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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Vollzug der Übergangsbestimmung zu Art. 34quater der Bundesverfassung betreffend Alters- und Hinterlassenenversicherung.

(Vom 28. April 1939.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Vollzug der Übergangsbestimmung zu Art. 34quater der Bundesverfassung betreffend Alters- und Hinterlassenenversicherung zu unterbreiten.

1. Die Altersfürsorge im Bund bis Ende 1938.

Die Anfänge der Altersfürsorge im Bund gehen auf das Jahr 1929 zurück.

Durch Bundesbeschluss vom 16. März 1929 über die Unterstützung bedürftiger Greise wurde der Bundesrat ermächtigt, bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, längstens aber für die Dauer von vier Jahren, der Schweizerischen Stiftung für das Alter eine jährliche Bundessubvention zu Lasten der Verwaltungsrechnung auszurichten.

Die Subvention durfte die Hälfte der Einnahmen der Stiftung im Vorjahre, sowie den Betrag von Fr. 500 000 jährlich nicht übersteigen. Die Hoffnungen, die man damals hinsichtlich des baldigen Inkrafttretens eines Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung hegte, haben sich aber in der Folge als trügerisch erwiesen. Am 6. Dezember 1981 hat das Volk das Bundesgesetz vom 17. Juni 1931 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung verworfen.

Wenige Tage vor der Volksabstimmung, am 30. November 1981, hatte das Referendumskomitee gegen die Vorlage vom 17. Juni 1981 dem Bundesrat ein Volksbegehren um Aufnahme einer Übergangsbestimmung zu Art. 34quater

809 der Bundesverfassung eingereicht. Das Volksbegehren schlug vor, ab 1. Januar 1982 und bis zur Wirksamkeit der Alters- und Hinterlassenenversicherung aus den Einkünften und Erträgnissen des Fonds für die Altersversicherung jährlich einen Betrag von 25 Millionen Franken für die Alters- und Hinterlassenenfürsorge zu verwenden. Dieses Volksbegehren ist heute noch nicht erledigt.

Anderseits war es aber auch ausgeschlossen, unmittelbar nach dem verwerfenden Volksentscheid die Vorarbeiten für ein neues Bundesgesetz über die Altersversicherung neuerdings an die Hand zu nehmen. Zudem stellte die auch über unser Land hereingebrochene Wirtschaftskrisis an den Bund in anderer Beziehung sehr grosse Anforderungen. Durch Bundesbeschluss vom 18. April 1938 betreffend die Verlängerung des Bundesbeschlusses vom 16. März 1929 über die Unterstützung bedürftiger Greise wurde die Wirksamkeit des genannten Bundesbeschlusses auf das Jahr 1933 ausgedehnt und der Beitrag des Bundes auf höchstens eine Million Franken erhöht.

Mit dem Bundesbeschluss vom 13. Oktober 1933 über die ausserordentlichen und vorübergehenden Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts im Bundeshaushalt begann das Fiskalnotrecht seine Wirksamkeit.

Es brachte auch für die verfassungsmässigen Finanzquellen für eine eidgenössische Alters- und Hinterlassenenversicherung ein ausserordentliches Eegime.

Nach Art. 29 des zitierten Bundesbeschlusses war der Ertrag aus der fiskalischen Belastung des Tabaks und der Anteil des Bundes an den Einnahmen aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser vom 1. Januar 1934 hinweg vorübergehend für die allgemeinen Bedürfnisse des Bundes zu verwenden. Art. 80 des gleichen Bundesbeschlusses brachte sodann eine verstärkte Fortsetzung der Altersfürsorge des Bundes. Vom 1. Januar 1934 hinweg stellte der Bund den Kantonen und der Stiftung für das Alter für die Dauer des Beschlusses unter den vom Bundesrate festzusetzenden Bedingungen jährlich acht Millionen Franken zur Unterstützung der bedürftigen Greise, Witwen und Waisen zur Verfügung. Dabei betrug die Zuwendung an die Stiftung für das Alter wie bisher eine Million Franken.

Durch Bundesbeschluss über neue ausserordentliche Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes im Bundeshaushalt in den Jahren 1936 und 1937 (Finanzprogramm
1936) wurde die Altersfürsorge im gleichen Umfange fortgesetzt mit der Massgabe allerdings, dass der Betrag von acht Millionen Franken dem Fonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung entnommen werden soll (Art. 13), und dass dem Spezialfonds für die Alters- und Hinterlassenenversicherung keine Zinsen mehr gutgeschrieben werden sollen (Art. 19). Der Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotreehts für das Jahr 1938 (Finanzprogramm 1938) setzte die Massnahmen zugunsten der Altersfürsorge in unveränderter Weise fort.

Während der Jahre 1984--1988 ist die Alters- und Hinterlassenenfürsorge aus Bundesmitteln gestützt auf eine Verordnung des Bundesrates vom 9. März 1984 über die Verteilung der Bundessubvention unter die Kantone

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zur Unterstützung bedürftiger Greise, Witwen und Waisen durchgeführt worden. Durch Verordnung vom 1. Mai 1984 über die Gewährung eines Bundesbeitrages von einer Million Pranken an die Schweizerische Stiftung für das Alter zur Unterstützung bedürftiger Greise wurden die Bedingungen für die Gewährung des Bundesbeitrages an die genannte Stiftung näher geregelt.

Die Durchführung der Fürsorge wurde grundsätzlich den Kantonen überlassen. Diese wurden von Bundes wegen lediglich zur Beachtung gewisser Normativbestimmungen verhalten: allgemein gehaltene Bedürfnisklausel, Gleichstellung von Kantonsfremden mit Kantonsangehörigen, Bezeichnung einer besondern Zentralstelle für das Fürsorgewesen, Führung eines Zentralregisters sämtlicher Unterstützungsfälle. Die Mannigfaltigkeit der in den Kantonen bestehenden, für die Verteilung der Bundesmittel massgebenden Verhältnisse brachte es mit sich, dass sich namentlich in der Organisation der Fürsorge sowie hinsichtlich des Unterstützungsbetrages im Einzelfall eine bunte Musterkarte herausbildete. Dieser Umstand mag, vom Standpunkte einer eidgenössischen Hilfsaktion aus betrachtet, unzweckmässig erscheinen; er ist aber eine unvermeidliche Folge der grossen Verschiedenheit der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie der Lebensweise in den einzelnen Landesgegenden.

Seit der Wirksamkeit der Altersfürsorge haben die Kantone insgesamt einen Betrag von 35 Millionen Franken an bedürftige Greise, Witwen und Waisen verteilt. Eechnet man dazu den Beitrag des Bundes an die Stiftung für das Alter, so ergibt sich eine weitere Aufwendung im Betrage von total 8 Millionen Franken. Die Gesamtaufwendung an Bundesmitteln für die Fürsorge für bedürftige Greise, Witwen und Waisen beträgt somit im Jahrzehnt von 1929 bis Ende 1938 total 43 Millionen Franken. Eine Gesamtwürdigung dieser Unterstützungstätigkeit rechtfertigt die Feststellung, dass die zugunsten der Altersfürsorge bewilligten Mittel im allgemeinen bestimmungsgemäss verwendet worden sind. Hievon überzeugte namentlich das Ergebnis der durch das Bundesamt für Sozialversicherung jährlich bei den zuständigen kantonalen und privaten Fürsorgestellen vorgenommenen Kontrollen. Bei aller Mannigfaltigkeit der Organisation und der materiellen Anwendung der Bundesvorschriften über die Alters- und Hinterlassenenfürsorge darf festgestellt
werden, dass das eidgenössische Hilfswerk seinen Zweck, die möglichste Milderung der Not unserer bedürftigen Alten, Witwen und Waisen, zu einem schönen Grade erreicht hat.

Freilich ist hervorzuheben, dass die Hilfe im Einzelfall oft allzu bescheiden ausfallen musste. Die grosse und immer grösser werdende Zahl der Ansprecher veranlasste die zuständigen Stellen, hinsichtlich des Ausmasses der Unterstützung sehr zurückhaltend zu sein. Um so notwendiger ist die kommende Ausgestaltung der Fürsorge. Es dürfte in diesem Zusammenhange noch interessieren, zu erfahren, welche Zahl an Greisen, Witwen und Waisen jährlich insgesamt unterstützt worden ist und welcher Betrag dafür aufgewendet wurde. Die neuesten zur Verfügung stehenden Ziffern sind diejenigen für das Jahr 1937, die Zahlen für das Jahr 1938 sind noch nicht vollständig.

811 Leistungen der Altersfürsorge im Jahre 1937 *).

Anzahl Fälle

Kanton

Beirag Fr.

Zürich Bern Luzern Uri Sohwyz Glarus Zug Freiburg Basel-Stadt Basel-Land Appenzell A. Bh.

St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin . .

Waadt Wallis Neuenburg Genf

. . . . .

Total

5150 13255 2727 580 1279 409 277 628 574 2179 3020 3229 1059 835 1624 195 3128 1459 3 972 2626 2004 5519 2376 1804 1 204 61112

1 099 878 1 045 758 247 373 30987 81510 25337 18431 36110 40000 156 520 369 915 204 383 89090 99240 50919 22501 434 515 134615 245 850 151 920 200 400 455 950 181 390 199 435 310 345 5 932 372

*) Wir haben uns in obigen Tabellen auf die Auszahlungen der Kantone beschränkt. Es ist jedoch beizufügen, dass daneben die Stiftung «Für das Alter» ihre Unterstützungstätigkeit ausübt. Die Stiftung weist in ihrem Bericht für das Jahr 1937 einen Gesamtunterstützungsbetrag von Fr. 4 093 111 auf.

In diesem Betrag sind jedoch Inbegriffen der Beitrag des Bundes an die Stiftung «Für das Alter» im Betrage von 1 Million Franken sowie die Beiträge der Kantone aus ihrem Anteil an Bundessubvention an die genannte Stiftung. Die beiden Beträge, Fr. 5 932 372 Leistungen der Kantone und Fr. 4 093 111 Leistung der Stiftung «Für das Alter», lassen sich infolgedessen nicht zusammen addieren, da auf diese Weise nicht unerhebliche Doppelzählungen vorkommen würden. Das gleiche ist zu sagen in bezug auf die durch die Stiftung angegebenen Zahlen von Unterstützungsfällen. In den 38 089 von der Stiftung aufgeführten Unterstützungsfällen sind ebenfalls solche inbegriffen, die bereits in den Statistiken der Kantone enthalten sind.

812 Leistungen der Hinterlassenenfürsorge im Jahre 1937.

Unterstutzte

Kanton Witwen

Bern Luzern Uri Obwalden

. . . .

Zug Freiburg Solothum Basel-Stadt Basel-Land Schaffhausen Appenzell A. Bh Appenzell I. Rh St. Gallen Graubünden

. .

" . . .

Thurgau Waadt Wallis Genf Total

594 996 626 80 249 87 79 124 153 697 551 60 182 188 272 21 255 370 970 647 315

Waisen

.24 1 201

332

4 .

33 151 108 104 236 304 250 61 12 .

186 202 47 304 911 203 715 407

1 419

1 253

630 294 229

135 198 12

10088

7393

Betrag

Fr.

189 680 200 885 68315 3187 19660 9240 8 370 9700 15430 85 907 65205 21 854 22456 15130 14135 3913 82030 55405 99840 55700 62650 149 230 76 060 60715 68873 1 463 570*)

*) Dieser Betrag wurde von den Kantonen aus ihrem Antei an Bundesmittein für die Hinterlassenenfürsorge aufgewendet.

II. Die Altersfürsorge für die Jahre 1939--1941.

Auf das Ende des Jahres 1988 sind die Bestimmungen über das Fiskalnotrecht abgelaufen. In den Beratungen über die verfassungsmässige Neuordnung des Bundeshaushaltes hat die Frage der künftigen Gestaltung der Altersfürsorge eine grosse Eolle gespielt. Die Meinungen gingen insbesondere auseinander hinsichtlich des Ausmasses der künftigen Altersfürsorge. Auch jene Kreise, die prinzipiell auf dem Boden der Versicherung stehen, konnten sich der Notwendigkeit der Fortsetzung und Verstärkung der Fürsorge nicht verschliessen. Aus den Beratungen der eidgenössischen Bäte ging schliesslich der Bundesbeschlusä vom 80. September 1938 betreffend die Übergangsordnung des Finanzhaushaltes hervor, der am 27. November 1938 vom Volke und von den Ständen angenommen wurde. Er enthält im Art. I eine Übergangs-

813 ìbestimmung zu Art. géiu»'61 betreffend Alters- und Hinterlassenenversicherung mit folgendem Wortlaut: Vom 1. Januar 1939 bis zum 31. Dezember 1941 fliesst der Ertrag der fiskalischen Belastung des Tabaks und gebrannter Wasser in die Bundeskasse.

Während dieser Zeit leistet der Bund Beiträge in der Höhe von jährlich 18 Millionen Pranken an die Kantone sowie an gemeinnützige, auf das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft sich erstreckende Fürsorgeeinrichtungen und Alters- und HinterJassenenversicherungen. Die Kantone können die ihnen zufallenden Beiträge teilweise ihren allgemeinen Alters- und Hinterlassenenversicherungsanstalten zuweisen. Im übrigen dürfen diese Beiträge nur für bedürftige Greise, Witwen und Waisen und ältere imd aus wirtschaftlichen Gründen dauernd arbeitslos gewordene Personen schweizerischer Nationalität verwendet und nicht als Armenunterstützung behandelt werden.

Über die Vollziehung dieser Übergangsbestimmung beschliesst die Bundesversammlung.

Während der gleichen Zeit ist das Vermögen des Fonds für die eidgenössische Alters- und Hinterlassenenversicherung, soweit es nicht in Wertpapieren angelegt ist, zum Diskontsatz der Schweizerischen Nationalbank zu verzinsen.

Diese Übergangsbestimmung gilt gemäss Art. II bis zum 81. Dezember 1941.

Gegenüber dem bisherigen Zustand bringt diese Übergangsbestimmung verschiedene Neuerungen. Zunächst wird der zugunsten der Fürsorge aufzuwendende Betrag auf jährlich 18 Millionen Franken gesteigert. Es sind jedoch zwei neue Momente eingeführt worden. Es können künftig nicht nur Fürsorgeeinrichtungen, sondern auch auf das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft sich erstreckende Alters- und Hinterlassenenversicherungen unterstützt werden. Sodann soll die Unterstützungstätigkeit der Kantone auf ältere, aus wirtschaftlichen Gründen dauernd arbeitslos gewordene Personen schweizerischer Nationalität ausgedehnt werden.

Hinsichtlich der Neuordnung der erweiterten Fürsorge des Bundes stehen vorab die folgenden Fragen im Mittelpunkt des Interesses : 1. Die Verteilung des Gesamtbetrages auf die einzelnen Unterstützungszweige und Fürsorgeeinrichtungen; 2. der Verteilungsschlüssel für den den Kantonen zukommenden Unterstützungsbetrag; :3. die N e u o r d n u n g des Verhältnisses zwischen der kantonalen Armenpflege u n d . der Altersfürsorge; 4. die Ordnung der Fürsorge zugunsten der altern Arbeitslosen; 5. die Frage der U n t e r s t ü t z u n g von Versicherungseinrichtungen.

1. Die Verteilung des Gesamtbetrages auf die einzelnen Unterstützungszweige und Fürsorgeeinrichtungen.

Die Verteilung des Gesamtbetrages unter die verfassungsmässig vorgesehenen Fürsorgezwecke war deswegen nicht leicht vorzunehmen, weil die beiden Hauptzwecke, denen die Bundessubvention dienen soll (Fürsorge für ·die Greise, Witwen und Waisen einerseits und Fürsorge für die altern Arbeitsßundesblatt.

91. Jahrg. Bd. I.

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losen anderseits) zahlenmässig nicht genau erfassbar sind. Aus diesem Grundelässt der Entwurf hinsichtlich der aufzuwendenden Beträge einen erheblichen: Spielraum. Die Verteilung ist so vorgenommen worden, dass 10--12 Millionen Franken an die Kantone zur Unterstützung bedürftiger Greise, Witwen und Waisen und 8--5 Millionen an die Kantone zur Unterstützung älterer, bedürftiger Arbeitsloser aufgewendet werden sollen. Die Meinung ist die, dass die Kantone im Eahmen ihres Anteils die Verteilung der Gelder unter Berücksichtigung des angegebenen Verhältnisses vornehmen sollen. Sollten für die altern Arbeitslosen weniger als fünf Millionen Franken aufzuwenden sein, so würde der Eestbetrag ohne weiteres der Altersfürsorge zugute kommen. Der Entwurf sieht sodann vor, es sei an die Schweizerische Stiftung für das Alter ein Betrag von 1,5 Millionen Franken statt bisher von einer Million Franken zu überweisen. Die segensreiche Tätigkeit der Stiftung und auch die ihr in immer grösserer Zahl zukommenden Unterstützungsgesuche rechtfertigen eineErhöhung in vollem Umfange. Ein Betrag von 0,5 Millionen soll sodann der Schweizerischen Stiftung für die Jugend zukommen. Diese Stiftung hat sich bisher auf Grund ihr von den Kantonen zugewiesener Beiträge der Waisenfürsorge angenommen. Es rechtfertigt sich durchaus, der Stiftung zum Ausbau, dieses Zweiges ihrer Tätigkeit einen eigenen Bundesbeitrag zuzuweisen. Endlich soll ein Betrag von l Million Franken dem Bundesrate zur Verfügung stehen zur Unterstützung von Alters- und Hinterlassenenversicherungen. Wir werden auf diese Frage später noch zu sprechen kommen.

2. Der Verteilungsschlüssel für den den Kantonen zukommenden Unterstützungsbetrag.

Von besonderer Wichtigkeit für die Kantone ist sodann der Verteilungsschlüssel, vermittelst welchem der den Kantonen zufallende Gesamtbetragvon 15 Millionen Franken auf die Kantone verteilt werden soll. Es war ursprünglich vorgesehen, in diesem Verteilungsschlüssel eine Mehrzahl von Faktoren zu berücksichtigen. Vor allem war der Gedanke aufgetaucht, die Aufwendungen der Kantone für Versicherungseinrichtungen besonders zu unterstützen. Wir mussten uns aber davon überzeugen, dass der Verteilungsschlüssel in dieser Weise reichlich kompliziert wäre und dass dabei gerade die wirtschaftlich schwächeren Kantone benachteiligt würden. Wir
glauben deshalb das Eichtige getroffen zu haben, wenn wir einen möglichst einfachen, nur allgemein anerkannte Faktoren berücksichtigenden Verteilungsschlüssel wählen.

Die Lösung ist nun so getroffen, dass die eine Hälfte des Betrages von 15 Millionen Franken, der auf die Kantone entfällt, nach Massgabe der Wohnbevölkerung schweizerischer Nationalität der einzelnen Kantone und die andere Hälfte nach Massgabe der Anzahl der im Kanton wohnenden Personen schweizerischer Nationalität im Alter von über 65 Jahren und der im Kanton, wohnenden, als dauernd arbeitslos von der Arbeitslosenversicherung ausgeschiedenen und nicht mehr vermittlungsfähigen Personen schweizerischer Nationalität von über 55 Jahren verteilt werden soll.

815 3. Die Neuordnung des Verhältnisses zwischen der kantonalen Armenpflege und der Altersfürsorge.

Von besonderer Bedeutung ist sodann die Frage der Neuordnung des Verhältnisses zwischen der kantonalen Armenpflege und der Bundesfürsorge im Sinne einer schärferen Trennung beider Gebiete. Bis heute waren die Kantone nach Bundesrecht (Art. 6 der Verordnung des Bundesrates von 1934) nur verpflichtet, die aus Bundesmitteln gewährten Beiträge nicht als Armenunterstützung zu behandeln; insbesondere durften die persönlichen Eechtsnachteile keine Anwendung finden, die mit dem Bezüge von Armenunterstützung nach der kantonalen Gesetzgebung verbunden sind. Diese Ordnung erweist sich als zu wenig wirksam. Es ist wiederholt Klage geführt worden, dass die Bundesfürsorge in vielen Kantonen einfach zur Entlastung der Armenpflege verwendet werde. Es unterliegt keinem Zweifel, dass dies nicht der Sinn der Bundesfürsorge ist. Der Grundgedanke derselben ist vielmehr gerade der, bedürftige Alte nach Möglichkeit vor der Armengenössigkeit zu bewahren. Eine erste Passung des einschlägigen Artikels des Beschlusses, die eine reinliche Scheidung beider Gebiete herbeiführen wollte, stiess auf starken Widerstand verschiedener Kantone. Es wurde namentlich darauf hingewiesen, dass eine vollständige Scheidung von Armenpflege und Altersfürsorge den bestehenden Verhältnissen nicht gerecht würde. Die Mehrzahl der Kantone hält es für notwendig, dass die bisher aus Bundesmitteln unterstützten Armengenössigen auch fürderhin dieser Hilfe teilhaftig werden können. Sie berufen sich dabei auf Verhältnisse, eren Bedeutung auch nach der Erfahrung der eidgenössischen Aufsichtsbehörde nicht unterschätzt werden darf. Es entspricht den Tatsachen, wenn geltend gemacht wird, dass eine scharfe Trennung der beiden Fürsorgegebiete in einer grossen Zahl von Fällen zu nicht zu verantwortenden Härten führen müsste, indem ein erheblicher Teil der bis dahin auch aus Bundesmitteln Unterstützten dadurch von nun an ausschliesslich der Armenfürsorge anheimfallen würde.

Abgesehen von solchen Schwierigkeiten ist auch folgende von zahlreichen Kantonen übereinstimmend hervorgehobene Tatsache nicht ausser acht zu lassen: Tausende von Bedürftigen unterstützt die Armenbehörde nur durch gelegentliche Bezahlung des Mietzinses, einer' Eechnung für Milch und Brot oder für ärztliche Behandlung usw., währenddem sich diese Leute im übrigen aus eigenen Kräften zu helfen
suchen. Einhellig werden gerade diese Bedürftigen als der Bundeshilfe besonders würdig geschildert, und von allen Seiten wird mit Entschiedenheit erklärt, dass gerade hier eine Verbindung des eidgenössischen Hilfswerkes mit der Armenpflege wahrhaft segensreich zu wirken vermöge. Wir sehen uns deshalb veranlasst, eine etwas weitere Fassung zu wählen, die es den Kantonen ermöglicht, ausnahmsweise solche Personen aus Bundesmitteln zu unterstützen, denen auch noch von seiten der Gemeinde geholfen werden muss. Die Eegel soll aber die sein, dass nur solche Personen aus Bundesmitteln unterstützt werden dürfen, denen bisher überhaupt nicht

816 oder nur vorübergehend und nur ausnahmsweise durch die Armenpflege Hilfe geleistet worden ist, und die durch die Gewährung von Bundesunterstützung vor der Armengenössigkeit bewahrt werden können. Damit ist eine generelle Verbindung von Bundesunterstützung und Armenpflege in Zukunft ausgeschlossen. Auch die Ausrichtung von Bundesunterstützung an Armengenössige, die dauernd in einer Anstalt versorgt sind, ist künftig nicht mehr möglich. Hingegen ist natürlich zu sagen, dass die Armenbudgets der Kantone und Gemeinden durch die Aufwendungen des Bundes auf alle Fälle entlastet werden. Auch unter denjenigen Personen, die sich so lange als möglich gegen Unterstützung durch die Armenkasse sträuben, sähen sich unter den heutigen Verhältnissen viele letzten Endes doch gezwungen, von jener Seite Hilfe anzunehmen, wenn ihnen nicht aus Bundesmitteln geholfen werden könnte.

Deshalb ist auch für solche Fälle eine Entlastung der Armen- durch die Bundesunterstützung festzustellen. Im allgemeinen darf deshalb gesagt werden, dass Unterstützungen aus Bundesmitteln entsprechende Leistungen der Kantone und Gemeinden in den in Frage stehenden Fällen überflüssig machen.

Übrigens ist die Zahl der nichtarmengenössigen Bedürftigen bei aller bestehenden Not nicht in allen Kantonen so gross, dass diese Leute allein den vollen Anteil des Kantons an der Bundessubvention aufbrauchen würden.

Deshalb können dort neben diesen der Bundesunterstützung besonders würdigen Personen auch noch andere Bedürftige in die Bundeshilfe einbezogen werden.

4. Die Ordnung der Fürsorgte für ältere Arbeitslose.

Nach der Übergangsbestimmung zu Art. 84iuater leistet der Bund ausser für bedürftige Greise, Witwen und Waisen Beiträge für ältere und aus wirtschaftlichen Gründen dauernd arbeitslos gewordene Personen schweizerischer Nationalität. Mit Hilfe dieser Bundesbeiträge wird die Schaffung kantonaler Fürsorgeeinrichtungen ermöglicht, durch welche altern Personen, die noch nicht im Greisenalter stehen, jedoch wegen ihres vorgerückten Alters keine Möglichkeit mehr besitzen, regelmässige Arbeit zu leisten, Unterstützungen verabfolgt werden sollen. Für diese alternden Arbeitslosen bestehen infolge der wirtschaftlichen Entwicklung, vor allem wegen der Änderung der Produktionsmethoden und. des endgültigen Eückganges einzelner Erwerbszweige, immer
grössere Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt durch Ausübung einer regelmässigen Erwerbstätigkeit zu verdienen. Trotz angestrengter persönlicher Bemühungen um Arbeit und trotz der intensiven Bestrebungen des öffentlichen Arbeitsnachweises um Vermittlung ausreichender Verdienstmöghchkeiten, gelingt es zahlreichen altern Arbeitslosen nicht mehr, auch nur eine geringe Anzahl von Arbeitstagen zu erreichen. Diese Tatsache hat zur Folge, dass die Arbeitslosenkassen während einer unbeschränkt langen Zeit, Jahr für Jahr den nämlichen Bezügern die Taggelder ausrichten müssen, was die finanziellen Grundlagen der Arbeitslosenkassen zu erschüttern droht.

Ausserdem liegen vielfach die Voraussetzungen der Versicherungsfähigkeit nicht

817 mehr vor, indem die wichtigste Voraussetzung der Bezugsberechtigung, nämlich die Vermittlungsfähigkeit, nicht mehr vorliegt. Ebenso geht es über den Bahmen der Krisenunterstützung hinaus, jenen Personen dauernd beizustehen, die sich auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zu behaupten vermögen.

Diese Leute entbehren bereits nach den geltenden Bestimmungen über .Arbeitslosenversicherung der Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit, soweit sie infolge gänzlicher Arbeitsunfähigkeit, wie Invalidität, starke Gebrechlichkeit infolge Alters usw., dauernd auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelt werden können. Dem Ausschluss dieser Arbeitsunfähigen und somit nicht Vermittlungsfähigen stellte sich' jedoch in der zunehmenden Krise einerseits und wegen des Mangels an einer allgemeinen Altersversicherung anderseits bisher ein Hindernis entgegen. Die bestehende Altersfürsorge mit den beschränkten Mitteln genügte vielfach nicht einmal, um die über 65 Jahre alten Arbeitslosen durch die Zuwendungen der Altersfürsorge in genügender Weise zu unterstützen. Durch die in den Übergangsbestimmungen zu Art.84iuater vorgesehene erhöhte Bundessubvention an die Altersfürsorge ist dies nunmehr ermöglicht worden. Nach den erwähnten Bestimmungen ist jedoch weiter die Möglichkeit geschaffen worden, auch diejenigen altern Arbeitslosen zu unterstützen, die, obwohl ganz oder teilweise arbeitsfähig, aus wirtschaftlichen Gründen als dauernd vermittlungsunfähig bzw. arbeitslos zu betrachten sind. Diese Leute haben infolge ihrer jahrelangen Arbeitslosigkeit vielfach die notwendige Gewandtheit im Berufe verloren und können daher nicht mehr in den Wirtschaftsprozess eingegliedert werden.

Auf diese Weise wird zwischen die ordentliche Arbeitslosenunterstützung und die Altersfürsorge eine besondere Fürsorge für die altern Arbeitslosen eingeschaltet und somit vermieden, dass diese Leute armengenössig werden.

a. Voraussetzungen zum Bezug der Fürsorgeleistungen.

Was den zu erfassenden Personenkreis anbelangt, sind für die Unterstützung durch die Fürsorge für ältere Arbeitslose folgende Voraussetzungen vorgesehen : 1. Die neue Hilfe soll namentlich bisherigen Mitgliedern von anerkannten Arbeitslosenversicherungskassen und Bezügern der Krisenunterstützung zugute kommen, deren jahrelange Arbeitslosigkeit so sehr zum Dauerzustand geworden
ist, dass ein weiteres Verbleiben in den genannten Institutionen sich mit den für diese massgebenden gesetzlichen Vorschriften nicht mehr vereinbaren liesse.

Was die übrigen altern Erwerbslosen anbelangt, d. h. diejenigen, die bisher keiner Arbeitslosenkasse angehörten, so können in der Eegel nur Lohnerwerbende Berücksichtigung finden, die sich seit Jahren beim öffentlichen Arbeitsnachweis um Arbeit bemüht haben.

2. Für die Ausscheidung ist ein unteres Grenzalter vorzusehen. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen des Bundes über die Beitragsleistung an die Arbeitslosenversicherung ist für die Aufnahme der Unselbständigerwerbenden in die Arbeitslosenkassen bzw. für deren Ausschluss keine Alters-

818 grenze vorgesehen, indem als Voraussetzungen bloss die Arbeits- und Vermittlungsfähigkeit in Betracht fallen. In einzelnen kantonalen Bestimmungen wird die Altersgrenze auf 60 oder 65 Jahre festgesetzt. Da sich die Erwerbsverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt bei der gegenwärtigen Wirtschaftskrise bereits bei Erwerbenden über 40 Jahre schwierig gestalten und die Vermittlungsfähigkeit von diesem Alter an in der Kegel ständig zurückgeht, muss angenommen werden, dass ein namhafter Teil der über 50 Jahre alten Arbeitslosen dauernd nicht mehr in den Wirtschaftsprozess eingegliedert werden kann. Deshalb erscheint das'55. Altersjahr als unteres Grenzalter angezeigt.

8. Da die neu zu schaffende Fürsorge für ältere Arbeitslose ausschliesslich aus öffentlichen Mitteln bestritten werden muss, können ihrer nur Bedürftige teilhaftig werden.

4. Der Arbeitslose muss dauernd arbeitslos und somit nicht mehr vermittlungsfähig sein. Die dauernde Vermittlungsunfähigkeit muss sich nicht nur auf die Erwerbsaussichten im angestammten Berufe, sondern gleichzeitig auch auf die ausserberufliche Erwerbsmöglichkeit beziehen.

Für die Ausscheidung der bisher einer Arbeitslosenkasse angehörenden Arbeitnehmer wird der Bund Eichtlinien aufstellen, die Eücksicht nehmen auf das Alter, den Beruf der Unterstützungsanwärter, die von ihnen in den letzten Jahren noch geleistete Arbeit sowie auf die bisherigen Versicherungsbezüge.

Bei der Festsetzung dieser Merkmale soll die in den verschiedenen Berufen bestehende Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden. Die neue Hilfsmassnahme soll jedoch nicht zu einer rigorosen Ausscheidung älterer Mitglieder aus den Arbeitslosenkassen führen. Wenn die untere Altersgrenze auf 55 Jahre angesetzt ist, so bedeutet dies nicht, dass damit die Versicherungsfähigkeit mit diesem Alter den Abschluss findet.

Um den aus den Arbeitslosenkassen und dem Vermittlungsapparat ausgeschiedenen Arbeitslosen die Möglichkeit zu verschaffen, weiterhin für einzelne Arbeitsgelegenheiten vermittelt zu werden, sollen die Arbeitslosen berechtigt sein, sich, beim öffentlichen Arbeitsnachweis in einem besondern Register einzuschreiben. Dagegen darf die bisherige Stempelkontrolle nicht mehr besucht werden, -und es sind die in die Fürsorge für ältere Arbeitslose einbezogenen Personen in der Arbeitsmarktstatistik nicht mehr zu
berücksichtigen.

b. Leistungen der Fürsorge für ältere Arbeitslose.

Bei der Unterstützung der altern Arbeitslosen durch die Fürsorge ist davon auszugehen, dass die Hauptaufgabe bei der Verteilung der zu diesem Zwecke zur Verfügung stehenden Bundesmittel darin besteht, die zu Unterstützenden vor der Armengenössigkeit zu bewahren. Dieses -Ziel lässt sich am ehesten erreichen, wenn es im grossen und ganzen den Kantonen überlassen bleibt, die für den Lebensunterhalt der Unterstützungsanwärter notwendigen Beträge festzusetzen. Voraussetzung für die Ausrichtung von Unterstützungen ist das Vorliegen von Bedürftigkeit.

819 Bei der Festsetzung des Umfanges der Fürsorgeleistungen wird zu berücksichtigen sein, dass es sieh bei den aus den Arbeitslosenkassen und der Krisenunterstützung ausgeschiedenen Arbeitslosen zu einem grossen Teil um Leute handelt, die bisher nahezu während des ganzen Jahres Unterstützungen bezogen haben. Es wird daher notwendig sein, einen Arbeitslosen auch durch die neue Einrichtung in einem Masse zu unterstützen, das zur Hauptsache für den Lebensunterhalt während des ganzen Jahres ausreicht. Dabei ist der Umstand mitzuberücksichtigen, dass eine grosse Zahl dieser Leute aus dem Wirtschaftsprozess ausgeschieden sein wird und ihnen infolgedessen keine oder nur spärliche Erwerbsmöglichkeiten zur Verfügung stehen werden. Da es jedoch im Wesen einer Fürsorge für ältere Arbeitslose liegt, dass die Unterstützungsbeträge geringer sind als die auf Grund des Normalverdienstes eines Erwerbstätigen ausbezahlten Versieherungsleistungen bzw. Krisenunterstützun.gen, dürfte es zweckmässig sein, an Stelle der bisherigen Tagesentschädi:gungen Pauschalbeträge, z. B. für eine vierteljährliche Dauer der Unterstützungen, festzusetzen. Diese Beträge werden somit von den Kantonen je nach den Verhältnissen und Bedürfnissen des Unterstützten abgestuft werden müssen. Bei dieser den Kantonen überlassenen Eegelung muss sich der Bund immerhin das Eecht vorbehalten, nötigenfalls hinsichtlich des Ausmasses der Fürsorge entsprechende Vorschriften und Normen aufzustellen.

In bezug auf die Dauer der Unterstützungsberechtigung im allgemeinen ist die Eegelung in folgender Weise vorgesehen: Für diejenigen altern Arbeitslosen, die vor dem 65. Altersjahr aus den Arbeitslosenkassen und der Krisenunterstützung ausgeschieden werden oder zu dem Kreise der in der Fürsorge für ältere Arbeitslose bezugsberechtigten nicht versicherten Arbeitnehmer gehören, soll die Fürsorge für ältere Arbeitslose bis zum vollendeten 65. Altersjahr dauern. Von diesem Zeitpunkt an werden sie in die Altersfürsorge zugunsten bedürftiger Greise, Witwen und Waisen einbezogen. Diejenigen altern Arbeitslosen, die im Zeitpunkt der Ausscheidung aus den Arbeitslosenkassen und der Krisenunterstützung mehr als 65 Jahre alt sind, sollen während zwei Jahren der Unterstützungen durch die Fürsorge für ältere Arbeitslose teilhaftig werden. Diese Eegelung geht von der Erwägung
aus, dass es der Billigkeit entspricht, wenn Leute, die bis zum 65. Altersjahr oder noch länger ·einer Versicherungskasse angehört und jahrelang Prämien bezahlt haben, nicht sofort der Altersfürsorge anheim fallen, sondern während einer gewissen Über.gangszeit der erhöhten Unterstützungen der Fürsorge für ältere Arbeitslose .teilhaftig werden.

c. Organisation.

Zur Durchführung der Fürsorge für ältere Arbeitslose soll, wie für die Durchführung der Fürsorge für bedürftige Greise, Witwen und Waisen, eine kantonale Zentralstelle geschaffen werden. Diese Zentralstelle wird auf Grund der durch Bundesverordnung zu erlassenden Vorschriften über die Ausscheidung der Arbeitnehmer aus der Arbeitslosenversicherung und Krisenunterstützung und ·den Einbezug in die neue Fürsorge zu entscheiden haben. Ausserdem kann in

820 die Kompetenz dieser Zentralstelle der Entscheid über die einzelnen Unterstützungsgesuche gelegt werden.

Wir haben uns im vorliegenden Entwurf auch bei dieser neuen Fürsorgefür ältere Arbeitslose zugunsten einer dezentralisierten Organisation aus folgenden Erwägungen entschieden. Von einer privaten Organisation ist einmal deshalb abzusehen, weil eine solche zentrale Instanz die Verhältnisse des Arbeitsmarktes sowie die Bedürfnisse der einzelnen, verschiedenen Berufen und Landesgegenden angehörenden Arbeitslosen zu wenig zu überblicken in der Lage wäre..

Wenn wir daher einer staatlichen, kantonalen Organisation den Vorzug geben, möchten wir von den bestehenden kantonalen Fürsorgeeinrichtungen sowohl die kantonalen Arbeitsämter als die Gemeindestellen als Organe der Krisenunterstützung zum vorneherein ausschalten, um eine völlige Trennung dieser neuen Fürsorge von der Armenverwaltung, Arbeitslosenversicherung, Krisenunterstützung und Arbeitsvermittlung zu erreichen und um dadurch eine selbständige und unabhängige Entscheidungsinstanz zu schaffen. Bei der Schaffung einer kantonalen Zentralstelle sollen jedoch die Behörden, insbesondere die Gemeinden, zur Auskunfterteilung an die Zentralstelle und zur Mitarbeit in der Sache verpflichtet werden. Diese Zentralstelle kann eine von der bereits für die Altersfürsorge bestehenden Entscheidungsinstanz getrennteFürsorgeeinrichtung oder mit derselben identisch sein. Die kantonale Zentralstelle soll direkt mit der in der Altersfürsorge zuständigen Aufsichtsbehörde des Bundes verkehren, d. h. mit dem Bundesamt für Sozialversicherung.

5. Die Frage der Unterstützung von Versicherungseinrichtungen.

Besonders schwierig und heikel ist die Frage der Unterstützung von Versicherungseinrichtungen, wofür im Entwurf ein Betrag von einer Million Franken ausgeschieden wurde. Der Passus im Verfassungsartikel, der solche Unterstützungen ermöglicht, wurde sozusagen im letzten Augenblick der Beratungen auf eine Anregung des Konkordates- der Schweizerischen Krankenkassen aufgenommen. Das Konkordat hatte anlässlich seiner letzten Delegiertenversammlung die Schaffung einer freiwilligen Altersversicherung beschlossen und hofftein diesem Bestreben vom Bunde unterstützt zu werden. Es wird noch abzuklären sein, ob und in welcher Form eine Mitwirkung des Bundes beim Projekt des
Konkordates in Frage kommt. Da das Projekt selbst erst in allerneuster Zeit eingereicht wurde, kann in diesem Zusammenhang nicht näher auf dasselbeeingetreten werden. Es soll vielmehr noch einer nähern Prüfung unterzogen, werden. Grundsätzlich ist jedoch zu sagen, dass es sehr schwer halten wird, auf Grund eines nur für drei Jahre gültigen Verfassungsartikels, zudem mit einem so beschränkten Betrag, ein Problem, wie die Altersversicherung eines darstellt,.

auch nur annähernd befriedigend zu lösen. Es wird deshalb zurzeit vom Bundesamt für Sozialversicherung die Frage einlässlich geprüft, was nach Ablauf der Übergangsordnung hinsichtlich der Altersversicherung vorgekehrt werden kann. So wie die Dinge heute liegen, wird die Hauptaufmerksamkeit auf das.

821 zu konzentrieren sein, was nach 1941 zu geschehen hat. Ob eine Beitragsleistung des Bundes während der drei Übergangsjahre in Frage kommt, wird; anhand der eingehenden Gesuche näher zu prüfen sein. Weil die Frage der Unterstützung von Versicherungseinrichtungen als etwas problematisch bezeichnet, werden muss, haben wir in dem Entwurf einen Passus aufgenommen dahingehend, dass für den Fall, als der Betrag von l Million Franken zur Unterstützung von Alters- und Hinterlassenenversicherungen nicht oder nur teilweise ausbezahlt wird, der verbleibende Betrag unter Berücksichtigung der besonderen Zweckbestimmung ebenfalls unter die Kantone verteilt werden kann.

Nachdem wir die Hauptfragen, die sich anlässlich der Neuordnung der Altersfürsorge des Bundes stellten, besprochen haben, können wir zu den Erläuterungen der einzelnen Artikel des Entwurfs übergehen.

III. Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln des Entwurfs.

Art. l beschränkt sich auf eine Zusammenfassung des Inhalts der grundlegenden Verfassungsbestimmung und gibt daher zu keinerlei Bemerkungen Anlass.

Art. 2 regelt die Verteilung des Gesamtbetrags von 18 Millionen Franken, worüber im Abschnitt II, Abs. l, das Nötige bereits gesagt worden ist.

Art. 3 ordnet den Verteilungsmodus, siehe Abschnitt II, Abs. 2.

Art. 4 regelt die Auszahlung der Bundessubvention in zeitlicher Beziehung, und zwar im Sinne der geltenden Ordnung. Die Verpflichtung der Kantone zur Verzinsung der Bundessubvention im Falle der Auszahlung an die Bezüger in einem spätem Zeitpunkt sanktioniert die bisherige Verwaltungspraxis.

Art. 5, Abs. l, schliesst einen klagbaren Anspruch auf Bundesunterstützung aus. Der von verschiedenen Seiten geäusserte Wunsch nach Anerkennung eines Eechts auf solche Bezüge kann nicht berücksichtigt werden. Die für die Beurteilung der Unterstützungsberechtigung im einzelnen Fall entscheidenden Verhältnisse sind nach Kantonen so verschieden, dass diesen weit^ gehende Freiheit hinsichtlich der Zuspräche derselben eingeräumt werden muss.

Die Gutheissung eines einzelnen Unterstützungsgesuches durch den Eichter würde eine Unzahl von Eechtsstreitigkeiten aus derselben Gegend, demselben Kanton nach sich ziehen und zu einem Zerrbild eines Eekursverfahrens führen.

Es ist auch nicht ausser acht zu lassen, dass den Kantonen aus einem solchen Verfahren grosse Arbeit und Kosten erwachsen würden.

Art. 5, Abs. 2, beschränkt die Unterstützungsberechtigung in Übereinstimmung mit dem geltenden Eecht auf bedürftige Personen schweizerischer Nationalität, die im Kanton ihren zivilrechtlichen Wohnsitz haben. Durch Aufnahme dieser Bestimmung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich bei der Unterstützung aus Bundesmitteln nicht um solche durch die Armenpflege handelt, für die heute im allgemeinen noch das Heimatprinzip

«22 massgebend ist. Wie nach der bisherigen Ordnung sind Bürger anderer Kantone ·den Kantonsangehörigen in allen Teilen gleichzuhalten. Dies ebenfalls im Hinblick auf den eidgenössischen Charakter der Fürsorge.

Auch der letzte Absatz des Art. 5 entspricht bisherigem Eecht.

Art. 6 enthält eine Bedürfnisklausel, die von Beginn der Hilfsaktion an einen der Hauptpfeiler des Unterstützungswerkes bildete. Die Kantone sollen in der Auslegung des Bedürftigkeitsbegriffes im Eahmen der bundesrechtlichen Umschreibung nach wie vor weitgehende Freiheit geniessen. Jene Klausel ist wörtlich gefasst wie in der bundesrätlichen Verordnung von 1934, und die zuständigen Bundesbehörden haben keinen Anlass, auf eine Auslegung der entscheidenden Begriffe in anderem Sinne zu dringen. Es soll den Kantonen vielmehr auch künftig freistehen, die einzelnen Unterstützungsgesuche nach den für sie massgebenden Verhältnissen zu entscheiden. Anderseits erwartet der Bund, dass dies auch fernerhin nach objektiven Gesichtspunkten .geschehe.

Art. 7, Abs. 1. Die Kantone erlassen nähere Bestimmungen über die Ausführung des in Art. 6 aufgestellten Grundsatzes. Zuhanden einzelner Kantone und Verbände sei bei dieser Gelegenheit festgestellt, dass kein Anlass besteht, .missbräuchliche Fassung und Handhabung dieser kantonalen Ausführungsvorschriften zu befürchten. Einmal wird der Bundesrat selber eine Verordnung zu diesem Bundesbeschluss erlassen. Ferner sind die kantonalen Bestimmungen von dieser Behörde zu genehmigen, und endlich hat der Bundesrat als Aufsichtsbehörde über die Durchführung der Füsorge zu wachen.

Art. 7, Abs. 2. Der Familienunterstützungspflicht gemäss Art. 328/329 .ZGB ist bei der Berechnung und Berücksichtigung anderweitigen Einkommens Beachtung zu schenken. In einzelnen Kantonen, die solche Verwandtenunterstützungen beim Entscheid über die Unterstützungsberechtigung nicht berücksichtigen, sind in einzelnen Fällen Unterstützungen aus öffentlichen Mitteln gewährt worden, in denen vorab Blutsverwandte verpflichtet und in der Lage gewesen wären, dem Bedürftigen zu helfen. Die gegen die Aufnahme einer solchen Vorschrift in den Bundesbeschluss geäusserten Bedenken sind nicht stichhaltig. Nach der vorliegenden Fassung der neuen Bestimmung sind nur solche Unterhaltsbeiträge anzurechnen, die von Blutsverwandten verlangt werden
können. Dieses Können ist nicht vom rechtlichen Standpunkt aus zu beurteilen, sondern danach, ob es den nach Zivilgesetz Beitragspflichtigen finanziell möglich ist, ihrer Pflicht nachzukommen. Es ist also nicht zu beiürchten, dass wegen der neuen Vorschrift die Bundesunterstützung von nun ·an immer dann versagt werden muss, wenn eine familienrechtliche Unterhaltspflicht an sich besteht. Die Bestimmung unter Art. 7, letzter Absatz, ist dem geltenden Eecht entnommen.

Art. 8. Die Einführung einer K a r e n z f r i s t durch die Kantone ist nach Art. 8, Abs. l, grundsätzlich nicht mehr gestattet. Bis dahin stand es den Kantonen frei, eine solche festzusetzen und, wenn sie von dieser Möglich-

823

keit Gebrauch machten, auch die Dauer der Frist zu bestimmen. Einige unter ihnen sahen nun nach ihren Erfahrungen aus der Praxis schon seit längerer Zeit davon ab, den Unterstützungsbewerbern eine bestehende Karenzfrist entgegenzuhalten, wenn diese den Nachweis dafür zu erbringen vermochten, dass sie aus triftigen Gründen ihren Wohnsitz verlegt hatten. Es kommt bekanntlich läufig vor, dass unterstützungsbedürftige Greise und Greisinnen zu ihren in einem andern Kanton niedergelassenen Kindern ziehen, weil sie in gemeinsamem Haushalt mit diesen billiger leben können als allein. In solchen Fällen verzichteten schon bisher Kantone mit einer Karenzfrist auf deren Anwendung und richteten die Unterstützung aus Bundesmitteln am neuen Wohnsitz ohne Unterbrechung an die Berechtigten weiter aus. Es erscheint ein Gebot der Billigkeit, dass diese auf freiem Entschluss der Kantone beruhende Rechtslage bei dieser Gelegenheit allgemein verbindlich erklärt wird. Nun weisen allerdings vereinzelte Kantone in diesem Punkt besondere Verhältnisse auf, die Berücksichtigung verdienen und deshalb im Entwurf vorbehalten worden sind. Wo nämlich eine kantonale Altersfürsorge besteht und für Bezüge von dieser eine Karenzfrist vorgesehen ist, könnten sich aus dem eidgenössischen Verbot der Einführung einer solchen Frist für die Bundesunterstützung im Verhältnis zu einer solchen kantonalen Fürsorgeeinrichtung Unbilligkeiten ergeben, die ihrerseits ebenfalls nicht zu rechtfertigen wären : Neu niedergelassenen Kantonsbürgern müsste nämlich dann die in der kantonalen Altersfürsorge bestehende Karenzfrist entgegengehalten werden, währenddem eine solche auf Bürger anderer Kantone, die sich zum Bezug von Bundesunterstützung melden, nicht angewendet werden dürfte. Nun sind jene Kantonsbürger allerdings auch aus Bundesmitteln unterstützungsberechtigt. Da, wo eidgenössische und kantonale Mittel einheitlich verteilt werden, würden damit nicht nur verwickelte, sondern unter Umständen auch unbillige Verhältnisse eintreten.

Zu deren Vermeidung sollen Kantone mit eigener Fürsorge ermächtigt werden, unter gewissen, vom Bundesrat zu überprüfenden Bedingungen auch für die Bundesunterstützung eine Karenzfrist vorzusehen. Übrigens können auch andere Verhältnisse, z. B. solche des Arbeitsmarktes usw., zu einer solchen Sonderregelung führen.
Abs. 2 des Art. 8 zieht die Folgerung aus dem vorangehenden Verbot.

Einzelne Kantone erachten die Anwendung der Unterstützungsansätze des neuen Wohnsitzkantons als Norm für den Weiterbezug von Bundesunterstützung als unbillig. Es handelt sich um Kantone mit verhältnismässig hohen Unterstützungsansätzen. Der Bundesgesetzgeber kann jedoch bei der Neuregelung der Frage nicht nur dieser Gruppe von Kantonen Rechnung tragen ; er hat vor allem die Verhältnisse auf Seiten der Unterstützungsbezüger zu berücksichtigen. Von diesem Gesichtspunkt aus ist der Umstand nicht ausser acht zu lassen, dass der in einen andern Kanton umziehende Unterstützungsbezüger dort je nachdem auch weniger bezieht als an seinem bisherigen Wohnsitz. Sollten Kantone mit hohen Ansätzen im Laufe der Zeit starken Zustrom von Kantonsfremden verspüren, so steht es ihnen unter Umständen

824 frei, gerade gestützt auf solche «besondere Verhältnisse» die Bewilligung zum.

Erlass einer Karenzfrist beim Bundesrat nachzusuchen.

Art. 9 schreibt vor, dass bewilligte oder bezogene Bundesunterstützungen nicht verrechnet, gepfändet, mit Arrest belegt oder in eine Konkursmasse einbezogen werden können. Zudem wird jegliche Abtretung oder Verpfändung; der Bundesunterstützung durch den Berechtigten als nichtig erklärt. Eine solche Bestimmung erwies. sich als nötig mit Bücksicht darauf, dass in den verflossenen Jahren ab und zu solche Fälle vorgekommen sind. Die Verwendung von Bundesunterstützung zu fiskalischen Zwecken wird auch dadurch nicht gerechtfertigt, dass der aus Bundesmitteln unterstützte Steuerpflichtige sein.

Einverständnis mit einem solchen Vorgehen erklärt.

Durch Abs. 2 des Art. 9 wird die Bundesunterstützung unpfändbar und unverpfändbar erklärt. Dies ebenfalls im Hinblick auf den Zweck, dem sie nach dem Willen des Gesetzgebers allein zu dienen hat: der Unterstützung bedürftiger Greise, Hinterlassener und älterer Arbeitsloser. Die Interessen der Gläubiger werden darob nicht vernachlässigt. Es steht den Kantonen, Gemeinden und andern mit der Verteilung der Bundesmittel betrauten Fürsorgestellen, wie schon bisher, frei, die Unterstützung, wo nötig, z. B. in Form von, Gutscheinen zu gewähren.

Art. 10, Abs. l, entspricht bisherigem Eecht. Die Bestimmung ist allerdings; in bezug auf die meisten Kantone gegenstandslos, indem nur noch wenige persönliche Nachteile an den Bezug von Armenunterstützung knüpfen. Immerhin empfiehlt es sich, das Verbot aus grundsätzlichen Erwägungen aufrechtzuerhalten.

Neu ist dagegen Abs. 2 des Art. 10. Mehrere Kantone haben sich in den ersteh fünf Unterstützungsjahren veranlasst gesehen, auf Eückerstattung unrechtmässig bezogener Bundesunterstützung zu dringen, und es ist ihnen auch gelungen, die in Frage stehenden Beträge auf administrativem Wege wieder beizubringen. Es erscheint jedoch zweckmässig, bei dieser Gelegenheit die nach obligationenrechtlichen Grundsätzen bestehende Eückerstattungspflicht auch im Eahmen der vorliegenden Fürsorgebestimmungen ausdrücklich festzulegen. Gleichzeitig wurde diese Verpflichtung auch für die Erben ausdrücklich statuiert, obschon es sich dabei um eine blosse Schlussfolgerung aus deren Eechtsstellung nach Art. 560,
Abs. 2 ZGB handelt.

Art. 11, Abs. l, umschreibt den Kreis der unterstützungsberechtigten!

Greise, Witwen und Waisen, und zwar entspricht der erste Absatz dieser Bestimmung inhaltlich völlig dem Art. 4, Abs. l, der bundesrätlichen Verordnung von 1934. Dagegen lässt der zweite Absatz dieses Artikels eine ausnahmsweise Unterstützung von Mutterwaisen und ausserehelichen Kindern zu. Diese beiden Kategorien von Kindern waren bis jetzt vom Bezug von Bundesunterstützung grundsätzlich ausgeschlossen. Die Praxis hat gelehrt, dass es sich rechtfertigt, in einzelnen Fällen von jenem Grundsatz abzuweichen, obwohl es sich bei den in Frage stehenden Kindern einerseits nicht um Waisen in dem vom Bundes^

825 gesetzgeber gewollten Sinne, anderseits überhaupt nicht um Waisen im Eechtssinne handelt. Der letzte Absatz des Art. 11 entspricht dem Art. 4, Abs. 2, der Verordnung von 1934.

Art. 12. Die Kantone mit obligatorischer staatlicher Alters- oder Invaliden- und Hinterlassenenversicherung oder Staatlicher Altersfürsorge sollen nach wie vor mit Zustimmung des Bundesrates berechtigt sein, einen angemessenen Teil ihres Betreffnisses für eine solche Einrichtung zu verwenden.

Nach bisherigem Eecht waren die Kantone allgemein verpflichtet, aus ihrem Anteil an der Bundessubvention Gemeinden mit allgemeiner Altersfürsorge eine angemessene Summe zur Speisung solcher Einrichtungen zu überlassen. Die neue Bestimmung unter Abs. l des Art. 12 schwächt diese Verpflichtung der Kantone in eine Ermächtigung zur Ausrichtung von Beiträgen an solche kommunale Fürsorgeeinrichtungen ab. Es kommt vor, dass in einem .Kanton die finanziellen Verhältnisse einzelner Gemeinden besser sind als diejenigen des Staates. Unter solchen Umständen erscheint es unbillig, den Kanton ^ur Beitragsleistung an solche Gemeindebeihilfen zu verpflichten. Es soll ihm vielmehr freistehen, Beiträge aus Bundesmitteln an die in Frage stehenden 'Gemeinden abzugeben.

Art. 13. Auf die in diesem Artikel umschriebene Neuregelung des Verhältnisses zwischen Bundesunterstützung und Armenpflege haben wir bereits im Abschnitt II hingewiesen.

Art. 14. Es war in einem ersten Entwurf beabsichtigt, die Schaffung ·einer «von der Armenpflege getrennten» Zentralstelle vorzuschreiben. Diese .Bedaktioii ist vielfach, aber grundsätzlich übereinstimmend in folgendem Sinne angefochten worden: Eine kantonale Zentralstelle für die Bundesfürsorge sei ·der Natur der Sache nach auf engste Zusammenarbeit mit den Organen der Armenpflege angewiesen. Keine kantonale Verwaltungsabteilung wie ·diejenige, der die Armenpflege obliegt, sei in der Lage, die materiellen Voraussetzungen für die Bewilligung von Bundesunterstützung abzuklären und, im Einvernehmen mit andern Behörden, zum einzelnen Unterstützungsfall sachkundig Stellung zu nehmen. Dazu komme, dass sie auch formell am ehesten ·die Bedingungen für eine befriedigende Lösung der Aufgabe zu erfüllen in der Lage sei, indem ihr der bestehende Verwaltungsapparat ohnehin zur Verfügung steht.

Diesen Ausführungen kann eine gewisse
Begründetheit kaum abgesprochen werden. Wir haben uns infolgedessen darauf beschränkt, entsprechend bisherigem Eecht, eine «besondere» Zentralstelle vorzuschreiben. Wichtiger als die Schaffung einer von der Armenfürsorge völlig unabhängigen Stelle für die Durchführung der Bundesfürsorge ist heute, dass alle Kantone insbesondere ihrer Verpflichtung zur Anlegung eines Zentralregisters sämtlicher Unterstützungsfälle nachkommen. Die Aufsichtsbehörde wird auch darauf zu dringen haben, dass die kantonalen Zentralstellen nach aussen hin nicht als Organ der Armenpflege auftreten.

826 Art. 15. Unter Vorbehalt der Vorschriften unter Art. 14 des Entwurfes räumt Art. 15 den Kantonen nach wie vor für die Durchführung der Bundesfürsorge weitgehende Freiheit ein. Nach den für sie massgebenden Verhältnissen und namentlich auch gestützt auf ihre bisherigen Erfahrungen mit der Verteilung der eidgenössischen Mittel werden die Kantone amtliche oder private Stellen oder beide vereinigt mit der Zuwendung der Unterstützungen an die Bedürftigen betrauen. Die Kantone nehmen dem Bund gegenüber also in organisatorischer Beziehung grundsätzlich dieselbe Stellung ein wie bisher.

Die Freiheit der Kantone wird nur insoweit eingeschränkt, als die Organisation der Fürsorge und die Eegelung ihrer Beziehungen namentlich zur Armenpflege nicht befriedigen konnten.

Art. 16, Abs. 2. In bezug auf die für die Fürsorge zu berücksichtigenden nicht versicherten Arbeitslosen wird der Kreis derselben durch eine Bundesverordnung näher umschrieben werden.

Abs. 3. Bei der Festsetzung der für die Ausscheidung der Kassenmitglieder zu beobachtenden Kriterien, insbesondere in bezug auf die auszuweisenden Arbeitstage und die bisherigen Versicherungsbezüge wird die in den verschiedenen Berufen bestehende Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden.

Art. 17. Diese Bestimmung bezweckt in erster Linie einen Doppelbezug von Unterstützungen aus der Arbeitslosenversicherung bzw. Krisenhilfe und aus der neuen Fürsorge zu vermeiden. Deshalb müssen die Leistungen der Arbeitslosenversicherung und Krisenunterstützung grundsätzlich eingestellt werden. Dies bedeutet nicht, dass der Arbeitslose in der Folge dauernd nicht mehr versicherungsfähig ist. Eine Wiederaufnahme in die Arbeitslosenkasse wir,d namentlich dann möglich sein, wenn der Arbeitslose arbeitsfähig bleiben und wieder eine regelmässige Erwerbstätigkeit aufweisen sollte.

Art. 19. Die Bestimmung bezweckt, durch Erlass von Verordnungsbestimmungen den Bahmen zu schaffen, innerhalb welchem die kantonalen Unterstützungssysteme, namentlich in bezug auf das Ausmass der Fürsorge, aufgestellt werden können.

Art. 20. In den Ausführongsvorsehriften · des Bundes, die bei der Ausscheidung der Arbeitnehmer aus dem Versicherungs- bzw. Vermittlungsapparat zu berücksichtigen sind, soll vorgesehen werden, dass als zuständige Instanz eine Kommission einzusetzen ist, in der ausser den
Amtsstellen auch Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten sind. Jedenfalls sollen die Arbeitsämter sich an dieser Kommission beteiligen können.

Art. 21. Im letzten Abschnitt des Entwurfes (D. Strafbestimmungen) werden unter Art. 21 Sanktionen eidgenössischen Eechtes für den Fall betrügerischer Erwirkung von Bundesunterstützung und der Auskunftsverweigerung vorgesehen. Der Erlass einer solchen bundesrechtlichen Vorschrift erweist sich nicht nur an sich, sondern namentlich im Hinblick auf den Umstand als begründet, dass die eidgenössischen Vorschriften über Arbeitslosenversicherung

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eine solche kennen. Mit Bücksicht auf die inskünftig enge Verbundenheit der Alters- und Hinterlassenen- mit der Arbeitslosenfürsorge rechtfertigt sich daher die Aufnahme einer einheitlichen Strafbestimmung in diesen Beschluss.

Im Laufe der ersten fünf Fürsorgejahre sind ab und zu schon Fälle von betrügerischer Erwirkung von Bundesunterstützung entdeckt und geahndet worden. Dies war nach den gegebenen Verhältnissen nur nach kantonalem Strafrecht möglich. Die Urteile fielen dabei naturgemäss sehr verschieden aus.

Die Durchführung des Verfahrens ist den Kantonen vorbehalten.

Einzelne Kantone haben gegen den Erlass eidgenössischer Strafbestimmungen für solche Fälle eingewendet, dass man sie nicht zu deren Anwendung auf Fälle verpflichten sollte, die nach ihrer Auffassung keine so strenge Ahndung verdienen. Diesen Bedenken ist folgendes entgegenzuhalten: Einmal sind besondere Strafbestimmungen gerade für «leichtere» Fälle vorgesehen. Ferner werden solche Vorschriften die Verwaltungsbehörden nicht daran hindern, unbedeutenden Verfehlungen nur administrative oder überhaupt keine Folge zu geben.

Art. 22 verpflichtet die Kantone zum Erlass der nötigen Vollzugsbestimmungen und zu deren Unterbreitung an den Bundesrat. Der im allgemeinen reibungslose Verlauf des Genehmigungsverfahrens vor Erlass der kantonalen Ausführungsbestimmungen zu der bundesrätlichen Verordnung vom Jahre 1934 berechtigt zu der Annahme, dass auch die Überprüfung der neuen kantonalen Verordnungen keine nennenswerten Schwierigkeiten bieten werde.

Art. 23. Die in diesem Artikel aufgenommene Bestimmung entspricht bisheriger Verwaltungspraxis der eidgenössischen Aufsichtsbehörde. Diese hat bis dahin auf administrativem Wege darauf gedrungen, dass die den Kantonen aus der Durchführung der Bundesfürsorge erwachsenden Verwaltungskosten von diesen nicht zu Lasten des Anteils an der eidgenössischen Subvention verbucht werden dürfen, sondern vom Fiskus zu übernehmen sind. Dagegen wird den Stiftungen «Für das Alter» und «Für die Jugend» gestattet, angemessene Kostenbeträge auf die Bundessubvention anzurechnen ; dies in Würdigung der Tatsache, dass die Stiftungen ihr aus eigenen Mitteln entlöhntes Personal zur Verfügung stellen.

Art. 24 entspricht bis auf einen einzigen Punkt vollständig Art. 12 der Verordnung von 1934. Er dehnt nämlich das
Eecht des Bundesrates auf Überprüfung der Unterstützungsakten auf diejenigen der Arbeitslosenversicherungskassen aus.

Art. 25 erklärt den Bundesbeschluss auf 1. Januar 1939 rückwirkend in Kraft und begrenzt seine Gültigkeitsdauer ausdrücklich auf die Zeit bis zum 81. Dezember 1941. Zurzeit werden den Kantonen ihre Anteile an der Bundessubvention noch in der bisherigen Höhe angewiesen. Die sich aus der Erweiterung des Hilfswerkes ergebenden Mehransprüche werden ihnen nach Abklärung der statistischen Grundlagen für ihre Ermittlung gutgeschrieben.

Art. 26 beauftragt den Bundesrat mit dem Vollzug des Bundesbeschlusses.

828 Wir haben die Ehre, Ihnen den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Vollzug der Übergangsbestimmung zu Art. 34
Wir benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, ·.unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 28. April 1939.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Etter.

Der Vizekanzler: Leimgruber.

(Entwurf.)

Bundesbeschluss über

den Vollzug der Übergangsbestimmung zu Art. 34quater der Bundesverfassung betreffend Alters- und Hinterlassenenversicherung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. I, Ziffer l, Abs. 2, des Bundesbeschlusses vom 30. Sepiember 1938 betreffend die Übergangsordnung des Finanzhaushaltes, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 28. April 1939, beschliesst: A. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

> Der Bund leistet für die Zeit vom 1. Januar 1939 bis zum 31. Dezember 1941 nach Massgabe der nachfolgenden Bestimmungen zur Unterstützung bedürftiger Greise, Witwen und Waisen und älterer, aus wirtschaftlichen Gründen

829 dauernd arbeitslos gewordener Personen Beiträge in der Höhe von jährlich 18 Millionen Franken an die Kantone und an gemeinnützige, auf das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft sich erstreckende Fürsorgeeinrichtungen sowie an Alters- und Hinterlassenenversicherungen.

Art. 2.

Der nach Art. l auszurichtende jährliche Betrag von insgesamt 18 Millionen Franken ist wie folgt zu verteilen : 10--12 Millionen Franken an die Kantone zur Unterstützung bedürftiger Greise, Witwen und Waisen; 8--5 » » an die Kantone zur Unterstützung älterer, bedürftiger Arbeitsloser; 1,5 Million » an die Schweizerische Stiftung «Für das Alter» sowie 0,5 » » an die Schweizerische Stiftung «Für die Jugend», zur Ausrichtung von Unterstützungen im Bahmen der bisherigen Tätigkeit der beiden Stiftungen ; l .

» » an den Bundesrat zur Unterstützung von Altersund Hinterlassenenversicherungen im Sinne des Art. l dieses Beschlusses.

Notwendige nähere Bestimmungen über die Verteilung der Bundesbeiträge unter die Kantone, die genannten Stiftungen und die Alters- und Hinterlassenenversicherungen im Sinne des Art. l dieses Beschlusses erlässt der Bundesrat.

Die jährliche Gesamtleistung an die Kantone soll jedenfalls 15 Millionen Franken betragen.

Für den Fall, dass der Betrag von einer Million Franken zur Unterstützung von Alters- und Hinterlassenenversicherungen nicht oder nur teilweise ausbezahlt wird, kann der verbleibende Betrag unter Berücksichtigung der besondern Zweckbestimmung ebenfalls unter die Kantone verteilt werden.

Art. 3.

Von dem auf die Kantone entfallenden Betrag von 15 Millionen Franken wird die eine Hälfte nach Massgabe der Wohnbevölkerung schweizerischer Nationalität der einzelnen Kantone und die andere Hälfte nach Massgabe der Anzahl der im Kanton wohnenden Personen schweizerischer Nationalität im Alter von über 65 Jahren und der Anzahl der im Kanton wohnenden, von der Arbeitslosenversicherung als dauernd arbeitslos ausgeschiedenen und bei der zuständigen Behörde nicht mehr als vermittlungsfähig gemeldeten Personen schweizerischer Nationalität von über 55 Jahren verteilt.

Die Berechnung der kantonalen Anteile stützt sich, soweit dafür bevölkerungsstatistische Tatsachen massgebend sind, auf die Ergebnisse der Volkszählung 1980.

Bundesblatt. 91. Jahrg. Bd. I.

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Art. 4.

Die Zuwendungen des Bundes werden je zur Hälfte auf den 1. Januar und 1. Juli des einzelnen Kalenderjahres angewiesen. Der Bund vergütet keine Zinsen. Die Kantone haben dem Fürsorgezweck für die Zeit vom Empfang des Bundesbeitrages bis zur nächsten Auszahlung der Unterstützungen eine Vergütung mindestens in der Höhe des Diskontsatzes der Schweizerischen Nationalbank gutzuschreiben. Ein allfälliger Restbetrag der im Rechnungsjahr oder in frühern Jahren nicht verteilten Bundesbeiträge ist durch die Kantone in gleicher Weise zu verzinsen.

Art. 5.

Es besteht kein klagbarer Anspruch auf Unterstützung.

Die Unterstützungen dürfen nur an bedürftige Personen schweizerischer Nationalität gewährt werden, die im Kanton ihren zivilrechtlichen Wohnsitz haben. Dabei sind Bürger anderer Kantone den Kantonsangehörigen gleichzustellen.

Von der Unterstützung sind Personen ausgeschlossen, die durch Entscheid einer gerichtlichen oder Verwaltungsbehörde im Genuss der bürgerlichen Ehren und Eechte eingestellt sind.

Art. 6.

Als bedürftig im Sinne dieses Beschlusses ist zu betrachten, wer aus eigenen Mitteln seinen persönlichen, sowie den Unterhalt derjenigen Personen nicht zu bestreiten vermag, die mit ihm in Familiengemeinschaft leben und denen gegenüber er unterstützungspflichtig ist.

Art. 7.

Die Kantone erlassen die nähern Bestimmungen über die Ausführung des in Art. 6 aufgestellten Grundsatzes. Beim Entscheid über das Vorliegen von Bedürftigkeit und über das Mass und die Art der Unterstützung sind neben den örtlichen Verhältnissen, dem Zivilstand und den Unterhaltspflichten des Unterstützungsbewerbers ein Erwerbs- .oder Eenteneinkommen, sowie vorhandenes Vermögen in billiger, den Umständen des Einzelfalles entsprechender Weise zu berücksichtigen.

Ebenso sind Unterhaltsbeiträge anzurechnen, welche von Blutsverwandten in auf- und absteigender Linie und Geschwistern gemäss Art. 328/329 des schweizerischen Zivilgesetzbuches verlangt werden können.

Bei der Zumessung der Unterstützung an Witwen mit Kindern ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familiengemeinschaft mit der Mutter weitergeführt werden kann.

Art. 8.

Die Einführung einer Karenzfrist ist grundsätzlich nicht erlaubt, kann jedoch den Kantonen auf begründetes Gesuch hin bei Vorliegen besonderer

831 Verhältnisse und unter Vorbehalt der Gleichstellung aller Schweizerbürger (Art. 5, Abs. 2) durch den Bundesrat gestattet werden.

Wer im bisherigen Wohnsitzkanton eine Karenzfrist erfüllt oder in einem Kanton ohne Karenzfrist schon Unterstützung bezogen hat, sich aber aus triftigen Gründen zur Übersiedlung in einen andern Kanton veranlasst sieht, ist, unter Vorbehalt aller andern Voraussetzungen, ohne Eücksicht auf eine dort bestehende Karenzfrist nach den für den neuen Wohnsitzkanton massgebenden Ansätzen weiter zu.unterstützen.

Art. 9.

Bewilligte Bundesunterstützungen sowie als Unterstützung bezogene Leistungen im Sinne dieses Beschlusses können nicht verrechnet, gepfändet, mit Arrest belegt oder in eine Konkursmasse einbezogen werden.

Jegliche Abtretung oder Verpfändung der Bundesunterstützung durch den Berechtigten ist nichtig.

Art. 10.

Die Bundesunterstützung darf nicht als Armensache behandelt und es dürfen an ihren Bezug nicht persönliche Nachteile öffentlich-rechtlicher Natur geknüpft werden.

Die Kantone haben für Bückerstattung unrechtmässig bezogener Unterstützung zu sorgen. Unrechtmässig bezogene Unterstützungen sind an den Fürsorgezweck zurückzuerstatten. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf die Erben des Unterstützten (Art. 560, Abs. 2, ZGB).

B. Fürsorge îur bedürftige Greise, Witwen und Waisen.

Art. 11.

Die Zuwendungen des Bundes für diesen Zweck sind ausschliesslich für die Gewährung von Unterstützungen an bedürftige männliche und weibliche Personen im Alter von über 65 Jahren, an bedürftige Witwen im Alter von unter 65 Jahren sowie an bedürftige Voll- oder Vaterwaisen im Alter von unter 18 Jahren zu verwenden.

Ausnahmsweise können auch Mutterwaisen und aussereheliche Kinder unterstützt werden.

Bei der Verteilung des in Art. 2 vorgesehenen Betrages von 10--12 Millionen Franken haben die Kantone darauf Bedacht zu nehmen, dass der Hauptanteil auf die bedürftigen Greise und Greisinnen entfällt.

Art. 12.

Kantone, die eine obligatorische staatliche Alters- oder Invaliden- und Hinterlassenenversicherung oder, unabhängig von diesem Beschluss, eine staatliche Altersfürsorge geschaffen haben, sind mit Zustimmung des Bundesrates befugt, einen angemessenen Teil ihres Betreffnisses für die Speisung einer solchen Einrichtung zu verwenden. Gemeinden, welche für ihr Gebiet eine allgemeine

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Altersfürsorge geschaffen haben, können vom Kanton aus den Zuwendungen des Bundes analog berücksichtigt werden.

Art. 18.

Die Kantone sind verpflichtet, in der Eegel nur solche Greise, Witwen und Waisen aus Bundesmitteln zu unterstützen, denen bisher überhaupt noch nicht oder nur vorübergehend und nur ausnahmsweise durch die Armenpflege Hilfe geleistet worden ist und die durch die Gewährung von Bundesunterstützung vor der Armengenössigkeit bewahrt werden können.

Art. 14.

Die Kantone haben zur Durchführung dieser Fürsorge eine besondere Zentralstelle zu ernennen. Diese hat ein Eegister der sämtlichen bewilligten Unterstützungen aus Bundesmitteln zu führen und ständige Verbindung mit andern Fürsorgeeinrichtungen zu unterhalten, die für anderweitige Leistungen an Bezüger von Bundesunterstützung in Frage kommen. Solche Leistungen sind der Zentralstelle von Amtes wegen zu melden.

Art. 15.

Im übrigen sind die Kantone in der Organisation der Fürsorge frei. Sie können die Zuwendungen des Bundes durch ihre eigenen oder durch die Amtsstellen der Bezirke und Gemeinden verteilen lassen oder sie ganz oder teilweise an öffentliche oder private gemeinnützige Einrichtungen weiterleiten. Sie sorgen für eine gleichmässige Anwendung der Unterstützungsgrundsätze gemäss diesem Beschluss und stellen hierüber die erforderlichen Vorschriften auf.

C. Fttrsorge für ältere Arbeitslose.

Art. 16.

Die Beitragsleistung des Bundes erstreckt sich auf die Unterstützung von bedürftigen Personen schweizerischer Nationalität im Alter von mehr als 55 Jahren, die ihren Lebensunterhalt selbst verdient haben und aus wirtschaftlichen Gründen dauernd erwerbslos geworden sind.

Ausser den bisherigen Mitgliedern anerkannter Arbeitslosenkassen können in der Eegel nur Lohnerwerbende berücksichtigt werden, die sich seit Jahren beim öffentlichen Arbeitsnachweis um Arbeit bemüht haben.

Die Ausscheidung von Kassenmitgliedern aus der Arbeitslosenversicherung und ihre Überleitung in die Fürsorge für ältere Arbeitslose erfolgt in Berücksichtigung des Alters und Berufes der Fürsorgeanwärter, der von ihnen in den letzten Jahren noch erzielten Arbeit sowie ihrer bisherigen Versicherungsbezüge.

Art. 17.

Die in die Fürsorge für ältere Arbeitslose einbezogenen Personen können weder der Arbeitslosenversicherung noch der Krisenhilfe weiterhin teilhaftig

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werden. Dagegen sind sie berechtigt, sich beim öffentlichen Arbeitsnachweis in einem besondern Eegister zur Arbeitsvermittlung einschreiben zu lassen.

Art. 18.

Die Fürsorge für ältere Arbeitslose dauert unter Vorbehalt von Abs. 2 längstens bis zum vollendeten 65. Altersjahr.

Ältere Arbeitslose, die erst nach dem vollendeten 65. Altersjahr in die Fürsorge für ältere Arbeitslose einbezogen werden, erhalten die Leistungen nur für die Dauer von zwei Jahren.

Art. 19.

Der Bundesrat ist berechtigt, hinsichtlich des Ausmasses der Fürsorge für ältere Arbeitslose ergänzende Vorschriften zu erlassen und Normen aufzustellen.

Art. 20.

Die Kantone ernennen eine Zentralstelle, die unter Beachtung der Bundesvorschriften über die Ausscheidung der Arbeitnehmer aus der Arbeitslosenversicherung und Krisenunterstützung befindet und über den Einbezug in die Fürsorge für ältere Arbeitslose im Sinne von Art. 16 entscheidet. Diese Zentralstelle untersteht der Oberaufsicht des Bundesamtes für Sozialversicherung.

Die mit der Arbeitsvermittlung, der- Arbeitslosenversicherung und der Krisenhilfe betrauten Behörden sind zur Auskunfterteilung an die Zentralstelle, sowie zu weiterer Mitarbeit in der Sache verpflichtet.

D. Strafbestimmungen.

Art. 21.

Wer durch unrichtige oder unvollständige Angaben für sich oder einen andern eine Unterstützung oder eine unrichtige Bemessung oder Verteilung der Bundessubvention gemäss diesem Beschluss erwirkt oder zu erwirken sucht, wird in schweren Fällen mit Gefängnis bis zu 3 Monaten, in leichteren Fällen mit Busse bis zu Fr. 500 bestraft.

Wer einem öffentlichen Organ gegenüber die Erteilung einer Auskunft verweigert, wird in schweren Fällen mit Gefängnis bis zu 20 Tagen, in leichtern Fällen mit Busse bis zu Fr. 200 bestraft.

Die Untersuchung und Beurteilung erfolgt durch die kantonalen Behörden, sei es auf kantonalen Antrag oder auf Antrag des Bundesrates; dabei sind die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht, vom 4. Hornung 1858, anzuwenden.

Die Entscheidungen der kantonalen Behörden sind dem Bundesrate schriftlich mitzuteilen und können von ihm entsprechend Art. 158 ff. des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, vom 22. März 1898, durch Berufung oder Kassationsbeschwerde weitergezogen werden.

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E. Vollzug und Gültigkeitsdauer.

Art. 22.

Die Kantone erlassen die zum Vollzug dieses Beschlusses im Kantonsgebiet erforderlichen Bestimmungen. Diese sind dem Bundesrate zur Genehmigung zu unterbreiten.

Art. 23.

Die mit der Durchführung dieses Beschlusses verbundenen Verwaltungskosten dürfen durch die Kantone nicht ihrem Anteil an der Bundessubvention belastet werden.

Art. 24.

Der Bundesrat übt die Aufsicht über die Durchführung dieses Beschlusses durch die Kantone aus. Diese haben ihm darüber nach Abschluss des Jahres binnen bestimmter Frist und in der von ihm vorgeschriebenen Form Bericht zu erstatten. Der Bundesrat ist befugt, die Tätigkeit der Kantone anhand der Eechnungen und der andern auf die Durchführung dieses Beschlusses bezüglichen Akten des Kantons, der Gemeinden und der Arbeitslosenversicherungskassen nachprüfen zu lassen.

Der Bundesrat entscheidet endgültig über Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen, sowie den Kantonen unter sich, die aus der Durchführung dieses Beschlusses entstehen können.

Er ist befugt, die Zuwendungen des Bundes einzustellen oder zu kürzen, wenn ein Kanton seine Unterstützungstätigkeit nicht gemäss den Bestimmungen dieses Beschlusses durchführt.

Art. 25.

Dieser Beschluss tritt rückwirkend auf den 1. Januar 1989 in Kraft.

Er gilt bis zum 81. Dezember 1941.


Art. 26.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Vollzug der Übergangsbestimmung zu Art. 34quater der Bundesverfassung betreffend Alters- und Hinterlassenenversicherung. (Vom 28. April 1939.)

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Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1939

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

18

Cahier Numero Geschäftsnummer

3815

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.05.1939

Date Data Seite

808-834

Page Pagina Ref. No

10 033 952

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