10.2.2

Botschaft zur Genehmigung des Protokolls über den Beitritt Guatemalas zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den zentralamerikanischen Staaten (abgeschlossen mit Costa Rica und Panama) vom 13. Januar 2016

1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Der Beitritt Guatemalas zum Freihandelsabkommen (FHA) mit den zentralamerikanischen Staaten, abgeschlossen mit Costa Rica und Panama (im Folgenden «FHA mit den zentralamerikanischen Staaten»)1, erweitert das Netz von FHA, das die Schweiz seit Beginn der 1990er-Jahre mit Drittländern ausserhalb der EU aufbaut.

Für die Schweiz als exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, das überdies keiner grösseren Einheit wie der EU angehört, stellt der Abschluss von FHA neben der Mitgliedschaft bei der WTO und den bilateralen Verträgen mit der EU einen der drei Hauptpfeiler ihrer Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der aussenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Der spezifische Beitrag der FHA zur Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz ist die Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, die ihre Handelspartner mit konkurrierenden Ländern abschliessen, und die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Konkurrenten, die über kein Präferenzabkommen mit dem jeweiligen Partner verfügen. Gleichzeitig verbessern die FHA die Rahmenbedingungen, die Rechtssicherheit und die Stabilität unserer Wirtschaftsbeziehungen mit den Vertragspartnern. Die Schweiz verfügt ­ nebst dem vorliegenden FHA, dem FHA mit der EWG von 19722 und der EFTA-Konvention3

1 2 3

SR 0.632.312.851 Abk. vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401).

Übereink. vom 4. Jan. 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (SR 0.632.31).

2015-2232

985

BBl 2016

­ über 28 weitere FHA. Es handelt sich um 25 im Rahmen der EFTA abgeschlossene FHA4 sowie um die bilateralen FHA mit den Färöern5, Japan6 und China7.

Der Beitritt Guatemalas zum FHA wird den Zugang für Schweizer Waren- und Dienstleistungsexporte auf dem guatemaltekischen Markt verbessern, den gegenseitigen Handel erleichtern, den Schutz des geistigen Eigentums verstärken, allgemein die Rechtssicherheit für den wirtschaftlichen Austausch verbessern sowie zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Der Beitritt Guatemalas zum FHA vermindert Diskriminierungen von Schweizer Wirtschaftsakteuren gegenüber bestehenden (insbesondere USA und EU) und künftigen Freihandelspartnern Guatemalas und schafft für die Schweizer Wirtschaft gegenüber Ländern, die kein FHA mit Guatemala haben, einen Wettbewerbsvorteil. Zudem wird mit dem FHA ein institutionalisierter Rahmen für die Behördenzusammenarbeit zur Überwachung und Weiterentwicklung des FHA und zur Lösung von konkreten Problemen geschaffen.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Nachdem Costa Rica und Panama ihr Interesse an Verhandlungen für ein FHA mit den EFTA-Staaten signalisiert hatten, fanden am 23. März 2011 im Rahmen des ersten Treffens des durch die gemeinsame Zusammenarbeitserklärung zwischen den EFTA-Staaten und Panama eingesetzten Gemischten Ausschusses EFTA-Panama exploratorische Gespräche statt. Guatemala hatte ebenfalls daran teilgenommen, genauso wie El Salvador und Honduras. Das Ziel des Treffens war, Informationen betreffend die bestehenden Wirtschaftsbeziehungen und die Freihandelspolitik beider Seiten auszutauschen und die Möglichkeit von Freihandelsverhandlungen zwischen den EFTA- und den zentralamerikanischen Staaten zu prüfen. Guatemala gab damals an, noch in der Abklärungsphase zu sein, bestätigte jedoch sein grundsätzliches Interesse an möglichen Freihandelsbeziehungen mit der EFTA.

4

5

6 7

986

Albanien (SR 0.632.311.231), Ägypten (SR 0.632.313.211), Bosnien-Herzegowina (SR 0.632.311.911), Chile (SR 0.632.312.451), Golfkooperationsrat (GCC: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate) (SR 0.632.311.491), Hong Kong (SR 0.632.314.161), Israel (SR 0.632.314.491), Jordanien (SR 0.632.314.671), Kanada (SR 0.632.312.32), Kolumbien (SR 0.632.312.631), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Libanon (SR 0.632.314.891), Marokko (SR 0.632.315.491), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), Montenegro (SR 0.632.315.731), Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Peru (SR 0.632.316.411), Serbien (SR 0.632.316.821), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Südafrikanische Zollunion (SACU: Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland) (SR 0.632.311.181), Tunesien (SR 0.632.317.581), Türkei (SR 0.632.317.631), Ukraine (SR 0.632.317.671), Zentralamerikanische Staaten (SR 0.632.312.851).

Abk. vom 12. Jan. 1994 zwischen der Schweizerischen Regierung einerseits und der Regierung von Dänemark und der Landesregierung der Färöer andererseits über den Freihandel zwischen der Schweiz und den Färöern (SR 0.946.293.142).

Abk. vom 19. Febr. 2009 über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Japan (SR 0.946.294.632).

Freihandelsabkommen vom 6. Juli 2013 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik China (SR 0.946.294.492).

BBl 2016

Anlässlich der EFTA-Ministerkonferenz vom 14. November 2011 in Genf wurde schliesslich die Eröffnung von Verhandlungen über ein umfassendes FHA mit Costa Rica, Honduras und Panama angekündigt. Ab der dritten Verhandlungsrunde beteiligte sich nach dem erfolgten Abschluss der internen Vorbereitungsprozeduren auch Guatemala am Verhandlungsprozess. Mit Costa Rica und Panama wurden die Verhandlungen 2013 beendet und das FHA somit mit diesen beiden Staaten abgeschlossen, ratifiziert und in Kraft gesetzt. Mit Guatemala, und übrigens auch mit Honduras, gelangte man dagegen zu keinem für beide Seiten - also für die EFTA-Staaten und das jeweilige Land - befriedigenden Ergebnis. Es wurde vereinbart, die Kontakte zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen, um die Verhandlungen weiterzuführen.

Im Oktober 2014 wurde in Guatemala City eine Verhandlungsrunde mit Guatemala abgehalten, die zum Abschluss der Verhandlungen zwischen den EFTA-Staaten und Guatemala führten. Guatemala kann dem FHA EFTA-Zentralamerika aufgrund einer Beitrittsklausel beitreten, die vorsieht, dass jeder Staat, der Mitglied des Subsystems für zentralamerikanische Wirtschaftsintegration (SICA)8 oder der EFTA ist, sofern der Gemischte Ausschuss den Beitritt gutheisst, diesem Abkommen zu den zwischen den Vertragsparteien auszuhandelnden Bedingungen und nach Genehmigung in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen innerstaatlichen Rechtsverfahren beitreten kann (Artikel 13.4). Dazu wurde ein Beitrittsprotokoll erstellt, das sämtliche Änderungen enthält, die im Hinblick auf den Beitritt Guatemalas im FHA und seinen Anhängen erforderlich sind.

1.3

Verhandlungsergebnis

Das FHA, dem Guatemala beitritt, entspricht weitgehend den neueren, mit Drittstaaten abgeschlossenen FHA der EFTA-Staaten und hat einen sektoriell umfassenden Geltungsbereich. Es beinhaltet Bestimmungen über den Warenhandel (Industrieprodukte und Fischereierzeugnisse, unverarbeitete und verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterungen, technische Handelshemmnisse, einschliesslich gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen), den Handel mit Dienstleistungen, Investitionen, den Schutz des geistigen Eigentums, den Wettbewerb, das öffentliche Beschaffungswesen, Handel und nachhaltige Entwicklung, die wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit sowie institutionelle Bestimmungen (Gemischter Ausschuss und Streitbeilegungsverfahren). Im Unterschied zu den anderen FHA der EFTA, in denen der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten in separaten bilateralen Zusatzabkommen zwischen den einzelnen EFTA-Staaten und den Partnerstaaten geregelt ist, wird im FHA mit den zentralamerikanischen Staaten eine neue Präsentation angewendet. Im FHA mit den zentralamerikanischen Staaten sind die unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukte integraler Bestandteil des Hauptabkommens und die bilateralen Listen der Marktzugangskonzessionen für unverarbeitete 8

SICA (Sistema de la Integración Centroamericana): Belize, Costa Rica, Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Panama. Das Verfahren zur Integration von Haiti läuft zurzeit.

987

BBl 2016

und verarbeitete Landwirtschaftsprodukte in separaten Anhängen aufgeführt (Anhänge IX, X, XI, XII, XIII, XIV, XXIII, XXIV, XXV). Die neue Struktur beinhaltet ein Kapitel über Handel mit nichtlandwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie ein Kapitel über Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Sie hat unter anderem den Vorteil, dass die Darstellung der Konzessionen für alle Vertragsparteien vereinfacht wird. Der Verzicht auf das bilaterale Zusatzabkommen für unverarbeitete Landwirtschaftsprodukte hat hingegen inhaltlich keine Auswirkung auf die Konzessionen im Landwirtschaftsbereich. Die neue Struktur wird von der EFTA auch gegenüber Partnern in anderen Verhandlungsprozessen vorgeschlagen.

1.4

Überblick über den Inhalt des Abkommens, dem Guatemala Beitritt

Das FHA, dem Guatemala beitritt, umfasst eine Präambel und die folgenden Kapitel: 1. Allgemeine Bestimmungen, 2. Handel mit nichtlandwirtschaftlichen Erzeugnissen, 3. Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, 4. Handel mit Dienstleistungen, 5. Investitionen, 6. Schutz des geistigen Eigentums, 7. Öffentliches Beschaffungswesen, 8. Wettbewerb, 9. Handel und nachhaltige Entwicklung, 10. Wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit, 11. Institutionelle Bestimmungen, 12. Streitbeilegung, 13. Schlussbestimmungen. Die 25 Anhänge sind integraler Bestandteil des Abkommens (Art. 13.2).

1.5

Würdigung

Das FHA, dem Guatemala beitritt, geht als Präferenzabkommen in verschiedenen Bereichen über das im Rahmen der Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) bestehende Niveau bezüglich Marktzugang und Rechtssicherheit hinaus. Es verbessert auf breiter Basis den Marktzugang, beziehungsweise erhöht die Rechtssicherheit für Schweizer Waren und Dienstleistungen auf dem guatemaltekischen Markt, stärkt die Rechtssicherheit für den Schutz des geistigen Eigentums und allgemein für den wirtschaftlichen Austausch und trägt zur nachhaltigen Entwicklung bei. Zudem wird mit dem FHA ein institutionalisierter Rahmen für die Behördenzusammenarbeit zur Überwachung und Weiterentwicklung des FHA und zur Lösung von konkreten Problemen geschaffen.

Der Beitritt Guatemalas zum FHA beugt dem Diskriminierungspotenzial gegenüber anderen Freihandelspartnern Guatemalas vor und schafft für Schweizer Wirtschaftsakteure gegenüber Konkurrenten aus Ländern, die kein FHA mit Guatemala haben, einen Wettbewerbsvorteil auf diesem Markt. Potenzielle, beziehungsweise effektive Diskriminierungen werden abgewendet, die sich insbesondere aus dem Assoziationsabkommen der SICA-Staaten (Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama) mit der EU und den USA (ohne Panama)9 ergeben (vgl. Ziff. 2.1).

9

988

Panama hat mit den USA 2007 ein bilaterales FHA abgeschlossen, das seit 2012 in Kraft ist.

BBl 2016

1.6

Vernehmlassung

Aus Artikel 3 Absätze 1 und 2 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200510 (VlG) ergibt sich, dass bei einem internationalen Abkommen, das nicht dem fakultativen Referendum unterstellt ist und keine wesentlichen Interessen der Kantone betrifft, grundsätzlich kein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt wird, ausser wenn es sich um ein Vorhaben von grosser politischer, finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer oder kultureller Tragweite handelt oder wenn dieses in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen wird. In diesem Fall geht es um den Beitritt zu einem bestehenden FHA, das bezüglich Inhalt sowie finanzieller, politischer und wirtschaftlicher Bedeutung im Wesentlichen den früher abgeschlossenen FHA der Schweiz entspricht. Es handelt sich somit nicht um ein Vorhaben von besonderer Tragweite im Sinne des VlG. Die Kantone wurden gemäss den Artikeln 3 und 4 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 199911 über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes sowohl bei der Vorbereitung des Verhandlungsmandats als auch, soweit erforderlich, während der Verhandlungen beigezogen. Da die Abkommen auch nicht in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen werden, konnte auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichtet werden.

2

Wirtschaftslage Guatemalas sowie Beziehungen der Schweiz mit Guatemala

2.1

Soziale und wirtschaftliche Lage sowie Aussenwirtschaftspolitik Guatemalas

Guatemala hat nach dem jahrzehntelangen Bürgerkrieg deutliche Fortschritte gemacht, um demokratische und wirtschaftliche Stabilität zu erlangen. Seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens 1996 sind Bemühungen im Gang, die Institutionen zu stärken und die internationale Marktöffnung durch die Aushandlung von FHA voranzutreiben. Die Wirtschaft Guatemalas wuchs in den letzten Jahrzehnten relativ stabil, wurde durch die globale Finanzkrise 2009 aber ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Das Land könnte sein Wirtschaftswachstum über den Handel, die regionale Integration und den Tourismus weiter ankurbeln.

Guatemala ist dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) 1991 beigetreten und wurde am 21. Juli 1995 in die WTO aufgenommen. Ausserdem setzt sich das Land für die regionale Integration ein. Zusammen mit Costa Rica, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Panama hat Guatemala 1991 das SICA ins Leben gerufen und 1993 ein Protokoll zur schrittweisen Einführung einer Zollunion unterzeichnet.

Konkretisiert haben sich die zentralamerikanischen Integrationsbemühungen aber erst 2007 mit der Unterzeichnung des Rahmenvertrags zur Einführung einer Zollunion durch die SICA-Mitgliedstaaten. Seither wurden substanzielle Fortschritte für die schrittweise Liberalisierung des Güterverkehrs (allerdings mit wichtigen Aus10 11

SR 172.061 SR 138.1

989

BBl 2016

nahmen) und zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des normativen Rahmens erzielt. Die Zollrechte wurden weitgehend harmonisiert, es gibt aber noch keinen gemeinsamen Aussenzoll.

Zusammen mit den anderen zentralamerikanischen Staaten (Costa Rica, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Panama) hat Guatemala 2010 ein Assoziationsabkommen mit der EU abgeschlossen, das Guatemala seit dem 1. Dezember 2013 anwendet.

Neben der Errichtung eines umfassenden Freihandelsregimes sieht der Vertrag mit der EU eine verstärkte politische Zusammenarbeit und den Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit vor. Mit Belize, Chile, der Dominikanischen Republik, Ecuador, Kolumbien, Mexiko, Peru, Taiwan, den USA und Venezuela hat Guatemala ebenfalls FHA abgeschlossen. Wie bei allen zentralamerikanischen Staaten ist die USA der wichtigste Handelspartner Guatemalas.

Im Jahr 2014 belief sich das BIP von Guatemala auf 60,4 Milliarden US-Dollar und war somit das höchste aller zentralamerikanischen Staaten. Der grösste Teil des guatemaltekischen BIP ist dem Dienstleistungssektor zuzuschreiben, gefolgt von der Industrie und der Landwirtschaft. 2014 verzeichnete Guatemala ein Wirtschaftswachstum von 4 Prozent. Trotz einer Zunahme der Exporteinnahmen weist das Land ein hohes Handelsbilanzdefizit auf. Die Leistungsbilanz war in den letzten Jahren praktisch immer negativ (2014: -2,3 %). Wegen des Haushaltsdefizits (2014: rund 2 % des BIP) hat die Staatsverschuldung über die letzten Jahre leicht zugenommen.

2014 lag das Pro-Kopf-Einkommen bei 3600 US-Dollar. Die Steuereinnahmen sind gering. Die Versuche zur Reform des Steuersystems sind gescheitert.

Die Einkommensverteilung in Guatemala ist sehr ungleich. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze und die sozialen Ungleichheiten sind sehr gross. Auch wenn bei der Sicherheit im letzten Jahr kleine Fortschritte mit einer Senkung der Zahl der Tötungsdelikte erzielt wurden, bleiben die Kriminalität und die Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie die Straflosigkeit besonders problematisch. Guatemala kämpft immer noch mit Schwächen im Funktionieren des Rechtsstaates und Mängel im Justizwesen.

Guatemala bemüht sich jedoch, in der UNO und in der Organisation der amerikanischen Staaten (OAS) eine angemessene Rolle zu spielen. In 2007 wurde die Kommission der UNO gegen
Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) eingesetzt. Der Auftrag dieser Kommission läuft im 2015 aus. Die Behörden haben Ihre Absicht bekannt gemacht, die Erneuerung des Auftrages zu beantragen. Das Land hat zudem die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet. Als UNO-Mitglied hat Guatemala insbesondere das Übereinkommen vom 18. Dezember 197912 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, die Kinderrechtskonvention vom 20. November 198913, das Übereinkommen vom 10. Dezember 198414 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe und das Übereinkommen vom 15. November 200015 gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität ratifiziert. Ebenfalls ratifiziert hat das Land den Interna12 13 14 15

990

SR 0.108 SR 0.107 SR 0.105 SR 0.311.54

BBl 2016

tionalen Pakt vom 16. Dezember 196616 über bürgerliche und politische Rechte sowie den Internationalen Pakt vom 16. Dezember 196617 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Ausserdem hat sich Guatemala diversen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) angeschlossen, auch den acht Kernübereinkommen. 2012/13 hatte Guatemala einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat inne.

Was die Umwelt anbelangt, hat Guatemala die wichtigsten internationalen Umweltschutzabkommen und -protokolle ratifiziert. Darunter namentlich das Protokoll von Kyoto vom 11. Dezember 199718 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Reduktion von Treibhausgasen), das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen vom 9. Mai 199219 über Klimaänderungen, das Wiener Übereinkommen vom 22. März 198520 zum Schutz der Ozonschicht, das Basler Übereinkommen vom 22. März 198921 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, das Übereinkommen vom 3. März 197322 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (Artenschutzübereinkommen), das Internationale Tropenholz-Übereinkommen vom 27. Januar 200623 und das Übereinkommen vom 5. Juni 199224 über die Biologische Vielfalt.

2.2

Bilaterale Beziehungen zwischen der Schweiz und Guatemala

Die Schweiz und Guatemala unterhalten seit 1957 diplomatische Beziehungen. Die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind gut.

Im Rahmen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit profitiert Guatemala von den von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Zentralamerika umgesetzten Projekten mit regionalem Ansatz. Die thematischen Schwerpunkte liegen dabei auf der Förderung der kleinen Unternehmen, der guten Regierungsführung, der Verwaltung der öffentlichen Finanzen und der Infrastruktur sowie den lokalen Dienstleistungen des öffentlichen Sektors. Dank der von der DEZA in dieser Region geleisteten humanitären Hilfe können die Risiken bei Naturkatastrophen reduziert werden. 2014 investierte die DEZA 41,4 Millionen Schweizerfranken für Projekte in Zentralamerika.

Die Abteilung Menschliche Sicherheit des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) finanziert zudem seit 2007 Projekte im Menschenrechtsbereich. Die Arbeit konzentriert sich hier zurzeit hauptsächlich auf die Umsetzung der Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und 16 17 18 19 20 21 22 23 24

SR 0.103.2 SR 0.103.1 SR 0.814.011 SR 0.814.01 SR 0.814.02 SR 0.814.05 SR 0.453 SR 0.921.11 SR 0.451.43

991

BBl 2016

-verteidigern. Die Schweiz hat zudem die Arbeit der Kommission der UNO gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) zwischen 2009 und 2014 unterstützt und daran teilgenommen.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beteiligt sich im Rahmen eines regionalen Programms für Zentralamerika an der Finanzierung von Projekten, unter anderem in den Bereichen Wettbewerb, Konsumentenschutz, Förderung des fairen Handels, Risikomanagement in Mikrounternehmen sowie Versorgung der Haushalte und Unternehmen mit sauberen und modernen Energie. Ausserdem gewährt die Schweiz Guatemala Zollpräferenzen im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) zugunsten der Entwicklungsländer.

Am Rande der Verhandlungen für ein FHA haben sich die Schweiz und Guatemala auf ein Projekt im Bereich der technischen Zusammenarbeit einigen können. Dieses Projekt zielt auf die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und der Exporte des guatemaltekischen Milchsektors durch eine effiziente und umweltverträgliche Ressourcennutzung sowie eine Verbesserung der Qualitätsstandards, der Produktionsbedingungen (im Industriebereich) des nationalen Qualitätssystems.

Die Schweiz und Guatemala sind aktive Mitglieder in verschiedenen internationalen Organisationen und setzen diverse internationale Abkommen um (Ziff. 2.1), was ihnen eine Plattform für Diskussionen und Zusammenarbeit bietet. Der Beitritt Guatemalas zum FHA wird den langjährigen guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern in verschiedenen Bereichen, insbesondere auf wirtschaftlicher Ebene, neuen Schwung verleihen und die Beziehungen mit Zentralamerika weiter vertiefen.

Die Schweiz und Guatemala haben 1955 ein bilaterales Handelsabkommen25 und 1974 ein Abkommen über den internationalen Linienflugverkehr26 abgeschlossen.

Seit 2005 ist zudem ein Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen mit Guatemala27 in Kraft.

2.3

Handel und Investitionen zwischen der Schweiz und Guatemala

Das Handelsvolumen der Schweiz mit Guatemala belief sich 2014 auf 71,3 Millionen Schweizerfranken. Guatemala ist in der Region der drittgrösste Handelspartner der Schweiz, nach Panama (2014: 393,5 Mio. CHF) und Costa Rica (2014: 177,9 Mio. CHF) und vor Honduras (2014: 28,7 Mio. CHF), Nicaragua (2014: 15,5 Mio. CHF) und El Salvador (2014: 14,9 Mio. CHF).

25 26

27

992

Handelsabkommen vom 1. April 1955 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Guatemala (SR 0.946.293.761).

Abkommen vom 27. Februar 1974 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Guatemala über den regelmässigen internationalen Luftverkehr (SR 0.748.127.193.76).

Abkommen vom 9. September 2002 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Guatemala über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen (SR 0.975.237.6).

BBl 2016

Die wichtigsten Exportgüter der Schweiz nach Guatemala sind pharmazeutische und chemische Produkte (2014: 42,5 %), Maschinen und elektronische Geräte und Produkte (28,8 %), Uhren (12,1 %) sowie Präzisionsinstrumente (6,7 %). Die wichtigsten Importgüter der Schweiz aus Guatemala sind Rohkaffee (2014: 83,4 %), Ethylalkohol und Rum (5,1 %) sowie Zucker (4,3 %). Die Importe bestanden 2014 zu 95,4 Prozent aus Landwirtschaftsprodukten.

In Zentralamerika ist Guatemala die viertwichtigste Destination für Schweizer Direktinvestitionen. Der Kapitalbestand der Schweizer Direktinvestitionen in Guatemala belief sich 2013 auf über 307 Millionen CHF. Die Direktinvestitionen Guatemalas in der Schweiz sind zurzeit unbedeutend.

3

Erläuterungen zu den Bestimmungen des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und den zentralamerikanischen Staaten, dem Guatemala beitritt, und den bilateralen Konzessionen zwischen der Schweiz und Guatemala

Präambel Die Präambel hält die allgemeinen Ziele der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Rahmen des FHA fest. Die Vertragsparteien betonen und bekräftigen ihr Bekenntnis zu den grundlegenden Rechten und Prinzipien der Demokratie und Menschenrechte, der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, der Arbeitnehmerrechte, des Völkerrechts ­ insbesondere der Charta der Vereinten Nationen,28 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ­ sowie des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung. Die Präambel übernimmt auch die in Artikel 1.2 (Ziele) festgehaltenen Ziele, das heisst die WTO-konforme Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen, die Förderung von Investitionen und Wettbewerb und die Ausweitung des Welthandels. Ferner bekräftigen die Vertragsparteien ihre Unterstützung der Grundsätze von guter Unternehmensführung und verantwortungsvollem Unternehmensverhalten, wie sie in den einschlägigen Instrumenten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder der Vereinten Nationen festgehalten sind, sowie ihre Absicht, die Transparenz zu fördern und die Korruption zu bekämpfen.

Kapitel 1: Allgemeine Bestimmungen (Art. 1.1­1.9) Die Artikel 1.1 und 1.2 legen die Ziele des FHA fest. Basierend auf Artikel XXIV des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT 1994; Anhang 1A.1 des Abkommens vom 15. April 199429 zur Errichtung der Welthandelsorganisation) und auf Artikel V des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen

28 29

SR 0.120 SR 0.632.20

993

BBl 2016

(GATS; Anhang 1.B des Abkommens vom 15. April 199430 zur Errichtung der Welthandelsorganisation) wird eine Freihandelszone errichtet, mit dem Ziel, die Liberalisierung des Warenverkehrs und des Dienstleistungshandels, die gegenseitige Ausweitung der Investitionsmöglichkeiten, die Förderung des Wettbewerbs, die Sicherstellung eines angemessenen und effektiven Schutzes und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum, ein besseres Verständnis für das öffentliche Beschaffungswesen und die Entwicklung des internationalen Handels unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen.

Artikel 1.3 regelt, auf welches Gebiet das FHA Anwendung findet. Das FHA gilt für das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und ihrem innerstaatlichen Recht.

Artikel 1.4 (Umfang der erfassten Handels- und Wirtschaftsbeziehungen): Das FHA tangiert die Rechte und Pflichten in Bezug auf die Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten nicht. Diese sind im Übereinkommen vom 4. Januar 196031 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) geregelt. Zudem wendet die Schweiz gestützt auf den Zollvertrag vom 29. März 192332 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet die Bestimmungen des FHA über den Warenhandel auch auf Liechtenstein an.

Artikel 1.5 regelt das Verhältnis zu anderen internationalen Abkommen. Im Wesentlichen wird dadurch gewährleistet, dass die Pflichten und Verpflichtungen der Vertragsparteien auf internationaler Ebene ebenfalls eingehalten werden müssen.

Artikel 1.6 (Besteuerung): Das Abkommen schränkt die Steuerhoheit der Vertragsparteien nicht ein. Gleichzeitig sind die Vertragsparteien nicht befugt, sich auf ihre Steuerhoheit zu berufen, um das vereinbarte Liberalisierungsniveau zu umgehen.

Artikel 1.7 zur Transparenz regelt die Informationspflichten der Vertragsparteien.

Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften und Verwaltungsentscheide von allgemeiner Tragweite veröffentlichen oder öffentlich zugänglich machen, ebenso internationale Abkommen und, soweit verfügbar, Gerichtsentscheide, die einen Einfluss auf die Durchführung des Freihandelsabkommens haben können. Zu dieser allgemeinen Verpflichtung kommt die Pflicht hinzu, Informationen zur Verfügung zu stellen und
Fragen zu Massnahmen zu beantworten, die die Anwendung des Abkommens berühren können, soweit die jeweilige nationale Gesetzgebung dies erlaubt.

Artikel 1.8: Um der wachsenden Bedeutung des elektronischen Handels für die Entwicklung des internationalen Handels in allgemeiner Weise Rechnung zu tragen, enthält das Freihandelsabkommen einen entsprechenden Artikel und einen Anhang (Anhang II). Gemäss Artikel 1.8 anerkennen die Vertragsparteien einerseits, dass der elektronische Handel für den Handel zwischen ihnen künftig eine immer wichtigere Rolle spielen wird, und verpflichten sich andererseits, ihre Zusammenarbeit in diesem Bereich zu verstärken, um die Bestimmungen des Abkommens zu Warenverkehr und Dienstleistungshandel zu fördern. Die Modalitäten dieser Zusammen30 31 32

994

SR 0.632.20 SR 0.632.31 SR 0.631.112.514

BBl 2016

arbeit, die in erster Linie auf einem Informationsaustausch und der Errichtung einer Kontaktstelle zur Erleichterung dieses Austauschs gründet, sind im Anhang geregelt.

In diesem Anhang anerkennen die Vertragsparteien zudem die Notwendigkeit, die Nutzung und Entwicklung des elektronischen Handels nicht zu behindern und ein vertrauenswürdiges Umfeld für die Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen. Schliesslich bekräftigen die Vertragsparteien ihre Absicht, ihre Bestrebungen zur Förderung des elektronischen Handels zwischen ihnen und zur Stärkung des multilateralen Handelssystems fortzusetzen.

Kapitel 2: Handel mit nichtlandwirtschaftlichen Erzeugnissen (Art. 2.1­2.20) Artikel 2.1: Der Geltungsbereich von Kapitel 2 des FHA umfasst die Industrieprodukte, das heisst die Kapitel 2597 des durch das Internationale Übereinkommen vom 14. Juni 198333 über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren errichteten Harmonisierten Systems, die Warengruppe Fisch und andere Meeresprodukte, mit Ausnahme bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die im Harmonisierten System nach Kapitel 24 erfasst sind (Anhang III). Der Deckungsbereich für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse wird in Anhang III des FHA aufgezeigt.

Artikel 2.2: Damit Waren in den Genuss der präferenziellen Zölle dieses Abkommens kommen, müssen sie die Ursprungsregeln erfüllen (Art. 2.2). Die detaillierten Bestimmungen werden in Anhang I definiert. Sie legen insbesondere fest, welche Waren sich als Ursprungswaren qualifizieren, welche Ursprungsnachweise für die präferenzielle Zollbehandlung verwendet werden müssen und wie die Kooperation der betroffenen Verwaltungen erfolgt. Die Ursprungsregeln dieses Abkommens sind abgeleitet von den EFTA-Freihandelsabkommen mit anderen südamerikanischen Ländern und Mexiko. Sie sind jedoch etwas weniger restriktiv ausgestaltet. Dies entspricht den Interessen der Vertragsparteien, da ihre Unternehmen auf Importe von Rohstoffen von ausserhalb der Freihandelszonen angewiesen sind.

Artikel 2.3 regelt die präferenzielle Zollbehandlung, die sich die Vertragsparteien in Bezug auf den Handel mit Industrieprodukten sowie im Bereich Fisch und andere Meeresprodukte gemäss dem FHA gegenseitig gewähren. Die Verpflichtungen der Vertragsparteien bezüglich des Zollabbaus (Art. 2.3 und Anhänge IV, V und XXII)
sind asymmetrisch. Wie andere EFTA-Freihandelsabkommen berücksichtigt das Abkommen auf diese Weise das unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungsniveau zwischen den EFTA-Staaten und den zentralamerikanischen Staaten. Mit Ausnahme einiger Tarifpositionen im Bereich der Agrarpolitik (insbesondere Futtermittel, Anhang IIIb) beseitigen die EFTA-Staaten mit Inkrafttreten des Beitrittsprotokolls die Zölle auf Industrieprodukten und Fisch vollumfänglich. Gleiches gilt für Guatemala bezüglich der meisten Tariflinien. Für die Zölle, die nicht sofort aufgehoben werden, wurden Übergangsfristen von 515 Jahren vereinbart. Guatemala gewährt keine Konzessionen für ein paar wenige Tariflinien in den Bereichen Zement, Holzerzeugnisse, Papierprodukte und Stahlerzeugnisse (Rohre), die für die Schweiz von untergeordneter Bedeutung sind. Die Konzessionsliste erlaubt Guate-

33

SR 0.632.11

995

BBl 2016

mala in finanziellen Notsituationen vorübergehend Zölle auf bestimmten Erdölprodukten zu erheben.

Artikel 2.4­2.6 und Artikel 2.8: Dem Beispiel bisheriger FHA der EFTA-Länder folgend, enthält auch das vorliegende Abkommen Bestimmungen zum Verbot von Ausfuhrzöllen (Art. 2.4). Das Abkommen sieht zudem ein Verbot mengenmässiger Beschränkungen bei Aus- und Einfuhren (Art. 2.6) sowie die Anwendung der Inländerbehandlung (Art. 2.8) vor. Im Gegensatz zu den Abkommen der zentralamerikanischen Staaten mit den USA und Kanada enthält dieses Abkommen keine Ausnahmen gegenüber diesen Grundsätzen.

Artikel 2.9­2.10: Über die Verweise auf die WTO-Bestimmungen bezüglich technischer Vorschriften (TBT) und gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Massnahmen (SPS) hinausgehend, vereinbarten die Vertragsparteien in den Artikeln 2.9 und 2.10 die Schaffung von behördlichen Expertenkontaktpunkten.

Einerseits wird dadurch der generelle Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden gefördert. Andererseits kann im Falle von technischen Handelshemmnissen und allenfalls damit einhergehenden Firmenproblemen ein rascher und direkter Zugang zu den jeweiligen Fachverantwortlichen der Länder hergestellt und gemeinsam nach pragmatischen Lösungen gesucht werden. Auch wollen die Vertragsparteien die bilaterale Zusammenarbeit und dadurch das gegenseitige Vertrauen stärken. Artikel 2.10 umfasst auch das gemeinsame Engagement, technische Vorschriften wenn immer möglich auf internationale Normen abzustützen. Schliesslich sicherten sich die Vertragsparteien in Artikel 2.10 in einer Evolutivklausel zu, dass allfällige zukünftig den Handel erleichternde TBT-Zugeständnisse der zentralamerikanischen und der EFTA-Staaten an eine Drittpartei im Rahmen einer Revision des Freihandelsabkommens berücksichtigt werden. Durch diese Bestimmung könnten allfällige Diskriminierungen der EFTA beispielsweise gegenüber der EU vermieden werden.

Artikel 2.11: Das Abkommen enthält Massnahmen zur Handelserleichterung. Diese verpflichten die Vertragsparteien insbesondere, relevante Gesetze und Verordnungen sowie Gebührenansätze im Internet zu publizieren und internationale Standards bei der Ausgestaltung der Zollverfahren einzuhalten. Ferner können die Ausführer ihre Zollerklärungen auf elektronischem Weg einreichen. Die detaillierten
Bestimmungen sind in Anhang VII definiert.

Artikel 2.7 und 2.13­2.20: Für eine Reihe weiterer handelsbezogener Massnahmen verweist das FHA auf die einschlägigen Rechte und Pflichten im Rahmen der WTO.

Dies gilt für Gebühren und Formalitäten (Art. 2.7), staatliche Handelsunternehmen (Art. 2.13), Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (Art. 2.14), Antidumping (Art. 2.15), allgemeine Schutzmassnahmen (Art. 2.16), bilaterale Schutzmassnahmen (Art. 2.17), allgemeine Ausnahmen, namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes (Art. 2.18 und 2.19), sowie Massnahmen bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art. 2.20). Das FHA sieht in den Artikeln 2.14­2.17 Konsultationsverfahren unter Berücksichtigung der präferenziellen Handelsbeziehungen der Vertragsparteien vor, die über die WTO-Regeln hinausgehen. Artikel 2.17 legt insbesondere ein Verfahren zu bilateralen Schutzmassnahmen fest, die auch für den Landwirtschaftsbereich gelten.

996

BBl 2016

Artikel 2.12: Das FHA setzt einen Unterausschuss über Warenverkehr (vgl. Kap. 11 zu den institutionellen Bestimmungen) für entsprechende Fragen ein (Art. 2.12 und Anhang VIII). Die Aufgaben dieses Unterausschusses betreffen die Ursprungsregeln, die Zollverfahren und die Handelserleichterung sowie die Überwachung der Umsetzung der von den Vertragsparteien im nichtlandwirtschaftlichen Bereich ausgehandelten Verpflichtungen. Der Unterausschuss ist zudem beauftragt, den Informationsaustausch über Zollfragen zu regeln und technische Änderungen in Bezug auf den Warenverkehr vorzubereiten. Für Fragen zur Zusammenarbeit der Verwaltungen ist der Unterausschuss ebenfalls zuständig (Anhang I Abschnitt V).

Anhang I zu Ursprungsregeln und zur Zusammenarbeit der Verwaltungen Die Artikel 2 und 3 definieren im Grundsatz, welche Waren als Ursprungswaren angesehen werden können. Dies sind einerseits sog. Urprodukte, die vollständig in einer Vertragspartei erzeugt wurden. Weiter gelten Erzeugnisse, für die drittländische Vormaterialien verwendet wurden, dann als Ursprungswaren, wenn sie genügend bearbeitet wurden (vgl. Art. 4). Vormaterialien, die sich bereits als Ursprungswaren qualifizieren, können ursprungsunschädlich verwendet werden (sog.

Kumulation).

Artikel 4 (Wesentliche Verarbeitung): Waren, die unter Zunahme drittländischer Vormaterialien hergestellt wurden, gelten dann als genügend verarbeitet, wenn sie die in Appendix I aufgeführten Kriterien (Listenregeln) erfüllen. Basisagrarprodukte müssen die Bedingungen als Urprodukte erfüllen. Für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte werden Regeln angewendet, die den Bedürfnissen sowohl der Landwirtschaft als auch der verarbeitenden Lebensmittelindustrie Rechnung tragen. Im Gegensatz zu den Industrieprodukten gelten im Verkehr mit Costa Rica, Guatemala und Panama für Agrarprodukte teilweise unterschiedliche Listenregeln. Die Listenregeln für Industrieprodukte entsprechen den aktuellen Herstellungsmethoden der Schweizer Produzenten. So ist es für chemische und pharmazeutische Produkte, textile Erzeugnisse und Waren des Maschinensektors meist ausreichend, wenn sie mehr als minimal behandelt wurden (s.a. Art. 5) oder wenn die drittländischen Vormaterialien in eine andere Zolltarifnummer eingereiht werden als die fertigen Waren. Zudem gilt über weite Teile ein
Alternativkriterium, das die Verwendung von 50­70 Prozent drittländischer Vormaterialen erlaubt. Die Bedürfnisse der Uhrenindustrie konnten berücksichtigt werden, weshalb der Drittlandanteil bei diesen Waren auf 40 Prozent beschränkt ist.

In Artikel 5 werden die Minimalbehandlungen aufgeführt, die unabhängig der Bestimmungen von Artikel 4 nicht als ursprungsbegründend gelten. Dies sind einfache Bearbeitungen wie zum Beispiel Verpacken, Aufteilen, Reinigen, Bemalen, Entkernen und Schälen von Früchten und Gemüsen oder das Schlachten von Tieren, die für sich noch keine ursprungsbegründende Bearbeitung darstellen.

Artikel 6: Die Kumulationsbestimmungen sehen die diagonale Kumulation vor, womit Vormaterialien der jeweils anderen Vertragsparteien (Costa Rica, Guatemala, Panama, EFTA-Staaten), die Ursprungscharakter haben, weiterverwendet werden können. Die Kumulation kann aber nur dann angewendet werden, wenn alle Vertragsparteien die gleichen Ursprungsregeln anwenden und die Einfuhrpartei den

997

BBl 2016

verwendeten Vormaterialien einen zollfreien Marktzugang gewähren würde, wodurch eine Anwendung gewissermassen auf Industrieprodukte eingeschränkt wird, da die mit den zentralamerikanischen Staaten vereinbarten Listenregeln im Agrarsektor variieren können und selten ein komplett zollfreier Marktzugang gewährt wird.

Artikel 13: Das Territorialitätsprinzip legt fest, dass die Erfüllung der Ursprungsregeln innerhalb der Zone zu erfolgen hat und Rückwaren, die in ein Drittland exportiert wurden, grundsätzlich den Ursprungsstatus verlieren. Es besteht jedoch dahingehend eine Toleranz, dass unverändert wiedereingeführte Erzeugnisse unter bestimmten Voraussetzungen den Ursprungscharakter behalten. Ausserdem behalten in ein Drittland exportierte Waren, die verändert wurden, ihren Ursprungscharakter, sofern der dort erzielte Wertzuwachs 15 Prozent des Ab-Werk-Preises des Enderzeugnisses nicht überschreitet. Diese Regelung ist insbesondere für den Werkplatz Schweiz wichtig, da sie die Auslagerung von arbeitsintensiven Produktionsschritten in Drittländer erlaubt.

Artikel 14 (Direkttransport): Ursprungswaren müssen direkt zwischen den Vertragsparteien befördert werden, können Drittstaaten jedoch transitieren, sofern sie dort unter Zollkontrolle bleiben. Ursprungserzeugnisse dürfen während des Transports nicht verändert, können aber umgeladen werden. Das Aufteilen von Sendungen ist möglich. Diese Bestimmung erhöht die logistische Flexibilität der Schweizer Exportindustrie und erleichtert damit deren Ausfuhren.

Artikel 15­20: Als Ursprungsnachweise sind, wie mit den anderen lateinamerikanischen Freihandelspartnern, die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 und die Ursprungserklärung vorgesehen. Ermächtigte Ausführer sind von der Verwendung der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 befreit und stellen unabhängig vom Warenwert eine Ursprungserklärung auf einem Handelsdokument aus.

Artikel 28 bildet die Grundlage für das Nachprüfungsverfahren von Ursprungsnachweisen. Im Rahmen der Nachprüfung wird ermittelt, ob der in Frage stehende Ursprungsnachweis authentisch ist und ob sich die fraglichen Erzeugnisse auch tatsächlich als Ursprungswaren qualifizieren. Die zuständigen Behörden der Ausfuhrpartei führen beim Exporteur auf Anfrage der Einfuhrpartei eine Nachprüfung durch. Zu diesem Zweck können sie vom Exporteur
ursprungsbelegende Dokumente verlangen oder am Firmensitz des Exporteurs oder Herstellers eine Kontrolle durchführen. Die Frist für die Beantwortung eines Nachprüfungsgesuchs beträgt grundsätzlich zwölf Monate, kann nach Absprache aber verlängert werden.

Artikel 29 (Notifikationen): Hier wird die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden geregelt. Diese informieren sich gegenseitig in Bezug auf die Adressen der Behörden, die Systeme der ermächtigten Ausführer und die verwendeten Stempel für die Validierung von Ursprungszeugnissen. Anwendungsfragen und -probleme werden direkt zwischen den zuständigen Behörden oder im Rahmen des Unterausschusses für Zollfragen besprochen.

998

BBl 2016

Anhang VII zu Zollverfahren und Handelserleichterung Artikel 1­3: Die Vertragsparteien führen effektive Kontrollen durch, um den Handel zu erleichtern und dessen Entwicklung zu fördern, und sie vereinfachen die Verfahren für den Warenhandel. Sie schaffen Transparenz, indem sie Gesetze, Verordnungen und generelle Entscheide im Internet und nach Möglichkeit in Englisch publizieren. Sie geben auf Anfrage verbindliche Auskünfte für Tarifeinreihungen und die anwendbaren Zollansätze, für den Zollwert und die anwendbaren Ursprungsregeln.

Indem sich die Vertragsparteien verpflichten, im grenzüberschreitenden Verkehr anwendbare Vorschriften im Internet zu publizieren, und eine verbindliche Auskunft verlangt werden kann, wird für die Wirtschaftsbeteiligten erhöhte Transparenz und Rechtssicherheit geschaffen.

Artikel 4: Die Vertragsparteien wenden Zoll-, Handels- und Grenzverfahren an, die einfach, angemessen und objektiv sind. Kontrollen, Formalitäten und benötigte Dokumente sollen auf das Nötigste beschränkt werden. Um Kosten zu reduzieren und unnötige Verzögerungen des Handels zwischen den Vertragsparteien zu verhindern, sollen effiziente Handelsverfahren angewendet werden, die nach Möglichkeit auf internationalen Standards basieren.

Artikel 6­9: Die Vertragsparteien wenden eine Risikokontrolle an, welche die Verzollung von Waren mit geringem Risiko vereinfacht. Damit wird bezweckt, dass der Grenzverkehr für einen Grossteil der Waren schnell vollzogen werden kann und Kontrollen auf ein Minimum beschränkt werden. Zu erhebende Kosten und Gebühren sollen dem Wert der Dienstleistung entsprechen, nicht auf dem Warenwert basieren und die Ansätze sollen im Internet publiziert werden.

Kapitel 3: Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Art. 3.1­3.7) Artikel 3.1: Der Geltungsbereich von Kapitel 3 erstreckt sich auf die Basisagrarprodukte und die verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte, das heisst die Kapitel 1­24 des Harmonisierten Systems, mit Ausnahme der Warengruppe Fisch und andere Meeresprodukte. Ebenfalls abgedeckt sind bestimmte Landwirtschaftserzeugnisse, die im Harmonisierten System nach Kapitel 24 erfasst sind.

Artikel 3.2­3.3 (Zollkonzessionen, landwirtschaftliche Ausfuhrsubventionen): Für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte gewähren die EFTA-Staaten Guatemala Konzessionen in Form einer
präferenziellen Behandlung, die derjenigen für Produkte aus der EU entspricht (Art. 3.2 und Anhänge XXIII, XXIV, XXV). Die EFTA-Staaten beseitigen somit das Industrieschutzelement beim für diese Produkte geltenden Zollansatz und behalten das Recht, auf Einfuhren Abgaben zu erheben, um die Preisdifferenz für Rohstoffe auf den EFTA-Märkten und auf dem Weltmarkt auszugleichen (Anhänge XXIII, XXIV, XXV). Für andere verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, die keine für die Agrarpolitik der EFTA-Staaten sensiblen Rohstoffe enthalten (z. B. Kaffee, Kakao, Mineralwasser, Bier, bestimmte Spirituosen oder Essig), gewähren die EFTA-Staaten Guatemala, wie bei Costa Rica und Panama, einen zollfreien Zugang zu ihren Märkten. Wie schon in den früher abgeschlossenen Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Peru sowie Kolumbien verzichten die Vertragsparteien auf die Möglichkeit, für die Ausfuhr von Produkten, die Gegenstand von Zollkonzessionen sind, Ausfuhrbeiträge auszurichten (Art. 3.3).

999

BBl 2016

Umgekehrt gesteht Guatemala den EFTA-Staaten für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte analoge Konzessionen wie der EU zu. Nach einer Übergangsfrist von zehn Jahren ­ für bestimmte Produkte bereits früher ­ können die EFTA-Staaten ihre wichtigsten verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte (mit Ausnahme von Milchpulver) zollfrei nach Guatemala exportieren. Für einige spezifische Produkte sieht Guatemala keine Frist für den vollständigen Abbau von Zöllen, sondern einen präferenziellen Marktzugang in Form einer sofortigen Senkung der angewandten Zölle vor (z. B. für Schokolade). Wie in den von Guatemala mit seinen anderen Freihandelspartnern abgeschlossenen Abkommen ist Kaffee mittels sehr restriktiver Ursprungsregeln von der präferenziellen Behandlung ausgenommen.

Im Bereich der Basisagrarprodukte gesteht die Schweiz Guatemala separate bilaterale Konzessionen zu (Art. 3.2, Anhang XXV), die generell vergleichbar sind mit jenen, die sie Costa Rica und Panama sowie Peru und Kolumbien eingeräumt hat.

Die Zollkonzessionen bestehen in der Reduktion oder Beseitigung der Einfuhrzölle für eine Reihe von Landwirtschaftserzeugnissen, für die Guatemala ein besonderes Interesse geltend gemacht hat. Es handelt sich insbesondere um bestimmte lebende Pflanzen und Schnittblumen sowie verschiedene Früchte und Gemüse, vor allem Bananen. Die von der Schweiz (in der Regel innerhalb der WTO-Zollkontingente und der saisonalen Einschränkungen, soweit diese anwendbar sind) gewährten Konzessionen bewegen sich im Rahmen der schweizerischen Agrarpolitik. Keine von der Schweiz gewährte Konzession geht über den Inhalt früherer Freihandelsabkommen oder das Allgemeine Präferenzsystem (APS) der Schweiz hinaus. Ausserdem ersetzen die von der Schweiz gegenüber Guatemala im Rahmen des Freihandelsabkommens gewährten Konzessionen die bisherigen Zugeständnisse im Rahmen des APS. Eine Ausnahme bildet Zucker, bei dem die Schweiz die Konzessionen des APS so lange gewähren wird, wie Guatemala die Kriterien des ASP erfüllt. Der Zollschutz für Produkte, die für die Schweizer Landwirtschaft sensibel sind, wurde beibehalten.

Guatemala hat der Schweiz die Reduktion oder Beseitigung der Einfuhrzölle für eine Reihe von Erzeugnissen gewährt, die für Schweizer Exporteure von Basisagrarprodukten von besonderem Interesse sind. Ab dem Inkrafttreten des
Beitrittsprotokolls Guatemala zum FHA oder nach einer Zollabbaufrist profitiert die Schweiz somit auf dem guatemaltekischen Markt von einem präferenziellen Zugang für Säfte und Fleischzubereitungen, Trockenfleisch, sowie für eine Reihe von Erzeugnissen von geringerem Interesse für Schweizer Exporteure. Zudem räumt Guatemala der Schweiz ein jährliches bilaterales zollfreies Tarifkontingent in der Grösse von 100 Tonnen für Käse, Butter und andere Milchprodukte ein. Exporteure von Schmelzkäse oder von typischem Schweizer Hartkäse wie Emmentaler oder Greyerzer werden im Rahmen dieses präferenziellen Kontingents somit in Guatemala von einem zollfreien Marktzugang profitieren. Aufgrund der beschränkten Möglichkeiten der Schweiz, für Basisagrarprodukte einen ebenso breiten Marktzugang wie die EU zu gewähren, fallen auch die Zugeständnisse von Guatemala an die Schweiz geringer aus als jene, die der EU gewährt wurden, insbesondere im Bereich der Milchprodukte und bestimmter Getränke.

Artikel 3.4­3.7: Die Verbesserung des gegenseitigen Marktzugangs wird im Rahmen einer entsprechenden Revisionsklausel regelmässig geprüft (Art. 3.7). Im 1000

BBl 2016

Bereich der Handelsdisziplinen verweist das Kapitel über landwirtschaftliche Erzeugnisse auf die einschlägigen Bestimmungen aus Kapitel 2 (Art. 3.5). Dies gilt auch für Schutzmassnahmen bei Marktstörungen. Bei Streitigkeiten kann entweder das Streitbeilegungsverfahren der WTO oder das zu diesem Zweck im Freihandelsabkommen vorgesehene Verfahren (s. Kap. 12) eingeleitet werden.

Kapitel 4: Handel mit Dienstleistungen (Art. 4.1­4.21) Kapitel 4 des FHA betrifft den Handel mit Dienstleistungen. Die Begriffsbestimmungen und die Bestimmungen zum Dienstleistungshandel (insbesondere die vier Erbringungsarten34, Meistbegünstigung, Marktzugang, Inländerbehandlung und Ausnahmen) folgen dem GATS35, wobei gewisse GATS-Bestimmungen präzisiert, beziehungsweise dem bilateralen Rahmen angepasst wurden.

Die Bestimmungen in Kapitel 4 werden in Anhang XVII durch sektorielle Regeln für den Bereich der Finanzdienstleistungen ergänzt. Die nationalen Listen der spezifischen Verpflichtungen betreffend Marktzugang und Inländerbehandlung sind in Anhang XV enthalten, während die Ausnahmen von der Meistbegünstigungsklausel in Anhang XVI geregelt sind.

Artikel 4.1­4.3: Das Hauptmerkmal von Kapitel 4 besteht darin, dass es eng dem GATS folgt. Es wird systematisch direkt auf das GATS verwiesen, dessen Bestimmungen anwendbar sind und zum Bestandteil von Kapitel 4 erklärt werden, ausser die Vertragsparteien haben es vorgezogen, eine bestimmte GATS-Bestimmung zu präzisieren, zu vereinfachen oder zu verstärken. Verglichen mit einer wörtlichen Übernahme gewährleistet dieses Vorgehen mittels Verweisen noch besser, dass die Bestimmungen dieses Abkommens, die mit denen des GATS identisch sind, auch gleich ausgelegt werden. Kapitel 4 übernimmt im Wesentlichen die Begriffsbestimmungen und die Bestimmungen des GATS. Somit ist der Anwendungsbereich des Kapitels über den Dienstleistungshandel mit demjenigen des GATS identisch (Art. 4.1). Fast alle im GATS enthaltenen Begriffsbestimmungen werden in Kapitel 4 übernommen, meist durch Verweis. Einzig die Begriffsbestimmung der juristischen Person wurde inhaltlich abgeändert, um sie dem bilateralen Kontext anzupassen. Das entsprechende Kapitel gilt nur für jene juristischen Personen, die nach dem Recht einer Vertragspartei gegründet oder errichtet wurden und die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei
ansässig und tätig sind, sowie für Einheiten (z. B. Zweigniederlassungen), die im Eigentum von natürlichen oder juristischen Personen einer Vertragspartei stehen oder von diesen beherrscht werden und die gleichzeitig in einer Vertragspartei niedergelassen sind und dort Geschäfte tätigen.

Artikel 4.4: Bezüglich der Meistbegünstigung folgt der Artikel weitgehend der entsprechenden GATS-Bestimmung. Festgehalten wird zudem, dass Freihandelsabkommen mit Drittstaaten, die nach Artikel V GATS notifiziert werden, von der Verpflichtung dieser Klausel ausgenommen sind. Die Vertragsparteien verpflichten 34

35

Es handelt sich um folgende vier Erbringungsarten: 1) grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung; 2) Konsum im Ausland; 3) Erbringung von Dienstleistungen über eine gewerbliche Niederlassung; 4) Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung.

SR 0.632.20 Anhang 1B

1001

BBl 2016

sich jedoch dazu, auf Ersuchen einer Vertragspartei über die Vorteile zu verhandeln, die von einer Vertragspartei auf der Grundlage solcher Abkommen gewährt werden.

Artikel 4.5­4.7, 4.11, 4.16­4.17: Die Artikel betreffend Marktzugang (Art. 4.5), Inländerbehandlung (Art. 4.6), zusätzliche Verpflichtungen (Art. 4.7), Transparenz (Art. 4.11), allgemeine Ausnahmen (Art. 4.16) sowie Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit (Art. 4.17) werden durch direkten Verweis auf das GATS übernommen.

Artikel 4.8: Die Disziplinen bezüglich der innerstaatlichen Regelungen gründen auf jenen des GATS. Die Tragweite dieser Disziplinen wurde gegenüber dem GATS allerdings erweitert. Die meisten Disziplinen gelten nicht nur für die Sektoren mit spezifischen Verpflichtungen, sondern für alle unter Kapitel 4 fallende Dienstleistungen.

Artikel 4.9, 4.10, 4.12, 4.13, 4.18: Die Bestimmungen betreffend Anerkennung (Art. 4.9), Grenzüberschreitung von natürlichen Personen (Art. 4.10), Monopole und Dienstleistungserbringer mit ausschliesslichen Rechten (Art. 4.12), Geschäftspraktiken (Art. 4.13) und Listen der spezifischen Verpflichtungen (Art. 4.18) sind im Wesentlichen mit jenen des GATS identisch, wurden jedoch an den bilateralen Kontext angepasst.

Artikel 4.14, 4.15: Der Artikel zu Zahlungen und Überweisungen (Art. 4.14) übernimmt mehrheitlich die Bestimmungen des GATS. Die Vertragsparteien verzichten jedoch auf eine Beschränkung von Zahlungen und Überweisungen nicht nur für laufende Geschäfte im Zusammenhang mit ihren spezifischen Verpflichtungen, sondern für alle laufenden Geschäfte mit einer anderen Vertragspartei, soweit diese Geschäfte nicht die Zahlungsbilanz gefährden. Der Artikel über Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz (Art. 4.15) sieht vor, dass die Einführung oder Aufrechterhaltung solcher Beschränkungen mit dem entsprechenden GATS-Artikel konform sein muss.

Anhang XVII zu Finanzdienstleistungen Artikel 1: Um den Besonderheiten des Finanzsektors Rechnung zu tragen, werden die allgemeinen Bestimmungen von Kapitel 4 in Anhang XVII durch spezifische Bestimmungen zu diesem Sektor ergänzt. Die Begriffsbestimmungen in Bezug auf die Finanztätigkeit (Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen) und die Ausnahmen bezüglich Geldpolitik und Sozialversicherungssystem werden aus dem entsprechenden Anhang des
GATS übernommen.

Artikel 2: Die Bestimmungen zur Inländerbehandlung gründen auf der Vereinbarung der WTO über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen, wobei diese Vereinbarung innerhalb der WTO für deren Mitglieder nicht bindend ist. Die Vertragsparteien des vorliegenden Abkommens verpflichten sich somit insbesondere dazu, Finanzdienstleistungsanbietern anderer Vertragsparteien mit einer gewerblichen Niederlassung die Teilnahme an öffentlichen Zahlungs- und Clearingsystemen, an offiziellen Kreditfazilitäten, an Selbstregulierungsorganen, an Börsen oder anderen Organisationen und Verbänden, die für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nötig sind, auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu ermöglichen.

1002

BBl 2016

Artikel 3 und 4: Die Vertragsparteien verpflichten sich darüber hinaus zu weitergehenden Disziplinen im Bereich der Transparenz (Art. 3) und der Abwicklung von Genehmigungsverfahren (Art. 4). In Bezug auf die Transparenz sind die zuständigen Behörden der Vertragsparteien beispielsweise gehalten, interessierten Personen auf Anfrage Auskunft über die Anforderungen und Verfahren zur Erlangung von Bewilligungen zu erteilen. Des Weiteren verpflichten sich die Vertragsparteien, den Zeitrahmen anzugeben, der in der Regel für die Erteilung einer Zulassung erforderlich ist. In Bezug auf die zügige Abwicklung der Genehmigungsverfahren sind die zuständigen Behörden der Vertragsparteien beispielsweise gehalten, Gesuche ohne unangemessenen Verzug zu bearbeiten und eine Zulassung zu erteilen, sofern alle Anforderungen erfüllt sind, wobei die Zulassung spätestens sechs Monate nach Einreichung des Gesuchs zu erteilen ist.

Artikel 5: Die weit gefasste Ausnahme des GATS für aufsichtsrechtliche Massnahmen, die im GATS-Anhang über die Finanzdienstleistungen formuliert ist, konnte im Rahmen des vorliegenden Abkommens ausgewogener gestaltet werden, indem solche Massnahmen einer Verhältnismässigkeitsprüfung unterzogen werden. Die Finanzmarktbehörden dürfen somit keine Massnahmen ergreifen, deren Auswirkungen auf den Dienstleistungshandel einschränkender sind, als dies für die Erfüllung des Aufsichtszwecks nötig ist. Weiter sollen solche Massnahmen nicht zur Handelsbeschränkung oder auf diskriminierende Art und Weise eingesetzt werden. Gleichzeitig wenden die Vertragsparteien die international anerkannten Standards bezüglich Regulierung und Aufsicht nach Möglichkeit an.

Artikel 7: Wie in der WTO-Vereinbarung über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen vorgesehen, ist den Finanzdienstleistungsanbietern die Verarbeitung und Übertragung der für das Führen der laufenden Geschäfte nötigen Daten zu erlauben, allerdings unter Vorbehalt der von den Vertragsparteien getroffenen Massnahmen zum Schutz persönlicher Daten.

Artikel 4.18 und Anhang XV: Spezifische Verpflichtungen Die spezifischen Verpflichtungen bezüglich Marktzugang und Inländerbehandlung im Bereich Dienstleistungshandel sind in den von den Vertragsparteien einzeln erstellten Listen festgehalten. Ähnlich wie beim GATS sind die Vertragsparteien Verpflichtungen
auf der Grundlage von Positivlisten eingegangen. Gemäss der Methode der Positivlisten verpflichtet sich eine Vertragspartei, den Marktzugang nicht zu beschränken sowie die Dienstleistungserbringer und Dienstleistungen der anderen Vertragspartei in den Sektoren, Teilsektoren oder Tätigkeiten bezüglich der Form der Dienstleistungserbringung und entsprechend den auf ihrer Liste ausdrücklich und transparent aufgeführten Bedingungen und Einschränkungen nicht zu diskriminieren. Somit bedeutet das Nichtaufführen eines Sektors in der Liste einer Vertragspartei, dass diese dort keine Verpflichtungen eingeht.

Im Rahmen seines Beitritts zum FHA hat Guatemala sein Verpflichtungsniveau im Vergleich zu seiner bestehenden GATS-Verpflichtungsliste erheblich ausgeweitet.

Die spezifischen Verpflichtungen dieses Partners gehen über seine in der WTO im Rahmen der Doha-Runde unterbreitete Offerte beträchtlich hinaus. Ausserdem verpflichtet sich Guatemala zu einem Niveau des Marktzugangs, das für Schweizer

1003

BBl 2016

Exporteure keine Diskriminierung gegenüber deren Hauptkonkurrenten bewirkt. Im Vergleich zu seinen bestehenden GATS-Verpflichtungen hat Guatemala insgesamt zugestimmt, seine Verpflichtungen in einer ganzen Reihe von für die Schweizer Dienstleistungsexportindustrie wichtigen Bereichen zu erweitern, insbesondere in den Sektoren Finanzdienstleistungen (z. B. Rückversicherungs- und Vermögensverwaltungsdienstleistungen), Unternehmensdienstleistungen (z. B. Architektur- und Ingenieurdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Bereich industrielle Produktion) sowie Vertriebs-, Luftverkehrs- und Logistikdienstleistungen. Zusätzlich hat sich Guatemala verpflichtet, die Einreise von natürlichen Personen aus der Schweiz zu gestatten, die Installations- und Wartungsdienste an Maschinen und Anlagen erbringen.

Die von der Schweiz eingegangenen Marktzugangsverpflichtungen entsprechen den gegenüber Costa Rica und Panama sowie den im Rahmen von früheren Freihandelsabkommen gewährten Verpflichtungen, insbesondere im Abkommen zwischen der EFTA und Südkorea sowie jenem zwischen der EFTA und Singapur. Auch die Schweiz hat somit ihre Verpflichtungen im Vergleich zu ihrer bestehenden GATSVerpflichtungsliste erweitert. So ist die Schweiz zusätzliche Verpflichtungen betreffend Personen, die Installations- und Wartungsdienste an Maschinen und Anlagen erbringen, sowie unter anderem im Bereich Luft- und Seeverkehrsdienstleistungen eingegangen.

Weiter haben die Vertragsparteien als zusätzliche Verpflichtungen die spezifischen Regeln aus dem Referenzpapier des GATS für Basistelekommunikation übernommen.

Das vorliegende Abkommen enthält ausserdem eine Revisionsklausel (Art. 4.20), gemäss der die Listen der spezifischen Marktzugangsverpflichtungen von den Vertragsparteien im Hinblick auf die Erreichung eines höheren Liberalisierungsniveaus regelmässig zu überprüfen sind.

Kapitel 5: Investitionen (Art. 5.1­5.11) Die Niederlassungsbestimmungen der FHA-Kapitel über den Dienstleistungshandel und die Investitionen ergänzen das Abkommen vom 9. September 200236 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Guatemala über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen, das seit dem 3. Mai 2005 in Kraft ist. Dieses Abkommen regelt die Phase nach der Niederlassung (sog. «postestablishment»). Das FHA und
das bilaterale Investitionsschutzabkommen decken somit zusammen den gesamten Investitionszyklus vom Marktzutritt über die Nutzung bis zur Liquidation einer Investition ab.

Artikel 5.1: Die Bestimmungen des Investitionskapitels des FHA gelten für die Niederlassung von Unternehmen (d. h. für den Marktzutritt für Direktinvestitionen, Phase des sog. «pre-establishment») in den Sektoren ausserhalb der Dienstleistungen (Art. 5.1). Die Investitionen in den Dienstleistungssektoren fallen unter die Erbringungsart «gewerbliche Niederlassung» des Kapitels Dienstleistungshandel (s. Ziff. 3.5).

36

SR 0.975.237.6

1004

BBl 2016

Artikel 5.2­5.4, 5.11: Das Kapitel über Investitionen sieht vor, dass die Investoren der Vertragsparteien das Recht erhalten, in einer anderen Vertragspartei grundsätzlich unter den gleichen Bedingungen wie die inländischen Investoren ein Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen (Art. 5.3). Der Grundsatz der Inländerbehandlung erfasst die Gründung, den Erwerb und den Betrieb nicht nur von Unternehmen mit Rechtspersönlichkeit (juristische Personen), sondern auch von Zweigstellen oder Vertretungen (Art. 5.2). Abweichungen vom Grundsatz der Inländerbehandlung (Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Investoren) sind nur für Massnahmen und in Wirtschaftssektoren zulässig, die in den in einem Anhang des FHA enthaltenen Vorbehaltslisten (Negativlisten) der Vertragsparteien aufgeführt sind (Art. 5.4). Die Vorbehalte der Schweiz betreffen wie üblich den Erwerb von Grundstücken, Wohnsitzerfordernisse gemäss Gesellschaftsrecht und den Energiesektor. Guatemala hat in Bezug auf die Inländerbehandlung in folgenden Bereichen Vorbehalte angebracht: einzelne Bestimmungen des Gesellschaftsrechts, Erwerb von Grundstücken, Subventionen, Energie, Waffen und Sprengstoffe, Rechte oder präferenzielle Behandlung von Minderheiten und indigenen Bevölkerungsgruppen, Waldwirtschaft, Fischerei und Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem öffentlichen Sektor.

Die spätere Aufnahme von Vorbehalten in die Negativliste bleibt möglich, sofern das allgemeine Verpflichtungsniveau der betroffenen Vertragspartei nicht gesenkt wird und die anderen Vertragsparteien informiert und auf deren Ersuchen konsultiert worden sind (Art. 5.4 Abs. 4). Im Rahmen des Gemischten Ausschusses überprüfen die Vertragsparteien die Vorbehalte regelmässig im Hinblick auf eine mögliche Verminderung oder die Aufhebung von Vorbehalten (Art. 5.4 Abs. 2 und Art. 5.11).

Artikel 5.5­5.10: Das Kapitel enthält ausserdem eine Bestimmung zu Personal in Schlüsselpositionen. Diese Bestimmung sieht vor, dass der Investor und sein Schlüsselpersonal (z. B. Führungskräfte, Beraterinnen und Berater, Experten) ins Gastland einreisen dürfen (Art. 5.5). Die nationale Gesetzgebung der Vertragsparteien bleibt dabei ausdrücklich vorbehalten. Die Bestimmung enthält somit für die Schweiz keine Verpflichtung, die über ihre Gesetzgebung hinausgeht. Eine andere Bestimmung sieht
den freien Kapital- und Zahlungsverkehr vor (Art. 5.7). Dieser kann unter gewissen Bedingungen zum Schutz der Zahlungsbilanz beschränkt werden (Art. 5.8). Das Gastland einer Investition behält weiter das Recht, Massnahmen im öffentlichen Interesse, insbesondere aus Gründen des Schutzes der Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt, sowie aus aufsichtsrechtlichen Gründen zu ergreifen, ohne von solchen Massnahmen eigens Gebrauch zu machen, um ausländische Investitionen anzuziehen (Art. 5.6). Bei den üblichen Ausnahmen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 5.9) und die Wahrung der Sicherheit (Art. 5.10) gelten die Regeln der Artikel XIV und XIVbis GATS.

Kapitel 6: Schutz des geistigen Eigentums (Art. 6.1) Die Abkommensbestimmungen über den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum verpflichten die Vertragsparteien, einen effektiven Immaterialgüterrechtsschutz zu gewährleisten und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum sicherzustellen.

1005

BBl 2016

Im Vergleich zum Abkommen der EU mit Guatemala erhöht das Freihandelsabkommen mit den EFTA-Staaten die Rechtssicherheit und die Sichtbarkeit der Schutzklauseln. Punkto Rechtssicherheit ist das vorliegende Kapitel auf der gleichen Stufe anzusiedeln wie die Abkommen der USA mit Guatemala.

Artikel 6.1 hält fest, dass die Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gemäss den relevanten Bestimmungen des Abkommens vom 15. April 1994 über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPSAbkommen; Anhang 1C des Abkommens vom 15. April 199437 zur Errichtung der Welthandelsorganisation) gelten. Ausserdem sieht das Abkommen vor, dass die Bestimmungen über das geistige Eigentum überprüft werden können, um das Schutzniveau weiterzuentwickeln und die Entwicklung des Handels zwischen den Vertragsparteien zu fördern.

Anhang XIX zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum In diesen Artikeln in Anhang XIX sind sämtliche materielle Schutzstandards bezüglich bestimmter Immaterialgüterrechtsbereiche festgelegt. Diese entsprechen grundsätzlich europäischen Standards und gehen in verschiedenen Bereichen über das im TRIPS-Abkommen der WTO festgesetzte Schutzniveau hinaus. Die Doha-Erklärung vom 14. November 2001 zum TRIPS-Übereinkommen und zur öffentlichen Gesundheit sowie die Änderung des TRIPS-Abkommens, die vom Allgemeinen Rat der WTO am 6. Dezember 2005 verabschiedet wurde, bleiben vorbehalten.

Artikel 2 (Internationale Abkommen): Ähnlich wie in anderen von der EFTA abgeschlossenen Freihandelsabkommen bestätigen die Vertragsparteien in Artikel 2 von Anhang XIX zu Artikel 6.1 des Hauptabkommens ihre Pflichten unter verschiedenen internationalen Immaterialgüterrechtsabkommen, deren Vertragspartei sie sind (das TRIPS-Abkommen, Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 188338 zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert am 14. Juli 1967, die Berner Übereinkunft vom 24. Juli 197139 zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, das Internationale Abkommen vom 26. Oktober 196140 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen [RomAbkommen], der Vertrag vom 19. Juni 197041 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens, revidiert am 3. Oktober 2001, sowie der Budapester Vertrag vom 28. April 197742 über die internationale
Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren). Weiter verpflichten sich die Vertragsparteien, die materiellen Bestimmungen bestimmter Abkommen einzuhalten (das Abkommen von Nizza43 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, revidiert am 28. September 1979, der WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 20. Dezember 199644, 37 38 39 40 41 42 43 44

SR 0.632.20 SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.231.171 SR 0.232.141.1 SR 0.232.145.1 SR 0.232.112.8 SR 0.231.151

1006

BBl 2016

der WIPO-Vertrag vom 20. Dezember 199645 über Darbietungen und Tonträger, das Internationale Übereinkommen vom 2. Dezember 196146 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen [UPOV] gemäss der Fassung von 1991, ausser eine Vertragspartei ist bereits Mitglied der Fassung von 1978 und hat sich entschieden, der Fassung von 1991 nicht beizutreten). Zudem haben die Vertragsparteien versprochen, soweit dies nicht bereits der Fall ist, die nötigen internen Schritte einzuleiten, um gewissen Verträgen beizutreten (der Genfer Akte vom 2. Juli 199947 des Haager Abkommens betreffend die internationale Eintragung gewerblicher Muster und Modelle sowie dem Vertrag von Peking vom 24. Juni 201248 zum Schutz audiovisueller Darbietungen sowie dem Protokoll zum Madrider Abkommen vom 27. Juni 198949 über die internationale Registrierung von Marken).

Artikel 3­5, Artikel 12 (Markenschutz, Patente, Datenschutz, Zollhilfemassnahmen): Die Bestimmungen zum Patentschutz verpflichten die Staaten unter anderem explizit, eingeführte patentierte Güter mit lokal produzierten patentierten Gütern gleichzustellen und ein ergänzendes Schutzzertifikat für Patente im Pharmabereich bei einer Verringerung der effektiven Schutzdauer aufgrund eines Marktzulassungsverfahrens vorzusehen. Die Bestimmungen zum Testdatenschutz sehen eine mindestens 5-jährige Schutzdauer für pharmazeutische und eine mindestens 10-jährige Schutzdauer für agro-chemische Produkte vor (Anhang XIX Art. 5). Im Bereich des Markenschutzes wird auf die WIPO-Empfehlungen zum ausgedehnten Schutz bekannter Marken verwiesen (Anhang XIX Art. 3). Zudem wird im Bereich der Zollhilfemassnahmen die Kompetenz der Zollbehörden neben der Einfuhr auch auf die Ausfuhr von urheberrechtlich geschützten Markenfälschungen oder Piraterieprodukten ausgedehnt (Anhang XIX Art. 12).

Artikel 7 und 8: Das Abkommen verpflichtet ausserdem zum Schutz geografischer Angaben (Ausdehnung des erhöhten Schutzes auf landwirtschaftliche Produkte und Esswaren) (Anhang XIX Art. 7), ebenso wie zum Schutz der Ländernamen der Vertragsparteien (für die Schweiz beispielsweise: «Switzerland», «Schweiz», «Swiss») sowie zum Schutz ihrer Wappen, Fahnen und Embleme, etwa gegen deren missbräuchliche Verwendung in Marken sowohl für Güter als auch Dienstleistungen (Anhang XIX Art. 8).

Artikel 9: Als Zugeständnis an die
zentralamerikanischen Staaten zeigte sich die Schweiz kooperativ im Bereich der Bestimmungen zu Biodiversität und traditionellem Wissen, wobei das Resultat mit dem Patentgesetz vom 25. Juni 195450 kompatibel ist.

Kapitel 7: Öffentliches Beschaffungswesen (Art. 7.1­7.28) Kapitel 7 regelt Bedingungen, Verfahren und Umfang des Marktzugangs zwischen den Vertragsparteien. Es übernimmt die wesentlichen Bestimmungen des am 45 46 47 48 49 50

SR 0.231.171.1 SR 0.232.163 SR 0.232.121.4 AS ...

SR 0.232.112.4 SR 232.14

1007

BBl 2016

30. März 2012 verabschiedeten revidierten WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPArev), wobei die zentralamerikanischen Staaten dem WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen nicht beigetreten sind. Dies betrifft insbesondere die Bestimmungen über den Anwendungs- und Geltungsbereich (Art. 7.1), die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Nichtdiskriminierung (Art. 7.4), die Bekämpfung von Interessenskonflikten und die Vorbeugung von Korruption (Art. 7.6), das Verbot von Kompensationsgeschäften, die sogenannten «offsets» (Art. 7.8), die Transparenz (Art. 7.9), die Auflagen bezüglich die Publikation der Ausschreibungen (Art. 7.10), die Teilnahmebedingungen samt den Ausschlussbedingungen der Anbieter (Art. 7.11), die Verfahren bei der Qualifikation eines Anbieters (Art. 7.12), die Ausschreibungsunterlagen (Art. 7.14), das Verfahren der freihändigen Vergabe, dies mit einer Änderung, die darin besteht, dass für kurze Zeit zu ausserordentlich günstigen Bedingungen mögliche Beschaffungen vom Abkommen nicht erfasst werden (Art. 7.18), die elektronischen Auktionen (Art. 7.19), die Verhandlungen (Art. 7.20), den Zuschlag (Art. 7.22), die Information betreffend den Zuschlag (Art. 7.23) und den Rechtsschutz, wobei die zentralamerikanischen Staaten auch die minimale Frist von zehn Tagen für die Einreichung einer Beschwerde akzeptiert haben (Art. 7.25). Weitere im GPA nicht vorgesehene Bestimmungen des Kapitels 7 betreffen die technische Zusammenarbeit (Art. 7.27) sowie die Möglichkeit für die Vertragsparteien, unter sich die Ausdehnung der Konzessionen, die eine Vertragspartei nach Inkrafttreten des Abkommens einem Drittstaat gewähren könnte, auszuhandeln (Art. 7.28).

Der zugesicherte Marktzugang entspricht weitgehend denselben Vergabestellen, Gütern, Dienstleistungen und Baudienstleistungen wie in den von der Schweiz im Rahmen des Übereinkommens vom 15. April 199451 über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) eingegangenen Verpflichtungen, während der Marktzugangsbedingungen mit den Regeln des revidierten GPA vereinbar sind. In Anlehnung an die bilateralen Verpflichtungen gegenüber den EFTA-Partnern und der EU sowie gemäss den in den FHA der EFTA mit Chile, Kolumbien, Peru, den Ländern des Kooperationsrates der Golfstaaten und der Ukraine vereinbarten Verpflichtungen
hat die Schweiz gegenüber Guatemala auf der Grundlage der Gegenseitigkeit die Gemeindeebene unterstellt. Bei den Schwellenwerten gelten für die Schweiz diejenigen des GPA. Wie Costa Rica und Panama hat sich Guatemala verpflichtet, die von den USA und Kanada im Rahmen des GPA vereinbarten Schwellenwerte anzuwenden.

Dies bedeutet, dass Guatemala bei der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen auf der subterritorialen Ebene Schwellenwerte von SZR 355 000 anstatt von SZR 200 000 anwenden wird. Nach Inkrafttreten des FHA kann Guatemala jedoch während einer Übergangsfrist von drei Jahren höhere Schwellenwerte anwenden.

Das FHA zwischen der EU und Guatemala sieht ebenfalls eine solche Übergangsfrist von drei Jahren vor. Die Schwellenwerte bestimmen dem Betrag, ab welchem eine Beschaffung dem Abkommen unterstellt ist und grundsätzlich ausgeschrieben werden muss.

Die Verpflichtungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens eröffnen den Anbietern der EFTA-Staaten einen umfassenden Zugang und dies zu den Bedingungen, die im revidierten GPA verankert sind. Der Umfang des Marktzugangs ent51

SR 0.632.231.422

1008

BBl 2016

spricht den von Guatemala mit den USA und mit der EU vereinbarten Zugeständnissen. Der Umstand, dass das revidierte GPA die Rechtsgrundlage von Kapitel 7 bildet, dürfte den Anbietern eine willkommene Rechtssicherheit bieten. Dieses Verhandlungsresultat ist umso bemerkenswerter, da Guatemala nicht Vertragspartei des GPA ist und zu diesem Zeitpunkt einen Beitritt auch nicht beabsichtigt.

Kapitel 8: Wettbewerb (Art. 8.1­8.4) Die Liberalisierung des Warenverkehrs und des Dienstleistungshandels sowie der Auslandsinvestitionen kann durch wettbewerbswidrige Praktiken von Unternehmen beeinträchtigt werden. Daher beinhalten die EFTA-FHA in der Regel Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs vor wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Praktiken; sie bezwecken indes keine Harmonisierung der Wettbewerbspolitik der einzelnen Vertragsparteien.

In Kapitel 8 anerkennen die Vertragsparteien, dass wettbewerbswidrige Unternehmenspraktiken oder andere abgestimmte Verhaltensweisen mit dem guten Funktionieren des FHA unvereinbar sind (Art. 8.1).

Sie verpflichten sich, diese Bestimmungen in Übereinstimmung mit ihren nationalen Wettbewerbsgesetzen auch auf öffentliche Unternehmen anzuwenden, sofern dies die Erfüllung der ihnen zugewiesenen öffentlichen Aufgaben nicht behindert (Art. 8.1 Abs. 2). Diese Regeln begründen jedoch keine direkten Verpflichtungen für die Unternehmen (Art. 8.1 Abs. 3). Vertragsparteien, die über kein eigenes Wettbewerbsrecht verfügen, verpflichten sich, innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens ein solches zu erlassen (Art. 8.1 Abs. 4).

Ausserdem enthält das Abkommen Bestimmungen zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien, um wettbewerbswidrige Verhaltensweisen zu beseitigen (Art. 8.2). Zu diesem Zweck ist namentlich vorgesehen, dass die Vertragsparteien nicht vertrauliche Informationen austauschen (Art. 8.2 Abs. 2). Für diesen Informationsaustausch gelten die nationalen Vertraulichkeitsbestimmungen.

Ferner sieht das Abkommen die Möglichkeit von Konsultationen im Rahmen des nach dem Abkommen errichteten Gemischten Ausschusses vor (Art. 8.3).

Streitigkeiten über die Anwendung der Bestimmungen von Kapitel 8 sind nicht dem in Kapitel 12 beschriebenen Streitbeilegungsmechanismus unterstellt (Art. 8.4).

Kapitel 9: Handel und nachhaltige Entwicklung (Art. 9.1­9.11)
Guatemala hat, in Ergänzung zu den nachhaltigkeitsrelevanten Bestimmungen in der Präambel (s.o. Ziff. 3.1) und in den sektoriellen Kapiteln des FHA, fast sämtliche von der EFTA vorgeschlagenen Modellbestimmungen übernommen.

Die EFTA-Staaten und die zentralamerikanischen Staaten anerkennen den Grundsatz, dass die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung und der Umweltschutz voneinander abhängige Elemente der nachhaltigen Entwicklung sind, die sich gegenseitig unterstützen (Art. 9.1 Abs. 2). Die Vertragsparteien bekräftigen ihr Bekenntnis zur Förderung des internationalen und bilateralen Handels auf eine Weise, die mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung vereinbar ist (Art. 9.1 Abs. 4). Das Kapitel gilt für Massnahmen, die von den Vertragsparteien getroffen oder beibehal1009

BBl 2016

ten werden und umwelt- oder arbeitsspezifische Fragen bezüglich Handel und Investitionen betreffen (Art. 9.2).

Hinsichtlich der Bestimmungen zu Umweltaspekten sind die Vertragsparteien bestrebt, in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung ein hohes Umweltschutzniveau vorzusehen, zu fördern und in Übereinstimmung mit den auf sie anwendbaren multilateralen Abkommen wirksam und unter Einhaltung der von ihnen übernommenen Umweltprinzipien (Art. 9.3 und Art. 9.6) umzusetzen, entsprechend Umweltinstrumenten wie der Stockholmer Erklärung über die Umwelt des Menschen von 1972, der Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung von 1992, der Agenda 21 für Umwelt und Entwicklung von 1992 und dem Aktionsplan von Johannesburg für nachhaltige Entwicklung von 2002 (Art. 9.1 Abs. 1). Ziel ist es, bei der Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gleichzeitig den Ressourcenverbrauch auf einem dauerhaft tragbaren Niveau zu halten, beziehungsweise auf ein solches zu senken und der Gleichrangigkeit von Umwelt und Handelsregeln Rechnung zu tragen.

Insbesondere in Bezug auf die Bestimmungen zu den Arbeitsstandards sind die Vertragsparteien bestrebt, in ihrer nationalen Gesetzgebung ein hohes Arbeitsschutzniveau vorzusehen, zu fördern (Art. 9.3 Abs. 2) und wirksam umzusetzen (Art. 9.4 Abs. 1), namentlich unter Weiterverfolgung der Ziele der Ministererklärung des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (ECOSOC) zu Vollbeschäftigung und menschenwürdiger Arbeit, mit der die Schaffung produktiver Arbeitsplätze und eine menschenwürdige Arbeit für alle angestrebt wird (Art. 9.5 Abs. 2).

Die Vertragsparteien bekräftigen weiter die Beachtung der Kernarbeitsrechte und -prinzipien, die sich aus ihrer Mitgliedschaft bei der IAO ergeben (Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen, Abschaffung der Zwangsarbeit, Beseitigung von Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, Beseitigung der Kinderarbeit; Art. 9.5 Abs. 1). Schliesslich verpflichten sie sich zur Umsetzung der IAO-Kernübereinkommen und sind bestrebt, Informationen über die jeweilige Situation und die jeweiligen Fortschritte bei der Ratifizierung von anderen Übereinkommen der IAO untereinander auszutauschen (Art. 9.5 Abs. 3).

Darüber hinaus anerkennen die Vertragsparteien, dass das in den nationalen Gesetzgebungen festgelegte Schutzniveau hinsichtlich
Umweltschutz und Arbeitsstandards nicht gemindert werden soll, um Investitionen anzuziehen oder einen Handelsvorteil zu erlangen (Art. 9.4 Abs. 2). Die Vertragsparteien sind zudem bestrebt, den Handel mit Waren und Dienstleistungen zu erleichtern und Investitionen zu fördern, die dem Umweltschutz und der nachhaltigen Entwicklung dienen, sowie ihre Zusammenarbeit im Bereich der Nachhaltigkeit in den einschlägigen internationalen Foren zu intensivieren (Art. 9.7 und 9.9). In diesem Zusammenhang verpflichten sich die Vertragsparteien namentlich zur Zusammenarbeit in den einschlägigen Foren, um die durch Treibhausgasemissionen infolge der Abholzung verursachte Klimaerwärmung zu bekämpfen. Dazu streben sie eine verbesserte Anwendung der Forstgesetzgebung an und wollen die Gouvernanz sowie den Handel mit legal und nachhaltig produzierten Waldprodukten fördern (Art. 9.8).

Auf institutioneller Ebene ist der Gemischte Ausschuss des FHA berechtigt, alle unter dieses Kapitel fallenden Bestimmungen zu behandeln und zu diskutieren sowie auf Ersuchen einer Vertragspartei Konsultationen durchzuführen (Art. 9.10 Abs. 2).

Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung der Umweltbestimmungen sind 1010

BBl 2016

durch die Vertragsparteien in diesem Rahmen zu lösen (Art. 9.10 Abs. 3­4). Das Schiedsverfahren ist auf Kapitel 9 nicht anwendbar.

Schliesslich ermöglicht eine Revisionsklausel auf Ersuchen einer Vertragspartei, die Umsetzung der Ziele aus diesem Kapitel zu überprüfen und dessen mögliche Weiterentwicklung im Lichte der internationalen Entwicklungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung zu sondieren (Art. 9.11).

Kapitel 10: Zusammenarbeit (Art. 10.1­10.4) Wie andere EFTA-Freihandelsabkommen mit Partnern, deren Entwicklungsstand von dem der EFTA-Staaten abweicht, enthält dieses Abkommen, dem Guatemala beitritt, Bestimmungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und zur technischen Unterstützung. Die Bestimmungen konzentrieren sich insbesondere auf Bereiche, die dem guten Funktionieren des Abkommens und der Umsetzung seiner Ziele dienen sollen (Art. 10.1). Ausdrücklich erwähnt sind in dieser Hinsicht die Schaffung neuer Handels- und Investitionsmöglichkeiten sowie der Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung durch Stärkung des Handels, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Technologietransfer. Die Massnahmen und Projekte zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und technischen Unterstützung der EFTA-Staaten sollen durch das EFTA-Sekretariat durchgeführt und verwaltet werden (Art. 10.2).

Als mögliche Massnahmen, die es Guatemala und seiner Wirtschaftsakteuren erlauben sollen, vollumfänglich von den neuen Gelegenheiten des FHA zu profitieren, gehören die Förderung von Export und Import in die, beziehungsweise aus den EFTA-Staaten sowie von gegenseitigen Geschäftsmöglichkeiten. Weitere mögliche Bereiche der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und technischen Unterstützung betreffen Zoll- und Ursprungsfragen; technische Vorschriften (TBT) und gesundheitspolizeiliche sowie pflanzenschutzrechtliche Massnahmen (SPS); der Schutz des geistigen Eigentums; das öffentliche Beschaffungswesen sowie Arbeit und Umwelt (Art. 10.3).

Kontaktstellen in den Vertragsparteien sollen die Umsetzung der Massnahmen und Projekte erleichtern (Art. 10.4).

Kapitel 11: Institutionelle Bestimmungen (Art. 11.1 und 11.2) Um das einwandfreie Funktionieren des FHA sowie die ordnungsgemässe Anwendung der Bestimmungen des FHA sicherzustellen, wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt. Dieser Ausschuss, der sich aus Vertretern aller
Vertragsparteien zusammensetzt, hat insbesondere die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien zu beaufsichtigen (Art. 11.1 Abs. 2 Bst. a) und die Möglichkeit der Erweiterung und Vertiefung der Verpflichtungen zu prüfen (Art. 11.1 Abs. 2 Bst. b). In gewissen Fällen überträgt das FHA dem Gemischten Ausschuss ausserdem Entscheidungskompetenzen.

So verleiht es dem Gemischten Ausschuss die Kompetenz, neben dem Unterausschuss über Warenverkehr weitere Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen einzusetzen, um ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen (Art. 11.1 Abs. 2 Bst. d). Diese Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen arbeiten im Auftrag des Ge1011

BBl 2016

mischten Ausschusses (oder im Falle des Unterausschusses über Warenverkehr auf der Grundlage des im Abkommen festgelegten Mandats).

Ausserdem kann der Gemischte Ausschuss Änderungsvorschläge zum Abkommen formulieren und ausarbeiten (Art. 11.1 Abs. 3 Bst. c). Im Allgemeinen werden diese Vorschläge den Vertragsparteien zur Genehmigung und Ratifizierung gemäss ihren jeweiligen internen Verfahren vorgelegt. Änderungen gewisser technischer Anhänge und Anlagen des Abkommens kann der Gemischte Ausschuss jedoch selbstständig beschliessen. Diese Kompetenz wird ihm übertragen, um das Verfahren für technische Anpassungen zu vereinfachen und so die Verwaltung des Abkommens zu erleichtern. Mehrere Anhänge der EFTA-Freihandelsabkommen werden regelmässig aktualisiert, insbesondere um Entwicklungen im internationalen Handelssystem (z. B. WTO, Weltzollorganisation, andere Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten und ihrer Partner) Rechnung zu tragen. Folgende technische Anhänge des Abkommens fallen unter diese Kompetenzdelegation (Art. 11.1 Abs. 3 Bst. a und b): Anhang I (Rules of Origin and Methods of Administrative Cooperation), Anhang III (Product Coverage of Non-Agricultural Products), Anhang IV (Tariff Dismantling Costa Rica), Anhang V (Tariff Dismantling Panama), Anhang VII (Trade Facilitation), Anhang VIII (Mandate of the Sub-Committee on Trade in Goods), Anhang IX (Tariff Concessions Agriculture Costa Rica-Iceland), Anhang X (Tariff Concessions Agriculture Costa Rica-Norway), Anhang XI (Tariff Concessions Agriculture Costa Rica-Switzerland/Liechtenstein), Anhang XII (Tariff Concessions Agriculture Panama-Iceland), Anhang XIII (Tariff Concessions Agriculture Panama-Norway), Anhang XIV (Tariff Concessions Agriculture Panama-Switzerland/ Liechtenstein), Anhang XV (Schedules of Specific Commitments), Anhang XVI (Lists of MFN Exemptions), Anhang XVIII (Lists of Reservations), Anhang XX (Covered Entities), Anhang XVII (Tariff Dismantling Guatemala), Anhang XXIII (Tariff Concessions Agriculture Guatemala-Iceland), Anhang XXIV (Tariff Concessions Agriculture Guatemala-Norway) und Anhang XXV (Tariff Concessions Agriculture Guatemala-Switzerland). Die Genehmigung solcher Beschlüsse des Gemischten Ausschusses liegt in der Schweiz üblicherweise in der Kompetenz des Bundesrates, insbesondere im Sinne von Artikel 7a
Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. Mai 199752 (RVOG). Dieser informiert im Rahmen seiner jährlichen Berichterstattung zu den von ihm abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen die Bundesversammlung über diese Änderungen.

Als paritätisches Organ fasst der Gemischte Ausschuss seine Beschlüsse durch Konsens (Art. 11.1 Abs. 7). Für bindende Beschlüsse ist somit die Zustimmung aller Vertragsparteien erforderlich. Der Gemischte Ausschuss kann auch Empfehlungen zuhanden der Vertragsparteien formulieren.

Jede Vertragspartei bezeichnet eine Kontaktstelle, die im Rahmen dieses FHA als Sekretariat fungiert (Art. 11.2 Abs. 1).

52

SR 172.010.

1012

BBl 2016

Kapitel 12: Streitbeilegung (Art. 12.1­12.10) Kapitel 12 des FHA sieht ein detailliertes Streitbeilegungsverfahren vor. Diese Verfahren kann ausgelöst werden, wenn eine Vertragspartei der Meinung ist, dass eine andere Vertragspartei die Verpflichtungen des Abkommens verletze.

Artikel 12.1: Falls die Streitigkeit sowohl Bestimmungen des FHA als auch WTOBestimmungen betrifft, kann sie nach Wahl der beschwerdeführenden Partei entweder dem Streitbeilegungsverfahren des FHA oder demjenigen der WTO unterstellt werden (Art. 12.1 Abs. 3). Ein späterer Wechsel des Verfahrens ist jedoch ausgeschlossen.

Artikel 12.2: Alternativ und ergänzend zum Streitbeilegungsverfahren können die Streitparteien einvernehmlich auch auf gute Dienste, Vergleich und Vermittlung zurückgreifen. Diese können jederzeit beginnen und beendet werden. Die Verfahren sind vertraulich und lassen die Rechte der Vertragsparteien in anderen Verfahren unberührt.

Artikel 12.3 regelt die formellen Konsultationen, welche die Streitparteien abhalten müssen, bevor sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen können. Die Vertragspartei, die Konsultationen beantragt, informiert auch die am Streit nicht beteiligten Vertragsparteien darüber. Im Falle einer einvernehmlichen Lösung der Angelegenheit werden die anderen Vertragsparteien darüber unterrichtet (Art. 12.3 Abs. 8).

Falls die Streitigkeit nicht innerhalb von 50 Tagen (bei dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 20 Tagen) mittels des erwähnten Konsultationsverfahrens beigelegt werden kann oder falls die Konsultationen nicht innerhalb der im Abkommen festgelegten Fristen abgehalten werden (bei dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 15 Tagen, für alle anderen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen, sofern die Vertragsparteien keine andere Frist vereinbart haben) oder aber falls die um Konsultationen ersuchte Vertragspartei nicht innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt des Antrags geantwortet hat, kann die beschwerdeführende Vertragspartei die Einsetzung eines Schiedsgerichts beantragen (Art. 12.3 Abs. 3). Wie in anderen EFTA-FHA können die Vertragsparteien, die nicht am Streit beteiligt sind, unter gewissen Bedingungen als interessierte Parteien am Schiedsverfahren teilnehmen (Art. 12.3 Abs. 4).

Artikel 12.4­12.6, 12.8: Das Schiedsgericht besteht aus drei Mitgliedern, wobei die
beschwerdeführende Partei und die Partei, gegen die Beschwerde erhoben wurde, je ein Mitglied ernennen (Art. 12.4 Abs. 3). Die freiwilligen Regeln des Ständigen Schiedshofes (Permanent Court of Arbitration, PCA) sind für die Einsetzung des Schiedsgerichts anwendbar, insbesondere bezüglich allfälliger Hindernisse bei der Ernennung eines Schiedsrichters und bezüglich der Kriterien zur Wahl eines Schiedsrichters (Art. 12.4 Abs. 3). Die Regeln des PCA gelten auch für das Schiedsverfahren (Art. 12.5). Spätestens 90 Tage nach seiner Einsetzung teilt das Schiedsgericht seinen ersten Entscheid mit, zu dem die Streitparteien innerhalb von 14 Tagen Stellung nehmen können (Art. 12.6 Abs. 1). Das Schiedsgericht trifft innerhalb von 30 Tagen nach Vorlage des ersten Entscheids den abschliessenden Entscheid (Art. 12.6 Abs. 1). Der abschliessende Entscheid des Schiedsgerichts ist für die Streitparteien bindend und endgültig (Art. 12.16 Abs. 3). Der abschliessende 1013

BBl 2016

Entscheid wird veröffentlicht, sofern die Streitparteien nichts anderes bestimmen (Art. 12.6 Abs. 2). Die Streitparteien treffen geeignete Massnahmen zur Umsetzung des Entscheids. Falls die Parteien sich nicht auf die zu treffenden Massnahmen verständigen können oder falls eine Partei sich nicht an die vereinbarte Umsetzung hält, treten die Parteien erneut in Konsultationen ein (Art. 12.9 Abs. 1). Wird keine Einigung erzielt so kann die beschwerdeführende Partei gegenüber der Partei, gegen die Beschwerde erhoben wurde, gemäss dem Abkommen gewährte Vorteile vorübergehend aussetzen (Art. 12.9 Abs. 1). In diesem Fall muss die vorübergehende Aussetzung von Konzessionen gemäss dem FHA dem Ausmass der Vorteile entsprechen, die von den laut Schiedsgericht mit dem FHA unvereinbaren Massnahmen betroffen sind.

Kapitel 13: Schlussbestimmungen (Art. 13.1­13.8) Kapitel 13 regelt die Änderungen des FHA (Art. 13.3), den Rücktritt einer Vertragspartei oder die Beendigung des FHA (Art. 13.5) sowie den Beitritt neuer Vertragsparteien.

Neue Staaten, welche Mitglied der EFTA werden oder Mitglied des SICA sind, können dem FHA zu den zwischen den Vertragsparteien auszuhandelnden Bedingungen beitreten, sofern dieser Beitritt vom Gemischten Ausschuss gutgeheissen wird (Art. 13.4).

Artikel 13.7 hält fest, dass die Vertragsparteien diesem FHA ohne Vorbehalte im Sinne des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge beitreten. Die Regierung Norwegens handelt als Depositar des Abkommens (Art. 13.8). Im Falle von Abweichungen zwischen dem gleichermassen verbindlichen englischen und spanischen Wortlaut des FHA und des Beitrittsprotokolls geht der englische Text vor.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen des Beitritts Guatemalas zum FHA beschränken sich auf einen teilweisen Ausfall der Zollerträge aus dem Handel mit Guatemala. Guatemala kommt derzeit in den Genuss der von der Schweiz autonom unter dem Allgemeinen Präferenzsystem zugunsten der Entwicklungsländer gewährten Zollvergünstigungen, die grundsätzlich durch die Zollkonzessionen des Freihandelsabkommens abgelöst werden. Die Zollerträge von Guatemala beliefen sich 2014 auf insgesamt 114 608 Millionen Schweizerfranken.

Die finanziellen Auswirkungen halten sich somit in Grenzen und sind in Beziehung zu den positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu setzen, die sich für die Schweiz insbesondere aus dem verbesserten Zugang für Schweizer Waren- und Dienstleistungsexporte auf dem guatemaltekischen Markt ergeben.

1014

BBl 2016

4.1.2

Personelle Auswirkungen

Personelle Auswirkungen beim Bund können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiterzuentwickelnder FHA ergeben. Für den Zeitraum 2015­ 2019 wurden entsprechende Ressourcen bewilligt. Für diesen Zeitraum hat der Beitritt Guatemalas zum Abkommen keine weitere personelle Aufstockung zur Folge. Über den Ressourcenbedarf für die Aushandlung neuer und die Umsetzung und Weiterentwicklung aller bestehenden Abkommen nach 2019 wird der Bundesrat zu gegebener Zeit neu entscheiden.

4.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Der Beitritt Guatemalas zum Abkommen hat für Kantone und Gemeinden sowie urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete keine finanziellen oder personellen Auswirkungen. Demgegenüber werden an den in Ziffer 4.1 erwähnten volkswirtschaftlichen Auswirkungen grundsätzlich alle Landesteile partizipieren.

4.3

Auswirkung auf die Volkswirtschaft

Indem der Beitritt Guatemalas zum Abkommen den gegenseitigen Marktzugang für Waren, Dienstleistungen und Investitionen verbessert sowie die Rechtssicherheit für den Schutz des geistigen Eigentums und allgemein für den bilateralen wirtschaftlichen Austausch erhöht, stärkt das FHA den Standort Schweiz und erhöht dessen Fähigkeit, Wertschöpfung zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen, beziehungsweise zu erhalten.

Konkret werden durch den Beitritt Guatemalas zum FHA im Einklang mit der Aussenwirtschafts- und der Agrarpolitik der Schweiz effizienzsenkende tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und Guatemala beseitigt oder reduziert. Die Verbesserung des Markzugangs für Schweizer Waren und Dienstleistungen auf dem guatemaltekischen Markt erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exporte nach Guatemala, insbesondere auch gegenüber Konkurrenten aus Ländern, die kein FHA mit diesem Land haben. Gleichzeitig beugt den Beitritt Guatemalas zum FHA dem Diskriminierungspotenzial gegenüber anderen Freihandelspartnern von Guatemala vor, insbesondere gegenüber der EU und den USA. Der Wegfall oder die Reduktion von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen sowie die Erleichterung des Dienstleistungshandels im beiderseitigen Wirtschaftsverkehr verringern zudem die Beschaffungskosten für Unternehmen in der Schweiz und entlasten die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Ähnliches gilt umgekehrt für Guatemala.

1015

BBl 2016

4.4

Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt

Das FHA, dem Guatemala beitritt, ist wie alle FHA in erster Linie ein Wirtschaftsabkommen, das die Rahmenbedingungen und die Rechtssicherheit für den wirtschaftlichen Austausch mit den zentralamerikanischen Staaten verstärken wird. Dies wird sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte Schweiz sowie Guatemala und auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken.

Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit Wirtschaftliche Tätigkeit benötigt Ressourcen und Arbeitskräfte und ist mit entsprechenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verbunden. Im Sinne des Nachhaltigkeitskonzepts gilt es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu stärken und den Wohlstand zu steigern und gleichzeitig die Umweltbelastung und den Ressourcenverbrauch auf einem dauerhaft tragbaren Niveau zu halten, beziehungsweise auf ein solches zu senken und den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten, beziehungsweise zu verbessern.53 Entsprechend sind im FHA, dem Guatemala beitritt, Bestimmungen verankert, die eine kohärente Umsetzung der Wirtschaftsvereinbarung mit den sozialen und ökologischen Zielen der nachhaltigen Entwicklung bezwecken. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Präambel und das Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung (s. Ziff. 3.10). Ebenfalls im Sinne der Kohärenz enthält das FHA eine Bestimmung, in der die Vertragsparteien ihre Rechte und Pflichten unter anderen internationalen Abkommen bestätigen (Art. 1.5), worunter Abkommen und Vereinbarungen im Handels-, Umwelt-, Sozialund Menschenrechtsbereich fallen. Für die Kohärenz besonders relevant sind auch die Ausnahmebestimmungen im Kapitel Warenverkehr und Dienstleistungshandel (Art. 2.18 und 4.16), die festlegen, dass die Vertragsparteien unter anderem zugunsten von Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, der Sicherheit und dergleichen nötigenfalls auch vom Abkommen abweichende Massnahmen ergreifen dürfen.

Auswirkungen auf die Gesellschaft Generell tragen die FHA aufgrund der Stärkung des bilateralen und multilateralen Engagements und der völkerrechtlich abgesicherten und verbesserten Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Austausch zur Förderung des Rechtsstaates, zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand bei54, dies insbesondere durch die Unterstützung des Privatsektors und der
freien Wirtschaftstätigkeit. Die FHA stärken die Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren und begünstigen den Meinungsaustausch, zwei wichtige Voraussetzungen zur Förderung unserer Werte, das heisst insbesondere der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte.

53 54

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009; BBl 2010 479, hier 493.

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009; BBl 2010 479, hier 497.

1016

BBl 2016

Die Wohlstandsgewinne durch FHA erhöhen auch die wirtschaftlichen Spielräume für Massnahmen in den Bereichen Umweltschutz und sozialer Ausgleich. Wie diese Massnahmen durch die nationalen politischen Systeme gesteuert werden, kann aber nicht durch FHA geregelt werden. Die Schweiz kann jedoch unterstützend wirken und dazu beitragen, auch im Rahmen der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit, eine Nutzung dieser ausgeweiteten Spielräume in Richtung der nachhaltigen Entwicklung zu fördern.

Auswirkungen auf die Umwelt Handel und Investitionen wie auch andere wirtschaftliche Aktivitäten haben generell Auswirkungen auf die Umwelt. Wie Handel und Investitionen die Umwelt beeinflussen, wird einerseits durch die nationale Regulierung bestimmt und andererseits dadurch, in welchen Sektoren der bilaterale Handel und die Investitionen getätigt werden, zum Beispiel verstärkte Handels- und Investitionstätigkeiten im Bereich von umweltfreundlichen Produktionsweisen oder in Sektoren mit höherer Umweltbelastung.55 Die gemäss den WTO-Regeln und den Bestimmungen von multilateralen Umweltabkommen bestehenden Möglichkeiten, den Handel mit besonders gefährlichen oder umweltschädlichen Gütern zu beschränken, werden durch das FHA, dem Guatemala beitritt, nicht eingeschränkt. Die Bestimmungen des FHA räumen den Vertragsparteien analog zu den WTO-Regeln explizit die Möglichkeit ein, Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen sowie zur Bewahrung nichterneuerbarer natürlicher Ressourcen zu treffen (Art. 2.9­2.10 des FHA, vgl. Ziff. 3.3). Entsprechende nationale Produktevorschriften werden vom FHA nicht in Frage gestellt. Die Schweiz stellt sicher, dass das Abkommen dahingehend ausgelegt wird, dass weder die Umweltgesetzgebungen der Partnerstaaten noch das internationale Umweltrecht verletzt werden und es den Regierungen nicht verunmöglicht wird, ihre Umweltstandards zu halten, beziehungsweise zu erhöhen.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

5.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Der Beitritt Guatemalas zum FHA mit den zentralamerikanischen Staaten fällt unter die in der Botschaft vom 25. Januar 201256 über die Legislaturplanung 2011­2015 und im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201257 über die Legislaturplanung 2011­ 2015 angekündigte Massnahme «Ausbau und Verstärkung des Netzes von Freihandelsabkommen».

55 56 57

Zu den verschiedenen Auswirkungsarten vgl. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009; BBl 2010 479, hier 498.

BBl 2012 481, hier 553 BBl 2012 7155, hier 7159

1017

BBl 2016

5.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Der Beitritt Guatemalas zum FHA mit den zentralamerikanischen Staaten entspricht der vom Bundesrat in den Jahren 200458 und 201159 definierten Aussenwirtschaftsstrategie. Die mit den zentralamerikanischen Staaten vereinbarten Bestimmungen zur Nachhaltigkeit entsprechen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015 des Bundesrates vom 25. Januar 201260 (s. insbesondere Kapitel 3 Massnahme 8b).

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)61, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 7a Abs. 1 RVOG).

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz und die anderen EFTA-Mitgliedstaaten sowie Guatemala gehören der Welthandelsorganisation (WTO) an. Die Vertragsparteien sind der Auffassung, dass der Beitritt Guatemalas zum Abkommen im Einklang mit den aus der WTOMitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen steht. FHA unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

Der Abschluss von FHA mit Drittstaaten steht weder mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz noch mit ihren Verpflichtungen gegenüber der EU oder den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch. Insbesondere sind die vorliegenden Bestimmungen des FHA, dem Guatemala beitritt, mit den handelsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der EU sowie den übrigen bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU vereinbar.

58 59 60 61

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 12. Januar 2005 zur Aussenwirtschaftspolitik 2004; BBl 2005 1089, Ziff. 1.

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 11. Januar 2012 zur Aussenwirtschaftspolitik 2011; BBl 2012 827, Ziff. 1.

www.are.admin.ch > Themen > Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung SR 101

1018

BBl 2016

6.3

Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Unterzeichnerstaat des Protokolls über den Beitritt Guatemalas zum FHA mit den zentralamerikanischen Staaten.

Aufgrund des Vertrags vom 29. März 192362 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet wird das Hoheitsgebiet Liechtensteins von den Bestimmungen des FHA über den Warenhandel miterfasst (Art. 2.1 und 5.1 des FHA).

6.4

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen, wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200263 (ParlG) sind unter rechtssetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Das FHA mit den zentralamerikanischen Staaten, dem Guatemala beitritt, kann gemäss Artikel 13.5 jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.

Der Beitritt zu einer internationalen Organisation ist nicht vorgesehen. Für die Umsetzung des Abkommens sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Das Abkommen, dem Guatemala beitritt, enthält rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG (Zollkonzessionen, Gleichbehandlungsgebote etc.). Zur Frage, ob es sich dabei um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV handelt (vgl. Art. 22 Abs. 4 ParlG), die ein fakultatives Referendum nach sich ziehen würden, ist einerseits festzuhalten, dass die Abkommensbestimmungen im Rahmen der Verordnungskompetenzen, die das Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 198664 dem Bundesrat für Zollkonzessionen einräumt, umgesetzt werden können. Andererseits sind die Bestimmungen nicht als grundlegend einzustufen. Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die nationale Gesetzgebung. Die Verpflichtungen dieses Abkommens und des Beitrittsprotokolls bewegen sich im Rahmen anderer von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen. Inhaltlich gehen sie nicht über andere im EFTA-Rahmen oder bilateral abgeschlossene FHA hinaus und sind von ähnlichem rechtlichem, wirtschaftlichem und politischem Gewicht. Unterschiede in einzelnen Bereichen (z. B. Kapitel zu Handel und nachhaltiger Entwicklung) haben im Vergleich zum Inhalt von früher abgeschlossenen

62 63 64

SR 0.631.112.514 SR 171.10 SR 632.10

1019

BBl 2016

Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz zur Folge und enthalten keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen.

Anlässlich der Beratung der Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 22. April 2004 sowie bei den Botschaften zu den später abgeschlossenen FHA65 haben beide Räte die Haltung des Bundesrates jeweils unterstützt, wonach internationale Abkommen, die diesen Kriterien entsprechen, nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchtstabe d Ziffer 3 BV unterliegen.

Die geltende Praxis, wonach internationale «Standard»-Abkommen nicht dem fakultativen Referendum unterliegen, wird derzeit vom Bundesrat auf ihre Konformität mit Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV geprüft. Es stellt sich unter anderem die Frage, ob die im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen neu eingeführte Praxis des Bundesrats, diese Abkommen dem fakultativen Referendum zu unterstellen, übernommen werden soll.

Da der Beitrittsprotokoll Guatemalas zum FHA zwischen der EFTA und den zentralamerikanischen Staaten die Kriterien der geltenden Praxis erfüllt, um nicht dem fakultativen Referendum unterstellt zu werden, beantragt der Bundesrat, dass der Bundesbeschluss über die Genehmigung dieses Beitrittsprotokolls zum FHA nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt wird. Dementsprechend nimmt der Beschluss über die Genehmigung des Beitrittsprotokolls zum FHA die Form eines einfachen Bundesbeschlusses an.

6.5

Sprachfassungen und Veröffentlichung der Anhänge zum Beitrittsprotokoll

Die Originalfassung des Beitrittsprotokolls Guatemalas ist in Englisch, mit authentischer Version in Spanisch. Der Abschluss des Beitrittsprotokolls in Englisch entspricht der langjährigen konstanten Praxis der Schweiz im Bereich der Verhandlungen und des Abschlusses von FHA. Englisch ist zudem die offizielle Arbeitssprache der EFTA. Dies steht im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c der Sprachenverordnung vom 4. Juni 201066 sowie den zugehörigen Erläuterungen. Die Aushandlung, Erstellung und Überprüfung von Originalfassungen des FHA in den Amtssprachen der Vertragsparteien hätte angesichts des Umfangs der Abkommenstexte unverhältnismässige Mittel erfordert.

Das Fehlen einer Originalfassung in einer Schweizer Amtssprache erfordert die Übersetzung des Texts des Beitrittsprotokolls mit Ausnahme seiner Anhänge und 65

66

Vgl. Ägypten (SR 0.632.313.211), Albanien (SR 0.632.311.231), Golfkooperationsrat (GCC: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate) (SR 0.632.311.491), Japan (SR 0.946.294.632), Kanada (SR 0.632.312.32), Kolumbien (SR 0.632.312.631), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Libanon (SR 0.632.314.891), Montenegro (SR 0.632.315.731), Peru (SR 0.632.316.411), Serbien (SR 0.632.316.821), Südafrikanische Zollunion (SACU: Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland) (SR 0.632.311.181), Tunesien (SR 0.632.317.581), Ukraine (SR 0.632.317.671).

SR 441.11

1020

BBl 2016

Anlagen in die drei Amtssprachen. Die Anhänge zum FHA umfassen insgesamt mehrere hundert Seiten. Es handelt sich bei der Mehrheit der Anhänge um Bestimmungen technischer Natur. Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b, Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200467 sowie nach Artikel 13 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 7. Oktober 201568 kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden69. Übersetzungen der Anhänge des Beitrittsprotokolls, die die Ursprungsregeln und Zollverfahren betreffen, werden von der Eidgenössischen Zollverwaltung70 elektronisch publiziert.

6.6

Inkrafttreten

Gemäss Artikel 13.4 Absatz 2 des FHA erfolgt der Beitritt Guatemalas zum FHA 60 Tage nach Hinterlegung der Ratifikationsinstrumente aller Vertragsparteien des FHA oder nach der Genehmigung der Beitrittsbedingungen durch die bestehenden Vertragsparteien, wobei der spätere Zeitpunkt massgebend ist.

67 68 69

70

SR 170.512 SR 170.512.1 Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Bundespublikationen, 3003 Bern, oder unter www.bundespublikationen.admin.ch bezogen werden; sie sind auch beim SECO unter www.seco.admin.ch verfügbar.

www.ezv.admin.ch

1021

BBl 2016

1022