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Bundesblatt 91. Jahrgang.

Bern, den 12. Juli 1939.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis Franken im Jahr, Franken im Halbjahr, Nachnahme: 50 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate frank & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ausdehnung der ausserdienstlichen Schiesspflicht auf den Landsturm.

(Vom 11. Juli 1989.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Abänderung des Art. 124 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 über die Militärorganisation zu unterbreiten.

Der Art. 124 des Bundesgesetzes über die Militärorganisation vom 12. April 1907 bestimmt, dass die mit Gewehr oder Karabiner ausgerüsteten Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten des Auszuges und der Landwehr und die subalternen Offiziere dieser Truppen jährlich an vorschriftsgemäss abzuhaltenden Schiessübungen in Schiessvereinen teilzunehmen haben. Der Landsturm ist von dieser ausserdienstlichen Schiesspflicht befreit. Die Begründung hiefür liegt in dem Umstand, dass die Truppen des Landsturmes vor der in den letzten Jahren durchgeführten Neuorganisation unseres Heeres in der Hauptsache nur für die Bewachung von Objekten im Innern des Landes in Aussicht genommen waren. Dabei durfte wohl angenommen werden, dass zur Erfüllung der meisten im Rahmen dieser Verwendung vorkommenden Aufgaben die durch jährliche Schiessübungen im Auszugs- und Landwehralter gefestigte Schiessfertigkeit ausreichen werde.

Nun liegen aber heute die Verhältnisse anders. Durch die auf Grund der neuen Truppenordnung erfolgte Eingliederung des Landsturmes in die Verbände der Grenz-, Territorial- und verschiedener Spezialtruppen sind die ihm zufallenden Aufgaben wesentlich erweitert und vermehrt worden. Bei den Grenzund Territorialtruppen, wo die Mehrzahl der Landsturm-Wehrmänner eingeteilt ist, werden diese vor Aufgaben gestellt, die sich in keiner Weise von denen unterscheiden, die auch die neben ihnen eingereihten schiesspflichtigen Angehörigen anderer Heeresklassen auch zu lösen haben.

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122 Denn es lassen sich begreiflicherweise bei diesen Truppen keine Unterschiede in der Verwendung der einzelnen dort eingeteilten Wehrmänner machen, ohne denBinsatz der Truppe überhaupt in Frage zu stellen. Es müssen deshalb alle Wehrmänner, gleichgültig welcher Heeresklasse sie angehören, vor allem ihre Waffe gleichermassen. mit grösster Sicherheit und Genauigkeit zu handhaben imstande sein. Mangelnde Schiessfertigkeit der Angehörigen einer ganzen Heeresklasse müsste im Ernstfalle schwere Folgen nach sich ziehen.

Denn sie schliesst nicht allein den materiellen Erfolg der betreffenden Schützen aus, sondern untergräbt auch das Selbstvertrauen der ganzen Truppe und setzt dadurch ihren Kampfwert erheblich herab.

Daraus geht hervor, dass die Schiessfertigkeit der Landsturm-Wehrmänner heute ein wichtiger Faktor der Schlagkraft unserer Armee ist und darum so gut der Pflege und Förderung bedarf wie' diejenige der Wehrmänner des Auszuges und der Landwehr. Dies haben sowohl die Leiter des Schweizerischen Schützenvereins als auch die verantwortlichen militärischen Stellen durchaus richtig erkannt und deshalb die Ausdehnung der ausserdienstlichen Sehiesspflicht auf Kader und Mannschaft des Landsturmes als unerlässliche Massnahme zur Hebung unserer Wehrbereitschaft bereits angeregt.

Die bei der Truppe letztes und dieses Jahr gesammelten Erfahrungen gehen eindeutig dahin, dass die Schiessfertigkeit der Wehrmänner nach ihrem Übertritt in den Landsturm im allgemeinen in raschem Sinken begriffen ist.

Die Erklärung dafür -findet man in der Tatsache, dass nur etwa 10% der Landsturm-Wehrmänner freiwillig an den ausserdienstlichen obligatorischen Schiessübungen teilnehmen. Daraus allein geht schon die Notwendigkeit der Ausdehnung der ausserdienstlichen Schiesspflicht auf den Landsturm zur Erhaltung seiner Schiessfertigkeit klar hervor.

Die Einführung dieser Massnahme drängt sich aber noch mehr auf, wenn neben dem Gesagten noch in Betracht gezogen wird, dass alle mit Gewehr oder Karabiner ausgerüsteten Wehrmänner grundsätzlich nach ihrem Austritt aus dem Landsturm in den bewaffneten Hilfsdienst übertreten. Ohne Ausdehnung der ausserdienstlichen Schiesspflicht würde also der Wehrmann, trotzdem.er im Kriegsfalle als Gewehr- oder Karabinerschütze unter die Fahne treten soll, von seinem 40.--60. Altersjahr nicht
verpflichtet sein, ausserdienstlich zu schiessen. Dass dies bestimmt nicht im Interesse unserer Wehrbereitschaft liegt, braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden.

Die Kosten, welche die Ausdehnung der Schiesspflicht auf die Subalternoffiziere, Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten des Landsturmes verursachen wird, erscheinen im Verhältnis zu der Bedeutung der Massnahme gering.

Sie belaufen sich, unter der Annahme, dass der Barbeitrag von Fr. 1.60 pro Mann und Jahr keine Änderung erfahren wird, jährlich o. wenn das obligatorische Schiessprogramm zu 4 Übungen beibehalten wird, auf Fr. 286 200.--b: wenn das obligatorische Schiessprogramm, wie in Aussicht genommen ist, auf 5 Übungen erweitert wird, auf Fr. 380 750..--

123 In dem wir Sie bitten, dem nachstehenden Entwurf zu einem Bundesgesetz Ihre Genehmigung erteilen zu wollen, benützen wir den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 11. Juli 1939.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Pilet-Golaz.

Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

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Bundesgesetz über

die Abänderung des Art. 124 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation.

(Ausdehnung der Schiesspflicht auf den Landsturm.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 11. Juli 1989, beschliesst:

Art. 1.

Art. 124 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt: Art. 124. Die mit Gewehr oder Karabiner ausgerüsteten Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten des Auszugs, der Landwehr und des Landsturms und die subalternen Offiziere dieser Truppen sind verpflichtet, jährlich an vorschriftsgemäss abzuhaltenden Schiessübungen in Schiess·vereinen teilzunehmen. Wer dieser Schiesspflicht nicht nachkommt, hat einen besonderen Schiesskurs ohne Sold zu bestehen.

Art. 2.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes und trifft die zu dessen Ausführung erforderlichen Anordnungen.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ausdehnung der ausserdienstlichen Schiesspflicht auf den Landsturm. (Vom 11. Juli 1939.)

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Jahr

1939

Année Anno Band

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28

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3925

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.07.1939

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121-123

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