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Botschaft betreffend Änderung des Bundesbeschlusses über einen Bürgschafts-Rahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge vom 19. Februar 1997

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Entwurf einer Änderung des Bundesbeschlusses vom 4. Juni 1992 über einen Bürgschafts-Rahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge (BB1 7992 III 1004) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 1996 P 96.3165 Sicherung eines ausreichenden Bestandes an schweizerischen Hochseeschiffen (S 13. 6. 96, Seiler Bernhard)Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. Februar 1997

1997-119

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Koller Der Bundeskanzler: Couchepin

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Übersicht Die Versorgung der Schweiz mit industriellen Rohstoffen, Energieträgern und teilweise auch mit Nahrungsmitteln ist weitgehend vom Ausland, zu einem erheblichen Teil von überseeischen Gebieten, abhängig. Durch die Globalisierung der Märkte und den dadurch entstandenen Kostendruck haben Handel und Industrie ihre Vorräte auf ein absolutes Minimum reduziert. Die veränderte aussenpolitische Lage erlaubte zudem in den vergangenen Jahren einen substantiellen Abbau bei den Pßichtlagern. Eine minimale Lagerhaltung nach dem «Just-in-time-Prinzip» ist jedoch nur möglich, weil heute sehr leistungsfähige, weltweil operierende Transportsysteme zur Verfügung stehen. Diese spielen auch fiir die Sicherstellung des Exports unserer Produkte eine entscheidende Rolle. Die moderne, international arbeitsteilige Güterproduktion wäre ohne ein solch effizientes Dienstleistungsangebot nicht funktionsfähig. Das empfindlichste Glied in der Transportkette stellt die Hochseeschiffahrt dar, weil sie im Falle einer Versorgungsstörung nicht wie die Schienen-, Strossen- oder Flusstransporte durch einen anderen Transportträger substituiert werden kann. Nach dem Ende der bipolaren Weltordnung sind zwar die Gefahren einer globalen kriegerischen Auseinandersetzung in den Hintergrund getreten, aber keineswegs endgültig gebannt. Störungen in der internationalen Seeschiffahrt drohen heute vielmehr durch regionale Konflikte, Blockaden, machtpolitische Spannungen oder wirtschaftliche Massnahmen. Durch den Abbau der militärischen Flotten wären die NATO-Länder wie alle Industriestaaten gezwungen, in einem Krisen- oder Kriegsfall für ihre zivilen und militärischen Seetransporte rasch Zugriff auf ihren eigenen Schiffsraum zu nehmen, indessen sind die Flotten dieser Staaten infolge des ungleichen Konkurrenzkampfs mit Flotten aus Niedriglohnländern seit Jahren einem starken Schrumpfungsprozess ausgesetzt. Engpässe im Seeverkehr würden zwangsläufig Länder ohne eigene Handelstonnage treffen. Ohne eigene Hochseeflotte Hefe die Schweiz aber Gefahr, sich in einem solchen Fall in unerwünschte politische und wirtschaftliche Abhängigkeit zu begeben. Durch ihre neutrale Flagge bleibt sie jedoch in der Lage, sich auch in einem Krisenfall den Zugang zu den für unsere Versorgung und den Export lebenswichtigen Märkten zu sichern.

Seit Ende der
vierziger Jahre fördert deshalb der Bund die Schweizer Hochseeflotte, anfänglich mit eigenen Darlehen, seit 1959 durch Bürgschaften. Das Parlament bewilligte letztmals 7992 zum Zwecke der Flottenerneuerung einen Bürgschaftsrahmenkredit von 350 Millionen Franken für eine Laufzeit von zehn Jahren. Der während der Schiffahrtskrise der achtziger Jahre anhaltende Investitionsstau sowie der infolge der damals geringen Bautätigkeit ausgetrocknete Zweithandschiffsmarkt haben bei der einsetzenden Erneuerung der Flotte wesentlich mehr Mittel erfordert, als ursprünglich angenommen, zumal vorwiegend teure Neubauten finanziert werden mussten. Um auch in der zweiten Hälfte der Laufzeit die angesichts der Überalterung notwendige Flottenerneuerung fortsetzen zu können, ist eine Aufstockung des Bürgschaftsrahmenkredits um weitere 250 Millionen Franken notwendig. Das Risiko hat sich bisher für den Bund als günstig erwiesen, wurde er doch noch nie aus seinem Bürgschaftsengagement in Anspruch genommen.

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Das schweizerische Schiffsbürgschaftssystem sieht im Einklang mil den Wettbewerbsregeln des GATT beziehungsweise der WTO, der OECD und der EU, da es lediglich als Massnahme zur Schaffung günstiger Rahmenbedingungen betrachtet wird.

Obwohl mit der Gewährung von Schiffsbürgschaften ausschliesslich sicherheitsund versorgungspolitische Ziele verfolgt werden, ist nicht zu übersehen, dass diese Massnahme indirekt auch zur Stärkung des Dienstleistungsstandortes Schweiz beitragen, insbesondere in der Westschweiz, wo verschiedene, sehr erfolgreiche und innovative Firmen im weltweiten Schiffahrts-Management tätig sind.

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Botschaft I II

Allgemeiner Teil Ausgangslage

Durch den «Bundesbeschluss über einen Burgschafts-Rahmenkrediî für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge» (BBI 7992 III 1004) bewilligten die eidgenössischen Räte am 4. Juni 1992 einen Rahmenkredit von 350 Millionen Franken für die Dauer von zehn Jahren. Ziel dieser Massnahme ist die Förderung des Flottenbestarides im Interesse der wirtschaftlichen Landesversorgung durch Erleichterung der Finanzierung von Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge. Der Bund gewährt zu diesem Zweck den Darlehensgebern seine Bürgschaft. Dieses Förderungsinstrument setzt er seit Ende der fünfziger Jahre erfolgreich ein, nachdem er zuvor selber zinsgünstige Darlehen gewährt hat.

Bisher wurde er für sein Engagement noch nie in Anspruch genommen.

Wie bereits in der Botschaft zum erwähnten Bundesbeschluss angekündigt (BBI 1992 I 1), verbesserte der Bundesrat die Bedingungen für die Bürgschaftsgewährung gegenüber dem Regime der früheren Bürgschaftsaktion von 1982, indem er die Konditionen der veränderten Lage am Kreditmarkt anpasste (Verordnung vom 24. Juni 1992 über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe; SR. 531.44), Die Bundesbürgschaft gewann dadurch wieder an Attraktivität, welche sie zuvor teilweise eingebüsst hatte. In der Folge machte sich nun aber der allgemeine Investitionsstau der vergangenen Jahre sowie der ausgetrocknete Zweithandschiffsmarkt aufgrund einer geringen Bautätigkeit in den achtziger Jahren bemerkbar. Die teilweise überalterte Schweizer Flotte muss deshalb schrittweise durch teure Neukonstruktionen ersetzt werden. Durch den erhöhten Erneuerungsbedarf und die stark gestiegenen Schiffspreise werden aber erheblich mehr Bürgschaftsmittel beansprucht als ursprünglich geplant, so dass der 1992 bewilligte Rahmenkredit bereits nach der halben Laufzeit vollständig ausgeschöpft sein wird.

Mit dem in ein Postulat umgewandelten Vorstoss Seiler Bernhard vom 22. März 1996 betreffend Sicherung eines ausreichenden Bestandes an schweizerischen Hochseeschiffen (96.3165) wird der Bundesrat eingeladen, die Erhöhung des Bürgschaftsrahmenkredits um weitere 200-400 Millionen Franken zu prüfen.

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Vorverfahren

Im Rahmen der Vorbereitungen dieser Vorlage wurde den interessierten Seeschifffahrtskreisen, der Schweizerischen Seeschiffahrtskommission, dem schweizerischen Seereederverband und dem Vorort Gelegenheit zur Meinungsäusserung gegeben. Die Betroffenen begrüssen ausdrücklich die vorgeschlagene Aufstockung des Bürgschaftsrahmenkredits.

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Besonderer Teil Versorgungs- und sicherheitspolitische Bedeutung der schweizerischen Hochseeflotte Auslandabhängigkeit bei lebenswichtigen Gütern

Das rohstoffarme Binnenland Schweiz sieht sich seit jeher mit einer hohen AusJandabhängigkeit konfrontiert. Fast 100 Prozent der industriellen Rohstoffe, rund 85 Prozent der Energie und rund ein Drittel der Nahrungsmittel stammen aus dem Ausland, zum überwiegenden Teil direkt oder indirekt aus Übersee. Für den Industriestandort Schweiz ist deshalb die gesicherte Zufuhr von Rohstoffen und Energieträgern eine lebenswichtige Frage. Nach wie vor besteht aber auch im Ernährungssektor eine beträchtliche Auslandabhängigkeit. Bedeutende Mengen an Lebensund Futtermitteln wie Getreide, Reis, Kaffee, Kakao, Tee, Dünger u. a. m. werden aus überseeischen Ländern in die Schweiz eingeführt.

Die moderne Versorgung ist heute stark an die Globalisierungstendenzen der Wirtschaft geknüpft und richtet sich nach den Massstäben des sich zusehends verschärfenden internationalen Wettbewerbs. Der dadurch entstehende Kostendruck bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Wirtschaftsstrukturen und die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern. Zur Einsparung von Kosten beschränkt die Wirtschaft ihre Vorratshaltung auf ein absolutes Mindestmass. In den vergangenen Jahren hat deshalb in Industrie und Handel ein substantieller Abbau bei den freien Betriebsvorräten stattgefunden. Aufgrund der machtpolitischen Entschärfung des Ost-West-Konflikts ordnete das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement einen Teilabbau der Pflichtlager an, was zu einer spürbaren Senkung der Kosten für die Pflichtlagerhaltung führte. Dieser Schritt fiel um so leichter, als heutzutage eigene leistungsfähige Transportsysteme, welche die Seeschiffahrt mitumfassen, zur Verfügung stehen und die vorhandene Versorgungslücken bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren vermögen.

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Sensible Versorgungsstrukturen

Über 90 Prozent der weltweit hergestellten Güter werden in irgendeinem Produktionsstadium mindestens einmal auf dem Seeweg transportiert. Die moderne, international operierende Wirtschaft ist deshalb auf ein zuverlässig funktionierendes Verkehrsnetz angewiesen. Dieses erlaubt ihr nach der betriebswirtschaftlichen Maxime «just in lime» massive Kosteneinsparungen bei der Lagerhaltung. Dasselbe gilt hinsichtlich der zunehmenden internationalen Arbeitsteilung. Wesentliche Fertigungsprozesse der industriellen Produktion werden aus Kostengründen in Niedriglohnländer, insbesondere nach Asien verlagert, während dort hergestellte Halbprodukte zur Endfertigung wieder in Hochlohnländer wie die Schweiz reimportiert werden.

Schliesslich lebt das Industrieland Schweiz wesentlich vom Export seiner Industriegüter. Will sie konkurrenzfähig bleiben, muss die Industrie ihre Absatzmärkte jederzeit beliefern können. Diese Märkte liegen traditionell zu einem bedeutenden Teil in Amerika und Asien, weshalb die Schweizer Wirtschaft auch aus diesem Grunde auf ein effizientes Transportangebot zur See angewiesen ist.

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Risiken für die Versorgung

Die technisch anspruchsvollen und leistungsfähigen Transportsysteme, welche die internationale arbeitsteilige Wirtschaft überhaupt erst ermöglichen, funktionieren nur, sofern sie keinen störenden Einflüssen wie militärischen, macht- oder handelspolitischen Konflikten oder anderen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Stand während des Kalten Kriegs eine globale Kriegsgefahr als grossier Risikofaktor für unsere Versorgung im Vordergrund, so hat sich dies seit dem Ende der bipolaren Weltordnung der Nachkriegszeit wesentlich geändert. Indessen lassen sich aber mittel- und längerfristig globale militärische Gefahren keineswegs ausschliessen.

Für die Beurteilung künftiger Risiken sind vermehrt die langfristigen Entwicklungen wie die Bevölkerungszunahme, der Migrationsdruck, die Erschöpfung der weltweiten Energie-, Rohstoff- und Trinkwasservorräte, Klimaveränderungen, drohende Naturkatastrophen, der Verlust von Ackerland durch Versalzung und Erosion der Böden sowie technische Risiken in Betracht zu ziehen. Eine reelle Gefahr ist auch eine grossflächige nukleare Verstrahlung. Vor diesem Hintergrund sind die politischen Risiken zu beurteilen, die sich durch wachsenden Nationalismus und in zunehmendem Masse durch regionale bewaffnete Konflikte bemerkbar machen.

Dabei gelingt es der internationalen Gemeinschaft immer weniger, solche Konflikte unter Kontrolle zu bringen.

Der hohe Importbedarf an Rohstoffen, Energieträgem, Lebens- und Futtermitteln, die Sicherstellung des Exports, die Verringerung der Vorräte infolge des Kostendrucks sowie die starke internationale Arbeitsteilung lassen das weltweit operierende Transportwesen nicht nur zu einem unverzichtbaren Dienstleistungssektor werden, sondern machen diesen auch zu einem höchst störanfälligen Bereich. Ernsthafte Störungen der internationalen Transporte führen aber nicht nur zu Versorgungslücken bei der Ernährung, sondern auch zu Lücken in der Energie- und Rohstoffversorgung. Ausserdem müsste mit schweren Beeinträchtigungen der industriellen Produktion, mit einer Gefährdung des Exports und letztlich mit dem Verlust von Arbeitsplätzen gerechnet werden. Besonders anfällig für Störungen sind die Seetransporte. Im Gegensatz zu den Schienen-, Strassen- und Flusstransporten lassen sie sich bei ihrem Ausfall nicht durch einen anderen Verkehrsträger ersetzen.
Die versorgungspolnische Bedeutung einer eigenen Hochseeflotte steigt deshalb in dem Masse, wie die Vorräte von Handel und Industrie in unserem Lande abnehmen und wie intensiver die schweizerische Wirtschaft in die internationale Arbeitsteilung eingebunden wird.

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Auswirkungen auf die Seeschiffahrt

Im Falle militärischer Konflikte greifen, wie letztmals während des Golfkriegs festgestellt worden ist, die Konfliktparteien regelmässig auf die zivile Handelstonnage, um ihre logistischen Bedürfnisse zu befriedigen. Kapazitätsengpässe im Seeverkehr sind je nach Umfang der Intervention die regelmässige Folge. Dies hat sich auch nach dem Ende des Kalten Krieges nicht geändert, im Gegenteil: Die massive Reduktion der militärischen Flotten hat die sicherheitspolitische Bedeutung der zivilen Tonnage im Hinblick auf machtpolitische Konflikte sogar erhöht, weil die betreffenden Staaten (insbesondere der NATO wie die USA, Grossbritannien und

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Frankreich) gezwungen sind, in solchen Fällen ihren Transportbedarf zur See vermehrt durch Handelsschiffe sicherzustellen.

Auch der voranschreitende Integrationsprozess innerhalb der EU bringt diesbezüglich keine Erleichterung. Die EU trifft selber keine sicherheitspolitischen Vorkehrungen, sondern übernimmt nach den Maastrichter-Verträgen lediglich eine koordinierende Funktion und überlässt weiterhin den einzelnen Mitgliedstaaten die Lasten der Verteidigungsmassnahmen. Im Seeverkehr müsste dies gegebenenfalls relativ rasch zu Engpässen führen, weil die Handelsflotten dieser Staaten in den vergangenen Jahren einen erheblichen Rückgang ihrer Tonnage von 30 Prozent der Welttonnage auf derzeit noch 12 Prozent hinnehmen mussten. Der wesentliche Kern der Seeschiffahrtspolitik der EU besteht im übrigen darin, die Flotten der Mitgliedstaaten möglichst zu erhalten und durch geeignete Massnahmen steuerlicher, finanzieller und anderer Art zu fördern. Ebensowenig wäre in einem Kriegs- oder Krisenfall Verlass auf Schiffsraum der aufstrebenden asiatischen Schwellenländer, die heute auf den Markt drängen. Zum einen vermöchten deren Tonnagen die auftretenden Marktlücken kaum zu füllen, und zum andern benötigen die betreffenden Länder ihre Schiffe für die Versorgung ihrer eigenen Märkte. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass sich heute selbst Japan um die Versorgungssicherheit zur See ernsthaft sorgt, weil die eigene Handelsflotte unter einer massiven Ausflaggung leidet.

Eine Verknappung der Handelstonnage auf dem Markt müsste zwangsläufig Länder ohne eigene Flotten treffen. Schiffe in einem solchen Zeitpunkt zu erwerben, wäre praktisch ausgeschlossen. Allenfalls würden erfahrungsgemäss nur noch technisch problematische Schiffe zu untragbaren Preisen angeboten. So bliebe das Binnenland Schweiz in Krisen- und Kriegssituationen für seine Transportbedürfnisse zur See auf die Hilfe anderer Nationen angewiesen, auf die aber, wie die Geschichte hinreichend gezeigt hat, kein Verlass wäre. Sofern entsprechender Frachtraum überhaupt zur Verfügung stünde, müsste sich die Schweiz unter Umständen in unerwünschte politische und wirtschaftliche Abhängigkeiten begeben. Mit einer eigenen Flaue kann sie aber auch in einer schwierigen Lage ihre politische Handlungsfreiheit auf diesem Gebiet erhalten.
In Krisen- und Kriegsfällen gewinnt die Flagge zur See regelmässig an Bedeutung.

Gilt in normalen Zeiten weitgehende Liberalität in bezug auf den Einsatz der Schiffe, so sind in Konfliktsituationen bestimmte Flaggen regelmässig nicht mehr überall erwünscht und können zahlreiche Häfen und Fahrtgebiete nicht mehr frequentieren. Die neutrale Schweizer Flagge mit ihrem anerkanntermassen guten Ruf und ihren hohen Sicherheitsstandards bietet hier in hohem Masse Gewähr dafür, dass unsere Schiffe auch in kritischen Situationen die für bestimmte Flaggen verbotenen Häfen und Seegebiete benützen können. Solche Flexibilität bezüglich des Einsatzes kann für ein Binnenland wie die Schweiz unter Umständen von existentieller Bedeutung sein.

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Entwicklung der internationalen Seeschiffahrt Allgemeine Entwicklung

Nach Auffassung massgebender Schiffahrtskreise wird sich der internationale Wettbewerb im Seeverkehr in den nächsten Jahren weiter verschärfen. Durch die Globalisierung der Märkte drängen vermehrt Niedriglohnländer mit ihrer Tonnage in den Markt, eine Tendenz, welche sich bereits in den siebziger Jahren abzeichnete und

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die mittlerweile für die Handelsflotten der Industriestaaten zu existentiellen Problemen geführt hat. Die grosse Krise in der Schiffahrt der achtziger Jahre hatte zur Folge, dass damals vergleichsweise nur wenige Schiffe gebaut wurden, was sich nunmehr in einer zunehmenden Überalterung des Schiffsbestandes bemerkbar macht. Um mit den Flotten aus Niedriglohnländern konkurrieren zu können, werden vermehrt alte Schiffe aus Kostengründen über ihre übliche Lebensdauer hinaus mit Besatzungen aus solchen Ländern weiterbetrieben. Dies führt zunehmend zu Sicherheitsproblemen für Besatzungen und Umwelt. Besonders spektakulär sind in diesem Zusammenhang Havarien durch ältere Öltanker, da in solchen Fällen regelmässig grosse sichtbare Umweltschäden entstehen. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Unfälle durch Trockengutfrachter oft ebenso gefährlich sein können. In den kommenden Jahren wird deshalb unter dem Druck neuer Sicherheits- und Umweltnormen zwangsläufig ein erheblicher Teil der Welthandelstonnage durch Neubauten ersetzt werden müssen. Auch die steigende Nachfrage nach Schiffen lässt sich mangels eines ausreichenden Angebots auf dem ZweithandMarkt zum überwiegenden Teil nur durch Neukonstruktionen befriedigen. Damit ist schon heute vorhersehbar, dass die Schiffspreise weiter ansteigen werden. Diese Probleme werden die Handelsflotten der Industriestaaten, welche ohnehin mit hohen Betriebskosten zu kämpfen haben, zusätzlich belasten. Hinzu kommt die gegenwärtig ungünstige Entwicklung des Frankenkurses, welche die Erträge im Inland deutlich sinken lässt.

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Massive Förderung der nationalen Flotten

Der ruinöse Wettbewerb in der Seeschiffahrt hat seit vielen Jahren dazu geführt, dass die Behörden sämtlicher seefahrender Nationen vielfältige Anstrengungen zur Förderung und Unterstützung ihrer eigenen Flotten und ihrer Werftindustrien unternehmen. Klassische Instrumente dieser Politik sind Werftbeihilfen, Subventionen für Reedereien, Steuererleichterungen aller Art für Reeder und Seeleute und vieles andere mehr. Oft wird die Schiffahrtsindustrie auch indirekt oder mit versteckten Subventionen gefördert. Internationale Bestrebungen, die auf eine Eindämmung solcher Subsidien abzielen, waren bisher wenig erfolgreich. So ist eine Liberalisierung der Seeschiffahrt im Rahmen der GATT-Uruguay-Runde nicht gelungen. Die Seeschiffahrt wird allgemein teils aus sicherheitspolitischen, teils aus wirtschaftspolitischen Gründen als besonders sensibler Bereich betrachtet. Eine Unterstellung der Seeschiffahrt als Dienstleistung unter die GATS-Regeln scheiterte deshalb am Widerstand der Vereinigten Staaten, welche sich namentlich aus solchen Erwägungen einer weiteren Liberalisierung widersetzt haben. Anvisiert wurden die Preisabsprachen im Linienverkehr. Die Diskussion wurde einstweilen auf das Jahr 2000 verschoben. Die Bundesbürgschaft ist völlig GATT-konform und bliebe es auch in Zukunft, da solche Massnahmen lediglich als Gewährung günstiger Rahmenbedingungen betrachtet werden. Im Rahmen der OECD konnte kürzlich ein «Übereinkommen über die Einhaltung normaler Wettbewerbsbedingungen in der gewerblichen Schiffbau- und Schiffsreparaturindustrie» getroffen werden, das den Abbau sämtlicher Subventionen in diesem Industriebereich vorsieht. Allerdings ist das Inkrafttreten dieses Abkommens derzeit durch die noch ausstehende Ratifizierung seitens der Vereinigten Staaten in Frage gestellt. Über die Gewährung von steuerlichen und anderen Erleichterungen durch die EU-Kommission und den damit verbundenen Transfer von Kompetenzen der Mitgliedstaaten an die Union konnte

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keine Einigung erzielt werden. An diesem grundsätzlichen Problem ist die Einführung des «EUROS-Registers» gescheitert, Durch die Bundesbürgschaft wird schliesslich auch EU-Recht nicht verletzt.

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Situation der schweizerischen Hochseeschiffahrt Wirtschaftliches Umfeld

Die schweizerischen Reeder sind voll dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt, dem sie sich bisher stets gewachsen gezeigt haben. Ihre Marktchancen sind dort problematisch, wo bezüglich der Wettbewerbsbedingungen ein erhebliches Ungleichgewicht gegenüber der ausländischen Konkurrenz besteht. Wie oben dargelegt, gewähren praktisch alle Staaten ihrer Schiffahrtindustrie finanzielle und andere wirtschaftliche Vorteile, welche den Wettbewerb völlig verzerren. Die Industrienationen sehen sich zu solchen Massnahmen gezwungen, um ihre Flotten im sicherheitspolitischen, teilweise auch im beschäftigungspolitischen Interesse gegenüber der Billigkonkurrenz aus Niedriglohnländern zu schützen und zu erhalten.

Andere Flotten wiederum, insbesondere solche aus Schwellenländem, werden mit dem vorrangigen Ziel subventioniert, Marktanteile zu erobern. Demgegenüber gelangen Schweizer Reeder weder in den Genuss irgendwelcher Subventionen noch von Steuererleichterungen, was sie im internationalen Wettbewerb deutlich benachteiligt. Schweizer Reeder haben eine solche Subventionierung nie gefordert.

Vielmehr wünschen sie vernünftige Rahmenbedingungen, die ihnen ein Bestehen in diesem ungleichen Wettbewerb gestatten. Es herrscht Einigkeit darüber, dass die Gewährung von Bundesbürgschaften zur Erleichterung der Finanzierung von Schiffsraum eine günstige Voraussetzung in diesem ungleichen Wettbewerb schafft.

Diese gezielte Verbesserung der Rahmenbedingungen ist um so wichtiger, als sich Schweizer Reeder - neben den Nachteilen, die sich aus der binnenstaatlichen Lage ergeben - noch mit zahlreichen anderen Hindernissen konfrontiert sehen. So müssen sie namentlich im europäischen Verkehr gewisse Nachteile in Kauf nehmen, indem ihnen aufgrund der Nichtmitgliedschaft der Schweiz in der EU beziehungsweise im EWR beispielsweise der Zugang zur kleinen Cabotage (Transporte zwischen Häfen desselben fremden Staates) verwehrt bleibt.

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Entwicklung der Schweizer Handelsflotte

Die schweizerische Hochseeflotte verfügt heute über 21 Einheiten, die auf allen Weltmeeren Güter verschiedenster Art transportieren. Die Gesamttragfähigkeit beträgt 705 750 DWT" oder 401 713 ERZ*'. Damit steht sie derzeit unter den Flotten der Binnenländer nach Luxemburg an zweiter, in der gesamten Weltrangliste an 63. Stelle. Mehrere Schiffe sind gegenwärtig noch im Bau, während einzelne Einheiten bereits in absehbarer Zeit veräussert werden sollen.

l( 2)

DWT: deadweight ton; Tragfähigkeit. Gewicht der Ladung, welche ein Schiff bei SommerFreibord mitführen darf.

Bruttoraumzahl; rechnerische Gesamtgrösse (keine konkrete Dimension) gemäss Tonnage Convention 1969. in Kraft seit 1982.

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Zur Zeit setzt sich die Schweizer Hochseeflotte wie folgt zusammen: Schiffstyp

Anzahl Schiffe

Bulk Carriers, wovon: Handysize Handymax Panamax Multi Purpose: RoRo Cargo: Produktetanker: Alkoholtanker:

13 6 2 5

Total:

21

2 1

3 2

Durchschnimalter in Jahren

9,3 13,5 0,5 7,6 11,0 18,0 7,0 26,0 12,0

Tragfähigkeit (DWT)

Selbstbeladungsvorrichtung

628 065 168551

8 6

92942 366 572

43596 6100 22318 5671

2 0 2 1 3 2

705 750

16

Das Durchschnittsalter der Flotte konnte seit Beginn der Bürgschaftsaktion Mitte 1992 dank der Anschaffung von sechs Neubauten von 14,5 auf 12 Jahre gesenkt werden. Dies ist im Vergleich mit den Flotten von Industrienationen immer noch sehr hoch. Auch wenn in den vergangenen Jahren einige ältere Einheiten abgestosseri werden konnten, so muss dieser Erneuerungsprozess konsequent weitergeführt werden. Die Schweizer Reeder können im harten Wettbewerb nur bestehen, wenn sie laufend moderne und leistungsfähige Schiffe einsetzen. Es macht sich nun ungünstig bemerkbar, dass in den achtziger Jahren wegen der damals schlechten Ertragsaussichten und den wenig vorteilhaften Finanzierungsbedingungen nur wenige Investitionen, meist in Occasionsschiffe, getätigt worden sind. Der dadurch entstandene erhöhte Reinvestitionsdruck wird deshalb noch während mehreren Jahren anhalten. Bis zum Jahr 2002 müssen deshalb mindestens zwölf Einheiten ersetzt werden, da sie spätestens dann aus wirtschaftlicher und technischer Sicht ein kritisches Alter erreicht haben werden, denn die fortschreitende Korrosion gefährdet mit zunehmendem Alter die Stabilität des Schiffsrumpfes, die Störanfälligkeit und die Dockliegezeiten mit entsprechendem Verdienstausfall nehmen zu, und die Reparatur- und Versicherungskosten steigen rapide an. Indessen werden in der Regel die Schiffe nicht eins zu eins ersetzt, da meist nicht sofort ein Ersatz vorhanden ist und letztlich immer der Markt entscheidet, ob und welches Schiff durch welchen Typ ersetzt werden muss. Ab und zu gibt auch ein Reeder auf, und an seine Stelle tritt ein anderer. Mithin bezieht sich die erwähnte Zahl von zwölf zu ersetzenden Einheiten auf die Gesamtheit der Flotte. Dabei gilt es zu beachten, dass sich die Schweizer Flotte in den vergangenen Jahren zahlenmässig deutlich von 34 auf 21 Einheiten verkleinert hat, dass vom erklärten Ziel einer Wiedererhöhung auf ungefähr 30 Einheiten aus finanziellen Überlegungen abgerückt werden musste und es heute nur noch darum geht, einen Bestand von ca. 20-22 Schiffen aufrechtzuerhalten, damit bezüglich Zusammensetzung der Typen, der Grossen und Ausrüstung sowie der Verfügbarkeit ein vertretbarer operationeller Einsatz der Flotte zugunsten der Landesversorgung gewährleistet bleibt.

Die Zusammensetzung der Flotte zeigt derzeit einen Überhang
an Bulk-Carriers, der jedoch durch die Tatsache gemildert wird, dass in den vergangenen Jahren mit zwei Ausnahmen nur noch Bulk-Carrier kleinerer bis mittlerer Grosse zwischen 12 500-47 000 DWT mit eigenen Kranen in Betrieb genommen wurden. Diese Ein-

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heilen sind im Einsatz sehr flexibel und gestatten dank besonderer Vorrichtungen teilweise auch eine zusätzliche Beladung des Decks. Da sie sich selber beladen und löschen und, dank ihrer geringeren Grosse, die meisten Häfen anlaufen können, eignen sie sich ausgezeichnet für die Bedürfnisse der wirtschaftlichen Landesversorgung. In diesem Zusammenhang sind für den Chemieindustrie-Standort Schweiz auch die Produkte-Tanker von besonderem Interesse. Diese modernen HightechSchiffe gestatten den Transport flüssiger Chemikalien aller Art sowie sämtlicher Mineralölprodukte.

Angesichts der weltweiten Zunahme des Container-Verkehrs wäre es wünschenswert, wenn die Schweizer Flotte vermehrt mit Schiffen ergänzt würde, die für den Transport von Containern eingerichtet sind. Reine Container-Frachter sind jedoch enorm teuer und im Einsatz wenig flexibel, weil sie auf entsprechende Hafenstrukturen (Container-Terminals) angewiesen sind. Derzeit sind lediglich zwei Schweizer Schiffe (ein RoRo- und ein Multi-Purpose-Schiff) für Transporte bis zu 367 TEU ^-Containern ausgerüstet. Allerdings wären auch Bulk-Carrier nach gewissen technischen Anpassungen durchaus in der Lage, je nach Schiffsgrösse gegen 1000 Container zu laden. Soweit sie über eigene Krane verfügen, könnten sie sogar die Container selber an Bord nehmen und löschen. In normalen Zeiten erwiese sich jedoch ein solcher Einsatz weder als wirtschaftlich noch als rationell.

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Einsatz der Schweizer Flotte zugunsten der wirtschaftlichen Landesversorgung

Müsste die Schweizer Flotte ganz oder teilweise zugunsten der wirtschaftlichen Landesversorgung eingesetzt werden, so würde dies nach den Prinzipen der Verhältnismässigkeit und Angemessenhek erfolgen. In einer ersten Phase würde versucht, die Transporte auf der Basis von Seefracht- und Charterverträgen zwischen Spediteuren, Käufern der Ware usw. einerseits und Reedern andererseits durchzuführen.

Der Bund würde gegebenenfalls Schweizer Reeder lediglich verpflichten, ihre Schiffe für Transporte schweizerischer Kunden zur Verfügung zu stellen. Bei einer Verschärfung der Versorgung oder der sicherheits- und aussenpolitischen Lage könnte unter Umständen eine Zwangsvercharterung oder gar eine Requisition der benötigten Schiffe ins Auge gefasst werden. Formell ginge bei der Requisition die operative Leitung der Schiffe auf den Bund über, während die technische Abwicklung in den Händen des Reeders bliebe. Ein solcher Eingriff ist jedoch nur für den Fall einer umfassenden Bewirtschaftung, gewissermassen als ultima ratio, denkbar.

Im Vordergrund stehen jedoch die vertraglichen Lösungen, die möglichst wenig in den Marktmechanismus eingreifen.

In allen Fällen einer Beanspruchung der Schweizer Handelsflotte für die Bedürfnisse der Landesversorgung sorgt der Bund für die Sicherstellung des Schiffseinsatzes. Dazu gehören die Aufrechterhaltung der Verbindungen zu den Schiffen, die Aushandlung von Durchfahrts-, Versorgungs- und Hafenrechten, technische Sicherheitsvorkehrungen sowie die Einhaltung der see- und völkerrechtlichen Vorschriften durch die Besatzungen. Soweit nötig, würde er einerseits die Befrachtung und andererseits die Versorgung der Schiffe mit Verpflegung, Treibstoffen, Schmiermitteln sowie mit Ersatzteilen koordinieren.

"i TEU; Tweniy Pool Eqivalent Unit; 20 FUSS Container.

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Bisherige Förderungsmassnahmen des Bundes für die Schweizer Handelsflotte Förderung der Tonnage

In den Nachkriegsjahren förderte der Bund die Hochseeflotte im Interesse der wirtschaftlichen Landesversorgung zunächst durch Gewährung niedrig verzins] ich er Bundesdarlehen. Von 1959 an erleichterte er die Finanzierung der Schiffstonnage durch Verbürgung von Schiffsdarlehen. Dies erlaubte den Schiffseignern, auf dem Kreditmarkt langfristige Investitionsdarlehen zu vorteilhaften Zinskonditionen zu erhalten. Mit der Änderung seiner Förderungspolitik ergriff der Bund nunmehr ein Finanzierungsinstrument, das sich nicht nur als besonders wirksam, sondern gleichzeitig auch als sehr marktgerecht erwies. Der Erfolg der einzelnen Bürgschaftsaktionen, welche ab 1972 vom Parlament mittels Bürgschaftsrahmenkrediten für jeweils zehn Jahre bewilligt worden waren, hing stets vom gesamtwirtschaftlichen Umfeld und von den Konditionen ab, die der Bund an die Bürgschaftsgewährung knüpfte.

Konnten mit der Aktion von 1972 noch 18 Schiffe finanziert werden, waren es im Rahmen der Aktion von 1982 gerade noch zehn Einheiten. Der geringere Erfolg dieser Aktion ist letztlich auf die weniger vorteilhafte einfache Bürgschaft zurückzuführen. In der nun seit 1992 laufenden Aktion wurden die bisherigen Schwächen beseitigt, weshalb bereits in den ersten vier Jahren zehn Schiffe finanziert werden konnten.

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Verbesserte Bürgschaftskonditionen seit 1992

Mit der «Verordnung vom 24, Juni 1992 über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe» (SR 531,44) hat der Bundesrat die notwendige Flexibilität in der Ausgestaltung der Bürgschaft geschaffen. Wichtigstes Element ist dabei der Übergang von der einfachen zur Solidarbürgschaft. Diese Bürgschaftsart hat zu einer spürbaren Reduktion des Zinsniveaus und damit zu einer wesentlichen Erhöhung der Attraktivität geführt. Gleichzeitig wurden weitere Erleichterungen wie die Verbürgung in Fremdwährungen, die Verbürgung von Darlehen gegenüber ausländischen Finanzinstituten sowie die Ausdehnung der Laufzeit und des Bürgschaftsumfangs eingeräumt.

Angesichts der langfristigen Investitionen und der damit verbundenen Risiken sind die Reeder grundsätzlich an stabilen Zinsen auf tiefem Niveau interessiert. Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung hat deshalb in Zusammenarbeit mit der Emissionszentrale der Schweizer Gemeinden ein attraktives Finanzierungsinstrument entwickelt, das dem Eigner erlaubt, das erforderliche Kapital durch Obligationenanleihen am Kapitalmarkt zu beschaffen. Dank der Solidarbürgschaft des Bundes können solche Anleihen praktisch «Eidgenossenqualität» erlangen. Da bisher zur gleichen Zeit stets nur einzelne Schiffe erworben wurden, konnte das für eine solche Käpitalmarktfinanzierung erforderliche Mindestvolumen von 50 Millionen Franken nie erreicht werden, weshalb dieses Instrument vorderhand noch nicht angewendet werden konnte.

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Andere Massnahmen des Bundes im Bereiche der Hochseeschiffahrt

Der Bund unterstützt seit vielen Jahren die Ausbildung von Schweizer Offizieren und Kapitänen durch die Übernahme eines Teils der Kosten für den Besuch von Seeschiffahrtsschulen. Das Schweizerische Seeschiffahrtsamt richtet zudem auch gewisse Beiträge an Schweizer Seeleute aus, welche die international vorgeschriebenen Spezialkurse zur Erhöhung der Sicherheit auf Seeschiffen besuchen.

In den Jahren 1990-1994 förderte der Bund durch Gewährung von Finanzhilfen den Bestand an Schweizer Seeleuten («Bundesbeschluss vom 20. Sept. J989 über Finanzhilfen an schweizerische Seeleute zur Sicherung eines ausreichenden Mannschaftsbestandes auf Schweizer Hochseeschiffen»; BB1 1989 III 970). Mit dieser Massnahme sollte angesichts des alarmierenden Rückgangs des einheimischen Schiffspersonals im Hinblick auf einen Krisen- oder Kriegsfall wieder ein für die sicherheitspolitischen Erfordernisse ausreichender Bestand an Schweizer Seeleuten gesichert werden. Der Erfolg dieser Massnahme war höchst beachtlich, konnten doch insgesamt 338 qualifizierte Schweizer Seeleute auf diese Weise dienstverpflichtet werden. Aufgrund der angespannten Finanzlage des Bundes wurde jedoch nach Ablauf von fünf Jahren auf die Weiterführung dieser im Ausland wegen ihrer hohen Effizienz vielbeachteten Aktion verzichtet. Mit dem Wegfall der Finanzhilfen sank das Interesse am Seemannsberuf. Ende 1996 waren bei einem Totalbestand von 412 Mann gerade noch 44Schweizer auf Schiffen unter Schweizer Flagge beschäftigt.

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Notwendigkeit einer Erhöhung des bestehenden Bürgschaftsrahmenkredits Ausschöpfung des bestehenden Kreditrahmens und Konsequenzen

Für die laufende Bürgschaftsaktion beantragte der Bundesrat seinerzeit den eidgenössischen Räten einen Rahmenkredit von 350 Millionen Franken, welcher sich heute als unzureichend erweist. Für die Bemessung dieses Kreditrahmens orientierte sich der Bundesrat an der vorhergehenden Aktion des Jahres 1982, welche bei einem Plafond von 300 Millionen Franken lediglich mit 108 Millionen ausgeschöpft wurde. Der sich schon damals abzeichnende Flottenerneuerungsdruck wurde jedoch sowohl bezüglich des Umfangs wie auch in preislicher Hinsicht unterschätzt. Es wurde dabei zu wenig in Rechnung gestellt, dass von den damals finanzierten Einheiten bis auf zwei alle Zweithandschiffe mit einer oft geringen Tonnage von 1500-3000 DWT waren und dass sich die Preise in den achtziger Jahren wegen der grossen Krise in der internationalen Seeschiffahrt auf einem historischen Tiefststand befanden.

In den neunziger Jahren belebte sich der Schiffsmarkt aber wieder stark. Es zeigte sich nun, dass der Occasionsmarkt infolge der ungenügenden Schiffsbautätigkeit in den achtziger Jahren weitgehend ausgetrocknet war und dass die steigende Nachfrage nach Tonnage die Preise erheblich ansteigen Hess. Hinzu kam, dass der Markt seit einigen Jahren tendenziell grössere Schiffe verlangt. Im Bulker-Segment sind gegenwärtig Schiffe zwischen 25 000-48 000 DWT mit eigenen Kranen gefragt, während die bisher in der Schweizer Flotte stark vertretenen kleinen Trockengutschiffe weitgehend vom Markt verschwinden werden. Um weiterhin konkurrenz-

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fähig zu bleiben, sind deshalb die Schweizer Reeder zum Kauf von Neubauten gezwungen. Obwohl diese meist in preisgünstigen Werften des Femen Ostens (Japan, Korea, China) in Auftrag gegeben werden, kostet derzeit ein solches Schiff im Durchschnitt gute 30 Millionen US-Dollar. Angesichts dieser Entwicklung wird der Bürgschaftsrahmenkredit bereits ungefähr in der Hälfte der vorgesehenen Laufzeit aufgebraucht sein.

Bis zum Herbst 1996 engagierte sich der Bund mit seiner Bürgschaft an der Finanzierung von insgesamt zehn Schiffen für einen Betrag von 240 Millionen Franken.

Für vier weitere Einheiten, die sich derzeit noch im Bau befinden und ungefähr im Laufe der nächsten 18 Monate ausgeliefert werden, sind Bürgschaftszusagen im Umfang der Restsumme von 110 Millionen Franken gemacht worden. Mehrere Interessenten mit zum Teil aus der Sicht der Landesversorgung sehr interessanten Projekten mussten aufgrund dieser Situation vorderhand abgewiesen werden. Kann ihnen keine Bürgschafi für die Finanzierung zur Verfügung gestellt werden, müssen sie diese Projekte entweder unter fremder Flagge realisieren oder darauf verzichten. Dies würde aber den vorzeitigen Abbruch der Flottenerneuerung bedeuten. Mittel- und langfristig wäre die Schweizer Flotte in ihrer Konkurrenzßhigkeit ernsthaft bedroht, 252

Höhe eines zusätzlichen Bürgschaftsrahmenkredits

Wie oben dargelegt, müssen neben den zur Zeit im Bau befindlichen vier Schiffen bis zum Ende der Laufzeit Mitte des Jahres 2002 mindestens noch acht neue Schiffe als Ersatz für ältere Einheiten beschafft werden, damit der gegenwärtige Flottenbestand von 20-22 Schiffen gehalten werden kann. Bei einem durchschnittlichen Preis von rund 30 Millionen US-Dollar pro Schiff und einem Wechselkurs von 1.35 Franken pro Dollar sowie einer Belehnungslimite von 80-85 Prozent ergibt das einen zusätzlichen Bedarf an Bürgschaftsmitteln von gut 250 Millionen Franken. Nicht berücksichtigt sind dabei grössere Wechselkursschwankungen und die Teuerung. Mithin ist für die vorgesehene Flottenerneuerung ein zusätzlicher Bürgschaftsrahmenkredit von wenigstens 250 Millionen Franken für die Restlaufzeit der Aktion bis 2002 erforderlich.

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Beurteilung des Risikos für den Bund

Hinsichtlich der Risikobeurteilung kann zunächst darauf hingewiesen werden, dass der Bund weder als seinerzeitiger Darlehensgeber einen Verlust erlitten hat noch seit der Einführung des Bürgschaftssystems im Jahre 1959 als Bürgschaftsschuldner von den Darlehensgläubigern je in Anspruch genommen werden musste. Allein diese rund fünfzigjährigen positiven Erfahrungen geben einen deutlichen Hinweis auf das günstige Risiko des Bundes. Dieses Ergebnis ist nicht zuletzt auch dem Umstand zuzuschreiben, dass die Erteilung von Bundesbürgschaften an strenge Kriterien und an eine sorgfältige wirtschaftliche Prüfung der Voraussetzungen beim Gesuchsteller geknüpft wird. Neben einer genügenden eigenen Kapitalbasis wird auch eine plausible Wirtschaftlichkeitsrechnung über die gesamte Dauer der beantragten Laufzeit verlangt. Zudem werden die technischen Belange des Schiffs eingehend geprüft. Während der Dauer der Bürgschaft überwacht das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung laufend die finanzielle Situation des Eigners und den technischen Zustand des Schiffs, so dass allfällige Schwierigkeiten frühzeitig erkannt und gegebenenfalls rechtzeitig behoben werden können.

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Schiffsdarlehen müssen mindestens nach der Hälfte der Laufzeit zu 50 Prozent amortisiert werden. Dadurch verringern sich die Eventualverpflichtungen des Bundes laufend, so dass auch bei einer völligen Ausschöpfung des Bürgschaftskreditrahmens das tatsächliche Gesamtrisiko stets wesentlich tiefer liegt. So betrugen die Eventualverpflichtungen des Bundes aufgrund seines Engagements aus den Bürgschaftsaktionen 1982 und 1992 von total 358 Millionen Franken Ende 1996 gerade noch 246 Millionen Franken. Die verbürgten Schiffsdarlehen waren bisher zu keinem Zeitpunkt gefährdet.

Seit der Einführung der Solidarbürgschaft 1992 lässt sich der Bund für das Risiko seines Eventualengagements vom Schiffseigner entsprechende Sicherheiten geben.

So hat ihm der Eigner ein Pfandrecht am Schiff im ersten Rang durch eine Schiffsverschreibung einzuräumen. Dieses Schiffspfandrecht wird im Register der schweizerischen Seeschiffe auf den Namen der Eidgenossenschaft in Form einer Globalhypothek eingetragen. Deren Höhe entspricht der verbürgten Darlehenssumme samt Zinsen. Aufgrund der Vereinbarungen in der Schiffs verschreibung muss der Schiffseigner dem Bund ausserdem seine sämtlichen Ansprüche aus den Schiffs Versicherungen abtreten und diese den Versicherungsgesellschaften notifizieren.

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Günstige wirtschaftliche Auswirkungen

Die Förderung der schweizerischen Hochseeflotte ist sicherheits- und versorgungspolitisch motiviert. Andere Ziele werden mit diesem Förderungsinstrument aus ordnungspolitischen Gründen nicht verfolgt. Die Aufrechterhaltung einer schweizerischen Hochseeflotte hat für unser Land aber dennoch günstige wirtschaftliche Nebenwirkungen. Durch eine Ergänzung der Bürgschaftsaktion würde indirekt der internationale Dienstleistungsstandort Schweiz gestärkt. In unserem Lande, insbesondere in der Westschweiz (Genf, Lausanne, Fribourg), sind verschiedene sehr erfolgreiche und innovative Firmen im weltweiten Seeschiffahrts-Management tätig. Diese Firmen verdienen ihr Geld im Ausland, bezahlen in unserem Land Steuern und sichern allein in der Schweiz mehrere hundert Arbeitsplätze. Letztlich leistet der Bund mit seinen Schiffsbürgschaften auch einen Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaß.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Gewährung von Bürgschaften ist nicht budgetwirksam und belastet deshalb den Bundeshaushalt nicht. Durch den Abschluss eines Bürgschaftsvertrags übernimmt der Bund lediglich die Haftung für die Rückzahlung des Schiffsdarlehens sowie höchstens eines Jahreszinses. Eine Zahlungsverpflichtung entstünde ihm deshalb nur im Falle einer Insolvenz des Darlehensschuldners. In einem solchen Fall müsste der entsprechende Zahlungsbedarf mittels eines Nachtragkreditbegehrens bewilligt werden. Wie bereits unter Ziffer 253 dargelegt, müsste der Bund jedoch noch nie sein Bürgschafts versprechen einlösen.

Die Verwaltung des Bürgschaftskredits kann wie schon bisher ohne weiteres mit dem vorhandenen Personalbestand des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung bewältigt werden.

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Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Planung des Bundesrates für die Legislaturperiode von 1995-1999 nicht berücksichtigt, da es sich nicht um ein neues Geschäft, sondern um die Aufstockung eines bestehenden Bürgschaftsrahmenkredits handelt. Durch diese günstige Massnahme übernimmt der Bund weder eine neue Aufgabe, noch entsteht ihm dadurch eine namhafte Mehrbelastung (BB1 1996 II 298), vielmehr stärkt der Bund im Sinne der Regierungsrichtlinien durch die Förderung der Transportkapazität der Schweizer Hochseeflotte die staatliche Handlungsfähigkeit und Wohlfahrt im Hinblick auf eine Versorgungskrise.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die vorgeschlagene Bundesbürgschaft steht im Einklang mit den Rechtsnormen der Europäischen Gemeinschaft (Art. 92-94 des EWG-Vertrags). Die durch die EU-Behörden im maritimen Bereich zugelassenen staatlichen Finanzhilfen (steuerliche Vorteile, Zuschüsse an Reedereien, Werftbeihilfen und vieles andere mehr) gehen weit über die hier vorgeschlagene Massnahme hinaus.

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Rechtsgrundlagen

Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für die Bewilligung des beantragten Rahmenkredites ergibt sich aus Artikel 85 Ziffer 10 der Bundesverfassung. Beim anbegehrten Zusatzkredit handelt es sich nach Artikel 29 Absatz 7 der Finanzhaushaltsverordnung vom 15. Januar 1986 (SR 611.01) um einen Rahmenkredit, der aufgrund von Artikels des Geschäftsverkehrsgesetzes (SR17IJI) in der Form eines einfachen Bundesbeschlusses zu erlassen ist, da er keine rechtssetzenden Normen enthält. Er unterliegt deshalb nicht dem fakultativen Referendum.

Die materiell-rechtliche Basis für die Beanspruchung des Kredites findet sich in Artikel 22 Absatz I des Landesversorgungsgesetzes vom S.Oktober 1982 (SR 53!). Danach trifft der Bundesrat unter anderem «... die erforderlichen Massnahmen, um ausreichende Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten zu sichern ...». Die Einzelheiten über die Bürgschaftsgewährung hat der Bundesrat in der Verordnung vom 24. Juni 1992 über die Verbürgung von Darlehen zur Finanzierung schweizerischer Hochseeschiffe (SR 531.44) geregelt.

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Ausgabenbremse

Nach Artikel 88 Absatz 2 der Bundesverfassung untersteht das Vorhaben der Ausgabenbremse und benötigt die Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder der beiden Räte.

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Bundesbeschluss über einen Bürgschafts-Rahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 19. Februar 1997 '>, beschliesst: I

Der Bundesbeschluss vom 4. Juni 19922) über einen Bürgschafts-Rahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge wird wie folgt geändert:

Art. l Zur Deckung allfälliger Zahlungsverpflichtungen, die aus einem Bürgschaftsengagement des Bundes im Zusammenhang mit dem Erwerb schweizerischer, für den Transport lebenswichtiger Güter geeigneter Hochseeschiffe entstehen, wird für eine Laufzeit von zehn Jahren (ab 4. Juni 1992) ein Rahmenkredit von 600 Millionen Franken bewilligt.

Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

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'> BBI 1997 III 213 » BBI 1992 III 1004

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft betreffend Änderung des Bundesbeschlusses über einen BürgschaftsRahmenkredit für die Sicherung eines ausreichenden Bestandes an Hochseeschiffen unter Schweizer Flagge vom 19. Februar 1997

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1997

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

20

Cahier Numero Geschäftsnummer

97.015

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.05.1997

Date Data Seite

213-229

Page Pagina Ref. No

10 054 271

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Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

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