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3869 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Massnahmen zur sofortigen Vermehrung der armeetauglichen Motorlastwagen.

(Vom 24. Februar 1939.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend die Vermehrung der armeetauglichen Motorlastwagen zur Genehmigung vorzulegen.

I.

Das Problem der Ausrüstung unserer Armee mit Motorfahrzeugen bildet für die verantwortlichen militärischen Stellen seit langem eine Quelle ernster Sorgen und hat heute eine Bedeutung erreicht, die uns zwingt, unverzüglich Massnahmen für eine sofortige Vermehrung der armeetauglich en Motorfahrzeuge, insbesondere Lastwagen, ins Auge zu fassen.

Wie Ihnen bekannt ist, wurde auf diese Fragen auch schon aus der Mitte der eidgenössischen Räte durch die Postulate Feldmann, Käser und Vallotton eindrücklich hingewiesen.

Der Motorfahrzeugbedarf der Armee ist in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen. Der.Bedarf, wie ihn die Truppenordnung 1936 vorsieht, stellt ein Mindestmass dessen dar, was notwendig ist.

Wie der Bundesrat bereits in jener Botschaft vom 19. Juni 1936 darlegte, erlaubte schon damals der in der Schweiz vorhandene Bestand nicht, alle neuen Bedürfnisse zu befriedigen; heute ist das noch weniger der Fall. Es besteht vielmehr -- ungerechnet die Bedürfnisse der Fliegerabwehr, des Grenzschutzes, des passiven Luftschutzes, der Kriegswirtschaft und der lebenswichtigen Betriebe -- zwischen dem Bedarf der Armee, mit Einschluss einer angemessenen Eeserve, und dem vorhandenen Bestand ein Fehlbetrag an militärtauglichen Motorlastwagen, obschon hiebei das Tauglichkeitsalter für

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Schweizerwagen erheblich erhöht wurde und ausserdem eine grosse Zahl ausländischer Fahrzeuge eingerechnet ist.

Die Verhältnisse sind aber noch ungünstiger, wenn man sich die in bezug auf Alter, Gewichtskategorien und Nationalität der Lastwagen in den letzten Jahren eingetretenen Verschiebungen vor Augen hält. Einmal ist angesichts der Lage des Automobiltransportwesens, auf welche noch zurückzukommen sein wird, eine weitgehende Überalterung des Motorlastwagenparks eingetreten, indem die Halter von teuren Neuanschaffungen möglichst absehen. Werden diese aber doch unumgänglich notwendig, so geht die Neigung auf den Ankauf leichterer billigerer Modelle; diese sind aber zum weitaus überwiegenden Teil ausländischer Herkunft.

Umgekehrt sind die Anforderungen, welche an einen in der schweizerischen Armee zu verwendenden Lastwagen gestellt werden müssen, folgende: Alter bis zu 10 Jahren, robuste, den schweizerischen Verhältnissen angepasste, schwerere Bauart mit entsprechender Motorenstärke, Tragkraft von mindestens 1,5 t, Möglichkeit der jederzeitigen Beschaffung von Ersatzteilen.

Das letztgenannte Erfordernis ist von besonderer Wichtigkeit; sind bei einer Kriegsmobilmachung die notwendigen Ersatzteile und Werkzeuge im Inland nicht in ausreichendem Masse vorhanden oder können sie nicht innert kürzester Zeit beschafft werden, so ist zu gewärtigen, dass die Durchführung des Eeparaturendienstes im Falle einer Mobilmachung sehr bald auf grosse Schwierigkeiten stösst und mit der Zeit eingestellt werden muss. Die Folge ist der endgültige Ausfall zahlreicher Motorlastwagen. Solches kann sich ein Land leisten, das einen so grossen Bestand an Motorfahrzeugen besitzt, dass es ihm auf den Ausfall einiger tausend Fahrzeuge nicht oder nur in geringem Masse ankommt. Für die Schweiz muss aber eine solche Zwangslage unbedingt vermieden werden. Ausserdem ist damit zu rechnen, dass die leichten ausländischen Modelle den Eeparaturendienst weit mehr in Anspruch nehmen dürften als die einheimischen schweren und hochwertigen Wagen. Es sei hier an die Praxis im spanischen Krieg erinnert, wo man die beschädigten Lastwagen mit Ausnahme solcher schweizerischer Konstruktion einfach an der Strasse liegen lässt.

Das Halten von kriegsgenügenden Ersatzteillagern für ausländische Fabrikate wäre für die Schweiz in doppelter Hinsicht
nicht angezeigt : Einmal würde dies ganz bedeutende Kapitalinvestitionen erfordern; ferner muss damit gerechnet werden, dass diese Lager nach einer gewissen Zeit infolge Änderung der Konstruktionen zum grossen Teil nicht mehr verwendbar wären, was den vollständigen Verlust des militärischen Wertes dieser Lager und der aufgewendeten Kapitalien mit sich bringen würde. Umgekehrt besitzen wir aber für Wagen schweizerischer Herkunft in den einheimischen leistungsfähigen Fabriken mit ihren im ganzen Lande verteilten Lagern selbst die Möglichkeiten zur raschesten Beschaffung der Ersatzteile.

Es kann füglich behauptet werden, dass sich die Lastwagen schweizerischer Konstruktion in der Eegel auch für die Armee eignen, wenn auch eine weitere

305 Typisierung und Vereinheitlichung unerlässlich ist. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Schaffung gewisser schweizerischer Einheitstypen vonMotorlastwagen, die den Bedürfnissen der Privatwirtschaft wie der Armee entsprechen, notwendig.

Die im Interesse der Landesverteidigung zu verfolgende Kichtung geht deshalb dahin, die Vermehrung der Schweizer Wagen zu begünstigen.

Der im Vorhergehenden dargelegte ungünstige Stand des armeetauglichen schweizerischen Lastwagenparks wurde nicht zuletzt durch die seit einigen Jahren herrschende Ungewissheit im Gebiete des Personen- und Gütertransportes gefördert, indem sich zahlreiche Lastwagenbesitzer vor einer endgültigen Ordnung nicht zur Anschaffung von teuren, qualitativ hochstehenden schwereren Schweizer Lastwagen entschliessen konnten.

II.

Es wird auf alle Fälle noch einige Zeit dauern, bis die Auswirkungen der heute erlassenen,-vom Inkrafttreten an auf 5 Jahre befristeten Autotransportordnung im Hinblick auf die Vermehrung des armeetauglichen Motorlastwagenparks schweizerischer Herstellung fühlbar werden können.

Aus dieser Feststellung einerseits und andererseits aus der Tatsache, dass es nicht verantwortet werden könnte, einer weiteren Verschlechterung der geschilderten Lage zuzusehen oder die bisherigen Verhältnisse auch nur weiterdauern zu lassen, ergibt sich die Forderung nach sofort einsetzenden, rasch wirkenden Massnahmen, deren Dauer sich nach den Auswirkungen der vorgesehenen endgültigen Eegelung zu richten hat.

Folgende Massnahmen kommen für die sofortige Beschaffung eines ausreichenden armeeverwendbaren Motorlastwagenparks in Frage: 1. B e s c h a f f u n g armeeeigener Fahrzeuge. Es scheint dies auf den ersten Blick die einfachste Lösung zu sein. Ihre Kosten wären aber für den Bund untragbar, da für die Beschaffung des ersten Bedarfs allein, ohne die weiteren namhaften Kosten für Bauten zur Unterbringung, Unterhalts- und Eeparaturdienst, Personallöhne usw., 200 Millionen Franken ausgelegt werden müssten.

2. Gewährung finanzieller Erleichterungen an die Halter armeetauglicher Motorlastwagen.

a. Bückvergütung des ganzen oder eines Teils des E i n f u h r zolls für B r e n n s t o f f e . Die nähere Prüfung dieser von verschiedenen Seiten gemachten Anregung hat ergeben, dass solche Rückvergütungen nicht die zweckmässigste Lösung darstellen würden, nicht zuletzt im Hinblick auf umfangreiche, schwer durchzuführende Kontrollmassnahmen.

6. Beitragsleistungen an die K ä u f e r neuer Motorlastwagen.

Hier sind drei Arten des Vorgehens denkbar:

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aa. Die Beitragsleistung kann erfolgen in Form eines Zuschusses an den K ä u f e r eines neuen Wagens. Würden diese Zuschüsse einmalig entrichtet, so würden sie, abgesehen von einer starken einmaligen Belastung des Budgets, vor allem den Nachteil zeigen, dass auch bei Auflage einer regelmässigen Inspektionspflicht bezüglich der an den Wagen gestellten Bedingungen technischer Art deren Einhaltung nicht mehr durchgesetzt werden könnte, da der Käufer den ganzen Zuschuss bereits in Händen hätte ; endlich ist auch die Möglichkeit unlauterer Machenschaften nicht von der Hand zu weisen. Werden die Beitragsleistungen auf mehrere Jahre verteilt, so werden, wenn der Wagen z. B. vor Ablauf der für die einzelnen Teilbeträge vorgesehenen Zeit zum Verkauf gelangt, wiederum Schwierigkeiten entstehen in bezug auf die Auszahlung der weitern Eaten. Umfangreiche Kontrollmassnahmen zur richtigen Auszahlung und zur Vermeidung unlauterer Machenschaften würden unumgänglich werden.

Vb. Diese Schwierigkeiten könnten zum Teil vermieden werden durch die Ausrichtung von «Prämien» an die Halter armeetauglicher Motorlastwagen schweizerischer P r o d u k tion für bestimmte Zeit. Dabei erhebt sich aber sofort die Frage, in welcher Höhe diese Prämien zu halten seien; aus praktischen Gründen müssten sie wohl einheitlich gestaltet werden.

Bei der verschieden hohen fiskalischen Belastung der Motorfahrzeugbesitzer durch die einzelnen Kantone würde jedoch bei Ausrichtung einheitlicher Beiträge eine Ungleichheit eintreten. Dabei dürfte folgendes von ausschlaggebender Bedeutung sein: Werden die Prämien im Ausmass der niedrigsten kantonalen Steuer angesetzt (z. B. für einen 5-t Lastwagen in Baselstadt Fr. 890), so bieten sie zum Teil einen ungenügenden Anreiz zur Anschaffung neuer Wagen; halten sie sich höher, so machen die in Kantonen mit, niedriger Besteuerung ansässigen Halter auf Bundeskosten ein Geschäft für die eigene Tasche, ohne dass ein Anlass hiefür bestände.

Will man aber die «Prämie» so gestalten, dass sie nach der Steuerbelastung in den einzelnen Kantonen abgestuft wird, ohne jeweils den vollen Steuerbetrag zu erreichen, so stösst dies angesichts der in den einzelnen Kantonen verschiedenen Steuersysteme, oder bei gleichen Steuersystemen verschiedenen Steueransätzen auf erhebliche Schwierigkeiten, welche die Angelegenheit
in unverhältnismässiger Weise erschweren.

cc. Anknüpfend an die Ungleichheit der Motorfahrzeugsteuern in den einzelnen Kantonen sei auf eine dritte Lösung hingewiesen, welche in der Ausschaltung dieser ungleichen finanziellen Belastung

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der Lastwagenhalter besteht und zugleich die Möglichkeit einer bessern Anpassung an den Einzelfall bieten würde.

Wie bereits ausgeführt, geht bei den Lastwagenhaltern angesichts der immer noch bestehenden Unsicherheit über eine endgültige gesetzliche Lösung naturgemäss die Tendenz dahin, sich in bezug auf die Anschaffung von Lastwagen in keiner Weise mit bedeutenden Kapitalien festzulegen. Dabei spielt auch die gegenwärtig herrschende Besteuerungspraxis der Kantone eine wesentliche Eolle, indem Fahrzeuge derselben Kategorie in den verschiedenen Kantonen ganz verschieden belastet werden. Es wurde bereits in der Botschaft vom 18. Juni 1937 zum Bundesbeschluss über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen darauf hingewiesen, dass und warum eine Aufhebung der kantonalen Automobilsteuer am Platze wäre.

Wir sehen hierin auch heute noch einen Ausweg zur Behebung der gegenwärtigen, eingangs geschilderten Zustände, die sich zum Nachteil der Landesverteidigung auswirken. Da zu erwarten ist, dass die endgültige Regelung des Transportwesens mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen auch die Frage der Automobilsteuern nicht unberührt lassen dürfte, so besteht auch hier beim Motorfahrzeugbesitzer eine Ungewissheit, die sich ebenfalls in der Vorsicht vor einer gegenwärtigen Investition namhafter Kapitalien in Motorfahrzeugen, insbesondere Wagen hoher Steuerkategorien, äussert.

Da die Steuerhoheit für Motorfahrzeuge bei den Kantonen liegt, kann in diese ohne Verfassungsänderung, welche wiederum geraume Zeit in Anspruch nehmen wird, von Bundes wegen nicht eingegriffen werden.

Es ist aber hier eine andere Art des Vorgehens zur Gewährung finanzieller Erleichterungen denkbar, welche uns als sofortige und sich innert kürzester Zeit auswirkende Massnahme vorzüglich geeignet erscheint, nämlich eine finanzielle Beihilfe des Bundes in Form einer Eückvergütung der an den Kanton für f a b r i k n e u e Lastwagen bezahlten Steuern während einer bestimmten Zeit.

III.

Über die Ausgestaltung dieser Massnahme ist folgendes zu sagen: 1. Dauer der Massnahme. Diese richtet sich nach der Zeitdauer, mit welcher bis zur Auswirkung einer endgültigen gesetzlichen Begelung zu rechnen ist.

Es ist nicht zu erwarten, dass die oben erwähnte Unsicherheit, vor allem im Hinblick auf die zukünftige Gestaltung der Automobilsteuern, vor Ablauf von mindestens 8 Jahren behoben sein werde. Darüber hinaus muss aber

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·weiter mit einem Zeitraum von ca. 2 Jahren gerechnet werden, bis die Neuordnung auch zur Auswirkung gelangen kann. Wir kommen derart auf eine Zwischenperiode von mindestens 5 Jahren, während welcher die von uns ins Auge gefassten Massnahmen durchzuführen wären.

2. Zeitraum der Beitragsleistung. Es liegt auf der Hand, dass mit der Eückvergütung einer einzigen Jahressteuer nichts gewonnen wäre, indem hierin ein zu kleiner Anreiz zur Anschaffung eines neuen Wagens läge; wir erachten es als angemessen, wenn sich die Beitragsleistung für denselben Wagen auf 5 jährliche Steuerbetreffnisse erstrecken würde.

3. Bedingungen. Anspruch auf Beitragsleistungen können nur solche Halter erheben, die während der Dauer der Massnahmen gewisse fabrikneue Motorlastwagentypen in Verkehr setzen. Diese müssen bestimmten, vom Bundesrat festzusetzenden Anforderungen (Wagentyp, Konstruktion, Ausrüstung) entsprechen. Dabei ist folgendes festzuhalten: Der für Armeezwecke zu requirierende Motorlastwagenpark soll sich aus nur wenigen, bestimmten Wagentypen zusammensetzen. Die Armee hat deshalb alles Interesse an einer strengen Typisierung. Diese und die früher erwähnte Sicherstellung der Ersatzteilbeschaffung dürften es notwendig machen, die Beitragsleistungen nur für Motorlastwagen schweizerischer Herkunft vorzusehen, da die Einbeziehung auch ausländischer Lastwagen die Zahl der Typen wieder vergrössern und damit den Typisierungsbestrebungen zuwiderlaufen müsste'. Ganz allgemein ist über die technischen Anforderungen zu sagen, dass nach ihnen nur Motorlastwagen mit einer Tragkraft von mindestens 1,5 t in Betracht kommen können. Ferner ist angesichts der gegenwärtig in der Schweiz vorherrschenden Tendenz im Bau von Motorlastwagen einerseits und mit Eücksicht auf gewisse Interessen der wirtschaftlichen Kriegsvorsorge und der Lagerhaltung von flüssigen und festen Brennstoffen anderseits beabsichtigt, die Beitragsleistungen grundsätzlich nur für Diesel- und Holzgaslastwagen zu gewähren ; in der Tragkraftklasse 1,5 bis 2,4 t kommen dazu bis auf weiteres auch noch Benzinlastwagen in Betracht. Welche technischen Anforderungen im einzelnen zu stellen sind, hängt von der weitern Entwicklung der Verhältnisse ab und ist Sache der Vollziehungsvorschriften. Da es sich nicht darum handeln kann, zeitlich allzu starre Bestimmungen aufzustellen,
welche beispielsweise den technischen Fortschritt hemmen könnten, sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass der Bundesrat die technischen Anforderungen für die in einem Jahr fabrikneu angeschafften Lastwagen jeweils einheitlich festsetzen kann.

Diese Anforderungen gelten dann für den betreffenden Jahrgang unverändert während des ganzen Zeitraumes der Beitragsleistung.

Als weitere Bedingung ist eine Inspektionspflicht zu statuieren.

4. Die Zahlung des Beitrages an die Berechtigten erfolgt direkt durch den Bund auf Grund der Unterlagen über die an den Kanton bezahlten Fahrzeugsteuern. Damit wird eindeutig festgelegt, dass die in Aussicht genommene Massnahme in keiner Weise in die Steuerhoheit der Kantone eingreifen will.

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Es handelt sich lediglich um eine Beitragsleistung des Bundes, deren Höhe sich nach den für Motorlastwagen zu entrichtenden kantonalen Abgaben richtet.

5. Es kann füglich erwartet werden, dass die Kantone ihre Automobilsteuern während der Dauer der Massnahme nicht mehr erhöhen; andernfalls müsste in bezug auf die begünstigten Wagentypen indirekt der Bund den Betrag der Steuererhöhung tragen. Wir erachten es daher als angezeigt, als Maximum der Eückerstattungsbeträge grundsätzlich den status 1989 anzunehmen.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Steueransätze gerade für Motorlastwagen in den einzelnen Kantonen ausserordentlich verschieden sind, d. h. ihre Halter werden finanziell verschieden belastet. Und gerade diesen Ungleichheiten zu steuern, scheint uns ' wichtig, damit sich die finanziellen Aufwendungen für einen neuen, schweizerischen, armeetauglichen Lastwagen in Anschaffung und Betrieb für alle Halter' der Schweiz grundsätzlich gleich stellen. Es mag dem entgegengehalten werden -- und ist auch bereits erwähnt worden --, der finanzielle Beitrag in Form einer Steuerrückvergütung biete für die Halter in Kantonen mit geringer Steuerbelastung vielleicht keinen genügenden Anreiz zur Anschaffung eines neuen Wagens; andererseits sei er in bezug auf die Halter in Kantonen mit hohen Fahrzeugsteuern zu gross. Nun ist aber die Sachlage gerade so, dass in den Kantonen mit geringer Steuerbelastung der Lastwagenbestand verhältnismässig hoch ist, so dass erwartet werden darf, der geringere Anreiz werde sich auch dort noch als wirksam erweisen. Wollte man jenem Gedanken Bechnung tragen, so müsste man die finanzielle Beitragsleistung so gestalten, dass den Haltern in allen Kantonen die Steuern nur so weit zurückvergütet werden, als diese den Betrag der niedrigsten kantonalen Steuer der betreffenden Ka.tegorie übersteigen; die finanziellen Aufwendungen wären in diesem Fall für alle Halter die gleichen. Wir sind aber der Auffassung, dass diese Lösung zu kompliziert würde, besonders im Hinblick auf den bereits erwähnten Umstand, dass innerhalb der verschiedenen Kantone verschiedene Steuersysteme oder bei gleichen Steuersystemen abgestufte Steueransätze vorhanden sind.

Anderseits kann der Einwand erhoben werden, es sei nicht gerechtfertigt, die finanziellen Beiträge für die einzelnen Halter verschieden
zu gestalten; dieser Einwand wäre zutreffend, wenn sich sämtliche Halter in der gleichen Lage befänden; dass dem aber gerade nicht so ist, wurde oben dargelegt; um die ungleiche Behandlung unwirksam zu machen, sind für die einzelnen, so paradox es vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag, auch ungleiche Massnahmen zu treffen.

IV.

1. Die in Aussicht genommene Beitragsleistung in Form einer Steuerrückvergütung dürfte aber voraussichtlich allein nicht ausreichen, um die Vermehrung des Anteils an schweizerischen Lastwagen gerade in der Gewichtskategorie, wo der weitaus grösste Teil von Fahrzeugen ausländischer Herkunft ist (1,5 bis 2,4 t), mit der wünschbaren Baschheit in die Wege zu leiten. Be-

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kanntlich ist aus verschiedenen Gründen in dieser Kategorie der Anteil der schweizerischen Fabrikate an Bestand und Absatz heute noch unbedeutend; da aber die Armee ein beträchtliches Interesse besitzt, dass die Zahl der leichten schweizerischen Lastwagen mit 1,5 bis 2,4 t Tragkraft rasch vermehrt wird, neigen wir der Ansicht zu, dass für diese Typen vorläufig noch eine besondere Form der Begünstigung vorzusehen sei, und gelangen deshalb hier zu einer teilweisen Anwendung des oben als einzige Massnahme abgelehnten Prämiensystems, welches in der hier vorgesehenen Form vorzüglich geeignet sein dürfte, das System der Beitragsleistung durch Steuerrückvergütung wirksam ausgestalten zu helfen. Diese Prämien sollten unseres Erachtens auf Fr. 150 pro Jahr und Wagen der Gewichtsklasse 1,5 bis 2,4 t angesetzt werden, so dass die gesamte Beitragsleistung -- unter Einrechnung der Eückvergütung der durchschnittlichen kantonalen Steuer von ca. Fr. 810 -- jährlich ungefähr Fr. 460, ausbezahlt während 5 Jahren, betragen dürfte. Es wird von der weitern Entwicklung des Absatzes an Lastwagen dieser Kategorie abhängen, ob die Ausrichtung dieser besondern Prämie auch für spätere Jahrgänge noch notwendig sein wird.

2. Einer gesonderten Behandlung bedürfen ebenfalls die Holzgaslastwagen, bei welchen folgendes in Berücksichtigung zu ziehen ist: Wie im Ständerat bereits anlässlich der Behandlung des Postulats Käser ausgeführt wurde, ist im Hinblick auf die Bedürfnisse der Landesverteidigung die Frage der Vermehrung von Holzgaswagen von grosser Bedeutung. Die Umstellung des schweizerischen Lastwagenparks auf Holzgasbetrieb würde nicht nur unsere Unabhängigkeit von der ausländischen Produktion von Fahrzeugen und Ersatzteilen, sondern auch von den Treibstoffen herstellen.

Der Umstellung auf Holzgasbetrieb stehen zurzeit folgende Schwierigkeiten entgegen: a. Heute belaufen sich bei Anschaffung eines Holzgaslastwagens die Mehrkosten gegenüber einem entsprechenden Benzin- oder Diesellastwagen auf rund Fr. 5000.

6. Obschon die Kosten für den Brennstoff an sich niedriger sind als die eines Diesellastwagens dürfte, nach dem heutigen Stand der Technik ein Holzgaslastwagen aus verschiedenen Gründen im Betrieb nicht billiger zu stehen kommen als ein Diesellastwagen.

c. Durch die Generatorenanlage werden Laderaum und Nutzgewicht
in erheblichem Mass vermindert. Infolgedessen kommt der Holzgasbetrieb nach dem heutigen Stand der Technik für leichtere Wagen noch nicht in Frage.

Da die Armee ein grosses Interesse hat, dass eine Vermehrung der einen einheimischen Brennstoff konsumierenden Motorlastwagen eintritt, ist es gerechtfertigt, auch für Holzgaslastwagen, soweit sie fabrikneu in Verkehr gesetzt werden, besondere jährliche Prämien auszurichten. Bei ihrer Bemessung ist zu berücksichtigen, dass die gegenüber einem Diesellastwagen höhern Anschaffungskosten ausgeglichen werden sollen und darüber hinaus ein wesent-

311 lieber Anreiz zum Kauf solcher Fahrzeuge zu schaffen ist. Aus diesen Gründen scheint uns die Ausrichtung einer besondern Prämie für fabrikneue Holzgaslastwagen von jährlich Fr. 1500, ausbezahlt während 5 Jahren, angemessen.

3. Um einen für die Armeezwecke geeigneten Motorlastwagenpark zu schaffen, müssen an die einzelnen Fahrzeuge über ihre Typisierung hinaus noch ganz besondere Anforderungen an ihre Ausrüstung gestellt werden. Es handelt sich dabei um Ausrüstungsgegenstände (in Aussicht genommen sind vorläufig beispielsweise Blachengestell und Verdeck, Schleppseil, Eadkeile, Doppelschneeketten, Schanzwerkzeug usw.), die nicht in allen Fällen für den Betrieb des privaten Lastwagenhalters notwendig sind und von ihm deshalb auch nicht beschafft würden. Zudem ist im militärischen Interesse eine Normalisierung dieser Gegenstände, die mit dem Lastwagen geliefert werden sollen, erforderlich.

Da die vermehrte Ausrüstung einerseits für dea Halter nur zum Teil einen Mehrwert bedeutet, andererseits ihretwegen eine Belastung des Käufers durch den höhern Preis des Lastwagens vermieden werden sollte, dürfte es notwendig sein, für diese Zwecke vorläufig einen besondern Beitrag auszurichten, durch welchen die Kosten der zusätzlichen Ausrüstung grösstenteils ausgeglichen werden. Diese besondere Prämie dürfte bis auf weiteres für jeden fabrikneuen Motorlastwagen eines Jahrganges insgesamt Fr. 1300 betragen; sie kann für spätere Jahrgänge je nach den zu machenden Erfahrungen herabgesetzt, eventuell aufgehoben werden.

V.

Es ist mit Bestimmtheit zu erwarten, dass die im vorstehenden erörterte ·Massnahme der Beitragsleistung durch Steuerrückvergütung und Ausrichtung besonderer Prämien, im Gegensatz zu den unter II, a, b, aa und bb, genannten, einen wesentlich grösseren Anreiz zur Ausserbetriebsetzung nicht mehr armeeverwendungsfähiger und Neuanschaffung militärtauglicher Lastwagen bieten dürfte, so dass auch die Gefahr der Überalterung erheblich vermindert wird.

Zur Verstärkung dieses letztgenannten Momentes stellt sich für die Zukunft auch die Frage, ob nicht von den armeeuntauglichen Fahrzeugen eine besondere Abgabe in Form eines Militärpflichtersatzes zu erheben wäre.

Ferner bezieht sich die Massnahme, im Geigensatz zu der unter a genannten Zollrückvergütung, direkt auf das Haïtien des Wagens, so dass die Gefahr einer übermässigen, nicht im Interesse einer zukünftigen Eequisition liegenden Abnutzung kaum vorhanden ist.

Es kann mit Sicherheit angenommen werden, dass bei alledem das psychologische Moment eine nicht unwesentliche Eolle spielen wird; denn es bedeutet doch für einen Motorfahrzeughalter zweifellos nicht dasselbe, wenn er nur einen bestimmten Betrag ausbezahlt bekommt, als wenn er sich sagen kann: «Ich werde für 5 ganze Jahre keine Auslagen an Steuern für meinen Motorlastwagen haben».

312 Bei dieser Gelegenheit muss noch auf folgendes hingewiesen werden: Es herrscht auch heute noch in Automobilistenkreisen vielfach die Auffassung, dass die Motorfahrzeuge, welche für die Armee kein oder nur geringes Interesse bieten und vielleicht auch nicht mit einem Marschbefehl belegt sind, bei einer Mobilmachung ungehindert im Betrieb des Eigentümers weiterverwendet werden können. Aus solchen Gründen hält es mancher für vorteilhaft, sich trotz der in Aussicht gestellten Begünstigungen gleichwohl keinen schweizerischen, armeetauglichen Wagen anzuschaffen, indem er die Verfügungsfreiheit über sein Fahrzeug im Mobilmachungsfalle höher einschätzt.

Diese Überlegungen sind aber falsch; auch wenn die betreffenden Wagen dann tatsächlich nicht von der Armee selbst in Anspruch genommen werden sollten, so ist damit noch gar nicht gesagt, dass z. B. auch die Kriegswirtschaft, welche ebenfalls einen ansehnlichen Wagenpark benötigt, ihrerseits darauf verzichten könne. Aber auch wenn dieser Fall eintreten sollte, so muss der Fahrzeugeigentümer damit rechnen, dass die Verwendungsmöglichkeit seines Wagens in einer Weise eingeschränkt wird, die zur vollständigen Stillegung des Fahrbetriebes führt : Im Falle einer Mobilmachung müssen nämlich, trotz Lagerhaltung, unverzüglich Massnahmen zur Einschränkung des Treibstoffverbrauches auf das absolut Unerlässliche getroffen werden. Diese Massnahmen müssen allermindestens solange Geltung haben, bis die für den Kriegsverbrauch notwendige Einfuhr sichergestellt ist und die im Lande vorhandenen, unter Umständen bereits angegriffenen Vorräte voll ergänzt oder sogar vermehrt worden sind. Dass dies gegebenenfalls sehr lange Zeit gehen kann, liegt auf der Hand.

VI.

Die dem Bunde durch die im vorhergehenden erörterten Massnahmen erwachsenden Kosten sind in ihrer Höhe bedingt durch folgende Faktoren: Wirksamkeit der Massnahmen für 5 Jahrgänge; Ausrichtung der Beiträge und besondern Prämien für jeden Jahrgang während 5 Jahren; Zahl der fabrikneu in Verkehr gesetzten, den besondern Anforderungen entsprechenden Motorlastwagen, welche wir zuverlässig auf mindestens 500 Fahrzeuge pro Jahr glauben schätzen zu können; Höhe der besondern Prämien gemäss den Ausführungen in Abschnitt IV für Fahrzeuge der Tragkraftklasse 1,5 bis 2,4 t, für Holzgaslastwagen und für die besondere
Ausrüstung; Steueransätze der Kantone.

Unter Zugrundelegung dieser Faktoren berechnen wir die Kosten für die Durchführung der vorgesehenen Massnahmen schätzungsweise auf jährlich durchschnittlich Fr. l 400 000 und insgesamt auf ca. Fr. 12 600 000, verteilt auf 9 Jahre.

Die Deckung kann entweder dadurch gefunden werden, dass die nötigen Mittel aus den ausserordentlichen militärischen Krediten geschöpft werden oder dass für die nächsten 9 Jahre je ein jährlicher Posten von Fr. l 400 000 in das ordentliche Militärbudget eingesetzt wird. Diese Frage soll heute noch nicht präjudiziert werden.

sia Dagegen kann für das laufende Jahr 1939 nur die zweite der oben?

genannten Deckungsarten in Frage kommen. Dies deswegen, weil die Aktion sofort begonnen werden muss und die neue Serie ausserordentlicher Militärkredite noch nicht vom Parlament genehmigt ist.

Auf diese Weise ist eine Vermehrung der voll arrneetauglichen und entsprechend ausgerüsteten Motorlastwagen im Umfange von über 2500 Einheiten zu erwarten. Dies stellt einen sehr erheblichen Schritt zur Schaffung eines für die Armee voll brauchbaren Motorlastwagenparks dar.

VII.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass angesichts der im · I. Teil dieser Botschaft geschilderten ungünstigen Verhältnisse hinsichtlich der Armeetauglichkeit des schweizerischen Motorlastwagenparks von Bundes wegen unverzüglich Massnahmen zu treffen sind, um die Versorgung der Armee mit militärischen Anforderungen gewachsenen Motorlastwagen sicherzustellen. Hiefür dürfte sich am besten eine Übergangslösung in Gestalt einer finanziellen Beihilfe an die Halter schweizerischer Motorlastwagen eignen. Diese Beihilfe soll grundsätzlich in Form einer Eückvergütung der kantonalen Motorlastwagensteuern erfolgen; ausnahmsweise können noch gewisse zusätzliche Prämien ausgerichtet werden. Vorbehalten bleibt eine auf dem Wege der Verfassungsergänzung und der Bundesgesetzgebung zu erfolgende Neuordnung der bisher ausschliesslich durch das kantonale Becht beherrschten Besteuerung der Motorfahrzeuge. Auf die vorgesehene Weise kann durch eine vorläufige Massnahme ein ganz erheblicher Schritt zur vollständigen Kriegsbrauchbarkeit des für die Armee benötigten Motorfahrzeugparks getan werden. Der Bundesrat kann die an jeden Jahrgang von fabrikneuen Lastwagen, deren Halter auf die Beitragsleistung Anspruch machen, zu stellenden Anforderungen technischer Art festsetzen und lässt die Einhaltung der auferlegten Bedingungen jährlich kontrollieren. Damit eine gewisse Stetigkeit in die Budgetbelastung gebracht werden kann, nehmen wir die- Schaffung eines Ausgleichsfonds in Aussicht, in welchen jeweils die budgetierten Beträge einbezahlt würden.

*

*

*

Gestützt auf diese Ausführungen empfehlen wir Ihnen den beigefügten Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend Vermehrung der armeetauglichen Motorlastwagen zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 24. Februar 1989.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Etter.

Der Bundeskanzler: .

G. Bovet.

Bundesblatt.

91. Jahrg.

Bd. I.

25

314 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Vermehrung der armeetauglichen Motorlastwagen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 24. Februar 1989, beschliesst :

Art. 1.

Den Haltern von Motorlastwagen schweizerischer Herkunft, welche den vom Bundesrat festzusetzenden Bedingungen entsprechen, werden während fünf Jahren, vom Ankauf fabrikneuer Wagen an gerechnet, jährliche Beiträge gewährt, die in ihrer Höhe grundsätzlich den nach den Ansätzen des Jahres 1939 auf den betreffenden Fahrzeugtyp entfallenden kantonalen Automobilsteuern entsprechen.

Art. 2.

Der Bundesrat kann die in Art. l vorgesehenen Beiträge für die Halter von gewissen, von ihm zu bestimmenden Arten von Motorlastwagen, deren Vermehrung für die Armee besonders wichtig is.t, um einen zusätzlichen Betrag erhöhen.

Art. 3.

Über die Gewährung oder Verweigerung der in Art. l und 2 vorgesehenen Beitragsleistungen entscheidet nach den vom Bundesrat aufzustellenden Grundsätzen das eidgenössische Militärdepartement endgültig.

Art. 4. .

Dem Bundesrat wird für das Jahr 1939 zur Deckung der aus Art. l und 2 sich ergebenden Auslagen ein Kredit von Fr. l 400 000 bewilligt, der in die Nachtragskredite 1939 I. Serie einzustellen ist.

Art. 5.

Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlicher Natur und tritt auf einen vom Bundesrat zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft.

Die Leistungen des Bundes nach Art. l und 2 werden beschränkt auf die Anschaffungen von Motorlastwagen, die innerhalb · eines Zeitraumes von fünf Jahren seit dem Inkrafttreten dieses Beschlusses stattfinden.

Der Bundesrat erlässt die erforderlichen Vollzugsvorschriften.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Massnahmen zur sofortigen Vermehrung der armeetauglichen Motorlastwagen (Vom 24. Februar 1939.)

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3869

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.03.1939

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