffindung abhanden gekommener Güter.

Durch die Annahme der Entschädigungssumme seitens des Entschädigungsberechtigten gehen dessen allenfallsige Schadenersazansprüche gegen Dritte von selbst auf die Transportanstalt über, jedoch nur insoweit, als sie die bezahlte Entschädigungssumme nicht übersteigen. · Wenn für ein nicht angekommenes oder als abhanden gekommen oder als verloren betrachtetes Frachtstük Schadenersaz geleistet ist, kann der Entschädigungsberechtigte bei Empfangnahme der Entschädigung den Vorbehalt machen, daß ihm, falls das betreffende Frachtstük sich wieder finden sollte, hievon Anzeige zu machen sei. Ueber eitlen solchen Vorbehalt ist auf Verlangen schriftliche Bescheinigung zu ertheilen.

Wird das Gut wieder aufgefunden, so kann der Entschädigungsberechtigte innerhalb 4 Wochen nach erhaltener Nachricht gegen Rükerstattung des als Gegenwerth des Frachtstükes erhaltenen Eutschädigungsbetrages verlangen, daß ihm dasselbe von dem Orte, wo es gefunden wurde, · bis zum ursprünglichen Bestimmungsorte kostenfrei geliefert werde.

Art. 18.

Quantitative Hinderungen und Beschädigungen der Güter.

Wenn ein übernommenes Frachtstük beschädigt worden oder nur theilweise abhanden gekommen oder zu Grunde gegangen ist,

875 so sind über die Voraussezungen der Schadenersazforderung und die Berechnung des Schadens die Bestimmungen der Art. 14--16 analog anzuwenden.

Art. 19.

Nichtverbindlichkeit der sogenannten, Normalsäze.

Sind in Réglementai für die Fälle des Verlustes oder der Beschädigung gewisse nach dem Gewichte oder dar Anzahl der Stüke sich richtende Taxen (sogenannte Normalsäze) bedungen, so schließt dies die Befugniß des Entschädigungsberechtigten nicht aus, einen solchen Normalsaz zurükzuweisen, und nach Maßgabe der Bestimmungen Art. 13 bis 18 mehr zu fordern.

Eine Ausnahme hievon findet nur bei solchen Gegenständen, für welche nach vom Bundesrathe erlassenen oder genehmigten Reglementen die Fracht nach dem Werthe zu beredinen und daher nach Maßgabe des Art. 2, Ziff. 7 der Werth zu deklariren ist, statt, wenn sie ohne Werthdeklaration übernommen wurden, und auch nicht aus der Inhaltsangabe (Art. 2, Ziff. 3) des Frachtstükes hervorging, daß es solche Gegenstände enthalte.

In diesem Falle hat sich der Geschädigte mit dem reglementarischen Normalsaze, immerhin unter Vorbehalt des Art. 16, zu begnügen.

Art. 20.

Rechtsvermuthungen beim Beweisverfaliren über Beschädigungen, Minderungen und Verluste.

Ist in dem Frachtbriefe eine Bemerkung über die Aufgabe des Frachtgutes in beschädigtem Zustande nicht, enthalten, oder erst n a c h U e b e r n ah m e des Gutes und Unterzeichnung des Frachtbriefes ohne Zuziehung des Absenders einseitig von der Transportanstalt beigefügt worden, so ist bei jeder nachher konstatirten Beschädigung zu vermuthen, daß sie erst nach Uebernahme îles Gutes entstanden sei.

Ergibt sich bei Nachmessung oder Nachwägung während des Transportes oder nach Beendigung desselben eine geringere als im Frachtbriefe angegebene Quantität, so ist zu vermuthen, daß das im Frachtbriefe angegebene größere Quantum übergeben sei und die Minderung erst auf dem Transporte .stattgefunden habe.

Findet sich eine Bemerkung über Aufgabe des Gutes in beschädigtem Zustande zwar auf dem Frachtbriefe, aber nicht auf dem Frachtbrief-Duplikate (Art. 3), oder findet sich auf dem

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Frachtbrief» eine geringere Quantitätsangabe als im Duplikate oder sonstigen Empfangscheine (Art. 3), so ist zu vermuthen, daß die fragliche Bemerkung e r s t n a c h Uebergabe des Gutes und Unterzeichnung des Frachtbriefes einseitig hinzugefügt worden, beziehungsweise, daß die höhere Quantitätsangabe im Empfangscheine die richtige sei, Wenn der Verschluß und die Verpakung des Frachtstükes bei der Aushändigung äußerlich unverlezt und zugleich das Gewicht mit dem bei der Einlieferung- ermittelten übereinstimmend befunden wird, so ist zu vermuthen, daß das, was bei der Eröffnung an dem angegebenen Inhalte fehlt, schon bei der Aufgabe gefehlt habe.

Art. 21.

Rechtsvermuthung bei gewissen Schäden, dass sie durch unabwendbaren Zufall oder die Natur des Gutes selbst oder durch eigene Schuld des Versenders herbeigeführt sind.

Den Trausportanstalten ist gestattet, durch bundesräthlich genehmigte Réglemente ihre Verantwortlichkeit . für Frachtgüter in folgenden Fällen zu beschränken: 1. Für Gewichtsmängel, wenn sie bei Wein oder trokenen Gütern nicht mehr als 1%, bei nassen Gütern (Wein ausgenommen) . nicht mehr als 2% betragen, kann die Vermuthung ausbedungen werden, daß dieselben, sofern sie unter den obwaltenden Umständen die unabwendbare Folge der natürlichen Eigenschaften der Güter oder der Witterungsverhältnisse gewesen sein k ö n n e n , auch wirklich auf diese Weise entstanden seien.

Der Prozentsaz ist für die ganze in Gemäßheit des ursprünglichen Frachtbriefes durchlaufene Streke nur e i n m a l und für jedes einzelne Frachtstük (collo, Faß u. s. w.), sofern das Gewicht der einzelnen Stüke im Frachtbriefe bezeichnet, oder sonst zu ermitteln ist, b e s o n d e r s zu berechnen.

Für ätherische Flüssigkeiten kann diese Vermuthung auch für einen höheren Prozentsaz, bis zu 5%, ausbedungen werden.

Bei Prüfung der obwaltenden Umstände hat der Richter vorzugsweise die Größe der durchlaufenen Streke, die besondere Beschaffenheit des Gutes und die Witterungsverhältnisse zu berüksichtigen.

, 2. Bei notorisch gefährlichen Substanzen, wie insbesondere Schwefelsäure, Scheidewasser und anderen äzenden, leicht entzündlichen oder explodirenden Gegenständen, kann die Ver-

&77

3.

4.

5.

.

G.

muthung ausbedungen werden, daß Schäden, welche unter den obwaltenden Umstünden die unabwendbare Folge ihrer gefährlichen Eigenschaften gewesen sein können, auch wirklich in dieser Weise entstanden seien.

Bei Gegenständen, welche leicht in Gährung oder Fäulniß übergehen, wie insbesondere Bier, Austern, frisches Fleisch, frische Fische, frisches Obst, kann die Vermuthung ausbedungen werden, (laß Gährung beziehungsweise Fäulniss. sofern sie unter den obwaltenden Umständen die unabwendbare Folge der natürlichen Eigenschaft dieser Gegenstände oder der Witterungsverhältnisse gewesen sein k a n n , auch wirklich auf diese Weise entstanden sei.

Bei leicht zerbrechlichen Gegenständen, wie insbesondere Möbeln und Hausgeräthe, Glas, Eisenguß, leeren oder gefüllten Krügen, Flaschen. Glasballons und Zuker in losen Broden, kann eine Erhöhungö der tarifmäßigen Frachtsätze gefordert O O und wenn diese nicht bewilligt wird, die Vermuthung ausbedungen werden, daß Brüche dieser Gegenstände, welche unter den obwaltenden Umständen bei ganz normalem Transporte die natürliche Folge ihrer Zerbrechlichkeit gewesen sein können, auch wirklich in dieser Weise entstanden seien.

Bei Gegenständen von verhältnißmäßig geringerem Werthe, wie Kohlen, Bausteinen u. s. w., wenn sie im Einverständnisse mit dem Absender gegen erhebliche Ermäßigung der Frachtsäze in offenen Wagen (unbedekten, ohne Blachen) transportirt werden, kann dieVermuthungg ausbedungen werden, daß Schäden, welche unter den obwaltenden Umständen die unabwendbare Folge der mangelnden Bedekung gewesen sein k ö n n e n , auch wirklich auf diese Weise entstanden und somit durch die eigene Anordnung des Absenders herbeigeführt seien.

Gegen erhebliche Ermäßigung der Frachtsäze kann bedungen werden, daß der Absender beziehungsweise Empfänger das Auf- und Abladen der Güter selbst besorge, mit der Wirkung daß bei Schäden, welche unter den o bwalt enden Umständen die Folge ungehöriger Besorgung des Auf- oder Abiadens gewesen sein k ö n n e n , vermuthet werde, sie «eien wirklich in dieser Weise vom Absender beziehungsweise Empfänger selbst verschuldet worden.

Diese unter Ziffer 4, 5 und 0 gestatteten Vermu thungen dürfen nicht geltend gemacht werden, um das gänzliche Abhandenkommen des Gutes oder die Verminderung der Stükzahl oder des im Frachtbriefe angegebenen Gewichtes zu O O

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rechtfertigen. Die Rechtfertigung von Gewichtsdefekten im Sinne der Ziffer l bleibt vorbehalten.

7. Bei Gegenständen, welche, wie z. B. lebende Thiere, einer besondere Begleitung auf (lern Transporte bedürfen, kann von der Transportanstalt die Begleitung durch den Absender oder einen Stellvertreter desselben vorgeschrieben und die Vermuthung ausbedungen werden, daß Verluste und Schäden, welche unter den Obwaltenden Umständen aus der Unterlassung der Begleitung oder aus mangelhaftem Verhalten des Begleiters hervorgegangen sein können, wirklich in dieser Weise durch den Absender beziehungsweise seinen Stellvertreter verschuldet seien.

Die sämmtlichen unter l bis 7 gestatteten Vermuthungen können nicht geltend gemacht werden, wenn eine Versäumniß der Lieferzeit vorliegt und unter den obwaltenden Umständen der betreffende Schaden ganzi oder doch theilweise auch Folge der Verspätung gewesen sein kann.

Auch ist der Geschädigte in allen diesen Fällen gegenüber dem Nachweise der Umstände, " auf welche sich die zur Entlastung der Transportanstalt dienende Vermuthung stüzt, zu dem Gegenbeweise zuzulassen, daß der betreffende Schaden in Wirklichkeit n i c h t in der vermutheten, sondern in einer andern, die Verantwortlichkeit n i c h t ausschließenden Weise, entstanden sei.

Art. 22.

Legitimation zur Entschädigungslage.

Zur Anstellung der Klagen wegen Verspätung, Nichtankunft, Zerstörung, Minderung oder Beschädigung ist sowohl der im Frachtbriefe bezeichnete Empfänger, als der Absender befugt.

Sobald jedoch der Moment eingetreten ist, in welchem nach Art. 7 die Weisungen des Empfängers a u s s c h l i e ß l i c h zu befolgen sind, braucht die Transportanstalt dem Absender nur dann Rede zu stehen, wenn er auf Verlangen genügende Kaution dafür leistet, daß auch dei- Empfänger das Urtheil, resp. dessen Vollziehung gegen sich gelten lassen müsse.

Hat der Absender vor diesem Momente eine Klage angestellt, und ist nach dem Inhalte der Klage anzunehmen, daß damit eine spätere Weisung, das Gut, resp. dessen Werth nicht an den Empfänger abzuliefern, im Sinne des Art. 7 gegeben werden sollte, so erlischt jede Klagbefugniß des Empfängers.

879 Ist das nicht anzunehmen, so braucht auf eine spätere Klaganstellung des Empfängers nur eingetreten zu werden, wenn er seinerseits Kaution dafür leistet, daß auch der Absender das Urtheil resp. dessen Vollziehung gegen sich gelten lassen müsse.

III. Zusammenwirken mehrerer Transportanstalten bei einem Frachtverträge.

Art. 23.

Verantwortlichkeit der annehmenden Transportanstalt für die folgenden.

Wenn das Frachtgut in Gemäßheit des im Frachtbriefe angegebenen Bestimmungsortes von mehreren Trausportanstalten, welche den Bestimmungen dieses Gesezes unterworfen sind, successiv befördert werden soll, so kann die Transportanstalt, welche das Frachtgut mit einem solchen Frachtbriefe angenommen hat, für alle Unfälle oder Fehler, welche auf einer folgenden Anstalt bis zur Ablieferung an den Empfänger vorgekommen .sind, ganz so nach den Bestimmungen dieses Gesezes (Art. 12--22) in Anspruch genommen werden, als ob sie selbst den Trausport bis zum Bestimmungsorte ausgeführt hätte.

Diese Verantwortlichkeit trifft die annehmende Transportanstalt auch dann, wenn sie selbst oder eine der nachfolgenden Anstalten mit oder o h n e Zustimmung des Absenders das Gut unter Ausstellung eines n e u e n Frachtbriefes zur Beförderung an den im urs p r ü n g l i c h c n Frachtbriefe angegebenen Bestimmungsort weiter gegeben hat.

Dagegen hat sie, wenn der Unfall oder Fehler nicht auf ihrer Streke vorgekommen ist, den Rükgriff gegen die zunächst auf .sie folgende Anstalt, und diese wieder gegen die nächst folgende, und so fort bis zu derjenigen Transportanstalt, auf deren Streke der Unfall oder Fehler vorgekommen ist.

Dieselbe Verantwortlichkeit trifft die annehmende Trausportanstalt, wenn das Frachtgut, um es an den vorgeschriebenen Bestimmungsort zu befördern, anderen, nicht unter diesem Geseze stehenden Frachtführern oder Speditoren oder auswärtigen Transportanstalten übergeben worden mußte, nur in soweit, als sie nicht folgenden dreifachen Beweis zu erbringen vermag: 1. daß der Unfall oder Fehler erst nach den- Uebergabe au einen nicht unter diesem Gesex.e stehenden Frachtführer oder Speditor oder an eine auswärtige Anstalt vorgekommen ist,

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2.-daß von Seiten derjenigen Transportanstalt, welche diese : Uebergabe zu- besorgen hatte, keine Vorsichtsmaßregel versäumt worden ist, durch welche möglicher Weise auch die Nachfolger für Unfälle oder Fehler hätten verantwortlich gemacht werden können, 3. daß aber gleichwohl nach den einschlagenden Gesezen keine Schadloshaltung, oder eine geringere, als nach den Art. 12 bis 22 zu leisten ist, wegendes vorgekommenen Fehlers oder Unfalls verlangt werden kann.

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Art.24.

Verantwortlichkeit der ablief ernden Transportanstalt für die vorher. -gehenden.

,

Wenn ein Frachtgut, das in Gemäßheit des im Frachtbriefe angegebenen Bestimmungsortes successiv von mehreren aufeinanderfolgenden Transportanstalten, welche sämmtlich den Bestimmungen dieses, Gesezes unterworfen sind, befördert werden sollte, in den Besiz derjenigen gelangt ist, welche nach dem ursprünglichen Frachtbriefe die Ablieferung zu bewirken hatte, so kann diese auch für alle Unfälle oder Fehler, welche vorher vorgekommen sind, nach den Bestimmungen dieses Gesezes (Art. 12--22) in Anspruch genommen werden, ganz so, als ob sie selbst den Transport von Anfang bis zu Ende ausgeführt hätte.

Von dieser Verantwortlichkeit wird sie auch dann nicht frei, wenn, ohne daß dies vom Absender im Frachtbriefe selbst oder nachträglich (Art. 7) vorgeschrieben oder verschuldet ist, die Waare auf Grundlage eines neuen Frachtbriefes weiter gesendet worden war.

Dagegen-, hat sie den Rükgriff gegen die ihr unmittelbar vorangehende Transportanstalt und so fort bis zu derjenigen, auf deren Streke der,Unfall oder Fehler .vorgekommen ist, oder welche durch eigenes Verschulden (z. B. Abhandenbringen des ursprünglichen Frachtbriefes, Ausstellung eines Reverses etc.) sich ihres weiteren Rükgriffes verlustig gemacht hat.

Handelt es sich hingegen um Güter, welche vöu auswärtigen Transportanstalten oder von nicht unter diesem Geseze stehenden Frachtführern oder Speditoren an eine unter diesem Geseze stehende Transportanstalt zur Ablieferung gelangt sind, so kann diese sich der Verantwortlichkeit ganz oder theilweise entschlagen, wenn sie beweisen kann : 1. daß der fragliche Fehler oder Unfall schon vor der Uebernahme des Frachtgutes aus der Hand eines nicht unter diesem Geseze stehenden Frachtführers, Speditors odor einer auswärtigen Transportanstalt vorgekommen ist, und

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2. daß bei dieser Uebernahme keine Vorsichtsmaßregel versäumt ·ist, um den Rükgriff rükwärts bis zum schuldigen Theile zu wahren, 3. daß aber gleichwohl ein solcher Rükgriff nach den einschlagenden Gesezen ganz oder theilweise ausgeschlossen ist.

Direkte Haftbarkeit der schuldigen Transportanstalt und Verhältniss verschiedener Klagerechte zu einander.

Art. 25.

.

In den in den Art. 23 und 24 erwähnten Fällen steht es dem klagberechtigten Empfänger, beziehungsweise Absender, sowie der rükgriffnehmenden Transportanstalt frei, sich auch direkt an diejenige Transportanstalt (Frachtführer, Speditor) zu halten, auf deren Streke oder unter deren Direktion der fragliche Unfall oder Fehler vorgekommen ist, oder an die einzelne Person (Angestelltor, Dritter), durch deren Verschulden der Schaden herbeigeführt ist.

Durch ein die Klage abweisendes Urtheil zu Gunsten der in erster Linie belangten annehmenden oder abliefernden Trausportanstalt, beziehungsweise des nächsten Regreßpflichtigen, wird einem solchen Klagerechte in keiner Weise vorgegriffen (präjudizirt).

Eben so wenig präjudizirt ein freisprechendes Urtheil zu Gunsten der abliefernden Transportanstalt dem Klagerechte gegen die annehmende Transportanstalt und umgekehrt.

Art. 26.

Ist ein Rükgriff im Sinne des Saz 3 Art. 23 resp. Saz 3 des Art. 24 nicht möglich, weil die Umstände von der Art sind, daß überhaupt nicht ermittelt werden kann, auf welcher Streke der Unfall oder Fehler vorgekommen ist, so ist die Entschädigungssumme unter allen zusammenwirkenden Transportanstalten, nach Verhältniß der Größe der Streken umzulegen, auf welchen der Unfall oder Fehler überhaupt vorgekommen sein k a n n .

Spezielle Vereinbarungen oder Hebungen, durch welche dies Verhältniß unter den zusammenwirkenden Anstalten in anderer Weise normirt wird, bleiben vorbehalten.

IV. Vom Pfandrecht.

Art. 27.

Pfandrecht am Frachtgute für eigene Forderungen .der Transportanstalt.

Die Transportanstalt hat für alle ihre Forderungen aus dem Frachtverhältnisse, insbesondere auch für die zum Zweke der Aus-

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führung des Transportes geleisteten Vorschüsse ein Pfandrecht am betreffenden Frachtgute.

Das Pfandrecht besteht, so lange das Gut zurükbehalten oder deponirt ist ; es dauert jedoch auch nach der Ablieferung noch fort, insofern es binnen 3 Tagen gerichtlich geltend gemacht wird, und das Gut sich noch beim Empfänger oder bei einem Dritten befindet, welcher es für den Empfänger besizt.

Art, 28.

Geltendmachung der Pfandrechte für Forderungen der Vormänner.

Ist das Gut von mehreren Transportanstalten oder anderen Frachtführern befördert worden oder durch die Hände von Speditomi oder Kommissionären gegangen, so hat die abliefernde Transportaüstalt auch die Pfandrechte solcher Vormänner geltend zu machen, wenn sie sich aus dem Frachtbriefe oder anderen ihr überebenen Papieren oder speziellen Anweisungen ergeben.

Solche Pfandrechte der Vormänner dauern so lange fort, als das der abliefernden Transportanstalt.

Art. 29.

Rangordnung kollidirender Pfandrechte.

Unter mehreren Pfandrechten, welche durch dio Versendung oder durch den Transport selbst entstanden sind, geht das später entstandene dem früher entstandenen vor ; diese haben sämmtlich den Vorrang vor
Art. 30.

Versäumnis bei Geltendmachung der Pfandrechte der Vormänner.

Wenn die abliefernde Transportanstalt das Frachtgut ohne Bezahlung abliefert, und auch nicht innerhalb drei Tagen nach der Ablieferung das Pfandrecht geltend macht, so wird sie, sowie die vorhergehenden Frachtführer, Spediteure oder Kommissionäre, des Rükgriffs gegen die Vormänner verlustig.

Ihre Ansprüche gegen den Empfänger des Gates werden dadurch nicht berührt.

Art. 31.

Depositionsbefugniß des Empfängers.

Glaubt der Empfänger die angeblich auf dem Frachtgute haftenden Forderungen ganz oder theilweise beanstanden zu können,

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so kann ihm die Ablieferung nicht vorenthalten werden, sofern er den streitigen Betrag auf Gefahr und Kosten des Unrecht habenden Theiles amtlich deponirt. Der deponirte Betrag tritt in Beziehung auf das Pfandrecht au die Stelle des Frachtgutes.

Y. Dauer und Geltendmachung der Reklamationen.

Art. 32.

Verwirkung der Reklamation durch Abnahme des Gutes und Zahlung der darauf haftenden Beträge.

Sind die nach Angabe der abliefernden Transportanstalt auf dem Gute haftenden Forderungen; bezahlt, u n d die Frachtstüke von dem im Frachtbriefe bezeichneten Empfänger ohne ausdrüklichen Vorbehalt in Besiz genommen worden, so sind damit alle Reklamationen aus dem Frachtverhältnisse gegen die abliefernde Transportanstalt und ihre Vormänner bis zu demjenigen, welcher den Frachtkontrakt mit dem Absender abgeschlossen hatte, erloschen.

Ausgenommen sind nur: 1. die Reklamationen wegen Verspätung, sofern sie innerhalb 8 Tagen nachträglich geltend gemacht werden.

2. die Reklamationen wegen Verlustes oder Beschädigung, wenn diese bei der Ablieferung nicht erkennbar waren, und die Feststellung des Verlustes oder der Beschädigung ohne Verzug nach der Entdekung bei einer dazu kompetenten Behörde nachgesucht worden ist u n d bewiesen wird, daß der Verlust oder die Beschädigung noch vor der Ablieferung entstanden ist.

3. Reklamationen, welche auf den Beweis einer A r g l i s t oder g r o b e n Fahrlässigkeit oder unter dem Gesichtspunkte einer grundlosen, rechtswidrigen Bereicherung mit dem Schaden des Reklamanten, oder endlich unter dem der Rükforderung einer aus entschuldbarem Irrthume bezahlten Nichtschuld begründet O werden wollen.

Untersuchung und Verkauf des Frachtgutes in Streitfällen.

Art. 33.

Wenn eine Reklamation wegen Verlustes oder Beschädigung gemacht oder auch nur vorbehalten worden ist, sowie in allen Fällen, wo über den Zustand des Gutes Streit entsteht, hat sowohl die Transportanstalt als der Empfänger die Befugniß, von der am Orte der gelegenen Sache zuständigen Behörde Sachverständige er-

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nennen und durch diese auf Kosten des Unrecht habenden Theiles den Zustand des Gutes feststellen und begutachten zu lassen.

Lokale Hebungen und gesezliche Anordnungen über Beweiskraft von Verbalprozessen und Gutachten außeramtlich ernannter Experten bleiben" vorbehalten.

Art. 34.

In allen Streitfällen kann die am Orte der gelegenen Sache zuständige Behörde auf Gesuch -eines der beiden Theile verordnen, daß das Gut in einem öffentlichen Lagerhause oder bei einem Dritten auf Gefahr und Kosten des Unrecht habenden Theiles niedergelegt, und daß es (nöthigenfalls nach Konstatirung des Zustandes) ganz oder zu einem entsprechenden Theile behufs Bezahlung der FracHt und der übrigen darauf haftenden Forderungen verkauft werde. So" lange der Verkauf nicht vollzogen ist, kann er durch Bezahlung beziehungsweise Déposition aller angeblieh auf dem Gute haftenden Forderungen (Vgl. Art. 31) abgewendet werden.

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Art. 35.

Verjährung der Klagen und Einreden.

Die Klagen gegen die unter dieses Gescz fallenden Transportanstalten wegen Verlustes, Verminderung, Beschädigung oder Verspätung verjähren in einein Jahre, und zwar beginnt die Verjährung im Falle der Beschädigung resp. Verminderung, auch wenn der Mangel erst nach der Ablieferungentdekt sein sollte (Art. 32 Ziff. 2), an dem Tage, wo die Ablieferung stattgefunden- hat; im Falle des gänzlichen Verlustes oder der Verspätung an dem Tage, wo die in Art. 18 erwähnte vierwöchige Frist abgelaufen ist.

Diese Verjährung wird nicht allein durch Anstellung der Klage, sondern auch durch die schriftliche Anbringung der Reklamation bei der Direktion der betreffenden Anstalt unterbrochen, in der Meinung, daß, so lange die Reklamation unerledigt bleibt, überhaupt kein Ablauf dor Verjährung stattfinden könne. , Ergeht hierauf eine abschlägige Bescheidung und werden zugleich die der Transportanstalt anvertrauten Beweismittel (z. B.

Frachtbriefe, Verbalprozesse) behufs wirksamer Anhebung des Prozesses zurükgegeben, so beginnt vom Empfange derselben eine neue einjährige Verjährung der Klage, welche durch eine neue Reklamation, gegen jenen Bescheid nicht unterbrochen wird.

-" Auch Einreden wegen Verlustes, Verminderung, Beschädigung oder Verspätung verjähren innerhalb-der gleichen Frist, jedoch wird in diesem Falle die Verjährung durch Anbringung der Reklamation,

885 auch wenn sie bloß mündlich und nur bei einem Angestellten stattgefunden hat, für so lange unterbrochen, als überhaupt Gelegenheit Bleibt, die Reklamation auf dem Wege der Einrede geltend zu machen.

Die in Art. 32 Ziff. 3 erwähnten Reklamationen werden von dieser einjährigen Verjährung nicht berührt.

VI. Von einigen besonderen Transportverhältnissen.

Art. 36.

Personentransport, Handgepäk, Vermiethung- von Transportmitteln.

Von den vorstehenden Bestimmungen werden nicht berührt: 1. Der Personentransport mit Einschluß des Transportes aller der Gegenstände, welche unter der persönlichen Obhut der Reisenden verbleiben.

2. Die Vermiethung oder Einräumung von Transportmitteln, zum Zweite der Beförderung von Gütern unter eigener Direktion des mitreisenden Versenders oder eines. Vertreters desselben.

Für diese Transportverhältnisse bleibt, so lange kein besonderes Gesez über Personentransport, oder einheitliches Verkehrs- oder Transportreglement im Sinne des Art. 36 des Gesezes über den Sau und Betrieb der Eisenbahnen etc. vom 23. Dezember 1872, etwas anderes verfügt, das bisherige Recht immerhin unter Auwendung des Art. 38 dieses Gesezes in Geltung.

Eine darüber hinausgehende Haftbarkeit der Transportanstalten für die aus diesen Transportverhältnissen hervorgehenden Schäden indet nur nach Maßgabe des Gesezes über Tödtungen und Verezungen beim Bau und Betrieb von Eisenbahnen etc. statt.

Art. 37.

Besondere Bestimmungen über das aufgegebene Reisegepäk.

Für Reisegepäkstüke und Utensilien, welche nicht unter der persönlichen Obhut des Reisenden verbleiben, sondern der Transportanstalt zur Verwahrung und zur gleichzeitigen Versendung mit lern Reisenden an den Bestimmungsort übergeben werden, kommen die vorstehenden Bestimmungen über den Frachtvertrag Art. 4 bis 35 auch dann zur Anwendung, wenn sie nach der bestehenden Hebung oder gültigen Reglementen ohne besondere Frachtberechnung, aufgenommen werden, jedoch mit folgenden Modifikationen:

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1. Der Reisende kann, ohne die in Art. 13 vorgeschriebene Frist abzuwarten, verlangen, daß ihm für die bei Ankunft am Bestimmungsorte sich nicht vorfindenden Gepäkstüke eine Normalentschädigung von je Fr. 4 per Pfund s o f o r t bezahlt werde.

2. Hat ein Reisender vor B e e n d i g u n g s e i n e r R e i s e diesen Normalsaz gefordert, beziehungsweise angenommen, so wird dadurch seinem Rechte n i c h t vorgegriffen, innerhalb der Verjährungszeit nach Maßgabe der Bestimmungen der Art. 13 bis 18 eine höhere Entschädigung zu begehren.

3. Wird ein Gepäkstük nach Ankunft am Bestimmungsorte innerhalb 24 Stunden vom Reisenden nicht abgeholt, so ist das reglementmäßige, eventuell angemessene Lagergeld zu bezahlen.

Wenn der vermuthliche Werth des Gepäkstükes überhaupt nicht, oder nicht mehr diese Lagerkosten dekt, oder die Gefahr eines schnellen Verderbens zu befürchten ist, kann die Transportanstalt die nicht abgeholten Gepäkstüke zu Gunsten wem Rechtens außeramtlich, unter Beobachtung der in Art. 11 Saz 5 und 6 enthaltenen Vorschriften, verkaufen.

4. Ist dem Reisenden ein Gepäkschein eingehandigt, so kann vor Ankunft am Bestimmungsorte nur gegen Vorzeigung, beziehungsweise Rüklieferung des Gepäkscheines über das Gepäk verfügt werden.

Reglementarische Bestimmungen, wonach unter gewißen Voraussezungen vor Ankunft am Bestimmungsorte der Reisende überhaupt nicht einseitig über das Gepäk verfügen kann, bleiben vorbehalten.

Bei Ankunft am Bestimmungsorte ist die Transportanstalt, wenn der Gepäkschein nicht präsentirt wird, nur berechtigt und verpflichtet, das Gepäk an den Reisenden zurükzugeben, wenn ihr von demselben ein Revers ausgestellt und nach Umständen eine Kaution gegen spätere Vorzeigung des Gepäkscheines durch einen besser Berechtigten geleistet wird.

Tu. Allgemeine Prinzipien über Verantwortlichkeit und Haftbarkeit.

Art. 38.

Haftbarkeit der Transportanstalt für Beamte und Angestellte.

Die vom Bunde konzedirten Transportanstalten haben alle kontraktlichen Erklärungen (Vertragsberedungen, Verzichte, Em-

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pfangsbescheinigungen etc.), welche für .sie von ihren Boainten oder Angestellten innerhalb ihres ausdrüklich oder thatsächlich bekannt gemachten Wirkungskreises abgegeben werden, ganz so zu vertreten, als wäre die Erklärung von der Transportanstalt, beziehungsweise ihrer Verwaltung selbst abgegeben worden.

Für Versehen und Vergehen ihrer Angestellten und Beamten, welche entweder im Dienste oder doch bei der V o l l z i e h u n g der kontraktlich übernommenen Transporte, wenn auch mit Ueberschreitung ihres bekannt gemachten Wirkungskreises begangen werden, haben sie, so weit es sich um Schadenersaz handelt, ganz .so einzustellen, als wenn dieselben von der Transportanstalt selbst begangen worden wären.

Art. 35).

Negative Begrenzung des Begriffs der höheren Gewalt.

Als höhere Crewalt (uuabwendbarer Zufall) im Sinne des Ge.sezes (vergi. Art. 12, 13 und 21) können nicht geltend gemacht werden Unfälle, welche herbeigeführt worden sind: 1. durch irgend welche Versehen oder Vergehen der Beamten oder Angestelllten, auch wenn dieselben nicht schon unter dem im Art. 38, Saz 2 angegebenen Gesichtspunkte von der Transportanstalt zu vertreten sind; 2. durch Versehen oder Vergehen der in die Transporträume beziehungsweise Transportmittel aufgenommenen Passagiere w ä h r e n d des Transportes5 3. durch die gefährdenden Eigenschaften oder die mangelhafte Verpakung t r a n s p o r t i r t e r Gegenstände ; 4. durch fehlerhafte, den allgemeinen Anforderungen der Technik nicht entsprechende Einrichtung des Baues oder Betriebes der Anstalt ; 5. durch mangelhaften Zustand der Anstalt .selbst oder ihrer Betriebsmittel ; (i. durch Nichtbefolgung oder ungehörige Befolgung von Vorsichtsmaßregeln oder .Vorkehrungen, die. durch allgemeine polizeiliehe Anordnungen oder spezielle Konzessionsbestimmungen der Anstalt zur Pflicht gemacht sind, Art. 40.

Unstatthaftigkeit der Wegbedingung oder Beschränkung der Haftbarkeit.

Réglemente, Publikationen und spezielle Vereinbarungen, durch welche zum Voraus die durch das Gesez normirte VerantwortlichBundesblatt. Jabrg. XXVI. Bd. 1.

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keit und Schadensersazverbindlichkeit der Transportanstalten ausgeschlossen oder beschränkt werden soll, sind ohne rechtliche Wirkung.

Vorbehalten sind nur diejenigen reglementarischen Bestimmungen und Vereinbarungen, auf welche in diesem G-eseze direkt oder indirekt hingewiesen wird.

Art. 41.

Alle bunclesgesezlichen, kantonalgesezlichen oder reglementarischen Bestimmungen, sowie Publikationen und Vereinbarungen, welche mit den Bestimmungen dieses Gesezes im Widerspruche stehen, treten mit dem Tage der Publikation dieses Gesezes außer Kraft.

Der Bundesgesezgebung bleibt vorbehalten, zu bestimmen, in welcher Weise behufs einheitlicher Anwendung dieses Gesezes ein Weiterzug von den Urtheilen oder Verfügungen der kantonalen Gerichte an das Bundesgericht stattfinden solle.

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# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung betreffend ein Bundesgesez über die Verbindlichkeit der Eisenbahnen und anderer vom Bunde konzedirter Transportanstalten für die beim Bau und Betriebe herbeigeführten Tödtungen und Verlezungen.

(Vom 26. Mai 1874.)

Tit. !

Das Bundesgesez über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft stellt in Art. 38, Ziffer 2 ein Bundesgesez in Aussicht : ,,über die Verbindlichkeiten der Eisenbahnen und anderer vom ,,Bunde konzedirter oder von ihm selbst betriebener TransportAnstalten (Dampfschiffe, Posten) zum Schadenersaze für die ,,beim Bau und Betriebe herbeigeführten Tödtungen und Ver,,lezungen."

Daß ein dieser Aufgabe entsprechender vorläufiger Gesezentwurf zur Kenntniß der Eisenbahnverwaltungen und des Publikums gebracht worden ist und erst unter Mitwirkung einer Expertenkommission die Gestalt erhalten hat, in welcher er jezt vorgelegt wird, darüber haben wir schon in der Botschaft über das Bundes-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung zu einem Gesezentwurfe betreffend die Rechtsverhältnisse des Frachtverkehrs und der Spedition auf Eisenbahnen und anderen vom Bunde konzedirten Transportanstalten. (Vom 26. Mai 1874.)

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Bundesblatt

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Jahr

1874

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

24

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.06.1874

Date Data Seite

839-889

Page Pagina Ref. No

10 008 170

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