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Schweizerisches Bundesblatt.

XXVI. Jahrgang. III.

Nr. 46.

24. Oktober 1874.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile 15 Ep. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über die Stellung des Bundes zu der Anbringung von Verbindungsgeleisen zwischen dem Schweiz. Eisenbahnnez und industriellen Etablissementen.

(Vom 29. September 1874.)

Tit. !

Durch Botschaft vom 12. September 1873 hatten wir die Ehre, in Ausführung eines Auftrages, welchen Sie uns bei Anlaß des Konzessionsbegehrens für eine Eisenbahn Gisikon-Perlen ertheilt hatten, Ihnen über die den Eisenbahnen von rein privatlichem Charakter im neuen Eisenbahnrechte anzuweisende Stellung zu berichten. *) AVi r kamen damals im Wesentlichen zu folgenden Konklusionen : Jede Eisenbahn, welche an eine bereits konzedirte anschließen und über fremden Grund und Boden geführt werden wolle, sei einer Konzession bedürftig und fähig, und mit der Konzession sei das Expropriationsrecht verbunden ; immerhin sollte an die Einräumung des leztern die Bedingung geknüpft werden, daß bei eintretendem Bedürfniß auf Verlangen des Bundesrathes die Bahn dem öffentlichen Betriebe zu übergeben, und daß, solange dieser Fall nicht eintrete, den Eigentümern von neben oder hinter der *) Siehe Bundesblatt v. J. 1873, Band III, Seite 722.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. III.

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Linie liegenden Etablissementen etc. gegen angemessene Entschädigung die Mitbenuzung der Bahn zu gestatten sei.

Die nationalräthliche Kommission für Eisenbahnsachen spaltete sich in zwei Hälften; die eine wollte die Konzession für die Privatbahn Gisikon-Perlen gemäß unserem Vorschlag ertheilen; die andere beantragte, auf das Gesuch zur Zeit nicht einzutreten, dagegen den Bundesrath zur Prüfung der Frage einzuladen, ob nicht ein Bedürfniß für Erweiterung des Art. l des eidg. Expropriationsgesezes bestehe. Bei der Verhandlung im Nationalrath wurden noch zwei weitere Anträge gestellt; der eine ging auf Abweisung des Begehrens als unvereinbar mit Art. 21 der Bundesverfassung, welcher das Expropriationsrecht nur für öffentliche Werke gestatte ; der andere war darauf gerichtet, die Frist, nach deren Verfluß die Bahn dem allgemeinen Betrieb sollte übergebenwerden,, von vornherein zu fixiren.

Mit schwacher Mehrheit wurde der lezte Antrag angenommen.

Der Ständerath beschloß am 22. September mit 21 gegen 3 Stimmen, auf das Konzessionsgesuch überall nicht einzutreten.

Der Nationalrath trat am 23. September zunächst in eventueller Abstimmung mit 50 gegen 28 Stimmen, welch leztere am ersten Beschlüsse" festhalten wollten, und in der Hauptabstimmung (Abweisung gegenübe: Verschiebung auf eine spätere Session) mit 48 gegen 35 Stimmen dem Ständerath bei.

Dieser Entscheid veranlaßte die Herren Nationalräthe Stämpfli, Dr. Simon Kaiser und J. Vonmatt, am 24. September folgende Motion zu stellen: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, auf die nächste ordentliche Sizung der Räthe Bericht und Vorschlag über die nöthigen Ergänzungsbestimmungen zum bestehenden Geseze über die Eisenbahnen und Expropriationen vorzulegen, um die Anwendung dieser Geseze auf Eisenbahnen industrieller Etablissemente und anderer gewerblichen Unternehmungen bezüglich auf Konzessionsertheilung, Einräumung des Expropriationsrechtes, Anschluß an das allgemeine Eisenbahnnez u. s. w. zu ordnen."

In der Diskussion wurde von anderer Seite gewünscht und beantragt, daß über die Richtung, in welcher die Lösung, resp.

Untersuchung der Frage zu geschehen habe, keinerlei Wegleitung gegeben werde, und es wurde demgemäß am 25. September folgendes Postulat angenommen: .,Der Bundesrath wird eingeladen, mit Beförderung den eidg.

Räthen Bericht und Vorschlag über die Stellung des Bundes zu der Anbringung von Verbindungsgeleisen zwischen dem schweiz.

139 Eisenbahnnez und industriellen Etablissementen, beziehungsweise andern gewerblichen Anstalten, einzubringen."

Der allgemeinen Passung, welche das Postulat so schließlich erhalten hat, entsprechend, haben wir zuvorderst die Akten in mehrfacher Beziehung vervollständigt.

In erster Linie \var festzustellen, wie die benachbarten oder sonst durch die Eisenbahnverhältnisse uns näher stehenden Staaten die fraglichen Verbindungsgeleise behandeln.

Wir notiren summarisch folgende Resultate, wobei wir der Kürze halber die in Behandlung liegenden Eisenbahnen ,,Privatgeleise" und deren Eigenthümer ,,Fabrikbesizer" nennen.

F r a n k r e i c h gibt den Privatgeleisen das Expropriationsrecht (pour cause d'utilité publique), verpflichtet dieselben aber zugleich, sobald sieh die Notwendigkeit herausstellt und die Regierung es verlangt, öffentlich Personen oder Waaren oder Personen und Waaren zu transportiren. Die öffentlichen Bahnen sind durch ihre Konzessionen verpflichtet, den Anschluß der Privatgeleise zu gestatten.

Wenn dieser Anschluß, sowie wenn das Expropriationsrecht verlangt wird, ist für die Privatgeleise eine Konzession nöthig, welche die gleichen. Bestimmungen zeigt, wie die Konzessionen für die öffentlichen Bahnen.

Die Konzessionsbestimmungen betreffend die Pflicht der Bahnen, Privatgeleisen den Anschluß zu gewähren, gehen sehr ins Detail : Die Geleise sind auf Kosten der Fabrik besizer zu erstellen und zu unterhalten ; sie dürfen dem allgemeinen Betrieb der Hauptbahn nicht hinderlich sein und ihr Betriebsmaterial nicht gefährden.

Die Hauptbahn darf die Unterhaltung der Privatgeleise und die Benuzung ihres Betriebsmaterials beaufsichtigen. Die Staafsververwaltung kann jederzeit Abänderungen am Auschlußpunkt, am Trace und an der Anlage der Privatgeleise vorschreiben, und die Anschlußweichen vorübergehend beseitigen lassen, wenn der Fabrikbesizer seine Transporte ganz oder theilweise einstellt. Die Hauptbahn muß ihre Wagen auf den Privatgeleisen zirkuliren lassen; die Wagen vom und zum Anschlußpunkt zu führen, zu beladen und abzuladen, ist Sache des Fabrikbesizers. Die Wagen dürfen nur mit Gütern beladen werden, welche zum Transport durch die Hauptbahn bestimmt sind. Die Wagen dürfen nicht länger als 6 Stunden auf den Privatgeleisen bleiben; sind leztere über l Kilometer lang, so verlängert sich die Frist um 1/2 Stunde per Kilometer; wird die Frist nicht innegehalten, so muß eine verhältnißmäßige Entschädigung bezahlt werden. Die Weichen-

140 und Bahnwärter werden durch die Hauptbahn angestellt uad besoldet, aber die Kosten sind ihr zu ersezen. Der Fabrikbesizer ist verantwortlich für die. Beschädigung des Betriebsmaterials während der Zeit, wo es auf seinen Geleisen steht. Wenn eine dieser Bedingungen verlezt wird, so kann die Staatsverwaltung den Betrieb einstellen und den Anschluß aufheben.

Endlich noch genaue Taxbestimmungen für die Benuzung der Wagen der Hauptbahnen (12 Cts. per Tonne für den ersten, ferner 4 für jeden weitern Kilometer, jedoch nur per Wagenladung).

lu I t a l i e n bedürfen die Privatgeleise keiner Konzession.

Diejenigen, welche ausschließlich auf dem Boden des Fabrikbesizers liegen, sind lediglich der allgemeinen Polizei unterworfen ; für diejenigen, welche fr sind es Land berühren, müssen die Pläne genehmigt werden ; auch diese stehen unter den allgemeinen Polizeigesezcn.

Den Anschluß müssen die öffentlichen Bahnen gestatten. Das Expropriationsrecht ist den Privatgeleisen nicht eingeräumt, wohl aber eine im Effekt ziemlich auf dasselbe herauskommende Servitutberechtigung gleich derjenigen, welche für Wasserleitungen beansprucht werden kann. Nach den Art. 598 u. ff. des Civilgesezes darf nämlich für Wasser, welches Einer für den Hausgebrauch oder für landwirtschaftliche oder industrielle Zweke nöthig hat, oder behufs Entwässerung ableiten will, Durchlaß über fremdes Land verlangt werden. Häuser, Hole, Gärten und Tennen sind immerhin von diesem Zwange beiVeit, und die Wasserleitung muß so angelegt werden, daß sie dem nachbarlichen Grundstük so wenig als möglich schädlich ist. Der dem Nachbarn erwachsende Schaden, Inbegriffen die Werthverminderung wegen Zerstükelung und Verschlechterung des Landes, sowie 1/3 darüber hinaus, muß ersezt werden.

B e l g i e n keimt eine Expropriation nur pour cause d'utilité publique. Indessen sind zwei Ausnahmen statutirt. Eine Minenunternehmung kann als im öffentlichen Interesse liegend erklärt und mit dem Rechte, (gegen doppelte Entschädigung) zu expropriiren, ausgestattet werden, und zweitens ist gemäß manchen Konzessionen der Regierung das Recht eingeräumt, dem Konzessionär der Hauptlinie unter gleichen Bedingungen und ohne weitere Formalitäten alle Abzweigungen, von höchstens 5 Kilometer Länge zu konzediren, welche zum Zweke haben, Kohlengruben und andere industrielle
Etablissemente mit der Hauptbahn zu verbinden. Sobald die Konzession für diese Abzweigungen wirklich erfolgt, stehen dieselben den Hauptlinien mit Bezug auf Bau und Betrieb gleich. Die Staatsverwaltung hat die Pläne zu genehmigen und den Bau zu über-

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wachen. Die öffentlichen Bahnen haben solche Verbindungsgeleise in den Bahnhöfen oder in offener Bahn anschließen zu lassen.

O e s t e r r e i c h unterstellt Privatgleise, die auf dem eigenen Grund und Boden des Besizers oder mit Einwilligung- der betreffenden Grundeigentümer erstellt werden, lediglich den allgemeinen Vorschriften über Ausführung von Bauten.

Privatbergwerken dienende Eisenbahnen genießen das Enteignungsrecht ; jeder benachbarte Bergwerksbesizerr darf sie aber zum Transport seiner Güter gegen angemesseneEntschädigung mmit-benuzen.

In einzelnen Konzessionen für öffentliche Bahnen ist das Expropriationsrecht den Konzessionären auch für jene zu einzelneu industriellen Etablissementen etwa herzustellenden Flügelbahnen zugestanden, deren Errichtung von der Staatsverwaltung als im öffentlichen Interesse liegend erkannt werden sollte.

Die Staatsverwaltung entscheidet über Anstände betreffend den Anschluß von Bergwerks- und andern Privatgeleisen.

Pferdebahnen besizen das Expropriationsrecht nicht und bedürfen einer eigentlichen Konzession (des Kaisers) nicht, sondern nur einer Ministeria lbewilligung.

o ö P r e u ß e n gibt den Privatgeleisen ausnahmsweise die Enteignungsbefugniß, wenn sie aus Gründen des öffentlichen Wohles als nothwendig oder dringend wünschenswerth erscheinen. Eine Konzession ist nicht erforderlich, dagegen die Bewilligung des Handelsministeriums, wenn sie an die öffentlichen Bahnen anschließen sollen.

Leztere sind indessen nicht pflichtig, den Anschluß zu gestatten.

In W ü r t t e m b e r g sind die Privatbahnen gehalten, den unmittelbaren Anschluß von andern Eisenbahnen, insbesondere auch die Anlage von Schienenverbindungen mit gewerblichen Etablissementen zu gestatten und sieh den von der Regierung rüksichtlich dieses Anschlusses und des diesfälligen Betriebsdienstes getroffenen Anordnungen zu unterziehen: die Staatsbahnen sind hiezu nicht verpflichtet. Verkehrspolizei liehe Aufsicht, wenn die Privatgeleise mit öffentlichen Bahnen in unmittelbare Schienenverbindung gesezt werden. Expropriation wurde noch nie beansprucht und würde kaum bewilligt werden.

B a d e n hat gleichfalls in die Konzessionen für die Privatbahnen die Klausel aufgenommen, daß sie die Anschlüsse industrieller Zweigbahnen zulassen müssen. Die Staatsbahn hat im Wege freier Vereinbarung den Anschluß immer gestattet, wenn keine Störung

142 des Betriebes zu befürchten war. Privatgeleise unterliegen den allgemeinen Polizeigesezen. Das Expropriationsrecht würde nur eingeräumt, wenn die Geleise unmittelbar oder mittelbar dem Staate oder einer Gemeinde dienen würden.

B a y e r n Übt keine Kontrolle über die Privatgeleise und gibt ihnen weder das Rächt der Zwangsenteignung, noch des Anschlusses.

In E n g l a n d endlich sind die öffentlichen Bahnen verbunden, don Privatgeleisen den Anschluß zu gestatten, wenn derselbe möglich ist, ohne die Sicherheit des Publikums und die Interessen der Eisenbahnen und ihres Verkehrs zu gefährden. Die Staatsverwaltung kann die Anschlußermächtigung einschränken und die Ausführung überwachen. Im Uebrigen findet über Bau und Betrieb keine Kontrolle statt. Eine Konzession ist nicht nöthig. Das Expropriationsrecht, wenn es je verlangt werden sollte, würde das Parlament kaum einräumen.

In zweiter Linie haben wir Erhebungen gemacht, in wie weit und unter welchen Bedingungen das Bedürfniß zur Anlegung solcher Privatgeleise bis jezt bei den vier Hauptbahnen der Schweiz Befriedigung gefunden habe.

An das Nez der S u i s s e O c c i d e n t a l e schließen'12 Privatverbindungsgeleise au. Auf einem werden die Wagen durch Pferde, auf den übrigen von Hand (theils durch die Angestellten der Gesellschaft, theils durch die Arbeiter der betreffenden Etablissemente) in Bewegung gesezt.

Die Suisse Occidentale hat ein allgemeines Reglement über die Bedingungen für den Anschluß solcher Geleise aufgestellt, dessen wesentliche Bestimmungen sind : Die ganze Anlage wird auf Kosten des Fabrikbesizers ausgeführt, im Bereiche der Hauptbahn durch diese selbst, der übrige Theil nach Anordnung und unter Aufsicht derselben. Gleiche Grundsäze bezüglich der Unterhaltung. Das Privatgeleise wirdabgesperrt;; die Schlüssel des Verschlusses bleiben in den Händen des Bahnhofvorstandes. Die Anschlußweichen werden durch einen Weichenwärter der S. 0. bedient. Wenn die Privatgeleise parallel mit der Hauptbahn laufen, so müssen sie 3 Meter entfernt uad durch eine Einfriedigung getrennt sein. Wenn dieselben auf offen ar Bahn anschließen, so müssen sie parallel bis zur nächsten Station fortgesezt, ein Wärter an den Anschlußpunkt placirt und eine gehörigeSignaleinrichtungg hergestellt werden;; alles auf Kosten des Fabrikbesizers. Die Zweigbahn darf beim Anschlußpunkt nie ein Gefäll gegen die Hauptbahn haben. -- Auf schriftliches Gesuch führt die S. 0. ihre Wagen bis zum Anschlußpunkt;

143 sie von dort zu holen und dorthin zu bringen, sowie das Auf- und Abladen ist Sache des Fabrikbesizers. Die Wagen dürfen nur mit Waaren beladen werden, deren Transport der S. 0. zufällt; Verwendung der Wagen für den besondern Dienst des Etablissements hätte Buße und Rükzug der Konzession zur Folge. Solange die Wagen auf dem Privatgeleise stehen, ist der Fabrikbesizer für allen Schaden am Betriebsmaterial und an der Ladung verantwortlich.

Für den Gebrauch jenes Materials ist l Fr. per Wagen und wenn das Geleise mehr als l Kilometer lang ist, 2 Fr. zu bezahlen. Die weitem Taxen werden wie gewöhnlich berechnet, jedoch nur per Wagenladung von mindestens 100 Zentnern. Die Wagen dürfen 10 Stunden (die Nachtzeit nicht eingerechnet) auf den Privatgeleisen bleiben : jedes Ueberschreiten dieser Frist hat eine Buße von 20 Kp.

per Wagen und Stunde zur Folge. -- Dritte dürfen die Geleise nicht ' benuzen. Während die Angestelltem des Fabrikbesizers auf dem Terrain der Hauptbahn sich befinden, stehen sie unter den Befehlen der Beamten derselben. Eine Verlegung der vorstehenden Vorschriften berechtigt die Hauptbahn jederzeit, sofort und ohne Entschädigung die Konzession als erloschen zu erklären.

Die Anschlußbewilligung wird auf 10 Jahre ertheilt. Wenn aber die Suisse Occidentale findet, die Privatgeleise beeinträchtigen die Sicherheit des Betriebes, oder wenn durch dieselben die Vergrößerung von Bahnhöfen gehindert würde, so behält sich jene vor, den Vertrag jederzeit mittelst einer dreimonatlichen Aufkündung ohne Entschädigung aufzulösen. Außerdem scheint die Suisse Occidentale sich in der Regel noch ein gewisses Minimum eines jährlichen Güterverkehres garantiren zu lassen.

Au die C en t r alb ah n schließen sich fünf Privatgeleise an.

Die Zweigbahn nach den Ostermundinger-Steinbrüchen wird mit eigenen, ein anderes Geleise mit Centralbahn-Lokomotiven betrieben; auf den übrigen findet die Wagenverschiebung von Hand statt.

Aus den uns mitgetheilten Verträgen betreffend zwei dieser Verbindungsgeleise heben wir folgende Bestimmungen hervor : Die.

Geleiseanlagen nebst Zubehörden sind auf Kosten des Eigenthümers nach den bei der Centralbahn geltenden Normalien durch die Centralbahn oder wenigstens unter Aufsicht ihres technischen Personals auszuführen und zu unterhalten. Die Centralbahn kann den Uebergang
ihrer Wagen verweigern, wenn nicht die nöthige Sicherheit vorhanden ist. Der Schlüssel einer Abgrenzung bleibt in den Händen des Bahnhofvorstandes. Der Transport der nur in ganzen Wagenladüngen übernommenen Sendungen von und nach dem Etablissement, sowie der leeren Wagen geschieht durch Angestellte der Centralbahn. Die Uebergabe dei- Güter findet auf dem Bahn-

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hofe statt. So lange die Wagen auf dem Verbindungsgeleise stehen, haftet der Eigenthümer desselben für alle und jede Beschädigungen, aus welchen Ursachen immer dieselben hervorgehen mögen, auch für Brandfälle. Für Auf- und Abladen sind acht Stunden (die Zeit voü 6 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens nicht eingerechnet) eingeräumt. Für jede Verspätung sind 5 Fr. Konventionalstrafe per Tag zu bezahlen, wobei Bruchtheile eines Tages als ganzer Tag gellen. Die Centralbahn stellt jeweilen spätestens acht Stunden nach gestelltem schriftlichen Begehren die verlangte Zahl Wagen zur Verfügung. Für den Transport vom Bahnhof zum Etablissement sind, inbegriffen der Transport der leeren Wagen, per Zentner 2 Rp. zu vergüten, wobei als Minimum eine Wagenladung (80 Ztr.)

berechnet wird; Auf- und Abladen ist nicht Sache der Centralbahn.

Dritte dürfen das Anschlußgeleise nicht benuzen; dagegen darf die Centralbahn, sofern dadurch der Verkehr auf demselben nicht gestört wird, dasselbe ohne Entschädigung für Aufstellung ihrer Wagen benuzen. Dauer des Vertrages für das Etablissement zehn Jahre; die Centralbahn aber kann ihn jederzeit ohne Entschädigung aufheben. Schiedsgericht für Streitigkeiten.

Mit der N o r d o s t b ah n stehen zehn Etablissemente in Schienenverbindung. Der Betrieb auf diesen Geleisen wird auf dem Bahngebiet durch die Hauptbahn (und zwar auf vier derselben mit Lokomotiven), außerhalb desselben durch die Fabrikbesizer besorgt.

Die Bedingungen sind im Wesentlichen die nämlichen wie bei der Centralbahn. Die Nordostbahn entschlägt sich auch jeder Verantwortlichkeit für die versandten Güter, es wäre denn, daß ihr ein Verschulden speziell bewiesen würde. Die Privatbahnangestellten sind allen Polizeivorschriften und dem Befehl der Bahnbeamten unterworfen. Die Nordostbahn ist zum Rüktritt vom Vertrage ohne Entschädigung berechtigt, wenn zwingende Verhältnisse, z. B. Einmündung neuer Bahnen, Umbau des Bahnhofes u. s. w., eine solche Massnah me nöthig machen. Unter dreimonatlicher Voranzeige kann sie aber jederzeit eine Revision aller Vertragsbestimmungen verlangen. Taxe l--3 Fr. per Wagen und 3 5 Fr.. per Lokomotive je nach der Länge des Geleises. Wenn die Wagen nicht innerhalb 12 Stunden von der Avisirung derselben an auf den Punkt deUebergabebzurükkommen,n, so ist eine Buße von 10 Rp. per Achse und Stunde,
mindestens aber 5 Fr. per Wagen zu bezahlen, und überdies eine höhere Konventionalstrafe zu er zahlen muß. Im Fall von Wagennoth kann die Benuzungsfrist gekürzt werden. Alle Transporte sind sowohl im Empfangs- als im Versendungsfalle der Nordostbahn, ihren Abzweigungen und

145 Influenzbahnen aufzugeben, bei Strafe sofortiger Auflösung des Vertrages; immerhin berechnet dieselbe keine höhern Taxen als die Konkurrenzbahnen zu fordern hätten.

Die Vereinigten Sch weiz erbahnen haben zehn Etablissementen den Anschluß gestattet. Drei Schienengeleise werden mit Lokomotiven betrieben, zwei mit Pferden oder von Hand, die Uebrigen von Hand. Die Benuzung der Geleise findet nach Anweisung des betreffendem Stationsvorstehers statt. Außer der Vergütung der Herstellungskosten haben die Fabrikbesizer keine Entschädigung zu leisten.

"5 Da offenbar das Expropriationsrecht einen Hauptangelpunkt der zu lösenden Frage bildet, so haben wir auch die betreffend Expropriation in allen Kantonen der Schweiz bestehenden gesezlichen Bestimmungen gesammelt.

Appenzell I. Rh. scheint das Institut der Expropriation nicht zu kennen.

Durch die Spezifikation der Zweke, für welche die Expropriation gestattet ist. wird leztere für Privatgeleise nur ausgeschlossen in den Kantonen Luzern, Schwyz, Nidwalden und, sofern unter den in den betreffenden Gesezen erwähnten Eisenbahnen nur öffentliehe verstanden werden, in St. Gallen und Graubünden.

Ausdrüklich nur im Interesse des Kantons oder einer Gemeinde (resp. eines Bezirkes) darf die Zwangsenteignung stattfinden nach der Gesezgebung der Kantone Uri, Obwalden, Schaffhausen, Appenzell A. Rh., Tessin, Wallis und Genf. Wird die Sache so verstanden, daß nur der Kanton, Bezirk oder die Gemeinde mit einem Expropriationsbegehren auftreten kann, so wäre auch in diesen Kantonen für im Eigenthum von Privaten stellende Etablissemente keine Aussicht vorhanden, Verbindungsgeleise mit Hilfe der Zwangsenteignung zu erstellen. Jene Interpretation scheint aber keineswegs eine nothwendige zu sein oder höchstens nach dem Geseze des Kantons Wallis, das ausdrüklich sagt, Privateigenthum etc. könne von der Regierung und von den Gemeinden für Fälle allgemeinen Nuzens in Requisition gesezt werden, und nach dem Geseze des Kantons Tessin, welches das berechtigte Unternehmen noch näher als ,,öffentliches Werk" umschreibt. Vielmehr bedeutet im Interesse des Kantons oder einer Gemeinde wohl nur, was das allgemeine ,,aus Gründen des öffentlichen Wohles", welchen Begriff die Kantone Zürich, Bern, Zug, Solothurn, Basel-Land, Thurgau, Waadt, Neuenburg ohne, Begrenzung zum Kriterium der Expropriationsberechtigung machen. Mit diesem obersten Grundsaz sind Bern

146 und Solothurn dazu gekommen, die Privatbahnen in die Ostermundinger Steinbrüche und von Derendingen nach Gerlafingen mit dem Expropriationsrechte auszustatten.

Ausdrüklich räumt auch Privatunternehmungen das Expropriationsrecht ein die Gesezgebung von Zürich, Glarus und Thurgau, wenn das Werk im öffentlichen Interesse liegt, diejenige von Aargau, wenn das öffentliche Wohl es erfordert, Basel-Stadt, wenn die betreffende Unternehmung für das öffentliche Wesen von bedeutendem Interesse ist ; endlich Freiburg dann schon, wenn dieselbe einen großen Einfluß auf den Reichthum des Landes hat.

Rein im Interesse Einzelner durchbricht Zürich das Eigenthumsprinzip, indem der Durchlaß von Wasser für Privatbrunnen, Wasserwerke und Wiesenwässerung, -- Luzern, indem vom Nachbarn Plaz für Wiederaufbau eines abgebrannten und aus feuerpolizeilichen Gründen nicht mehr ganz am alten Fleke wieder zu errichtenden Gebäudes, die Anweisung einer Holzreiste, die Durchleitung von Quellwasser u. dgl., -- Glarus, indem unter gewissen Voraussezungen Einräumung von Fuß-, Fahr- und Tränkewegen Durchleitung von Quellwasser, -- Basel-Landschaft, indem die Anlegung von Feldwegen erzwungen werden kann. (Das Nothwegrecht wird sich wohl ziemlich in allen kantonalen Rechtssystemen finden.)

Am weitesten geht wahrscheinlich der Kanton Wallis, wenn er die Bad- und Mineralquellen von bewährter Wirkung als Gegenstand des öffentlichen Nuzens erklärt, und die Eigenthümer derselben berechtigt, für alles, was zur Ausbeutung derselben gehört (Gebäude, Wasserleitungen etc.) das Eigenthum der Gemeinden und Privaten in Anspruch zu nehmen und nach fruchtloser Aufforderung Hinderdernisse, welche gegen die Sicherheit oder Gesundheit der Anstalt bestehen, einfach selbst zu beseitigen. Auch das Verfahren ist exceptionell geordnet. Der Staatsrath entscheidet nicht nur über den Umfang, sondern auch über die Zuläßigkeit der Expropriation.

Uebergehend zur Entwiklung unserer Ansichten und Vorschläge, glauben wir jezt noch, nach Schweiz. Durchschnittsbegriffen über Expropriation hätte sich wohl gerechtfertigt, einer Privatbahn wie Gisikon-Perlen unter den s. Z. beantragten Bedingungen das Zwangsenteignungsrecht zu verleihen. Denn die Blüthe eines Etablissements, welches viele hundert Arbeiter beschäftigt und durch Nuzbarmachung einer sonst vielleicht unfruchtbar bleibenden Wasserkraft Betriebsamkeit und Wohlstand über eine ganze Ortschaft verbreitet, liegt mindestens so gut im öffentlichen Interesse als die

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Erstellung eines Brunnens für ein Gemeindehaus oder der Bau eines Wasch- oder Sprizenhauses oder Feuerweiers, Anstalten, welche naturgemäß auch nur wenigen zürn voraus bestimmten Personen zu gut kommen, nach der Gesezgebung aller oder fast aller Kantone aber auf Expropriation Anspruch machen können.

(Das freiburgische Expropriationsgesez erwähnt das Wasch- und Sprizenhaus etc. ausdrüklich.)

Diese BetrachtungO soll indessen keineswegs den Zwek haben,i O an den Gründen zu rütteln, welche die Rathe bestimmt haben mögen, einer Privatbahn das Expropriationsrecht nicht zu ertheilen.

Sowohl das Bundesgesez betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten, vom 1. Mai 1850, als Art. '21 der Bundesverfassung vom 12. September 1848, dessen Ausführung jenes enthält, sprechen von ,,öffentlichen" Werken.

Nun lautet Art. 215 der revidirten Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 ganz gleich wie der frühere Art. 21. Wenn er bestimmt, daß dem Bunde das Recht zustehe, im Interesse, der Eidgenossenschaft oder eines großen Theiles derselben auf Kosten der Eidgenossenschaft öffent liehe Werke zu errichten oder die Errichtung derselben zu unterstüzen und "zu diesem Zweke" das Recht der Expropriation geltend zu macheu, so erscheint es wenigstens ebenso gerechtfertigt , für den Bogriff ,,öffentliche Werke" engere Grenzen zu ziehen.

Wenn man sonach zu dem Schlüsse kommt, daß eine Erweiterung des eidg. Expropriationsgesezes, durch welche auch Privatbahnen in den Genuß desselben gesezt werden könnten, ausgeschlossen sei, so bleibt unseres Erachtens den Besizern von betreffenden Etablissementen die Zuflucht zu dem kantonalen Enteignungsrechte offen, welches, wie aus obiger Zusammenstellung erhellt, fast durchweg mit Bezug auf die Spezialfrage liberaler ist als die beliebte Interpretation des eidg. Gesezes.

Allen Verbindungsgeleisen, auch der durch Ihr Postulat mit umfaßten zahlreichen Klasse der von Hand betriebenen, das in Rede stehende Recht zu verleihen, hätte übrigens bei unserem früheren VorschlagO noch in Frage kommen können.

O Rüksichtlish des zweiten Rechtes, um dessen Einräumung es sich handeln kann, des R e c h t e s z u m A n s c h l u ß an andere Bahnen, ist zuerst zu untersuchen: 1) ob ein Bedürfniß nach Einräumung dieses Rechtes vorhanden und 2) ob der Bund zur Erlassung entsprechender Vorschriften berechtigt sei.

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Das Bedürfniß laßt sich nicht verkennen. Denn wenn auch nicht gerade viele Klagen über ein ablehnendes und illoyales Verhalten derBahnverwaltungenn laut geworden sind, so sind doch Fälle bekannt geworden, welche beweisen, daß es unter allen Umständen etwas Mißliches auf sich hat, von dem freien Vertragswillen, also mehr oder weniger von (lernunmotivirtenu Belieben einer Verwaltung abhängig zu sein. Diese Freiheit, einen. Vertrag tiber Anschluß einzugehen oder nicht, wird benuzt, um manche onerose Bedingung betreffend Umfang und Art der Trausporte aufzuerlegen, und die Fortdauer der mit schweren Geldopfern hergestellten Schienenverbindung i s t überall i m Wesentlichen neben den übrigen keineswegs ermuthigedd sein kann.

Wie diese erste, so bejahen wir auch die zweite Frage.

Nicht nur kommen alle diejenigen Gründe wieder in Geltung, welche der Uebartragung der staatlichen Competenzen von den Kantonen an den Bund und der Erweiterung dieser Kompetenzen gerufen und zum Siege verholten haben; sondern es kommt noch hinzu, daß Art. 26 der Bundesverfassung die Befugnisse des Bundes in Eisenbahnsachen wesentlich verallgemeinert hat. Thatsächlich. schließt die Contrôle über die öffentlichen Bahnen, namentlich im Interesse der Sicherheit ihres Betriebes, auch die Contrôle.

über die Privatbahnen in sich und macht dieselbe nöthig. Daß endlich für ein vorzugsweise industrielles Land der Schuz und die Begünstigung von Privatgeleisen wichtig genug ist, um Gegenstand der staatlichen Fürsorge und Gesezgebung zu sein, bedarf wohl keiner weitern Beweisführung.

Für die Aufstellung der sachbezüglichen Bestimmungen bieten sich drei Formen dar: Einverleibung in das allgemeine Gesez über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen, Aufnahme in die Konzession für jede spezielle Eisenbahn oder Erlaß eines Spezialgesezes. Auch wenn Tabula rasa vorhanden wäre, wie es nicht deiFall ist,, so würde sich ein Spezialgesez am besten empfehlen.

Denn einerseits sind Details zu ordnen, welche offenbar nicht in das nur die allgemeinen Grundsäze enthaltende Hauptgesez passen; andererseits sind Bestimmungen nöthig, welche nur die Verbindungsgeleise, nicht auch die öffentlichen Bahnen verpflichten, daher nicht in die Konzession für diese gehören.

Wir haben aber in dieser Formfrage nicht mehr freie Hand, denn das Eisenbahngesez ist erlassen, und zu einer Revision, desselben könnten wir jezt nicht rathen.

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Nicht zu übersehen ist im Fernern, daß zur Zeit 157 Konzessionen bestehen, in welchen von der Pflicht zur Aufnahme von Verbindungsgeleisen nicht die Rede ist.

So gelangen wir dazu, Ihnen ein Spezialgesez betreffend die Rechtsverhältnisse der Verbindungsgeleise zwischen dein schweizerischen Eisenbahnnez und gewerblichen Anstalten vorzuschlagen.

Die einzelnen Bestimmungen desselben sind mehr oder minder genau durch die Natur der Sache (die bestehenden Verhältnisse, und den zu erreichenden Zwek) vorgezeichnet : aus dem gleichen Grunde lehnen sie sich auch eng an die bisher, sei es durch Gesez, sei es in Folge Vertrages für solche Verbindungsgeleise bestandenen Normen an. Wir können uns daher auf wenige beö gleitende Bemerkungen beschränken.

Z u Art. 1. Fast ebenso wichtig als die Verpflichtung der öffentlichen Bahnen, den Anschluß der Privatgeleise zu gestatten, ist die Verpflichtung der leztern, ihrerseits den neben- oder hinterliegenden Etablissementen den Schienenanschluß einzuräumen.

Denn es kann und wird häufig der Fall eintreten, daß mehr als ein Geleise in einer Station nicht anschließen kann; dann wäre ohne eine derartige Bestimmung für den ersten Bewerber ein natürliches Ausschlußrecht begründet. Das Recht, die erwähnte Verbindlichkeit aufzulegen, leitet sich einfach aus dem Hechte des Anschlusses an die öffentliche Bahn ab, welches das Ge.se/. dem ersten Verbindungsgeleise gibt; denn die Einräumung dieses Rechtes kann von zwekmäßigen Bedingungen abhängig gemacht werden.

Das Recht zum Anschluß soll jedes établissement haben welches die Kosten der Einrichtung und Unterhaltung der nöthigen Vorrichtungen tragen will. Die Festsezung einer gewissen Zentnerzahl von jährlich durch das Etablissement aufzugebenden und an dasselbe abzuliefernden Gütern müßte zu Willkür führen.

Z u Art. l und 6. Das Gesez umfaßt beide Arien von Verbindungsgeleisen, sowohl diejenigen, welche durch eigene Lokomotiven bedient werden, als die größere Klasse jener, welche das Rollmaterial der öffentlichen Bahn in Anspruch nehmen. Die erstem sollen berechtigt sein, durch ihre eigenen Lokomotiven ihre beladenen Wagen bis zur Anschlußstelle zu führen, damit sie von hier ohne Umladung durch die Lokomotiven der öffentlichen Bahn weiter spedirt werden können: die leztern können verlangen, daß ihnen die beladenen und leeren
Güterwagen der Bahn bei der Auschlußweiche übergeben werden, damit im Etablissement abund aufgeladen werden könne. Weitergehende Konzessionen der öffentlichen Bahn -- auch die Lokomotiven der Privatbahn weiter

150 als zur Uebergabe nöthig auf ihren Schienen fahren zu lassen, oder durch ihre Lokomotiven die Wagen im Etablissement zu holen oder dorthin zu führen -- sollen Sache freier Vereinbarung sein. Waaren Dritter auf dem Verbindungsgeleise zu spediren, verbieten wir dein Eigenthümer desselben mil, Absicht nicht; es kann der Hauptbahn, insofern sie es dabei lediglich mit dein Eigenthümer des Verbindungsgeleises zu thun hat, gleichgültig sein, wem die von diesem und für diesen aufgegebenen Waaren gehören.

Durch Bestimmungen, wie sie sich im Art. 4 der Tarif bestimmungen vom Ï. Juni 1872 für den schweizerischen internen Verkehr finden, wonach, wenn eine Wagenladung aus verschiedenen Wagenladungsklassengütern formirt wird, der Frachtsaz der höher tarifirten Klasse auf die ganze Wagenladung zur Anwendung kommt, sind die Bahn Verwaltungen wohl genügend gegen Inconvenienzen geschult, welche entstehen, wenn eine Wagenladung aus verschiedenen Gütern formirt wird.

Z u Art. 2. Was allgemein gültig, also durch das Gesez nicht leicht festgestellt werden kann, ist vermöge dieses Artikels in jedem einzelnen Falle nach Anhörung der Betheiligten zweckentsprechend zu normiren, z. B. die Art der Absperrung, die Gefällsverhältnisse, tac Bestimmung der Zeit, innerhalb welcher die Hauptbahn leere Wagen zu liefern hat, Regulirung der Benuzung eines Anschlußgeleises durch verschiedene Etablissemente u. s. w Zu Art. 7. Die durch dieses Gesez betroffenen Verbindungsgeleise sind nia so lang, daß (wie in Frankreich) durch abgestufte Bestimmung der Zeit, während welcher die Wagen auf denselben zurükbehalten werden dürfen, die Sache komplizirt werden müßte.

Die Gebühr für verspätete Rükgabe der Wagen ist gleich derjenigen, welche die Schweiz. Bahnen unter einander selbst (durch Uebereinkunft vom 4/5. November 1872) festgesezt haben.

Z u Art. 8. Die vorgeschlagenen Taxen entsprechen den bisher gemäß Vertrag für die Verbindungsgeleise geltenden ziemlich genau ; es sind die in den neuen, vom Bunde etheilten Konzessionen gestatteten Maximaltaxen für Gütertransport in gewöhnlicher Fracht.

Z u Art. 10. Die öffentlichen Eisenbahnen bezüglich der Haftpflicht für Gütertransporte den Privatgeleisen gegenüber noch milder zu behandeln als gegenüber jedem Andern, der die Waaren selbst verladet und abladet, dafür liegt kein innerer Grund vor.
Wohl aber sind die Besizer von Anschlußgeleisen in einer exceptionellen Stellung, welche berüksichtigt werden muß. Nach Art. 32 des Gesezentwurfes betreffend die Rechtsverhältnisse des Fracht-

151 Verkehrs etc. sind Ansprüche wegen Mängeln, welche bei der Ablieferung äußerlich erkennbar waren, ausgeschlossen, sobald ohne Reklamation die Frachtstüke vom Empfänger iii Besiz genommen und die darauf haftenden Spesen bezahlt sind ; Ansprüche wegen Mängeln anderer Art können mit Erfolg nur geltend gemacht werden, wenn der Empfänger neben andern Requisiten auch das erfüllt, zu beweisen, daß der gerügte Mangel vor der Ablieferung an ihn entstanden sei. Der gewöhnliche Empfänger sowohl von Stükgütern als von Wagenladungen ist nun in der Lage, sofort beim Abladen im Bahnhof oder von der Camionnage-Fuhre wenigstens die äußerlich erkennbaren Mängel (gänzliches Fehlen oder Beschädigung von Frachtstüken) zu erkennen und bei einem Vertreter der Bahnverwaltung auf der Stelle Reklamation zu erheben und den Thatbestand konstatiren zu lassen. Der Besizer eines Verbind ungsgeleises dagegen wird bei manchen Gütern nicht schon auf der Anschlußstation oder dem Anschlußpunkt den Inhalt und die Beschaffenheit der Wagenladungen untersuchen können, sondern erst dann, wenn sie in seinem Etablissent ente abgeladen werden. Und doch geschieht die Besizergreifung schon mit Uebernahme der Wagen am Anschlußpunkt. Dem Etablissement den in der Regel schwierigen Beweis zuzuschieben, daß vorhandene Mängel schon vor der Uebergabe der Wagen am Anschlußpunkt verursacht worden seien, wäre höchst ungerecht. Auf der andern Seite aber ist auch die öffentliche Bahn dagegen zu schüzen,i daß erst auf g O dem Verbindungsgeleise gestiftete Schäden ihr angerechnet werden.

Wir glauben, unser Vorschlag enthalte einen billigen Ausgleich.

Wenn der Fabrik besizer dies wünscht und der Hauptbahn die dadurch verursachten Kosten ersezt, soll die Tradition der Güter ins Etablissement verlegt werden können, die rechtliche Wirkung freilich nur dann eintreten, wenn die Abladung nach dem ordentlichen Geschäftsgang ohne Vorzug bewerkstelligt wird. · Wenn die Bahnverwaltung ihm die Wagen etwa »m späten Abend überliefern und dadurch bewirken wollte, dass er nicht mehr am gleichen Tage abladen könnte und so die Beweislast sich ändern würde, wird er sich durch Weigerung derAnnahme zu sichern wissen. Bezüglich des Transportmaterials der Hauptbahn, so lange es auf demAnschlußgeleisee steht, den Besizer desleztern auch für den Zufall, für Vorfälle, welche
er in keiner Weise weder durch nachläßige Behandlung der Wagen oder der Waaren, noch durch mangelhafte Bewachung verschuldet hat, verantwortlich zu macheu, scheint uns durch nichts gerechtfertigt zu sein.

Zu Art. 12. Gemäß unserer An- und Absicht soll das Gesez auch auf die bereits bestehenden Verbindungsgeleise An-

152 wendung finden. Denn ohne dies würde der Zwek desselben nur halb erreicht, und ein doppeltes Recht über ein und denselben Gegenstand ist wo immer möglich zu vermeiden. Die bestehenden Verhältnisse über Anschlußgeleise hätten sich demnach den Vorschriften des vorliegenden Gesezes anzubequemen.

Wie sich aus dem vorhergehenden Berichte ergibt, kann von einer Schädigung der Interessen der öffentlichen Eisenbahnen, wenigstens in irgend erheblichem Maße, nicht die Rede sein; die hier vorgeschlagenen Tarifbestimmungen entsprechen den in den Verträgen enthaltenen fast durchweg.

Was durch den vorliegenden Gesezentwurf wesentlich neu eingeführt wird (Bundeskontrole, Recht auf Anlegung und Erhaltung des Anschlußgeleises), affizirt die pekuniären Interessen der Hauptbahnen nicht.

Wir beantragen Ihnen Annahme des nachfolgenden Gesezentwurfes und versichern Sie, Tit., auch bei diesem Anlaß unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 29. September 1874.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk, Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schiess.

153

(Entwurf)

Bundesgesez über

die Eechtsverhältnisse der Verbindungsgeleise zwischen dem schweizerischen Eisenbahnnez und gewerblichen Anstalten.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 29. Herbstmonat 1874, beschließt: Art. 1. Jede im öffentlichen Betriebe stehende Eisenbahn ist verpflichtet, Schienengeleisen, welche zu einem gewerblichen Etablissemente irgend welcher Art führen, ohne erschwerende, außer dem gegenwärtigen Gesez liegende Bedingungen den Anschluß zu gestatten und deren Betriebsmaterial (Lokomotiven ausgenommen) auf ihrer Linie, sowie ihr eigenes auf jenen Privatschienen zirkuliren zu lassen, soweit dies ohne Gefährdung des öffentlichen Betriebes geschehen kann.

In analoger Weise ist der Eigenthümer jedes Verbindungsgeleises verpflichtet, die Schienen eines neben- oder hiuterliegenden Etablissements anschließen und das zu dessen Bedienung bestimmte llollmaterial auf seinen eigenen Schienen zirkuliren zu lassen, gegen Entschädigung, welche in Ermanglung einer Verständigung durch das Bundesgericht bestimmt wird.

Art. 2. Ueber den technischen und Betriebsanschluß entscheidet der Bundesrath, welchem die Baupläne und die VereinBundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. III.

11

154 barungen, beziehungsweise Begehren betreffend den Anschluß zur Genehmigung, beziehungsweise Feststellung einzureichen sind.

Mit Bezug auf Bau und Betrieb steht das Anschlußgeleise unter der Kontrole des Bundesrathes, welcher die nöthigen Weisungen ertheilen kann. Die Hauptbahn ist befugt, jederzeit Einsicht von allen Theilen der Verbindungsbahn zu verlangen.

Art. 3. Die privatrechtlichen Verhältnisse zu den Eigenthümern der für den Bau beanspruchten und der benachbarten Liegenschaften stehen unter dem Rechte des betreffenden Kantons.

Art. 4. Ein bestehendes Verbindungsgeleise muß auf Verlangen des Bundesrathes geändert oder gänzlich beseitigt werden, wenn veränderte Bau- oder Betriebsverhältnisse der Hauptbahn dies erfordern, oder wenn wegen erheblicher oder beharrlicher Pflichtverlezung Seitens des Besizers des Geleises der Betrieb der Hauptbahn gefährdet wird.

Art. 5. Sämmtliche durch die Erstellung, Bedienung, Unterhaltung, Veränderung oder Wegnahme des Verbindungsgeleises verursachte Kosten fallen dem Eigenthümer der gewerblichen Anstalt zur Last, welcher das Geleise dient. Die Hauptbahn ist berechtigt, durch ihre eigenen Angestellten die bezüglichen Arbeiten, soweit sie an oder auf ihrem Eigenthum vorzunehmen sind, auf Kosten jenes ausführen zu lassen. Die Bedienung der Anschlußweiche geschieht durch einen Angestellten der öffentlich betriebenen Bahn.

Art. 6. Es ist Sache des Besizers des Verbindungsgeleises, die Wagen der Hauptbahn beim Anschlußpunkt (Anschlußweiche) zu holen und dorthin abzuliefern, sowie dieselben auf seinem Geleise zu beladen und abzuladen. Wenn sich der Besizer des Verbindungsgeleises der Zugkraft der Hauptbahn auf seinem Geleise bedienen oder seine Lokomotiven über die Anschlußweiche hinaus auf der Hauptbahn zirkuliren lassen will, so hat er sich diesfalls mit der Hauptbahn zu verständigen.

Art. 7. Die Wagen der öffentlichen Bahn sollen jeweilen vom Empfang der Anzeige der Bahnverwaltung an, daß die leeren oder die befrachteten Wagen zur Verfügung stehen, bis zur Wiederankunft der Wagen am Anschlußpunkt, mindestens 10 Stunden dem Verbindungsyeleise überlassen bleiben. Dabei ist die Nachtzeit, vom 1. Ayril bis 30. September von 6 Uhr Abends bis 7 Uhr Morgens, während der andern Hälfte des Jahres von 5 Uhr Abends bis 8 Uhr Morgens nicht eingerechnet. Für jeden Verzug über die gese/Jiehe oder bedungene Zeit hinaus ist eine Entschädigung von 3 Frk. für den Tag (jeder angefangene Tag als ganzer

155 berechnet) und für den Wagen zu bezahlen, und es sind überdies die Conventionalstrafen zu ersezen, welche die Hauptbahn allfällig fremden Eisenbahnverwaltungen für verspätete Rüksendung ihrer Wagen bezahlen muß.

Art. 8. Für die Ueberlassung der Wagen zum Waarentransport auf dem Verbindungsgeleise, resp. zum Ent- oder Beladen im Etablissement, ist vom Besizer des leztern der Hauptbahn l Rp.

per 50 Kilogramm und per Kilometer der Länge des Privatgeleises (von der Anschlußweiche bis zum andern Endpunkt) zu bezahlen, immerhin je für einen Wagen nie weniger, als das reglementarische Minimalgewicht einer Wagenladung nach obigem Ansaz ausmacht. Der Transport der leeren Wagen ist in obiger Taxe inbegriffen, also nicht noch besonders zu berechnen. Bruchtheile eines Kilometers gelten für einen ganzen Kilometer, angebrochene 50 Kilogramm für volle 50 Kilogramm. Die so berechnete Taxe darf nach oben auf die nächste Rappenzahl, welche sich durch 5 theilen läßt, abgerundet werden.

Art. 9. Die Beförderung der leeren und der beladenen Wagen von der Anschlußstation bis zur Anschlußweiche ist nicht besonder» zu vergüten.

Die Taxe für den Transport auf der Hauptbahn nach oder von dem über die Anschlußstation hinaus liegenden Bestimmungs-, resp. Versendungsorte berechnet sich nach den gewöhnlichen Regeln.

Art. 10. Wenn das zur Bedienung des Verbindungsgeleises verwendete Betriebsmaterial in beschädigtem Zustand auf die Anschlußstation zurükkommt, so ist, wenn der Besizer der gewerblichen Anstalt ohne Reklamation den Wagen auf dem Uebergabspunkte in Empfang genommen hat, zu vermuthen : erstens, daß die Beschädigung stattgefunden habe, so lange der Wagen auf dem Privatgeleise stand, und zweitens, daß sie vom Besizer desselben, resp. seinen unter seiner Verantwortlichkeit stehenden Angestellten verschuldet sei.

Auf die Gütertransporte, welche für das in Schienenverbindung mit der Hauptbahn stehende Etablissement von dieser ausgeführt werden, findet das Bundesgesez betreuend die Rechtsverhältnisse des Frachtverkehrs und der Spedition auf Eisenbahnen etc. Anwendung. Dabei kommen der Hauptbahn die Vergünstigungen zu Statten, welche ihr das Gesez oder das Transportreglement gegenüber dem das Auf- und Abladen selbst besorgenden Absender, resp. Empfänger einräumt. Gegen Vergütung der daraus für die Hauptbahn erwachsenden Kosten kann der Besizer des Anschlußgeleises verlangen, daß ein Angestellter derselben dem Abladen im

156 Etablissement beiwohne. Wird von diesem Rechte Gebrauch gemacht und die Abladung ohne Verzug nach der Uebergabe der Wagen bewerkstelligt, so gilt die Ablieferung und Enipfangnahme der Güter mit Vollendung des Abiadens vollzogen, im entgegengesezten Falle schon mit Uebergabe der Wagen am Anschlußpunkt.

Art. 11. Der Besizer des Verbindungsgeleises ist für den Schaden verantwortlich, welchen seine Angestellten während des demselben gewidmeten Dienstes der Hauptbahn verursachen oder welcher der leztern aus der ungehörigen Beschaffenheit der Verbindungsbahn oder des Betriebsmaterials derselben entstellt.

Das Bundcsgesez über die Verbindlichkeit der Eisenbahnen etc. für die beim Bau und Betrieb herbeigeführten Tödtungcn und Verlezungen findet auch auf die Privatverbindungsgeleise gewerblicher Anstalten Anwendung.

Art. 12. Gegenwärtiges Gesez tritt unter Vorbehalt der Volksabstimmung gemäß Art. 89 der Bundesverfassung nach Abfluß von 90 Tagen nach Veröffentlichung desselben in Wirksamkeit.

Der Bundesrafh wird mit der Veröffentlichung und Vollziehung desselben beauftragt.

157

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Wasserfallenbahn auf basellandschaftlichem Gebiete.

(Vom 5. Oktober 1874.)

Tit. !

Der Artikel 6 der Konzession, welche der Regierungsrath des Kantons Basel-Landschaft am 15. Juli 1872 der schweizerischen Centralbahngesellschaft für eine Eisenbahn von Liestal durch das Reigoldswylerthal bis zur Kantonsgrenze auf der Wasserfalle ertheilte, und welche am 30. Dezember 1872 vom Landrath, in der Abstimmung vorn 11. Mai 1873 vom Volke und durch Bundesrathsbeschluß vom 2. Juni 1873 vom Bunde genehmigt wurde,*) sezt als Vollendungsfrist, Einflüsse höherer Gewalt vorbehalten, fünf Jahre an, vom Tage der vom Bunde für die Konzessionen der betheiligten Kantone ausgesprochenen Genehmigung an.

Da die Fortsezung der Wasserfallenbahn, bis zum Anschluß an die Gau bahn bei Oensingen, vom Bunde konzedirt wurde, und zwar am 23. September 1873,*") so stellt sich als Termin der Inbetriebsezung auf basellandschaftlichem Gebiet der 23. September *) Eisenbahn aktensammlung VIII., Seite 269.

**) ,, Neue Folge, I. Theil, Seite 241.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über die Stellung des Bundes zu der Anbringung von Verbindungsgeleisen zwischen dem schweiz. Eisenbahnnez und industriellen Etablissementen. (Vom 29. September 1874.)

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1874

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3

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46

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24.10.1874

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137-157

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