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Bundesblatt 9l. Jahrgang.

Bern, den 22. März 1939.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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V. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über wirtschaftliche Notmassnahmen.

(Vom 20. März 1939.)

Herr Präsident!

Hochgeachtete Herren!

Wir beehren uns, Ihnen nachfolgend einen Bericht über die auf Grund des Bundesbeschlusses vom 29. September 1936 über wirtschaftliche Notmassnahmen erlassenen Bundesratsbeschlüsse vom 27. Dezember 1938 b e t r e f f e n d die Verbilligung des Mehlund Brotpreises 1), der die Bundesratsbeschlüsse vom 14. Dezember 1936 betreffend die Verbilligung des Mehl- und Brotpreises, vom 22. Januar 1937 betreffend Mehl- und Brotpreis, sowie die Bundesratsbeschlüsse vom 5. November 1937 und 12. Juli 1938 betreffend Mahllohnausgleich bei Vollmehlmahlungen ersetzt, und vom 4. Februar 1939 b e t r e f f e n d Pächterschutz infolge Maulund Klauenseuche 2) zu unterbreiten.

1. Bundesratsbeschluss vom 27. Dezember 1938 betreffend die Verbilligung des Mehl- und Brotpreises.

I.

In unserem II. Bericht an die Bundesversammlung über wirtschaftliche Notmassnahmen, vom 12. Februar 1937, haben wir Sie über die Einführung des Vollbrotes gemäss Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1936 und über die Änderung des Vollbrotverkaufspreises gemäss Bundesratsbeschluss vom 22. Januar 1937 unterrichtet.

Das auf 1. Januar 1937 eingeführte Vollbrot fand bei der Bevölkerung anfänglich eine über Erwarten gute Aufnahme, wozu der Eeiz der Neuheit, ') A. S. 54, 980.

2 ) A. S. 55, 253.

Bundesblatt. 91. Jahrg. Bd. 1.

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der billige Preis, sowie auch die gute Qualität und Schmackhaftigkeit beitrugen.

Als jedoch der Eeiz der Neuheit verschwunden war und unter dem Zwang der Verhältnisse der Preis des Vollbrotes um fünf Bappen heraufgesetzt werden musste, ging der Vollbrotverbrauch zurück. Der Eückgang des Vollbrotverbrauches ist aber offenbar zur Hauptsache die Folge davon, dass ein Grossteil unserer Bevölkerung an das dunkle Brot nicht mehr gewöhnt ist und weisses Brot vorzieht, auch wenn dieses im Nährwert nicht an das Vollbrot heranreicht.

Dazu kam noch, dass das Vollbrot in ungleicher Qualität, zum Teil ungenügend «aufgegangen» und zu wenig ausgebacken, angeboten wurde. Diese Qualitätsmängel beruhten einerseits auf offensichtlichen Fabrikationsfehlern in der Bäckerei; anderseits musste aber auch festgestellt werden, dass da und dort von den Müllern Vollmehl von mangelhafter Qualität geliefert wurde, weil sie zu seiner Herstellung fast ausschliesslich billige und geringe Weizen verwendeten und die bessern Sorten für die Erzeugung von Halbweiss- und Weissmehl zurückbehielten.

Der Eückgang des Vollmehl- und Vollbrotverbrauches führte nach und nach zu einer etwas eigenartigen Eechtslage : Trotz der im Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1936 enthaltenen Herstellungspflicht wurde in gewissen Gegenden kein Vollmehl mehr erzeugt, weil der Absatz fehlte. Den Bäckern und Brotverkaufsstellen konnte die Herstellung und das Halten von Vollbrot kaum mehr zugemutet werden, weil die Möglichkeit nicht bestand, es abzusetzen.

II.

Eine vollständige Aufhebung der Vollbrotaktion, wie sie vielfach verlangt wurde, kam indessen nach Auffassung des Bundesrates unter den gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in Frage. Noch heute erfüllt das Vollbrot eine Aufgabe ; ohne dass ein behördlicher Zwang zum Kauf des Vollbrotes besteht, ist unsern weniger bemittelten Volkskreisen die Möglichkeit geboten, ein hochwertiges und nahrhaftes Vollbrot zu billigem Preis kaufen zu können. Das Vollbrot ist zudem seinerzeit von den Gesundheitsbehörden und massgebenden Hygienikern als wesentlicher Fortschritt auf dem Gebiete der Verbesserung der Brotnahrung unseres Volkes begrüsst worden. Berücksichtigt man auch diese volksgesundheitlichen Belange, so lässt sich die Fortsetzung der Volksbrotaktion wohl rechtfertigen. Eine
Umfrage der Getreideverwaltung in Bäckereien und bei Verbrauchern hat zudem ergeben, dass gewisse, nicht bloss gutgestellte Kreise das Vollbrot beibehalten möchten.. Hygieniker, Zahnärzte und Frauenvereine ersuchten ebenfalls darum, am Vollbrote festzuhalten.

Der Bundesrat hat dann mit seinem Beschluss vom 27. Dezember 1938 eine neue Eegelung getroffen, welche die Verpflichtung der Müller, Vollmehl herzustellen, und die Verpflichtung der Bäcker und Brotverkaufsstellen, Vollbrot zu führen, fallen lässt, aber gleichwohl dem Verbraucher die Möglichkeit gibt, das Vollbrot in guter Qualität und zum bisherigen Preise zu beziehen.

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Damit der Verbraucher die Gewissheit hat, ein gutes Vollbrot zu erhalten, bleiben die bisherigen Vorschriften über die Zusammensetzung der Mahlquote, die Mehlausbeute und das Typmuster bestehen. Die Bäcker dürfen als Vollbrot nur ein Brot verkaufen, das ausschliesslich und unvermischt aus dem vorgeschriebenen Vollmehl hergestellt wurde. Um zu verhindern, dass der Bezug von Vollmehl und Vollbrot verunmöglicht -wird, ist die eidgenössische Getreideverwaltung ermächtigt, in Gegenden, wo Müller und Bäcker die Nachfrage nach Vollmehl und Vollbrot nicht freiwillig decken wollen, nach Fühlungnahme mit den regionalen Müller- und Bäckerorganisationen die Betriebe zu bezeichnen, welche Vollmehl bzw. Vollbrot zu erzeugen und zu liefern haben.

Die ganze Änderung der Vorschriften beruht im Grunde genommen nur darin, dass die bisherige Herstellungspflicht für Vollmehl und die Erzeugungs- bzw. Haltepflicht für Vollbrot in ein Pakultativum umgewandelt worden sind.

Von den bei der Getreideverwaltung als Handelsmühlen eingetragenen 340 Betrieben haben sich 196 zur Herstellung von Vollmehl angemeldet.

Den Müllern, welche sich zur Herstellung von Vollmehl bei der eidgenössischen Getreideverwaltung gemeldet haben, ist grundsätzlich ein Anspruch auf Vergütung eines allfälligen Mahllohnausfalles auf der Vollmehlmahlung zugesichert, soweit das Vollmehl den Vorschriften des Art. l des Beschlusses vom 27. Dezember 1938 entspricht. Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement setzt die Höhe des Mahllohnausgleiches nach Massgabe der jeweiligen Marktverhältnisse für Brotgetreide periodisch fest. Diese Regelung entspricht im wesentlichen derjenigen des von Ihnen genehmigten Bundesratsbeschlusses vom 5. November 1937 betreffend Mahllohnausgleich bei Vollmehlmahlungen. Es sei uns daher gestattet, um Wiederholungen zu vermeiden, für die Gründe zu dieser Massnahme auf unseren III. Bericht an die Bundesversammlung über wirtschaftliche Notmassnahmen, vom 10. Dezember 1937, zu verweisen. Die Voraussetzungen, die den Bundesrat zu seinem Beschlüsse vom 5. November 1937 veranlassten, bestehen im -wesentlichen heute noch.

Ohne den Mahllohnausgleich wäre eine Beibehaltung des verbilligten Vollbrotes nicht möglich.

Die Ausrichtung der Mahllohnrückvergütungen soll aus den gemäss dem von Ihnen genehmigten Beschluss vom 5. November 1937
hiefür bestimmten Mitteln, soweit noch nicht verausgabt, sowie aus dem Viertel der Eingänge aus den Ausgleichszuschlägen gemäss Bundesratsbeschluss vom 14. Oktober 1938 über die Ausgleichsabgaben auf Mahlweizen, Mahlroggen, Mahldinkel und Hartweizen erfolgen. Bei der getroffenen Eegelung und im Hinblick auf die Verhältnisse auf dem Getreidemarkt darf mit bescheidenen Aufwendungen für die Mahllohnrückvergütung gerechnet werden, so dass die Durchführung der Vollbrotaktion ohne Beanspruchung der Bundeskasse noch geraume Zeit gesichert erscheint.

440 Z. Bundesratsbeschluss vom 4. Februar 1939 betreuend Pächterschutz infolge Maul- und Klauenseuche.

I.

Das schweizerische Bauernsekretariat wies mit einer Eingabe vom 14. Dezember 1938 an das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auf die schwierige Lage jener Pächter hin, die sich in einem gekündigten Pachtverhältnis befinden, der Maul- und Klauenseuche wegen jedoch einen Umzug nicht bewerkstelligen oder sogar keinen neuen Pachtbetrieb suchen können. Es verlangte den sofortigen Erlass ähnlicher Bestimmungen zum Schütze der ·Pächter, wie diese im Bundesratsbeschluss vom 17. Februar 1920 anlässlich des grossen Seuchenzuges enthalten waren.

Das Begehren des Bauernverbandes wurde durch ein gleichgerichtetes Schreiben des eidgenössischen Veterinäramtes vom 21. Dezember 1938, ebenfalls an die Justizabteilung, unterstützt und empfohlen.

Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement übermittelte diese Angaben dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für Landwirtschaft, zur Behandlung, welche ihrerseits die eidgenössische Pachtzinskommission mit der Prüfung der Frage betraute.

II.

Zur Begründung und Wünschbarkeit eidgenössischer Massnahmen im Sinne eines Pächterschutzes führte das eidgenössische Veterinäramt unter anderem aus: Das Begehren ist berechtigt. Wenn auch die Maul- und Klauenseuche seit letzter Woche an Ausbreitung abzunehmen scheint, ist kaum zu erwarten, dass es gelingen wird, sie auf nächsten Frühling gänzlich zum Erlöschen zu bringen.

In den davon befallenen Gebieten würde der Umzug von Pächtern mit ihrer Fahrhabe den Bestimmungen der Tierseuchengesetzgebung zuwiderlaufen. Zunächst könnte nicht zugelassen werden, dass Umzugsgut aus frisch verseuchten Gehöften nach seuchenfreien Gegenden und umgekehrt verbracht würde. Sodann wird es einer grössern Anzahl von Pächtern, deren Verträge eventuell auf nächsten Frühling ablaufen, nicht möglich sein, zum Zwecke der Besichtigung von neuen Pachtgütern herumzureisen usw.

Wenn auch die Maul- und Klauenseuche in jüngster Zeit offenbar im Eückgang begriffen ist, so hat sie doch namentlich in den Kantonen Zürich, Bern, Luzern, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, St. Gallen, Aargau, Thurgau, Waadt bedauerlicherweise eine ganz beträchtliche Ausdehnung erfahren.

Die Wünschbarkeit bezüglicher Massnahmen war auch zu ersehen aus Erkundigungen beispielsweise des Militär- und Polizeidepartementes des Kantons Luzern, ob «eidgenössische Weisungen hinsichtlich des Verlassens bzw. Bezuges der Pachtliegenschaften, einer Aufhebung oder zwangslosen Verlängerung der Pachtzeit in den Seuchengebieten etc. auf das Frühjahr 1939 zu gewärtigen sind. Eine einheitliche Eegelung dieser Fragen für sämtliche Gebiete der Schweiz wäre zu begrüssen». Die Notwendigkeit ergab sich auch

441 aus dem Umstand, dass allein der Verband bernischer Pächter bei der eidgenössischen Pachtzinskommission rund 70 Eingaben von Pächtern einreichte, welche auf die schwierige Lage hinwiesen.

III.

In Anlehnung an die Massnahmen im Zusammenhang mit dem Seuchenzug 1920/21 will der Bundesratsbeschluss vom 4. Februar Pächtern, denen die Pacht gekündigt ist und die zufolge seuchenpolizeilicher Massnahmen im Pachtwechsel verhindert werden, die Möglichkeit einer Pachtverlängerung schaffen. Die Handhabung der Schutzbestimmungen ist auch diesmal durch Schiedsgerichte gedacht, deren Bestreben es in erster Linie sein wird, zwischen den verschiedenen Betroffenen möglichst eine gütliche Eegelung zu vermitteln.

Allenfalls notwendige Schiedssprüche sind endgültig und praktischerweise einem Eechtsmittelweg entzogen. Für Streitigkeiten in einem und demselben Kanton hat dieser ein Schiedsgericht zu bestimmen. Streitsachen, die sich über mehrere Kantone erstrecken, unterstehen einem Schiedsgericht, dessen zwei Mitglieder die beteiligten Kantone zu bezeichnen und zu entschädigen haben, während das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement den Obmann bestimmt, unter angemessener Vergütung seiner Auslagen und Bemühungen ; die Deckung dieser nicht bedeutenden Kosten (Bahnvergütung für die kantonalen Vertreter ausserhalb ihres Kantonsgebietes inbegriffen) ordnet das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement.

Die Notwendigkeit und Dringlichkeit eines solchen Pächterschutzes erforderten nach einstimmiger Empfehlung des Entwurfes durch die eidgenössische Pachtzinskommission den Beschluss des Bundesrates vom 4. Februar 1939.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beantragen wir Ihnen, den beigedruckten Bundesratsbeschlüssen Ihre Genehmigung zu erteilen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. März 1939.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Etter.

Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

Beilagen : 1. BRB. vom 27. Dezember 1938 betreffend die Verbilligung des Mehl- und Brotpreises.

2. BRB. vom 4. Februar 1939 betreffend Pächterschutz zufolge Maul- und Klauenseuche.

442 Beilage 1.

Bimdesratsbeschluss betreffend

die Verbilligung des Mehl- und Brotpreises.

(Vom 27. Dezember 1938.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf den Bundesbeschluss vom 29. September 1936 über wirtschaftliche Notmassnahmen, beschliesst:

Art. 1.

Vollmehl ist aus einer Getreidemischung von etwa 80 Gewichtsprozenten Weizen und/oder Dinkelkernen und etwa 20 Gewichtsprozenten Koggen herzustellen. Diese Getreidemischung ist auf etwa 85 % Vollmehl auszumahlen.

Der Auszug von Weissmehl, Halbweissmehl und Griess aus den Vollmehlmahlungen und die Beimischung von Mahlprodukten aus andern Vermahlungen sind untersagt.

Für das Vollmehl wird von der eidgenössischen Getreideverwaltung ein verbindliches Typmuster aufgestellt. Das Vollmehl darf nicht heller sein als das Typmuster.

Es ist untersagt, diesen Vorschriften nicht entsprechendes Mehl als Vollmehl oder Vollmehl unter einer andern Bezeichnung in den Verkehr zu bringen.

Art, 2.

Es ist verboten, Vollmehl (Art. 1) zu Futterzwecken zu verarbeiten, zu veräussern, zu vermitteln oder zu verwenden.

Art. 3.

Der Verkaufspreis für das Vollmehl darf höchstens sechsundzwanzig Franken fünfzig Eappen je hundert Kilogramm netto oder mit Sack (brutto für netto) franko Bäckerei betragen. In Gebirgsgegenden ist ein Transport-

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Zuschlag in bisher üblicher Höhe gestattet. Bei sackweisem Verkauf für die Hausbäckerei ist ein Zuschlag von höchstens drei Franken je hundert Kilogramm zulässig.

Art. 4.

Die Inhaber von Handelsmühlen, welche ein dem Art. l entsprechendes Vollmehl herstellen und den Bäckern oder für die Hausbäckerei zu dem in Art. 3 festgesetzten Höchstpreis zur Verfügung halten wollen, haben sich' bei der eidgenössischen Getreideverwaltung schriftlich anzumelden.

Sie haben grundsätzlich Anspruch auf die Vergütung eines allfälligen Mahllohnausfalles auf der Vollmehlmahlung, soweit das Vollmehl den Vorschriften des Art. l entspricht. Im Widerspruch zu dieser Vorschrift bezogene Vergütungen sind zurückzuerstatten.

Die Höhe des Mahllohnausgleiches wird vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement nach Massgabe der jeweiligen Marktverhältnisse für Brotgetreide periodisch festgesetzt.

' Art. 5.

Die Vergütung des Mahllohnausgleiches erfolgt: a. aus dem bereits dafür zurückgelegten Fünftel der gesamten Einnahmen an Ausgleichzuschlägen im IV. Quartal 1936; b. aus drei Fünftem der Eingänge aus dem bis 30. Juni 1938 erhobenen Grundausgleichzuschlag von 75 Eappen je 100 kg Brotgetreide; c. aus den gesamten Einnahmen aus der Staffelung des Ausgleichzuschlages ab 1. Januar 1937 bis 30. Juni 1988; d. aus einem Viertel der Eingänge aus den Ausgleichzuschlägen gemäss Art. l, Abs. 2, des Bundesratsbeschlusses vom 14. Oktober 1938 über die Erhebung von Ausgleichsabgaben auf Mahlweizen, Mahlroggen, Mahldinkel und Hartweizen.

Art. 6.

Als Vollbrot darf nur ein Brot in den Verkehr gebracht werden, welches ausschliesslich und unvermischt aus dem in Art. l erwähnten Vollmehl hergestellt ist.

Der Verkaufspreis für das Vollbrot soll in der Eegel 38 Eappen je Einkilolaib Eundbrot nicht übersteigen.

Wo das Vollbrot billiger als zu 38 Eappen verkauft wurde, gelten die bisherigen Preise als Höchstpreise.

Die kantonalen Eegierungen sind ermächtigt, in Gegenden, wo bisher für den runden Einkilolaib Vollbrot ein höherer Preis als 38 Eappen bestand, nach Fühlungnahme mit der eidgenössischen Getreideverwaltung einen Zu-

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schlag zu dem in Abs. 2 festgesetzten Höchstpreis zu bewilligen. Die Kantonsregierungen können ferner für die Hausbedienung Preiszuschläge bis zu drei Eappen je Kilogramm Vollbrot gestatten.

Art. 7.

Die Getreideverwaltung ist ermächtigt, in Gebieten, wo Müller und/oder Bäcker sich nicht bereit finden, die Nachfrage nach Vollmehl oder Vollbrot freiwillig zu decken, nach Fühlungnahme mit den regionalen Müller- und Bäckerorganisationen die Betriebe zu bezeichnen, welche Vollmehl bzw. Vollbrot gemäss Art. l, 3 und 6 dieses Beschlusses herzustellen und ihrer Kundschaft zur Verfügung zu halten haben.

Art. 8.

Wer den Bestimmungen der Art. l, 2, 8, 4 und 6, Abs. l bis 3, dieses Beschlusses zuwiderhandelt, wer zur Erlangung ungerechtfertigter Vergütungen unvollständige oder wahrheitswidrige Angaben macht, wer sich einer angeordneten Kontrolle widersetzt, diese erschwert oder verunmöglicht oder die Kontrollorgane absichtlich täuscht, wer den gestützt auf diesen Bundesratsbeschluss erlassenen Ausführungsbestimmungen, Weisungen und Einzelverfügungen zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu zehntausend Franken oder Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 4. Februar 1853 über das Bundesstrafrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft sind anwendbar.

Strafbar ist auch die fahrlässige Widerhandlung.

Art. 9.

Werden die Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft begangen, so finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen, jedoch unter solidarischer Mithaftung der juristischen Person der Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft für die Bussen, Kosten und allfälligen Schadenersatz.

Art. 10.

Für die Verfolgung und Beurteilung der Widerhandlungen ist die eidgenössische Getreideverwaltung zuständig, wenn nicht auf Gefängnisstrafe zu erkennen ist.

Die Bestimmungen der Art. 321 ff. des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege sind anwendbar.

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Art. 11.

Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt. Es erlässt die notwendigen Ausführungsbestimmungen.

Es ist ermächtigt, die in den Art. 3 und 6 dieses Beschlusses festgesetzten Preise veränderten Verhältnissen anzupassen.

Die eidgenössische Getreideverwaltung ist ermächtigt, durch ihre Organe oder durch die Organe der Zollverwaltung oder der Schweizerischen Genossenschaft für Getreide und Futtermittel die Einhaltung der Vorschriften dieses Beschlusses zu überwachen.

Die Inhaber von Handelsmühlen, die Bäcker, Mehlhändler und die Inhaber von Verkaufsstellen von Kleingebäck, Halbweissbrot und Weissbrot sind verpflichtet, den Kontrollorganen, welche sich als solche ausweisen, Einsicht in ihren Betrieb, ihre Buchhaltung samt Belegen zu gewähren und ihnen alle zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen.

Art. 12.

Zur Beratung des Volkswirtschaftsdepartements und der Getreideverwaltung in Fragen, welche die Durchführung dieses Beschlusses betreffen, wird eine aus 12 bis 15 Mitgliedern bestehende Fachkommission bestellt. Der Bundesrat ernennt ihre Mitglieder.

Die eidgenössische Getreideverwaltung und das eidgenössische Gesundheitsamt gehören der Fachkommission von Amtes wegen an.

Die Organisation und Aufgaben der Kommission werden vom Volkswirtschaftsdepartement bestimmt. Es ist ermächtigt, Ersatzmänner der Kommissionsmitglieder zu bezeichnen.

Art. 13.

Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 1939 in Kraft.

Auf diesen Zeitpunkt werden aufgehoben: a. der Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1936 betreffend die Verbilligung des Mehl- und Brotpreises; b. der Bundesratsbeschluss vom 22. Januar 1937 betreffend Mehl- und Brotpreis ; c. die Verfügung des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 2. September 1937 betreffend Mehl- und Brotpreis; d. die Bundesratsbeschlüsse vom 5. November 1937. und 12. Juli 1938 betreffend Mahllohnausgleich bei Vollmehlmahlungen; e. die Verfügungen des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 8. November 1937, 10. Februar, 13. Juli und 30. August 1938 betreffend Mahllohnausgleich bei Vollmehlmahlungen.

Vorbehalten bleibt die Vergütung des Mabllohnausgleiches für das III. und IV. Quartal 1938 nach den bisherigen Bestimmungen.

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Bis zur Aufstellung eines neuen Typmusters durch die Getreideverwaltung bleibt das von ihr am 8. Oktober 1938 aufgestellte Typmuster verbindlich.

Tatsachen, die während der Geltungsdauer der Bundesratsbeschlüsse (lit. a und ä) eingetreten sind, ^werden auch nach deren Aufhebung gemäss den bisherigen Bestimmungen beurteilt.

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Beilage 2.

Bundesratsbeschluss betreffend

Pächterschutz infolge der Maul- und Klauenseuche.

(Vom 4. Februar 1989.)

Der schweizerische Bundesrat, gestützt auf den Bundesbeschluss vom 29. September 1936 über wirtschaftliche Notmassnahmen, beschliesst:

Art. 1.

Pächter landwirtschaftlicher Grundstücke, die in einem auf das Frühjahr 1989 oder später, längstens auf Herbst 1939, gekündigten Pachtverhältnis stehen, und die infolge behördlicher mit der Maul- und Klauenseuche zusammenhängender Massnahmen a. entweder verhindert sind, das bisherige Pachtgut zu verlassen oder auf das neu gepachtete aufzuziehen, b. oder keinen Pachtvertrag über ein anderes Heimwesen für das Frühjahr 1939 oder spätestens für den Herbst 1989 abschliessen konnten, sind berechtigt, eine angemessene Verlängerung des Pachtverhältnisses zu beanspruchen.

Art. 2.

Die Betriebsübernahme durch einen Nachfolger ist bis zu dem Zeitpunkt zu verschieben, in welchem der nach Art. l verlängerte Pachtvertrag dahinfällt. Dem neuen Pächter kann hingegen, je nach den Verhältnissen, das Eecht zugestanden werden, von dem Pachtvertrag zurückzutreten. Das gleiche Eücktrittsrecht steht dem Verpachte! gegenüber einem neuen Pächter zu.

Art. 8.

Die Verlängerung des Pachtverhältnisses soll in der Hegel nicht auf längere Dauer als auf ein Jahr oder eine Anbauperiode festgesetzt werden.

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Wo es die seuchenpolizeilichen Massnahmen notwendig machen, kann das Schiedsgericht, das gestützt auf die Art. 4 oder 5 einen Fall bereits beurteilt hat, in der gleichen Sache einen neuen Entscheid fällen.

Art. 4.

In Streitfällen aus den Art. l bis 3 entscheidet nach Anhörung der Beteiligten, unter Berücksichtigung des Ortsgebrauchs, nach freiem Ermessen und in freiem Verfahren endgültig ein von der Eegierung desjenigen Kantons aufgestelltes Schiedsgericht, in welchem das Pachtgut gelegen ist.

Für das schiedsgerichtliche Verfahren sollen in der Eegel keine Kosten erhoben werden; auf alle Fälle sind sie niedrig zu halten.

Art. 5.

Sind die bei Erledigung eines Streitfalles in Betracht fallenden Pachtbetriebe in verschiedenen Kantonen gelegen oder sind die betroffenen Pächter in verschiedenen Kantonen wohnhaft, so kann das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Begehren eines Beteiligten oder einer zuständigen kantonalen Amtsstelle einem von ihm eingesetzten Schiedsgericht sämtliche miteinander im Zusammenhang stehenden Fragen zur Entscheidung übertragen.

In dieses Schiedsgericht ordnet jede beteiligte Kantonsregierung einen Schiedsrichter ab. Der Obmann und eventuell ein weiteres Mitglied werden vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement bezeichnet.

Art. 6.

Die Entscheide der Schiedsgerichte (Art. 4 und 5) sind allen Beteiligten schriftlich im Dispositiv zuzustellen; sie sind für den Vollzug den Urteilen des Bundesgerichtes gleichgestellt.

Werden durch die Verlängerung eines Pachtvertrages Miet- oder Eigentumsverhältnisse oder auch Anstellungsverhältnisse betroffen, so können die sich daraus ergebenden Anstände ebenfalls durch die Schiedsgerichte erledigt werden. Je nach den Umständen kann das Schiedsgericht kantonalen Amtsstellen Milderungsmassnahmen zugunsten der Betroffenen empfehlen.

Art. 7.

Die kantonalen Eegierungen haben die von ihnen gestützt auf diesen Beschluss ohne Verzug zu erlassenden Ausführungsbestimmungen dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement zur Kenntnisnahme einzusenden.

Art. 8.

Dieser Beschluss tritt am 10. Februar 1939 in Kraft.

Das Volkswirtschaftsdepartement ist ermächtigt, weitere Vollzugs- und Verfahrensbestimmungen aufzustellen.

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V. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über wirtschaftliche Notmassnahmen. (Vom 20. März 1939.)

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