Qualität der Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 2. November 2015

2016-1008

6867

Das Wichtigste in Kürze Die Besonderheit der Berufsbildung in der Schweiz liegt darin, dass es sich dabei um eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt (Sozialpartner, Berufsverbände) handelt. Nach Kritiken an der Funktionsweise der Partnerschaft zwischen diesen Akteuren haben die Geschäftsprüfungskommissionen angesichts der Bedeutung dieses Bereichs die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) beauftragt, die Steuerung der Berufsbildung zu evaluieren.

Die Subkommission EFD/WBF der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates hat im Juli 2014 beschlossen, dass sich diese Evaluation auf die Qualität der Verbundpartnerschaft in der strategischen und operativen Steuerung konzentrieren soll.

Der Schwerpunkt wurde dabei erstens auf die Verteilung der Zuständigkeiten auf die verschiedenen Akteure gelegt. Untersucht wurde zweitens die Fähigkeit der Verbundpartner, einen strategischen Rahmen zu definieren und die festgelegten Massnahmen zu steuern, sowie drittens die Funktionsweise der Verbundpartnerschaft bei der Durchführung von Aktivitäten oder Projekten, in denen der Bund eine Schlüsselrolle einnimmt.

Die PVK analysierte die gesetzlichen Grundlagen, die Unterlagen zu den Organen, die mit der Steuerung der Berufsbildung beauftragt sind, sowie Dokumente zu verschiedenen Projekten. Zudem führte sie vertiefte Gespräche mit rund 30 Personen.

Angesichts des umfangreichen Bereichs, den die Berufsbildung abdeckt, und der sehr hohen Anzahl von Akteuren organisierte die PVK auch eine Online-Befragung aller auf nationaler Ebene aktiven Berufsverbände sowie eine Telefonbefragung bei der Leitung der 26 für die Berufsbildung zuständigen kantonalen Ämter.

Die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung wird von ihren Akteuren geschätzt und funktioniert relativ gut. Sie gründet auf sich ergänzenden Zuständigkeiten, auf Organen, in denen eine Zusammenarbeit möglich ist, und auf dem Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren auf strategischer und operativer Ebene. In der Umsetzung zeigen sich allerdings Mängel bei gewissen grundlegenden Aufgaben, die in den gesetzlichen Grundlagen nur wenig definiert sind. So stösst die Verbundpartnerschaft bei der strategischen Steuerung an ihre Grenzen: Die Verbundpartner sind zwar bereit, gemeinsame Ziele festzulegen, doch gehen sie in dieser
Zusammenarbeit nicht so weit, die Aufgaben klar zu verteilen und ihre Umsetzung nachzuverfolgen.

Weitgehende Delegation der Zuständigkeiten mit wenigen Aufsichtsmöglichkeiten Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte das Berufsbildungsgesetz ein Gesetz sein, das Ziele festlegt und die Zuständigkeiten weitgehend delegiert. Gemäss diesem Konzept ist das Gesetz kohärent. Den Verbundpartnern wird grosser Handlungsspielraum gewährt, um auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes eingehen und die zukünftigen Entwicklungen optimal erfassen zu können. Weil es aber an klar definierten Instrumenten zur Steuerung und Aufsicht fehlt, ist der Vollzug des Gesetzes nur teilweise sichergestellt.

6868

Organe mit Optimierungspotenzial Die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung hat sich im Rahmen von Organen entwickelt, in denen Akteure von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt zusammenarbeiten. Diese Organe bieten Raum für Austausch und Diskussionen und tragen zur Entwicklung der Berufsbildung und zur Qualität der Verbundpartnerschaft bei. Kritisiert wurden jedoch die Zusammensetzung einiger dieser Organe, die geringe Transparenz ihrer Tätigkeiten und die mangelnde Klarheit ihrer Rolle.

Verbundpartnerschaft nur teilweise zur umfassenden strategischen Steuerung geeignet Die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung ist nur teilweise geeignet, die strategische Steuerung wahrzunehmen. Den Verbundpartnern gelingt es zwar, gemeinsam kurz- und mittelfristige Schwerpunkte und strategische Ziele festzulegen. Die Verantwortlichkeiten sind jedoch nicht klar definiert und es gibt gegenwärtig keine langfristige Vision und Strategie. Ausserdem fehlt es am Willen, die Umsetzung der festgelegten Handlungsschwerpunkte zu kontrollieren und damit eine umfassende Steuerung wahrzunehmen.

Komplexe Verbundpartnerschaft in der Umsetzung von Projekten In der Umsetzung von Projekten ist die Verbundpartnerschaft komplex, zeitaufwendig und ressourcenintensiv. Dennoch funktioniert hier die Zusammenarbeit der Verbundpartner im Allgemeinen gut. Die Steuerungsmöglichkeiten des Bundes sind beschränkt. Er macht von ihnen meist zurückhaltend und unter Einbezug aller Partner Gebrauch. Vom Bund geht somit insgesamt eine moderate Steuerung aus, die grundsätzlich dem Wesen der Verbundpartnerschaft entspricht. Aufgrund teilweise mangelnder Kompromissbereitschaft besteht eine Tendenz zur Blockade bei Projekten, in denen sich zwei Partner mit unterschiedlichen Interessen gegenüberstehen und der Bund keine Führungsrolle wahrnehmen will.

Eine Rolle, die der Bund vollumfänglich übernehmen muss Der Bund übt im Bereich der Steuerung und der Strategie sowie in der Kommunikation mit den Akteuren eine relativ grosse Zurückhaltung aus. Das richtige Ausmass der Steuerung ­ der ideale Mittelweg zwischen einem zu grossen Interventionismus, den niemand wünscht, und der Rolle eines Beobachters, der manchmal zu spät reagiert ­ muss noch gefunden werden.

6869

BBl 2016

Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze

6868

1

Einleitung 1.1 Anlass und Fragestellung der Evaluation 1.2 Vorgehen 1.3 Aufbau des Berichts

6872 6872 6873 6874

2

Die Berufsbildung 2.1 Wege der Berufsbildung 2.2 Gesetzliche Grundlagen 2.3 Akteure und Organe der Verbundpartnerschaft 2.3.1 Die Verbundpartner 2.3.2 Verbundpartnerschaftliche Organe

6874 6874 6875 6876 6876 6879

3

Zweckmässigkeit der Aufgabenverteilung 3.1 Kohärente, aber unpräzise gesetzliche Grundlagen bezüglich Aufsicht 3.2 Zu optimierende Funktionen und Kommunikation der Organe der Verbundpartner 3.2.1 Eidgenössische Berufsbildungskommission 3.2.2 Nationales Spitzentreffen der Berufsbildung 3.2.3 Verbundpartnertagung

6881

4

Qualität der Verbundpartnerschaft in der strategischen Steuerung 4.1 Begrenzte Definition der strategischen Schwerpunkte 4.1.1 Handlungsschwerpunkte 4.1.2 Langfristige Vision und Strategie 4.2 Mangelhafte Steuerung der strategischen Schwerpunkte 4.2.1 Steuerung und Kontrolle der Handlungsschwerpunkte 4.2.2 Unterschiedliche Umsetzung durch die Verbundpartner

6888 6888 6888 6890 6892 6892 6894

5

Verbundpartnerschaft bei der Umsetzung von Projekten 5.1 Moderate Steuerung bei der Berufsreform 5.2 Gute Zusammenarbeit beim Case Management Berufsbildung 5.3 Weitere Projekte 5.3.1 Blockaden beim Vereinfachen der Qualifikationsverfahren 5.3.2 Wenig ausgeschöpfte Steuerungsmöglichkeiten bei der Projektförderung

6895 6896 6898 6901

Schlussfolgerung 6.1 Weitgehende Delegation von Zuständigkeiten mit wenigen Aufsichtsmöglichkeiten 6.2 Organe mit Optimierungspotenzial

6904

6

6870

6881 6883 6884 6886 6887

6901 6902

6905 6905

BBl 2016

6.3 6.4 6.5

Verbundpartnerschaft nur teilweise zur umfassenden strategischen Steuerung geeignet Komplexe Verbundpartnerschaft in der Umsetzung von Projekten Eine Rolle, die der Bund vollumfänglich übernehmen muss

6906 6907 6908

Abkürzungsverzeichnis

6909

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner

6911

Anhang: Bildungssystem der Schweiz

6914

Impressum

6915

6871

BBl 2016

Bericht Dieser Bericht enthält die wesentlichen Ergebnisse der Evaluation. Eine ausführliche Beschreibung der Analysen und die Bewertungsgrundlagen finden sich in den Materialien.1

1

Einleitung

1.1

Anlass und Fragestellung der Evaluation

Gemäss Bundesverfassung2 und Berufsbildungsgesetz (BBG)3 ist die Berufsbildung eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt (OdA). Die Erfolge dieses Systems sind in der Schweiz und im Ausland4 anerkannt.

Gleichzeitig gibt die Berufsbildung aber auch Anlass zu gewissen Kritiken insbesondere hinsichtlich der Qualität der Verbundpartnerschaft zwischen den beteiligten Akteuren und der Nachverfolgung der von der Bundesverwaltung eingeleiteten Massnahmen oder Aktivitäten.5 Vor diesem Hintergrund haben die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) am 31. Januar 2014 beauftragt, die Steuerung der Berufsbildung zu evaluieren. Gestützt auf eine Projektskizze der PVK hat die Subkommission EFD/WBF der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) am 1. Juli 2014 beschlossen, diese Evaluation auf die Verbundpartnerschaft zwischen den verschiedenen Akteuren der Berufsbildung und insbesondere auf die Rolle des Bundes zu konzentrieren.

Unter Berücksichtigung der laufenden Arbeiten der Finanzdelegation im Anschluss an eine Prüfung der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK)6 hatte die Subkommission beschlossen, die Frage der Steuerung der Bundesbeiträge nicht zu evaluieren.

Ebenfalls von der vorliegenden Evaluation ausgeschlossen wurden die Steuerung im Bereich der Berufsbildungsforschung und insbesondere die Rolle des Eidgenössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung (EHB), da das Staatssekretariat für Bil1

2 3 4 5

6

Qualité du partenariat dans la formation professionnelle, Annexe au rapport du CPA à l'intention de la CdG-N du 2 novembre 2015 (französisch- und deutschsprachige Kapitel). Die Materialien finden sich unter: www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Parlamentarische Verwaltungskontrolle > Publikationen.

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101).

Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 13. Dez. 2002 (BBG; SR 412.10).

OECD, 2009: Learning for Jobs, Review on Vocational Education and Training in Switzerland, Paris.

Quellen: von der PVK durchgeführte Sondierungsgespräche; Schweizerischer Gewerbeverband: sgv-Berufsbildungsbericht 2010, Bern, Oktober 2010; Bericht des Bundesrates über die Unterstützung der dualen Ausbildung (in Erfüllung des Postulats Favre 08.3778), Sechs Jahre neues Berufsbildungsgesetz ­ eine Bilanz, Bern, September 2010 EFK: Beurteilung der Aufsicht im Bereich Subventionen für die Berufsbildung, Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation. Prüfbericht, 15. Aug. 2013 (nicht publiziert). EFK: Jahresbericht 2013, Bern, April 2014

6872

BBl 2016

dung, Forschung und Innovation (SBFI) darüber eine umfassende Evaluation 7 geplant hatte.

Die Evaluation soll Antworten auf die folgenden Fragen liefern: ­

Wie ist die Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Akteuren der Berufsbildung zu beurteilen?

­

Wie ist die Qualität der Verbundpartnerschaft in Bezug auf die strategische Steuerung zu beurteilen?

­

Wie ist die Qualität der Verbundpartnerschaft bei der Umsetzung von Aktivitäten oder Projekten zu beurteilen, bei welchen der Bund eine Schlüsselrolle einnimmt?

1.2

Vorgehen

Auf der Grundlage von Sondierungsgesprächen und eigener Analysen entschied die PVK, ihre Untersuchung einerseits auf die Steuerungsorgane der Berufsbildung und andererseits auf Fallstudien im Bereich der beruflichen Grundbildung zu konzentrieren, da im Bereich der höheren Berufsbildung gegenwärtig zahlreiche Änderungen im Gange sind.8 Zudem sollte es sich bei den untersuchten Fällen um bedeutende Projekte für die Verbundpartnerschaft handeln, an denen der Bund mit jeweils einem anderen Verbundpartner beteiligt ist. Die erste Fallstudie betrifft die Berufsreform ­ ein Prozess, bei dem der Bund und die OdA aktiv zusammengearbeitet haben. Die zweite beschäftigt sich mit dem Projekt Case Management Berufsbildung, bei dem der Bund und die Kantone die wichtigsten Partner sind. Schliesslich werden zwei weitere untersuchte Themen kurz ausgeführt, die sehr häufig von den befragten Personen im Rahmen der Gespräche und Erhebungen erwähnt wurden, um die Funktionsweise der Partnerschaft zu beschreiben und um diese zu qualifizieren: die Qualifikationsverfahren und die Unterstützung von Projekten durch den Bund.

Die PVK stützte sich auf verschiedene Datenquellen. Sie analysierte zahlreiche Unterlagen wie Gesetze, Verordnungen, Weisungen, Leitfaden und Tätigkeitsberichte, Unterlagen und Ergebnisse von Sitzungen, Konferenzen und Treffen, Kommissionsprotokolle und projektbezogene Dokumente. Ausserdem führte die PVK vertiefte Gespräche mit 30 Fachpersonen: mit Verantwortlichen der Berufsbildung im SBFI, Vertreterinnen und Vertretern von Kantonen und OdA, Mitgliedern der Eidgenössischen Berufsbildungskommission (EBBK) und weiteren Fachleuten.

Weil die PVK ihre Evaluation auf möglichst repräsentativen Daten abstützen wollte, führte sie angesichts der Vielzahl der Akteure eine Online-Befragung9 aller Berufs7

8 9

Diese Evaluation ist unterdessen abgeschlossen. Evaluation Berufsbildungsforschung SBFI. Arbeitsgemeinschaft econcept AG und Prof. Dr. Philipp Gonon, Lehrstuhl für Berufsbildung, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich, 2015 (mit französischer Zusammenfassung).

Bundesrat, Ergebnisbericht ­ Vernehmlassung zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes (BBG): Stärkung der höheren Berufsbildung, Bern, 24. Juni 2015 Das Unternehmen know.ch in St. Gallen wurde mit der technischen Umsetzung der Erhebung beauftragt. Die erhobenen Daten wurden anonymisiert.

6873

BBl 2016

verbände durch, die im Bereich der beruflichen Grundbildung auf nationaler Ebene aktiv sind. 59 Prozent der 169 kontaktierten Verbände haben den Online-Fragebogen beantwortet. Hinzu kam eine Telefonbefragung bei der Leitung der 26 für die Berufsbildung zuständigen kantonalen Ämter.

Die PVK begann im November 2014 mit der Datenerhebung und schloss ihre Analyse im September 2015 ab. Der von der Evaluation untersuchte Zeitraum variiert je nach Thematik, endet aber im Dezember 2014.

1.3

Aufbau des Berichts

Kapitel 2 beschreibt kurz den Gegenstand der Evaluation. In den Kapiteln 3 bis 5 werden die Ergebnisse anhand der drei Hauptfragestellungen vorgestellt. Kapitel 3 behandelt die Zweckmässigkeit der Aufgabenverteilung. Kapitel 4 und 5 konzentrieren sich auf die Funktionsweise der Verbundpartnerschaft bei der strategischen Steuerung beziehungsweise bei der Umsetzung von Projekten. Die Schlussfolgerung (Kapitel 6) nimmt eine allgemeine Beurteilung der Funktionsweise der Verbundpartnerschaft vor und weist auf verschiedene Schwächen hin.

2

Die Berufsbildung

Das vorliegende Kapitel vermittelt einen Überblick über das Ziel der Evaluation und beschreibt dazu die Vielfalt an Berufsbildungswegen, die gesetzlichen Grundlagen und die wichtigsten Akteure.

2.1

Wege der Berufsbildung

Mit 230 000 Personen, die eine berufliche Grundbildung absolvieren, und jährlichen Kosten für die öffentliche Hand in der Höhe von rund 3,6 Milliarden Schweizer Franken, von denen der Bund einen Viertel übernimmt, ist die Berufsbildung eine tragende Säule des schweizerischen Bildungssystems.

Zur Berufsbildung gehören die berufliche Grundbildung (Lehre), die höhere Berufsbildung und die berufliche Weiterbildung (vgl. Anhang). Sie baut auf Bildungsangeboten und nationalen Qualifikationsverfahren auf (die früher namentlich als Lehrabschlussprüfungen bezeichnet wurden) und zeichnet sich durch eine hohe Durchlässigkeit aus: So ist es möglich, weiterführende Bildungsangebote zu besuchen, mit einem Berufsabschluss an eine Hochschule zu wechseln oder die Tätigkeit im Verlauf des Arbeitslebens dank der Anrechnung von Bildungsleistungen zu verändern.

Die Berufsbildung umfasst zudem eine breite Palette von Ausbildungen und ein vielfältiges, berufsorientiertes Weiterbildungsangebot.10

10

SBFI, 2015: Berufsbildung in der Schweiz , Fakten und Zahlen 2015. Bern

6874

BBl 2016

Das Berufsbildungssystem ist geprägt durch eine Mischung von Theorie und Praxis.

Die Ausbildung in Betrieb und Berufsfachschule ist die meistgewählte Form der beruflichen Grundbildung.

Fast zwei Drittel aller Jugendlichen absolvieren eine berufliche Grundbildung, die damit den grössten Bereich der nachobligatorischen Bildung auf der Sekundarstufe II darstellt.11 Jedes Jahr werden fast 66 000 Abschlüsse in rund 230 Berufen erworben. Die zweijährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) öffnet den Zugang zum Arbeitsmarkt. Dieser Weg bietet vorwiegend praktisch begabten Jugendlichen die Möglichkeit, einen ersten beruflichen Abschluss zu erreichen. Die drei- oder vierjährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) dient zum Erwerb der Qualifikationen, die für die Ausübung eines spezifischen Berufes erforderlich sind. Sie ermöglicht den Zugang zur höheren Berufsbildung. Die Berufsmaturität bietet eine Ausbildung mit erweiterter Allgemeinbildung und berechtigt die Inhaberinnen und Inhaber eines EFZ zur prüfungsfreien Zulassung zu einer Fachhochschule. Über ergänzende Qualifikationen öffnet sie zudem die Türen zu den Universitäten oder Eidgenössisch Technischen Hochschulen. Die Berufsabschlüsse für Erwachsene geben diesen die Möglichkeit, über verschiedene Wege einen Abschluss einer beruflichen Grundausbildung zu erlangen (von reglementierten Verfahren bis hin zu individuellen Anerkennungsverfahren).

Auf der Tertiärstufe wurden 2013 fast 27 000 Abschlüsse in der höheren Berufsbildung vergeben, wobei das Angebot rund 400 Berufsprüfungen und höhere Fachprüfungen sowie rund 450 Bildungsgänge an höheren Fachschulen umfasst. Die höhere Berufsbildung ermöglicht Berufsleuten mit einem EFZ oder einem gleichwertigen Abschluss eine Spezialisierung und ein Vertiefen ihres Fachwissens. Ausserdem können Qualifikationen im Bereich der Unternehmensführung erlangt werden. 12 Gemäss Bundesrat13 ist die höhere Berufsbildung ein Instrument, um entsprechend den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes Fachkräfte aus der Berufswelt zu Spezialistinnen und Spezialisten sowie Betriebskadern zu qualifizieren. Sie leistet einen Beitrag zur Verbesserung des Qualifikationsniveaus der Arbeitskräfte, ohne das akademische System zu belasten, wie dies in andern Ländern oft der Fall ist.

2.2

Gesetzliche Grundlagen

Gemäss Artikel 63 BV14 erlässt der Bund Vorschriften über die Berufsbildung und fördert ein breites und durchlässiges Angebot in diesem Bereich. Ihm fällt also die ausschliessliche Regelungskompetenz im Bereich der Berufsbildung zu.15 Arti-

11 12 13 14 15

BFI-Botschaft 2013­2016: Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahre 2013­2016 vom 22. Feb. 2012 (BBl 2012 3099) SBFI, 2015 BFI-Botschaft 2013­2016 (BBl 2012 3099) SR 101 Kiener, Regina, 2001: Bildung, Forschung, Kultur, in: Thürer, Daniel / Aubert, JeanFrançois / Müller, Jörg Paul (Hrsg.): Verfassungsrecht der Schweiz, Droit constitutionnel suisse. Zürich, S. 907

6875

BBl 2016

kel 61a BV16 bestimmt zudem, dass der Bund und die Kantone gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraums Schweiz sorgen.

Auf den 1. Januar 2004 ist das revidierte Berufsbildungsgesetz (BBG) 17 in Kraft getreten. Das Gesetz soll erlauben, die Berufsbildung an die sich aufgrund des technologischen und gesellschaftlichen Wandels ändernden Rahmenbedingungen und Anforderungen anzupassen. Es betrifft sämtliche Berufsbereiche ausserhalb der Hochschulen wie die berufliche Grundbildung, die höhere Berufsbildung, die berufsorientierte Weiterbildung oder die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Berufsbildung.18 Das BBG hat zum Ziel, ein Berufsbildungssystem zu fördern und entwickeln, das die persönliche und berufliche Entwicklung des Einzelnen und die Integration in die Arbeitswelt fördert, das die Bildungschancen in sozialer und regionaler Hinsicht ausgleicht, das durchlässig und transparent ist und das der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe dient.19 Die Bestimmungen des BBG werden weiter ausgeführt in der Verordnung über die Berufsbildung (BBV)20 sowie in zahlreichen weiteren Verordnungen in verschiedenen Bereichen der Berufsbildung (z. B. die Berufsmaturitätsverordnung21). Speziell zu erwähnen sind die für jeden Beruf erstellten Verordnungen über die berufliche Grundbildung (BiVo), welche die einzelnen Berufsbildungen regeln.

2.3

Akteure und Organe der Verbundpartnerschaft

Dieses Kapitel geht zunächst auf die zentralen Akteure der Verbundpartnerschaft ­ Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt (OdA) ­ und ihre Zuständigkeiten ein. Anschliessend werden drei zentrale Organe der Verbundpartnerschaft dargestellt.

2.3.1

Die Verbundpartner

An zentraler, erster Stelle hält das BBG fest, dass die Berufsbildung eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen und OdA (namentlich fallen darunter die Sozialpartner, Berufsverbände, andere zuständige Organisationen und andere Anbieter der Berufsbildung) ist. Im Hinblick auf die Zusammenarbeit dieser drei Verbundpartner legt das BBG weiter fest, dass die Massnahmen des Bundes darauf abzielen, Initiativen der Kantone und der OdA so weit als möglich mit finanziellen und anderen Mitteln zu fördern. Dem Bund wird hier eine subsidiäre Rolle zugeschrieben. Zudem soll die Zusammenarbeit zur Verwirklichung der Ziele des BBG sowohl zwischen 16 17 18 19 20 21

Angenommen in der Volksabstimmung vom 21. Mai 2006, in Kraft seit 21. Mai 2006 (BBl 2006 6725) SR 412.10 Art. 2 Abs. 1 BBG Art. 3 BBG Verordnung über die Berufsbildung vom 19. Nov. 2003 (BBV; SR 412.101) Verordnung vom 24. Juni 2009 über die eidgenössische Berufsmaturität (Berufsmaturitätsverordnung, BMV; SR 412.103.1)

6876

BBl 2016

Bund, Kantonen und OdA als auch bei den OdA und Kantonen je unter sich stattfinden.22 Diese Bestimmung verleiht den Kantonen und OdA Eigenständigkeit.

Abbildung 1 zeigt die Partnerschaft zwischen Bund, Kantonen und OdA im Bereich der Berufsbildung auf. Sie verdeutlicht, dass jeder Partner verschiedene Akteure vereint. Zudem weist sie auf die Zuständigkeiten der Partner hin: Demgemäss fällt dem Bund primär eine strategische Aufgabe zu, während die Kantone hauptsächlich für die Umsetzung und die OdA für die Bildungsinhalte zuständig sind. Im Folgenden wird genauer auf jeden der Verbundpartner eingegangen.

Abbildung 1 Akteure der Verbundpartnerschaft auf nationaler Ebene und ihre Zuständigkeiten Bund SBFI, EHB Strategische Steuerung und Entwicklung, Rechtsetzung

Kantone EDK, SBBK, Berufsbildungsämter, BSLB, Berufsfachschulen

OdA Sozialpartner, Berufsverbände, Anbieter der Berufsbildung, Betriebe

Umsetzung und Aufsicht

Bildungsinhalte und Ausbildungsplätze

Quelle: SBFI, 2015: Berufsbildung in der Schweiz, Fakten und Zahlen 2015. Bern.

Anmerkungen: In den grauen Feldern sind die Akteure aufgeführt, in den weissen Feldern die zentralen Zuständigkeiten der Akteure.

Zuständigkeiten des Bundes Abgesehen von seinen Aufgaben im Bereich der Gesetzgebung ist die Rolle des Bundes subsidiär und hauptsächlich strategisch. Der Bund ist für die Qualitätssicherung und die Weiterentwicklung des Gesamtsystems 23 sowie für die Kohärenz und die Transparenz der Angebote auf nationaler Ebene verantwortlich. Zudem trägt er rund ein Viertel der öffentlichen Kosten der Berufsbildung. Darüber hinaus nimmt der Bund die Aufsicht über den Vollzug des BBG durch die Kantone 24 sowie die Aufsicht über die eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen wahr.25

22 23 24 25

Art. 1 BBG Art. 4 und Art. 8 Abs. 2 BBG Art. 65 Abs. 4 BBG Art 42 Abs. 2 BBG

6877

BBl 2016

Das SBFI ist zuständig für die Regelung und Mitfinanzierung der Berufsbildung.

Das SBFI hat in erster Linie folgende Zuständigkeiten:26 ­

Es erlässt die Verordnungen über die berufliche Grundbildung (BiVo).

­

Es anerkennt die Prüfungsordnungen und Rahmenlehrpläne der höheren Berufsbildung.

­

Es fördert Innovationen und besondere Leistungen im öffentlichen Interesse.27

­

Es anerkennt Bildungsgänge für Berufsbildungsverantwortliche sowie für Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterinnen und -berater.

­

Es ist zuständig für die Anerkennung von ausländischen Diplomen.

Der Bund führt zudem ein Hochschulinstitut für Berufsbildung. Das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) bildet Berufsbildungsverantwortliche sowie Prüfungsexpertinnen und -experten aus. Es kümmert sich um die Forschung in diesem Bereich, führt Studien und Pilotversuche durch und kann Dritten Dienstleistungen erbringen.28 Die Aufgaben des Instituts sind in einer Verordnung geregelt (EHB-Verordnung).29 Zuständigkeiten der Kantone Den Kantonen obliegt der Vollzug des BBG, soweit dieser nicht dem Bund zugewiesen ist.30 In der Botschaft zum BBG wird hierzu ausgeführt, die Kantone seien für die Organisation der Berufsbildung vor Ort zuständig. Ihnen komme die Umsetzung der staatlichen Aufgaben zu, etwa die regionale Bildungspolitik, die Verwaltung der Schulen und die Aufsicht. In Artikel 24 BBG sind die Gegenstände der kantonalen Aufsicht im Bereich der beruflichen Grundbildung und die Sanktionsmöglichkeiten (z. B. Rückforderung von Beiträgen, Aufhebung eines Lehrvertrags) beschrieben. Im entsprechenden Artikel der BBV 31 wird der kantonalen Behörde zudem die Möglichkeit zuerkannt, in gewissen Fällen eine Bildungsbewilligung zu verweigern oder zu widerrufen. Die Kantone üben zudem die Aufsicht über die höheren Fachschulen aus, soweit sie eidgenössisch anerkannte Bildungsgänge anbieten.32 Auf politischer Ebene koordinieren sich die für die Berufsbildung zuständigen kantonalen Regierungsmitglieder in der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK). Vollzugsorgane auf kantonaler Ebene sind die 26 kantonalen Berufsbildungsämter, die ihre Tätigkeiten im Rahmen der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz (SBBK) koordinieren. Die Kantone verfügen zudem über Berufs-, Studien- und Laufbahnberatungsstellen (BSLB). Die kantonalen

26 27 28 29 30 31 32

SBFI, 2015: Berufsbildung in der Schweiz, Fakten und Zahlen 2015. Bern, S. 8 Art. 52 bis 56 BBG Art. 48 und Art. 48a BBG Verordnung vom 14. Sept. 2005 über das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB-Verordnung; SR 412.106.1) Art. 66 BBG Art. 11 BBV Art. 29, Abs. 5 BBG

6878

BBl 2016

Berufsfachschulen sind für den schulischen Unterricht in der beruflichen Grundbildung sowie für den Berufsmaturitätsunterricht verantwortlich.33 Zuständigkeiten der Organisationen der Arbeitswelt Zu den OdA ist der Botschaft zum BBG zu entnehmen, dass Wirtschaft und Arbeitswelt ein tragender Pfeiler der schweizerischen Berufsbildung seien, da sie den bedeutendsten Teil der Lehrstellen bereitstellen. Ihre Beteiligung an der Berufsbildung bleibe aber freiwillig. Das Gesetz beschränke sich auf Vorschriften zur qualitativen Ausrichtung der Berufsbildung und zum Schutz der Lernenden.34 Die Berufsverbände definieren die Bildungsinhalte der beruflichen Grundbildung und der Bildungsgänge an höheren Fachschulen sowie die nationalen Qualifikationsverfahren (ehemals Prüfungen), Berufsprüfungen und höheren Fachprüfungen.

Sie organisieren ausserdem die berufliche Grundbildung und stellen Angebote in der höheren Berufsbildung bereit. Die Sozialpartner beteiligen sich zusammen mit den Berufsverbänden an der Weiterentwicklung der Berufsbildung. Die Unternehmen stellen Ausbildungsplätze für die berufliche Praxis bereit.35

2.3.2

Verbundpartnerschaftliche Organe

Gemäss SBFI und EBBK36 erfordert die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung ein Minimum an institutionellen Strukturen. Auf nationaler Ebene37 stützt sie sich auf die folgenden gemeinsamen Organe: das nationale Spitzentreffen der Berufsbildung, die Verbundpartnertagung und die EBBK.38 Tabelle 1 zeigt die Zusammensetzung dieser Organe, die in Kapitel 3.2 analysiert werden.

33 34 35 36 37

38

Art. 21 und 22 BBG Botschaft zum BBG (BBl 2000 5686, hier 5730) Art. 20 BBG SBFI, 2014: Charta der Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung. Überarbeitete Fassung nach der Sitzung der EBBK vom 25. Sept. 2014 Auf kantonaler und beruflicher Ebene gibt es sehr viele Strukturen (z. B.: mehrere Kommissionen innerhalb der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz (SBBK), paritätische Kommissionen, Kommissionen für Berufsentwicklung & Qualität [Kommissionen B&Q]).

Zu spezifischen Themen beschäftigen sich drei weitere ausserparlamentarische Kommissionen: die Eidgenössische Berufsmaturitätskommission (EBMK), die Eidgenössische Kommission für höhere Fachschulen (EKHF) und die Eidgenössische Kommission für Berufsbildungsverantwortliche (EKBV).

6879

BBl 2016

Tabelle 1 Organe der Berufsbildung auf nationaler Ebene Beschreibung

EBBK

Spitzentreffen der Berufsbildung

Verbundpartnertagung

Rolle

Beratung der Bundesbehörden (SBFI)

Festlegung von Handlungsschwerpunkten

Austausch- und Kommunikationsplattform

Einberufung

4- bis 6-mal jährlich

Jährlich

Jährlich

Zusammensetzung

Maximal 15 Mitglieder, die vom Bundesrat für jeweils 4 Jahre ernannt werden

7 bis 10 Mitglieder, die vom Vorsteher des WBF eingeladen werden Vorsteher des WBF, stv. Direktor des SBFI

120 bis 150 Teilnehmende, die vom SBFI eingeladen werden

Bund

Kantone

OdA

Diverses

Stv. Direktor des SBFI, verantwortlich für die Berufsbildung, nimmt Präsidium der EBBK wahr.

Das Sekretariat wird durch das SBFI geführt.

4 Vertreterinnen und Vertreter der Kantone

4 Vertreterinnen und Vertreter der Sozialpartner 4 Vertreterinnen und Vertreter der Berufsverbände 1 Mitglied aus dem Weiterbildungsbereich 1 Mitglied aus der Wissenschaft Vorgesehen durch Art. 69 und 70 BBG

Rund 40 Vertreterinnen und Vertreter des Bundes, stv. Direktor des SBFI

Präsident und Gene- Rund 40 Vertreteralsekretär der EDK rinnen und Vertreter der Kantone, darunter alle Direktorinnen und Direktoren der Berufsbildungsämter 4 Präsidentinnen Rund 40 Vertreteund Präsidenten der rinnen und Vertreter Sozialpartner der Sozialpartner, der Berufsverbände und anderer OdA

2005 eingeführt1

2006 eingeführt

Quellen: SBFI 2014; Zusammensetzung und Interessenverbindungen der Mitglieder und Zusammensetzung der ausserparlamentarischen Kommissionen: www.admin.ch > Bundeskanzlei > Bundesrecht > Ausserparlamentarische Kommissionen > EBBK 1 Ursprünglich hiess dieses Spitzentreffen Lehrstellenkonferenz und wurde auf Anregung des damaligen Vorstehers des Volkswirtschaftsdepartements (heute WBF) eingeführt.

Einzelne oder mehrere Verbundpartner der Berufsbildung haben Arbeits- oder Projektgruppen gebildet, um spezielle Fragen oder Themen im Zusammenhang mit der Berufsbildung zu behandeln und Lösungen vorzuschlagen, die dann in den politischen Entscheidungsprozess einfliessen. Diese Arbeitsgruppen wurden nicht systematisch untersucht, sondern im Rahmen der Analyse der Verbundpartnerschaft bei der Umsetzung von Projekten behandelt (Kapitel 5).

6880

BBl 2016

3

Zweckmässigkeit der Aufgabenverteilung

Zusammenfassung: Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeiten vorwiegend entsprechend den Besonderheiten der drei Verbundpartner zugeteilt: die Bildungsinhalte den Organisationen der Arbeitswelt, der Vollzug den Kantonen und die strategische Entwicklung dem Bund. Die Zuständigkeiten im Bereich der Aufsicht und Steuerung sind kaum präzisiert. In der Praxis haben die Verbundpartner ihre Zusammenarbeit vor allem im Rahmen von Organen entwickelt, die ihnen Raum für Diskussionen bieten. Allerdings wurde Kritik an der Kohärenz dieser Organe geäussert, was ihre Rolle, ihre Zusammensetzung oder ihre Kommunikation anbelangt.

Dieses Kapitel antwortet auf die erste Fragestellung der Evaluation, welche die Zweckmässigkeit der Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Akteuren der Berufsbildung betrifft. Diese Verteilung wird zunächst im Hinblick auf die gesetzlichen Grundlagen (3.1) und danach in Bezug auf die Organe der Verbundpartnerschaft (3.2) geprüft.

3.1

Kohärente, aber unpräzise gesetzliche Grundlagen bezüglich Aufsicht

Der Gesetzgeber hat das BBG als Gesetz gestaltet, das Ziele festlegt und die Zuständigkeiten weitgehend delegiert. In Bezug auf dieses Konzept ist das Gesetz kohärent. Den Verbundpartnern wird ein grosser Handlungsspielraum gewährt, um auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes eingehen und die zukünftigen Entwicklungen optimal erfassen zu können. Das Gesetz weist ihnen die Zuständigkeiten aufgrund ihrer Besonderheiten zu: die Bildungsinhalte den Organisationen der Arbeitswelt, der Vollzug den Kantonen und die strategische Entwicklung dem Bund.

Die überwiegende Mehrheit der befragten Personen, die im Berufsbildungsbereich tätig sind, ist der Auffassung, dass die gesetzlichen Grundlagen eine klare und lückenlose Verteilung der Zuständigkeiten vorsehen. Der Grundsatz eines grossen Handlungsspielraums wird begrüsst. Allfällige Probleme ergeben sich nach Ansicht der befragten Personen nicht so sehr aus den gesetzlichen Grundlagen, sondern vielmehr aus dem effektiven Gebrauch der den Partnern zugeschriebenen Kompetenzen.

Von aussen betrachtet39 und vor allem aus der Sicht der PVK weisen diese gesetzlichen Grundlagen jedoch gewisse Schwächen auf, die mit ihrer mangelnden Klarheit und der Unvollständigkeit einiger Bestimmungen zusammenhängen: ­

39 40

Der Begriff OdA40 umfasst ganz unterschiedliche Akteure, deren Rollen im Gesetz zu wenig unterschieden werden. In der Praxis gehören dazu nicht nur die eher in den strategischen Bereichen tätigen Sozialpartner und die für die Bildungsinhalte zuständigen nationalen Berufsverbände, sondern auch andere Anbieter der Berufsbildung mit nur vage definierten Zuständigkeiten.

Insbesondere Expertinnen und Experten des Bundesamtes für Justiz, die von der PVK befragt wurden.

Art. 1, Abs. 1 BBG

6881

BBl 2016

Die Wahl von Vertreterinnen und Vertretern der OdA in die EBBK ist wegen ihrer grossen Unterschiedlichkeit mit Schwierigkeiten verbunden.

41 42

43 44

­

Die Grenzen der weitreichenden Normen in Bezug auf die Delegation der Zuständigkeiten sind nicht immer klar, insbesondere hinsichtlich der Aufsicht und der Steuerung. Das Gesetz überträgt die Aufsicht über die verschiedenen Bereiche der Berufsbildung teilweise den Kantonen und teilweise dem Bund. Darüber hinaus obliegt dem Bund die Aufsicht über den Vollzug des Gesetzes durch die Kantone.41 Die Instrumente und der Umfang dieser Aufsicht sind jedoch wenig definiert. Der Gesetzgeber wollte keine starke und zentralisierte Steuerung festlegen und hat diesbezüglich den vollziehenden Organen grossen Handlungsspielraum gelassen.

­

Im Hinblick auf Sanktionen verfügt der Bund nur über wenige Kompetenzen. Er kann die Beiträge42 kürzen oder neue Beiträge verweigern, wenn die Beitragsempfänger ihre Aufgaben und Pflichten in erheblicher Weise vernachlässigen.43 Wenn bestimmte Berufsverbände ihren Aufgaben ungenügend nachkommen, stehen dem Bund keine anderen formalen Mittel zur Verfügung als die Aufhebung eines Reglements oder der unaufgeforderte Erlass einer Verordnung über die berufliche Grundbildung. Neue Kompetenzen des Bundes im Bereich von Sanktionen liessen sich allerdings schlecht mit dem heutigen Konzept des Gesetzes vereinbaren.

­

Die Bestimmungen zum EHB sind ein weiteres Beispiel für unpräzise und unzureichende gesetzliche Grundlagen. Meist verfügt eine derartige dezentralisierte Einrichtung über eine eigene Rechtspersönlichkeit mit klaren Kompetenzen und Regeln hinsichtlich Steuerung und Aufsicht, die formal in einem Gesetz geregelt sind. In Bezug auf das EHB, für das es kein spezifisches Gesetz gibt, enthält das BBG nur gerade zwei Artikel.44 Alle anderen Fragen sind in einer Verordnung geregelt.

­

Diese mangelhafte Klarheit und Präzision der gesetzlichen Grundlagen kann auch zu unterschiedlichen Interpretationen der Rolle des Bundes führen. So fördert der Bund gemäss Artikel 8 Absatz 3 BBG die Qualitätsentwicklung, stellt Qualitätsstandards auf und überwacht deren Einhaltung. Artikel 3 BBG präzisiert, dass das SBFI eine Liste der Methoden zur Qualitätsentwicklung in den einzelnen Bereichen der Berufsbildung erstellt und dass die Anbieter der Berufsbildung unter den in dieser Liste aufgeführten Methoden frei wählen können. In der Praxis fördert der Bund die Qualitätsentwicklung, indem er Leitvorlagen und Erklärungen zu den Verordnungen über die berufliche Grundbildung bereitstellt, die von den OdA erarbeitet werden müssen (Kapitel 5.1). Der Bund geht zudem vom Prinzip aus, dass die Kantone selbst ein Interesse an der Qualitätssicherung haben, da sie drei Viertel der BildungsArt. 65 Abs. 4 BBG Dabei handelt es sich um Pauschalbeiträge an die Kantone (Art. 53 BBG) und Beiträge für Projekte zur Entwicklung der Berufsbildung und zur Qualitätsentwicklung (Art. 54), Beiträge für besondere Leistungen im öffentlichen Interesse (Art. 55) und Beiträge für eidgenössische Berufsprüfungen (Art. 56).

Art. 58 BBG Art. 48 und 48a BBG

6882

BBl 2016

kosten tragen. Im Übrigen vertreten die Bundesbehörden seit vielen Jahren die Auffassung, dass es nicht ihre Aufgabe ist, Richtlinien zu den Aktivitäten der Kantone zu erlassen. Diese zurückhaltende Rolle entspricht zwar nicht den gesetzlich vorgesehenen Aufgaben, aber sie respektiert den Geist des Gesetzes.

­

3.2

Artikel 55 BBG zu den Beiträgen für besondere Leistungen im öffentlichen Interesse veranschaulicht ebenfalls die mangelnde Präzision, vor allem aber die mangelnde Vorhersehbarkeit der gesetzlichen Grundlagen. So umfasst Absatz 1 eine sehr lange, aber nicht abschliessende Liste von Leistungen, die mit Beiträgen unterstützt werden können. Absatz 3 gibt dem Bund zudem die Möglichkeit, weitere Leistungen im öffentlichen Interesse festzulegen, für die Beiträge gewährt werden können. Dieser Artikel weckt bei Gesuchstellern allerhand Erwartungen, die wiederum zu Unzufriedenheit und Unverständnis führen, wenn die eingereichten Projekte abgelehnt werden.

Zu optimierende Funktionen und Kommunikation der Organe der Verbundpartner

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Funktionsweise der Verbundpartnerschaft in den verschiedenen Organen der Berufsbildung: der Eidgenössischen Berufsbildungskommission, dem nationalen Spitzentreffen der Berufsbildung und der Verbundpartnertagung.

Vor der eigentlichen Analyse wird ein zusammenfassendes Ergebnis der Telefonbefragung bei der Leitung der für die Berufsbildung zuständigen kantonalen Ämter sowie der Online-Befragung der Berufsverbände präsentiert. Diese beiden Gruppen von Akteuren beurteilen die Möglichkeit, sich in die Verbundpartnerschaft einzubringen, ziemlich ähnlich (Tabelle 2). Ihrer Ansicht nach ist es schwieriger, über das Spitzentreffen und die EBBK an der Entwicklung der Berufsbildung mitzuwirken als über die Verbundpartnertagung, das SBFI oder ihre eigenen Strukturen, d. h.

entweder über die Dachverbände oder über die Schweizerische Berufsbildungsämter-Konferenz (SBBK). Dieses Ergebnis ist an sich nicht überraschend. Die negativere Bewertung des Spitzentreffens und der EBBK hängt aber offenbar nicht so sehr damit zusammen, dass die befragten Personen nicht Teil dieser Institutionen sind.

Vielmehr wird bemängelt, dass zu wenig über die Ergebnisse dieser Treffen informiert wird und im Vorfeld kaum Vernehmlassungen durchgeführt werden.

6883

BBl 2016

Tabelle 2 Möglichkeit der Mitwirkung über die Organe Verbundpartner

Spitzentreffen

EBBK

Verbundpartnertagung

SBFI

SBBK

Kantone

eher schlecht

eher schlecht

gut

gut

sehr gut

Verbundpartner

Spitzentreffen

EBBK

Verbundpartnertagung

SBFI

Dachverbände

Berufsverbände

eher schlecht

eher schlecht

eher gut

eher gut

gut

Quelle: Online-Befragung der Berufsverbände und Telefonbefragung bei der Leitung der für die Berufsbildung zuständigen kantonalen Ämter Anmerkung: Die Beurteilungsskala sieht wie folgt aus: sehr schlecht, schlecht, eher schlecht, eher gut, gut, sehr gut. Der Median wurde berücksichtigt. 63 bis 89 Berufsverbände sowie 25 bis 26 Vertreterinnen und Vertreter der Kantone haben die Fragen beantwortet.

3.2.1

Eidgenössische Berufsbildungskommission

Die EBBK berät die Bundesbehörden in allgemeinen Fragen der Berufsbildung, in Fragen der Entwicklung und der Koordination und deren Abstimmung mit der allgemeinen Bildungspolitik.45 Die EBBK leistet einen Beitrag zu einer lebendigen Verbundpartnerschaft, hilft mit, gewisse Mängel offenzulegen und zumindest mit den strategischen Partnern einen regelmässigen Informationsaustausch sicherzustellen. Sie ermöglicht es dem SBFI zudem, die Meinung von Verbundpartnern zu geplanten Projekten einzuholen. Die EBBK ist das am stärksten formalisierte (gesetzlich geregelte) Organ der Verbundpartnerschaft.

Die EBBK bot eine erste Plattform für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Verbundpartnern. Kurz nach Inkrafttreten des BBG schuf sie die ersten Grundlagen der Verbundpartnerschaft, insbesondere durch die Erarbeitung der Magglinger Leitlinien.46 Auf Initiative des SBFI wurden diese Leitlinien kürzlich durch die EBBK im Rahmen einer Charta47 aktualisiert. Zudem wurde ein Organisationsreglement dazu erarbeitet.48 Nachdem sich die Kommission in einer ersten Phase vornehmlich mit der Umsetzung der Verbundpartnerschaft und der Problematik des Lehrstellenmangels beschäftigt hatte, kamen im Laufe der Jahre immer vielfältigere Themen dazu. Diese entwickelten sich in der Regel in Übereinstim-

45 46 47 48

Art. 69 und 70 BBG Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung. Magglinger Leitlinien. Bund, Kantone und OdA, 22.5.2007 SBFI, 2014 Eidgenössische Berufsbildungskommission. Organisationsreglement, 1. Jan. 2015

6884

BBl 2016

mung mit den vom Spitzentreffen der Berufsbildung festgelegten Handlungsschwerpunkten (Kapitel 3.2.2).

Die Auswahl der OdA, die in der Kommission Einsitz haben, ebenso wie das Fehlen einer externen Kommunikation der EBBK führen dazu, dass die Verbundpartner und insbesondere die Berufsverbände bezüglich der Informationen über laufende Arbeiten ungleich behandelt werden. Mit der Konkretisierung der Rolle der Kommission durch das SBFI sollte der Entscheid über ihre Zusammensetzung erleichtert werden.

Das SBFI arbeitet daran, scheint aber noch keine zufriedenstellende Lösung bezüglich Rolle und Zusammensetzung gefunden zu haben.

­

Es stellt sich die Frage, welche anderen Interessengruppen oder Berufsverbände neben den Sozialpartnern in die EBBK einbezogen werden müssten.

Diesbezüglich wird regelmässig Kritik an der fehlenden Legitimität gewisser Mitglieder laut. Nach Ansicht einiger der befragten Personen aus dem Kreis der Sozialpartner ist die Vertretung der Berufsverbände49 in der EBBK nicht angemessen: Die Kommission müsse eher politische als operative Akteure integrieren, eher Akteure mit einer Gesamtsicht als solche, die Partikularinteressen (beispielsweise einen Beruf) vertreten.

­

Mit Ausnahme ihres Jahresberichts kommuniziert die EBBK nicht mit den anderen Partnern. Die strenge Beachtung der Zuständigkeiten der nationalen Partner (Dachverbände, kantonale Konferenzen) erscheint im Hinblick auf eine angemessene Kommunikation mit anderen Akteuren (Berufsverbänden, Kantonen) unverhältnismässig. So haben einzig die Mitglieder der EBBK Kenntnis der Arbeiten ihrer Kommission und es hängt nur von ihnen ab, diese Informationen weiterzugeben. Das SBFI hat bis anhin davon abgesehen, breiter zu informieren und in den Bereich der andern Verbundpartner einzugreifen. Da das SBFI jedoch vor kurzem feststellte, dass zahlreiche Berufsverbände keinem Dachverband angehören, hat das es begonnen, direkt Kontakt mit ihnen aufzunehmen.

Die Stellung der EBBK im Berufsbildungssystem darf allerdings bezüglich ihrer «konkreten Ergebnisse» nicht überbewertet werden. Die EBBK ist ein beratendes Organ ohne Entscheidungsbefugnis. Die Mitglieder werden vor allem durch das SBFI über die aktuellen Themen informiert. Dem SBFI kommt in der Kommission eine besonders wichtige Rolle zu (es nimmt namentlich die Präsidentschaft wahr und führt das Sekretariat). Auch wenn die Kommission zunehmend in die Steuerung gewisser strategischer Projekte einbezogen wird, liegt es vor allem am SBFI zu definieren, wie ihre Ergebnisse verwendet werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission laut mehrerer ihrer Mitglieder seit der Schaffung des SBFI stärker involviert wird und mehr Gehör findet.

49

Ursprünglich ging es um den Einbezug von Vertreterinnen und Vertretern von Berufsverbänden in die Kommission, deren Berufe 2004 neu durch die Bundesgesetzgebung geregelt wurden (beispielsweise aus dem Gesundheits- oder Landwirtschaftsbereich).

6885

BBl 2016

3.2.2

Nationales Spitzentreffen der Berufsbildung

Das nationale Spitzentreffen der Berufsbildung findet auf einer politisch-strategischen Ebene statt. Bei diesem Anlass, der vom Vorsteher des WBF präsidiert wird, einigen sich die höchsten Vertreterinnen und Vertreter der Berufsbildung auf Handlungsschwerpunkte und strategische Ziele.50 Dieses Organ hat keine gesetzliche Grundlage, aber seine Schaffung und die Anpassung seiner Funktion im Laufe der Zeit sind angemessene Massnahmen zur Sicherstellung der Weiterentwicklung der Berufsbildung. Als 2005 die erste Lehrstellenkonferenz einberufen wurde, bestand ihr Zweck darin, Lösungen für den Lehrstellenmangel zu finden. Da diese Problematik heute nicht mehr aktuell ist und die Konferenz unterdessen andere Themen behandelt, wurde sie 2014 in «Nationales Spitzentreffen der Berufsbildung» umbenannt.

Das Spitzentreffen ist eine Art symbolischer Anlass, an dem sich die Verbundpartner einbringen und die Ziele kommunizieren, die sie gemeinsam erreichen wollen. Dieser Konsens auf der Ebene der strategischen Partner erleichtert (falls nötig) nicht nur die politische Behandlung der Themen, sondern auch die Akzeptanz der gewählten Optionen. Einige der befragten Personen der OdA sind der Ansicht, dass der Teilnehmerkreis des Spitzentreffens um gewisse grosse Berufsverbände erweitert werden sollte, um den repräsentativen Charakter dieses Organs zu verbessern.

Angesichts der Funktion des Spitzentreffens ist die aktuelle Zusammensetzung nach Meinung der PVK aber angemessen, da sie im Wesentlichen die wichtigsten Partner auf der strategischen Ebene umfasst.

Das Ziel des Spitzentreffens ist klar und seine Ergebnisse werden auf transparente Weise kommuniziert. Die Öffentlichkeit wird über Medienmitteilungen und Dokumente informiert, die aus diesen Anlässen hervorgehen.51 Anzumerken ist allerdings, dass die relevanten Informationen auf der Webseite des SBFI nur schwer ausfindig zu machen sind.52 Das Spitzentreffen der Berufsbildung ist ein entscheidendes Element für eine gute Funktionsweise der Verbundpartnerschaft. Wenn die Verbundpartnerschaft auf dieser strategischen Ebene nicht funktioniert, stehen die Chancen schlecht, dass sich die Berufsbildung weiterentwickeln und auf zukünftige Herausforderungen reagieren kann und dass sich eine effiziente Zusammenarbeit auf operativer Ebene gewährleisten lässt.

50 51

52

SBFI, 2014 Berufsbildung: Verbundpartner beschliessen politische Handlungsschwerpunkte. Medienmitteilung des WBF vom 31. März 2014. Spitzentreffen der Berufsbildung 2014. Gemeinsame Erklärung der Verbundpartner. Berufsbildungspolitische Handlungsschwerpunkte, 31. März 2014, WBF.

Die Dokumentation zu den Lehrstellenkonferenzen findet sich nicht am selben Ort wie jene zu den Spitzentreffen. Informationen über die Lehrstellenkonferenzen sind auf den Webseiten über die berufliche Grundbildung zu finden, jene zu den Spitzentreffen der Berufsbildung in den Rubriken zur Qualitätsentwicklung und zu den Verbundpartnertagungen.

6886

BBl 2016

3.2.3

Verbundpartnertagung

Die Verbundpartnertagung ist ebenso wie das nationale Spitzentreffen der Berufsbildung ein Organ, in dem die Verbundpartnerschaft gelebt, diskutiert und weiterentwickelt wird. Diese Tagung wird jährlich vom SBFI organisiert und versammelt 120 bis 150 Vertreterinnen und Vertreter aller Verbundpartner der Berufsbildung.

Während sich am Spitzentreffen die strategischen Partner zusammenfinden, erweitert die Verbundpartnertagung den Teilnehmerkreis auf die eher operativen Partner.

Sie dient dem Austausch und der Erarbeitung von Lösungen für aktuelle Probleme.

Im Rahmen der von der PVK durchgeführten Befragungen wurden zu dieser Tagung kaum Vorbehalte geäussert. Kritisiert wurde höchstens, es würden sich sehr häufig die gleichen Personen äussern und der grösste Vorteil dieser Tagung sei die Vernetzung, was einigen der befragten Personen zufolge eine Teilnahme nicht immer rechtfertige.

Das SBFI hat vor kurzem damit begonnen, die EBBK im Rahmen der Vorbereitung der Verbundpartnertagung in die Definition der Diskussionsthemen einzubeziehen.

Dieser Schritt ist aus der Sicht der Verbundpartnerschaft zu begrüssen und fördert eine Berücksichtigung der Bedürfnisse der einzelnen Partner. Die Wahl der geladenen Berufsverbände ist allerdings hinsichtlich Transparenz und Repräsentativität nicht ganz zufriedenstellend, und dies obwohl das SBFI den Teilnahmemodus kürzlich geändert hat.53 Für das SBFI ist die Verbundpartnertagung wichtig, weil an diesem Anlass die am Spitzentreffen der Berufsbildung festgelegten Handlungsschwerpunkte konkretisiert werden können und damit der Konsens innerhalb der verschiedenen Verbundpartner gestärkt werden kann. Diese Verknüpfung mit den Handlungsschwerpunkten erfolgt aber nicht systematisch. Weil zudem der Teilnehmerkreis beschränkt ist, sind auch der Stärkung des Konsenses Grenzen gesetzt.

Im Übrigen stellen sich auch Fragen bezüglich Steuerung, Effizienz und Nutzen der Ergebnisse dieser Tagung, da die Rollen von den einzelnen Verbundpartnern unterschiedlich verstanden werden. So vertritt das SBFI die Ansicht, dass jeder Teilnehmer selbst für die zu treffenden Massnahmen zuständig ist und es nicht seine Aufgabe ist, die Umsetzung zu fördern, die Ergebnisse weiter zu verbreiten oder sie systematisch zu überwachen. Demgegenüber haben zahlreiche der befragten Personen der anderen
Verbundpartner bezüglich der notwendigen Folgemassnahmen klare Erwartungen an das SBFI. Zu erwähnen ist, dass gewisse Ergebnisse manchmal vom SBFI, von der EBBK oder einer Arbeitsgruppe aufgegriffen werden.

53

Bei der Bestimmung der Teilnehmenden hatten die grossen Dachverbände zunächst eine relativ hohe Autonomie, weil sie ein Kontingent von Einladungen erhielten und so entschieden, welche ihrer Mitglieder an der Tagung teilnehmen konnten. Um sich einerseits als Organisator der Tagung stärker in den Vordergrund zu stellen und andererseits eine höhere Repräsentativität der OdA an den Verbundpartnertagungen zu erreichen, hat das SBFI diese Praxis im Jahr 2014 geändert. Die grossen Dachverbände erhalten nunmehr nur 2­3 Einladungen, die anderen vergibt das SBFI direkt an OdA, die nach bestimmten Kriterien als wichtig eingestuft werden (z. B. Anzahl Lehrverhältnisse bei den Berufsverbänden).

6887

BBl 2016

4

Qualität der Verbundpartnerschaft in der strategischen Steuerung

Zusammenfassung: Die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung ist bezüglich der strategischen Steuerung teilweise angemessen. Den Verbundpartnern gelingt es zwar, die kurz- und mittelfristigen strategischen Schwerpunkte und Ziele gemeinsam festzulegen. Die Verantwortlichkeiten sind aber nicht im Detail definiert und gegenwärtig mangelt es an einer längerfristigen Vision und Strategie. Ausserdem fehlt es am Willen, die Umsetzung der festgelegten Handlungsschwerpunkte zu überwachen und damit eine umfassende Steuerung wahrzunehmen.

Dieses Kapitel beantwortet die zweite Frage der Evaluation, bei der es darum geht, wie die Qualität der Verbundpartnerschaft bei der strategischen Steuerung zu beurteilen ist. Darunter wird die Fähigkeit der Partner verstanden, einerseits strategische Schwerpunkte festzulegen (Kapitel 4.1) und andererseits deren Umsetzung zu verfolgen (Kapitel 4.2).

4.1

Begrenzte Definition der strategischen Schwerpunkte

In diesem Kapitel wird die Fähigkeit der Verbundpartnerschaft beurteilt, strategische Schwerpunkte zu definieren. In einem ersten Schritt werden die von den Verbundpartnern festgelegten Handlungsschwerpunkte betrachtet (4.1.1) und danach ihr Einbezug in eine längerfristige Vision und Strategie (4.1.2).

4.1.1

Handlungsschwerpunkte

Die strategischen Schwerpunkte der Berufsbildung werden von den Verbundpartnern im Rahmen des nationalen Spitzentreffens der Berufsbildung definiert. Die Tatsache, dass die Verbundpartner die prioritären Achsen und Handlungsfelder gemeinsam festlegen können, ist ein positives Zeichen für das Funktionieren der Verbundpartnerschaft bei der strategischen Steuerung. Die Rollen und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure sind jedoch nicht präzisiert, was zu Problemen bei der Umsetzung führt (Kapitel 4.2.1).

Im Jahr 2014 wurden vier Handlungsschwerpunkte festgelegt: ­

Höhere Berufsbildung,

­

Berufsmaturität und Fachhochschulzugang,

­

Berufsabschluss für Erwachsene,

­

Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung.

Im Rahmen der Definition dieser Handlungsschwerpunkte hat das SBFI die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Spitzentreffens frühzeitig einbezogen, was sich positiv auf die Verbundpartnerschaft auswirkt und die Chancen einer erfolgreichen Umsetzung erhöht. Früher war es bei den Lehrstellenkonferenzen nämlich üblich, dass der Bund und insbesondere der Vorsteher des WBF die von den Verbundpart6888

BBl 2016

nern zu behandelnden Themen festlegten. Im Vorfeld des Spitzentreffens 2014 befragte das SBFI zunächst die Verbundpartner zu den Themen, die sie als vordringlich beurteilten, und schlug dann ausgehend davon die vier oben erwähnten Handlungsschwerpunkte vor. Die Analyse dieses Prozesses hat aufgezeigt, dass das SBFI die eingegangenen Vorschläge systematisch berücksichtigt hat. Allerdings wurden den Verbundpartnern die Gründe für die getroffene Auswahl nicht mitgeteilt. Mehrere der befragten Personen bedauerten diesen Mangel an Transparenz: Schliesslich hätten sich ihre Organisationen stark für die Erarbeitung der Vorschläge eingesetzt und beispielsweise ihre gesamte Basis befragt.

Der Vorsteher des WBF und das SBFI gehen auf ihre Verbundpartner ein und zeigen sich flexibel bei der Organisation des nationalen Spitzentreffens der Berufsbildung.

Es lässt sich aber nicht sagen, ob der verbesserte Einbezug der Verbundpartner auch tatsächlich dauerhaft verankert ist. So wurde entschieden, das beim Spitzentreffen 2014 durchgeführte Verfahren im kommenden Jahr nicht zu wiederholen, dies zum einen, weil die bereits festgelegten Handlungsschwerpunkte immer noch aktuell sind, und zum andern, weil gewisse Kantone und OdA verlauten liessen, die Arbeitsbelastung sei zu gross und die Umsetzung könne (mangels Zeit und Mittel) nur teilweise erfolgen, wenn jedes Jahr neue Handlungsschwerpunkte festgelegt würden.

Die Handlungsschwerpunkte gelten in den Augen der befragten Personen als angemessen und berücksichtigen die aktuellen Anliegen der Akteure der Berufsbildung auf der strategischen Ebene. Allerdings wurde ihre Wichtigkeit von den Akteuren, die der Umsetzung am nächsten sind, unterschiedlich beurteilt (Abbildung 2). Während 69 Prozent der telefonisch befragten Leiterinnen und Leiter der kantonalen Berufsbildungsämter und 71 Prozent der Berufsverbände, die an der Online-Befragung teilgenommen haben, der höheren Berufsbildung eine sehr hohe Bedeutung zugesprochen haben, werden die andern Handlungsschwerpunkte mit einer Ausnahme54 von beiden befragten Akteuren als weniger wichtig eingestuft. Zudem zeigen sich die Berufsverbände kritischer als die Kantone: Zwei der vier Handlungsschwerpunkte werden von 30 bzw. 34 Prozent der Verbände als wenig wichtig beurteilt. Acht der 26 Leiterinnen und Leiter der kantonalen
Berufsbildungsämter sind der Ansicht, dass die vier prioritären Handlungsfelder alle wichtigen Bereiche abdecken. Mehrere kantonale Verantwortliche halten jedoch fest, dass andere Themen ebenfalls zu den Schwerpunkten gehören müssten: Dazu zählen vor allem die Vereinfachung der Komplexität des Systems, die Klärung der Rollen der Akteure und eine bessere Integration der schwächsten Personen.

54

73 % der befragten Personen in den Kantonen beurteilen den Handlungsschwerpunkt Berufsmaturität und Fachhochschulzugang als wichtig bis sehr wichtig.

6889

BBl 2016

Abbildung 2 Bedeutung der Handlungsschwerpunkte für die Berufsverbände und Kantone Höhere Berufsbildung

Berufsmaturität und Fachhochschulzugang 100%

100%

80%

80% 60%

69%

71%

40%

40%

20% 0%

16% 13%

31%

Berufsverbände Kantone (N=94) (N=26) Bedeutung der Handlungsschwerpunkte Tief bis eher tief

Mittel

Eher hoch bis hoch

Berufsabschluss für Erwachsene

34% 73%

60% 20%

35% 30%

27%

Berufsverbände (N=93)

Kantone (N=26)

0%

Bedeutung der Handlungsschwerpunkte Tief bis eher tief Mittel Eher hoch bis hoch

Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung 100%

80%

51%

46%

60% 40% 20% 0%

27%

54%

22%

Berufsverbände Kantone (N=92) (N=26) Bedeutung der Handlungsschwerpunkte Tief bis eher tief Mittel Eher hoch bis hoch

Quelle: Online-Befragung der Berufsverbände und Telefonbefragung bei der Leitung der für die Berufsbildung zuständigen kantonalen Ämter

4.1.2

Langfristige Vision und Strategie

Die am Spitzentreffen der Berufsbildung festgelegten Schwerpunkte fügen sich in eine kurzfristige Perspektive ein. Sie stellen weder eine gemeinsame Vision der Verbundpartner zur zukünftigen Entwicklung der Berufsbildung noch eine Strategie dar. Dies wird aktuell von zahlreichen Gesprächspartnerinnen und -partnern bemängelt. Es würden zwar da und dort Initiativen ergriffen, doch diesen fehlten ein gemeinsamer Horizont und ein Gesamtzusammenhang. Der Bundesrat und das SBFI könnten gemäss der PVK eine führende und anregende Rolle bei der Entwicklung einer Vision beziehungsweise einer Strategie übernehmen. Sie sind aber für diesen Mangel nicht alleine verantwortlich. Tatsächlich scheint es für die Verbundpartner einfacher zu sein, sich auf gewisse Handlungsschwerpunkte zu einigen, als gemeinsam eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie die Berufsbildung in den kommenden Jahrzehnten aussehen wird oder sollte. Die aktuelle Tendenz gewisser Akteure, in der Verbundpartnerschaft nicht aktiv nach einem Konsens zu suchen und 6890

BBl 2016

bei Uneinigkeiten sehr rasch auf politischer Ebene zu intervenieren, erschwert es, dieses Unterfangen innerhalb der Partnerschaft durchzuführen.

Für einige der befragten Personen liegt es klar am SBFI, diese Rolle im strategischen Bereich zu übernehmen und insbesondere sicherzustellen, dass Erkenntnisse aus der Forschung55 und dem Bildungsmonitoring (Bericht zur Bildung in der Schweiz56) in den Organen der Berufsbildung gebührend behandelt und in eine kohärente Vision der Berufsbildung einbezogen werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass eine aktuelle Evaluation der Berufsbildungsforschung57, die vom SBFI in Auftrag gegeben wurde, insbesondere eine bessere Nutzung der Forschungsergebnisse zur Weiterentwicklung und Steuerung der Berufsbildung empfohlen hat. Bis anhin steuert das SBFI im Wesentlichen auf operative Weise (entsprechend der Anzahl der Verordnungen über die berufliche Grundbildung) und nicht genügend strategisch (Fehlen von mittel- und langfristigen Entwicklungszielen). In diesem Kontext nimmt der Bund seine subsidiäre, aber grundsätzlich strategische Rolle58 allzu zurückhaltend wahr.

Die von den Verbundpartnern der Berufsbildung festgelegten Handlungsschwerpunkte ebenso wie der damit verbundene Prozess haben keine transparente oder systematische Verbindung zu den gemeinsamen bildungspolitischen Zielen59 für den Bildungsraum Schweiz60, die das WBF und die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) ­ also ohne die OdA ­ definiert haben. Diese Ziele von Bund und Kantonen, die seit 2011 vereinbart und grundsätzlich alle vier Jahre überprüft werden, haben den Vorteil, dass sie den gesamten Bildungsbereich abdecken und bereits eine mittelfristige Vision verkörpern. Allerdings ist nicht festgelegt, inwiefern diese bildungspolitischen Ziele und besonders jene im Zusammenhang mit der Berufsbildung mit allen Verbundpartnern (einschliesslich der OdA) diskutiert werden und ob sie am Spitzentreffen der Berufsbildung und in der EBBK aufgegriffen werden.

55

56

57

58 59 60

Diese Feststellung ist im Zusammenhang mit der kürzlich durchgeführten Evaluation Berufsbildungsforschung SBFI zu betrachten, die unter anderem die Empfehlung formuliert hat, dass die Governance mit einer klaren Aufgaben- und Rollenteilung der involvierten Gremien gestärkt werden soll und die Verbundpartner besser in das Förderprogramm einbezogen werden müssen. Gemäss diesem Bericht bedingt ein konsequenter Einbezug der Verbundpartner, dass ein Gremium der Verbundpartner (z. B. die EBBK) in die Auswahl der Forschungsschwerpunkte involviert wird. (Quelle: Evaluation Bildungsforschung SBFI. Arbeitsgemeinschaft econcept AG und Prof. Dr. Philipp Gonon, Lehrstuhl für Berufsbildung, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich, 2015) Der erste Pilotbericht wurde 2006 veröffentlicht, die folgenden 2010 und 2014. Der Bildungsbericht wird von der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF) im Auftrag des SBFI und der EDK erstellt und trägt die neusten Erkenntnisse zum Bildungssystem der Schweiz zusammen. Der Bericht enthält Daten aus Forschung, Statistik und Verwaltung und umfasst alle Bildungsstufen: von der obligatorischen Schule bis zur Weiterbildung. Beispiel: SKBF (Hrsg.). Bildungsbericht Schweiz 2014. Aarau.

Evaluation Bildungsforschung SBFI. Arbeitsgemeinschaft econcept AG und Prof. Dr.

Philipp Gonon, Lehrstuhl für Berufsbildung, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich, 24. April 2015 Botschaft zum BBG (BBl 2000 5686, hier 5698 und 5726) und Art. 4 BBG Chancen optimal nutzen. Erklärung 2015 zu den gemeinsamen bildungspolitischen Zielen für den Bildungsraum Schweiz. WBF und EDK, 18. Mai 2015 Art. 61a Abs. 1 BV

6891

BBl 2016

Eine Vision der Berufsbildung ergibt nur dann einen Sinn, wenn sie mit der Vision im Bereich der akademischen Bildung verbunden ist oder gar mit dieser übereinstimmt. Trotz gemeinsamer politischer Ziele stehen diese beiden Bildungsbereiche aber bezüglich der Mittelvergabe noch immer oft in Konkurrenz zueinander, und dies sogar innerhalb des SBFI. Mehrere befragte Personen aus dem SBFI erklärten, bei der Erarbeitung der BFI-Botschaft 2017­2020 gehe es eher um interne Verhandlungen und um die Aufteilung der verfügbaren Ressourcen als darum, Prioritäten und gemeinsame Zielsetzungen zu diskutieren. Diesbezüglich hat die Fusion der Bereiche der beruflichen und der akademischen Bildung im SBFI bis anhin also noch keine Früchte getragen.

4.2

Mangelhafte Steuerung der strategischen Schwerpunkte

In einem ersten Schritt wird untersucht, wie die von den Verbundpartnern der Berufsbildung festgelegten Handlungsschwerpunkte kontrolliert und gesteuert werden (4.2.1). Der zweite Teil (4.2.2) beschäftigt sich mit der Umsetzung von Massnahmen durch die Verbundpartner.

4.2.1

Steuerung und Kontrolle der Handlungsschwerpunkte

Die gemeinsam festgelegten Handlungsschwerpunkte werden von den Verbundpartnern der Berufsbildung weder nachverfolgt noch gesteuert. Aus den von der PVK geführten Gesprächen und der Analyse von Dokumenten geht hervor, dass es in Bezug auf die von den Partnern eingeleiteten Massnahmen keine gemeinsame Vision gibt und dass diese auch nicht gemeinsam kontrolliert werden. Nur einige wenige strategische Projekte, bei denen der Bund eine Schlüsselrolle einnimmt, werden von den Verbundpartnern und insbesondere von der EBBK gesteuert, die hier stärker involviert ist. Grundsätzlich ist nichts über die von den Kantonen und den OdA getroffenen Massnahmen bekannt.

Das einzige Instrument, das in diesem Bereich gegenwärtig zur Verfügung steht, ist eine jährliche Bilanz der eingeleiteten Massnahmen61, die das SBFI im Rahmen der Vorbereitung auf das Spitzentreffen der Berufsbildung erstellt. Allerdings scheint diese Bilanz nicht genutzt zu werden und sie erweist sich als zu lückenhaft für eine angemessene Steuerung. Sie enthält zwar einige Informationen über die getroffenen Massnahmen (Zielsetzung, Stand, weitere Etappen), aber die Rollen und Verantwortlichkeiten der Verbundpartner werden nicht genau definiert, was jede Kontrolle schwierig macht. Im Übrigen verschwinden einige Massnahmen im Laufe der Jahre, ohne dass klar ist, ob sie abgeschlossen, sistiert oder abgebrochen wurden. Diese Bilanz ist weder den Mitgliedern der EBBK noch verschiedenen Mitarbeitenden des SBFI bekannt und wird nicht veröffentlicht.

61

Spitzentreffen der Berufsbildung 2014. Bilanz der eingeleiteten Massnahmen. Internes Dokument, SBFI

6892

BBl 2016

Es gibt weitere Publikationen mit Informationen zur Umsetzung einzelner Massnahmen. Beispielsweise enthalten die Bildungsberichte eine Bilanz, inwieweit die von Bund und Kantonen festgelegten Ziele erreicht wurden. Diese Ziele wurden allerdings für den gesamten Bildungsbereich definiert und nur ein Teil davon betrifft die Berufsbildung.62 Evaluationen spezifischer Massnahmen, etwa zum Case Management Berufsbildung63, enthalten manchmal ebenfalls Informationen zum Stand der Umsetzung. Sie erlauben aber keine strategische Steuerung der von den Verbundpartnern festgelegten strategischen Massnahmen.

Im System der Berufsbildung, in dem die Umsetzung weitgehend delegiert wird und das nach einem Bottom-up-Ansatz funktionieren soll, sind Rückmeldungen nicht gewährleistet. Dies lässt sich im Wesentlichen dadurch erklären, dass es bezüglich der Handlungsschwerpunkte weder eine Handlungspflicht noch klar festgelegte Verantwortlichkeiten gibt und dass auch kein Wille zu einer verstärkten Steuerung vorhanden ist. Nach Ansicht mehrerer befragter Vertreterinnen und Vertreter der Verbundpartner werden wichtige Projekte, die von den Kantonen oder den OdA durchgeführt und oft vom Bund finanziert werden, nicht ausreichend valorisiert.

Die Projekte werden nicht weiterverwertet, ausser manchmal für einen Artikel in bildungsspezifischen Publikationen.64 Die neusten Arbeiten der EBBK zur Charta der Verbundpartnerschaft veranschaulichen diesen mangelnden Führungswillen deutlich. So werden die Grundsätze der Zusammenarbeit65 in die Kategorien «Planen, Entscheiden, Handeln» eingeteilt, ohne dass das vierte Element ­ die Kontrolle ­ genannt würde, das jeden Steuerungszyklus vervollständigt.

Die Verbundpartnerschaft stösst aufgrund der Schwierigkeit, einerseits die Unabhängigkeit der Akteure zu respektieren und andererseits zu versuchen, die Kohärenz der ergriffenen Massnahmen durch eine verstärkte Steuerung zu verbessern, an ihre Grenzen. Eine angemessene Steuerung in der Umsetzung von Projekten ist aber auch unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Verbundpartner vorstellbar. Die Voraussetzungen dafür sind, dass der politische Wille dazu vorhanden ist und die wichtigsten Partner dies ebenfalls wollen66, dass die Aufgaben der verschiedenen Akteure in der Umsetzung der strategischen
Massnahmen klar verteilt sind und dass die Zuständigkeiten im Bereich der Steuerung und Kontrolle vom Gesetzgeber klarer definiert werden. Der Bund nutzt seine aktuellen Steuerungsmöglichkeiten jedoch äusserst zurückhaltend. Hierzu sind die aktuellen Arbeiten der Finanzdelegation zu erwähnen, die auf einem Audit der EFK basieren und aus denen hervorgeht, dass der Bund seine Steuerungskompeten62 63 64 65 66

Insbesondere die Berichte über die Bildung. Beispiel: Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF) (Hrsg.), 2014: Bildungsbericht Schweiz 2014. Aarau Die umfassende Liste der Evaluationen und Studien ist auf der Webseite www.sbfi.admin.ch verfügbar.

Beispielsweise Newsletter QUALITÄT (erscheint vier Mal im Jahr), SBFI News (erscheint monatlich) oder Zeitschrift PANORAMA (erscheint sechs Mal im Jahr) Sitzungsprotokoll der EBBK vom 25. Sept.2014. Diese Grundsätze wurden an die Teilnehmenden der Verbundpartnertagung 2015 verteilt.

Im Rahmen der Telefonbefragung bei den Leiterinnen und Leitern der für die Berufsbildung zuständigen kantonalen Ämter haben 17 von ihnen den Wunsch geäussert, dass das SBFI seine Kompetenzen im Bereich der strategischen Steuerung und der Entwicklung der Berufe vermehrt wahrnimmt. Vier von ihnen beurteilten die aktuelle Steuerung durch das SBFI als ungenügend.

6893

BBl 2016

zen selbst in Bereichen, in denen diese relativ klar sind (Finanzen), nicht vollumfänglich wahrnimmt.67

4.2.2

Unterschiedliche Umsetzung durch die Verbundpartner

Die Umsetzung der von den Verbundpartnern am Spitzentreffen der Berufsbildung festgelegten Handlungsschwerpunkte ist unterschiedlich. Dabei werden die gleichen Grenzen der Verbundpartnerschaft deutlich, die bereits im vorangehenden Kapitel aufgezeigt wurden.

Alle Akteure können in ihren Zuständigkeitsbereichen frei agieren, was eine Anpassung der Massnahmen an die örtlichen Gegebenheiten erlaubt. Gleichzeitig lässt sich so aber keine systematische Umsetzung der Massnahmen sicherstellen. Die Telefonbefragung bei der Leitung der für die Berufsbildung zuständigen kantonalen Ämter und die Online-Befragung der Berufsverbände haben ergeben, dass die Akteure umso mehr erklären, sie hätten konkrete Massnahmen eingeleitet, je wichtiger sie einen Handlungsschwerpunkt finden, und dass die Kantone in der Regel aktiver sind als die Berufsverbände.

Was die Kantone betrifft, übernimmt die SBBK die am Spitzentreffen festgelegten Themen in ihre Jahresziele, was eine Verbesserung der Umsetzung und eine Koordination der Massnahmen ermöglicht. 69 bis 88 Prozent der Kantone erklären, sie hätten Massnahmen im Zusammenhang mit den vier Handlungsschwerpunkten ergriffen, die 2014 festgelegt wurden. Auf der Ebene der OdA ist die Umsetzung sehr unterschiedlich. Einige von ihnen lancieren Projekte, die direkt mit den prioritären Handlungsfeldern verbunden sind, während viele andere untätig bleiben. Gemäss der Online-Befragung der PVK liegt der Anteil der aktiven Berufsverbände je nach Handlungsschwerpunkt bei 20 bis 71 Prozent. Der höchste Anteil betrifft die höhere Berufsbildung. Für die anderen Handlungsschwerpunkte liegt er unter 33 Prozent.

Zudem erklären 13 Prozent der Berufsverbände, sie hätten überhaupt keine Massnahmen in den prioritären Handlungsfeldern eingeleitet.68 Einige Projekte in diesen Bereichen werden auch von Dachverbänden getragen, die ihrerseits die Möglichkeit prüfen, Massnahmen in allen als prioritär eingestuften Handlungsfeldern einzuleiten.

Die Politisierung der Thematik spielt eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der verschiedenen Massnahmen. So hat beispielsweise die Abstimmung vom 9. Februar 2014 über die Masseneinwanderungsinitiative alle Projekte beschleunigt, die der Berufsbildung der einheimischen Bevölkerung gewidmet sind. Dazu gehören auch Berufsabschlüsse für Erwachsene. In der höheren Berufsbildung waren ebenfalls

67

68

EFK: Beurteilung der Aufsicht im Bereich Subventionen für die Berufsbildung, Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation. Prüfbericht, 15. Aug. 2013 (nicht veröffentlicht) Hierzu ist anzumerken, dass die Berufsverbände, die auf die Online-Befragung geantwortet haben, wahrscheinlich jene sind, die im Rahmen der Partnerschaft potenziell bereits am aktivsten sind. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass der Anteil der OdA, die Massnahmen ergriffen haben, in Tat und Wahrheit niedriger ist.

6894

BBl 2016

während vieler Jahre keine grösseren Entwicklungen zu verzeichnen, bis diese Thematik stärker politisiert wurde.

Alle Verbundpartner sind der Ansicht, dass sich die jeweils anderen Partner stärker in die durchzuführenden Massnahmen einbringen müssten. Nach Ansicht des SBFI erwarten die Kantone und die OdA vom Bund zu sehr, dass dieser die von den Verbundpartnern definierten Handlungsschwerpunkte umsetzt, während sie selbst die Verantwortung übernehmen sollten. Mehrere befragte Personen aus den Kantonen und den OdA sind der Meinung, der Bund müsste ihnen die Umsetzung erleichtern.

Die Handlungsschwerpunkte müssten insbesondere an den Verbundpartnertagungen diskutiert werden, um sie zu kommunizieren und zu konkretisieren. Allerdings wird diese Diskussion nicht systematisch geführt. Aber auch wenn sie geführt wird, fehlt es an einem Prozess oder einem Organ, das mit der Weiterführung der Arbeiten, ihrer Steuerung und ihrer Kommunikation beauftragt ist.

Aktuell gibt es abgesehen von gezielten, aber nicht systematischen Informationen über Möglichkeiten einer finanziellen Unterstützung von Projekten von Kantonen oder OdA durch den Bund weder ein Instrument noch andere Massnahmen, um eine bessere strategische Ausrichtung der Projekte zu fördern. In diesem Zusammenhang werden im SBFI und in der EBBK seit mehreren Jahren Diskussionen geführt, mit dem Ziel, Projekte, die nach Artikel 54 und 55 BBG finanziert werden, stärker in die an den Spitzentreffen festgelegten prioritären Handlungsfelder einzubinden. Bis anhin hat das SBFI jedoch nur wenige Male aktiv über die Möglichkeit, Projekte zu lancieren, informiert (Match-Prof, Case Management Berufsbildung oder Berufsabschlüsse für Erwachsene).

Das SBFI bleibt passiv gegenüber Akteuren, die mehr Mühe haben, sich an der Umsetzung zu beteiligen (Projekteingabe, Präsenz in den Kommissionen und an Veranstaltungen) und sich Gehör zu verschaffen. Der Arbeitsmarkt bestimmt die Bedeutung der Berufe und damit der Berufsverbände; deshalb ist das SBFI der Ansicht, es sei nicht seine Pflicht, mehr für die kleinen oder weniger professionellen Organe zu tun. Es ist klar, dass diejenigen OdA, die über eine professionelle Struktur verfügen, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung von Berufen zahlreiche Vorteile bieten. Die Professionalisierung des Systems ist aber auch
mit dem Risiko verbunden, sich zu weit von der Praxis zu entfernen, das heisst von den realen Gegebenheiten der regionalen Berufsverbände und Unternehmen. Hinzu kommt, dass die Interessen der Branche und die eigenen wirtschaftlichen Interessen des Verbandes (beispielsweise durch die Organisation von Kursen) manchmal schwierig unter einen Hut zu bringen sind.

5

Verbundpartnerschaft bei der Umsetzung von Projekten

Zusammenfassung: Bei der Umsetzung von strategischen Projekten ist die Verbundpartnerschaft komplex, zeitaufwendig und ressourcenintensiv. Dennoch funktioniert hier die Zusammenarbeit der Verbundpartner im Allgemeinen gut. Die Steuerungsmöglichkeiten des Bundes sind beschränkt und er macht von ihnen meist zurückhaltend und unter Einbezug aller Partner Gebrauch. Vom Bund geht somit insgesamt 6895

BBl 2016

eine moderate Steuerung aus, die grundsätzlich dem Wesen der Verbundpartnerschaft entspricht. Die Kantone und OdA haben widersprüchliche Erwartungen an den Bund: Einerseits soll er ­ insbesondere bei Schwierigkeiten ­ mehr steuern.

Andererseits stösst er auf Widerstand, wenn er es tut, und setzt sich dabei oft dem Vorwurf aus, auf der Seite eines Partners zu stehen. Aufgrund teilweise mangelnder Kompromissbereitschaft besteht eine Tendenz zur Blockade bei Projekten, in denen sich zwei Partner mit unterschiedlichen Interessen gegenüberstehen und der Bund keine Führungsrolle wahrnehmen will.

Dieses Kapitel beantwortet die dritte Frage der Evaluation bezüglich der Qualität der Verbundpartnerschaft in der Umsetzung von Projekten, bei welchen der Bund eine Schlüsselrolle einnimmt. Diese Frage wurde in erster Linie anhand zweier Fallanalysen untersucht: Einerseits wurde in einer Analyse der Berufsreform hauptsächlich die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den OdA betrachtet (Kapitel 5.1).

Dabei konnten die Kantone aufgrund ihrer Vollzugsaufgabe nicht ausser Acht gelassen werden. Andererseits lag der Fokus im Rahmen einer Fallanalyse des Projekts Case Management Berufsbildung auf der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen (Kapitel 5.2). Schliesslich werden zwei weitere untersuchte Themen kurz ausgeführt, die sehr häufig von den befragten Personen im Rahmen der Gespräche und Erhebungen erwähnt wurden, um die Funktionsweise der Partnerschaft zu beschreiben und um diese zu qualifizieren: die Qualifikationsverfahren und die Unterstützung von Projekten durch den Bund (Kapitel 5.3). Die Materialien enthalten ausführlichere Informationen zu diesen Projekten.69

5.1

Moderate Steuerung bei der Berufsreform

Mit dem Inkrafttreten des BBG im Jahr 2004 mussten die bestehenden Reglemente der beruflichen Grundbildung angepasst oder ersetzt werden. Im Rahmen dieser Reform waren pro Beruf eine Verordnung über die berufliche Grundbildung (BiVo) sowie ein entsprechender Bildungsplan (BiPla) zu erarbeiten.70 Ziel dieser Berufsreform war u. a. die Anpassung der beruflichen Grundbildungen an zukünftige Anforderungen.71 Dies ist mit der Vorgabe, die beruflichen Grundbildungen laufend oder mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen,72 zudem eine ständige Aufgabe der Verbundpartner.

Alle drei Partner ­ Bund, Kantone und OdA ­ sind in die Reform der beruflichen Grundbildungen involviert. Verantwortlich für eine eidgenössisch anerkannte Berufsausbildung ist ein nationaler Berufsverband als Träger des Berufs. Er bestimmt die Bildungsinhalte, übernimmt bei einer Berufsreform die operative Projektleitung 69 70

71 72

Annexe au rapport, Kapitel 7 bis 10 Die Verordnungen über die berufliche Grundbildung (BiVo) bzw. die vorgängigen Reglemente beinhalten grundsätzliche Regelungen zu einem Beruf, z. B. die Ziele, Anforderungen sowie das Qualifikationsverfahren der entsprechenden Ausbildung. Der dazugehörige Bildungsplan (BiPla) legt die Bildungsinhalte fest.

Internetseite Berufsbildung Schweiz: www.bch-fps.ch [Stand 9.9.2015] Botschaft zum BBG (BBl 2000 5686, hier 5751) SBFI, 2012: Leittext für die Verordnungen des SBFI über die berufliche Grundbildung.

Bern, Stand 1. Jan. 2014

6896

BBl 2016

und beantragt beim SBFI den Erlass einer BiVo. Neben der Zuständigkeit für den Erlass der BiVo begleitet das SBFI den Reformprozess in der Rolle der strategischen Projektleitung und bringt dabei Systemwissen ein. Die Kantone sind für den Vollzug der BiVo verantwortlich, wobei auch sie den Reformprozess begleiten. Als Steuergruppe für die Reform einer beruflichen Grundbildung wird zudem eine Reformkommission gebildet.73 Diese setzt sich zusammen aus Vertretern des zuständigen Berufsverbands, des SBFI, der Kantone, der Fachschaft der Lehrpersonen sowie allenfalls der pädagogischen Begleitung (EHB oder andere Anbieter).

Der Bund unterschätzte zu Beginn den Umfang und die Komplexität der Berufsreform: So nahm diese doppelt so viel Zeit in Anspruch als vorgesehen und die notwendigen Instrumente wurden während der laufenden Reform erarbeitet. Als klar wurde, dass die Reform der über 200 beruflichen Grundbildungen aufgrund beschränkter Ressourcen der Verbundpartner nicht in den im BBG festgelegten fünf Jahren74 zu bewältigen war, handelten die Partner den Masterplan berufliche Grundbildung75 aus. Dieser stellte sicher, dass der Beginn einer Reform nicht von einem Partner alleine bestimmt werden konnte, sondern unter den Verbundpartnern unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen ausgehandelt werden musste.

Als weitere zentrale, durch das SBFI erarbeitete Instrumente sind das Handbuch Verordnungen von 200776 und der Leittext für die Verordnungen von 2012 zu nennen. Das Handbuch zeigt Schritt für Schritt den Weg zu einer neuen BiVo auf und weist auf zusätzliche Dokumente und Hilfsmittel hin. Der Leittext hat zum Ziel, das Erscheinungsbild der BiVo zu vereinheitlichen. Zudem bezweckt er eine Stärkung der Rechtssicherheit, indem nunmehr alle rechtssetzenden Bestimmungen nur noch in der BiVo festgelegt werden.

Die drei Instrumente erlaubten es, die Vielzahl an anstehenden Berufsreformen zu steuern und die einzelne Reform zu strukturieren. Zudem definierten sie die Zuständigkeiten der Partner klar und stellten den angemessenen Einbezug aller Partner in den Reformprozess sicher. Allerdings führte die Erarbeitung von Instrumenten während der laufenden Berufsreform aufgrund sich ändernder Rahmenbedingungen zu Verunsicherungen und Verärgerungen der Partner. Eine Mehrheit der befragten Vertreterinnen und
Vertreter der Berufsverbände und Kantone schätzt die erarbeiteten Instrumente zum heutigen Zeitpunkt. Allerdings sind die Komplexität und die Anforderungen an die Reform einer beruflichen Grundbildung hoch, was insbesondere kleinen, nicht professionell organisierten Berufsverbänden Schwierigkeiten bereitet.

Im Rahmen der Berufsreform ging vom Bund insgesamt eine moderate Steuerung aus. Diese war nicht zuletzt systembedingt und entsprach grundsätzlich der Verbundpartnerschaft. Die Steuerungsmöglichkeiten des SBFI sind hauptsächlich beschränkt auf den Erlass von Verordnungen, während z. B. Leittexte und Hand73

74 75 76

Für die anschliessende laufende Überprüfung des Berufs ist eine Kommission Berufsentwicklung und Qualität (Kommission B&Q) zuständig, welche die zuvor gebildete Reformkommission ablöst.

Art. 73 Abs. 1 BBG BBT, 2008: Masterplan Berufliche Grundbildung ­ Zwischenbilanz. Bern, Oktober 2008 BBT, 2007: Handbuch Verordnungen, Schritt für Schritt zu einer Verordnung über die berufliche Grundbildung. Bern, 4. veränderte Auflage

6897

BBl 2016

bücher lediglich Empfehlungscharakter haben. Seine Kompetenz zum selbstständigen Erlass von BiVo77 nutzte der Bund bisher nie; alle Erlasse erfolgten auf Antrag eines Berufsverbands. Das SBFI machte zwar mit dem Handbuch, dem Leittext und weiteren Vorlagen allgemeine Vorgaben zu den Berufsreformen. Bei deren Erarbeitung bezog es aber jeweils die anderen beiden Partner ein, um eine möglichst breite Akzeptanz sicherzustellen. Diese Vorgehensweise kann auf ein Misstrauen der OdA gegenüber der Steuerung des Bundes zurückgeführt werden, das sich insbesondere im Zuge der Erarbeitung von Instrumenten feststellen liess. Dieses Misstrauen ist Teil einer ambivalenten Haltung der Partner gegenüber dem Bund, welche aus den Gesprächen deutlich wurde: Während die Kantone und OdA einerseits ­ vor allem bei Schwierigkeiten ­ verlangen, dass der Bund vermehrt eingreift, stösst dieser andererseits auf Widerstand, wenn er es tut. Es lässt sich zudem die Tendenz erkennen, dass der Bund vor Widerstand zurückschreckt. Somit läuft er Gefahr, seine systemischen Aufgaben zugunsten einer friedlichen Partnerschaft zu unterlaufen.

In den von der PVK durchgeführten Gesprächen und Erhebungen bewerten die Verbundpartner ihre Zusammenarbeit im Rahmen der Berufsreform generell als gut.

Beispielsweise finden über vier Fünftel der an der Online-Befragung teilnehmenden Berufsverbände, dass sich das SBFI angemessen in den Reformprozess eingebracht und dabei die Anliegen der Berufsträgerschaften aufgenommen habe.

Obwohl der Einbezug aller Partner die Berufsreform aufwendig und komplex macht, ist die Reform über alles gesehen ein Erfolg, wie aus den Gesprächen sowie der Online-Befragung der Berufsverbände deutlich wird. Sie sichert nicht nur die Qualität der beruflichen Grundbildungen, sondern sorgt dank kontinuierlicher Überprüfung für ständige Anpassungen an zukünftige Anforderungen. Letzteres bleibt jedoch wegen des langen Prozesses vom Start einer Reform bis zu den ersten Abschlüssen einer reformierten Grundbildung78 sowie wegen teils mangelnder Visionen in der beruflichen Grundbildung eine Herausforderung. Zudem stellten die Partner über die letzten Jahre eine zunehmende Komplexität der BiVo fest. Zwar ist unklar, ob diese alleine auf Vorhaben des SBFI oder der nationalen Berufsverbände zurückzuführen ist. Hingegen entstand
dadurch ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen, die für alle BiVo zu gelten haben, und der bis zu einem gewissen Grad erwünschten Flexibilität für berufsspezifische bzw. regionale Eigenheiten.

5.2

Gute Zusammenarbeit beim Case Management Berufsbildung

Das Case Management Berufsbildung (CMBB) wurde 2006 an der Lehrstellenkonferenz79 als eine Massnahme zur Erreichung des Ziels, bis 2015 die Abschlussquote von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von bis zu 25 Jahren auf 95 % 77 78

79

Art. 19 Abs. 1 BBG Dieser Prozess dauert ungefähr zehn Jahre. Dabei nimmt die Reform einer beruflichen Grundbildung rund vier Jahre in Anspruch und der Rest entfällt auf die Übergangsphase sowie die Implementierung der reformierten Berufsausbildung bis zu den ersten Abschlüssen.

Die Lehrstellenkonferenz heisst seit 2014 Spitzentreffen der Berufsbildung.

6898

BBl 2016

zu steigern, beschlossen. Während das CMBB auf nationaler Ebene lanciert wurde, ist dessen Umsetzung den Kantonen überlassen. Der Bund unterstützte diese dabei sowohl finanziell als auch mit der Erarbeitung von Rahmenbedingungen und Instrumenten. Gemäss dem durch den Bund definierten Rahmen soll sich das CMBB an Jugendliche mit «Mehrfachbelastung» wenden, deren Einstieg in die Berufswelt stark gefährdet ist. Im Rahmen von CMBB sollen adäquate Massnahmen für diese Jugendlichen sichergestellt und die involvierten Akteure während der Berufswahl und der beruflichen Grundbildung koordiniert werden. Zudem soll sich das CMBB möglichst auf bereits bestehende kantonale Massnahmen und Instrumente stützen. 80 Die Erarbeitung des nationalen Rahmens für das CMBB beanspruchte rund zwei Jahre. Nachdem der Bund, nicht zuletzt für seine finanzielle Unterstützung des CMBB in den Kantonen, einen ersten Rahmen für das CMBB vorgegeben hatte, wurde dieser ­ auf Wunsch der Kantone ­ in Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen weiter konkretisiert. Daraus gingen die (unverbindlichen) Minimalanforderungen an die Umsetzung des CMBB, die Klärung der nationalen Projektorganisation sowie sieben nationale Unterstützungsprojekte für den Auf- und Ausbau des CMBB in den Kantonen hervor.81 Für die finanzielle Unterstützung des CMBB in den Kantonen sah der Bund für den Zeitraum von 2008 bis 2011 insgesamt 20 Millionen Franken vor. Um eine Teilfinanzierung durch den Bund zu erlangen, mussten die Kantone beim BBT ein Projektkonzept einreichen. Zudem waren die Bundesbeiträge an das Erreichen von vier Meilensteinen gebunden.82 Der Auf- und Ausbau des CMBB in den Kantonen nahm mehr Zeit in Anspruch als ursprünglich vorgesehen. Aus der Sicht der PVK war es deshalb im Hinblick auf dessen nachhaltige Verankerung angemessen, dass der Bund die Kantone in einer Konsolidierungsphase weiter unterstützte. Erste Bilanzen zum CMBB aus den Jahren 2010 und 201183 zeigten erstens eine grosse Vielfalt im Verständnis und in der Umsetzung des CMBB in den Kantonen auf. Zweitens hielten sie fest, dass die nachhaltige Verankerung des CMBB nicht gegeben sei, weil manche Kantone in der Aufbauphase zu wenig Eigenmittel aufgewendet hätten und teilweise Mühe bekundeten, das CMBB nach Ablauf der Bundesfinanzierung eigenständig tragen zu können. Bereits 2010
kündigte das BBT eine Konsolidierungsphase für die Jahre 2012 bis 2015 mit dem Ziel an, das CMBB in den Kantonen nachhaltig zu verankern.

Dafür wurden den Kantonen weitere 15,5 Millionen Franken in Aussicht gestellt.

Die Beiträge an die Kantone im Rahmen der Konsolidierungsphase waren wiederum

80 81 82

83

BBT, 2007: Case Management Berufsbildung. Grundsätze und Umsetzung in den Kantonen SBBK / BBT, 2008: Unterstützungsprojekt SBBK/BBT Case Management Berufsbildung BBT, 2007: Case Management Berufsbildung: Unterstützung der Kantone beim Auf- und Ausbau des Systems durch den Bund. Schreiben des BBT an die Kantone vom 20. Dez.

2007 BBT, 2010: Case Management Berufsbildung. Monitoringbericht 2010 ­ Projektstand.

Bern Landert, Charles, 2011: Nationales Projekt Case Management Berufsbildung. Bericht zur Umsetzungsevaluation. Bern, Landert Partner, Juni 2011

6899

BBl 2016

an Meilensteine geknüpft und gestalteten sich degressiv. Eine finanzielle Unterstützung des CMBB durch den Bund nach 2015 ist nicht vorgesehen. 84 Dem Bund gelang es mehrheitlich, während dem Auf- und Ausbau des CMBB das Gleichgewicht zwischen Steuerung und kantonaler Autonomie zu wahren. Die vom Bund ­ teilweise in Zusammenarbeit mit den Kantonen ­ erarbeiteten Instrumente waren zielführend und angemessen. Besonders der nationale Erfahrungsaustausch unter den kantonalen CMBB-Verantwortlichen erwies sich gemäss befragten Personen als wichtiges Steuerungsinstrument. Einzig bei der Etablierung einer nationalen Software zur Fallführung, deren Weiterbestehen gegenwärtig in Frage gestellt ist, schossen Bund und Kantone über das Ziel hinaus.

Mit Blick auf die sehr spezifische Zielgruppe (Jugendliche mit «Mehrfachbelastung») und dem entsprechend unterschiedlichen kantonalen Problemdruck schätzten mehrere Kantone die Flexibilität, die ihnen in der Umsetzung des CMBB gewährt wurde. Aus Sicht der PVK erlaubte es der relativ flexible Rahmen des CMBB, den unterschiedlichen kantonalen Gegebenheiten gerecht zu werden; allerdings führte dies zu einer Vielfalt an CMBB-Systemen.

Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen im Rahmen des CMBB funktionierte insgesamt gut. Obwohl in der Projektorganisation vorgesehen, hat zeitweise praktisch keine Projektkoordination zwischen der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz (SBBK) und dem SBFI stattgefunden. Vielmehr stand das SBFI in der Umsetzung des CMBB häufig in direktem Kontakt mit den einzelnen Kantonen.

Dieses Manko in der Projektkoordination beeinträchtigte die Umsetzung des CMBB nicht, führte jedoch teilweise zu Unsicherheiten über die Zuständigkeiten. Eine gewisse Verunsicherung rief bei einigen Kantonen auch eine von ihnen wahrgenommene leichte Veränderung der Anforderungen an das CMBB im Zuge der Etablierung der nationalen Rahmenbedingungen hervor.

Bei den befragten Vertreterinnen und Vertretern der Kantone und des Bundes geniesst das CMBB generell hohe Unterstützung. Das CMBB ist insofern erfolgreich, als dass es in allen Kantonen etabliert wurde und inzwischen bereits in knapp der Hälfte der Kantone nachhaltig verankert ist. Derzeit befinden sich 24 Kantone in der Konsolidierungsphase und ein Kanton in einer Pilotphase des CMBB. Ein Kanton führte
das CMBB aus Spargründen ab 2014 nicht weiter. Gemäss Angaben aus der Kantonsbefragung konnten bereits zwölf Kantone das CMBB in kantonale Regelstrukturen überführen, weitere sechs Kantone geben sich zuversichtlich bezüglich einer Weiterführung des CMBB nach 2015 und in fünf Kantonen ist diese noch offen.

Die nachhaltige Verankerung der CMBB-Projekte stellt in manchen Kantonen eine Herausforderung dar. Ebenso finden es einige der befragten Kantonsvertreterinnen und -vertreter schwierig, die nationale Koordination des CMBB ohne Bundesmittel auf gleichem Niveau weiterzuführen. Vor allem befragte Personen beim Bund, aber auch einiger Kantone zeigten wenig Verständnis für die Klagen der betreffenden Kantone: Es sei von Anfang an klar gewesen, dass die Teilfinanzierung durch den 84

Stellungnahme des Bundesrates vom 14. August 2013 auf die Interpellation Fetz vom 19. Juni 2013 (13.3481 «Case Management Berufsbildung. Künftige Rolle und Finanzierung des Bundes»).

6900

BBl 2016

Bund befristet ist und man habe den Kantonen die Gelegenheit für die Überführung in kantonale Strukturen geboten. Der Abbruch von kantonalen CMBB-Projekten kann nicht dem Bund angelastet werden.

5.3

Weitere Projekte

Im Weiteren werden mit den Projekten zum Vereinfachen der Qualifikationsverfahren und der Projektförderung nach Artikel 54 und 55 BBG zwei Bereiche in der operativen Zusammenarbeit der Verbundpartner dargestellt. Es handelt sich dabei nicht um detaillierte Fallanalysen, sondern um allgemeine Einschätzungen betreffend dem Funktionieren der Partnerschaft in diesen Bereichen.

5.3.1

Blockaden beim Vereinfachen der Qualifikationsverfahren

Die Qualifikationsverfahren (QV, vormals Prüfungen) sind pro Beruf in den Verordnungen über die berufliche Grundbildung geregelt. Mit ihnen wird das Vorhandensein von beruflichen Qualifikationen geprüft. Gemäss BBG bestimmt der Bundesrat die Anforderungen an die QV und stellt deren Qualität und Vergleichbarkeit sicher.85 Der für den Beruf verantwortliche Berufsverband bestimmt im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Bildungsinhalte die Ausgestaltung des QV. Den Kantonen obliegen die Durchführung der QV86 sowie die Aufsicht über die QV87.

Die Vielfalt und die Komplexität der QV haben über die letzten Jahre zugenommen.

Dies stellt insbesondere für die Kantone eine organisatorische sowie finanzielle Herausforderung in der Durchführung von QV dar. Daher forderten gemäss befragten Personen in erster Linie die Kantone eine Vereinfachung der QV. Die Berufsverbände sicherten ihnen dazu die Unterstützung zu, wenn auch teilweise mit wenig Begeisterung.

Obwohl die Problematik der steigenden Komplexität der QV und des damit verbundenen steigenden Aufwandes längst bekannt ist und das Anliegen nach einer Vereinfachung der QV durch alle Partner anerkannt wird, gestaltet sich dieses Bestreben als schwierig. Die Zusammenarbeit der Verbundpartner im Rahmen dieser Bestrebungen zeigt, dass das Verständnis für die Situation der Partner allein für die Weiterentwicklung der Partnerschaft nicht ausreicht, sondern dass es dazu auch Kompromissbereitschaft braucht. Wo diese fehlt, besteht grundsätzlich das Risiko von Blockaden in verbundpartnerschaftlichen Projekten.

So machten die Gespräche der PVK divergierende Ansichten und Interessen zwischen den Berufsverbänden und den Kantonen deutlich: Auf der einen Seite haben die Kantone das Gefühl, dass die QV einseitig durch die OdA bestimmt würden, während die Kantone die Kosten dafür übernehmen müssten. Auf der anderen Seite 85 86 87

Art. 34 Abs. 1 BBG Art. 40 Abs. 1 BBG Art. 24 Abs. 3 Bst. c BBG

6901

BBl 2016

zeigen zwar die Berufsverbände ein gewisses Verständnis für die Haltung der Kantone, betonen aber gleichzeitig, dass auch die unterschiedliche kantonale Umsetzung der QV zur deren Komplexität beitrage. Zudem befürchten die Berufsverbände teilweise, dass die Bestrebungen zur Vereinfachung der QV zu praxisfernen theoretischen Modellen sowie zu pädagogischen Vorgaben führen. Entsprechend wehrt sich ein Grossteil der Berufsverbände gegen verbindliche Vorgaben und verlangt von den Kantonen Transparenz über die effektiv anfallenden Kosten der QV.

Mit Hinblick auf die Steuerung lancierte der Bund Projekte und übernahm die strategische Projektleitung. Er veranlasste zunächst eine Evaluation zu den QV88 und lancierte daraufhin ein erstes verbundpartnerschaftliches Projekt zur Vereinfachung der QV. Zwar konnten dabei mit der Erarbeitung von gewissen sekundären Instrumenten (z. B. Leitvorlage Ausführungsbestimmungen der QV) erste Erfolge erzielt werden. Beim zentralen Anliegen, der Vereinfachung der QV, wurde zusammen mit dem EHB ein Ansatz entwickelt, der jedoch in einem weiteren verbundpartnerschaftlichen Projekt geprüft werden musste. Dieses Nachfolgeprojekt dauert voraussichtlich bis Mitte 2016; sein Ausgang ist zurzeit offen. Die EBBK begleitet das Projekt erstmals in der Funktion einer Steuergruppe.

Im Rahmen der Projekte zur Vereinfachung der QV unterschätzte das SBFI gemäss mehreren befragten Personen vonseiten der OdA und Kantonen mit ambitionierten Vorgaben bezüglich der zu erarbeitenden Instrumente und des Projektzeitplans den internen Klärungsbedarf seiner Partner. Zu erwähnen ist zudem, dass die Schwierigkeiten der QV-Projekte nicht alleine auf gegenüberliegende Positionen von Berufsverbänden und Kantonen zurückzuführen sind, sondern auch auf Differenzen unter den Berufsverbänden und den Kantonen selbst.

5.3.2

Wenig ausgeschöpfte Steuerungsmöglichkeiten bei der Projektförderung

Nach Artikel 54 und 55 BBG unterstützt der Bund mit Beiträgen Projekte zur Förderung der Entwicklung der Berufsbildung und besondere Leistungen im öffentlichen Interesse. Insgesamt sind für die Projektförderung des Bundes zehn Prozent seiner gesamten Kostenbeteiligung an der öffentlichen Finanzierung der Berufsbildung vorgesehen.89 Mit der Richtlinie über die Gewährung von Bundesbeiträgen für Projekte nach Artikel 54 und 55 BBG gibt das SBFI einen einheitlichen Rahmen für die Projektförderung vor. Dennoch scheinen manchen Gesuchstellern die massgebenden Bewilligungskriterien nicht klar zu sein und sie fühlen sich über allfällige Änderungen nicht umfänglich informiert. Laut befragten Vertreterinnen und Vertretern von OdA und Kantonen ist es in den letzten Jahren vergleichsweise schwieriger geworden, Geld für Projekte zu erhalten: Die Anträge würden durch das SBFI neuerdings sehr technisch behandelt und müssten sehr gut begründet werden. Dies sei mit hohem Auf88 89

B,S,S, 2010: Evaluation der Qualifikationsverfahren in der beruflichen Grundbildung, Schlussbericht. Basel, 14. April 2010 Art. 59 Abs. 2 BBG

6902

BBl 2016

wand verbunden. Demgegenüber betont das SBFI, dass es sich in der Bewilligungspraxis an die Richtlinien halte und es Änderungen kommuniziere. Letztere seien zudem immer wohlwollend gedacht, indem die Möglichkeiten für die Projektförderung laufend ausgebaut würden.

Die PVK stellte zudem fest, dass es sowohl für kleine Berufsverbände als auch für kleine Kantone schwierig sein kann, von der Projektförderung zu profitieren. In der Online-Befragung gab rund die Hälfte der Berufsverbände an, mehrmals von der Projektförderung durch das SBFI profitiert zu haben. Daneben wurde gut ein Viertel der befragten Berufsverbände einmal durch das SBFI bei eigenen Projekten unterstützt. Knapp ein Viertel der befragten Berufsverbände gab an, nie von der Projektförderung profitiert zu haben, wobei keiner der betreffenden Verbände ein dazu notwendiges Gesuch beim SBFI eingereicht hat. Aus der Online-Befragung der PVK ging weiter hervor, dass in der Tendenz grössere und professionelle Berufsverbände häufiger von einer Projektförderung Gebrauch machen können (Abbildung 3). Ebenso lassen sich bei den Kantonen gemäss den Daten zu den bewilligten Gesuchen grosse Unterschiede in der Anzahl der vom SBFI geförderten Projekte feststellen.90 Abbildung 3 Unterstützung von Projekten durch den Bund nach Grösse und Struktur des Berufsverbands

Projektunterstützung nach Grösse des Berufsver- Projektunterstützung nach Struktur bands des Berufsverbands Quelle: Online-Befragung der Berufsverbände durch die PVK Anmerkung: Die Grösse des Berufsverbands bemisst sich an der Anzahl der neuen Lehrverhältnisse pro Jahr gemäss Angaben in der Online-Befragung. Die PVK hat daraus die folgenden Kategorien für die Grössen der Berufsverbände gebildet: klein für 1­249, mittel für 250­999 und gross für 1000 und mehr neue Lehrverhältnisse pro Jahr. Kein Berufsverband, der angab, bisher keine Projektunterstützung erhalten zu haben, stellte einen dazu notwendigen Projektantrag an das SBFI.

In den letzten Jahren ist zudem eine Abnahme der Anzahl der geförderten Projekte zu verzeichnen. In den Gesprächen der PVK wurde dies v. a. damit begründet, dass die Reformen der beruflichen Grundbildungen, die einen grossen Teil der geförder90

Annexe au rapport, Anhang 3, Tabellen A4

6903

BBl 2016

ten Projekte ausmachten, nach und nach abgeschlossen wurden. Zudem würden die Gesuchsteller mittlerweile zunächst laufende Projekte beenden, bevor sie neue starten.

Ein weiterer Grund für den Rückgang der Anzahl der eingereichten Projekte in den letzten Jahren könnte darin liegen, dass die finanzielle Belastung der Antragsteller von befragten Personen aus der Reihe der Kantone und OdA als relativ hoch wahrgenommen wird. Dies treffe insbesondere dann zu, wenn man die Institutionalisierung nach Ablauf der Projektförderung mitberücksichtige. Die befragten Personen kritisieren die Projektförderung zudem dafür, dass sie stark auf Innovationen ausgelegt sei, wodurch die Institutionalisierung und die Förderung von Bewährtem zu kurz kämen.

Zudem ist die Steuerung der Projektförderung durch den Bund wenig ausgebaut (Kapitel 4.2.2). Mehrere befragte Kantone und OdA stören sich an der fehlenden strategischen Ausrichtung der Projektförderung. Befragte Vertreterinnen und Vertreter des Bundes betrachten die Steuerungsmöglichkeiten in der Projektförderung als beschränkt. Sie weisen aber darauf hin, dass mit Initiativen wie Match-Prof Versuche gestartet wurden, um Projektanträge in gewissen Bereichen gezielt zu animieren.

Seit dem Inkrafttreten des neuen BBG wurde der Projektförderungskredit, abgesehen von einem Jahr, nie vollständig ausgeschöpft. Kritisch zu beurteilen ist, dass ebenfalls Beiträge an die eidgenössischen Berufs- und Fachprüfungen91 ohne explizite Gesetzesgrundlage über diesen Kredit finanziert werden. Deshalb ist zu begrüssen, dass diesbezüglich eine Gesetzesanpassung geplant ist.92

6

Schlussfolgerung

Die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung funktioniert relativ gut. Sie stützt sich auf die Verteilung von sich ergänzenden Zuständigkeiten auf die verschiedenen Partner, auf Organe, in denen eine Zusammenarbeit möglich ist, und auf den Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren auf strategischer und operativer Ebene. In der Umsetzung zeigen sich allerdings Lücken bei gewissen grundlegenden Aufgaben, die gesetzlich wenig definiert sind.

Die Steuerung der Berufsbildung wird durch die Komplexität des Systems (Anzahl Ausbildungen, Vielfalt der Akteure), vor allem aber durch den fehlenden Willen respektive die fehlende Fähigkeit zur gemeinsamen Steuerung erschwert. Die Akteure sind zwar bereit, gemeinsame Ziele zu definieren, doch gehen sie in ihrer Zusammenarbeit nicht so weit, deren Umsetzung gemeinsam zu kontrollieren und anzupassen. Ausgenommen davon sind gewisse Aufgaben, bei denen der Bund eine Schlüsselrolle einnimmt.

91 92

Art. 56 BBG Es ist anzumerken, dass im Rahmen des Revisionsprojekts des BBG Artikel 59 Absatz 2 neu eine Beteiligung des Bundes an Leistungen gemäss den Artikeln 54 und 55 von höchstens 10 % der gesamten Finanzierung der Berufsbildung durch den Bund vorgesehen ist. Somit wäre der Anteil von 10 % in Zukunft nicht mehr ein zu erreichender, sondern ein nicht zu überschreitender Betrag.

6904

BBl 2016

6.1

Weitgehende Delegation von Zuständigkeiten mit wenigen Aufsichtsmöglichkeiten

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte das BBG ein Gesetz sein, das Ziele festlegt und die Zuständigkeiten weitgehend delegiert. Gemäss diesem Konzept ist das Gesetz kohärent. Den Verbundpartnern wird ein grosser Handlungsspielraum gewährt, um auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes eingehen und die zukünftigen Entwicklungen optimal erfassen zu können.

Die gesetzlichen Grundlagen sind jedoch nicht sehr präzise und zuweilen unvollständig. Der in das Gesetz aufgenommene Begriff der Organisationen der Arbeitswelt (OdA) umfasst eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Akteure, die nicht differenziert behandelt werden. Es wird nicht genügend präzisiert, welche Rolle die Sozialpartner bei strategischen Fragen, welche Verantwortung die nationalen Berufsverbände bezüglich der Bildungsinhalte und was für Zuständigkeiten die anderen OdA haben. Die Praxis zeigt, dass dies zu gewissen Schwierigkeiten führt.

Die Aufgaben des Bundes im Bereich der Qualitätsförderung und der Projektunterstützung sind ebenfalls relativ vage definiert. Dies führt zu einer unterschiedlichen Auslegung der Rolle des Bundes und manchmal zu Unzufriedenheit, etwa wenn die finanzielle Unterstützung eines Projekts abgelehnt wird.

Der Gesetzgeber hat den Verbundpartnern durch weitreichende Normen hinsichtlich der Delegation der Zuständigkeiten die Mittel zum Handeln in die Hand gegeben.

Weil es aber an klar definierten Instrumenten zur Steuerung und Aufsicht fehlt, ist der Vollzug des Gesetzes nur teilweise sichergestellt.

6.2

Organe mit Optimierungspotenzial

Die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung hat sich vor allem im Rahmen von Organen entwickelt, in denen Akteure von Bund, Kantonen und OdA vertreten sind.

Diese Organe, die mehr oder weniger strategische Funktionen erfüllen, bieten Raum für Austausch und Diskussionen und tragen zur Entwicklung der Berufsbildung und zur Qualität der Verbundpartnerschaft bei. Kritisiert wurden jedoch die Zusammensetzung einiger dieser Organe, die geringe Transparenz ihrer Tätigkeiten und die mangelnde Klarheit ihrer Rolle.

Die Eidgenössische Berufsbildungskommission (EBBK) berät die Bundesbehörden zu bildungspolitischen Fragen. Sie trägt zu einer lebendigen Verbundpartnerschaft bei, hilft mit, gewisse Mängel offenzulegen und zumindest mit den strategischen Partnern einen regelmässigen Informationsaustausch sicherzustellen. Die Auswahl der OdA, die in der Kommission Einsitz haben, ebenso wie das Fehlen einer externen Kommunikation der EBBK führen allerdings zu einer ungleichen Behandlung der Verbundpartner. Das SBFI hat Überlegungen zur Rolle und Zusammensetzung der Kommission eingeleitet, scheint aber noch keine vollumfänglich zufriedenstellende Lösung gefunden zu haben. Die Stellung der EBBK im Berufsbildungssystem darf allerdings bezüglich ihrer konkreten Ergebnisse nicht überbewertet werden.

Auch wenn die Kommission zunehmend in die Steuerung gewisser strategischer

6905

BBl 2016

Projekte einbezogen wird, liegt es vor allem am SBFI zu definieren, wie ihre Ergebnisse verwendet werden.

Das Spitzentreffen der Berufsbildung ist eine Art symbolischer Anlass, an dem sich die Verbundpartner einbringen und die Ziele kommunizieren, die sie gemeinsam erreichen wollen. Dieser Konsens auf der Ebene der strategischen Partner erleichtert (falls nötig) nicht nur die politische Behandlung der Themen, sondern auch die Akzeptanz der gewählten Optionen. Dieses Organ hat keine gesetzliche Grundlage, aber seine Schaffung und die Anpassung seiner Funktion im Laufe der Zeit sind angemessene Massnahmen zur Sicherstellung der Weiterentwicklung der Berufsbildung.

Die Verbundpartnertagung ist ein «Organ», in dem die Verbundpartnerschaft gelebt, diskutiert und weiterentwickelt wird. Sie dient dem gegenseitigen Austausch und der Erarbeitung von Lösungen für aktuelle Probleme. Die Tatsache, dass die Partner seit kurzem in die Vorbereitung dieser Tagung einbezogen werden, ist aus der Sicht der Verbundpartnerschaft zu begrüssen und fördert die Berücksichtigung der Bedürfnisse der einzelnen Verbundpartner. Hingegen ist die Wahl der geladenen Berufsverbände bezüglich Transparenz und Repräsentativität nicht ganz zufriedenstellend.

Abgesehen von persönlichen Kontakten sind die Vorteile der Verbundpartnertagung nicht offensichtlich. So wird diese Tagung nicht systematisch mit den Handlungsschwerpunkten verknüpft, die am Spitzentreffen der Berufsbildung festgelegt werden. Zudem stellt sich auch die Frage der Steuerung und des Nutzens der Ergebnisse dieser Tagung, da alle Beteiligten auf die eigenen Verantwortlichkeiten verwiesen werden.

6.3

Verbundpartnerschaft nur teilweise zur umfassenden strategischen Steuerung geeignet

Die Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung ist nur teilweise geeignet, die strategische Steuerung wahrzunehmen.

Die Tatsache, dass die Verbundpartner die Handlungsschwerpunkte am Spitzentreffen der Berufsbildung gemeinsam festlegen, ist ein positives Zeichen für das Funktionieren der Verbundpartnerschaft in der strategischen Steuerung. So gesehen, sind die prioritären Handlungsfelder angemessen und berücksichtigen die aktuellen Anliegen der Akteure der Berufsbildung. Sie stellen jedoch keine gemeinsame Vision der Verbundpartner bezüglich der zukünftigen Entwicklung der Berufsbildung dar und fügen sich auch nicht in eine langfristige Strategie und Vision ein. Der Bundesrat und das SBFI nehmen in der Entwicklung einer langfristigen Vision und Strategie keine führende Rolle wahr, aber sie sind für diesen Mangel nicht alleine verantwortlich. Tatsächlich scheint es für die Verbundpartner einfacher zu sein, sich auf gewisse Handlungsschwerpunkte zu einigen, als gemeinsam eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie die Berufsbildung in den kommenden Jahrzehnten aussehen wird oder sollte.

Die Partner der Berufsbildung verfügen nicht über umfassende Informationen zu den Massnahmen, die im Zusammenhang mit den am Spitzentreffen gemeinsam festgelegten Zielsetzungen eingeleitet wurden. Sie wissen nicht, welche Massnahmen die 6906

BBl 2016

einzelnen Verbundpartner individuell weiterverfolgen oder lancieren wollen. Nur bestimmte Massnahmen des Bundes werden nachverfolgt und sind sichtbar. Die aktuell zur Verfügung stehenden Instrumente der Verbundpartner in diesem Bereich beschränken sich auf Bilanzen, die zwar einige spezifische Informationen enthalten, aber keine Steuerung von strategischen Massnahmen erlauben. Die Verantwortlichkeiten der verschiedenen Partner bezüglich der Handlungsschwerpunkte sind nicht definiert, was die Kontrolle der Umsetzung erschwert.

Die Umsetzung der Massnahmen in den prioritären Handlungsfeldern ist daher unterschiedlich. Alle Akteure können in ihrem Zuständigkeitsbereich frei agieren, was eine Anpassung der Massnahmen an die örtlichen Gegebenheiten erlaubt.

Gleichzeitig lässt sich so aber keine systematische Umsetzung der Massnahmen sicherstellen.

Aktuell fehlt der Wille, die Umsetzung zu steuern. Die Verbundpartnerschaft stösst an ihre Grenzen aufgrund der Schwierigkeit, einerseits die Unabhängigkeit der Akteure zu respektieren und andererseits zu versuchen, die Kohärenz der ergriffenen Massnahmen durch eine verstärkte Steuerung zu verbessern. Es gibt jedoch einen grossen Spielraum zwischen äusserst lückenhaften Informationen über die Umsetzung und einer übertriebenen Kontrolle der Umsetzung. Eine angemessene Steuerung in der Umsetzung von Projekten ist auch unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Verbundpartner vorstellbar, sofern der politische Wille dazu vorhanden ist, die wichtigsten Partner dies ebenfalls wollen und die Zuständigkeiten im Bereich der Umsetzung klar verteilt sind.

6.4

Komplexe Verbundpartnerschaft in der Umsetzung von Projekten

In der Umsetzung von Projekten ist die Verbundpartnerschaft komplex, zeitaufwendig und ressourcenintensiv. Dennoch funktioniert hier die Zusammenarbeit der Verbundpartner im Allgemeinen gut. Die Steuerungsmöglichkeiten des Bundes sind beschränkt und er macht von ihnen meist zurückhaltend und unter Einbezug aller Partner Gebrauch. Vom Bund geht somit insgesamt eine moderate Steuerung aus, die grundsätzlich dem Wesen der Verbundpartnerschaft entspricht. Die Kantone und OdA haben widersprüchliche Erwartungen an den Bund: Einerseits soll er ­ insbesondere bei Schwierigkeiten ­ mehr steuern. Andererseits stösst er auf Widerstand, wenn er es tut, und setzt sich dabei oft dem Vorwurf aus, auf der Seite eines Partners zu stehen. Aufgrund teilweise mangelnder Kompromissbereitschaft besteht eine Tendenz zur Blockade bei Projekten, in denen sich zwei Partner mit unterschiedlichen Interessen gegenüberstehen und der Bund keine Führungsrolle wahrnehmen will.

Sowohl in der Umsetzung der Berufsreform als auch des Case Management Berufsbildung (CMBB) wurde die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und seinen Partnern im Allgemeinen positiv gewertet. Der erfolgreiche Abschluss der Überführung aller bestehenden Reglemente in Verordnungen über die berufliche Grundbildung (BiVo) ist auf Ende 2015 zu erwarten. Allerdings unterschätzte der Bund zu Beginn den Umfang und die Komplexität dieser Berufsreform: So nahm diese doppelt so 6907

BBl 2016

viel Zeit in Anspruch als vorgesehen und die notwendigen Instrumente wurden während laufender Reform erarbeitet. Systembedingt war die Steuerung durch das SBFI dabei moderat. Im Rahmen des CMBB unterstützte der Bund die Kantone sowohl finanziell als auch mit der Erarbeitung von Rahmenbedingungen und Instrumenten.

Dabei gelang es dem Bund mehrheitlich, das Gleichgewicht zwischen Steuerung und kantonaler Autonomie zu wahren. Einigen Kantonen bereitet die nachhaltige Verankerung des CMBB Mühe, wobei jedoch der Abbruch eines CMBB-Projekts nicht dem Bund angelastet werden kann.

6.5

Eine Rolle, die der Bund vollumfänglich übernehmen muss

Der Bund übt in Bezug auf die Steuerung und Strategie eine relativ grosse Zurückhaltung aus. Aber auch unter strenger Beachtung der Zuständigkeitsbereiche der anderen Verbundpartner ist es ihm nicht untersagt, zu kommunizieren. Ausser dort, wo es um rein operative Fragen (im Rahmen der Erarbeitung der Verordnungen über die berufliche Grundbildung) geht, sind die Kontakte des Bundes mit den Berufsverbänden beschränkt. Aktuell beruhen die direkten Kontakte zwischen dem SBFI und den Kantonen vor allem auf persönlichen und nicht institutionalisierten Beziehungen. Da das SBFI regelmässig mit gegensätzlichen Haltungen von Berufsverbänden, Sozialpartnern und Kantonen konfrontiert wird, kommt der Transparenz der Prozesse und Entscheide ebenso wie ihrer Kommunikation nach Ansicht der befragten Personen eine grosse Bedeutung zu. Diese Ansprüche würden jedoch oft nur ungenügend erfüllt.

Die OdA sind sehr heterogen, vor allem die Berufsverbände, die im Zentrum des Berufsbildungssystems stehen. Einige beteiligen sich aktiv, andere wiederum nicht.

Die Anforderungen im Berufsbildungsbereich ebenso wie die Organe der Verbundpartnerschaft scheinen vor allem auf die grossen Akteure der Berufsbildung ausgerichtet zu sein. Kleine Kantone und Berufsverbände bekunden viel mehr Mühe, sich einzubringen und mitzuwirken. Das System beruht zudem auf dem guten Funktionieren der Wirtschaftsbranchen und des Lehrstellenmarkts. Wenig dynamische Branchen bilden weniger Lernende aus und engagieren sich auch weniger. Hingegen versuchen stark wachsende Branchen (Gesundheit, Informatik), mehr Interesse zu wecken und mehr Personen auszubilden. Der Bund beobachtet diese Bewegungen.

Diese passive oder allenfalls reaktive Rolle ist jedoch mit Risiken behaftet, weil eine Kommunikation mit sämtlichen Berufsverbänden und eine langfristige Vision fehlen. Der Verlust von Fachwissen in gewissen Bereichen könnte nämlich langfristige Konsequenzen haben, obwohl diese Berufe gegenwärtig vielleicht weniger attraktiv sind. Das richtige Ausmass der Steuerung ­ der ideale Mittelweg zwischen einem zu grossen Interventionismus, den niemand wünscht, und der Rolle eines Beobachters, der manchmal zu spät reagiert ­ muss noch gefunden werden.

6908

BBl 2016

Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abbildung

Abs.

Absatz

Art.

Artikel

BBG

Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz; SR 412.10)

BBl

Bundesblatt

BBT

Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (seit 1.1.2013: Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, SBFI)

BBV

Verordnung vom 19. November 2003 über die Berufsbildung (Berufsbildungsverordnung; SR 412.101)

BFI

Bildung, Forschung und Innovation

BiPla

Bildungsplan

BiVo

Verordnung über die berufliche Grundbildung

BMV

Verordnung vom 24. Juni 2009 über die eidgenössische Berufsmaturität (Berufsmaturitätsverordnung; SR 412.103.1)

BSLB

Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung

Bst.

Buchstabe

BV

Bundesverfassung (SR 101)

CMBB

Case Management Berufsbildung

EBA

Eidgenössisches Berufsattest

EBBK

Eidgenössische Berufsbildungskommission

EBMK

Eidgenössische Berufsmaturitätskommission

EDK

Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EFZ

Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis

EHB

Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung

EKBV

Eidgenössische Kommission für Berufsbildungsverantwortliche

EKHF

Eidgenössische Kommission für höhere Fachschulen

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

K B&Q

Kommission für Berufsentwicklung und Qualität

OdA

Organisation der Arbeitswelt 6909

BBl 2016

ParlG

Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002 (Parlamentsgesetz, SR 171.10)

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

QV

Qualifikationsverfahren

SAV

Schweizerischer Arbeitgeberverband

SBBK

Schweizerische Berufsbildungsämter-Konferenz

SBFI

Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation

SGB

Schweizerischer Gewerkschaftsbund

SGV

Schweizerischer Gewerbeverband

SKBF

Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung

SR

Systematische Rechtssammlung

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (bis Ende 2012: Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, EVD)

6910

BBl 2016

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner Persönliche Gespräche Backes-Gellner, Uschi

Prof. Dr., Institut für Betriebswirtschaftslehre, Universität Zürich, Mitglied EBBK

Bichsel, Bettina

Stv. Ressortleiterin Grundsatzfragen und Politik, Projektverantwortliche, SBFI

Davatz-Höchner, Christine Vizedirektorin, Bildungspolitik / Forschung / Frauenfragen, SGV Eicher, Christian

Projektverantwortlicher Subventionen und Projektfinanzierung, SBFI

Evéquoz, Grégoire

Generaldirektor, Office pour l'orientation, la formation professionnelle et continue OFPC, Genf, Mitglied EBBK

Fehr Thom, Karin

Geschäftsleiterin SAVOIRSOCIAL, Mitglied EBBK

Fraoua, Ridha

Chef des Fachbereichs Rechtsetzungsbegleitung I, Bundesamt für Justiz

Frei, Katrin

Stv. Abteilungsleiterin Bildungsgrundlagen, Ressortleiterin Grundsatzfragen und Politik, SBFI

Gasche, Mark

Geschäftsführer SBBK, Mitglied EBBK, Aufsichtsrat SDBB

Hübschi, Rémy

Mitglied der Geschäftsleitung, Abteilungsleiter Höhere Berufsbildung, SBFI

Juillerat, Didier

Direktor des Centre interrégional de perfectionnement, Vize-Präsident Schweizerischer Verband für Weiterbildung, Mitglied EBBK

Lüthi, Jean-Pascal

Mitglied der Geschäftsleitung, Abteilungsleiter Berufliche Grundbildung und Maturität, SBFI

Meier, Claude

Mitglied Geschäftsleitung KV-Schweiz, Leiter Bildungspolitik KV-Schweiz, Mitglied der EBBK

Messner, Toni

Ressortleiter Berufliche Grundbildung, SBFI

Montalbetti, Marimée

Mitglied der Geschäftsleitung, Abteilungsleiterin Bildungsgrundlagen, SBFI

Oertle, Cornelia

Direktorin, EHB

Perret Ducommun, Laura

Ressortleiterin Dienstleistungen, SBFI

Polito Schmidt, Véronique Zentralsekretärin für Bildungspolitik, SGB, Mitglied EBBK Rüfenacht, Karin

Geschäftsstelle SBBK-Kommission Berufsentwicklung (KBE) 6911

BBl 2016

Sahlfeld, Konrad

Jurist, Fachbereich Rechtsetzungsbegleitung I, Bundesamt für Justiz

Schläppi, Susann

Geschäftsstelle SBBK-Kommission Berufliche Grundbildung (KBGB)

Sidler, Lisbeth

Stv. Chefin des Fachbereichs Rechtsetzungsbegleitung I, Bundesamt für Justiz

Sieber, Urs

Geschäftsführer OdASanté, Mitglied EBBK

Stamm, Margrit

Prof. Dr. em., Direktorin Forschungsinstitut SwissEducation, Bern

Theiler, Philipp

Stv. Ressortleiter Subventionen und Projektfinanzierung, SBFI

Weber-Gobet, Bruno

Leiter Bildungspolitik, Travail Suisse

Widmer, Josef

Stv. Direktor, SBFI

Wiesendanger, Rita

Amtsleiterin Amt für Berufsbildung, Kanton Graubünden, Mitglied EBBK

Wittwer-Bernhard, Petra

Stv. Geschäftsführerin, OdASanté

Zellweger, Jürg

Mitglied der Geschäftsleitung, Ressort Bildung und berufliche Aus- und Weiterbildung, SAV

Telefoninterviews Bez, Séverin

Generaldirektor, Direction générale de l'enseignement postobligatoire, Kanton Waadt

Bleisch, Peter

Amtsleiter, Amt für Mittel- und Hochschulen und Berufsbildung, Kanton Appenzell Ausserrhoden

Bolli, Manfred

Dienststellenleiter, Dienststelle Mittelschul- und Berufsbildung, Kanton Schaffhausen

Burch, Urs

Amtsleiter, Amt für Berufsbildung, Kanton Obwalden

Colombo, Paolo

Capo Divisione, Divisione della formazione professionale, Kanton Tessin

Evéquoz, Grégoire

Generaldirektor, Office pour l'orientation, la formation professionnelle et continue, Kanton Genf

Felder, Pius

Amtsleiter, Amt für Berufsbildung und Mittelschulen, Kanton Nidwalden

Feuz, Laurent

Leiter, Service des formations postobligatoires, Kanton Neuenburg

Geissmann, Patrick

Fachstellenleiter, Fachstelle Berufsbildung, Kanton Glarus

Giezendanner, Ruedi

Amtsleiter, Amt für Berufsbildung, Kanton St. Gallen

6912

BBl 2016

Hauenstein, Hanspeter

Amtsleiter, Amt für Berufsbildung und Berufsberatung, Kanton Basel-Landschaft

Hugener, Werner

Amtsleiter, Amt für Berufsbildung und Berufsberatung, Kanton Appenzell Innerrhoden

Hunziker, Kathrin

Leiterin, Abteilung Berufsbildung und Mittelschule, Departement Bildung, Kultur und Sport, Kanton Aargau

Kummer, Marc

Amtschef, Mittelschul- und Berufsbildungsamt, Kanton Zürich

Maier, Ulrich

Leiter, Leitung Mittelschulen und Berufsbildung, Kanton Basel-Stadt

Ninck, Theo

Vorsteher, Mittelschul- und Berufsbildungsamt, Kanton Bern

Nydegger, Christophe

Vorsteher, Amt für Berufsbildung, Kanton Freiburg

Pottier, Claude

Dienstchef, Dienststelle für Berufsbildung, Kanton Wallis

Ruchti, Stefan

Amtschef, Amt für Berufsbildung Mittel- und Hochschulen, Kanton Solothurn

Schuler, Beat

Amtsleiter, Amt für Berufsbildung, Kanton Zug

Seger, Oscar

Amtsvorsteher, Amt für Berufsbildung, Kanton Schwyz

Slongo, Yvonne

Amtsvorsteherin, Amt für Berufsbildung und Mittelschulen, Kanton Uri

Spöring, Christof

Leiter, Dienststelle Berufs- und Weiterbildung, Kanton Luzern

Studerus, Markus

Stv. Amtsleiter, Amt für Berufsbildung und Berufsberatung, Kanton Thurgau

Tschopp, Olivier

Leiter, Service de la formation des niveaux secondaire II et tertiaire, Kanton Jura

Wiesendanger, Rita

Amtsleiterin, Amt für Berufsbildung, Kanton Graubünden

Anmerkung betreffend die Befragung der Berufsverbände Die Liste der 96 Berufsverbände (von insgesamt 169 angeschriebenen Verbänden), die auf nationaler Ebene im Bereich der beruflichen Grundbildung tätig sind und welche die Online-Befragung beantwortet haben, wird nicht veröffentlicht.

6913

BBl 2016

Anhang

Bildungssystem der Schweiz

Quelle: SBFI, 2015

6914

BBl 2016

Impressum Durchführung der Evaluation Dr. ès sc. éco. Nicolas Grosjean, PVK, Projektleitung Ursula Walther, PVK, wissenschaftliche Mitarbeit Andreas Tobler, PVK, wissenschaftliche Mitarbeit Dr. admin. publ. Pascal Hurni, PVK, wissenschaftliche Mitarbeit Dr. phil. Christian Hirschi, PVK, wissenschaftliche Mitarbeit

Dank Die PVK bedankt sich beim SBFI für die Bereitstellung von Unterlagen und Daten und für seine Zusammenarbeit im Rahmen dieser Evaluation. Ebenso dankt sie allen Gesprächspartnern von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt für ihre Verfügbarkeit und die übermittelten Informationen. Der Dank der PVK geht auch an alle Direktorinnen und Direktoren der kantonalen Berufsbildungsämter für ihre Teilnahme an der Telefonumfrage und den zahlreichen Berufsverbänden, die auf die Online-Befragung geantwortet haben.

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel. +41 58 322 97 99 Fax +41 58 322 96 63 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Parlamentarische Verwaltungskontrolle

Originalsprachen des Berichts: Französisch und Deutsch 6915

BBl 2016

6916