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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die zur Erhaltung des Landeskredits getroffenen Notmassnahmen.

(Vom 14. März 1989.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Art. 46 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1988 über die Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushaltes ermächtigt den Bundesrat, Massnahmen zu treffen, die er zur Erhaltung des Landeskredites als notwendig und unaufschiebbar erachtet. Über solche Massnahmen ist der Bundesversammlung in der nächstfolgenden Session Bericht zu erstatten. Diese Bestimmung entspricht wörtlich Art. 53 des Bundesbeschlusses vom 81. Januar 1936 über neue ausserordentliche Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes. Neu an Art. 46 ist lediglich der Zusatz, dass der ordentliche Eechtsweg in Verwaltungs-, Zivil- und Strafsachen vorbehalten bleibt.

Über die gestützt auf Art. 53 zur Erhaltung des Landeskredites getroffenen Notmassnahmen haben wir Ihnen am 5. Oktober 1936, am 28. September 1986 und am 26. Februar 1937 Bericht erstattet. Wir haben nunmehr die Ehre, Ihnen einen neuen Bericht über diese Massnahmen zu unterbreiten.

1. Bundesratsbeschluss vom 6. Februar 1936 über die Bewertung der Obligationen schweizerischer öffentlich-rechtlicher Körperschaften sowie der schweizerischen P f a n d b r i e f e in den Jahresbilanzen 1985 und 1985/1986.

Dieser Beschluss ist im Hinblick auf den damaligen starken Kursrückgang der festverzinslichen Werte gefasst worden; seine Geltungsdauer war ausdrücklich auf die Jahresbilanzen 1935 und 1935/36 beschränkt. Da die Kurse der Obligationen und Pfandbriefe inzwischen erheblich gestiegen sind, so dass der Abschreibungsausfall, der sich durch die Anwendung des genannten Beschlusses

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ergeben konnte, inzwischen dahingefallen ist, besteht keine Veranlassung mehr, den Beschluss zu erneuern. Er ist mit dem Abschluss der Jahresbilanzen 1985 und 1935/36 hinfällig geworden.

2. Bundesratsbeschluss vom 17. April 1936 über die Sanierung von Banken.

Dieser Beschluss war bis zum 81. Dezember 1937 befristet. Schon am 13. Juli 1937 wurde er durch Bundesratsbeschluss abgeändert. Art. 11, lit. b, der vorsah, dass ein Sanierungsplan nur zu genehmigen sei, wenn die Voraussetzungen von Art. 306, Ziffer l und 2, des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs erfüllt sind, ist dahin erweitert worden, dass Banken gegenüber, deren Sanierung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse und in demjenigen der Gläubiger liegt, der Eichter davon absehen kann, das Verschulden der Bankorgane anzurechnen. So richtig es war, bei Nachlassverträgen und Sanierungsplänen physischer Personen das Verschulden dieser letzteren als Hinderungsgrund für eine Genehmigung zu betrachten, so unzweckmässig erwies sich diese Vorschrift mit Bezug auf juristische Personen, wo die ohnehin geschädigten Gläubiger dadurch weiter benachteiligt wurden.

Damit nun aber die Eechte, die den Gläubigern im Konkursfalle gegenüber den Bankorganen zustehen, nicht dahinfallen, sahen wir uns veranlasst, in einem neuen Art. llbl8 eine Bestimmung aufzunehmen, wonach sich im Falle der ganzen oder teilweisen Abschreibung von Forderungen die Verantwortlichkeitsansprüche nach dem Gesetz über Schuldbetreibung und Konkurs richten. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass Verantwortlichkeitsklagen, die von einer Bank, über welche das Sanierungsverfahren oder das gerichtliche Nachlassvertragsverfahren eröffnet wird, gegenüber ihren Organen angestrengt werden, vom Bundesgericht als einziger Instanz in beschleunigtem Verfahren zu entscheiden sind. Dieser Art. ll blB wurde im revidierten Art. 14 ebenfalls für das gerichtliche Nachlassverfahren als anwendbar erklärt.

Am 4. Januar 1938 wurde der Beschluss über die Sanierung von Banken gestützt auf den Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für das Jahr 1938 verlängert. Durch Bundesratsbeschluss vom 27. Dezember 1938 erfolgte gestützt auf Art. 46 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1938 über die Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushaltes
eine weitere Verlängerung bis zum 31. Dezember 1941. Gleichzeitig wurde im Art. l, Abs. l, der bestimmte, dass das Sanierungsverfahren nur von Banken mit erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung in Anspruch genommen werden könne, das Wort «erheblicher» gestrichen.

Die nochmalige Verlängerung hat sich als notwendig erwiesen, weil sich das gerichtliche Nachlassverfahren für Banken als nicht geeignet erwies und weil die Vorbereitungen zur gesetzlichen Eegelung des Bankensanierungsverfahrens noch nicht zum Abschluss gelangt sind. Wenn wir uns schliesslich

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dazu entschlossen haben, das Sanierungsverfahren nicht nur Banken von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung zugute kommen zu lassen, so geschah das darum, weil man sich schon vorher veranlagst gesehen hatte, auch mittlere Banken im gleichen Sinne zu behandeln, um eine Liquidation zu vermeiden.

Mit dem Beschlüsse vom 17. April 1936 ist natürlich auch die Abänderung vom 13. Juli 1937 verlängert worden, die das Bundesgericht als einzige Instanz für die Behandlung von Verantwortlichkeitsklagen bezeichnet. Wir sind der Auffassung, dass diese Bestimmung mit dem Zusatz zu Art. 46 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1938 vereinbar sei, wonach der ordentliche Eechtsweg in Verwaltungs-, Zivil- und Strafsachen vorbehalten bleibt. Das Bundesgericht ist eine Instanz des ordentlichen Eechtsweges, und der Grundsatz der Trennung der Gewalten, dem mit dem erwähnten Zusatz zu Art. 46 Nachachtung verschafft werden sollte, ist damit gewahrt.

3. Bundesratsbeschluss vom 19. Juni 1936 über den Schutz der Landeswährung und Bundesratsbeschluss vom 27. September 1936 b e t r e f f e n d Währungsmassnahmen.

Beide Beschlüsse sind unbefristet und gelten formell weiter bis zu ihrer Aufhebung, und zwar auch ohne Erneuerung. So wie die während des Krieges gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten gefassten Beschlüsse nicht mit dem Aufhören dieser Vollmachten hinfällig geworden sind, kann es auch in den beiden vorliegenden Fällen keinem Zweifel unterliegen, dass die einmal gefassten Beschlüsse bis zu ihrer Aufhebung in Kraft bleiben. Der Umstand, dass die dem Bundesrat erteilte Vollmacht, gestützt auf die die Beschlüsse ergangen sind, im Art. 46 erneuert wurde, erscheint von sekundärer Bedeutung.

Wenn eine Erneuerung dieser beiden Beschlüsse für ihre weitere Wirksamkeit nicht notwendig ist, so wird doch zu prüfen sein, ob die in ihnen enthaltene Eegelung gelegentlich durch eine solche der ordentlichen Gesetzgebung zu ersetzen sei.

4. Bundesratsbeschluss vom 24. November 1936 über den Schutz der Eechte der Anleihensgläubiger von Körperschaften des öffentlichen Eechts.

Dieser Beschluss war bis zum 81. Dezember 1937 befristet. Er ist durch Bundesratsbeschluss vom 22. November 1937 gestützt auf den Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 bis zum 31. Dezember 1938 verlängert und durch Bundesratsbeschluss vom 13. Januar
1939 gestützt auf Art. 46 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1938 neuerdings auf Ende 1941 erstreckt worden. Auch in dieser Beziehung sind Vorarbeiten im Gange, um den durch diesen Bundesratsbeschluss geschaffenen Zustand in die ordentliche gesetzliche Form überzuführen.

Wir bitten Sie, vom vorstehenden Bericht Kenntnis nehmen zu wollen.

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Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 14. März 1989.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Etter.

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Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

Beilagen: Bundesratsbeschluss vom 13. Juli 1937 betreffend Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Sanierung von Banken.

Bundesratsbeschluss vom 4. Januar 1938 betreffend die Verlängerung des Bundesratsbeschlusses vom 17. April 1936 über die Sanierung von Banken.

Bundesratsbeschluss vom 27. Dezember 1938 betreffend die .Verlängerung und Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Sanierung von Banken.

Bundesratsbeschlüsse vom 22. November 1937 und 13. Januar 1939 über den Schutz der Rechte der Anleihensgläubiger von Körperschaften des öffentlichen Rechts.

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Beilage 1.

Buiidesratsbeschluss betreffend

Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Sanierung von Banken.

(Vom 18. Juli 1937.)

Der schweizerische Bundesrat beschliesst :

Art. 1.

Der Art. 11, lit. b, des Bundesratsbeschlusses vom 17. April 1986 über die Sanierung von Banken wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. 11, lit. b. die Voraussetzungen von Art. 806, Ziffer l und 2, des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs erfüllt sind; liegt die Sanierung einer Bank im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse und in demjenigen der Gläubiger, so kann der Eichter beim Genehmigungsentscheide davon absehen, der Bank das Verschulden der Bankorgane anzurechnen.

Art. 2.

Der vorerwähnte Beschluss wird durch einen Art. llbl8 folgenden Wortlauts ergänzt: Art. 71bls. Sieht der Sanierungsplan vor, dass die Kapitalforderungen der Gläubiger ganz oder zum Teil gestrichen oder mit Beteiligungsurkunden der Bank oder mit Obligationen oder Beteiligungsurkunden einer andern Gesellschaft abgefunden werden, so kommen für die Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen gegen die Organe der Bank die Bestimmungen analog zur Anwendung, die im Falle des Konkurses gelten.

Verantwortlichkeitsklagen, die von einer Bank, über welche das Sanierungsverfahren oder das gerichtliche Nachlassvertragsverfahren eröffnet wurde, gegenüber ihren Organen erhoben werden, sind vom Bundesgericht als einziger Instanz in beschleunigtem Verfahren zu entscheiden.

410 Art. 8.

Der Art. 14 des vorerwähnten Beschlusses wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. 14. Art. 4, 10, llbls und 12, Abs. 2, kommen auch beim gerichtlichen Nachlassverfahren zur Anwendung.

Art. 4.

Dieser Beschluss tritt am 15. Juli 1937 in Kraft.

Beilage 2.

Bundesratsbesclüuss betreffend

die Verlängerung des Bundesratsbeschlusses vom 17. April 1936 über die Sanierung von Banken.

(Vom 4. Januar 1938.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf den Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für das Jahr 1938, beschliesst: Einziger Artikel.

Der Bundesratsbeschluss vom 17. April 1936 über die Sanierung von Banken wird für das Jahr 1938 verlängert.

411 Beilage 3.

ßundesratsbesehluss betreifend

die Verlängerung und Abänderung des Bundesratsbeschlusses über die Sanierung von Banken.

(Vom 27. Dezember 1938.)

Der schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Art. 46 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1988 über die Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushaltes, beschliesst :

Art. 1.

Der Bundesratsbeschluss vom 17. April 1936, teilweise abgeändert durch Bundesratsbeschluss vom 13. Juli 1937, über die Sanierung von Banken wird bis 81. Dezember 1941 verlängert.

Art. 2.

Art. l, Abs. l, des genannten Bundesratsbeschlusses wird durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. l, Abs. 1. Im Interesse der Aufrechterhaltung des Landeskredites wird das nachstehende Sanierungsverfahren eingeführt, das von Banken von volkswirtschaftlicher Bedeutung in Anspruch genommen werden kann.

412 Beilage 4.

Bu 11 (lesrat sboschi u ss über

den Schutz der Rechte der Anleihensgläubiger von Körperschaften des öffentlichen Rechts.

(Vom 22. November 1937.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art. l des Bundesbeschlusses über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechts für das Jahr 1988, vom 28. Oktober 1987, beschliesst : Einziger Artikel.

Die Geltung des Bundesratsbeschlusses vom 24. November 1936 über den Schutz der Eechte der Anleihensgläubiger von Körperschaften des öffentlichen Eechts wird verlängert bis Ende des Jahres 1938.

Beilage 5:

Bundesratsbeschluss

~~

über

den Schutz der Rechte der Anleihensgläubiger von Körperschaften des öffentlichen Rechts.

(Vom 13. Januar 1939.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf Art. 46 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1938 über die Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushalts, beschliesst: Einziger Artikel.

Die Geltung des Bundesratsbeschlusses vom 24. November 1986 über den Schutz der Eechte der Anleihensgläubiger von Körperschaften des öffentlichen Eechts wird verlängert bis Ende des Jahres 1941.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die zur Erhaltung des Landeskredits getroffenen Notmassnahmen. (Vom 14. März 1939.)

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Jahr

1939

Année Anno Band

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11

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3873

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15.03.1939

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