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Bundesblatt

9l. Jahrgang.

Bern, den 20. Dezember 1989.

Band II.

Erscheint wöchentlich

Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 60 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stumpft & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zur Revision des Bürgschaftsrechts.

(Vom 20. Dezember 1939.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns hiermit, Ihnen einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Eevision des Bürgschaftsrechts mit nachstehender Botschaft zu unterbreiten.

Am 8. Dezember 1932'stellten Nationalrat Schirmer und Mitunterzeichner folgendes Postulat, das vom Nationalrat am 27. September 1934 angenommen wurde : «Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen, ob nicht der Abschnitt Bürgschaftswesen, Art. 492 bis Art. 512 des OE, im Sinne eines bessern Schutzes der Bürgen zu revidieren sei, wobei im besondern zu berücksichtigen wäre, dass 1. sich der Gläubiger vor Annahme einer Bürgschaft über die Vermögenslage des Bürgen und dessen bereits bestehende Bürgschaftsverpflichtungen zu erkündigen und vom Bürgen eine schriftliche Erklärung über den Stand seines Vermögens und seine bereits bestehenden anderweitigen Bürgschaftsverpflichtungen einzufordern hat; 2. eine Bürgschaftsverpflichtung nur geltend gemacht werden kann, wenn seitens des Gläubigers diese schriftliche Erklärung des Bürgen beigebracht werden kann; 3. der Gläubiger den Schuldner zu den im Schuldvertrag enthaltenen Verpflichtungen anzuhalten und dem Bürgen einen Verzug des Schuldners bezüglich Zins- und Amortisationspflicht sofort mitzuteilen hat; 4. die Bürgschaftsverpflichtung nur geltend gemacht werden kann, wenn der Gläubiger nachweist, dass er den Bürgen auf den Verzug des Schuldners sofort aufmerksam gemacht hat; 5. der Gläubiger die dem Bürgen im Gesetz zugebilligten Rechte und Vorteile nicht durch den Bürgschaftsvertrag wegbedingen oder ihm weitergehende Verpflichtungen auferlegen kann.» Bundesblatt. 91. Jahrg. Bd. II.

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842 Fast genau ein Jahr später, am 6. Dezember 1938, folgte das Postulat Schmutz, das der Nationalrat am 22. März 1934 annahm, mit folgendem Wortlaut : «Der Bundesrat wird ersucht, die Frage zu prüfen und darüber baldmöglichst Bericht und Antrag einzubringen: 1. Ob nicht der Titel 20 des schweizerischen Obligationenrechts über das Bürgschaftswesen, im Interesse der Erhaltung gesunder Grundlagen auch für diesen Teil unseres Kreditsystems, dahin zu ergänzen sei, dass vorab die Einführung eines Bürgschaftsregisters verfügt wird.

2. Ob es nicht angezeigt sei, Einschränkungen anzustreben m bezug auf das Eingehen von Bürgschaftsverpflichtungen durch Einzelpersonen.» Ein weiteres Postulat wurde am131. August 1934 von der Kommission des Nationalrates zur Beratung der Präge der Erweiterung der rechtlichen Schutzmassnahmen für notleidende Bauern gestellt und am 26. September 1934 mit nachstehendem Text vom Nationalrat angenommen: «Der Bundesrat wird ersucht, die Eevision der Bürgschaftsbestimmungen des Obligationenrechts beförderlich an die Hand zu nehmen und insbesondere die Frage zu prüfen, in welcher Weise dem Missbrauch der Bürgschaftsverpflichtungen und des Bürgschaftskredites gesteuert werden kann. » Bald darauf, am 17.- Oktober 1934, reichte die Kommission des Ständerates zur Beratung des Bankengesetzentwurfs ein Postulat ein, das vom Ständerat am 6. November 1934 angenommen wurde und folgenden Wortlaut hatte : «Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht die Übernahme übertriebener Bürgschaftsverpflichtungen durch einzelne Personen durch Einführung eines den Banken, eventuell der Öffentlichkeit zugänglich zu machenden Bürgschaftsregisters eingeschränkt werden könnte.» Noch gleichen Tages brachte die Kommission des Nationalrates zur Beratung des Bankengesetzentwurfs eine Motion ein, die tags darauf, am 7. November 1934, vom Nationalrat mit dem nachstehenden Text erheblich erklärt wurde : «Der Bundesrat wird eingeladen, der Bundesversammlung innert Jahresfrist einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Mißstände im Bürgschaftswesen vorzulegen.» Auf Grund dieser Anregungen beauftragte das zuständige Justiz- und Polizeidepartement seine Justizabteilung mit der Ausarbeitung eines Entwurfes. Diese legte zu Beginn des Jahres 1937 den ersten Vorentwurf vor, der als
Hauptneuerung das Erfordernis der öffentlichen Beurkundung in beschränktem Umfange und eine Eeihe weiterer Massnahmen zum Schütze des Bürgen enthielt. Da es aber an statistischen Angaben fehlte, die ein zuverlässiges Bild über den Umfang und die Ursache der Bürgschaftsnöte gestattet hätten, wurde dieser Vorentwurf im Juni 1937 mit einem einlässlichen Bericht der Öffentlichkeit mit der Bitte um Anregungen und Vorschläge unterbreitet.

Dieser Appell begegnete erfreulicherweise einem lebhaften Interesse. Eine grosse Menge von Eingaben aus allen beteiligten Kreisen, insbesondere von

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Verbänden des Gewerbes, der Landwirtschaft, der Haus- und Grundeigentümer, von Bürgschaftsgenossenschaften, juristischen Fakultäten, von juristischen und gemeinnützigen Vereinigungen, von Frauenvereinen und von Einzelpersonen liefen bei der Justizabteilung ein. Eine Sichtung dieses wertvollen Materials zeigte, dass der Vorentwurf ungefähr die Mitte einhielt zwischen den Wünschen der Gläubiger, namentlich der Banken, einerseits und denjenigen des Gewerbes, der Landwirtschaft und des Handels anderseits.

Während die erste Gruppe die gemachten Vorschläge als zu weitgehend ablehnte und die Notwendigkeit einer Eevision vorwiegend verneinte, wurde von der andern Gruppe ein erheblich weitergehender Schutz des Bürgen, teils sogar die Einführung eines Bürgschaftsregisters verlangt.

Unter Verwendung dieses Materials arbeitete die Justizabteilung hierauf den zweiten Vorentwurf aus, der am Erfordernis der öffentlichen Beurkundung festhielt und auch im übrigen mit dem ersten Vorentwurf in den Hauptpunkten übereinstimmte. Der zweite Vorentwurf wurde am 24. und 25. April 1939 von einer Expertenkommission durchberaten, in welcher Herr Bundesrat Baumann und Herr Dr. Kühn, Chef der Justizabteilung, abwechselnd den Vorsitz führten. In dieser Kommission wirkten mit: 1. Aeby P., Dr en droit, professeur à l'Université, Conseiller national, Fribourg; 2. Brugger Dr., volkswirtschaftlicher Mitarbeiter des Schweizerischen Bauernverbandes, Brugg; 3. Carry Paul, Dr en droit, professeur à l'Université, Genève; 4. Guhl Theo, Prof. Dr., Bern; 5. Hadorn P., Dr., Generaldirektor der Schweizerischen Volksbank, Bern, Delegierter der Schweizerischen Bankiervereinigung; 6. Hedinger Paul, Dr., Direktor der Basler Kantonalbank, Basel, Delegierter des Verbandes Schweizerischer Kantonalbanken; 7. Henry Max, juge cantonal, Neuchâtel; 8. Heuberger J., Direktor, Leiter der Eevisionsabteilung des Verbandes Schweizerischer Darlehenskassen, St. Gallen; 9. Huber Johannes, Advokat, Nationalrat, St. Gallen; 10. Jaccard B., Dr., Chef de la centrale de l'Union suisse des coopératives de cautionnement des arts et métiers, Berne; 11. Iten Alphons, Dr., Staatsanwalt, Ständerat, Zug; 12. Karrer Hans, Dr., Eechtsanwalt, Zürich, Delegierter der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft ; 18. Mumenthaler Fritz, Begierungsstatthalter, Saanen; 14. Nägeli
Elisabeth, Dr., Leiterin der finanziellen Beratungsstelle der Bürgschaftsgenossenschaft Saffa, Zürich; 15. Pointet Pierre-Jean, avocat, secrétaire du Vorort de l'Union Suisse du Commerce et de l'Industrie, Zurich;

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16. Eossei H., ing. agr., Brugg, Delegierter der Bürgschaftsgenossenschaft für Landarbeiter und Kleinbauern; 17. Schirmer A., Nationalrat, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes, St. Gallen; 18. Stauffer W., Dr., Bundesrichter, Lausanne; 19. Wolf A., Dr., Leiter der Zentrale des Verbandes Schweizerischer Lokalbanken, Spar- und Leihkassen, Zürich; 20. Wyss Werner, Notar, Vizepräsident des Zentralverbandes Schweizerischer Haus- und Grundbesitzervereine, Biel; und als Vertreter des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements Dr. Kühn, Abteilungschef, und Prof. Dr. Beck, Adjunkt der eidgenössischen Justizabteilung.

Das Ergebnis dieser Beratungen war eine Einigung der Vertreter der gegensätzlichen Interessen in sozusagen allen wesentlichen Punkten auf einer mittleren Linie, zur Hauptsache in Übereinstimmung mit dem Vorentwurf, jedoch mit sehr wertvollen Korrekturen und Ergänzungen. Der vorliegende Entwurf entspricht im ganzen den Beschlüssen dieser Kommission. In wenigen Punkten, auf die noch zurückzukommen sein wird, weicht er von ihnen sachlich ab, in andern nur in bezug auf die Eedaktion.

In der folgenden Darstellung sollen nun, damit nicht die grossen Probleme dieser wichtigen Gesetzesrevision in der Menge der Detailfragen verschwinden, im ersten Teil die grundsätzlichen Fragen systematisch im Zusammenhang erörtert werden, während im zweiten Teil Fragen zweiter Ordnung in der Eeihenfolge ihrer gesetzlichen Eegelung und in Anlehnung an den Gesetzestext zur Behandlung gelangen.

Von den Publikationen, die sich speziell mit der Eevision des Bürgschaftsrechts befassen, sind zu nennen: Bundesrichter Dr. W. Stauffer: Die Eevision des Bürgschaftsrechts, Eeferat am Schweizerischen Juristentag in Interlaken, ZschE 1935: la ff.

Max Henry, Président du Tribunal du Val de Travers, La revision de la législation de cautionnement, rapport à la Société Suisse de Juristes, ZschE 1935: 145a ff.

Prof. E. Beck, Die Eevision des Bürgschaftsrechts, Separatabdruck der NZZ, Februar, März, April 1935.

Für die weitere Literatur ist auf den Anhang zu verweisen.

I. Grundsätzliche Fragen.

A. Allgemeines.

1. Die Notwendigkeit einer Revision.

In erster Linie muss die Frage der Notwendigkeit der Eevision abgeklärt werden. Genügen die bisherigen Vorschriften des OE, die seinerzeit als muster-

845 gültig angesehen wurden, heute wirklich nicht mehr, und kann gegebenenfalls durch eine Eevision geholfen werden?

Dass wir in der Schweiz seit mehreren Jahren in einer schweren Bürgschaftskrise stecken, ist leider eine feststehende Tatsache. Ihr Ausmass ist zwar statistisch nicht erfasst. Es steht aber ausser jedem Zweifel, dass ein ungewöhnlich grosser Prozentsatz der Bürgschaften notleidend geworden ist.

Dies zeigen nicht nur die angeführten Postulate und Motionen, sondern auch die zahlreichen auf eine Eevision abzielenden Begehren und Eingaben und namentlich die vielen Diskussionen in gewerblichen und bäuerlichen Vereinigungen. Die auffallende Zunahme der Bürgschaftsprozesse und der Konkurse und Nachlassverträge, die auf Bürgschaften zurückzuführen sind, sprechen vielleicht noch eine deutlichere Sprache. Bedenklich ist dabei namentlich die Tatsache, dass zahlreiche Existenzen unter der Last ihrer Bürgschaftsverpflichtungen wirtschaftlich zusammenbrechen.

Gegenüber diesen unbestreitbaren Tatsachen wird aber eingewendet, es handle sich um eine Krisenerscheinung, welcher nur mit Sanierungsmassnahmen begegnet werden könne, nicht mit einer Eevision des Bürgschaftsrechts. Nun ist es richtig, dass ein erheblicher Teil der Bürgennöte nichts anderes als die natürliche Folge der allgemeinen Wirtschaftskrise ist. Viele Bürgschaften, insbesondere solche zur zweiten Hypothek, wären ohne sie gar nicht akut geworden. Ebenso ist es zutreffend, dass diesen bereits notleidend gewordenen wie auch allen andern schon gültig verpflichteten Bürgen nicht mehr durch eine Eevision des Bürgschaftsrechts geholfen werden kann, sondern nur noch durch Sanierungsmassnahmen, die jedoch hier nicht zur Diskussion stehen *).

Auf der andern Seite darf aber nicht übersehen werden, dass die Fälle häufig sind, in denen ein einzelner sich weit über seine Leistungsfähigkeit hinaus mit Bürgschaften belastet hat, die auch in normalen Zeiten auf die Dauer nicht tragbar gewesen wären, belaufen sich doch die Bürgschaftsverpflichtungen oft auf das Mehrfache des gesamten Vermögens. Bei Anlass *) Anmerkung : Der Bund hat denn auch bei der Sanierung einzelner Wirtschaftszweige regelmässig Schutzmassnahmen zugunsten der notleidenden Bürgen aufgestellt, da es unbillig gewesen wäre, dem Bürgen nicht den gleichen Schutz wie dem Hauptschuldner
zu geben, wenn er gerade durch die für ihn übernommene Verpflichtung in die gleiche Notlage geraten ist wie dieser selbst. Vgl. Bundesbeschluss vom 21. Juni 1985 über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotelund Stickereiindustrie, Art. 22 f. (A. S. 51: 467 f., mit Verlängerung A. S. 54: 938f.), sowie die vorausgegangenen Erlasse vom 2. November 1915 (Art. 9), 27. Oktober 1917 (Art. 14), 18. September 1920 (Art. 23 f.), 30. September 1932 (Art. 22 f.) und 27. März 1934 (Art. 10).

Ferner sind zu vergleichen der Bundesbeschluss vom 28. September 1934 über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern, Art. 22 (A. S. 50: 1083, mit Verlängerung A. S. 54: 936), sowie der vorausgegangene Bundesbeschluss vom 13. April 1933, Art. 22, und Entwurf eines Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe (Art. 21, 33 und 58 f.) samt Botschaft vom 23. Juni 1936 (BB1. 1936, II, 209 ff.).

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von Konkursliquidationen und Sanierungen ist ferner festgestellt worden, dass in vielen Fällen der Gemeinschuldner mehrere Dutzend Bürgschaften laufend hatte, ohne dass er auch nur die Anzahl seiner Verpflichtungen annähernd hätte angeben können, geschweige denn den Gesamtbetrag seiner Haftung.

Besonders verhängnisvoll wirkt sich dabei die gegenseitige Bürgschaft (so genannte Bürgschaftsreiterei) aus, bei welcher A dem B Bürgschaft leistet und umgekehrt B dem A. Oft kommt es zu sogenannten Kettenbürgschaften, sodass mitunter ein grosser Teil der Einwohner eines Dorfes oder Bezirks durch Bürgschaftsverpflichtungen, Gegenverpflichtungen, Bück- und Weiterverpflichtungen zu einer Schicksalsgemeinschaft verbunden sind. Der Sturz eines einzigen grösseren Schuldners wirkt sich -dann häufig für eine ganze Gegend 'katastrophal aus, indem er nicht nur seine unmittelbaren Bürgen und ihre Bück- und Nachbürgen mitreisst, sondern auch die Bürgen dieser Bürgen, ihre Gläubiger usw.

Es ist ohne weiteres klar, dass es sich hier um Missbräuche des Bürgschaftswesens handelt, die, weil sie nicht nur seltene Ausnahmefälle sind, krankhafte Erscheinungen am Wirtschaftskörper darstellen, an denen der Gesetzgeber nicht achtlos vorbeigehen darf. Seine Aufgabe ist es, hier zum Eechten zu sehen, den künftigen Bürgen auf die Gefahren aufmerksam zu machen, in die zu begeben er sich anschickt, ihn vor seiner eigenen Unerfahrenheit, Leichtgläubigkeit und Gutherzigkeit, aber auch vor seinem eigenen Leichtsinn zu schützen. Die Verhinderung übermässiger Belastungen durch Bürgschaften liegt nicht nur im Interesse des Bürgen selbst, sondern auch des Gläubigers und einer gesunden Wirtschafts- und Kreditpolitik überhaupt. Wohl ist es richtig, dass die in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen ohnehin hemmend wirken, sodass man heute beim Unterzeichnen einer Bürgschaft vorsichtiger und zurückhaltender geworden ist. Dies trifft aber gerade bei jenen, die es am nötigsten hätten, bei den unverbesserlichen Optimisten, am wenigsten zu. Auch ist nicht zu übersehen, dass solche Erfahrungen rasch wieder vergessen sind, wenn die Konjunktur wieder anzieht, und dass die Söhne, um klug zu werden, die Erfahrungen ihrer Väter selber ausprobieren müssen.

Man darf sich auch nicht der trügerischen Hoffnung hingeben, es genüge, durch Aufklärungsarbeit
in der Schule und im Volk auf die Gefahren aufmerksam zu machen. Schon heute kennt jedes Kind den Spruch: «Bürgen tut würgen». Die Kenntnisse, die auf diesem Wege vermittelt werden können, reichen aber nicht aus, um den Bürgen davor zu schützen, dass er unter dem Einfluss der Überredungskünste eines in Schwierigkeiten geratenen Schuldners in einem unbedachten Moment seine Unterschrift unter eine gefährliche Bürgschaftsverpflichtung setzt in der Meinung, diesmal handle es sich wirklich nur um eine Formsache. Hier kann nur eine Bevision des Bürgschaftsrechtr helfen. Zuzugeben ist, dass unser Becht mit dem Gültigkeitserfordernis der Schriftlichkeit und der Angabe eines bestimmten Betrages heute schon weites geht als die Gesetzgebungen anderer Länder. Ebenso richtig ist aber, dass der Bürgschaftskredit in der Schweiz viel stärker verbreitet ist als anderswo. Das

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mag mit der Eigenart unserer sozialen, volkswirtschaftlichen und politischen Verhältnisse zusammenhängen, bedingt aber doch einen vermehrten Schutz des Bürgen. Das Bedürfnis nach einer Eevision des Bürgschaftsrechts wird denn auch ziemlich allgemein empfunden. Der Schweizerische Juristenverein hat sich in seiner Tagung vom 9. September 1935 in Interlaken auf Grund einlässlicher Beferate von Bundesrichter Stauffer und Gerichtspräsident Henry bestimmt für die Bevision ausgesprochen. Selbst auf Seiten der Gläubiger, die anfänglich zurückhaltend waren, ist heute die Erkenntnis durchgedrungen, dass sie kommen muss. Nach den in der Expertenkommission gemachten Erfahrungen kann wohl damit gerechnet werden, dass auch von dieser Seite zu einer Bevision in einem vernünftigen Eahmen Hand geboten wird. Allerdings darf auch hier nicht alles vom Gesetz erwartet werden. Vieles muss der Aufklärung und der Erziehung überlassen bleiben. Was aber der Gesetzgeber zur Verbesserung der Verhältnisse tun kann, darf er nicht unterlassen.

2. Der leitende Gedanke.

Die Bichtung, in welcher sich die Bevision zu bewegen hat, ist vorgezeichnet durch Erfahrungen der letzten Jahre : Der Bürge soll besser geschützt werden.

Dabei muss sich aber der Gesetzgeber der grossen Bedeutung bewusst bleiben, die der Bürgschaft im heutigen Wirtschaftsleben zukommt. Sonst läuft er Gefahr, unter dem Eindruck der üblen Erfahrungen den Schutz des Bürgen zu weit zu treiben und die Bürgbchaft so sehr mit Kautelen zu belasten, dass sie, zum Schaden der gesamten Wirtschaft, nicht mehr in der Lage ist, ihren Zweck zu erfüllen, sei es, weil kein Bürge mehr sich verpflichten will, oder weil sie dem Gläubiger nicht mehr die nötigen Garantien bietet. Die Rolle, welche die Bürgschaft im heutigen Kreditsystem als Kreditmittel spielt, ist in der Tat von so fundamentaler Bedeutung, dass sie aus diesem System nicht mehr wegzudenken ist, wie auch dieses selbst für das heutige Wirtschaftssystem lebenswichtig erscheint. Aus Statistiken einzelner Banken ergibt sich, dass mehr als ein Drittel aller ihrer Geschäfte verbürgt sind. Nach einer Berechnung des Verbandes schweizerischer Lokalbanken, Spar- und Leihkassen sind von den 4% Milliarden Franken betragenden Hypotheken, Vorschüssen und Konto-Korrent-Krediten, die Ende 1988 nur bei Lokalbanken und Sparkassen in
Rechnung standen, schätzungsweise ein Drittel, d.h. iy2 Milliarden, verbürgt. Nimmt man an, dass ohne Bürgschaft (d.h.

auf blosse Realsicherheiten hin) nur die Hälfte bewilligt worden wäre, so ergäbe sich ein Kreditausfall von % Milliarden bei Lokalbanken und wohl noch mehr bei Kantonalbanken, sodass ohne Bürgschaft das bankmässige Kreditvolumen um eineinhalb bis zwei Milliarden Pranken kleiner wäre. Es besteht kein Zweifel darüber, dass die Bürgschaft die Gründung zahlreicher selbständiger Existenzen ermöglicht, vielen Unternehmungen das Durchhalten in schwerer Zeit erlaubt, Verdienstmöglichkeiten geschaffen und unsere Volkswirtschaft allgemein bereichert hat. Diesem grossen Vorteil gegenüber kann die In-

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anspruchnahme der Bürgen, wenn diese sich nicht in übermässiger Weise verpflichtet haben, nicht entscheidend ins Gewicht fallen. In welchem Umfange die Bürgen durchschnittlich zur Zahlung herangezogen werden, kann mangels einer Statistik leider nicht zuverlässig festgestellt werden. Die Angaben der Banken schwanken zwischen 6,2 % und l % der verbürgten Beträge in normalen Zeiten. Wie sehr es dabei auf das Geschäftsgebaren des Gläubigers ankommt, insbesondere auf die Auswahl der Kreditnehmer, zeigt der Umstand, dass einzelne Kreditinstitute nach ihren Angaben während zwanzig und mehr Jahren keinen einzigen Bürgen belangen mussten. Dies dürfte auch beweisen, dass auf diesem Gebiete noch vieles zu erreichen ist und dass jedenfalls die Inanspruchnahme der Bürgen auf einen Bruchteil herabgedrückt werden kann, der zu den Vorteilen der Bürgschaft in einem vernünftigen Verhältnis steht.

Es kann somit keine Eede davon sein, das Institut der Bürgschaft zu beseitigen und das Bürgen zu verbieten, wie dies unter dem Eindruck krasser Missbräuche etwa verlangt worden ist. Die Bürgschaft gehört nicht nur zu den beliebtesten, sondern auch zu den ältesten Kreditmitteln. Fast so lange als es eine rechtliche Verpflichtung gibt, besteht auch die Möglichkeit, diese zu verbürgen, wenn auch Punktion und Bedeutung sich im Verlaufe der Jahrhunderte erheblich verändert haben. Von der Form der Geiselschaft, welche in Schillers «Bürgschaft» festgehalten ist, hat sie sich zu einer blossen Vermögenshaftung entwickelt. Und auch diese ist im Laufe der Zeit stark gemildert worden, wohl aus der Erwägung, dass es unbillig wäre, den Bürgen, der oft uninteressiert und meistens unentgeltlich das Eisiko eines andern auf sich nimmt, die Härte des Gesetzes unnötigerweise spüren zu lassen. In dieser Eichtung kann man ohne Gefahr noch einen Schritt weiter gehen. Nur dürfen dabei die Schranken nicht überschritten werden, die durch die Bedürfnisse des praktischen Lebens und das Interesse des gutgläubigen Verkehrs gesetzt sind. Vor allem ist an dem Grundsatz unbedingt festzuhalten, dass das einmal gegebene Wort gelten soll. Pacta sunt servanda. Denn selbst geringe Abweichungen würden den Kredit allzusehr erschüttern. Es kann sich also nur darum handeln, zwischen den sich widersprechenden Interessen einen billigen Ausgleich zu finden, d. h. es
ist dafür zu sorgen, dass dem Bürgen keine Leistungen auferlegt werden, die ihm gerechterweise nicht zugemutet werden können, dass aber andererseits die Bürgschaft doch ein wirksames und praktisch brauchbares Kreditinstrument bleibt.

Man wird deshalb darauf bedacht' sein müssen, das Nötige vorzukehren, damit der Bürge sich vor Eingehung der Verpflichtung klare Eechenschaft darüber gibt, wie schwer die Last ist, die er auf sich nimmt, und wie gross die Gefahr, in die er sich begibt. Namentlich müssen Leute von der Eingehung einer Bürgschaft ferngehalten werden, denen der nötige Überblick oder die Hemmungen fehlen, die sie vor einer leichtfertigen Verpflichtung zurückhalten mussten. Auch wird man dem Bürgen eine Eeihe von Erleichterungen zugestehen dürfen, welche die Wirksamkeit der Bürgschaft nicht tangieren

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und diese auch nicht zu schwerfällig machen. Es wird aher nicht möglich sein, eine ihrer Aufgabe genügende Bürgschaft zu schaffen, ohne dem Bürgen ein erhebliches Eisiko zu lassen. Man kann den Pelz nicht waschen, ohne ihn nass zu machen. Auch verletzt es die Billigkeit nicht, wenn dem Bürgen, der die Verpflichtung in vollem Bewusstsein ihrer Tragweite übernommen hat, das Einstehen für die Konsequenzen in vollem Umfange zugemutet wird.

Der Entwurf will demgemäss die Stellung des Bürgen verbessern, soweit es möglich ist, ohne den gesunden, volkswirtschaftlich erwünschten Bürgschaftskredit allzusehr zu hemmen. Dies kann geschehen durch Erschwerung der Eingehung der Bürgschaft, insbesondere durch Einführung weiterer Former fordernisse oder Einschränkung der Verbürgungsfähigkeit, ferner durch Erleichterung der Verpflichtungen aus einer gültigen Bürgschaft, durch Befreiung von einer gültigen Bürgschaft ohne Zahlung, wenn gewisse Voraussetzungen gegeben sind, und durch verstärkte Eegressrechte. Auch mehrere dieser Massnahmen können zugleich in Frage kommen. Ferner ist zu prüfen, ob nicht gewisse zum Schütze des Bürgen aufgestellte Vorschriften zwingenden Charakter erhalten sollen, damit sie nicht durch Abreden der Parteien, von denen der Bürge als der schwächere und schutzbedürftigere Teil angesehen wird, abgeändert oder gar ins Gegenteil verdreht werden können. Bei Gelegenheit der Revision werden endlich auch einige Lücken auszufüllen und Kontro: versen durch eine präzisere Fassung des Textes womöglich aus der Welt zu schaffen sein.

Ausser Zweifel steht wohl, dass für diese Neuerungen nur generelle Vorschriften des Bundesrechts in Frage kommen, sodass sowohl eine Beschränkung der Eegelung auf gewisse Bevölkerungsschichten (z. B. Gewerbe und Landwirtschaft) wie auch ein blosses Rahmengesetz, welches den Kantonen gewisse Befugnisse lassen würde, abzulehnen sind.

3. Die Systematik.

Obschon sich aus der bisherigen Systematik keine erheblichen Unzukömmlichkeiten ergeben haben, drängt sich eine Verbesserung doch auf. Im vorliegenden Entwurf ist zwar die Eeihenfolge der Artikel im wesentlichen dieselbe geblieben. Es sind nur die Bestimmungen über das Eückgriffsrecht und diejenigen über das Erlöschen der Bürgschaft ausgeschieden und an den Schluss gestellt worden. Ausserdem ist die Gruppierung ein wenig
verändert.

Die einleitenden Artikel werden zusammengefasst unter dem Marginale «Voraussetzungen». Die Bestimmungen, welche bisher in unklarer und ungenauer Weise unterschieden zwischen der Haftung des Bürgen und den Eechten des Bürgen (wobei unter letzteren auch reine Pflichten des Bürgen zu finden sind, wie z. B. die Anzeigepflicht, Art. 507, und die Pflicht zur Erhebung von Einreden, Art. 506), werden nunmehr zusammengefasst unter dem Marginale «Inhalt». Diese Bestimmungen werden dann aufgeteilt in zwei Gruppen. Die erste betrifft den besonderen Inhalt der einzelnen Bürgschaftsarten, die zweite

850 die Bestimmungen, welche für alle Bürgschaftsarten in gleicher Weise gelten.

Diese zerfallen ihrerseits in das «Verhältnis des Bürgen zum Gläubiger» und das «Verhältnis des Bürgen zum Hauptschuldner». Unter den letzteren Bestimmungen erhält auch das Eückgriffsrecht des Bürgen die ihm gebührende selbständigere Stellung.

Da die neue Eegelung viel einlässlicher ist als die geltende, anderseits aber nur die gleiche Anzahl Artikel zur Verfügung steht, mussten die einzelnen Artikel notwendigerweise umfangreicher werden.

B. Die Eingehung der Bürgschaft.

Die wichtigsten Keformvorschläge des Entwurfes beziehen sich auf die Eingehung der Bürgschaft, während an der Wirksamkeit der einmal gültig abgeschlossenen Bürgschaft viel weniger geändert wird.

1. Die Form der Bürgschaft.

a. Im allgemeinen. Das Erfordernis der Beobachtung einer bestimmten Form wird im Bürgschaftsrecht fast ausschliesslich zum Schütze des Bürgen aufgestellt. Die Bundesgesetzgebung hat hier stets eine führende Stellung eingenommen. In diesem Sinne hat bereits das Obligationenrecht vom Jahre 1881 die Schriftlichkeit der Bürgschaft ganz allgemein als Gültigkeitserfordernis aufgestellt, als andere Gesetzgebungen noch nicht so weit gingen. Auch heute noch lassen manche Rechte eine bloss mündliche Bürgschaft gelten, sei es allgemein oder für bestimmte Verhältnisse. So ist z. B. im französischen Eecht im bürgerlichen Verkehr die mündlich eingegangene Bürgschaft gültig, nur im Handelsverkehr ist die schriftliche Form vorgeschrieben, während in Deutschland umgekehrt die Schriftlichkeit im bürgerlichen Verkehr verlangt wird, dagegen nicht für Handelsgeschäfte. Das italienische, das holländische, das belgische und das ungarische Recht stehen noch ganz auf dem Boden der Formlosigkeit und behaften den Bürgen bei seiner bloss mündlichen Zusage. Neuere Gesetzesentwürfe aber, wie z. B. der ungarische und der tschechoslowakische, haben das Erfordernis der Schriftlichkeit aufgenommen, in England ist dieses durch die Praxis eingeführt worden.

Der schweizerische Gesetzgeber ist bei der Revision des OR im Jahre 1911 noch einen bedeutsamen Schritt weiter gegangen und hat in Art. 493 ausserdem die Angabe eines bestimmten Betrages der Haftung verlangt, um dem Bürgen unangenehme Überraschungen in bezug auf die Höhe seiner Verpflichtungen zu ersparen. Mit
dieser Vorschrift, die sich in der Praxis ausgezeichnet bewährt hat, andernorts aber unseres Wissens nicht bekannt ist, haben wir hinsichtlich des Bürgenschutzes vor andern Rechten einen erheblichen Vorsprung. Trotzdem wird es aus den bereits angeführten Gründen nötig sein, in dieser Richtung noch weiter zu gehen. Hierüber dürfte man in weiten Kreisen der Bevölkerung einig sein. Fraglich bleibt aber, welche Form neu einzuführen wäre. In Betracht

851 kommen die Einführung eines Bürgschaftsregisters oder das Erfordernis der Eigenschriftlichkeit oder der öffentlichen Beurkundung, eventuell in Verbindung mit der Angabe eines Maximalbetrages der Haftung.

b. Das Bürgschaftsregister. Noch vor wenigen Jahren war unter dem Eindruck der fortschreitenden Ausdehnung der Bürgschaftskrise die Auffassung ziemlich verbreitet, dass nur die Einführung des Bürgschaftsregisters eine wirksame Hilfe bringen könne. Aus dieser Stimmung heraus wurde das Eegister im Postulat Schmutz und hierauf im Postulat der ständerätlichen Kommission verlangt. Auch der schweizerische Bauernverband, die Ligue pour le Peuple et la Patrie und die bäuerlichen Notgemeinschaften des Berner Oberlandes setzten sich für das Eegister ein, das überdies in der Literatur von verschiedener Seite empfohlen wurde, während sich von der Gläubigerseite von Anfang an eine starke Opposition dagegen geltend machte. Inzwischen hat sich nun aus der Diskussion ergeben, dash die Durchführung der Begistrierungspflicht doch grössere Schwierigkeiten bereiten würde als man auf den ersten Blick glauben könnte. Das Eegister ist daher zu einem grossen Teil von den anfänglichen Befürwortern selbst preisgegeben worden. Aus diesem Grunde brauchen wir hier nicht auf Einzelheiten einzutreten. In grundsätzlicher Beziehung ist aber auf folgendes hinzuweisen.

Das Bürgschaftsregister ist als ein öffentliches, am Wohnsitz des Bürgen geführtes Eegister zu denken, in das alle Bürgschaften, soweit nicht Ausnahmen vorgesehen werden, mit allen wesentlichen Angaben eingetragen werdenmüssten, um gültig zu sein. Es müsste den Interessenten zur Einsicht offen stehen, namentlich aber denjenigen, für deren Forderung oder Schuld die betreffende Person eine neue Bürgschaft unterschreiben soll, damit sie sich zuverlässig orientieren könnten, wieweit der Betreffende durch Bürgschaften bereits belastet ist.

Ein solches Eegister würde, seine Zuverlässigkeit vorausgesetzt, bei der Bekämpfung unüberlegter Bürgschaften sicher die besten Dienste leisten.

Der Bürge könnte sich die Sache noch einmal überlegen, vielleicht einmal darüber schlafen, und auf dem Eegisteramt bekommt die am Biertisch ohne viele Hemmungen unterzeichnete Bürgschaft oft ein anderes Gesicht. Der Schuldner hätte nicht mehr so leichtes Spiel mit dem Bürgen, und damit
wäre schon viel erreicht.

Noch wichtiger wäre aber die Publizitätswirkung. Einmal würden dadurch dem Gläubiger (z. B. der Bank) Überraschungen bezüglich der bereits be stehenden Bürgschaftsverpflichtungen erspart werden. Eegelmässig würde, ein mit Bürgschaften schon schwer Belasteter vom Kreditgeber als Bürge gar nicht angenommen. Damit könnte ferner die häufig vorkommende Bürgschaftsreiterei lahmgelegt werden, die auch vom Standpunkt des Gläubigers unerwünscht ist, weil sie ihm oft nur eine fiktive Sicherheit gibt. Denn, wenn z. B. zwei Hauptschuldner bei einer Bank je Er. 10,000 aufnehmen und jeder dem andern Bürge ist, so haften für diese Fr. 20,000 doch nur die Vermögen

852 der beiden Hauptschuldner, wie dies auch ohne Bürgschaft der Fall wäre, obschon mit einem andern Aufteilung der Haftung. Ausserdem hätte das Register den grossen Vorteil, dass es den 'Bürgen selbst über die Höhe seiner Bürgschaftsverpflichtungen orientieren würde. Es dürfte daher nicht mehr vorkommen, wie dies heute nicht selten ist, dass der Betreffende selbst nicht weiss, für wie viele Bürgschaften und für welche Beträge er haftet. Namentlich aber wäre die Kontrolle seiner Familie ein starker Schutz gegen übermässige Bürgschaftsbelastungen, insbesondere durch Gefälligkeitsbürgschaften. Endlich würde auch die Tatsache, dass seine Gläubiger von seinen Verpflichtungen Kenntnis erhalten, so dass sein Kredit darunter leiden könnte, manchen Bürgen zur Vorsicht veranlassen. Auf diese Weise wäre es wohl am besten möglich, diejenigen zu schützen, welche dieses Schutzes am meisten bedürfen, die hilfsbereiten. Leute, die Leichtgläubigen, die Optimisten und die Leichtsinnigen.

Zur Gesundung des Bürgschaftswesens würde dies sehr viel beitragen.

Diesen grossen Vorteilen stehen aber leider Nachteile gegenüber, die noch beträchtlicher sind. Einer der grössten ist wohl der, dass das Begister in seinen Hemmungswirkungen weit über das Ziel hinausschiessen und auch einen grossen Teil derjenigen Bürgschaften verunmöglichen würde, die sich moralisch durchaus rechtfertigen und sozial und volkswirtschaftlich erwünscht sind.

Die mit dem Eegistereintrag verbundenen Umständlichkeiten und Kosten würden dabei nicht einmal so sehr ins Gewicht fallen. Auch die Tatsache, dass die Bank manchen nicht mehr als Bürgen annehmen würde, wäre dabei nicht zu bedauern, weil dadurch nur ungesunde Bürgschaften verhindert würden. Ähnliches ist zu sagen von den Bürgschaften, die deswegen nicht mehr zustande kämen, weil sie der Familie unerwünscht sind. Verhängnisvoll würde sich aber die grosse Abneigung des Bürgen gegen die unvermeidliche Publizität auswirken. Ist es heute schon schwer, einen seriösen Bürgen zu finden, so würde dies nach Einführung des Bürgschaftsregisters noch bedeutend schwerer sein, weil gerade die seriösen Bürgen, die zu ihrem Kredit Sorge tragen, nicht im Register erscheinen wollen. Diese Abneigung ist schon deswegen verständlich, weil Eegistereintragungen die Kreditfähigkeit auch da beeinträchtigen können,
wo zu Zweifeln keine Veranlassung besteht. Sodann ist nicht nur dem Hauptschuldner, sondern auch dem Bürgen der Gedanke peinlich, dass Unberufene (wozu man in erster Linie die Steuerbehörde und die weitere Verwandtschaft und Geschäftsfreunde rechnet) von diesen Geschäften Kenntnis erhalten könnten. Auf Seiten der Banken befürchtet man ferner, dass die Einführung des Registers zu massenhaften Kündigungen von Bürgschaften führen würde, was auch entsprechende Kreditkündigungen zur Folge hätte. Auf alle Fälle würde die Publizitätsfurcht eine erhebliche Einschränkung des Bürgschaftskredites bewirken, wenn auch nicht zu erwarten ist, wie dies von einer Bank behauptet wurde, dass von Banken überhaupt keine Bürgschaftsgeschäfte mehr getätigt würden.

Grosse Befürchtungen bestehen auch wegen der Gefährdung des Bankgeheimnisses, die mit dieser Publizität notwendig verbunden wäre. Die Re-

853 gistereintragungen müssten' nämlich, um wirksam zu sein, alle diejenigen Angaben enthalten, welche eine Identifizierung der Forderung ermöglichen, und diesen Eintragungen müsste eine gewisse Publizität gegeben werden, da sich eine allzu starke Einschränkung der Einsichtnahme mit den Zwecken des Eegisters nicht vertragen würde. Damit aber wären gewisse Transaktionen dem Bankgeheimnis entzogen, was gerade in Zeiten einer hochentwickelten Wirtschaftsschnüffelei gefährlich wäre. Namentlich aus diesem Grunde sind die Banken in ihrer grossen Mehrheit Gegner des Eegisters. Auch wenn man diese Gefahr nicht so hoch einschätzt, wird man diesen Paktor bei der Beurteilung des Eegisters doch nicht ausser acht lassen dürfen.

Fast noch bedenklicher als diese Mängel ist die Unzuverlässigkeit des Eegisters, die sich hauptsächlich aus der Tatsache ergibt, dass der Begistereintrag leicht umgangen und durch andere Kreditmittel ersetzt werden kann, die keiner Publizität unterliegen und für den Bürgen oft noch gefährlicher sind. Von den vielen Möglichkeiten sind hier zu nennen z. B. die Schuldmitübernahme, der Garantievertrag und die Wechselunterschrift. Diese letztere ist vielleicht die gefährlichste, obwohl sie schon durch ihre Form zur Vorsicht mahnt. Denn es ist nicht zu vergessen, dass auch die Unterzeichnung eines Wechsels heute lange nicht mehr den gleichen Hemmungen begegnet wie noch vor relativ kurzer Zeit. Obschon alle die genannten Verpflichtungen weiter gehen als selbst eine Solidarbürgschaft, wird man oft doch eher bereit sein, eine solche anonym bleibende Bindung einzugehen als sich im Bürgschaftsregister eintragen zu lassen. Damit würden aber die wohltätigen Wirkungen deä Eegisters, wenigstens für die Gläubiger, beinahe ins Gegenteil verkehrt.

Denn man würde sich darauf verlassen, dass das Bürgschaftsregister alle wichtigen Verpflichtungen zugunsten Dritter angebe, während vielleicht gerade die wichtigsten eine andere und gefährlichere Form angenommen haben. Dazu kommen weitere Schwierigkeiten bei der Wohnsitzverlegung des Bürgen.

Zweifellos müsste man die Übertragung aller bestehenden Bürgschaften ins Eegister des neuen Wohnsitzes vorsehen, und zwar bei Verwirkung innert bestimmter Frist. Dies könnte von Amtes wegen geschehen oder auf Verlangen eines Beteiligten. Wie aber, wenn die Wohnsitzverlegung
weder dem Amt noch dem Gläubiger oder Schuldner in nützlicher Frist bekannt wird? Würde man solche Bürgschaften als gültig betrachten, obwohl sie am neuen Wohnsitz nicht eingetragen waren, so würde man damit die Zuverlässigkeit des Eegisters preisgeben. Andererseits könnte man sie aber nicht als ungültig behandeln, ohne den Bürgschaftskredit bedeutend zu schädigen. Endlich ist noch zu erwähnen, dass das Bürgschaftsregister wieder einen Beamtenapparat nötig machen würde, und dass mit Eegistern nicht immer gute Erfahrungen gemacht worden sind.

Die Mittel, welche zur Vermeidung dieser Gefahren vorgeschlagen worden sind, erweisen sich bei näherer Betrachtung als unbrauchbar oder nicht genügend wirksam. Dies gilt namentlich von dem Vorschlag, auch jene Eechtsgeschäfte, welche zur Umgehung des Eegiätereintrages benutzt werden können, der

854 Begisterpflicht zu unterstellen. Durchführbar wäre das vielleicht für den Garantievertrag, jedoch kaum für die Schuldmitübernahme und auf keinen Fall für die Wechselverpflichtung. Auch die Ungültigerklärung der Umgehungsgeschäfte wäre kein brauchbarer Ausweg, weil dadurch die Institute, die zur Umgehung des Eegistereintrages dienen können, gefährdet würden, so namentlich die Wechselunterschrift. Ebensowenig werden Strafandrohungen hier in Frage kommen.

Sodann ist zur Beseitigung der Publizitätsscheu und der Gefährdung des Bankgeheimnisses eine Beschränkung der Öffentlichkeit des Eegisters vorgeschlagen worden. Hier ist aber, wie gesagt, zu bedenken, dass jede Erschwerung der Einsichtnahme zugleich auch eine Einschränkung der Wirksamkeit des Eegisters bedeutet. Schon der strikte Nachweis eines Interesses könnte kaum verlangt werden. Der weitere Vorschlag aber, die Einsicht ins Eegister nur mit Einwilligung des Bürgen zu gestatten, bereitet praktisch besonders deswegen Schwierigkeiten, weil meistens mehrere Bürgen an einer Bürgschaft beteiligt sind. Für solche Fälle müsste entweder die Zustimmung aller verlangt werden, was die Publizität zu stark einschränken würde, oder man müsste jedem Mitbürgen das Eecht geben, die Einsichtnahme in das Eegister gegen den Willen der andern Mitbürgen zu gestatten. Damit wäre aber die Gewähr dafür, dass der Name eines Bürgen nicht ohne seine Zustimmung bekanntgegeben wird, preisgegeben. Ausserdem erscheint es fraglich, ob selbst eine weitgehende Einschränkung der Publizität die gewünschten Wirkungen hätte.

Die Nachteile des Bürgschaftsregisters können somit nicht eliminiert werden.

Auch wenn man die Eegisterpflicht beschränken wollte auf grössere Beträge und auf die nicht im Handelsregister eingetragenen oder auf die natürlichen Personen, wie dies vorgeschlagen worden ist, wären die Nachteile doch so gross, dass wir die Einführung des Eegisters als ein gewagtes Experiment betrachten würden. Wie wir bereits erwähnten, halten denn auch die ursprünglichen Befürworter am Eegister nicht mehr fest. In der Expertenkommission ist der Antrag auf Einführung des Eegisters nicht gestellt worden, in der Meinung, dass dafür die öffentliche Beurkundung eingeführt werde. Wir empfehlen deshalb, alle auf die Einführung eines Bürgschaftsregisters gerichteten Vorschläge
abzulehnen. Ebenso lehnen wir eine Zwischenlösung ab, wonach die Notare die von ihnen verurkundeten Bürgschaften einem kantonalen Informationsregister melden sollen.

Um aber über das Bürgschaftsregister ein anschaulicheres Bild zu erhalten, haben wir in zwei Artikeln eine Eegelung entworfen, die folgenden Wortlaut hat : « III. Form.

1. Im allgemeinen.

Art. 494.

855 Art. 494 a. , Bürgschaften und Bürgschaftsversprechen natürlicher Per- <*· ^Stsresonen, welche den Betrag von zweitausend Franken übersteigen, gister.

bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Eintragung in das Bürgschafts- ' tragungsregister am Wohnsitz des Bürgen.

Eun^cht""1 Ist die Verbürgung einer diesen Betrag übersteigenden Summe nähme.

zwecks Umgehung der Eintragungspflicht in zwei oder mehrere diesen Betrag nicht erreichende Bürgschaften zerlegt worden, so werden die Bürgschaften erst mit der Eegistereintragung gültig.

Entsprechendes gilt auch für das Bürgschaftsversprechen.

Die Eintragung ins Eegister darf- nur auf Grund einer Anmeldung des Bürgen selbst oder eines schriftlich bevollmächtigten Vertreters erfolgen.

Wechselt der Bürge nachträglich seinen Wohnsitz, so sind alle am bisherigen Wohnsitz eingetragenen Bürgschaften im Eegister des neuen Wohnsitzes einzutragen. Sie fallen dahin, wenn sie nicht spätestens binnen drei Monaten nach Begründung des neuen Wohnsitzes im Eegister desselben eingetragen sind.

Die Übertragung hat auf Antrag eines an der Bürgschaft Beteiligten zu erfolgen. Sie kann auch von Amtes wegen vorgenommen werden.

Die vor Inkrafttreten dieser Vorschriften bestehenden Bürgschaften fallen dahin, wenn sie nicht spätestens nach zwei Jahren zuständigenorts im Eegister eingetragen sind. Für diese Eintragung genügt die Anmeldung durch einen Beteiligten unter Vorlegung der Bürgschaftsurkunde.

Die Einsichtnahme in das Eegister darf nur gestattet werden, wenn ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft gemacht wird. Zur Einsichtnahme sind ohne weiteres berechtigt der Ehegatte, die Ehegattin, die Eltern und die volljährigen Kinder des Bürgen.

Art. 494 b.

Für jeden Bürgen ist ein besonderes Blatt zu führen, auf dem b- ^j^ich" alle seine Bürgschaften aufgeführt werden.

Das Bürgschaftsregister hat folgende Angaben zu enthalten: Bürge, Gläubiger, Hauptschuldner, Bürgschaftsbetrag, Bürgschaftsart, Dauer oder Kündbarkeit der Bürgschaft, Höhe und Art der Hauptschuld und deren Fälligkeit oder Kündbarkeit und Verzinslichkeit, allfällige Mitbürgen sowie Art und Umfang ihrer Haftung, mithaftende Pfandrechte mit -Angabe ihres Pfandranges und Haftungsranges im Verhältnis zur Bürgschaft.

856 Das kantonale Recht bezeichnet die Behörden, welche das Register zu führen haben. Der Bundesrat erlässt die nötigen Ausführungsvorschriften.

Dem Register des neuen Wohnsitzes des Bürgen sind auf Verlangen alle erforderlichen Angaben mitzuteilen.» c. Die Eigenschriftlichkeit. Lehnt man das Bürgschaftsregister ab, so kommt als weitere Formvorschrift die Eigenschriftlichkeit in Frage, wie sie das geltende Recht z. B. bei der eigenhändigen letztwilligen Verfügung kennt (ZGB Art. 505). Eine Bürgschaft könnte demnach in Zukunft nur in der Weise gültig vereinbart werden, dass der Bürge sie von Anfang bis zu Ende von Hand niederschreiben und mit seiner Unterschrift versehen würde.

Diese Form würde jedenfalls Gewähr dafür bieten, dass der Bürge nicht Verpflichtungen unterschreibt, die er nie gelesen hat, wie dies bei der Unterzeichnung der gedruckten Bürgschaftsformulare der Banken fast die Regel ist. Oft verzichtet er auf diese Weise auf eine Reihe von Rechten, die er sonst nicht so leicht preisgegeben hätte. In dieser Richtung würde die Eigenschriftlichkeit also wertvolle Dienste leisten. Dazu kommt noch eine gewisse Solennitätswirkung.

Trotzdem ist diese Form unseres Erachtens abzulehnen, und zwar hauptsächlich deswegen, weil sie in anderer Beziehung ihren Zweck nicht erreicht.

Sie hat nämlich den Mangel, dass sie nicht zwischen die mündliche Zusage zur Bürgschaftsleistung und die rechtliche Bindung eine Überlegungszeit einschiebt. Der Bürge könnte somit, ähnlich wie dies heute schon der Fall ist, sich gültig verpflichten, bevor er Gelegenheit hat, aus der persönlichen Einflußsphäre des Gläubigers nerauszukommen und sich die Sache unbeeinflusst zu überlegen. Die Eigenschriftlicnkeit würde also gerade im wichtigsten Punkte versagen. Ferner gibt sie keine Gewähr dafür, dass der Bürge die von ihm eigenhändig geschriebenen Klauseln auch verstanden hat, dies namentlich dann, wenn die ihm vorgelegte Formel nicht die Rechte nennt, auf die er verzichten soll, sondern nur die bezüglichen Artikelzahlen zitiert. Endlich ist zu beachten, dass die Erfüllung dieser Form doch nicht immer so einfach ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Schon die Tatsache, dass des Schreibens ungewohnte Leute oft sehr lange Formulare abschreiben müssen, bringt eine gewisse Schwerfälligkeit mit sich. Komplikationen
treten aber namentlich dann ein, wenn mehrere Bürgen oder gar eine grössere Anzahl die gleiche Bürgschaft eingehen wollen, jeder aber nur in der Voraussetzung, dass auch alle andern Mitbürgen gültig verpflichtet sind.

Diesen Schwierigkeiten will ein von einer Bankenvereinigung gemachter Vorschlag begegnen, nach welchem nicht die ganze Bürgschaft der Eigenschriftlichkeit bedürfte, sondern nur die wichtigsten Punkte. Es würde also genügen, wenn der Bürge am Schluss des Bürgschaftsformulars eigenhändig beifügen würde: «Gut als Solidarbürge neben Herrn X für den Betrag von Fr. 10 000». Diese beschränkte Eigenschriftlichkeit wäre wohl einfacher,

857 vermöchte aber die Zwecke noch weniger zu erreichen als die allgemeine Form.

Das Postulat der Eigenschriftlichkeit als allgemeine Form hat denn auch wenig Anhänger und ist unseres Erachtens abzulehnen.

Wegen der ungenügenden Wirksamkeit kann auch nicht die Eede davon sein, die Eigenschriftlichkeit wahlweibe neben der öffentlichen Beurkundung zuzulassen. Über die Frage sodann, ob sie wenigstens für die kleinen Beträge einzuführen wäre, für die nicht öffentliche Beurkundung vorgeschrieben wird, soll an anderer Stelle die Eede sein (S. 858/859).

d. Die öffentliche Beurkundung. Als die wichtigste und wirksamste Neuerung schlagen wir Ihnen die Einführung der öffentlichen Beurkundung vor. Das ZGB verlangt sie als qualifizierte Form der Willenserklärung in einer Reihe von Rechtsgeschäften als Gültigkeitsvoraussetzung, weil die blosse Schriftlichkeit nicht genügend erscheint, um die Parteien zu schützen, da wegen der Wichtigkeit des Geschäftes oder wegen der Unübersichtlichkeit der Verhältnisse oder aus andern Gründen besondere Vorsicht geboten ist. So ist diese Form nötig für fast alle Arten von Liegenschaftsverträgen, für Eheverträge, Erbverträge, letztwillige Verfügungen (neben andern Formen), Anerkennung eines ausserehelichen Kindes, Adoption, Verpfründungsverträge und eine Reihe anderer wichtiger Rechtsgeschäfte und hat hier überall heilsam gewirkt. In ähnlicher Weise bedarf auch der Bürge einer Mahnung zur Vorsicht, weil die Art der Verpflichtung, die auf eine nur eventuelle künftige Leistung gerichtet ist, ihn leicht zu dem unberechtigten Optimismus verführt, dabs diese Eventualität überhaupt nicht eintreten werde, eine Auffassung, in der er vom Hauptschuldner meistens bestärkt und die ihm oft geradezu suggeriert wird.

Hier soll nun die öffentliche Beurkundung helfend eingreifen. Ihre wichtigste Funktion besteht darin, das>s der Bürge, ähnlich wie beim Bürgschaftsregister, zwischen seinem Entschluss und der öffentlichen Beurkundung Zeit und Gelegenheit erhält, sich die Sache in Ruhe und namentlich unbeeinflusst vom Hauptschuldner zu überlegen. Schon die Tatsache, dass die Familienangehörigen hier besser Gelegenheit haben, von der beabsichtigten Bürgschaft Kenntnis zu erhalten, bevor der Bürge gebunden ist, wird sich sehr vorteilhaft auswirken. Dadurch werden nicht nur die sogenannten
Wirtshausbürgschaften ausgeschaltet, sondern auch andere übereilte Bürgschaftsverpflichtungen. Auch wird die Mitwirkung eines Beamten auf den Bürgen ernüchternd wirken und den Hauptschuldner von allzu krassen Übertreibungen abhalten.

Überdies kann der geschäfts- und rechtsunkundige Bürge, wenn er es wünscht, sich von der Urkundsperson rechtzeitig Aufschluss geben lassen, insbesondere nach der rechtlichen Seite hin. Wegen dieser Vorzüge ist die öffentliche Beurkundung schon im ersten Vorentwurf aufgenommen und in allen andern Entwürfen beibehalten worden. Die Expertenkommission hat sich mit 15 gegen 2 Stimmen für die Einführung der öffentlichen Beurkundung ausgesprochen. Auch die früheren Anhänger des Registers haben für sie gestimmt.

Bundesblatt.

91. Jahrg.

Bd. II.

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858 Von Seiten der Banken wird sie jedoch vorwiegend als zu starke Hemmung und Erschwerung des Bürgschaftskredites abgelehnt, wenn auch die Widerstände heute nicht mehr so stark sind wie noch vor wenigen Jahren.

Man befürchtet, dass es in Zukunft schwer halten würde, Bürgen aufzutreiben.

Überdies sei die Beurkundung mit erheblichen Kosten verbunden, wodurch der Bürgschaftskredit, namentlich bei kleineren Beträgen, verteuert werde.

Ferner müsse man mancherorts, so z. B. im Kanton Wallis, stundenweit laufen, um zu einer Urkundsperson zu gelangen. Auch die Gefährdung des Bankgeheimnisses wird geltend gemacht. Andererseits dürfe man von der Wirksamkeit der öffentlichen Beurkundung nicht zu viel erwarten. Und endlich sei nicht zu übersehen, dass die Kreditsuchenden mehr und mehr auf den Weg des Wechselkredites gedrängt würden.

Diesen Gefahren will der Entwurf, soweit sie wirklich bestehen, mit folgenden Massnahmen entgegentreten. Um die Umgehung der Beurkundungspflicht zu verhindern, sollen die wichtigsten Umgehungsgeschäfte ebenfalls dieser Form unterstellt werden. Daher sieht Art. 494 vor, die öffentliche Beurkundung auch für den Garantievertrag, die Schuldmitübernahme, die Bürgschafts vollmach t und das Bürgschaftsversprechen zu verlangen. Die Wechselbürgschaft kann allerdings in diese Form aus naheliegenden Gründen nicht einbezogen werden. Es ist aber nicht zu übersehen, dass die Gefahr der Abdrängung auf die Form der Wechselbürgschaft hier wesentlich geringer ist als beim Bürgschaftsregister, mit welchem eine gewisse Publizität notwendig verbunden ist.

Im Sinne einer Erleichterung ist ferner in Aussicht genommen, die Beurkundungspflicht nur für Bürgschaften natürlicher Personen aufzustellen, sodass also juristische Personen und Handelsgesellschaften eine Bürgschaft auch ohne öffentliche Beurkundung gültig unterzeichnen können. Bei den Vertretern solcher Unternehmungsformen kann die nötige Geschäftskenntnis vorausgesetzt werden, sodass sie dieses Schutzes nicht bedürfen. In dieser Befreiung von der Beurkundungsform liegt andererseits eine Begünstigung der Bürgschaften dieser Kollektivitäten, insbesondere der Bürgschaftsgenossenschaften, welche für derartige Verpflichtungen besser ausgerüstet sind als die natürlichen Personen. Die Vorentwürfe waren in dieser Eichtung etwas weiter gegangen und
hatten alle im Handelsregister eingetragenen Personen von der Beurkundungspflicht ausgenommen. Nachdem aber in vielen Eingaben geltend gemacht worden war, dass auch ein grosser Teil der im Handelsregister eingetragenen natürlichen Personen des gleichen Schutzes bedürfe, wurde diese Formvorschrift auf alle natürlichen Personen ausgedehnt.

Aus ähnlichen Gründen sind die kleinen Bürgschaften von der Beurkundungspflicht ausgenommen, weil die Kosten und Umständlichkeiten sich hier stärker auswirken würden und die Gefahr andererseits nicht so gross ist.

Fraglich erscheint aber, wo die Grenze zu ziehen sei. Der erste Vorentwurf hatte sie auf Fr. 1000 angesetzt. Auf Grund der zahlreichen Vorschläge, die vorwiegend eine Erhöhung wünschten, wurde dann auf Fr. 2000 gegangen.

859

Die Expertenkommission hat mit 11 Stimmen daran festgehalten, während 9 sich für die Summe von Fr. 1000 ausgesprochen haben. Eine weitere Erhöhung des beurkundungsfreien Minimums dürfte kaum in Frage kommen, eher ein Zurückkommen auf den ursprünglich vorgeschlagenen Betrag von Fr. 1000, da die Bürgschaften in Beträgen zwischen Fr. 1000 und 2000 ziemlich verbreitet sind und für den kleinen Mann doch eine erhebliche Belastung bedeuten. Der Gefahr der Umgehung des Gesetzes durch Aufteilung einer grösseren Bürgschaftssumme in kleinere Beträge ist durch eine besondere Bestimmung begegnet worden. Um auch den kleinen Bürgschaften einen besondern Schutz zukommen zu lassen, wurde in der Expertenkommission beantragt, für diese die Eigenschriftlichkeit zu verlangen. Die Kommission hat dies abgelehnt und der Entwurf ist ihr gefolgt, um die Bürgschaftsfreiheit nicht mehr als nötig einzuschränken. In Frage käme höchstens eine beschränkte Eigenschriftlichkeit (vgl. S. 856/857).

Nicht aufgenommen haben wir ferner den Vorschlag, auch kurzfristige Bürgschaften beurkundungsfrei zu lassen, weil wir darin eine grosse Gefahr erblicken. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass, wer einmal als Bürge haftet, und sei es auch nur für noch so kurze Zeit, sich nur selten ohne Bezahlung oder einen Ersatz von ihr wird befreien können. Vor dem Dahinfallen der Bürgschaft wird der Gläubiger, da er sich eine gute Sicherheit nicht ohne weiteres wird entgehen lassen wollen, regelmässig den Bürgen belangen. Dieser hat dann höchstens die Wahl, zu bezahlen oder einen andern Bürgen oder eine andere Sicherheit zu stellen. Und wenn er dies nicht will oder nicht kann, so wird er froh sein, die Bürgschaft zu erneuern und so die kurzfristige in eine langfristige Verpflichtung zu verwandeln. Auf diese Weise könnte die Formvorschrift umgangen werden, zumal der Bürge sich am Anfang über diese fast zwangsläufige Entwicklung der Dinge oft nicht genügend Eechenschaft ablegt.

Einer der wichtigsten Einwände gegen die öffentliche Beurkundung betrifft die Kostenfrage. Eine Vergleichung der kantonalen Gebühren zeigt in der Tat, dass diese in einzelnen Kantonen recht hoch sind, können doch Beträge bis zu Fr. 1000 verlangt werden. Es ist klar, dass sich daraus eine Erschwerung des Bürgschaftskredites ergeben könnte, die nicht im Sinne des Bundesgesetzgebers
liegen kann. Andererseits sind wir der Auffassung, dass die Eegelung dieses Gebietes soweit immer möglich den Kantonen überlassen werden sollte. Im Entwurf ist nun eine Mittellösung in dem Sinne gewählt worden, dass der Bundesrat ermächtigt werden soll, die Ööhe der Gebühren für die öffentliche Beurkundung zu beschränken (Art. 494, letzter Absatz). Nur wenn also aus der kantonalen Eegelung Unzukömmlichkeiten entstehen sollten, sähe sich der Bundesrat veranlasst, die Gebühren nach oben zu begrenzen. Die Kompetenz des Bundes zum Erlass einer solchen Vorschrift ist nicht zu bezweifeln. Denn die Eegelung der Gebühren gehört in gleicher Weise wie etwa der Ehescheidungsgerichtsstand zum Zivilrecht im formellen Sinne, über welches der Bund gemäss Art. 64 B V zu legiferieren

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berechtigt ist. Es ist übrigens sehr wohl denkbar, dass von dieser Bestimmung gar nicht Gebrauch gemacht werden muss, weil schon die Möglichkeit eines Eingreifens genügt. Jedenfalls aber wäre eine solche Vorschrift für die Gläubiger eine wertvolle Garantie und dürfte es ihnen auch erleichtern, sich mit der neuen Form abzufinden.

Mit diesen Einschränkungen und Kautelen darf die öffentliche Beurkundung als durchaus tragbar und doch wirksam betrachtet werden. Wohl ist es richtig, dass eine solche Erschwerung der Form im allgemeinen nicht sehr populär ist, nicht nur wegen der damit verbundenen Kosten und Umständlichkeiten, sondern auch weil der Bürge oft nicht einmal der Urkundsperson von seiner Verpflichtung Kenntnis geben möchte. Allein diese Scheu ist hier immerhin erheblich geringer als beim Bürgschaftsregister, welches eine gewisse Publizität geradezu bezweckt, während die Urkundsperson durch ihren Eid zur Geheimhaltung verpflichtet ist. Ähnliches wäre auch bezüglich der angeblichen Gefährdung des Bankgeheimnisses zu sagen. Ausserdem sind es namentlich die sozial und volkswirtschaftlich unerwünschten Bürgschaften, welche den Notar scheuen. Die übrigen können durch das Erfordernis der öffentlichen Beurkundung kaum in nennenswertem Umfang verhindert werden.

Und schliesslich ist der zu erwartende Erfolg auch dieses Opfers wert. Wir empfehlen daher die Einführung der öffentlichen Beurkundung in bereits erwähntem Umfange.

e. Die Beglaubigung der Unterschrift. Aus Kreisen, denen die öffentliche Beurkundung zu weit geht, ist vorgeschlagen worden, der Entwurf sollte an ihrer Stelle lediglich eine Beglaubigung der Unterschrift des Bürgen verlangen, oder zum mindesten diese Form wahlweise neben der öffentlichen Beurkundung zur Verfügung stellen. Damit hätte man, ähnlich wie bei der öffentlichen Beurkundung die Mitwirkung einer Amtsperson, während anderseits der Aufwand an Kosten und Zeit geringer wäre.

Wir haben diese Lösung jedoch abgelehnt, weil die blosse Beglaubigung der Unterschrift, wie sie bei den Banken heute schon allgemein üblich ist, die öffentliche Beurkundung in ihren Wirkungen keineswegs zu ersetzen vermag.

Vor allem kann sie die Eingehung unüberlegter Bürgschaften nicht verhindern.

Denn die Beglaubigung der Unterschrift hat lediglich festzustellen, ob die Unterschrift echt ist oder
nicht. Nun wird aber kein ehrenhafter Mann die Echtheit seiner einmal gegebenen Unterschrift verleugnen, auch wenn er sich inzwischen hat überzeugen müssen, dass er die Unterschrift nicht hätte geben sollen. Gerade in der Tatsache, dass der Bürge, selbst wenn er schon unterzeichnet hat, bis zur öffentlichen Beurkundung durchaus frei bleibt, liegt die Hauptbedeutung dieser letztern. Die Beglaubigung der Unterschrift wäre daher unseres Erachtens ein durchaus ungenügender Ersatz der öffentlichen Beurkundung. Auch eine bloss wahlweise Zulassung dieser Form neben der öffentlichen Beurkundung kommt nicht in Frage, weil dann diese letztere praktisch überhaupt ausgeschaltet wäre.

861 /. Die Angabe eines maximalen Haftungsbetrages. Neben der öffentlichen Beurkundung verlangt der Entwurf, als wichtige Neuerung, die Angabe eines zahlenmässig bestimmten Betrages der Haftung (Art. 494, Abs. 1), und · zwar (wie sich aus Art. 499, Abs. 3 ergibt) im Sinne einer maximalen Haftungssumme, die in keinem Falle überschritten werden kann, weder durch auflaufende Zinsen, noch durch Betreibungs- und Gerichtskosten usw. Damit sollen dem Bürgen unangenehme Überraschungen bezüglich der Höhe seiner Schuld erspart werden. Heute kann es nämlich vorkommen -- und derartige Fälle sind nicht so selten --, dass ein Bürge, der z. B. für Fr. 20 000 unterschrieben hat, eines Tages für Fr. 40 000 belangt wird, weil die aufgelaufenen Zinsen und Kosten ebenso viel ausmachen wie das Kapital. Noch krassere Fälle kommen gelegentlich vor bei der Verbürgung einer pfandgesicherten Forderung. Hier entschliesst sich ein Bürge oft zur Verbürgung einer Summe, die über seine Leistungsfähigkeit hinausgeht, weil er sich sagt, dass dieses Kapital durch das Pfand genügend gedeckt sei, dabei aber nicht an die Möglichkeit denkt, dass Zinsen und Kosten allein mehr ausmachen können als er zu leisten vermag. In Zukunft soll nun der Bürge von Anfang an genau wissen, mit welcher Summe er im schlimmsten Falle zu rechnen hat. Das schliesst durchaus nicht aus, dass auch für Zinsen und Kosten die Haftung übernommen wird, nur muss die Haftungssumme hiefür entsprechend hoch angegeben werden. Für ein Darlehen von Fr. 20 000 z. B. wird die Bürgschaftssumme vielleicht auf Fr. 25 000 angesetzt werden müssen. Es mag allerdings zutreffen, dass der eine oder andere nicht unterschreibt, wenn er die Summe sieht, für die er in Wirklichkeit haften müsste. Das darf aber den Gesetzgeber nicht hindern, dafür zu sorgen, dass der Bürge von Anfang an die volle Wahrheit erfährt, damit er nicht in einer irrtümlichen Voraussetzung das Eisiko eines andern übernimmt. Besonders unentbehrlich wird die Angabe eines maximalen Haftungsbetrages dann, wenn eine obligatorische Amortisation der Bürgschaft eingeführt wird, wie der Entwurf es vorschlägt. Diese wäre ohne eine klare Eechnungsgrundlage nicht durchführbar.

Diese, Neuerung ist im allgemeinen, abgesehen von den Banken, sehr begrüsst worden. Die Expertenkommission hat ihr mit grosser Mehrheit zugestimmt.
2. Die Verbttrgungsfähigkeit.

Zur Vermeidung unbedachter Bürgschaften ist eine Einschränkung der Verbürgungsfähigkeit nach verschiedenen Sichtungen verlangt worden, und zwar meistens neben der öffentlichen Beurkundung.

a. So ist namentlich eine Beschränkung der Verbürgungsfähigkeit Jugendlicher nach Erreichung des Mündigkeitsalters vorgeschlagen worden, weil jugendlicher Wagemut und Optimismus leicht dazu führen, die Gefahren der Bürgschaft zu unterschätzen. Während heute die Fähigkeit zur Eingehung von Bürgschaften mit der Erlangung der Handlungsfähigkeit (d.h. nach

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Erfüllung des 20. Altersjahres) eintritt, sollen künftig nur Personen, die das 25. Altersjahr vollendet haben, sich durch Bürgschaften verpflichten können.

Von einer solchen Heraufsetzung des Alters für die Verbürgungsfähigkeit, die unseres Wissens andern Eechten nicht bekannt ist, darf man sich aber nicht viel versprechen, da die Ursache der Nöte nicht hier liegt. Eine Statistik würde wohl zeigen, dass der Prozentsatz der notleidenden Bürgschaften bei den von Jugendlichen abgeschlossenen Bürgschaften nicht grösser ist als bei andern. Ausserdem sind Bürgschaften solcher Personen schon deswegen selten, weil sie vom Gläubiger als Bürgen meistens gar nicht angenommen werden. Für die Fälle aber, wo der Jugendliche eines besonderen Schutzes bedarf, genügt die Bestimmung des Art. 395, Ziffer 9, ZGB, wonach ein Beirat bestellt werden kann, dessen Zustimmung auch für die Eingehung von Bürgschaftsverpflichtungen nötig ist. Darüber hinaus besteht ein spezielles Schutzbedürfnis höchstens, wenn mündige Jugendliche sich zugunsten ihrer Eltern verbürgen. Hier käme eine Bestimmung etwa folgenden Inhalts im Anschluss an Art. 493 in Frage : «Eine Bürgschaft, welche von Personen unter 25 Jahren zugunsten ihrer Eltern oder eines Elternteiles eingegangen wird, bedarf zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Vormundschaftsbehörde.» Wir halten aber eine solche Vorschrift für entbehrlich.

b. Inbezugauf bevormundete Personen bestimmt da*, Z GB in Art. 408, in Abweichung von den meisten kantonalen und verschiedenen andern Eechten : «Zu Lasten des Bevormundeten dürfen keine Bürgschaften eingegangen werden.» Eb gilt also ein striktes Verbot in dem Sinne, dass Bevormundete auch mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde nicht durch Bürgschaften verpflichtet werden können. Für eine Milderung dieser Bestimmung, wie sie vorgeschlagen worden ist, besteht wohl nient genügende Veranlassung. Dagegen sollte der gleiche Grundsatz auch für Kinder unter elterlicher Gewalt angewendet werden. Die herrschende Auffassung nimmt an, dass dies schon geltendes Eecht sei, da gemäss Art. 280, Abs. 2, ZGB die Bestimmungen über die Vertretung durch den Vormund auf die Vertretung durch die Eltern entsprechende Anwendung finden. Die Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung erscheint daher nicht unbedingt nötig.

c. Nach einem weitern Vorschlag sollen
K o n k u r s i t e n u n d Nachlassvertragsschuldner keine Bürgschaften abschliessen können, denn wer seine eigenen Schulden nicht bezahlen kann, soll sich auch nicht verpflichten können, die Schulden anderer zu bezahlen. Das geltende Eecht kennt bereits etwas ähnliches in sehr beschränktem Umfange, indem derjenige, dem Nachlaßstundung gewährt worden ist, während der Dauer der Stundung keine Bürgschaften eingehen darf (SchKG 298, Abs. 1). Weiter geht Art. 34, Abs. 3 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern. Hier wird dem sanierten Schuldner die Eingehung von Bürgschaften überhaupt untersagt, und zwar mit der

863 Folge der Nichtigkeit. Die Dauer wird von der Nachlassbehórde festgesetzt; das Verbot soll aber mindestens bis zum Ablauf der Kapitalstundung gelten, kann jedoch schon vorher als dahingefallen erklärt werden. Ein solches Verbot der Eingehung von Bürgschaften durch den sanierten Schuldner ist auch in Art. 68, Abs. 3 des Entwurfes zu einem bezüglichen Bundesgesetz vorgeschlagen. Dieser Gedanke soll nun nach einigen Vorschlägen im Bürgschaftsrecht in der Weise verallgemeinert werden, dass Konkursiten und Nachlassvertragsschuldner keine Bürgschaften eingehen können, solange sie ihre Gläubiger nicht voll befriedigt haben.

Praktisch würde jedoch eine derartige Bestimmung häufig dazu führen, dass solche Schuldner ihre Verbürgungsfähigkeit für immer eingebüsst haben.

Ob diese Konsequenz innerlich berechtigt wäre, braucht hier nicht geprüft zu werden. Gegen sie spricht jedenfalls die Eechtsunsicherheit, die entstehen könnte, wenn man sich nicht mit einem blossen Bürgschaftsverbot begnügt, sondern die trotzdem eingegangene Bürgschaft ungültig erklärt. Denn oft gelangen diese Leute wieder zu Vermögen und Ansehen. Sie sind dann durchaus kreditwürdig, und in den Informationen ist von ihren frühern Misserfolgen nicht mehr die Eede. Würde nun ein solcher Mann als Bürge angenommen, so könnte er sich, wenn er belangt wird, auf die Ungültigkeit seiner Bürgschaft berufen. Geschädigt wäre dann nicht er selbst, sondern der Gläubiger, der seine Bürgschaft gutgläubig entgegengenommen hat. Die Tatsache, dass einmal eine Publikation des Konkurses oder des Nachlassvertrages stattgefunden hat, vermag hier nicht zu helfen. Der Vergleich mit der Publikation der Entmündigung ist aber deswegen nicht berechtigt, weil sich die Wirkungen dieser letztern täglich kundgeben, sodass die Publikation nicht so leicht in Vergessenheit gerät wie hier. Wir glauben daher, diesen Vorschlag im Interesse des gutgläubigen Verkehrs ablehnen, zu müssen.

d. Eine der wirksamsten Massnahmen wäre wohl die Einführung des sogenannten B ü r g s c h a f t s v o g t s . Jede Bürgschaft würde nach diesem Vorschlag zu ihrer Gültigkeit der Bewilligung einer Behörde, etwa der Vormundschaftsbehörde, bedürfen. Diese müsste die Zustimmung verweigern, sobald durch die Bürgschaft eine nicht zu rechtfertigende. Überlastung des Bürgen entstehen würde. Die
Behörde hätte dabei die Möglichkeit, alle Verumständungen zu berücksichtigen und alles Für und Wider im einzelnen Fall gegeneinander abzuwägen, also den Besonderheiten des Falles gerecht zu werden.

Trotzdem kommt diese Neuerung keineswegs in Frage; nicht nur deswegen, weil sie es fast unmöglich machen würde, einen Bürgen aufzutreiben -- da die Behörde, um nicht verantwortlich zu werden, im Zweifel die Zustimmung verweigern würde --, sondern hauptsächlich, weil eine derartige Bevormundung als eines freien Mannes unwürdig empfunden würde.

e. Nach einem Vorschlag des Schweizerischen Bauernverbandes soll die Möglichkeit eines Verzichtes auf die V e r b ü r g u n g s f ä h i g k e i t eingeführt werden, sodass jedermann auf die Befugnis, Bürgschaft zu leisten,

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freiwillig verzichten könnte, sei es durch Vertrag oder durch Veranlassung eines gerichtlichen Entscheides. Auf diese Weise hofft man, die Gefälligkeitsbürgschaften eindämmen zu können.

Allein dieser Verzicht wäre doch nur mit zwei Einschränkungen durchführbar. Einmal könnte er nur für eine beschränkte Anzahl von Jahren gelten, da ein zeitlich unbeschränkter oder auf eine lange Frist ausgesprochener Verzicht ein zu grosser Eingriff in die Eechte der Persönlichkeit wäre. Und sodann könnte der Verzicht gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden, wenn man nicht eine Beeinträchtigung des Bürgschaftskredites überhaupt riskieren will. Gutgläubigen Dritten müsste also auch ein solcher Bürge wie jeder andere haften. Ausserdem würde sich die Frage erheben, ob die Wirksamkeit des Verzichts nicht dadurch beeinträchtigt würde, dass er widerrufen werden kann. Mit diesen Einschränkungen hat er aber fast nur noch die Bedeutung einer bequemen Ausrede, die praktisch nicht von grossem Nutzen wäre. Dazu kommen die Schwierigkeiten der rechtlichen Konstruktion. Wir lehnen deshalb diese Neuerung, wie auch den Vorschlag eines strafweisen Entzuges der Verbürgungsfähigkeit, ab.

Für den Fall, dass trotzdem eine bezügliche Bestimmung aufgenommen werden sollte, würden wir folgende Formulierung vorschlagen, die nach Art. 493 eingeschaltet werden müsste: «Durch öffentlich beurkundete Erklärung kann jedermann auf das Eecht, Bürgschaften einzugehen, für die Dauer von höchstens fünf Jahren verzichten. Trotzdem eingegangene Bürgschaften können vom Bürgschaftsgläubiger nicht geltend gemacht werden, wenn er bei der Entgegennahme der Bürgschaft nicht gutgläubig gewesen ist.» /. Als eine wirksame Einschränkung wäre hingegen das Erfordernis der Zustimmung des andern E h e g a t t e n zu betrachten. Nicht nur die Ehefrau bedürfte nach dieser Auffassung für die Eingehung einer Bürgschaft ganz allgemein der Zustimmung ihres Mannes, sondern auch umgekehrt könnte sich der Ehemann nur im Einverständnis mit seiner Frau verbürgen.

Dieser Gedanke., der schon bei der Eevision des OE vom Jahre 1911 geäussert worden war, ist im Mai 1938 durch die Motion Eubattel im Grossen Eat des Kantons Waadt in einer' etwas beschränkteren Form neuerdings in die Diskussion geworfen worden und wird nun namentlich von Frauenvereinigungen und von der
Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft vertreten. Beabsichtigt wird damit hauptsächlich eine Beschränkung der Verbürgungsfähigkeit des Ehemannes. Und zwar soll er nicht nur daran verhindert werden, das eingebrachte Gut der Frau durch Bürgschaften zu verpflichten, ohne dass sie etwas dazu zu sagen hat, sondern auch mit seinem eigenen Vermögen soll er sich nur mit Zustimmung der Frau verbürgen können. Damit hofft man namentlich Gefälligkeitsbürgschaften verhindern zu können. Wenn andererseits das Erfordernis der Zustimmung des Mannes für Bürgschaften der Frau noch weiter ausgedehnt werden soll, so geschieht dies nur, um den Mann ihr gegenüber nicht schlechter zu stellen.

865 Nun ist es richtig, dass Mann und Frau im geltenden ehelichen Güterrecht nicht völlig gleich behandelt werden. Dies gilt namentlich für die Güterverbindung, wo der Mann ohne Zustimmung der Frau durch Bürgschaft nicht nur sein eigenes Vermögen, sondern auch diejenigen Teile des Frauenvermögens, die in sein Eigentum übergegangen sind, haftbar machen kann, während die Frau das Vermögen deb Mannes, abgesehen von der Vertretung der Gemeinschaft, nicht engagieren kann und auch ihr eigenes nur im Rahmen des Sondergutes oder, darüber hinaus, beim selbständigen Betrieb eines Berufes oder Gewerbes (Art. 206 f. ZGB). Aber auch bei der Gütergemeinschaft kann der Mann sich persönlich und mit dem Gesamtgut durch Bürgschaft ohne Zustimmung der Frau verpflichten (ZGB 219, Ziffer 3), wogegen die Frau hiefür, mit Ausnahme der Verpflichtungen aus dem regelmässigen Betrieb ihres Berufes oder Gewerbes, der Einwilligung des Mannes, eventuell der Vormundschaftsbehörde bedarf (ZGB 220, Ziffern 2 und 3). Solche Unterschiede sind jedoch sachlich gerechtfertigt. Sie sind umsoweniger stossend als die Frau die Möglichkeit hat, sich zu schützen. Das Erfordernis der Zustimmung des andern Ehegatten wird indessen im Grunde weniger wegen der Gleichstellung beider Geschlechter verlangt als um zu bewirken, dass es dem Manne in Zukunft nicht mehr so leicht möglich sein soll, durch Eingehung von Bürgschaften die Stellung seiner Familie zu verschlechtern oder gar zu gefährden.

Soll nun unter diesem Gesichtspunkte für Bürgschaften des Mannes die Zustimmung der Frau verlangt werden? Dies hätte zweifellos die Wirkung, dass ein grosser Teil der unerwünschten Bürgschaften unterbleiben würde.

Insbesondere könnten dadurch Gefälligkeitsbürgschaften vermieden werden, die der Mann aus irgendwelchen Gründen nicht ablehnen zu dürfen glaubt.

Das Erfordernd der Zustimmung der Frau wäre ihm hier oft eine erwünschte Ausrede. An der hemmenden Wirkung dieser neuen Beschränkung wäre also nicht zu zweifeln. Es würde aber zu weit gehen, sie auch für Ehemänner einzuführen, die im Handelsregister eingetragen sind und sich daher durch Wechsel viel weitergehend verpflichten können. Für diese müsste deshalb eine Ausnahme gemacht werden. Man kann sich sogar fragen, ob man nicht noch weiter gehen und diese Regelung nur für die Güterstände der Güterverbindung
und Gütergemeinschaft in Auseicht nehmen sollte.

Mit der Beschränkung auf nicht im Handelsregister eingetragene Ehegatten wäre diese Neuerung sachlich angemessen und empfehlenswert. Wenn wir sie trotzdem im Entwurfe nicht aufgenommen haben, so geschah es deswegen, weil wir sie politisch nicht für tragbar halten. Die gleiche Auffassung herrschte auch in der Expertenkommission, welche die Sache an sich begrüsste, den Vorschlag aber aus taktischen Erwägungen mit, 11 gegen 8 Stimmen ablehnte. Dass der freie Schweizer nicht einmal mehr ein kleine Bürgschaft eingehen könnte ohne die Zustimmung seiner Frau, würde im Kampfe um das neue Recht sicher ein wirksames Schlagwort abgeben, das für die ganze Vor-

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läge verhängnisvoll werden könnte. Wir möchten deshalb das Schiff mit dieser gefährlichen Fracht nicht belasten. Andererseits dürfen auch die Nachteile des bisherigen Systems nicht überschätzt werden. Denn die Frau hat es, wie bereits erwähnt, schon heute in der Hand, sich davor zu schützen, dass der Mann durch Bürgschaften ihr Vermögen vermindert (z. B. durch Vereinbarung der Gütertrennung, Begehren um Sicherstellung oder der gerichtlichen Gütertrennung, Spezifizierung der eingebrachten vertretbaren Sachen usw.). Im übrigen dürfte aber das Erfordernis der öffentlichen Beurkundung weitgehend Hilfe bringen. Aus diesen Gründen möchten wir an der Ablehnung festhalten.

Eventuell schlagen wir folgende Bestimmung vor, die nach Art. 498 einzuschalten wäre: «Ein Ehegatte, der nicht im Handelsregister eingetragen ist, kann nur mit schriftlicher Zustimmung des andern Ehegatten eine gültige Bürgschaft eingehen. Das Erfordernis der Zustimmung der Vormundschaftsbehörde für Eechtsgeschäfte der Ehefrau bleibt vorbehalten.» 3. Andere Erfordernisse.

a. Die Erkundigungs- und Auskunftspflicht. Manche verfehlte Bürgschaft wäre unterblieben, wenn der Bürge über die finanziellen Verhältnisse des Hauptschuldners, oder wenn der Gläubiger über diejenigen des Bürgen orientiert gewesen wäre. Andererseits steht fest, dass heute schon sowohl der Bürge wie der Hauptschuldner berechtigt ist, Auskunft zu verlangen und sein weiteres Verhalten von der Erteilung der Auskunft abhängig zu machen. Die Schwierigkeit liegt aber darin, dass von dieser Befugnis vielfach nicht Gebrauch gemacht wiid, und dass die erhaltenen Auskünfte oft ungenau sind. Wenn nun hier mit einer Gesetzesvorschrift eingegriffen werden soll, so kann dies nur in Verbindung mit einer wirksamen Sanktion geschehen, und als solche kommt fast nur die Ungültigkeit der Bürgschaftsverpflichtung in Betracht, von welcher der Gläubiger den Nachteil hat. Es fragt sich deshalb nur, ob diesem die Verpflichtung überbunden werden kann, einerseits den Bürgen über die Lage des Hauptschuldners zu informieren und andererseits sich beim Bürgen über seine finanziellen Verhältnisse zu erkundigen.

Eine allgemeine Aufklärungspflicht des Gläubigers gegenüber dem Bürgen bei Eingehung der Bürgschaft besteht nach geltendem Eecht nicht. Er ist im allgemeinen nicht einmal verpflichtet, dem
Bürgen Umstände mitzuteilen, die diesen voraussichtlich von der Unterzeichnung der Bürgschaft abhalten würden. Andererseits darf er aber auch nicht in täuschender Absicht beim Bürgen eine irrtümliche Meinung hervorrufen, etwa in der Weise, dass bei einer Mitteilung über die Finanzlage des Hauptschuldners wesentliche Umstände weggelassen werden und den gemachten Mitteilungen der Anschein der Vollständigkeit gegeben wird .(vgl. BGE 59 ", 242 und 57 ", 279 ff.). Dagegen hat

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es der Bürge, wie bereits erwähnt, in der Hand, den Gläubiger zur Erteilung einer Auskunft zu veranlassen, indem er bis dahin seine Unterschrift verweigert. Durch eine bewusst unrichtige Auskunft würde sich der Gläubiger verantwortlich machen. Weiter zu gehen und den Gläubiger zu verpflichten, von sich aus den Bürgen, der dem Hauptschuldner meistens näher steht als der Gläubiger, über die Verhältnisse des Hauptschuldners zu orientieren, wird sich aber nicht empfehlen. Auch eine dem Art. 709 des italienisch-französischen Entwurfes entsprechende Bestimmung, wonach der Bürge frei wird, wenn der Gläubiger im Moment der Unterzeichnung der Bürgschaft wusste oder wissen musste, dass sich die finanzielle Lage des Hauptschuldners erheblich verschlechtert hatte, ist unseres Erachtens nicht nötig, da die gegenwärtige Praxis genügt. Die Expertenkommission hat sogar den Vorschlag, der Gläubiger habe dem Bürgen auf Verlangen über die bei ihm bereits bestehenden Verpflichtungen des Hauptschuldners Auskunft zu geben, mit grossem Mehr abgelehnt.

Hingegen will das Postulat Schirmer den Gläubiger verpflichten, vom Bürgen eine Erklärung über den Stand seines Vermögens und seine bereits bestehenden anderweitigen Bürgschaftsverpflichtungen zu verlangen. Und zwar soll die Erteilung einer schriftlichen Auskunft Gültigkeitsvoraussetzung für die Bürgschaft sein. Diese Erkundigungspflicht ist offenbar gedacht als ein Ersatz des Bürgschaftsregisters, und sie würde sicher einen grossen Teil der Überschuldungsbürgschaften verhindern. Einerseits wäre der Bürge gezwungen, sich selbst Eechenschaft zu geben über seine bestehenden Bürgschaftsverpflichtungen, um richtige Auskunft erteilen zu können. Oft würde ihn dieser Überblick ohne weiteres veranlassen, seine Unterschrift zu verweigern. Andererseits erhielte auch der Gläubiger, wenn die Auskunft zuverlässig wäre, einen Überblick, und er würde den Bürgen im Falle seiner Überschuldung nicht annehmen.

Andererseits aber könnten die Angaben des Bürgen nicht Anspruch auf unbedingte Bichtigkeit erheben. Vor allem könnte die Liste der bestehenden Bürgschaften aus Versehen oder aus andern Gründen unvollständig und die Bewertung des Vermögens zu optimistisch sein. Trotzdem musste die Bürgschaft gültig bleiben, da es den Bürgschaftskredit allzu sehr erschüttern würde, wollte man die
Gültigkeit der Bürgschaft von der Bichtigkeit der Angaben abhängig machen. Von entscheidender Bedeutung ist jedoch, dass diese Auskunftspflicht die Beschaffung von Bürgen zu sehr erschweren würde. Mancher würde sich scheuen, eine Erklärung über seine Vermögenslage und seine Bürgschaftsverpflichtungen abzugeben, sei es aus Gründen des Kredites oder wegen der Steuer. Wer einem andern einen Dienst leisten und für ihn einen Teil seines Vermögens riskieren soll, der will nicht solche Unannehmlichkeiten auf sich nehmen oder gar Gefahr laufen, sich vor dem Strafrichter verantworten zu müssen. Nicht tragbar ist dabei namentlich die Pflicht zur Erkundigung über die Vermögenslage des Bürgen. In Betracht käme höchstens eine Verpflichtung des Gläubigers, sich beim Bürgen über die bereits bestehenden

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Bürgschaftsverpflichtungen zu erkundigen. Auch dies wäre aber wohl eine zu starke Belastung des Bürgschaftskredites. Die Expertenkommission hat diesen Vorschlag mit grossem Mehr gegen drei Stimmen abgelehnt. Wir empfehlen ebenfalls Ablehnung.

Weniger bedenklich, aber auch weniger wirksam wäre eine Verpflichtung des Gläubigers, sich vom Hauptschuldner Auskunft über seine Vermögenslage geben zu lassen, wie dies heute schon bei den Banken allgemein Übung ist.

Damit wäre indessen noch keine Gewähr dafür geboten, dass trotz ungünstiger Auskünfte der Kredit doch erteilt würde, lediglich mit Eücksicht auf eine gute Bürgschaft. Gerade das ist aber unerwünscht. Zum mindesten müsste dafür gesorgt werden, dass der Bürge vor der Unterzeichnung von der Auskunft des Hauptschuldners Kenntnis erhielte. Man müsste sich aber mit einer Erklärung des Bürgen, dass er diese Auskunft kenne, begnügen. Und auf keinen Fall könnte man die Gültigkeit der Bürgschaft von der Eichtigkeit der Auskunft abhängig machen. Es ist deshalb von dieser Einrichtung nicht eine Verbesserung zu erwarten, welche die Nachteile aufzuwiegen vermöchte.

Statt dieser Erkundigungspflicht ist auch ein Informationsdienst unter den Banken angeregt worden. Ein Obligatorium kommt aber schon mit Eücksicht auf das Bankgeheimnis kaum in Frage, und für den freiwilligen Austausch solcher Auskünfte bedarf es einer besondern Bestimmung nicht.

b. Die Beschränkung der Belastungsmöglichlceit. Eine der wichtigsten Aufgaben der Eevision ist es, dafür zu sorgen, dass der einzelne sich mit Bürgschaf ten nicht überlastet. Dies liegt nicht nur im Interesse des Bürgen, sondern auch des Gläubigers und der ganzen Volkswirtschaft. Eine Eeihe von Vorschlägen zielen nun darauf ab, die Eingehung von Bürgschaften zu verbieten, sobald sie die Leistungsfähigkeit des Bürgen übersteigen. So erstrebenswert aber das Ziel ist, so wenig eignen sich die gemachten Vorschläge bei näherer Betrachtung für seine Erreichung.

Dies gilt vor allem für den Vorschlag, der Bürge dürfe sich höchstens im Umfange seines Eeinvermögens verbürgen. Denn dieses Eeinvermögen ist nicht eine offenkundige Grosse, so dass man die Ungültigkeit der Bürgschaft statuieren dürfte, sobald diese Schranke überschritten wird. Man müsste sich also damit begnügen, dass der Bürge erklärt, durch die neue Bürgschaft
werde die Summe seines Eeinvermögens nicht überschritten. Damit wäre aber nicht viel gewonnen.

Zur Vermeidung dieser Schwierigkeiten ist vorgeschlagen worden, auf das versteuerte Vermögen und Einkommen abzustellen. Damit wäre wenigstens ein objektiv feststellbarer Betrag gegeben, wobei allerdings noch zu bestimmen wäre, in welcher Weise Vermögen und Einkommen zu berücksichtigen wären.

Nötig wäre aber jedenfalls die Bekanntgabe des versteuerten Vermögens und Einkommens. Schon daran würde dieser Vorschlag scheitern, weil die Bürgen meistens eher auf die Unterzeichnung der Bürgschaft verzichten würden.

Nicht zu empfehlen wäre auch eine dem Art. 2850 des mexikanischen Gesetzbuches entsprechende Bestimmung, wonach Bürgschaften, die über

869 einen bestimmten Minimalbetrag hinausgehen, nur von Kreditinstituten eingegangen werden können oder von Personen, welche Liegenschaften besitzen, die für die Bürgschaft genügende Garantie bieten.

Die Schwierigkeiten, die sich aus der Feststellung der Leistungsfähigkeit ergeben, würden wegfallen bei einer Bestimmung, nach welcher Bürgschaften überhaupt nur bis zu einem zahlenmässig festgesetzten Maximalbetrag gültig eingegangen werden können, z. B. bis zu Fr. 10 000. Eine solche für arm und reich ohne Unterschied geltende Grenze wäre aber allzu starr und würde die tatsächlichen Verschiedenheiten nicht berücksichtigen. Für einen Arbeiter kann schon dieser Betrag ruinös sein, wogegen nicht einzusehen ist, warum ein Grosskapitalist sich nicht in höheren Beträgen für einen andern soll verbürgen können. Ausserdem hätte eine maximale Belastung nur dann einen Sinn, wenn sie nicht nur die Höhe der einzelnen Bürgschaft beschränkt, sondern diejenige der gesamten Bürgschaftsverpflichtungen. Wie hoch diese aber sind, könnte nur auf Grund eines Bürgschaftsregisters zuverlässig festgestellt werden.

Ohne dieses fehlt also für diesen Vorschlag auch die nötige Grundlage.

c. Die Verpflichtung zu teilweiser Barleistung oder Sicherstellung beim Abschluss. Psychologisch liegt die Gefahr der Eingehung zu schwerer Bürgschaftsverpflichtungen darin, dass nicht eine sofortige, sondern eine künftige Leistung versprochen wird, die sich möglicherweise gar nicht realisiert. Das verführt Optimisten zu einer Unterschätzung der Gefahr. Um nun diese dem Bürgen vor Eingehung der Verpflichtung deutlich zum Bewusstsein zu bringen, soll nach einem weitern Vorschlag die Gültigkeit der Bürgschaft davon abhängig gemacht werden, dass ein Teil der Bürgschaftssumme, z. B. 10 %, vom Bürgen in bar oder in andern Werten bei der Unterzeichnung deponiert wird.

Es ist aber klar, dass damit die Beschaffung von Bürgen zu sehr erschwert würde. Auf der andern Seite wäre auch die Möglichkeit der Umgehung nicht zu unterschätzen. Wir haben deshalb diesen Vorschlag ebenfalls nicht aufgenommen.

C. Die Wirkungen der Bürgschaft.

1. Änderungen betreffend die Solidarbürgschart.

a. Die Frage ihrer Abschaffung. Die Entwicklung hat von der alleinigen Haftung des Hauptschuldners über die subsidiäre Haftung des Bürgen zu seiner Solidarhaftung geführt,
die heute das Feld beherrscht. Andere Eechte sind hier noch strenger als das schweizerische. So kennt z. B. das englische die Vorausklage überhaupt nicht, das österreichische (§ 1355 alt BGB) liess die Belangung selbst des einfachen Bürgen schon nach vergeblicher Mahnung zu, und nach französischem Eecht (Art. 2023 C c) muss der Bürge, welcher die Vorausbelangung des Hauptschuldners verlangt, dem Gläubiger die greifbaren Vermögenswerte des Hauptschuldners angeben und die erforderlichen

870

Kosten vorschiessen. Bei Einführung des deutschen B GB wurde die Streichung der Vorausklage in Erwägung gezogen. Gegenüber dieser auf Beseitigung der einfachen Bürgschaft gerichteten Tendenz zeigt sich heute ein Eückschlag, indem die Beseitigung der Solidarbürgschaft verlangt wird.

Nun kann man wohl ohne Übertreibung sagen, dass dem Burgen in einem bedeutenden Bruchteil der Fälle ein Verlust erspart werden könnte, wenn es möglich wäre, diese gefährlichste und zugleich häufigste Form der Bürgschaft zu beseitigen. Schon die Tatsache, dass der Gläubiger die Möglichkeit hat, den Bürgen zu belangen, ohne vorher gegen den Hauptschuldner vorgehen zu müssen, bedeutet für den Bürgen eine schwere Belastung. Häufig ist er als Freund oder Verwandter psychologisch nicht in der Lage, für den Eegress so streng gegen den notleidenden Hauptschuldner vorzugehen, wie der Gläubiger es tun würde, wenn die Bürgschaft eine einfache wäre. So muss er oft nicht nur vorzeitig bezahlen, obschon der Hauptschuldner noch leistungsfähig wäre, sondern er verliert mitunter, um sich nicht dem Vorwurf der Bücksichtslosigkeit auszusetzen, auch den Eegress. Ausserdem würde der Gläubiger bei einer einfachen Bürgschaft oft früher, noch rechtzeitig, zugreifen. Der Wert, den die Einrede der Vorausklage (beneficium excussionis) und der Verweisung auf die Pfänder für den Bürgen hat, wird von diesem meistens bedeutend unterschätzt, namentlich wenn er es mit einem lässigen Hauptschuldner zu tun hat.

Leider wird es nicht möglieh sein, hier durchgreifend zu helfen, weil gerade diese jederzeitige Belangbarkeit des Bürgen für den Gläubiger, besonders die Bank, eine sehr wertvolle Garantie bedeutet. Die Banken anerkennen denn auch fast ausnahmslos nur Solidarbürgschaften. Dies weniger wegen der grösseren Sicherheit (weil rascher beim Bürgen, zugegriffen werden kann) als wegen der grösseren Liquidität und der rascheren und glatteren Abwicklung des Geschäftes. Die Notwendigkeit der vorherigen Ausklagung des Hauptschuldners würde eine für den Bankenverkehr unerträgliche Verschleppung und Erschwerung bedeuten. Es kann deshalb nicht die Eede davon sein, die Solidarbürgschaft grundsätzlich zu verbieten, wie dies vorgeschlagen worden ist. Ein solches Verbot wäre auch nicht wirksam, da es auf den verschiedensten Wegen umgangen würde, so namentlich durch
Schuldmitübernahme und Wechselunterschrift. Die Expertenkommission hat denn auch diese Möglichkeit nicht einmal diskutiert.

Auch ein beschränktes Verbot, das nur gelten würde für die nicht im Handelsregister eingetragenen Personen, könnten wir nicht empfehlen. Zwar würden dadurch namentlich diejenigen vor solchen Verpflichtungen geschützt, die des besondern Schutzes am ehesten bedürfen. Auf der andern Seite aber würde die Kreditbeschaffung für Leute, die nicht in der Lage sind, im Handelsregister eingetragene Personen als Bürgen zu stellen, sehr erschwert.

Und das würde zu einem grossen Teil gerade jene Kreise treffen, die man schützen wollte. Ausserdem würde dies eine Komplizierung und Erschwerung des Bürgschaftsverkehrs überhaupt bedeuten.

871 6. Die Milderung der Solidarbürgschaft. Kommt also eine Abschaffung der Solidarbürgschaft nicht in Frage, so kann ihr doch in mancher Beziehung der Stachel der Gefährlichkeit genommen werden.

Als ein Missbrauch der solidaren Eechte wird es empfunden, wenn der Gläubiger sich ohne Not an den Bürgen hält, bloss weil dieser (z. B. wegen seiner sozialen Stellung oder aus Gewissenhaftigkeit) auf seine Mahnungen rascher reagiert als der Hauptschuldner. Deshalb bestimmt der Entwurf (in Art. 496, Absatz 1), dass auch der Solidarbürge erst belangt werden kann, wenn der Hauptschuldner mindestens gemahnt worden und mit seiner Leistung im Eückstand ist.

Eine weitere wesentliche Erleichterung für den Solidarbürgen wäre es, wenn er verlangen könnte, dass wenigstens die Faust- und Forderungsp f a n d r e c h t e , die ja verhältnismässig rasch liquidiert werden können, vor seiner Belangung verwertet werden müssen. Eine solche Vorschrift würde aber, wenn sie zwingend wäre, die Wirksamkeit der Solidarbürgschaft zu sehr beeinträchtigen. Der Entwurf (Art. 496, Absatz 1) hat sich deshalb damit begnügt, diese Lösung als Eegel aufzustellen und eine gegenteilige Abrede zuzulassen. Es ist allerdings zu erwarten, dass diese letztere praktisch zur Eegel werde. Trotzdem hat die Neuerung einen guten Sinn, weil es immerhin einer besondern Vereinbarung bedarf, der Bürge also auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen werden muss. Vor Verwertung dieser Pfänder muss die Belangung des Bürgen ferner zugelassen werden, soweit diese voraussichtlich überhaupt keine Deckung bieten, worüber im Streitfalle der Eichter zu entscheiden hat, sowie beim Konkurse des Hauptschuldners, letzteres entsprechend der Eegelung bei der einfachen Bürgschaft.

In der gleichen Eichtung liegt eine andere wichtige Neuerung. Gemäss Art. 500, Absatz 2 des Entwurfes soll nämlich der Bürge gegen Leistung von Sicherheit verlangen können, dass der Eichter die Betreibung gegen ihn einstellt, bis alle Pfänder verwertet sind und gegen den Hauptschuldner ein definitiver Verlustschein vorliegt. Diese mit zwingender Kraft ausgestattete Bestimmung ist zwar für alle Bürgschaftsarten vorgesehen, hat ihre Hauptbedeutung aber doch bei der Solidarbürgschaft. Sie rechtfertigt sich damit, dass es auch bei der Solidarbürgschaft dem Gläubiger hauptsächlich darauf ankommt,
ohne vorherige Ausklagung des Hauptschuldners in den Besitz einer zuverlässigen Sicherheit zu. gelangen. Sobald diese geleistet ist, kann ihm wohl zugemutet werden, zuerst gegen den Hauptschuldner vorzugehen.

Bei einer Mehrheit von Bürgen kann sich nach geltendem Eecht die Solidarität auch deshalb verhängnisvoll auswirken, weil der Gläubiger irgendeinen herausgreifen und von ihm die ganze Summe verlangen kann, es ihm überlassend, für den zuviel bezahlten Teil gegen seme Mitbürgen vorzugehen.

Wenn sich z. B. zehn Solidarbürgen zusammengetan haben zur Verbürgung einer Schuld von 2ßO 000 Franken, so mag sich jeder denken, er könne schlimmstenfalls für seinen Anteil von 20 000 Franken aufkommen, ohne sich zu ruinieren.

Wird er dann aber für die gesamten 200 000 Franken belangt, so kann das seinen

872 Buin bedeuten, selbst wenn er einen Teil von seinen Mitbürgen oder vom Hauptschuldner zurückverlangen kann. Auch hier bedarf der Bürge des Schutzes. Der Entwurf schreibt deshalb (in Art. 497, Absatz 2) als wichtige Neuerung die gleichzeitige Belangung aller M i t b ü r g e n vor, welche solidarisch neben ihm haften und in der Schweiz belangt werden können.

Die Vorentwürfe hatten dies nur verlangt für diejenigen Mitbürgen, die am gleichen Gerichtsstand belangt werden können, um dem Gläubiger nicht die Anhebung mehrerer Prozesse zuzumuten. Die Expertenkommission ist aber weiter gegangen und hat die gleichzeitige Belangung aller Bürgen, die in der Schweiz belangt werden können, vorgeschlagen. Wir sind ihrem Beschlüsse gefolgt in der Erwägung, dass der erwähnten Schwierigkeit durch Vereinbarung eines gemeinsamen Gerichtsstandes für alle begegnet werden kann. Es ist jedoch zuzugeben, dass sich für die andere Lösung gewichtige Gründe anführen lassen. Eventuell wäre der Vorschlag in Erwägung zu ziehen, dass die Belangung eines Bürgen über seinen Kopfanteil hinaus, solange die andern nicht ebenfalls belangt sind oder ihren Teil geleistet haben, nur dann zulässig sein soll, wenn andernfalls die Eechtsverfolgung in unzumutbarer Weise erschwert würde.

2. Änderungen, die alle Bürgschaftsarten betreffen.

a. Die Tatsache, dass der Bürge in meistens uneigennütziger Weise die Schuld eines andern auf sich nimmt, hat dazu geführt, dass er, wenn er seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, moralisch milder beurteilt wird als ein anderer Schuldner. Dieser Gedanke hat offenbar mitgespielt bei der Einführung der Eegelung des Art. 591 ZGB, wonach die Erben eines Bürgen, welche die Erbschaft unter öffentlichem Inventar annehmen, für Bürgschaftsschulden nur bis zu dem Betrage haften, der bei konkursmässiger Erledigung auf sie entfallen würde. In dieser Eichtung noch weiter zu gehen und die Haftung der Erben für Bürgschaftsschulden überhaupt zubeseitigen oder sie zeitlich zu beschränken (z. B. auf drei Jahre nach dem Tode des Erblassers, wie es im österreichischen Eecht der Fall war), wird sich nicht empfehlen. Auch eine Verallgemeinerung dieser Eegelung in dem Sinne, dass jeder Bürge berechtigt wäre, seine Bürgschaftsgläubiger mit einer Konkursdividende abzufinden, wäre nicht gerechtfertigt. Denn im Falle des
Art. 591 ZGB handelt es sich um eine von einem andern, nämlich vom Erblasser, eingegangene Bürgschaft, für welche der Erbe keine Haftung zu übernehmen braucht.

Die Verhältnisse liegen aber wesentlich anders bei Bürgschaften, die der Bürge selber unterzeichnet hat.

Anderseits hätte es wenig Zweck, dem Gläubiger lediglich die Verpflichtung aufzuerlegen, die Bürgschaft innerhalb bestimmter Frist nach dem Eintritt des Erbfalles anzumelden, wenn man an die schuldhafte Unterlassung nicht die Verwirkung oder wenigstens eine Schadenersatzpflicht knüpfen will. Die Erben haben übrigens nach Art. 591 ZGB ohne weiteres die Möglichkeit, die rechtzeitige Anmeldung der Bürgschaften zu erzwingen. Angeregt wurde auch eine

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Änderung dieser letztern Bestimmung, weil die Konkursdividende zum voraus schwer zu berechnen sei. Es ist aber schwierig, eine bessere Lösung zu finden.

b. Eine bescheidene Form der Haftungsbeschränkung wäre die Erweiterung der Kompetenzqualität für Bürgschaftsschulden. Es ist besonders bitter, wenn eine Familie für Bürgschaftsschulden ihr ganzes Vermögen hergeben muss und nur das Allernötigste behalten kann. Deshalb ist eine Erweiterung des Kreises der Vermögenswerte, die ihm für solche Verpflichtungen nicht entzogen werden dürfen, verlangt worden. Die Hilfe wäre aber hier meistens doch nur eine scheinbare, weil nur die andern Gläubiger davon profitieren würden.

c. Neu aufgenommen hat der. Entwurf hingegen (Art. 507, Abs. 4) die Eegelung des E ü c k g r i f f e s auf die Pfandrechte. Im geltenden Becht ist die Frage, ob der Bürge oder der Pfandeigentümer letzten Endes den Schaden zu tragen hat, nicht ausdrücklich geregelt. Aus den allgemeinen Bestimmungen ergibt sich aber eine Ordnung, die unerfreulich ist. Es kommt nämlich darauf an, wer zuerst bezahlt. Ist es der Bürge, so gehen auf ihn gemäss Art. 505 OE die Pfandrechte des Gläubigers über. Er kann sich also an dem von einem andern bestellten Pfand schadlos halten, soweit dieses Deckung bietet. Wenn aber der Eigentümer des für die Bürgschaft haftenden Pfandobjekts zuerst bezahlt, so gehen auf ihn gemäss Art. 110, Absatz l, OE die Eechte des Gläubigers, somit auch die Bürgschaft von Gesetzes wegen über. Der Pfandeigentümer kann sich in diesem Falle umgekehrt für seinen Schaden an den Bürgen halten. Derjenige, der zuerst bezahlt, kann also vom andern Ersatz verlangen.

Diese Lösung ist fast ebenso unbefriedigend wie es die gegenteilige wäre, wonach der zuerst Bezahlende den Schaden zu tragen hat. Denn in beiden Fällen entscheidet mehr oder weniger der Zufall. Viel richtiger ist es, diese Frage im Gesetz ohne Eücksicht auf die Eeihenfolge bei der Bezahlung zu beantworten. Und zwar geht die überwiegende Meinung dahin, dass dem Pfandeigentümer die Tragung des Schadens eher zugemutet werden könne als dem Bürgen. Jedenfalls gilt dies für Pfänder, die vor oder gleichzeitig mit der Bürgschaft bestellt worden sind. Bei diesen besteht regelmässig die Auffassung, dass der Bürge nur eine pfandversicherte Forderung zu sichern, d. h. nur für den Pfandausfall
aufzukommen habe. In diesem Sinne bestimmt der Entwurf (Art. 507, Absatz 4), dass der Pfandeigentümer nur für die nachträglich von einem Dritten bestellten Pfänder auf den Bürgen Eegress nehmen kann. Für die andern Pfänder kann er demnach, wenn diese zuerst in Anspruch genommen werden, nicht auf den Bürgen zurückgreifen. Hat aber dieser als erster bezahlt, so ergibt sich sein Eückgriffsrecht schon aus Art. 507 des Entwurfes. Eine gegenteilige Abrede muss jedoch nach beiden Eichtungen zugelassen werden.

d. Endlich ist noch darauf hinzuweisen, dass im Entwurf eine Eeihe von Bestimmungen lediglich dadurch wirksamer gestaltet worden sind, dass sie mit zwingender K r a f t ausgestattet wurden. Bekanntlich haben die Banken Bundesblatt. 91. Jahrg. Bd. II.

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ihre Bedingungen auf Formularen vorgedruckt, die vom Bürgen unterzeichnet, aber selten gelesen werden. Der Bürge ist dann, ·wenn er belangt wird, verwundert, dass er auf dieses oder jenes ihm von Gesetzes wegen zustehende Eecht verzichtet hat. Künftig soll daher der Verzicht auf Einreden nur in einem beschränkteren Eahmen möglich sein.

D. Die Beendigung der Bürgschaft.

1. Die gesetzliche Höchstdauer der Bürgschart.

Die Erfahrung zeigt, wie schon erwähnt, immer wieder, dass es ausserordentlich schwer ist, sich von der einmal übernommenen, wenn auch nur für kurze Zeit abgeschlossenen Bürgschaft wieder freizumachen. In der grossen Zahl der Fälle gelingt dies dem Bürgen überhaupt nicht mehr, solange die Hauptschuld nicht irgendwie zur Liquidation kommt. Da er nicht ohne Leistung entlassen wird, ist er froh, wenn der bestehende Zustand der Haftung weiterbesteht. So schleppt sich auch die als kurzfristig gedachte Bürgschaft «wie eine, ewige Krankheit» fort. Der Bürge muss dann oft wehrlos zusehen, wie sich die Verhältnisse im Verlauf der Jahrzehnte zu seinem Nachteil verändern.

Allerdings kann er vom Hauptschuldner Sicherstellung oder Befreiung verlangen, wenn durch die Verschlimmerung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners oder durch dessen Verschulden die Gefahr für ihn erheblich grösser geworden ist, oder wenn der Hauptschuldner den getroffenen Abreden zuwiderhandelt oder in Verzug kommt (Art. 512 des geltenden Bechts). Dieses Becht hilft ihm aber gerade dann, wenn es ihm am erwünschtesten wäre, wenig oder nichts, nämlich wenn der Hauptschuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. Vermag er das nicht, so wird er meistens auch nicht in der Lage sein, Sicherheit zu leisten oder den Bürgen zu befreien. Und ausserdem ist diese Lösung dann nicht wirksam, wenn die Verhältnisse des Bürgen selbst sich so verändert haben, dass ihm die Bürgschaftslast zu schwer geworden ist.

Daher der Wunsch, die Dauer der Bürgschaft von Gesetzes wegen zu beschränken. Das geltende Becht ermöglicht zwar bei unbefristeten Bürgschaften eine relativ kurzfristige Liquidierung, sobald die Hauptschuld fällig ist, oder wenn ihre Fälligkeit durch Kündigung des Gläubigers kurzfristig herbeigeführt werden kann. Der Bürge kann im letzteren Falle (gemäss OB 503, im Gegensatz zur Amtsbürgschaft gemäss OB 504) nach Ablauf eines Jahres seit Eingehung der Bürgschaft die Vornahme der Kündigung verlangen, so dass die Ablösung erfolgen und der Bückgriff geltend gemacht werden kann.

Schwierigkeiten entstehen aber, wenn die Bürgschaft oder wenigstens die Hauptschuld auf lange Frist unkündbar ist. Hier fragt es sich, ob nicht ganz allgemein und zwingend eine
Höchstdauer jeder Bürgschaft vorgeschrieben werden sollte, eventuell in Verbindung mit einer gesetzlichen Amortisation.

Der erste Vorentwurf (Art. 508, Absatz 2) hatte eine Befristung auf 15 Jahre in dem Sinne vorgesehen, dass der Bürge während eines halben Jahres vor Ablauf dieser Frist hätte belangt werden können, auch wenn die Hauptschuld

875 nicht fällig gewesen -wäre. Jedoch -war jederzeitige Erneuerung der Bürgschaft zugelassen. In den Eingaben an die Justizabteilung wurde teils Beibehaltung dieser Lösung verlangt, teils Erstreckung der Frist auf 20 oder 25 Jahre, teils Eeduktion auf 10 Jahre. Von anderer Seite aber wurde vorgeschlagen, diese maximale Befristung durch eine periodische Mitteilung der Höhe der Hauptschuld an den Bürgen zu ersetzen. Der zweite Vorentwurf (Art. 509, Absatz 3) hat es vorgezogen, die Befristung beizubehalten 'unter Beschränkung auf Bürgschaften natürlicher Personen und Erstreckung der Frist auf zwanzig Jahre. In der Expertenkommission wurde die Befristung namentlich von Vertretern der Banken bekämpft, die neuerdings vorschlugen, sie durch eine blosse Notifikation zu ersetzen, da die Erneuerung der Unterschrift schwer zu erhalten sein werde. Nach einer längeren Diskussion entschied sich die Kommission mit 11 gegen 6 Stimmen für die Notifikation in der Weise, dass der Gläubiger dem Bürgen vor Ablauf der Frist vom Bestehen der Bürgschaft Mitteilung zu machen hätte, und dass diese dann wiederum für maximal die gleiche Frist weiterlaufen würde, wenn der Bürge nicht ihre Liquidierung verlangen würde. Beim Versuch einer Formulierung dieser Lösung zeigte es sich aber bald, dass sie viel zu kompliziert und schwerfällig würde, weil eine Sanktion für den Fall der Unterlassung der Notifikation vorgesehen werden müsste, ferner die Möglichkeit, dass der Bürge auch ohne Notifikation die Liquidierung der Bürgschaft verlangen kann, sodann dass während eines halben Jahres vor Beendigung die Bürgschaft geltend gemacht und Eückgriff genommen werden kann, und endlich, dass die Erneuerung unter gewissen Voraussetzungen ohne weiteres erfolgt. Dazu kommt die Überlegung, dass durch die Zulassung einer stillschweigenden Verlängerung der Wert der Befristung fast ganz hinfällig Avürde. Aus diesen Gründen schlagen wir Ihnen in Art. 509, Absatz 8 vor, dass zwar jede Bürgschaft einer natürlichen Person nach Ablauf von zwanzig Jahren dahinfallen soll, dass aber die Aufrechterhaltung der Bürgschaft in der Weise erleichtert wird, dass der Bürge frühestens ein halbes Jahr vor Ablauf durch blosse schriftliche Zustimmung die Frist um höchstens zehn Jahre verlängern kann. Ausserdem ist die Erneuerung für weitere zwanzig Jahre mit öffentlicher
Beurkundung jederzeit möglich. Diese Bestimmung muss, um wirksam zu sein, zwingend gestaltet werden. In dieser Form dürfte die Befristung für den Bürgen nützlich und für den Gläubiger tragbar sein, verlangen doch heute schon einzelne Banken eine Erneuerung bereits nach zehn Jahren.

2. Die gesetzliche Amortisieiung der Bürgschaft.

In engem Zusammenhang mit der Befristung der Bürgschaft steht das Postulat ihrer Amortisierung von Gesetzes wegen. Während heute die Haftung des Bürgen sich in den meisten Fällen von Jahr zu Jahr steigert, soll sie sich in Zukunft umgekehrt von Jahr zu Jahr von Gesetzes wegen vermindern, so dass sie nach Ablauf der maximalen Haftungsfrist ohne grosse Gefahr dahinfallen kann. Durch eine solche Massnahme würde auch der Gläubiger ver-

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anlasst, darauf zu dringen, dass der Hauptschuldner seine Schuld langsam, aber konsequent abträgt. Diese Amortisation, die heute übrigens bei den Hypotheken schon die Eegel ist, wäre volkswirtschaftlich von grossem Wert.

Ihre Einführung von Gesetzes wegen wird denn auch im allgemeinen im Prinzip sehr begrüsst.

Bei der Eegelung im einzelnen zeigen sich aber grosse Schwierigkeiten.

Dies gilt schon für die Frage des Ausmasses der Amortisation. Denn einerseits darf der Ansatz nicht zu hoch genommen werden, um nicht für manche Verhältnisse untragbar zu werden, anderseits aber auch nicht zu niedrig, weil sonst die Amortisation nicht genügend wirksam wäre. Der erste Vorentwurf (Art. 499, letzter Absatz) versuchte eine Mittellösung mit zwei Prozent pro Jahr. Da aber in den Eingaben an die Justizabteilung dieser Ansatz für Hypotheken als zu hoch, für andere Forderungen jedoch als zu niedrig bezeichnet wurde, hatte der zweite Vorentwurf (Art. 499, Absatz 2) folgende Differenzierung vorgesehen: Bei grundpfandgesicherten Forderungen sollte die Bürgschaft sich im gleichen Verhältnis verringern wie das verbürgte Kapital, mindestens aber um ein Prozent, bei den übrigen Forderungen um drei Prozent im Jahr. Ausserdem wurde diese Amortisation beschränkt auf Bürgschaften natürlicher Personen, während gewisse Forderungen ganz davon ausgenommen wurden.

Weitere Bedenken wurden geltend gemacht gegen die Unabdingbarkeit, die sich zum Nachteil des Bürgen auswirken könnte, wenn der Hauptschuldner nicht in der Lage wäre, die Hauptschuld zu amortisieren. Der zweite Vorentwurf hatte in dieser Eichtung bereits vorgesehen, dass die Amortisation für die ersten drei Jahre ausgeschlossen werden könne. Die Expertenkommission stand der Amortisation grundsätzlich sympathisch gegenüber, zweifelte aber an ihrer Durchführbarkeit, so dass bei der Abstimmung über die Beibehaltung dieses Instituts sich zehn Stimmen dafür und ebensoviele dagegen aussprachen.

Um diesen Bedenken nach Möglichkeit Eechnung zu tragen, hat der vorliegende Entwurf (Art. 499, Abs. 2) die Eegelung des zweiten Vorentwurfs beibehalten, jedoch fakultativ gestaltet, sodass die Amortisation allgemein oder im einzelnen Fall ausgeschlossen werden kann. Soweit aber das verbürgte Kapital tatsächlich reduziert wird, soll auch eine entsprechende Beduktion der Bürgschaftssumme
eintreten, und in diesem Falle zwar zwingend.

Wenn also z. B. eine hypothekarisch gesicherte Forderung verbürgt ist, und diese wird vereinbarungsgemäss während zehn Jahren jährlich um l % amortisiert, so reduziert sich auch die Bürgschaftssumme um einen Zehntel. Bleibt dann aber die Amortisation z. B. wegen der Krise einige Jahre aus, so bleibt auch die Bürgschaftssumme unverändert bestehen. Dass die einmal eingetretene Eeduktion der Bürgschaftssumme dauernd ist und auch durch eine nachträgliche Erhöhung der Hauptschuld nicht wieder erhöht wird, versteht sich wohl von selbst. Ausgenommen von der Amortisationspflicht sind die Bürgschaften der juristischen Personen und der Handelsgesellschaften, sowie die Amtsund Dienstbürgschaften, die Zoll-, Fracht- und Garantiebürgschaften gegen-

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über dem Staat und die Bürgschaften für Verpflichtungen mit wechselndem Schuldbetrag (wie Kontokorrent, Sukzessivlieferungsvertrag) und für periodisch wiederkehrende Leistungen (wie Zinsen, Benten usw.). Auf diese Weise kann von dem wertvollen Gedanken der Amortisation von Gesetzes wegen doch einiges realisiert werden, ohne dass erhebliche Schwierigkeiten zu befürchten sind.

3. Das Rücktrittsrecht des Bürgen.

Die Stellung des Bürgen könnte auch dadurch erleichtert werden, dass man ihm ein besonderes Rücktrittsrecht einräumen würde. Nun ist man aber einig darüber, dass ein solches nicht mehr in Frage kommt, sobald die Hauptschuld rechtsgültig zustandegekommen, die Bürgschaft also wirksam geworden ist. Der Gläubiger, der im Vertrauen auf die Bürgschaft z. B.

einen Kredit gewährt hat, könnte sich über diesen Eingriff mit Recht beklagen. Der Wert einer Bürgschaft würde dadurch zu stark herabgesetzt.

Deshalb ist vorgeschlagen worden, den Rücktritt nur vor dem Zustandekommen der Hauptschuld (also z. B. vor der Kreditgewährung) zuzulassen, und zwar entweder ohne weitere Voraussetzungen (analog dem Art. 628 des polnischen Gesetzes) oder nur bei wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners (entsprechend § 610 des deutschen BGB).

Der erste Vorentwurf (Art. 509, Abs. 1) hatte daher, abgesehen von der Amtsund Dienstbürgschaft, vor der Entstehung der Forderung den jederzeitigeh Rücktritt gestattet, «sofern die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners sich seit der Eingehung der Bürgschaft wesentlich verschlechtert haben». Der zweite Vorentwurf (Art. 510, Absätze l und 2) machte einen Unterschied, je nachdem der Gläubiger sich gegenüber dem Hauptschuldner schon verpflichtet hatte oder nicht. Solange dies nicht der Fall war, hätte der Rücktritt schon bei wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners geltend gemacht werden können, im andern Falle aber nur bei inzwischen eingetretener Zahlungsunfähigkeit und auch dann nur für die noch nicht vollzogene Leistung. Bei der Verbürgung eines Bankkredites z. B. hätte der Bürge vor der Zusprechung des Kredites zurücktreten können, sobald er eine inzwischen eingetretene erhebliche Vermögensverschlechterung nachgewiesen- hätte. Wenn aber der Kredit bereits zugesprochen, jedoch noch nicht ausbezahlt gewesen
wäre, hätte der Rücktritt nur gegen den Nachweis der inzwischen eingetretenen Zahlungsunfähigkeit erklärt werden können.

Die Expertenkommission hat das .Rücktrittsrecht für beide Fälle mit 9 gegen 3 -Stimmen gestrichen und auch den Antrag abgelehnt, dass das Rücktrittsrecht vor der Entstehung der Hauptschuld zugelassen werden sollte gegen .die Verpflichtung des Bürgen, für allfälligen Schaden aufzukommen. Im vorliegenden Entwurf haben wir daher das Rücktrittsrecht nicht mehr aufgenommen. Es wird aber zu erwägen sein, ob es nicht doch richtiger ist, diesen letzten Vorschlag wieder aufzugreifen. Man denke nur an.den folgenden gar nicht ungewöhnlichen Fall. Der Schuldner einer Bank ist in seinen Mitteln

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knapp geworden und braucht einen weitern Kredit, um sich über Wasser zu halten. Die Bank zeigt sich geneigt, ihm diesen gegen gute Bürgschaft zu gewähren. Das Kreditgesuch wird in der Folge dem Verwaltungsrat der Bank mit zwei guten Bürgschaftsunterschriften vorgelegt; der Entscheid über das Kreditbegehren verzögert sich aber etwas. Inzwischen verschlechtern sich die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners. Die Bürgen, welche davon Kenntnis erhalten haben, erklären der Bank noch vor der Verwaltungsratssitzung, dass sie ihre Unterschrift unter den gegebenen Verhältnissen zurückziehen. Soll die Bank in diesem Falle den Kredit doch gewähren und die Bürgen dafür belangen dürfen ? Dass sie ein Interesse daran haben kann, so zu handeln, steht wohl ausser Zweifel. Denn der neue Kredit ist durch die Bürgen genügend gesichert, und durch diesen kann vielleicht die Lage gerettet werden, sodass auch die früheren Kredite der Bank nicht mehr gefährdet sind. Die Billigkeit verlangt hier wohl eine andere Lösung, nämlich die Befreiung des Bürgen. Wenn dieser überdies für den daraus entstehenden Schaden, d.h. das negative Vertragsinteresse, aufzukommen hat, so kann sich der Gläubiger über diese Lösung nicht beklagen.

Man kann sich sogar fragen, ob das Eücktrittsrecht nicht auch für den zweiten Fall beizubehalten wäre, nämlich wenn der Kredit zugesagt, aber noch nicht ausbezahlt, und der Hauptschuldner zahlungsunfähig geworden ist. Gemäss Art. 316 OE kann nämlich der Darleiher in diesem Falle die Aushändigung des Darlehens verweigern, eine Regel, die in Art. 83 OB noch allgemeiner gofasst ist. Auch hier wäre es wohl nicht ganz billig, wenn er trotzdem den Kredit ausbezahlen und die Bürgen dafür in Anspruch nehmen könnte.

4. Das Kündigungsrecbt des Bürgen.

Soll auch das Kündigungsrecht des Bürgen erweitert werden? Das geltende Eecht räumt dem Bürgen in dieser Eichtung nur folgende Befugnisse ein. Handelt es sich um eine auf unbestimmte Zeit eingegangene Bürgschaft, so kann der Bürge vom Gläubiger nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld verlangen, dass er binnen vier Wochen die Forderung rechtlich geltend mache.

Ausserdem ist er, wenn die Fälligkeit der Forderung durch Kündigung des Gläubigers herbeigeführt werden kann, zu dem Begehren berechtigt, dass der Gläubiger die Kündigung vornehme und die Forderung
nach Eintritt ihrer Fälligkeit geltend mache (OE 503). Wenn aber kein Kündigungsrecht besteht, so bleibt der Bürge gebunden bis zur Fälligkeit der Hauptschuld und noch mindestens vier Wochen darüber hinaus. Denn die schweizerische Praxis gibt ihm hier, im Gegensatz zur deutschen, kein Kündigungsrecht.

So kann es vorkommen, dass der Bürge während vielen Jahren haften muss, ohne sich befreien zu können, sei es, dass die Bürgschaft auf lange Frist eingegangen ist, sei es, dass sie auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde, die Hauptschuld aber für beide Kontrahenten oder wenigstens für den Schuldner auf lange Frist unkündbar ist. Da dies als Härte empfunden

879 ·wird, wurde vorgeschlagen, dem Bürgen in allen Fällen nach Ablauf von zehn Jahren ein Kündigungsrecht zu geben. Eine solche Eegelung hat aber neben der maximalen Befristung der Bürgschaft, für die sich der Entwurf entschieden hat, keinen Platz. Denn es ginge wohl zu weit, dem Bürgen nach Ablauf von zehn Jahren ein Kündigungsrecht zu geben und ausserdem nach zwanzig Jahren die Bürgschaft von Gesetzes wegen dahinfallen zu lassen. Die maximale Befristung zugunsten dieser Kündigung zu streichen, würde sich aber nicht rechtfertigen. Denn die Komplikationen, die sich dort zeigen, wenn die Hauptschuld noch nicht fällig ist, würden hier noch häufiger auftreten, weil schon nach zehn Jahren die Auflösung der Bürgschaft verlangt werden könnte.

Diese Lösung käme deshalb unseres Erachtens höchstens dann in Betracht, wenn die maximale Befristung nicht aufgenommen werden sollte. Jedenfalls müsste aber dem Gläubiger vor Beendigung der Bürgschaft Gelegenheit gegeben werden, den Bürgen zu belangen, und es würde sich dann weiter fragen, ob dieser die Betreibung durch Sicherheitsleistung abwenden könnte, und ob er, wenn er zahlt, schon vor der Fälligkeit der Hauptschuld auf den Hauptschuldner und auf die Pfänder Eückgriff nehmen könnte. Diese Fragen brauchen hier aber nicht weiter verfolgt zu werden, da wir die Einführung dieses Kündigungsrechts ablehnen.

Ebenso haben wir ein Kündigungsrecht aus wichtigen Gründen nicht aufgenommen, weil dieses wohl noch grösseren Schwierigkeiten begegnen würde.

Ferner haben wir den Vorschlag abgelehnt, es solle dem Bürgen das Recht eingeräumt werden, den Hauptschuldner nach Eintritt der Fälligkeit zu belangen, selbst wenn der Bürge seinerseits nichts geleistet hat. Denn es könnte ihm höchstens das Becht eingeräumt werden, den Hauptschuldner auf Bezahlung an den Gläubiger zu betreiben. Wir glauben aber, dass es nicht nötig ist, die Situation durch Einräumung dieses selbständigen Eechts zu komplizieren. Die Tatsache, dass der Bürge vom Gläubiger verlangen kann, dass dieser gegen den Hauptschuldner vorgehe, dürfte genügen.

Unklar ist nach geltendem Eecht, was dann zu geschehen hat, wenn die Bürgschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen wurde, aber nach Ablauf dieser Frist die Hauptschuld noch nicht fällig ist. Der Entwurf sieht nun (in Art. 510, Absätze 2 und 3) vor, dass sich
der Bürge in diesem Fall durch Sicherheitsleistung befreien kann, dass er aber im Falle der Unterlassung der Sicherheitsleistung weiter haftet bis zur Fälligkeit der Hauptschuld.

5. Die Herabsetzung und Ungültigerklärung durch den Richter.

Im. Anschluss an Art. 21 des Bundesratsbeschlusses vom 28. September 1934 über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern, welcher die Möglichkeit vorsieht, dass die Nachlassbehörde auf eine Bürgschaft eine herabgesetzte Dividende anweist oder sie ohne Dividende als erloschen erklärt, wurde der Vorschlag gemacht, es solle dem Eichter auch im Bürgschaftsrecht die Befugnis eingeräumt werden, eine Bürgschaft ganz oder

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teilweise erloschen zu erklären, wenn diese in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Bürgen stehe und der Gläubiger dieses Missverhältnis kannte oder hätte kennen sollen. Eine solche Herabsetzung oder Aufhebung einer Bürgschaftsverpflichtung, die schon im Sanierungsrecht sehr weit geht, wäre aber im ordentlichen Bürgschaf tsrecht untragbar, weil sie in das Bürgschaftswesen eine Unsicherheit hineintragen würde, die mit ihren Zwecken nicht vereinbar wäre. Dieser Vorschlag, der von der Gläubigerseite mit Eecht auf das heftigste bekämpft wird, dürfte denn auch nicht aufrechterhalten werden.

E. Das internationale Recht.

Das Fehlen einer Bestimmung über das international anwendbare Eecht ist im Bürgschaftsrecht oft als ein Mangel empfunden worden, da Bürgschaften internationalrechtlicher Art heute recht häufig vorkommen. Der erste Entwurf hatte deshalb eine einlässliche Eegelung vorgesehen. In den an die Justizabteilung gerichteten Eingaben ist aber vorwiegend Streichung dieser Vorschriften verlangt worden, weil das OE im übrigen keine internationalrechtlichen Bestimmungen enthalte. Überdies seien diese Fragen noch stark im Fluss. Wir haben deshalb den bezüglichen Artikel fallen lassen und lediglich die Bestimmungen über Transferverbote und dgl. in Art. 500 als letzten Absatz übernommen.

II. Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln.

Zu Art. 492.

· Die textlichen Änderungen dieses Artikels wollen lediglieh eine einfachere und klarere Umschreibung des Begriffs der Bürgschaft geben, ohne am Inhalt etwas zu ändern.

Zu Schwierigkeiten hat in der Praxis öfters die Abgrenzung der Bürgschaft gegenüber dem Garantievertrag (OE 111) geführt, indem immer wieder versucht wurde, eine aus formellen Gründen ungültige Bürgschaft als Garantievertrag aufrecht zu erhalten (vgl. z. B. BGE 64n, 350 ff.). Der erste Entwurf der Justizabteilung hatte daher den Versuch gemacht, diese Abgrenzung im Gesetz selbst vorzunehmen. In einer Eeihe von Eingaben wurde aber dagegen Stellung genommen. Der vorliegende Entwurf erblickt nun die richtige Lösung darin, dass auch der Garantievertrag den gleichen Formvorschriften unterstellt wird (Art. 493, Abs. 3). Der für den Garantievertrag vorgesehene Absatz 2 konnte daher wieder fallen gelassen werden.

Zu Art. 493.

Die Absätze l und 2 sind unverändert aus Art. 494 übernommen.

Geprüft wurde hier die Frage, ob auch die Zulässigkeit der Verbürgung einer

881 auf den Inhaber lautenden Verpflichtung (z. B. eines Inhaberschuldbriefes) im Gesetz erwähnt werden solle. Die in den Eingaben vertretenen Auffassungen hierüber waren sehr geteilt. Wir haben daher von dieser Neuerung abgesehen.

Der d r i t t e A b s a t z übernimmt den.Gedanken des bisherigen Art. 493, Abs. 8, dehnt ihn aber auf verjährte Forderungen aus. Die Möglichkeit der Verbürgung einer solchen Forderung entspricht einem praktischen Bedürfnis.

Ein Eückgriff auf den Hauptschuldner kann bei diesen Forderungen grundsätzlich nicht zugelassen werden, da es sich um Forderungen handelt, die für den Schuldner unverbindlich oder wenigstens unklagbar sind und die sonst auf dem Umweg der Bürgschaft klagbar gemacht werden könnten. Ein Vorbehalt muss aber bei verjährten Forderungen in dem Sinne aufgenommen werden, dass der Hauptschuldner dem Bürgen aus Auftrag haftet, wenn die Bürgschaft in seinem Auftrag übernommen worden ist. Eine bezügliche Bestimmung ist im letzten Absatz des Art. 507 enthalten. Im übrigen wurde die Formulierung logisch richtiger so gewählt, dass sie der Tatsache Bechnung trägt, dass man es hier nicht mit einer Bürgschaft, sondern mit einem Garantievertrag zu tun hat.

Zu Art. 494.

Dieser Artikel behandelt die wichtigste Frage der Bevision, nämlich die Frage, welche Form bei der Eingehung einer Bürgschaft beobachtet werden muss. Da das Wesentlichste hierüber im allgemeinen Teil (S. 850 ff.) bereits besprochen worden ist, muss hier nur noch auf folgendes hingewiesen werden.

Der Entwurf verlangt in Absatz l die Angabe eines zahlenmässig bestimmten Betrages der Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst und bringt damit zwei Verschärfungen gegenüber dem geltenden Becht. Einmal soll es im Gegensatz zur bundesgerichtlichen Praxis (z. B. BGE 57n, 526) nicht mehr genügen, wenn die Haftungssumme nicht in der Bürgschaftsurkunde selbst angegeben ist, sondern in einer andern Urkunde, auf die sie verweist.

Ferner soll dieser Betrag in Zukunft zahlenmässig, d. h. in einer genau fixierten, in Zahlen (sei es in Ziffern oder Worten) ausgedrückten Summe angegeben werden, während die bundesgerichtliche Praxis lediglich verlangt hatte, dass die Haftungssumme sich durch eine einfache Eechenoperation feststellen lasse.

Diese strengere Form soll Gewähr dafür bieten, dass dem Bürgen die Haftungssumme
-von Anfang an klar vor Augen gestellt wird. Denn die Erfahrung zeigt, dass der Bürge bei der Eingehung der Bürgschaft in den meisten Fällen auch die einfachste Bechenoperation nicht vornimmt und ebensowenig in i einer andern Urkunde Nachschau hält. Die Expertenkommission hat sich mit grossem Mehr zugunsten dieser Neuerung ausgesprochen, und das Bundesgericht hat in einem neuesten Entscheid (BGE 64n, 351 ff.) seine Praxis unter Bezugnahme auf den Entwurf der Justizabteilung geändert und verlangt, der Betrag müsse dem Bürgen « deutlich und unmittelbar vor Augen geführt werden». Fragen könnte man sich höchstens, ob man sich damit begnügen und die Worte «in der Bürgschaftsurkunde selbst» wieder streichen sollte,

882 damit die Praxis die Möglichkeit hätte, die Bürgschaft auch in andern Fällen als gültig zu betrachten, wenn die Billigkeit es verlangt, z. B. wenn nachgewiesen wäre, dass der Bürge den genauen Betrag von Anfang an gekannt hat.

Der zahlenmässig anzugebende Betrag ist gedacht als Maximalsumme der Haftung. Dies geht aus Art. 499, Abs. l deutlich hervor. In Abs. l von Art. 494 könnte es sich höchstens darum handeln, dass dies angedeutet würde, etwa durch Einfügung des Wortes «maximalen» vor dem Worte «Haftung».

In Absatz 2 ist der Passus «die den am Orte ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht» als unnötig kritisiert worden. Wir haben ihn trotzdem beibehalten, um Schwierigkeiten zu vermeiden, wie sie sich bei der Anwendung von Art. 55 des Schlusstitels zum ZGB eingestellt haben, welcher die öffentliche Beurkundung bei Grundstücken regelt. Es soll damit klargestellt werden, dass die öffentliche Beurkundung an einem beliebigen Orte vorgenommen werden kann, unabhängig vom Wohnsitz der Beteiligten. Insbesondere soll es nicht nötig sein, dass alle Mitbürgen sich zur Beurkundung vor die gleiche Urkundsperson begeben müssen. Allfällige widersprechende kantonale Vorschriften wären nicht wirksam.

Die Beschränkung der öffentlichen Beurkundung auf die Bürgschaften natürlicher Personen hat die Meinung, dass nicht nur die Bürgschaften juristischer Personen, sondern auch diejenigen der Handelsgesellschaften (Kollektiv- und Kommanditgesellschaft) davon befreit sind.

Zur Vermeidung der Umgehung der Formvorschriften bestimmt Absatz 8, dass auch die Vollmacht und das Bürgschaftsversprechen der gleichen Form bedürfen. Der Entwurf spricht allerdings nur von einer «besonderen» Vollmacht, worunter die Spezialvollmacht zur Unterzeichnung einer Bürgschaft verstanden wird. Nicht darunter fällt also eine generelle Vollmacht, wie sie z. B. bei einer Prokura vorliegt. Bezüglich des Bürgschaftsversprechens hätte vielleicht die Bestimmung von Art. 22, Abs. 2, OB genügt, wonach die zum Schütze der Vertragschliessenden aufgestellte Gültigkeitsform auch für den Vorvertrag Geltung hat. Es wäre aber doch möglich, dass aus der Weglassung des Bürgschaftsversprechens an dieser Stelle falsche Schlüsse gezogen würden. Neu aufgenommen worden sind, gegenüber dem ersten Entwurf, aus dem gleichen Grunde der Garantievertrag und
die Schuldmitübernahme. Das Erfordernis der öffentlichen Beurkundung ist namentlich für die letztere von Bedeutung.

Sie ist aber kaum entbehrlich.

Die ersten Entwürfe enthielten noch den Passus: «Dagegen kann sich jedermann formlos verpflichten, für seine eigene Schuld einen Bürgen zu bestellen». Dieser wurde aber auf Wunsch der Expertenkommission gestrichen, weil er .nicht hierher gehöre. Die Bestimmung, wonach Nebenabreden und Abänderungen einer Bürgschaft der Formvorschrift nur unterstehen, wenn sie die Stellung des Bürgen erschweren, wurde beibehalten, obwohl die Expertenkommission die Bestimmung von Art. 115 OR für ausreichend hielt.

Beibehalten wurde ebenso trotz erhobenen Einwendungen der letzte Satz,

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laut welchem durch blosse Schriftlichkeit die Haftung auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden kann, der zuerst abgetragen wird. Es erscheint notwendig, auf diese Möglichkeit besonders hinzuweisen, weil man häufig der irrtümlichen Auffassung begegnet, dass dies ohnehin die Meinung der Bürgschaft sei. So übernimmt jemand z. B. für eine Hauptschuld von Fr. 10 000 eine Bürgschaft von Fr. 5000, in der Meinung, es könne ihm nichts passieren, da er durch die vom Hauptschuldner hinterlegten Fr. 5000 Bundesobligationen genügend gedeckt sei. Dabei haftet er aber auch für die andern, nicht gedeckten Fr. 5000. In Zukunft soll er wissen, dass die von ihm vorausgesetzte Beschränkung der Haftung ausdrücklich vereinbart werden muss, um Geltung zu haben.

In Absatz 4 ist die Eückforderung nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung vorgesehen für den Fall, dass eine formnichtige Bürgschaft in Unkenntnis des Mangels bezahlt wird. Nach andern Vorschlägen sollte der Formmangel in einem solchen Falle als geheilt betrachtet werden.

Zu Art. 495.

Absatz l : Einer Anregung, der einfache Bürge solle nicht schon bei Ausbruch des Konkurses über den Hauptschuldner belangt werden können, sondern erst nach Ausstellung eines definitiven Verlustscheins, also erst nach Beendigung des Konkurses, konnte nicht entsprochen werden, weil dadurch die Wirksamkeit dieser Bürgschaftsform allzusehr beeinträchtigt würde. Die Folge wäre wohl, dass noch öfter Solidarbürgschaften eingegangen würden.

Der gewünschte Zweck kann übrigens nach dem Entwurf durch die Schadlosbürgschaft erreicht werden.

Dagegen erscheinen zwei andere Abweichungen vom bisherigen Text nötig. Einmal war es wünschenswert, die allgemeine Formulierung «oder ohne Verschulden des Gläubigers erfolglos betrieben worden ist» durch eine konkretere Fassung zu ersetzen. Der erste Entwurf schlug vor, zu sagen «oder das Zwangsnachlassverfahren eingeleitet hat oder bis zur Ausstellung eines definitiven Verlustscheins betrieben worden ist». In der Expertenkommission wurde vorgeschlagen, sich mit einem provisorischen Verlustschein zu begnügen.

Die Kommission hat dies aber abgelehnt. Das Abwarten eines definitiven Verlustscheins entspricht dem subsidiären Charakter der einfachen Bürgschaft in der Tat besser. Auch der Vermittlungsvorschlag, mir vom Verlustschein
im allgemeinen zu sprechen und die Frage der Praxis zu überlassen, scheint uns nicht zweckmässig zu sein. Ferner wurde in der Expertenkommission, angeregt, die Belangung des einfachen Bürgen erst nach Abschluss des Nachlassvertrages durch den Hauptschuldner zuzulassen, nicht schon nach Einleitung des Verfahrens, d. h. nach Erteilung der Stundungsbewilligung. Wir haben aber an der Lösung des ersten Entwurfes festgehalten, wonach die Gewährung der Nachlaßstundung der Konkurseröffnung gleichgestellt wird. Sie dürfte besser vereinbar sein mit der Bestimmung des Art. 303 SchKG, laut welcher der

884

Gläubiger berechtigt ist, dem Bürgen im Nachlassverfahren des Hauptschuldners die Abtretung seiner Forderung gegen Zahlung anzubieten.

Ferner musste die Streitfrage, ob der Wegzug des Hauptschuldners aus einem ausländischen Staat in einen andern auch Anlass geben soll zur Belangung des Bürgen, durch eine neue Fassung des Textes beseitigt werden. Der Entwurf bejaht diese Frage, da auch in diesem Falle die Rechts Verfolgung für den Gläubiger erheblich erschwert sein kann. Allerdings rechtfertigt sich diese Lösung nur, wenn die Erschwerung wirklich eine erhebliche ist. Dies wird nun im neuen Text ausdrücklich gesagt. Auch die Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland berechtigt zur Belangung des Bürgen erst dann, wenn eine solche Erschwerung der EechtsVerfolgung nachgewiesen wird.

In A b s a t z 2 sind gestrichen worden die Worte «und die Pfänder ohne Konkurs des Hauptschuldners verwertet werden können». Dieser Passus erscheint unnötig und irreführend, da gemäss Art. 41 SchKG die Pfänder in allen Fällen ohne Konkurs des Hauptschuldners verwertet werden können.

A b s a t z 4 gibt eine Eegelung der Schadlosbürgschaft, welche bisher nirgends ausdrücklich vorgesehen ist, aber schon nach geltendem Eecht als zulässig betrachtet werden muss. Gegen diese sind keine Einwendungen erhoben worden.

Zu Art. 496.

Dieser Artikel bringt zwei wichtige Neuerungen zum Schütze des Solidarbürgen, worüber auf S. 871 f. bereits das Wichtigste gesagt worden ist. Im Gegensatz zum geltenden Eecht soll der Solidarbürge gemäss Absatz l erst belangt werden können, wenn «der Hauptschuldner gemahnt worden und mit seiner Leistung im Eückstand ist». In der ersten Fassung war statt vom Leistungsrückstand die Eede vom Leistungsverzug. Mit der neuen Formulierung wollte der Tatsache Eücksicht getragen werden, dass manche ausländische Eechte einen Verzug im Sinne des schweizerischen Eechts nicht kennen.

Von einschneidender Bedeutung ist sodann die Neuerung, dass auch der Solidarbürge grundsätzlich erst nach Verwertung der Faustpfand- und Forderungspfandrechte soll belangt" werden können. Eine Ausnahme wird in Absatz 2 nur zugelassen, «soweit diese nach Ermessen des Eichters voraussichtlich keine Deckung bieten». Die Expertenkommission hielt es für notwendig, ausdrücklich zu sagen, dass der Eichter über diese wichtige Frage zu entscheiden habe.
Zu Art. 497.

A b s a t z l ist unverändert. .Ein Antrag in der Expertenkommission, die Mitbürgschaft soll nur gültig sein, wenn alle Mitbürgen in der Bürgschaftsurkunde genannt sind, ist von ihr wohl mit Eecht abgelehnt worden.

In Absatz 2 gelangt der neue Gedanke, dass die solidarisch haftenden Mitbürgen womöglich alle gleichzeitig belangt werden müssen, zur Durch-

885 führung (vgl. dazu die Ausführungen S. 872). Dieser Eegelung gegenüber ist das Bedenken geltend gemacht worden, dass in gewissen Fällen eine unangemessene, dem Gläubiger nicht zumutbare Erschwerung der Rechtsverfolgung eintreten- könnte. Falls man diesem Rücksicht tragen wollte, könnte dies durch einen Vorbehalt geschehen, so dass der.zweite Satz lauten würde: «Er kann jedoch, soweit dadurch nicht eine unzumutbare Erschwerung der Rechtsverfolgung entsteht, die Leistung...». (Betreffend die Pflicht zur Annahme von Teilzahlungen vgl. Art. 504.)

· Absatz 3 regelt das bisher in Absatz 2 erwähnte Rückgriffsrecht auf die Mitbürgen in dem Sinne, dass für geleistete Zahlungen auf jene solidarisch haftenden Mitbürgen Rückgriff genommen werden kann, die noch nicht so viel geleistet haben. Damit wird der Rückgriff schon nach blossen Teilleistungen zugelassen, während er nach geltendem Recht nur für die über den Kopfanteil hinaus gemachten Leistungen möglich ist. Dieser neuen Lösung liegt der allgemeine Gedanke zugrunde, dass die Mitbürgen alle gleichmässig belastet werden sollen.

Absatz 4 enthält eine Ergänzung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Dem Falle, wo ein anfänglich in Aussicht genommener Mitbürge sich nicht verpflichtet, soll daher der andere gleichgestellt werden, wo ein Mitbürge nachträglich entlassen wird. Auch in diesem Falle sollen alle andern Mitbürgen frei werden. Damit will der Möglichkeit entgegengetreten werden, dass eine solvente Persönlichkeit mit dem Versprechen ihrer spätem Entlassung dazu veranlasst wird, eine Bürgschaft an erster Stelle zu unterzeichnen, um auch andere zur Unterschrift zu ermutigen. In der Expertenkommission ist eingewendet worden, es könne Fälle geben, wo die gänzliche Befreiung Aller unbillig wäre. Dem könnte, falls man dies für nötig hält, durch folgende Fassung des zweiten Teils von Absatz 4 Rechnung getragen werden : « . . . Bürgschaft eingegangen, und tritt diese Voraussetzung nicht ein, oder wird ein Bürge nachträglich vom Gläubiger aus der Haftung entlassen, so wird der Bürge frei, soweit nicht die Billigkeit eine blosse Herabsetzung der Haftung in angemessenem Umfange rechtfertigt». Die ersten Entwürfe hatten die Befreiung auch vorgesehen, wenn die Verpflichtung eines Mitbürgen nachträglich ungültig erklärt wird und der Betreffende den
Mangel nicht gekannt hat und auch nicht hätte kennen sollen. Nachdem die Expertenkommission aber der Auffassung war, dass die Befreiung aller Mitbürgen wegen der Ungültigkeit einer einzigen Unterschrift in manchen Fällen zu Unbilligkeiten führen könnte, haben wir diesen Fall weggelassen, in der Meinung, dass der Richter darüber zu entscheiden habe, ob die gänzliche Befreiung der andern oder nur eine Reduktion ihrer Haftung eintreten soll.

In Absatz 5 wird neu das Verhältnis der Bürgen, die unabhängig voneinander die gleiche Hauptschuld verbürgt haben, geregelt. Vorgeschlagen wird die Haftung eines jeden für das Ganze mit anteilmässigem Rückgriff auf alle Mitbürgen. Diese Lösung ist wohl billiger als die Beschränkung der Haftung

886

auf einen Eopfanteil oder die Beschränkung des Bückgriffs auf jene Burgen, die sich in einem frühern Zeitpunkt verpflichtet haben.

Zu Art. 498.

Unverändert.

Zu Art. 499.

Neu eingeführt ist in Absatz l die maximale Haftungssumme (vgl. S. 861 und Art. 494, Abs. 1).

A b s a t z 2 bringt eine wichtige Neuerung, die Amortisation der Bürgschaft von Gesetzes wegen (vgl. die grundsätzlichen Ausführungen S. 875 ff.).

Absatz 3 umschreibt den Umfang der verbürgten Forderungen. Da aber (gemäss Absatz 1) die in der Bürgschaftsurkunde angegebene Summe den maximalen Betrag der Haftung darstellt, haftet der Bürge für die in den Ziffern l--3 dieses Absatzes angegebenen Forderungen nur, soweit sie den Eahmen der jeweiligen Bürgschaftssumme nicht übersteigen. So ist es zulässig, z. B. die Haftung für fünf Jahreszinse zu vereinbaren, soweit dadurch die Bürgschaftssumme nicht überschritten wird. Im übrigen ist die bisherige Regelung übernommen und in einigen Punkten entsprechend der bundesgerichtlichen Praxis ergänzt worden. In diesem Sinne wird in Ziffer l gesagt, dass weder der aus dem Dahinfallen des Vertrages entstehende Schaden, d. h.

das negative Vertragsinteresse, noch eine Konventionalstrafe vom Bürgen verlangt werden können. In Ziffer 2 werden noch besonders erwähnt die Kosten für die Betreibung sowie für die Herausgabe allfälliger Pfänder und für die Übertragung allfälliger Grundpfandrechte. In Ziffer 3 endlich werden eine laufende und eine verfallene Annuität genannt für den Fall, dass solche bestehen.

Sollte die Einführung einer maximalen Haftungssumme abgelehnt werden, so wäre es wohl notwendig, wenigstens die Haftung für Zinse nur bis zu einer gesetzlich festzulegenden maximalen Grenze zuzulassen (z. B. bis zum halben Betrag der Hauptschuld). Dabei müsste dann für die Verbürgung einer Ben te oder eines Kontokorrents eine besondere Lösung vorgesehen werden.

A b s a t z 4 bringt eine Neuerung, die sich als nützlich erweisen dürfte, indem er bestimmt, dass der Bürge im Zweifel nur für die nach der Unterzeichnung der Bürgschaft entstandenen Verpflichtungen des Hauptschuldners haltet. Durch diese Neuerung soll verhindert werden, dass der Bürge in der irrtümlichen Auffassung unterzeichnet, dass die Bürgschaft für die Beschaffung eines neuen Kredits benötigt werde, während sie in Wirklichkeit nur für die Deckung einer alten Schuld verwendet wird (z. B. für die Ablösung eines Bürgen, dem die finanzielle Lage des Hauptschuldners zu unsicher gewordenist).
Zu Art. 500.

Absatz 2 will dem Bürgen eine wesentliche Erleichterung dadurch gewähren, dass er ihm bei jeder Bürgschaftsart, also auch bei der Solidarbürgschaft,

887

das unabdingbare Bechi gibt, gegen Leistung von Sicherheit die Einstellung der gegen ihn gerichteten Betreibung zu verlangen, bis alle Pfänder verwertet sind und gegen den Hauptschulduer ein definitiver Verlustschein (eventuell nach Durchführung des Konkurses) vorliegt oder von ihm ein Nachlassvertrag abgeschlossen ist. Nach geltendem Eecht wird nämlich die Gefahr für den Bürgen, besonders für den Solidarbürgen, stark erhöht durch den Umstand, dass er zur Leistung gezwungen ist, obwohl die Mittel des Hauptschuldners noch nicht erschöpft sind, die möglicherweise zur vollen Deckung der Forderung genügen. Nach der in Aussicht genommenen Bestimmung soll er dies nun durch Leistung von Sicherheit vermeiden können. Er hat dann nur für den Ausfall aufzukommen und erspart sich damit auch die Unannehmlichkeiten eines Eegresses gegen den Hauptschuldner, der ihm oft aus persönlichen Gründen schwer fällt. Dem Gläubiger kann diese Neuerung wohl zugemutet werden.

Denn die damit gegebene Einschränkung der Liquidität der Forderung wird wohl ausreichend kompensiert durch die erhöhte Sicherheit, die doch die Hauptsache ist. Diese Sicherheit, die neben die persönliche Haftung des Bürgen tritt, musste nach den ersten Entwürfen eine «angemessene» sein.

Von Seite der Banken wurde vorgeschlagen, eine «Sicherheit in bar oder mündelsichern Papieren in der Höhe des ganzen Anspruchs an Kapital und Zinsen» zu verlangen oder eine «Sicherheit, die jeden Verlust des Gläubigers ausschliesst». Die Expertenkommission fand jedoch, dass es auch hier genüge, von Sicherheitsleistung zu sprechen, ähnlich wie z. B. in OB 83, sofern der Bichter darüber zu entscheiden hat (entsprechend Art. 85 SchKG). Sache des Bichters wird es also sein, nach seinem Ermessen zu bestimmen, ob die angebotenen Sicherheiten nach Art und Umfang unter Berücksichtigung aller in Frage kommender Umstände genügen. Erweisen sich diese als ungenügend, so kann wohl auch eine entsprechende Ergänzung beim Bichter anbegehrt werden. Einen Vorschlag, die Einstellung der Betreibung nur bis zum Vorliegen eines provisorischen Verlustscheins zuzulassen, haben wir abgelehnt, weil dadurch die Erreichung des gewollten Zweckes zu sehr eingeschränkt würde.

Absatz 8 fasst die Absätze 2 und 3 des bisherigen Art. 500 zusammen.

Die Änderungen des Textes sind redaktioneller
Natur. Insbesondere soll klargestellt werden, dass diese Bestimmung auch gilt, wenn die Kündigung vom Hauptschuldner ausgeht, und dass eine Kündigung nur zwischen Gläubiger und Hauptschuldner in Frage kommt, während der Bürge nur eine Mitteilung über diese erhält. Die ersten Entwürfe enthielten auch eine Begelung über die dem Pfandeigentümer zu machenden Mitteilungen. Diese wurde aber gestrichen, da sie nach Auffassung der Expertenkommission ins Sachenrecht gehört.

A b s a t z 4 ist veranlasst worden durch einen bundesgerichtlichen Entscheid (BGE 60 n, 304 ff.), in welchem das Bundesgericht erkannt hatte, dass der in der Schweiz wohnhafte Bürge haften müsse, obwohl der Hauptschuldner seine Schuld wegen Transferverboten, Clearingvorschriften und dgl. nicht bezahlen kann. Gegen diesen Entscheid ist in der Literatur Stellung bezogen worden.

Die Justizabteilung schlug eine dem Absatz 4 entsprechende Bestimmung vor.

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Nach dieser soll dem Bürgen das Eisiko solcher durch die ausländische Gesetzgebung geschaffener Hemmungen nur dann Überbunden werden, wenn er es bewusst auf sich genommen hat. Die Expertenkommission strich diese Bestimmung mit der Begründung, es sei damit zu rechnen, dass das Bundesgericht seine Praxis ändere, nachdem es in'einem neueren Entscheid (BGE 63n, 803 ff., insbesondere 311) bereits Zweifel in seinen frühern gesetzt habe. Es scheint uns aber doch richtiger, eine Bestimmung aufzunehmen. Für die Eegelung der weitern Frage hingegen, ob solche ausländischen Zahlungsverbote den schweizerischen ordre public' verletzen, ist hier wohl nicht der richtige Ort.

Zu Art. 501.

In A b s a t z l wird versucht, die nicht ohne weiteres verständliche Bestimmung des geltenden Eechts (Art. 506, Abs. 1) «soweit er nicht durch die Art seiner Verpflichtung von der Geltendmachung solcher Einreden ausgeschlossen wird» durch eine klarere zu ersetzen. Im Entwurf werden nun zwei Gruppen von Einreden genannt, die der Bürge nicht geltend machen kann. Dies sind einmal die Einreden, die sich auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners stützen. Damit soll namentlich gesagt werden, dass der Nachlassvertrag des Hauptschuldners den Bürgen nicht zu entlasten vermag, wenn der Gläubiger die Bedingungen, des Art. 303 SchKG erfüllt. Ferner fallen für den Bürgen ausser Betracht alle Einreden des Hauptschuldnerë, die sich auf seine Vertragsunfähigkeit, einen Irrtum oder die Verjährung stützen, sofern der Bürge sich in Kenntnis dieser Mängel im Sinne von Art. 493, Abs. 3, verpflichtet hat. Dieser letztere Gedanke könnte kürzer und verständlicher ausgedrückt werden durch einen Vorbehalt zugunsten von Art. 493, Abs. 3, der aber aus gesetzestechnischen Gründen unerwünscht ist. Neu ist die Erwähnung der Einreden der Erben, womit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass der Bürge nicht haftet, wenn die Gläubiger dos Erblassers es unterlassen haben, ihre Forderungen gemäss Art. 590, Abs. l, ZGB in das Inventar aufnehmen zu lassen, so dass die Erben selbst auch nicht mehr haften.

In A b s a t z 2 soll bestimmt werden, da.ss der Verzicht des Hauptschuldners auf eine ihm zustehende Einrede für den Bürgen nicht bindend ist. Darin liegt nur eine Verallgemeinerung eines in Art. 141, Abs. 2, OE speziell für die Verjährung aufgestellten Satzes.

Absatz 3 ist, abgesehen von einer durch die Hineinschiebung des zweiten Absatzes notwendig 'gewordenen textlichen Änderung, unverändert geblieben.

Absatz 4 gibt dem Bürgen, der eine wegen Spiel und Wette unldagbare Schuld verbürgt hat, die Einrede der Unklagbarkeit auch dann, wenn er diesen Mangel gekannt hat. Diese Bestimmung ist deshalb notwendig, weil sonst die Vorschrift, dass solche Forderungen unklagbar sind, leicht umgangen werden könnte. Überdies entspricht es der Billigkeit, dass der Bürge nicht strenger haftet als der Hauptschuldner.

889 Zu Art. 502.

In A b s a t z l hat namentlich die Eegelung der Herausgabe der nachträglich bestellten Sicherheiten Schwierigkeiten verursacht. Bis zur Eevision vom Jahre 1911 verbot das Gesetz die Verminderung auch der nachträglich bestellten Sicherheiten schlechthin. Das führte zu Unzukömmlichkeiten wegen der bei den Banken üblichen Klausel, dass das für eine bestimmte Schuld bestellte Pfand auch für alle andern Verpflichtungen des Hauptschuldners hafte. Wenn also eine Bank z. B. zuerst einen Bürgschaftskredit gewährt hatte und nachher einen Lombardkredit mit der erwähnten Klausel, so konnte sie die hinterlegten Wertpapiere, solange der Bürgschaftskredit bestand, nicht herausgeben, ohne verantwortlich zu werden. Die erwähnte Klausel wirkte sich daher sehr zum Nachteil des Pfandgebers aus. Um diesem Übelstande abzuhelfen, wurde im Jahre 1911 der Passus eingefügt «und ausschliesslich für die verbürgte Forderung bestimmten». Nachher zeigte es sich dann aber, dass diese Formulierung keine befriedigende Lösung bot für den Fall, wo ein Pfand ausdrücklich für zwei oder mehrere speziell bestimmte Forderungen bestellt worden war. Dieses hätte dann nach dem strengen Wortlaut herausgegeben oder für andere Forderungen verwendet werden dürfen, ohne dass eine dieser Forderungen getilgt worden wäre. Das Bundebgericht hat aber entschieden, dass dieser Passus trotz des Wortlautes so interpretiert werden müsse, wie wenn es heissen würde «speziell für die verbürgte Forderung bestimmten» (BGE 48n, 212 f.). In diesem Sinne wurde auch der Text in den ersten Entwürfen abgeändert. Die Expertenkommission hat jedoch nach einlässlicher Diskussion nicht nur diese Änderung, sondern auch die Neuerung vom Jahre 1911 mit grosser Mehrheit (14 gegen 3 Stimmen) gestrichen und ist zum ursprünglichen Text zurückgekehrt. Wir glauben trotzdem, an der vorgeschlagenen Fassung festhalten zu sollen, da sonst eine erhebliche Behinderung des Bürgschaftskredites zu befürchten wäre.

Neu werden in Absatz l erwähnt die Vorzugsrechte, um festzustellen, dass die Sorgfaltspflicht für die Gesamtheit der für diese Forderung haftenden Sicherheiten gilt. Darunter fallen also auch Pfändungspfandrechte und Eetentionsrechte (vgl. Entscheid des bernischen Appellationshofes, ZBJV 51, 142).

Um die Beweislage für den Bürgen zu verbessern, wird in Absatz
l nicht mehr von der Verantwortlichkeit des Gläubigers gesprochen, sondern eine Verringerung der Haftung um den Betrag der Verminderung von Sicherheiten und Vorzugsrechten statuiert, soweit nicht der Gegenbeweis erbracht wird, dass der eingetretene Schaden nicht so hoch ist. Die Haftung des Bürgen soll sich also nur um einen kleineren Betrag verringern, wenn der Schaden nachgewiesenermassen geringer ist, und sie reduziert sich überhaupt nicht, wenn nachgewiesen wird, dass ein Schaden nicht in Frage kommt. Für den Fall, dass der Bürge bereits bezahlt hat, muss die Bückforderung des zuviel bezahlten Betrages vorbehalten werden.

Die Entäusserung von Beweismitteln wird in Art. 503, Abs. l, geregelt.

Bundesblatt. 91. Jahrg. Bd. II.

65

890 Absatz 2 ist durch die Worte «oder der ihm sonst zumutbaren Sorgfalt» erweitert und der bundesgerichtlichen Praxis angepasst worden.

Absatz 3 ist neu und dürfte geeignet sein, die Wirksamkeit dieses Artikels wesentlich zu erhöhen. Die Anträge auf Streichung dieses Absatzes glauben wir daher ablehnen zu müssen.

Zu Art. 503.

Die Neuerungen dieses Artikels haben in der Expertenkommission zu einer grossen Diskussion geführt.

In Absatz l dürfte zwar unbestritten sein, dass der Gläubiger nicht nur die Pfänder herauszugeben, sondern auch die für die Übertragung von Pfandrechten erforderlichen Handlungen vorzunehmen und die nötigen Aufschlüsse zu erteilen hat. Dies ist namentlich von Bedeutung für die Grundpfandrechte, die übertragen werden müssen. Ein Antrag, dass dies auf Kosten des Bürgen zu geschehen habe, ist durch eine entsprechende Ergänzung in Art. 499, Ziffer 2 berücksichtigt worden. Es erscheint richtiger, diese Frage dort zu regeln, um anzudeuten, dass auch für diese Kosten die maximale Begrenzung der Haftung und das Eückgriffsrecht Geltung haben. Ferner hat der Gläubiger, wenn er ein Faustpfand in nachgehendem Eang hat, dem Besitzer der Pfandsache Mitteilung zu machen, dass er diese nach seiner Befriedigung dem Eigentümer zurückzugeben habe (ZGB 886).

Weiterhin stellte sich die Frage, welche Pfänder vom Gläubiger an den Bürgen herauszugeben oder zu übertragen seien. Nach geltendem Recht sind es alle «bei ihm hinterlegten Pfänder». Dies geht aber zu weit, denn es besteht keine Veranlassung, dem Bürgen Eechte einzuräumen auf die Pfänder, die ein Dritter nachträglich bestellt hat. Vielmehr rechtfertigt es"sich, die Sicherheiten hier in gleicher Weise zu umschreiben wie in Art. 502, Abs. 1. Dieselbe Umschreibung ist dann auch bei der Frage des Regressrechts (Art. 507", Abs. 1) zu verwenden.

Am meisten wurde in der Expertenkommission darüber diskutiert, ob der Gläubiger erst nach seiner Befriedigung die Pfänder herauszugeben oder zu übertragen habe, oder schon, wenn ihm Befriedigung angeboten worden ist, und ob dies Zug um Zug geschehen müsse. Von Seite der Gläubiger wurden gegen beide Neuerungen schwere Bedenken geltend gemacht. Wir haben nun beide fallen gelassen in der Meinung, dass die übrigen Bestimmungen genügen.

Gemäss Art. 82 OR muss nämlich der Gläubiger, wenn er die Leistung verlangt, ebenfalls Erfüllung anbieten. Es ist allerdings klar, dass die Herausgabe der Pfänder und die Übertragung der Pfandrechte erst nach Befriedigung des Gläubigers erfolgen müssen. Andererseits aber können sie sofort verlangt werden. Der Bürge kann also seine Leistung zurückhalten bis der Gläubiger sich bereit erklärt, sie
unmittelbar nach voller Bezahlung der Bürgschaft herausgeben zu wollen. Es ist deshalb nicht nötig, neben der Erfüllung auch das Erfüllungsangebot zu regeln und, einer gemachten Anregung folgend, für

891

letzteres zu sagen: «Der Gläubiger hat dem Bürgen, der ihm Befriedigung anbietet und diese sicherstellt, die zur Geltendmachung...».

Die Bestimmung in Absatz 2, dass der Bürge frei wird, wenn die Übertragung der Sicherheiten verweigert wird, ist aus Art. 510, Abs. 2, des geltenden Eechts übernommen worden. Sie gehört systematisch hieher. Ihr Inhalt wird durch diese Verlegung allerdings etwas erweitert, indem sie sich nicht mehr bloss auf die Übertragung der Sicherheiten bezieht, sondern auch auf die Herausgabe der Beweismittel und die Erteilung von Aufschlüssen, was jedoch sachlich gerechtfertigt ist. Andererseits ist ihr die Schärfe genommen worden durch die Einfügung des Wortes «ungerechtfertigterweise», wodurch die Übereinstimmung mit Art. 91 OE hergestellt wird. Ferner ist aus Art. 509, Abs. l das Verbot der Entäusserung von Beweismitteln übernommen worden. Auch hier tritt eine kleine Veränderung des Inhalts ein, indem nicht mehr von der Verantwortlichkeit des Gläubigers die Eede ist, sondern von der Befreiung des Gläubigers und Schadenersatz.

Aus dieser Eegelung ergeben sich für den Bürgen folgende Möglichkeiten : Er kann mit seiner Leistung zurückhalten, bis ihm die Herausgabe oder Übertragung zugesichert wird. Weigert der Gläubiger sich ungerechtfertigterweise, diese Zusage zu geben, so wird der Bürge frei. Statt dessen kann der Bürge ohne weiteres vorausleisten. Hat er die ganze Leistung vollzogen, so bleibt ihm nur eine Forderung auf Schadenersatz. Hat er aber nur eine Teilleistung gemacht, so kann er für den Eest Zahlung anbieten gegen die erwähnte Zusicherung. Wird diese ungerechtfertigterweise nicht gegeben, so wird er von der weitern Verpflichtung frei und hat darüber hinaus noch Anspruch auf Schadenersatz. Wird sie jedoch gegeben, aber nicht erfüllt, so bleibt wiederum nur die Klage auf Schadenersatz. Bei Beweismitteln und Faustpfändern im ersten Eang wird sich der Austausch Zug um Zug leicht machen lassen. Aber auch bei Grundpfändern und andern Sicherheiten sind keine erheblichen Schwierigkeiten zu befürchten.

Zu Art. 504.

I n A b s a t z l i s t zur Vermeidung von Zweifeln der Gedanke zum Ausdruck gebracht worden, dass der Gläubiger vom Bürgen die Zahlung auch dann entgegennehmen muss, wenn die Fälligkeit nur durch den Konkurs des Schuldners verursacht ist, während umgekehrt
gemäss Art. 500, Abs. l, der Bürge trotz der durch den Konkurs herbeigeführten Fälligkeit nicht zur Zahlung vor dein ursprünglich festgesetzten Termin verpflichtet ist.

Gestrichen worden sind die Worte «oder ihn aus der Bürgschaft entlasse», weil die Befreiung gemäss Abs. 2 ohne weiteres eintritt bei Zahlungsannahmeverzug.

Neu aufgenommen worden ist andererseits die Verpflichtung de» Gläubigers zur Annahme von Teilzahlungen, wenn diese mindestens so gross sind wie der Kopfanteil des zahlenden Bürgen. Dies ergibt sich als Konsequenz aus der

892 in Art. 497, Abs. 2 aufgenommenen Neuerung, dass die in der Schweiz belangbaren Mitbürgen gleichzeitig belangt werden müssen, soweit sie nicht bereits ihren Kopfanteil bezahlt haben. Eine solche Bestimmung ist mit Eücksicht auf Art. 69 OB wohl nicht überflüssig (vgl. auch Art. 1029, Abs. 2, OE).

In Absatz 2 ist nur noch von der Zahlungsannahme die Eede, während die Übertragung von Sicherheiten nunmehr in Art. 503 geregelt ist. Auch hier wurde der Zusatz gemacht, dass die Zahlungsverweigerung eine ungerechtfertigte sein muss, um die Befreiung zu bewirken. Ferner mussto der Fall geregelt werden, wo von mehreren Mitbürgen einer wegen Zahlungsannahmeverzug ausscheidet. Für diesen Fall rechtfertigt sich wohl nur eine Herabsetzung der Haftung der übrigen um den Betrag seines Kopfanteils.

Absatz 3 will die herrschende Auffassung gesetzlich festlegen, dass der Bürge den Schuldner schon vor der Fälligkeit der Forderung befriedigen kann, ohne seinen Eegress zu verlieren. Hingegen kann natürlich ein Eegress vor der Fälligkeit nicht in Frage kommen, weil sonst Gläubiger und Bürge zusammen die Möglichkeit hätten, den Hauptschuldner vor der Fälligkeit zur Zahlung zu zwingen.

Zu Art. 505.

Absatz l enthält eine wichtige Neuerung, nämlich die Verpflichtung des Gläubigers, dem Bürgen Mitteilung zu machen, wenn der Hauptschuldner mit seinen Leistungen im Verzug ist, und ihm auf Verlangen über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben. Auf diese Weise soll der Bürge in die Lage versetzt werden, sich rechtzeitig ein Bild zu machen über den Stand der Verpflichtungen und über die Leistungen des Hauptschuldners. Besonders die Mitteilungspflicht, die im Postulat Schirmer verlangt worden und z. B. in Art. 633 des polnischen Gesetzes enthalten ist, dürfte hiefür gute Dienste leisten. Pie Frist hiefür ist im ersten Entwurf auf 30 Tage angesetzt gewesen.

Da diese in den meisten Eingaben als viel zu kurz bezeichnet worden ist, haben wir eine solche von sechs Monaten angenommen, die auch auf die im Hypothekarwesen üblichen Verspätungen Eücksicht nimmt.

Nicht aufgenommen haben wir hingegen den Vorschlag, der Gläubiger habe dem Bürgen auch von allfälligen Vermögensverschlechterungen des Hauptschuldners-Mitteilung zu machen. Die Durchführung einer derartigen Bestimmung wäre schwierig, weil eine solche Verschlechterung
oft nur sehr schwer, meistens aber nicht rechtzeitig festgestellt werden kann.

Absatz 2 bringt eine notwendige. Ergänzung,.indem neben dem Konkurs auch der Nachlassvertrag erwähnt wird. Von grösserer Bedeutung ist die vorgesehene Erweiterung der Pflichten des Gläubigers. Dieser soll nämlich in Zukunft nicht nur die Forderung im Konkurs anmelden und dem Bürgen Mitteilung machen, sondern-er hat auch «alles Weitere vorzukehren,-was ihm zur Wahrung der Eechte zugemutet werden kann». Der erste Entwurf war noch weiter gegangen und hatte verlangt, dass «das Nötige für die weitere Verfolgung

893 derselben zu unternehmen» sei. Dies wurde aber als zu weitgehend empfunden, da man dem Gläubiger nicht zumuten könne, z. B. die Kosten eines Kollokationsprozesses auf sich zu nehmen. Nunmehr ist es also der Praxis überlassen, festzustellen, was der Gläubiger für die Weiterverfolgung der Eechte zu unternehmen hat.

Im Gegensatz zum bisherigen Eecht will A b s a t z 3 diese Eechte des Bürgen zwingend gestalten. Zwar machen die Banken von dem in den Bürgschaftsformularen vorbehaltenen Eecht, diese Pflichten auf den Bürgen abzuwälzen, praktisch wenig Gebrauch. Trotzdem wird diese Bestimmung in manchen Fällen nützlich sein.

Der Text von Absatz 4 hat eine Änderung erfahren, die nur von redaktioneller Bedeutung ist. Hingegen ist sein Inhalt wesentlich erweitert worden durch die Tatsache, dass der erste Absatz neu hinzugekommen ist. Auch für die dort genannten Fälle gelten also die in Absatz 4 vorgesehenen Folgen. Dies ist aber wohl nicht unbillig. Dem Bedenken, dass diese Bestimmung gefährlich sei, wenn der Gläubiger die Adresse des Bürgen nicht kenne, könnte allenfalls durch die Einfügung des Wortes «schuldhafterweise» in Absatz 4 Eechnung getragen werden.

Zu Art. 506.

Neu aufgenommen worden ist die Sicherstellungspflicht bei Entwertung von Sicherheiten, was praktisch recht bedeutsam sein dürfte, sowie bei Verlegung des Wohnsitzes in einen andern Staat, wenn dadurch die Eechtsverfolgung erheblich erschwert wird. Dieser letztere Punkt könnte allerdings zur Not schon aus Ziffer 3 abgeleitet werden.

Ferner würden wir für den Fall, dass die in Art. 509, Abs. 3, vorgesehene Befristung auf zwanzig Jahre gestrichen werden sollte, die Aufnahme einer Bestimmung empfehlen, welche die Verpflichtung zur Sicherstellung nach Ablauf einer gewissen Anzahl von Jahren statuieren würde. Im französischen Eecht (2032, Ziffer 5 C c) beträgt diese bei Bürgschaften auf unbestimmte Zeit zehn Jahre, im italienisch-französischen Entwurf (Art. 732, Ziffer 5) fünf Jahre.

Die weitere Anregung, den Erben des Bürgen nach Ablauf von- drei Jahren seit dem Tode des Erblassers einen Anspruch auf Sicherstellung zu geben, haben wir abgelehnt.

Zu Art. 507.

Absatz l enthält, abgesehen von einer redaktionellen Änderung, welche den Anforderungen der Logik besser Eechnung tragen will, zwei wichtigere Neuerungen. Nachdem in Art. 502,
Abs. l, die Sorgfaltspflicht und in Art. 503 die Herausgabepflicht auf diejenigen Pfänder und anderweitigen Sicherheiten und Vorzugsrechte beschränkt worden ist, die bei Eingehung der Bürgschaft vorhanden waren oder die vom Hauptschuldner nachträglich speziell für diese Forderung bestellt worden sind, muss konsequenterweise auch hier eine gleiche Einschränkung Platz greifen. Daraus ergibt sich, dass die Pfänder, die von

894 einem Dritten nachträglich bestellt worden sind, sowie die nachträglich vom Hauptschuldner bestellten, aber nicht speziell für diese Forderung bestimmten Pfänder, nicht auf den zahlenden Bürgen übergehen.

Die zweite Neuerung bestimmt, dass bei teilweiser Bezahlung der Schuld und teilweisem Übergang des Pfandrechts auf den Bürgen der dem Gläubiger verbleibende Teil den Vorrang hat. Dies ist wohl nichts anderes als billig. " In A b s a t z 2 ist neu, dass auch auf die Befugnis, diese Eechte sofort nach ihrer Fälligkeit geltend zu machen, nicht verzichtet werden kann. Gemeint ist damit das häufig vereinbarte Verbot des Eückgriffes auf den Hauptschuldner, solange der Gläubiger nicht voll befriedigt ist. Dieses Verbot soll nicht mehr zulässig sein. Die Lage des Bürgen kann durch den sofortigen Rückgriff oft wirksam erleichtert werden, besonders wenn der Gläubiger es unterlägst, den Hauptschuldner zu betreiben. In den ersten Entwürfen ist dabei noch ein Vorbehalt gemacht worden zugunsten der Pfandrechte. Damit wollte nur die in Art. 496, Abs. 2, zugelassene Vereinbarung vorbehalten werden, was aber wohl nicht notwendig ist.

Absatz 4, der das Rückgriffsrecht des Pfandeigentümers auf den Bürgen regelt, ist neu (vgl. die Ausführungen S. 878).

A b s a t z 5 ist ebenfalls neu. Nachdem Art.493, Abs. 3, die Verbürgung gewisser unverbindlicher Verträge und verjährter Forderungen unter bestimmten Voraussetzungen verbindlich erklärt, bedarf auch die Frage des Rückgriffsrechts für diese Fälle einer Regelung. In Absatz 5 wird dieses Rückgriffsrecht nun verneint, weil sonst der Hauptschuldner auf dem Umweg der Bürgschaft zur Bezahlung einer für ihn unverbindlichen oder unklagbaren Forderung gezwungen werden könnte. Eine Ausnahme wird aber gemacht, wenn der Bürge die Haftung für eine verjährte Schuld im Auftrag des Hauptschuldners übernommen hat. In diesem Falle verlangt es die Billigkeit, dass wenigstens die Haftung aus Auftrag zugelassen werde.

Absatz 5 bezieht sich seinem Text nach auf alle unklagbaren Forderungen, also auch auf solche aus Spiel und Wette. Die Frage allerdings, ob eine derartige Forderung überhaupt gültig verbürgt werden könne, ist nirgends ausdrücklich geregelt. Der erste Entwurf hatte für sie in Art. 493, Abs. 3, die Bestimmung vorgesehen, dass auch sie gültig verbürgt werden könne,
wenn der Bürge den Mangel kennt. Daraus war zu schliessen, dass die Verbürgung nicht gültig war, wenn der Bürge den Mangel nicht kannte. Diese Regelung ist angefochten und daher gestrichen worden. Nachdem nun diese Frage nirgends geregelt ist, muss wohl aus allgemeinen Grundsätzen abgeleitet werden, dass die Verbürgung einer Schuld aus Spiel und Wette für den Bürgen, unter Vorbehalt von Willensmängeln, eine gleiche Verpflichtung begründet wie für den Hauptschuldner, nämlich.eine unklagbare Schuld. Dementsprechend wird denn auch in Art. 501, Abs. 4, erklärt, dass dem Bürgen die Einrede aus Spiel und Wette selbst dann zustehen, wenn er diesen Mangel gekannt hat. Die Verbürgung einer solchen Schuld ist somit gültig, aber unklagbar und ohne Regressrecht.

895 ' Zu Art. 508.

Dieser Artikel entspricht im wesentlichen dem bisherigen Art. 507.

Absatz l stellt ausdrücklich einen Grundsatz auf, der bisher stillschweigend vorausgesetzt war, nämlich die Pflicht des Bürgen, dem Hauptschuldner von gemachten Zahlungen Mitteilung zu machen. Neu aufgenommen worden sind Teilzahlungen.

In Absatz 2 ist neu der Passus «der die Teilzahlung nicht kannte und auch nicht kennen musste». Inhaltlich wird dadurch aber nichts geändert.

Zu Art. 509.

Abgesehen vom ersten Satz, der dem bisherigen Art. 501 entspricht, ist dieser Artikel neu.

Absatz l ist durch einen Zusatz ergänzt worden. Wenn nämlich die Bürgschaft durch Konfusion zwischen dem Hauptschuldner und dem Bürgen untergeht, sollen die besondern Vorteile, welche die Bürgschaft geboten hat, bestehen bleiben. Der wichtigste Fall dürfte der sein, dass der Hauptschuldner den Bürgen beerbt hat oder umgekehrt und die Bürgschaft pfandgesichert ist. In einem solchen'Falle soll die Pfandsicherheit nicht verloren gehen (vgl. Art. 2035 C e fr.).

Im Anschluss an diesen ersten Absatz enthielten die Vorentwürfe eine Bestimmung, wonach im Falle der Schuldübernahme mit befreiender Wirkung die Bürgschaft untergehen sollte, wenn der Bürge dieser Übernahme nicht schriftlich zugestimmt hat. Dies hätte eine Abänderung des Art. 178, Abs. 2 OE bedeutet, nach welchem die formlose Zustimmung genügt; Eine solche Änderung wäre zwar sachlich gerechtfertigt, und sie würde auch jeden Zweifel darüber beseitigen, ob Art. 178, Abs. 2 unverändert gilt, oder ob eine Zustimmung mit öffentlicher Beurkundung nötig ist. Wir haben sie aber trotzdem wieder fallen lassen, um mit dieser Revision nicht in den Text anderer Teile des OE einzugreifen.

Absatz 2 bringt die wichtige und stark umstrittene Neuerung, dass jede Bürgschaft natürlicher Personen nach Ablauf von zwanzig Jahren dahinfällt, jedoch frühestens ein halbes Jahr vorher durch bloss schriftliche Zustimmung um höchstens zehn Jahre verlängert werden kann. Ausserdem kann sie mit öffentlicher Beurkundung jederzeit um zwanzig Jahre erneuert werden, in beliebiger Wiederholung (vgl. die Ausführungen S. 874 f.).

Wenn diese Neuerung wirksam sein soll, muss das Dahinfallen der Bürgschaft ohne Eücksicht auf die Fälligkeit der Bürgschaft und der Hauptschuld zugelassen werden. Anderseits muss allerdings dem Gläubiger auch Gelegenheit gegeben werden, den Bürgen während einer gewissen Frist vor dem Dahinfallen zu belangen. Der Entwurf sieht hiefür ein halbes Jahr vor. Der Bürge kann somit während eines halben Jahres vor Ablauf der zwanzigjährigen Frist belangt werden, selbst wenn die Bürgschaft für eine längere Frist ab-

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geschlossen und die Hauptschuld noch nicht fallig ist. Auch dies genügt aber nicht. Denn der Belangung des Bürgen muss bei der einfachen Bürgschaft diejenige des Hauptschuldners, bei der Solidarbürgschaft in gewissen Fällen wenigstens die Inanspruchnahme der Faust- und Forderungspfandrechte vorausgehen. Was soll nun geschehen, wenn dies nicht möglich ist, weil die Hauptschuld noch nicht fällig ist ? Es würde sich wohl nicht empfehlen, dem Gläubiger in einem solchen Fall die vorzeitige Belangung des Hauptschuldners und die vorzeitige Inanspruchnahme der Pfänder zu gestatten. Das wäre ein zu starker Eingriff in das Schuldverhältnis. Dann bleibt aber kein anderer Ausweg übrig als die Befreiung des Gläubigers von diesen Verpflichtungen. Es muss also die Belangung des Bürgen, und zwar selbst des einfachen Bürgen zugelassen werden, ohne dass dieser die Einrede der Vorausklage oder der vorherigen Inanspruchnahme der Pfänder erheben könnte, falls der Gläubiger nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld hiefür nicht genügend Zeit hatte. Der Entwurf schlägt dafür eine Frist von eineinhalb Jahren vor. Ist also dieHauptschuld nicht mindestens eineinhalb Jahre vor dem Dahinfallen der Bürgschaft fällig, so kann vom Bürgen schon vor Belangung des Hauptschuldners und vor Inanspruchnahme der Pfänder Zahlung verlangt werden.

Durch diese Bestimmung durfte bei der Solidarbürgschaft wenig geändert werden. Dagegen wird bei der einfachen Bürgschaft die Stellung des Bürgen in der Eegel wesentlich verschlechtert, so dass er es meistens vorziehen, wird, einer Verlängerung um weitere zehn Jahre zuzustimmen und dadurch die vorzeitige Belangung von sich fern zu halten. Dadurch wird die Wirksamkeit dieser Neuerung bei der einfachen Bürgschaft allerdings erheblich eingeschränkt. Immerhin dürfte eine solche zeitliche Befristung auch für den einfachen Bürgen immer noch vorteilhafter sein als gar keine. Andernfalls wäre zu prüfen, ob die zeitliche Befristung nur für die Solidarbürgschaft einzuführen wäre.

Zweifeln kann man, ob der Bürge, der vor der Fälligkeit der Hauptschuld belangt worden ist, den Begress auf den Hauptschuldner erst nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld soll geltend machen können. Aus Gründen der Billigkeit haben wir den sofortigen Eegress zugelassen. Diese Lösung steht allerdings im Gegensatz zu
derjenigen in Art. 504, Abs. 3. Es besteht aber der wesentliche Unterschied, dass die Bezahlung dort freiwillig vor der Fälligkeit erfolgt.

Zu Art. 510.

Den Bestimmungen des vorliegenden Artikels vorausgehend hatten die ersten Entwürfe eine Vorschrift eingefügt über das Eücktrittsrecht des Bürgen für den Fall, dass der Gläubiger dem Hauptschuldner den verbürgten Kredit noch gar nicht zugesprochen oder wenigstens noch nicht ausbezahlt hat. Im ersten Fall war Voraussetzung, dass die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners sich inzwischen erheblich verschlechtert haben, im zweiten Fall, dass er zahlungsunfähig geworden ist. Den Beschlüssen der Experten-

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kommission folgend haben wir diese Neuerung aber wieder fallen gelassen (vgl. S. 877 f.).

A b s a t z l gibt den bisherigen Art. 502 unverändert wieder. Die beiden andern Absätze sind neu.

In Absatz 2 und 8 ist die Frage geregelt, wie sich die Beendigung der Bürgschaft dann gestalten soll, wenn die für die Bürgschaft vorgesehene Zeit abläuft, bevor die Hauptschuld fällig ist. Wir schlagen vor, dem Bürgen die Wahl zu geben, sich durch Sicherheitsleistung zu befreien oder weiter zu haften, wie wenn er sich bis zur Fälligkeit der Hauptschuld verpflichtet hätte.

Zu Art. 511.

A b s a t z l gibt im ersten Teil den Absatz l des bisherigen Art. 503 wieder, jedoch unter ausdrücklicher Beschränkung auf die einfache Bürgschaft. Im bisherigen Recht war es nämlich streitig geworden, ob auch der Solidarbürge die gleichen Eechte habe, also vom Gläubiger die Geltendmachung der Forderung verlangen könne. Dies hatte nach der bisherigen Eegelung keinen rechten Sinn, da der Solidarbürge immer vor dem Hauptschuldner und den Pfändern in Anspruch genommen werden konnte (vgl. den nicht publizierten Entscheid des Bundesgerichts vom 3. November 1936 i. S. Bonnard et cons.

c. Soc. de Banque Suisse). Nachdem aber in Art. 496, Abs. 2, die Neuerung vorgesehen ist, dass auch der Solidarbürge in gewissen Fällen erst nach Verwertung der Faust- und Forderungspfandrechte belangt werden kann, musste für diesen Fall hier eine entsprechende Ergänzung vorgenommen werden. Auch der Solidarbürge soll in einem solchen Falle verlangen können, dass die Verwertung dieser Pfänder ohne erheblichen Unterbruch vorgenommen werde.

Absatz 4 erklärt (in Anlehnung an BGE 64ll, 380 ff.) den ganzen Artikel zum zwingenden Eecht.

Zu Art. 512.

Die in Absatz 2 und 3 vorgenommenen Änderungen sind nur redaktioneller Natur.

Bemerkungen zu den Übergangsbestimmungen.

Die Übergangsbestimmungen sind von der Gestaltung der Neuerungen im Bürgschaftsrecht abhängig. In Übereinstimmung mit dem Übergangsrecht zum ZGB (SchlT 1) wird in Abs. l und 2 der Grundsatz der Nichtrückwirkung festgelegt. Das neue Recht gilt somit grundsätzlich nur für neue Bürgschaften.

Bei altrechtlichen Bürgschaften gelangt es nur zur Anwendung, soweit es sich um nachher eingetretene Tatsachen handelt, und auch dies nur mit den Einschränkungen, die zum Schütze wohlerworbener Rechte nötig sind. Deshalb sind insbesondere die unter dem alten Recht ohne öffentliche Beurkundung

898 eingegangenen Bürgschaftsverpflichtungen weiterhin gültig. Auch eine nachträgliche Überführung in die Form der öffentlichen Beurkundung kommt nicht in Frage. Die Gefahr der Rückdatierung einer später abgeschlossenen Bürgschaft zwecks Umgehung der öffentlichen Beurkundung ist wohl nicht sehr gross, da der Bürge jederzeit den Formmangel geltend machen kann.

Nur eine scheinbare Ausnahme vom Grundsatz der Nichtrückwirkung ist es, wenn einige neue Bestimmungen auf altrechtliche Tatbestände angewendet werden. Denn es handelt sich dabei immer um Bestimmungen, die lediglich den bisherigen Inhalt des Gesetzes deutlicher zum Ausdruck bringen wollen (z. B. Art. 495, Abs. 3).

Die Anwendung des neuen Rechts auf altrechtliche Bürgschaften, soweit Tatsachen unter dem neuen Recht eingetreten sind, ist in mehreren Fällen vorgesehen, so z. B. in bezug auf die Pflicht zur Mitteilung eines Verzuges (Art. 505, Abs. 1), die Pflicht des Gläubigers zur Anmeldung und Verfolgung der Forderung im Konkurs und Nachlassvertrag (Art. 505, Abs. 2)', die Mahnungspflicht (Art. 496, Abs. 1) und die maximale Befristung der Bürgschaft (Art. 509, Abs. 8). Dagegen ist es nicht wohl möglich, den Amortisierungszwang auch bei altrechtlichen Bürgschaften anzuwenden. Fragen kann man sich allerdings, ob dieser Umstand nicht dazu führen muss, auch die Anwendung der maximalen Befristung auf neue Bürgschaften fallen zu lassen. Ferner können alle diejenigen Bestimmungen auf altrechtliche Bürgschaften nicht angewendet werden, welche eine Regelung -bringen für den Fall, dass bei der Unterzeichnung der Bürgschaft nichts anderes vereinbart worden ist.

III. Schlnssbemerkuogen.

In der vorliegenden Fassung dürfte der Entwurf geeignet sein, die Stellung des Bürgen in mehreren Punkten erheblich zu verbessern. Die Einführung eines Bürgschaftsregisters halten wir zu diesem Zwecke nicht für notwendig.

Wir lehnen sie vielmehr als zu grosse Belastung des Bürgschaftskredites ab.

Als wichtigste Neuerung ist dafür das Erfordernis der öffentlichen Beurkundung vorgesehen, das für alle Bürgschaften natürlicher Personen in Beträgen von über Fr. 2000 aufgestellt wird (Art. 494, Abs. 2). Ausserdem wird für alle Bürgschaften, die zahlenmässige Angabe des Bürgschaftsbetrages in der Bürgschaftsurkunde selbst verlangt (Art. 494, Abs. 1), und dieser Betrag gilt als maximale Begrenzung der Haftung, so dass auch Zinsen und Kosten nicht eine darüber hinausgehende Haftung begründen können (Art. 499, Abs. l und 3). Eine bedeutende Erleichterung für den Bürgen besteht sodann darin, dass er, wenn er Sicherheit leistet, erst belangt werden kann, wenn gegen den Hauptschuldner ein definitiver Verlustschein vorliegt (Art. 500, Abs. 2). Ferner muss dem Bürgen von jedem Verzug des Hauptschuldners, der sechs Monate übersteigt, Mitteilung gemacht werden (Art. 505, Abs. 1). Konkurrieren Bürgschaft und Pfandrecht miteinander, so soll im Zweifel der Pfandeigentümer letzten Endes

899 den Schaden tragen (Art. 507, Abs. 4). Überdies sind eine Beihe von Bestimmungen im Interesse des Bürgen als zwingend erklärt worden (vgl.

Art.500, Abs. 2; 501, Abs. 2; 502, Abs. 3; 505, Abs. 8, und 511, Abs. 4). Die Stellung des Solidarbürgen im besondern wird dadurch erleichtert, dass er erst belangt werden kann, wenn der Hauptschuldner gemahnt worden und in Verzug geraten ist (Art. 496, Abs. 1). Ausserdem müssen in gewissen Fällen Paust- und Forderungspfandrechte vorher in Anspruch genommen worden sein (Art. 496, Abs. 2). Bestehen mehrere Solidarbürgen, so müssen sie, soweit sie in der Schweiz belangt werden können, gleichmässig belangt werden (Art. 497, Abs. 2). Weitere wichtige Neuerungen sind die obligatorische Amortisierung der Bürgschaft im gleichen Umfang wie die Hauptschuld sich reduziert (Art. 499, Abs. 2) und das Dahinfallen jeder Bürgschaft nach zwanzig Jahren, jedoch mit der Möglichkeit der Erneuerung um weitere zehn Jahre durch bloss schriftliche Zustimmung (Art. 509, Abs. 2). Endlich ist zu erwähnen, dass das geltende Hecht in zahlreichen Punkten ergänzt und präzisiert worden ist, in der Eegel in Anlehnung an die Praxis des Bundesgerichts.

Die meisten dieser Neuerungen sind veranlasst durch die Erfahrungen namentlich der letzten Jahre und finden in ihnen ihre Eechtfertigung. Sie sind in ihrer Gesamtheit darauf gerichtet, den Schutz des Bürgen zu verstärken.

Diese Tendenz findet aber ihre Schranke im Interesse, welches die gesamte Volkswirtschaft daran hat, dass die Bürgschaft sich weiterhin mit Nutzen als Kreditmittel verwenden lässt. Deshalb muss die Eevision streng darauf bedacht sein, weder die Eingehung der Bürgschaft allzusehr zu erschweren, noch ihre Wirksamkeit in erheblichem Masse zu schwächen. Vor allem aber darf die Eechtssicherheit nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Grundsatz, dass das gegebene Wort gehalten werden muss, soll daher der ganzen Eevision als Leitstern dienen. Nur so wird es möglich sein, der Wirtschaft weiterhin in der Bürgschaft ein brauchbares und wertvolles Kreditinstrument zur Verfügung zu stellen, das geeignet sein wird, ihr auch in schweren Zeiten grosse Dienste zu leisten.

Wir empfehlen Ihnen den beiliegenden Entwurf zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. Dezember 1939.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Etter.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

900 (Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Revision des zwanzigsten Titels des schweizerischen Obligationenrechts vom 30. März 1911 betreffend das Bürgschaftsrecht.

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Art. 64 der Bundesverfassung, nach Einsicht der Botschaf t des Bundesrates vom 20. Dezember 1989, beschliesst:

I.

Die Art. 492 bis 512 des schweizerischen Obligationenrechts vom 30. März 1911 werden aufgehoben und ersetzt durch die nachfolgenden Bestimmungen.

Zwanzigster Titel.

Die Bürgschaft.

492 (492).

A. Voraussetzungen.

I. Begriff.

Durch den Bürgschaftsvertrag übernimmt der Bürge einem andern gegenüber die Verpflichtung, für die Erfüllung der Schuld eines Dritten einzustehen.

493 (494).

II. Hauptschuld.

Jede Bürgschaft setzt eine zu Eecht bestehende Hauptschuld voraus.

Für den Fall, dass die Hauptschuld wirksam werde, kann die Bürgschaft auch für eine künftige oder bedingte Schuld eingegangen werden.

Neuerungen sind kursiv gedruckt.

901 Wer für die Schuld aus einem wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit für den Hauptschuldner unverbindlichen Vertrag oder für eine verjährte Schuld einzustehen erklärt, haftet unter den Voraussetzungen und nach den Grundsätzen des Bürgschaftsrechts, wenn er bei der Eingehung seiner Verpflichtung den auf Seiten des Hauptschuldners vorhandenen Mangel kannte.

494 (493).

Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Er- :ni. Form.

klärung des Bürgen und der Angabe eines zahlenmässig bestimmten Betrages seiner Haftung in der Bürgschaftsurkunde selbst.

Übersteigt der Haftungsbetrag die Summe von zweitausend Franken, so bedarf die Bürgschaft natürlicher Personen ausserdem der öffentlichen Beurkundung, die den am Ort ihrer Vornahme geltenden Vorschriften entspricht. Die gleiche Form ist erforderlich, wenn eine den Betrag von zweitausend Franken übersteigende Bürgschaftssumme zur Umgehung dieser Vorschrift in kleinere Summen aufgeteilt worden ist.

Der gleichen Form wie die Bürgschaß bedürfen die Erteilung einer besondern Vollmacht zur Unterzeichnung einer Bürgschaft, das Versprechen, dem Vertragsgegner oder einem Dritten Bürgschaft zu leisten, der Garantievertrag und die Schuldmitübernahme. Nebenabreden und Abänderungen einer Bürgschaft bedürfen der für die Bürgschaft vorgesehenen Form nur, soweit sie die Stellung des Bürgen erschweren. Durch schriftliche Abrede kann die Haftung des Bürgen auf denjenigen Teil der Hauptschuld beschränkt werden, der zuerst abgetragen wird.

Wer eine formnichtige Bürgschaft in Unkenntnis des Formmangels bezahlt, kann das Bezahlte nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zurückverlangen.

Der Bundesrat ist ermächtigt, die- Höhe der Gebühren für die öffentliche Beurkundung zu beschränken.

495 (495).

Der Gläubiger kann den einfachen Bürgen erst dann zur Zahlung B.

I.

anhalten, wenn er nachweist, dass nach Eingehung der Bürgschaft der Hauptschuldner in Konkurs geraten ist oder Nachlaßstundung erhalten hat oder bis zur Ausstellung eines definitiven Verlustscheins betrieben 1.

worden ist oder infolge Wegzuges aus dem Staate seines ursprünglichen Wohnsitzes dort nicht mehr belangt werden kann und sich daraus für den Gläubiger eine erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung ergibt.

Ist die verbürgte Forderung vor oder gleichzeitig mit Bestellung der Bürgschaft durch Pfandrechte gesichert worden, so ist der einfache Bürge, solange der Hauptschuldner nicht in Konkurs geraten ist, be-

Inhalt.

Besonderheiten der einzelnen Bürgschaflsürten.

Einfache Bürgschaft.

902 rechtigt, zu verlangen, dass der Gläubiger sich vorerst an die Pfänder halte.

Hat sich der Bürge verpflichtet, nur für den Ausfall aufzukommen (Schadlosbürgschaft), so kann er erst belangt werden, wenn gegen den Hauptschuldner ein definitiver Verlustschein vorliegt oder wenn der Hauptschuldner infolge Wegzuges aus dem Staate seines ursprünglichen Wohnsitzes dort nicht mehr belangt werden kann und sich daraus für den Gläubiger eine erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung ergibt.

2. SolidarbUrgschaft.

3. Mitbürg-

schaft.

496 (496).

Wer sich als Bürge unter Beifügung der Worte «solidarisch», «gleich dem Hauptschuldner», «als Zahler», «Selbstzahler», «Selbstschuldner» oder mit andern gleichbedeutenden Ausdrücken verpflichtet, kann vor dem Hauptschuldner und vor der Verwertung der Grundpfänder belangt werden, sofern der Hauptschuldner gemahnt worden und mit seiner Leistung im Bückstand ist.

Vor der Verwertung der Faustpfand- und Forderungspfandrechte kann er nur belangt werden, soweit diese nach dem Ermessen des Richters voraussichtlich keine Deckung bieten, oder wenn dies so vereinbart worden oder der Hauptschuldner in Konkurs geraten ist.

Im übrigen gelten auch für eine solche Bürgschaft die Bestimmungen dieses Titels.

497 (497).

Mehrere Bürgen, die gemeinsam die nämliche teilbare Hauptschuld verbürgt haben, haften für ihre Anteile als einfache Bürgen und für die Anteile der übrigen als Nachbürgen.

Haben sie ausdrücklich mit dem Hauptschuldner oder unter sich Solidarhaft übernommen, so haftet jeder für die ganze Schuld. Er kann jedoch die Leistung des über seinen Kopfanteil hinausgehenden Betrages verweigern, solange nicht alle solidarisch neben ihm haftenden Mitbürgen, welche die Bürgschaft vor oder mit ihm unterzeichnet haben und für diese Schuld in der Schweiz belangt werden können, den auf sie entfallenden Teil bereits geleistet haben oder für ihn ebenfalls belangt worden sind.

Für die geleisteten Zahlungen hat der Bürge einen verhältnismässigen Rückgriff auf die solidarisch neben ihm haftenden Mitbürgen, die noch nicht so viel geleistet haben wie er. Dieser kann dem Rückgriff auf den Hauptschuldner vorausgehen.

Hat ein Bürge in der dem Gläubiger erkennbaren Voraussetzung, dass neben ihm für die gleiche Hauptschuld noch andere Bürgen sich verpflichten werden, die Bürgschaft eingegangen, so wird er befreit, wenn diese Voraussetzung nicht eintritt oder ein Mitbürge nachträglich vom Gläubiger aus der Haftung entlassen wird.

903 Haben mehrere Bürgen sich unabhängig voneinander für die gleiche Hauptschuld verbürgt, so haftet jeder für den ganzen von ihm verbürgten Betrag. Der Zahlende hat jedoch anteilsmässigen Rückgriff auf die andern.

498 (498).

Der Nachbürge, der sich dem Gläubiger für die. Erfüllung der von dem Vorbürgen übernommenen Verbindlichkeit verpflichtet hat, haftet neben diesem in gleicher Weise wie der einfache Bürge neben dem Hauptschuldner.

Der Rückbürge ist verpflichtet, dem zahlenden Bürgen für den Eückgriff einzustehen, der diesem gegen den Hauptschuldner zusteht.

4. Nachbürgschaft und Rückbürgschaft.

499 (499).

Der Bürge haftet in allen Fällen nur bis zu der in der Bürgschafts- II.

urkunde angegebenen Summe.

1.

Bei Bürgschaften natürlicher Personen, mit Ausnahme der Amtsund Dienstbürgschaft, der Zoll-, Fracht- und Garantiebürgschaften gegenüber dem Staat und der Bürgschaften für Verpflichtungen mit wechselndem a.

Schuldbetrag (wie Kontokorrent, Sukzessivlieferungsvertrag) und für periodisch wiederkehrende Leistungen, verringert sich die Bürgschaftssumme, soweit nicht von vorneherein oder nachträglich etwas anderes vereinbart wird, jedes Jahr um drei Hundertstel, wenn aber diese Forderungen durch Grundpfand gesichert sind, um ein Hundertstel des ursprünglichen Betrages. In jedem Falle verringert sie sich bei diesen Forderungen mindestens im gleichen Verhältnis wie das verbürgte Kapital.

Bis zur Höhe der jeweiligen Bürgschaftssumme haftet der Bürge, mangels anderer Abrede, für: 1. den jeweiligen Betrag der Hauptschuld, inbegriffen die gesetzlichen Folgen eines Verschuldens oder Verzuges des Hauptschuldners, jedoch weder für den aus dem Dahinfallen des Vertrages entstehenden Schaden noch für eine Konventionalstrafe; 2. die Kosten der. Betreibung und Ausklagung des Hauptschuldners, soweit ihm rechtzeitig Gelegenheit gegeben war, sie durch Befriedigung des Gläubigers zu vermeiden, sowie gegebenenfalls die Kosten für die Herausgabe von Pfändern und die Übertragung von Pfandrechten; 3. vertragsmässige Zinse bis zum Betrage des laufenden und eines verfallenen Jahreszinses, oder gegebenenfalls für eine laufende und eine verfallene Annuität.

Wenn sieh nicht etwas anderes aus dem Bürgschaftsvertrag oder aus den Umständen ergibt, haftet der Bürge nur für die nach der Unterzeichnung der Bürgschaft eingegangenen Verpflichtungen des Hauptschüldners.

Gemeinsamer Inhalt.

Verhältnis des Bürgen zum Gläubiger.

Umlang der Haftung.

904

500 (500).

b. Belangbarkeit des Bürgen.

c. Einreden.

Der Bürge kann wegen der Hauptschuld vor dem für deren Bezahlung festgesetzten Termine selbst dann nicht belangt werden, wenn die Fälligkeit durch den Konkurs des Hauptschuldners vorgerückt wird.

Gegen Leistung von Sicherheit kann der Bürge bei jeder Bürgschaftsart verlangen, dass der Richter die Betreibung gegen ihn einstellt, bis alle Pfänder verwertet sind und gegen den Hauptschuldner ein definitiver Verlustschein vorliegt oder ein Nachlassvertrag abgeschlossen worden ist.

Auf dieses Recht kann er nicht zum voraus verzichten.

Bedarf die Hauptschuld zu ihrer Fälligkeit der Kündigung und wird diese -vom Gläubiger oder vom Hauptschuldner vorgenommen, so, beginnt die Frist für den Bürgen doch erst an dem Tage zu laufen, an dem ihm diese Kündigung mitgeteilt wird.

·Wird die Leistungspflicht eines im Ausland wohnhaften Hauptschuldners durch die ausländische Gesetzgebung · aufgehoben oder eingeschränkt (wie z. B. durch Vorschriften über Verrechnungsverkehr oder Überweisungsverbote), so kann der. in der Schweiz wohnhafte Bürge sich ebenfalls darauf berufen, soweit er nicht auf diese Einrede verzichtet hat.

501 (506).

Der Bürge ist berechtigt und verpflichtet, dem Gläubiger die Einreden entgegenzusetzen, die dem Hauptschuldner oder seinen Erben zustehen und sich nicht auf die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners stützen. Vorbehalten bleibt die Verbürgung einer für den Hauptschuldner wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit unverbindlichen oder einer verjährten Schuld.

Verzichtet der Hauptschuldner auf eine ihm zustehende Einrede, so kann der Bürge sie trotzdem geltend machen.

Unterlässt es der Bürge, Einreden des Hauptschuldners geltend zu machen, so verliert er seinen Eückgriff insoweit, als er sich mittels dieser Einreden hätte befreien können, wenn er nicht darzutun vermag, dass er sie ohne sein Verschulden nicht gekannt hat.

Dem Bürgen, der eine wegen Spiel und Wette unklagbare Schuld verbürgt hat, stehen, auch loenn er diesen Mangel kannte, die gleichen Einreden zu wie dem Plauptschuldner.

502 (509).

d.

Sorgfallspflicht des Gläubigers.

Wenn der Gläubiger zum Nachteil des Bürgen die bei der Eingehung der Bürgschaft vorhandenen oder die vom Hauptschuldner nachträglich erlangten und speziell für die verbürgte Forderung bestimmten anderweitigen Sicherheiten und Vorzugsrechte vermindert, so verringert

905 sich die Haftung des Bürgen um einen dieser Verminderung entsprechenden Betrag, soweit nicht nachgewiesen wird, dass der Schaden nicht so hoch ist. Die Rückforderung des zuviel bezahlten Betrages bleibt vorbehalten.

Der Gläubiger ist ferner bei der Amts- und Dienstbürgschaft dem Bürgen verantwortlich, wenn infolge Unterlassung der Aufsicht über den Dienstnehmer, zu der er verpflichtet ist, oder der ihm sonst zumutbaren Sorgfalt die Schuld entstanden ist oder einen Umfang angenommen hat, den sie andernfalls nicht angenommen hätte.

Auf diese Rechte kann der Bürge nicht zum voraus verzichten.

503 (508).

Der Gläubiger hat dem Bürgen, der ihn befriedigt, die zur Geltend- 'e, machung seiner Eechte dienlichen Urkunden herauszugeben und die nötigen Aufschlüsse zu erteilen. Ebenso hat er ihm die bei der Eingehung der Bürgschaft vorhandenen oder die vom Hauptschuldner .nachträglich speziell für diese Forderung bestellten Pfänder und anderweitigen Sicherheiten herauszugeben oder die für ihre Übertragung erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Die dem Gläubiger für andere Forderungen zustehenden Pfand- und Retentionsrechte, die denjenigen des Bürgen im Rang vorgehen, bleiben vorbehalten.

Weigert sich der Gläubiger ungerechtfertigterweise, diese Handlungen vorzunehmen, oder hat er sich der vorhandenen Beweismittel entäussert, so wird der Bürge von der Verpflichtung zu weitern Leistungen frei. Überdies wird der Gläubiger dem Bürgen für den ihm darüber hinaus erwachsenden Schaden verantwortlich.

Herausgabe der Pfänder und Beweismittel.

504 (510).

Ist die Hauptschuld fällig, sei es auch infolge Konkurses des Haupt- /.

schuldners, so kann der Bürge jederzeit vom Gläubiger verlangen, dass dieser von ihm Befriedigung annehme. Haften für eine Forderung mehrere Bürgen, so ist der Gläubiger auch zur Annahme einer blossen Teilzahhing verpflichtet, die mindestens so gross ist wie der auf den zahlenden Bürgen entfallende Kopfanteil.

Der Bürge wird frei, wenn der Gläubiger die Annahme der Zahlung ungerechtfertigterweise verweigert. In diesem Falle vermindert sich die Haftung allfälliger solidarischer Mitbürgen um den Betrag ihres Kopfanteils.

Der Bürge kann den Gläubiger auch vor der Fälligkeit der Hauptschuld befriedigen, wenn dieser zur Annahme bereit ist. Der Regress auf den Hauptschuldner kann aber erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend gemacht werden.

Bundesblatt. 91. Jahrg. Bd. II.

66

Anspruch auf Zahlungsannahme oder Entlassung.

906 g. Mitteilungspflicht des Gläubigers und Anmeldung im Konkurs des Schuldners.

505 (511).

Der Gläubiger hat dem Bürgen von jedem Verzug des Hauptschuldners in der Bezahlung von Kapital, Zinsen und Amortisationen, der sechs Monate übersteigt, Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er- ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben.

Im Konkurs und beim Nachlassvertrag des Hauptschuldners hat der Gläubiger seine Forderung anzumelden und alles Weitere vorzukehren, was ihm zur Wahrung der Rechte zugemutet werden kann. Den Bürgen hat er vom Konkurs und von der Nachlaßstundung zu benachrichtigen, sobald er von ihnen Kenntnis erhält.

Auf diese Rechte kann der Bürge nicht zum voraus verzichten.

Unterlässt der Gläubiger eine dieser Handlungen, so verliert er seine Ansprüche gegen den Bürgen insoweit, als diesem aus der Unterlassung ein Schaden entstanden ist.

506 (512).

Der Bürge kann vom Hauptschuldner Sicherstellung und, wenn die Hauptschuld fällig ist, Befreiung von der Bürgschaft verlangen: 1. wenn der Hauptschuldner den mit dem Bürgen getroffenen Abreden zuwiderhandelt, namentlich die auf einen bestimmten Termin versprochene Entlastung des Bürgen nicht bewirkt; 2. wenn der Hauptschuldner in Verzug kommt oder durch Verlegung seines Wohnsitzes in einen andern Staat seine rechtliche Verfolgung erheblich erschwert; 3. wenn durch Verschlimmerung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners oder Entwertung von Sicherheiten oder durch Verschulden des Hauptschuldners die Gefahr für den Bürgen erheblich grösser geworden ist als sie bei Eingehung der Bürgschaft war.

507 (505).

b. Das RückDem Bürgen stehen in demselben Masse, in dem er den Gläubiger griffsrecht des Bürgen. befriedigt hat, dessen bisherige Eechte zu. Von den für die verbürgte aa. Im allForderung haftenden Pfandrechten und andern Sicherheiten gehen aber, gemeinen.

soweit nichts anderes vereinbart worden ist, nur diejenigen auf ihn über, die bei Eingehung der Bürgschaft vorhanden waren oder die vom Hauptschuldner .nachträglich speziell für diese Forderung bestellt worden sind.

Geht infolge bloss teilweiser Bezahlung der Schuld nur ein Teil 'eines Pfandrechts auf den Bürgen über, so hat der dem Gläubiger verbleibende Teil vor demjenigen des Bürgen den Vorrang.

Auf diese Rechte und auf die Befugnis, sie nach Eintritt ihrer Fälligkeit sofort geltend zu machen, kann der Bürge nicht zum voraus verzichten.

2. Verhältnis des Bürgen zum Hauptschuldner.

a. Recht des Bürgen auf Sicherstellung.

907 Vorbehalten bleiben die besondern Ansprüche und Einreden aus dem zwischen Bürgen und Hauptschuldner bestehenden Kechtsverhältnis.

Wird ein für eine verbürgte Forderung bestelltes Pfand in Anspruch genommen, so kann der Pfandeigentümer auf den Bürgen hiefür nur Regress nehmen, wenn dies zwischen dem Pfandbesteller und dem Bürgen so vereinbart oder das Pfand von. einem Dritten nachträglich bestellt worden ist.

Für die Bezahlung einer unklagbaren Forderung oder einer für den Hauptschüldner wegen Irrtums oder Vertragsunfähigkeit unverbindlichen Schuld steht dem Bürgen kein Rückgriffsrecht auf den Hauptschuldner zu.

Hat er jedoch die Haftung für eine verjährte Schuld im Auftrag des Hauptschuldners übernommen, so haftet ihm dieser nach den Grundsätzen über den Auftrag.

508 (507).

Bezahlt der Bürge die Hauptschuld oder einen Teil derselben, so hat bb.

er dem Hauptschuldner hievon Mitteilung zu machen.

Unterlässt er diese Mitteilung und bezahlt der Hauptschuldner, der die Tilgung nicht kannte und auch nicht kennen musste, die Schuld gleichfalls, so verliert der Bürge seinen Bückgriff auf ihn.

Die Forderung gegen den Gläubiger aus ungerechtfertigter Bereicherung bleibt vorbehalten.

. 509 (501).

Durch jedes Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit. C.

Vereinigen sich aber die Haftung als^ Hauptschuldner und diejenige aus der Bürgschaft in einer und derselben Person, so bleiben dem Gläubiger I.

die ihm aus der Bürgschaft zustehenden besondern Vorteile gewahrt.

Jede Bürgschaft einer natürlichen Person fällt nach Ablauf von zwanzig Jahren seit ihrer Eingehung dahin. Während eines halben Jahres vorher kann jede solche Bürgschaft, selbst wenn sie auf eine längere Frist eingegangen worden ist, geltend gemacht werden, sofern der Bürge sie nicht durch eine frühestens ein halbes Jahr vor ihrem Dahinfallen abgegebene schriftliche Erklärung für höchstens weitere zehn Jahre verlängert. Ist die Hauptschuld nicht mindestens ein und ein halbes Jahr vor dem Dahinfallen der Bürgschaft fällig, und konnte sie vom Gläubiger auf diesen Zeitpunkt auch nicht gekündet werden, so kann die Einrede der Vorausklage und der vorherigen Inanspruchnahme der Pfänder nicht erhoben werden. Dem Bürgen steht aber das Rückgriffsrecht auf den Hauptschuldner schon vor der Fälligkeit der Hauptschuld zu. Die Erneuerung der Bürgschaft mit öffentlicher Beurkundung ist jederzeit zulässig. Der Bürge kann auf seine Rechte nicht zum voraus verzichten.

AnzeigePflicht des Bürgen.

Beendigung der Bürgschaft.

Dahinfallen von Gesetzes wegen.

908, 510 (502).

II. Bürgschaft auf Zeit.

III. Unbefristete Bürgschaft.

IV. Amts- und Dienstbürgschaft.

Ist die Bürgschaft nur für eine bestimmte Zeit eingegangen, so erlischt die Verpflichtung des Bürgen, wenn der Gläubiger nicht binnen vier Wochen nach Ablauf der Frist seine Forderung rechtlich geltend macht und ohne erhebliche Unterbrechung den Bechtsweg verfolgt.

Wenn in diesem Zeitpunkt die Forderung nicht fällig ist, so kann sich der Bürge nur durch Sicherheitsleistung von der Bürgschaft befreien.

Unterlässt er dies, so gilt die Bürgschaft, unter Vorbehalt der Bestimmung über die Höchstdauer, weiter, ide icenn sie bis zur Fälligkeit der Hauptschuld vereinbart worden wäre.

511 (503).

Ist die Bürgschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann der einfache Bürge nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld vom Gläubiger verlangen, dass er binnen vier Wochen die Forderung rechtlich geltend mache und den Rechtsweg ohne erhebliche Unterbrechung fortsetze. Soweit ein Solidarbürge erst nach Verwertung der Faust- und Forderungspfandrechte belangt werden kann, ist er nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld zum Verlangen berechtigt, dass die Verwertung dieser Pfänder ohne erheblichen Unterbruch durchgeführt werde.

Handelt es sich um'eine Forderung, deren Fälligkeit durch Kündigung des Gläubigers herbeigeführt werden kann, so ist der Bürge nach Ablauf eines Jahres seit Eingehung der Bürgschaft zu dem Verlangen berechtigt, dass der Gläubiger die Kündigung vornehme und nach Eintritt der Fälligkeit die Forderung im Sinne der vorstehenden Bestimmung geltend mache.

Kommt der Gläubiger diesem Verlangen nicht nach, so wird der Bürge frei.

Auf diese Rechte kann der Bürge nicht zum voraus verzichten.

512 (504).

Eine auf unbestimmte Zeit eingegangene Amtsbürgschaft kann je auf das Ende der auf die Kündigung folgenden Amtsdauer gekündigt werden.

Besteht eine bestimmte Amtsdauer nicht, so kann der Amtsbürge die Bürgschaft je auf das Ende des vierten Jahres nach dem Amtsantritt unter Wahrung einer Kündigungsfrist von einem Jahr kündigen.

Bei der auf unbestimmte Zeit eingegangenen Dienstbürgschaft steht dem Bürgen das gleiche Kündigungsrecht zu wie dem Amtsbürgen bei unbestimmter Amtsdauer.

909

II.

Übergangsbestimmungen.

Die Bestimmungen des neuen Rechts finden Anwendung auf alle Bürgschaften, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind.

Auf Bürgschaften, welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind, finden die Bestimmungen des neuen Rechts jedoch nur hinsichtlich der nachher eingetretenen Tatsachen und mit folgenden Einschränkungen Anwendung.

Nicht anwendbar sind auf solche Bürgschaften die neuen Art. 493, Abs. 3; 494; 496, Abs. 2; 499; 500, Abs. 4; 505, Abs. 3; 507, Abs. 2, 4 und 5; 511, Abs. l und 4.

Art. 496, Abs. l gilt für sie mit der Massgabe, dass der Bürge nicht nur vor dem Hauptschuldner und vor Verwertung der Grundpfänder, sondern auch vor Verwertung der übrigen Pfandrechte belangt werden kann, sofern der Hauptschuldner gemahnt worden und mit seiner Leistung im.

Rückstand ist.

Die Mitteilung des Verzuges gemäss Art. 505, Abs. l hat bei früher abgeschlossenen Bürgschaften spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erfolgen.

Die Bestimmung des Art. 505, Abs. 2 findet nur Anwendung auf Konkurse, die mindestens drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes eröffnet, sowie für Nachlaßstundungen, die mindestens drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes bewilligt worden sind.

Die in Art. 509, Abs. 3 genannte Frist beginnt für altrechtliche Bürgschaften erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zu laufen.

Dieses Gesetz tritt am 1565

in Kraft.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Revision des Bürgschaftsrechts.

(Vom 20. Dezember 1939.)

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Jahr

1939

Année Anno Band

2

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51

Cahier Numero Geschäftsnummer

3975

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.12.1939

Date Data Seite

841-909

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