16.030 Botschaft über die Genehmigung und die Umsetzung des Umweltschutzprotokolls zum Antarktis-Vertrag und der Anlagen I­V zum Protokoll vom 4. März 2016

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung und Umsetzung des Umweltschutzprotokolls zum Antarktis-Vertrag und der Anlagen I­V zum Protokoll.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. März 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2015-2342

2147

Übersicht Das Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag und zu den Anlagen zum Protokoll sollen ratifiziert werden; Teil der Vorlage ist auch der entsprechende Umsetzungserlass in Form eines Bundesgesetzes. Die Stärkung des Umweltschutzes in der Antarktis und die Möglichkeit, Forschung und Tourismus in dieser Region mitzugestalten, sind im Interesse des Forschungs- und Werkplatzes Schweiz.

Ausgangslage Der Antarktis-Vertrag aus dem Jahre 1959, dem die Schweiz 1990 beigetreten ist, enthält keine Bestimmungen zum Schutz der antarktischen Umwelt. Umweltfragen standen damals nicht im Vordergrund. Im Verlauf der zahlreichen Antarktiskonsultativtagungen (Jahrestreffen), die der Annahme des Umweltschutzprotokolls (USP), auch Madrider Protokoll genannt, vorangegangen waren, wurden deshalb sukzessiv Bestimmungen zum Umweltschutz in Form von Empfehlungen an die Vertragsstaaten erarbeitet und angenommen.

1989 entschieden die Antarktis-Vertrags-Staaten, die Ausarbeitung eines Instruments zur Schaffung eines umfassenden Umweltschutzsystems in der Antarktis an die Hand zu nehmen. Resultat ist das USP zum Antarktis-Vertrag vom 4. Oktober 1991, in Kraft getreten am 14. Januar 1998; es kodifiziert den Schutz und die Erhaltung des fragilen Ökosystems des sechsten Kontinents. Das USP stellt ein internationales Übereinkommen dar, welches den Antarktis-Vertrag ergänzt. Gemäss dem USP soll die Antarktis allen Mitgliedsländern zur wissenschaftlichen Erforschung offenstehen unter der Bedingung, dass die Forschungstätigkeiten die Umwelt nicht übermässig negativ beeinflussen. Auch enthält es ein zeitlich limitiertes Verbot des Abbaus mineralischer Ressourcen. Überdies begründet es Verpflichtungen nicht nur für die Vertragsstaaten selbst, sondern auch für Privatpersonen und Unternehmen.

Inhalt der Vorlage Das USP zum Antarktis-Vertrag und dessen Anlagen sollen ratifiziert werden; Teil der Vorlage ist auch der entsprechende Umsetzungserlass in Form eines Bundesgesetzes.

Der Antarktis-Vertrag hat heute 53 Mitgliedstaaten. Die Schweiz ist eines der 24 Länder, welche Beobachterstatus (nicht-konsultativer Status) haben. Bei Vertragsabschluss hatten nur die zwölf Gründerstaaten des Antarktis-Vertrages die vollen Mitgliedschaftsrechte (Konsultativstatus). Objektive Voraussetzung für das Erreichen des Konsultativstatus ist
die Ratifikation des USP zum Antarktis-Vertrag; zusätzlich dazu muss eine substanzielle Forschungstätigkeit im Gebiet der Antarktis nachgewiesen werden. Mit der zunehmenden Forschungstätigkeit haben in der Zwischenzeit 17 weitere Staaten Konsultativstatus erreicht. Der Konsultativstatus verleiht dem Inhaber das Recht, mit Stimmrecht an den Sitzungen des Antarktistreffens teilzunehmen; ein Mitgliedsstaat ohne Konsultativstatus kann eine Beobachterfunktion wahrnehmen. Die Ratifikation des Madrider Protokolls eröffnet der

2148

Schweiz die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt den Konsultativstatus zu beantragen und die Interessen der schweizerischen Forschung direkter wahrzunehmen. Der Betrieb einer eigenen Forschungsstation ist für den Statuswechsel nicht zwingend notwendig. Als Land mit einer hoch entwickelten Höhen- und Polarforschung verfügt die Schweiz über die nötige Expertise für die Arktis- und Antarktisforschung. Ein Beitritt zum USP wird von der schweizerischen Forschungsgemeinschaft daher unterstützt. Die Umsetzung des Protokolls in der Schweiz erfordert die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage. Die beiden zentralen Gründe, welche für die Ratifikation des Protokolls durch die Schweiz sprechen, sind die Stärkung des internationalen Umweltschutzes auf einem der wenigen Gebiete auf dieser Erde, welche noch über weitgehend intakte ökologische Verhältnisse verfügen, sowie die Möglichkeit, in einer Zeit der zunehmenden Nutzung der Antarktis für Forschung und Tourismus gestalterisch bei der Schaffung der dafür geeigneten Bedingungen mitzuwirken. Damit wird auch der schweizerische Forschungs- und Werkplatz gestärkt.

2149

BBl 2016

Botschaft 1

Grundzüge des Vertrags

1.1

Ausgangslage

Im Gegensatz zur Arktis, die ausschliesslich aus Wasser und Eis besteht, handelt es sich bei der Antarktis um eine mit einer bis zu mehrere Kilometer dicken Eisschicht bedeckte Landmasse. Im Gefolge der verschiedenen antarktischen Expeditionen, welche zu Beginn des vorigen Jahrhunderts stattgefunden hatten, machten mehrere Staaten Gebietsansprüche auf Teile der Antarktis geltend. Auf Initiative der USA wurde mit dem Antarktis-Vertrag am 1. Dezember 1959 in Washington die Grundlage für eine friedliche, auf Koexistenz beruhende Nutzung der Antarktis geschaffen. Militärische Präsenz und kriegerische Handlungen sind explizit verboten, die Gebietsansprüche der einzelnen Staaten wurden sistiert. Seither dient die Antarktis vorwiegend der wissenschaftlichen Forschung. Diese wird in erster Linie auf rund fünfzig festen Forschungsstationen betrieben. Für viele Staaten ist die Errichtung und der Betrieb einer oder mehrerer Forschungsstationen auch eine Frage des internationalen Ansehens. In den letzten Jahren ist der Tourismus aus den Industriestaaten in der Antarktis merklich gewachsen. Dieses zunehmende Interesse an der Antarktis, sei es nun im Bereich der Wissenschaft oder des Tourismus, hat einen zunehmend negativen Einfluss auf das empfindliche Ökosystem des Gebietes. Um einen optimalen Schutz des Kontinentes zu garantieren, wurde 1991 anlässlich des Vertragsstaatentreffens (Konsultativtagung) in Madrid das Umweltschutzprotokoll (USP) zum Antarktis-Vertrag angenommen. Vorrangiges Ziel des Übereinkommens ist die Beibehaltung des ökologischen Gleichgewichts.

Während der Antarktis-Vertrag das Konfliktpotenzial rund um die Gebietsansprüche entschärft hatte, war der Schutz des empfindlichen Ökosystems vertraglich nicht geregelt worden. Der Antarktis-Vertrag schliesst den Ressourcenabbau nicht ausdrücklich aus. In den 1970er-Jahren spielte die Frage nach den möglichen Auswirkungen von Bergbauaktivitäten auf die antarktische Umwelt eine besondere Rolle, da die in der Antarktis vermuteten Erdölvorkommen in das Blickfeld der Wirtschaft gerieten. Nach jahrelangen Verhandlungen war am Jahrestreffen in Wellington 1988 ein Ressourcen-Übereinkommen erstellt worden, welches die Exploration und Gewinnung von Rohstoffen in der Antarktis unter strengen Umweltschutzvorschriften aufgrund von Einzelbewilligungen zulassen
sollte. Auf Druck von Umweltschutzorganisationen zogen sich in der Folge Frankreich und Australien vom Übereinkommensentwurf zurück, sodass dessen Annahme scheiterte. Aufgrund des wachsenden Umweltbewusstseins setzte sich die Erkenntnis durch, dass ein lang andauerndes Verbot von Bergbauaktivitäten zu erlassen sei; dieser Schritt erfolgte mit der Annahme des USP. Dessen Ausarbeitung lag der Leitgedanke zu Grunde, generell jegliche Bergbauaktivität zumindest vorübergehend zu verbieten. Das USP enthält daher ein 50-jähriges Moratorium, welches bis 2048 dauert.

2150

BBl 2016

1.2

Überblick über den Inhalt des USP und der Anlagen I­V

Das USP enthält direkt anwendbare Regeln zum Schutz der antarktischen Umwelt und deren verbundenen maritimen Ökosysteme. Die Grundbestimmungen des Übereinkommens beinhalten die Begriffsdefinitionen, die Zielsetzung und Zusammenarbeit der Vertragsstaaten sowie die zentralen Umweltschutzgrundsätze. Als Letztes folgen die umfangreichen Schlussbestimmungen, welche den Ausschuss für Umweltschutz (ein im Rahmen der jährlichen Konsultativtagung gleichzeitig tagendes Gremium) schaffen, die gegenseitigen Inspektionen institutionalisieren und die Streitbeilegungsmechanismen festlegen. Dem USP ist ein Anhang «Schiedsverfahren» beigefügt, der das Verfahren zur Streitbeilegung nach den Artikeln 18­20 USP im Detail regelt.

Die Anlagen I­V runden das USP ab. Anlage I enthält die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Es handelt sich dabei um einen zentralen Bestandteil des USP. Das USP verpflichtet die Vertragsstaaten, eine Bewertung der von ihnen oder ihren Staatsangehörigen geplanten Tätigkeit vorzunehmen, und schreibt beim Erreichen einer gewissen Intensität des Eingriffes die Durchführung einer umfassenden UVP vor. Der Bericht zur Beurteilung der UVP soll vom Verursacher oder der Verursacherin erstellt werden.

Anlage II trägt den Titel «Erhaltung der antarktischen Tier- und Pflanzenwelt». Die Anlage bezweckt den Schutz der Flora und Fauna der Antarktis. Ausserdem verbietet die Anlage das Einbringen ortsfremder Organismen, regelt aber auch Ausnahmen, wenn ein Notfall vorliegt.

Anlage III enthält die Modalitäten, wie mit Abfällen in der Antarktis umzugehen ist.

Es besteht die grundsätzliche Pflicht zur Beseitigung jeglichen Abfalles, sei es durch Verbringung ausserhalb des Gebietes, sei es durch anderweitige Massnahmen, deren Einfluss auf die antarktische Umwelt gering sein muss.

Anlage IV beinhaltet die Verhütung der Meeresverschmutzung. Der Schutz der Antarktis ist nicht auf die Landseite begrenzt, sondern erstreckt sich südlich des 60. Breitengrades auf das Eis, das Land und das Meer. Anlage IV enthält einen Katalog von Abfällen, deren Einbringen in das Meer verboten ist. Die Anlage verweist auch auf das Internationale Übereinkommen vom 2. November 19731 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL 73/78) der internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO), das Bestimmungen zum Schutz
der Meere und der seeseitigen Luftverschmutzung enthält.

Anlage V ermöglicht die Einrichtung besonders geschützter Gebiete in der Antarktis und beschreibt das entsprechende Verfahren zu deren Festlegung. In den besonders geschützten Gebieten gelten strengere Auflagen als sie das USP generell vorsieht.

Die Auflagen werden in besonderen Verwaltungsplänen festgehalten und schränken die Tätigkeit ein oder verbieten jeglichen Einfluss durch den Menschen.

1

SR 0.814.288.2

2151

BBl 2016

1.3

Würdigung

Das USP zum Antarktis-Vertrag schafft einen effektiven Schutz des antarktischen Gebietes und bewahrt es vor exzessiver Nutzung. Gleichzeitig ist es ein Vertragswerk, das die Interessen der schweizerischen Forschung und des Tourismus gebührend berücksichtigt und diese mit dem antarktischen Umweltschutz in Einklang zu bringen trachtet.

Die schweizerische Polar- und Höhenforschung, gebündelt und koordiniert vom Schweizerischen Komitee für Polar- und Höhenforschung (SKPH), ist an zahlreichen Projekten sowohl in der Arktis als auch der Antarktis engagiert. Wegen der ähnlichen klimatischen Bedingungen ist die Höhenforschung der Polarforschung sehr ähnlich. Die Expertise der Schweiz ist damit in einem Bereich gefragt, der je länger desto mehr an Bedeutung gewinnen wird. Seit den Anfängen der Antarktisforschung hat die Schweiz immer wieder bei Expeditionen mitgewirkt, dabei aber bisher nie die Führung übernommen. Dies kann sich in Zukunft ändern. Ein Nichtbeitritt zum USP würde der Schweiz diesen Weg versperren.

Auch aus den folgenden Gründen ist das USP zum Antarktis-Vertrag für die Schweiz von Wichtigkeit: ­

Die Polarforschung ist auf präzise Instrumente angewiesen (beispielsweise, wenn es um Eisbohrkerne geht), für deren Produktion die Schweiz prädestiniert ist. Aufgrund der schweizerischen Topografie ist der Forschungsbereich der Glaziologie, bei der die Untersuchung der Eismassen ein zentraler Aspekt der Forschung ist, gut etabliert. Die so gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse leisten einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des antarktischen Klimas und des Weltklimas. Der Wirtschaftsstandort Schweiz wiederum ist mit einem breiten Angebot von Herstellern von Präzisionswerkzeugen für die Entwicklung von geeigneten Instrumenten zentral.

­

Die Antarktis mit ihren extremen Bedingungen eignet sich auch, um neue Technologien und Werkstoffe zu testen und weiterzuentwickeln. Vor allem die technischen Hochschulen setzen sich für eine Stärkung der Rahmenbedingungen ihrer Forschungstätigkeit in der Antarktis ein. Die so geschaffenen Verbindungen zwischen Forschung und Industrie erleichtern die Tätigkeit von innovativen neuen Unternehmen, die darauf angewiesen sind, ihre Untersuchungen in extremen klimatischen Bedingungen durchzuführen. Die Antarktis und der Südliche Ozean werden als strategische Orte für die Anwendung von widerstandsfähigen und energieeffizienten Infrastrukturen und Gebäuden betrachtet. Die Expertise der Schweiz im Bereich der Photovoltaik und anderer Schlüsseltechnologien finden in den harschen klimatischen Bedingungen der Antarktis eine ideale Grundlage für Anwendungsforschung. Automatisierte Messsysteme, welche im antarktischen Winter Bestand haben, sind zentral für die Sammlung wichtiger Daten, sei es auf der Eiskappe oder in der Tiefsee.

­

Ein Beitritt zum USP legt auch den Grundstein für Aktivitäten von schweizerischen Tourismusunternehmen, welche in der Antarktis eigene Reisen anbieten möchten. Ist ein Staat dem USP beigetreten, so erfordern touristische Aktivitäten eine Bewilligung durch den Sitzstaat des Unternehmens.

2152

BBl 2016

Ohne einen Beitritt können schweizerische Unternehmen zwar ohne Bewilligung eigene Reisen in die Antarktis organisieren; allerdings würde sich die Schweiz damit einem erheblichen Reputationsrisiko aussetzen (Stichwort: Umweltschaden). Die Unternehmen stünden zudem unter besonderer Aufsicht durch die Mitgliedstaaten des USP, denn diesen ist bekannt, welche Staaten dem USP beigetreten sind und damit eine Bewilligung erteilen können. Dieser wachsende Wirtschaftszweig würde durch einen Beitritt daher gestärkt.

Mit einem Beitritt zum USP kann die Schweiz als vollberechtigte Teilnehmerin im Ausschuss für Umweltschutz aktiv an der Rechtsgestaltung in Sachen Antarktisschutz mitwirken.

Die Ratifikation ist zudem die zentrale Voraussetzung für die spätere Erlangung des Konsultativstatus beim Antarktis-Vertrag. Dieser Status würde es der Schweiz erlauben, bei der Gestaltung sämtlicher Fragen der Antarktis vollberechtigt mitzuwirken. Obwohl die Schweiz in absehbarer Zeit wohl kaum eine eigene Forschungsstation errichten wird, erlaubt ihr der Beitritt zum USP ein stärkeres Engagement und erhöht die Aussicht, eine enge Kooperation mit einem Drittstaat mit eigener Forschungsstation eingehen zu können.

Eine Vernehmlassung dient der Prüfung der Akzeptanz, der Vollziehbarkeit sowie der sachlichen Richtigkeit einer Vorlage (Art. 2 Abs. 2 des Vernehmlassungsgesetzes; VIG). Das USP sowie seine Anlagen tragen zum internationalen Schutz der Umwelt bei. Der Vollzug erfordert weder zusätzliche finanzielle noch personelle Ressourcen und wird zum überwiegenden Teil durch das EDA umgesetzt. Aufgrund dessen wurde auf eine Vernehmlassung im vorliegenden Fall verzichtet. Im Rahmen der durchgeführten informellen Anhörung wurden folgende Stellen zur Stellungnahme eingeladen: Sozialdemokratische Partei der Schweiz, Schweizerische Volkspartei, Christlich-Demokratische Volkspartei der Schweiz, Freisinnig Demokratische Partei der Schweiz/Die Liberalen, Bürgerlich Demokratische Partei, Evangelische Volkspartei der Schweiz, Eidgenössische Demokratische Union, Grüne Partei der Schweiz, Grünliberale Partei Schweiz, Greenpeace, WWF, Oceancare, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. In sämtlichen eingegangenen Stellungnahmen wird die Ratifizierung des USP sowie dessen Anlagen I­V unterstützt.

1.4

Sprachfassungen des Vertrags

Das USP wurde in den vier Sprachfassungen englisch, französisch, russisch und spanisch verfasst. Die Fassungen sind gleichwertig.

2153

BBl 2016

2 Art. 1

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des USP Begriffsbestimmungen

Das USP übernimmt zum überwiegenden Teil die Begriffsbestimmungen des Antarktis-Vertrages und verweist direkt auf diese.

Art. 2

Ziel und Bezeichnung

Die Parteien werden zum umfassenden Schutz der antarktischen Umwelt sowie der mit ihr verbundenen Ökosysteme verpflichtet. Die Antarktis gilt als ein dem Frieden und der Wissenschaft gewidmetes Naturreservat. Es wird an dieser Stelle implizit nochmals auf wichtige Ziele des Muttervertrages (Antarktis-Vertrag) verwiesen.

Mit den abhängigen und verbundenen Ökosystemen weitet das USP seine Ziele auf ein Gebiet ausserhalb des definierten Gebietes der Antarktis aus (jenseits des 60. Breitengrades). Damit verpflichten sich die Vertragsparteien, Handlungen zu unterlassen, welche ausserhalb der Antarktis stattfinden, die sich jedoch negativ auf die Antarktis auswirken, da der Handlungsort eng mit der Antarktis verbunden ist.

Als Beispiel sei hier eine Verschmutzung der Meere zu nennen, wenn sich der Ort der Verschmutzung auf das Gebiet der Antarktis auswirken kann.

Art. 3

Umweltschutzgrundsätze

Artikel 2 des Protokolls wird an dieser Stelle um weitere Schutzgüter ergänzt. Erhalten werden sollen die «Eigenart», die «Ursprünglichkeit», der «ästhetische Wert» sowie «der Wert als Gebiet für die Durchführung wissenschaftlicher Forschung».

Eine enge Auslegung dieser Begriffe ist nicht möglich. Sie würde bedeuten, dass keine Forschungsstationen betrieben werden könnten und kleinste Eingriffe, die visuell beispielsweise die Ästhetik negativ beeinflussen würden, unzulässig wären.

Der Begriff der Ästhetik lässt selbst einen grossen Interpretationsspielraum zu.

Vielmehr ist die Reichweite obiger Begriffe so zu definieren, dass der geplante Eingriff in die antarktische Umwelt im Sinne des Verhältnismässigkeitsprinzips möglichst gering gehalten werden muss.

Um die Einhaltung der Umweltschutzgrundsätze zu gewährleisten, stellt Artikel 3 einen Verhaltenskatalog für Tätigkeiten in der Antarktis auf. Grundsätzlich gilt, dass bei jeglicher Planung und Ausführung von Tätigkeiten in der Antarktis die Umwelt zu berücksichtigen ist. Es besteht dabei die generelle Verpflichtung, nachteilige Auswirkungen zu begrenzen.

Auch während der Durchführung sind die Vertragsparteien gehalten, in regelmässigen Abständen ihre Tätigkeiten auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu untersuchen.

Vom USP wird offengelassen, was unter «regelmässig» zu verstehen ist. So bleibt den Vertragsparteien ein grosser Spielraum in Bezug auf die Überprüfungshäufigkeit.

2154

BBl 2016

Art. 4

Verhältnis zu anderen Bestandteilen des Antarktis-Vertragssystems

Artikel 4 soll sicherstellen, dass es innerhalb des Antarktis-Vertragssystems nicht zu einer manifesten Rechtskollision kommt. Das USP ist ein Zusatzübereinkommen zum Antarktis-Vertrag und keine Änderung oder Ergänzung.

Art. 6

Zusammenarbeit

Die Vertragsparteien werden zur Kooperation im Bereich des Umweltschutzes verpflichtet. Damit soll erreicht werden, dass Kenntnisse betreffend den Schutz der antarktischen Umwelt möglichst allen zugänglich gemacht werden. Auch die gemeinsame Nutzung von Materialien, beispielsweise bei der Durchführung gemeinsamer Expeditionen, oder die gemeinsame Nutzung von Stationen und anderen Einrichtungen soll gefördert werden. Ziel ist eine Verringerung des menschlichen Einflusses auf die Antarktis.

Für die Schweiz ist insbesondere die gemeinsame Nutzung von bestehenden oder geplanten Einrichtungen ein wichtiger Punkt. Die Schweiz wird aus Ressourcengründen in absehbarer Zeit keine eigene Station errichten. Die gemeinsame Nutzung von Forschungseinrichtungen ist nicht nur vom Standpunkt des Umweltschutzes her sinnvoll, sondern auch aus ökonomischen Überlegungen. Staaten, die bereits über Forschungseinrichtungen verfügen, haben nicht zuletzt aus finanziellen Gründen ein Interesse daran, Vertragsstaaten ohne eigene Infrastruktur an der Antarktisforschung teilhaben zu lassen.

Art. 7

Verbot von Tätigkeiten im Zusammenhang mit mineralischen Ressourcen

Für den Gewinn von mineralischen Ressourcen besteht ein fünfzig Jahre währendes Moratorium. Es fallen alle nicht lebenden und nicht erneuerbaren Ressourcen, inklusive fossile Brennstoffe sowie metallische und nichtmetallische Mineralien, darunter.

Erst nach Ablauf des Moratoriums kann die Konsultativtagung eine Aufhebung des Verbots erörtern und allenfalls beschliessen. Durch den Beitritt zum USP wird die Schweiz darüber mitentscheiden können.

Art. 8

Umweltverträglichkeitsprüfung

In Artikel 8 werden die Voraussetzungen für die Notwendigkeit der Durchführung einer UVP genannt. Anlage I des USP schreibt detailliert den Umfang und den Inhalt der UVP nach dem USP vor. Die UVP nach dem USP ist zu unterscheiden von der UVP nach den Artikeln 10a ff. des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 19832 (USG), auch wenn zwischen diesen beiden Instrumenten gewisse Parallelen bestehen.

Das USP gilt für sämtliche Tätigkeiten im geografischen Bereich der Antarktis, für die eine Vorankündigung im Sinne von Artikel VII Absatz 5 des Antarktis-Vertrages 2

SR 814.01

2155

BBl 2016

erfolgen muss. Der Hauptanwendungsbereich liegt klar in den Bereichen der wissenschaftlichen Forschung und des Tourismus. Keiner UVP bedürfen die Fischerei und die einfache Schifffahrt, die gemäss anderen internationalen Bestimmungen erlaubt sind.

Artikel 8 unterscheidet nach Massgabe der Auswirkungen der Tätigkeiten zwischen verschiedenen Kategorien: 1.

Tätigkeiten, die eine weniger als geringfügige oder vorübergehende Auswirkung haben;

2.

Tätigkeiten, die eine geringfügige oder vorübergehende Auswirkung haben;

3.

Tätigkeiten, die eine mehr als geringfügige oder vorübergehende Auswirkung verursachen.

Bei der Abstufung müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. So sind der Kategorie 1 Tätigkeiten zuzurechnen, die die Integrität eines Ökosystems nur in sehr begrenztem Umfang beeinträchtigen. Auftretende Veränderungen sollten innerhalb weniger Tage oder Wochen verschwinden, das Gebiet sollte wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden. Kategorie 2 erfordert eine messbare Beeinflussung der antarktischen Umwelt. Die Auswirkungen sollten jedoch spätestens nach Ablauf eines Jahres auf ein zu vernachlässigendes Niveau abgesunken sein.

Kategorie 3 verlangt nach einer eindeutigen Auswirkung auf ein Ökosystem. Deren Reversibilität kann sich auf mehrere Jahre erstrecken oder die Auswirkungen sind nicht mehr rückgängig zu machen. Ergibt sich im Gefolge der vorläufigen Bewertung (Vorprüfung) eine Umweltauswirkung der Kategorie 3, muss eine umfassende Bewertung der Umweltauswirkungen erfolgen.

Welche der drei Kategorien zum Tragen kommt, entscheidet sich nach dem sogenannten Vorsorgeprinzip. Besteht Unsicherheit, in welche der drei Kategorien eine Tätigkeit eingestuft werden soll, so muss eine Einstufung in die nächsthöhere Kategorie erfolgen.

Da die Vertragspartei selber eine vorsorgliche Einschätzung durchführen muss, bleibt ihr ein erheblicher Spielraum bewahrt. Die offene Formulierung hat zur Folge, dass eine einheitliche Anwendung des Protokolls in Bezug auf die Einschätzung der Auswirkungen einer Tätigkeit nicht gegeben ist. Als Folge davon haben die Vertragsstaaten grosse Freiheit in der praktischen Ausgestaltung der UVP (siehe dazu die detaillierten Ausführungen zu Anlage I).

Art. 9

Anlagen

Artikel 9 erklärt die Anlagen I bis IV zu einem Bestandteil des Protokolls. Zusätzliche Anlagen sowie Änderungen oder Ergänzungen von bestehenden Anlagen treten nach dem Verfahren gemäss Artikel IX des Antarktis-Vertrages in Kraft.

Art. 10

Konsultativtagungen zum Antarktis-Vertrag

Die Konsultativtagung ist das Entscheidungsgremium, welches in Artikel IX des Antarktis-Vertrages konstituiert wurde. Es behandelt auch gleichzeitig Fragen des USP und kann in dessen Rahmen Massnahmen gemäss Artikel IX des Antarktis2156

BBl 2016

Vertrages treffen. Die Konsultativtagung wird zudem angewiesen, die Arbeiten des Ausschusses für Umweltschutz zu überprüfen und sich dessen Erfahrungen, Ratschläge sowie Empfehlungen zu Nutze zu machen.

Art. 11

Ausschuss für Umweltschutz

Artikel 11 etabliert den Umweltausschuss, zu dem jede Vertragspartei eine Vertretung zu entsenden befugt ist. Begleitet werden darf diese durch eine nicht limitierte Anzahl von Fachleuten.

Die Vertragsparteien des Antarktis-Vertrags, die nicht Vertragsparteien des USP sind, dürfen lediglich Beobachter oder Beobachterinnen zu den Tagungen des Ausschusses entsenden. Nach dem Beitritt zum USP kann die Schweiz hier voll an den Beratungen und Abstimmungen teilnehmen. Der Ausschuss für Umweltschutz hat in den vergangenen Jahren an grosser Bedeutung gewonnen und ist ein eigenständiges Gremium im Rahmen der Konsultativtagung geworden.

Art. 12

Aufgaben des Ausschusses

Die Hauptaufgabe des Ausschusses für Umweltschutz besteht in der Beratung der Konsultativtagung des Antarktis-Vertrages zur Durchführung des USP. Der Ausschuss nimmt auch Aufträge der Konsultativtagung entgegen.

Artikel 12 enthält einen ausführlichen Katalog von Themen, die den Aufgabenbereich des Umweltausschusses definieren. Wichtige Aufgaben sind dabei die Überprüfung der Wirksamkeit getroffener Massnahmen, die Erweiterung der Anlagen oder das Ergreifen zusätzlicher Massnahmen, die Inspektionsverfahren und die Ausweitung der geschützten Gebiete in der Antarktis.

Art. 14

Inspektionen

Der Umweltausschuss ist zum Zweck des Schutzes der antarktischen Umwelt ermächtigt, Beobachter oder Beobachterinnen zur Durchführung von Inspektionen zu ernennen. Die Vertragsparteien sind verpflichtet, mit den Inspektoren und Inspektorinnen zusammenzuarbeiten und die zu kontrollierenden Einrichtungen sowie die nach dem Protokoll erforderlichen Aufzeichnungen frei zugänglich zu halten. Den betroffenen Vertragsparteien wird der Inspektionsbericht übermittelt, und sie erhalten die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Inspektionsberichte werden zusammen mit den allfälligen Stellungnahmen vom Ausschuss an alle Vertragsstaaten verteilt.

Art. 15

Gegenmassnahmen im Notfall

Im Sinne einer präventiven Schadensbegrenzung verpflichtet Artikel 15 die Vertragsparteien zur Ausarbeitung von Notfallplänen für unvorhergesehene Ereignisse.

Zum einen müssen sie umgehende und wirksame Gegenmassnahmen für Notfälle bei der Durchführung wissenschaftlicher Projekte, beim Tourismus und allen übrigen staatlichen und nicht staatlichen Tätigkeiten vorsehen, zum anderen sind Einsatzpläne aufzustellen, um auf Zwischenfälle mit möglicherweise nachteiligen Auswirkungen auf die antarktische Umwelt umgehend reagieren zu können.

2157

BBl 2016

Art. 16

Haftung

Artikel 16 stellt keine eigene Haftungsgrundlage dar. Vielmehr wird den Vertragsparteien geraten, das Protokoll um wirksame Haftungsbestimmungen zu ergänzen, um sämtliche Schäden abzudecken, welche durch die Tätigkeiten der Vertragsparteien in der Antarktis verursacht werden.

Die Vertragsparteien haben sich im Jahr 2005 nach 13-jährigen Verhandlungen auf der XXVIII. Konsultativtagung in Stockholm auf die 6. Anlage «Haftung für umweltgefährdende Notfälle» zum USP geeinigt. Die Anlage VI tritt erst in Kraft, wenn alle Konsultativstaaten diese innerstaatlich umgesetzt haben. Dieser Prozess dürfte noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Zudem zeichnet sich ab, dass diese Anlage im Rahmen einer der nächsten Konsultativtagungen geändert wird. Ein Beitritt der Schweiz wäre daher verfrüht.

Art. 18 und 19

Beilegung von Streitigkeiten und Wahl des Verfahrens zur Streitbeilegung

Im Vordergrund steht der Grundsatz der friedlichen Streitbeilegung. Die involvierten Parteien sollen sich untereinander austauschen und eines der beiden Streitbeilegungsverfahren wählen. Das Verfahren beginnt mit dem Antrag einer Streitpartei auf Konsultation zur Streitbeilegung.

Im Rahmen von Artikel 19 stehen den Vertragsstaaten zwei Streitbeilegungsverfahren zur Auswahl. Sie können zwischen dem Internationalen Gerichtshof und einem Schiedsgericht wählen; sie können sich aber auch für beide Mittel entscheiden. Die Wahl des Streitbeilegungsverfahrens erfolgt mittels einer schriftlichen Erklärung bei Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung oder Beitritt. Auch eine spätere schriftliche Erklärung ist möglich. Die Wahl des Streitbeilegungsverfahrens bezieht sich nur auf die Auslegung oder Anwendung der Artikel 7, 8 und 15 sowie sämtliche Bestimmungen einer Anlage, sofern diese nichts anderes vorsieht.

Hat sich eine Partei für keines der beiden Verfahren ausgesprochen hat, wird die Wahl des Schiedsgerichts vermutet. Bei einer unterschiedlichen Verfahrenswahl haben sich die Streitparteien ebenfalls dem Schiedsgericht zu unterwerfen. Die Schweiz gibt dem bewährten Streitschlichtungsmechanismus durch den Internationalen Gerichtshof den Vorzug.

Art. 20

Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten

Können sich die Vertragsparteien gemäss Artikel 18 nicht auf ein Verfahren zur friedlichen Streitbeilegung einigen, so greift das Verfahren nach Artikel 19. Der Antrag erfolgt erst nach Verstreichen einer zwölfmonatigen Frist ab dem Zeitpunkt, ab dem der Antrag auf Konsultation gemäss Artikel 18 erfolgt ist. Die Initiierung des Verfahrens nach Artikel 19 erfolgt ebenfalls auf Antrag einer Vertragspartei.

Art. 21­27

Institutionelle, verfahrens- und vertragsrechtliche Bestimmungen

Die Artikel 21­27 enthalten die in internationalen Umweltabkommen üblichen institutionellen, verfahrens- und vertragsrechtlichen Regeln.

2158

BBl 2016

Anhang

Schiedsverfahren

Jede Vertragspartei hat spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des Protokolls mindestens einen Schiedsrichter zu benennen. Insgesamt werden in einem konkreten Verfahren drei Schiedsrichter benannt. Diese haben Kenntnisse des Völkerrechts und Erfahrungen in Angelegenheiten der Antarktis vorzuweisen und müssen sowohl unparteilich als auch fachlich geeignet sein.

Ein eingesetztes Schiedsgericht setzt sich aus drei Schiedsrichtern zusammen. Jede Vertragspartei stellt innert einer Frist einen Schiedsrichter. Auf den dritten Schiedsrichter müssen sich die Streitparteien gemeinsam einigen. Wird der zweite oder der dritte Schiedsrichter nicht innert Frist bestellt, ernennt der Präsident des Internationalen Gerichtshofs den dritten Schiedsrichter. Die Schiedsrichter müssen auf der Liste gemäss Artikel 2 des Anhanges aufgelistet sein.

Die Notifikation muss die Klagebegehren sowie die Begründung beinhalten. Das Schiedsgericht gibt sich selbst eine Verfahrensordnung. Diese muss zwingend das rechtliche Gehör sämtlicher Streitparteien beachten. Falls die Parteien nichts anderes vereinbart haben, gilt Den Haag als Ort des Schiedsverfahrens.

Das Schiedsgericht kann, wenn es sich prima facie als zuständig erachtet, bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen vorläufige Massnahmen erlassen. Diese haben Bestand bis ein Schiedsspruch gefällt wird. Liegt eine besondere Dringlichkeit vor, kann eine Streitpartei die Einrichtung eines Sonderschiedsgerichts beantragen.

Anlage I

Umweltverträglichkeitsprüfung

Anlage I zum USP enthält die detaillierte Beschreibung der UVP.

Eine Tätigkeit bedarf der vorläufigen Bewertung der Auswirkungen des Eingriffes (Vorprüfung) und der Kategorisierung unter eine der drei vorgesehenen Abstufungen. Die vorläufige Bewertung muss mindestens eine Beschreibung der beabsichtigten Tätigkeit, einschliesslich des Zwecks, des Ortes, der Dauer und der Intensität enthalten. Zusätzlich müssen im Bericht allfällige Alternativen aufgezeigt und die erwarteten Auswirkungen beschrieben werden. Zeigt sich anhand der Bewertung, dass ein Fall der Kategorie 1 oder 2 vorliegt, kann mit der Ausführung des Projekts begonnen werden; es sind keine weiteren Massnahmen nötig.

Für Eingriffe, welche unter die Kategorie 3 fallen, sieht Artikel 3 der Anlage I eine umfassende Bewertung der Umweltauswirkungen (umfassende UVP) vor. Die Erfordernisse an den anzufertigenden Bericht sind in einem Katalog in Artikel 3 aufgelistet. Die Tätigkeiten, welche unter die Kategorie 3 fallen, müssen in geeigneter Weise überwacht werden, um die Umweltauswirkungen zu bewerten und zu bestätigen. Der Entwurf der umfassenden UVP ist öffentlich und an alle Vertragsparteien zu verteilen. Stellungnahmen dazu sind innert neunzig Tagen abzugeben.

Das in Anlage I beschriebene Verfahren zur Ausfertigung einer umfassenden Bewertung der Umweltauswirkungen räumt den Vertragsparteien sowie dem Umweltschutzausschuss materiell keine Rechte ein. Stellungnahmen haben keine verpflichtende Wirkung.

2159

BBl 2016

Die in Artikel 8 Absatz 2 des Protokolls enthaltene Vorschrift, wonach jede Vertragspartei die in Anlage I vorgesehenen Prüfverfahren sicherzustellen hat, sieht an sich kein obligatorisches staatliches Genehmigungsverfahren vor. Artikel 3 der Anlage II stipuliert hingegen eine Genehmigungspflicht bei Eingriffen in die antarktische Tier- und Pflanzenwelt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auf ein staatliches Genehmigungsverfahren bei der UVP bewusst verzichtet worden ist. Auch wenn das staatliche Plazet nicht zwingend erforderlich ist, muss eine vertragsstaatliche Bewilligung letztlich dem Sinn und Zweck des Protokolls, nämlich einem umfassenden Schutz der antarktischen Umwelt, Genüge tun. Es steht den Vertragsparteien nach Artikel 8 Absatz 2 des Protokolls offen, wie sie die Durchführung der UVP nach Massgabe der Anlage I sicherstellen wollen.

Konkret bedeutet das für eine Vertragspartei, dass sie garantieren muss, dass die vorläufige Bewertung und ­ falls erforderlich ­ die UVP fachgerecht durchgeführt werden. Für die Umsetzung hat sich die Einführung eines Bewilligungsverfahrens bewährt; eine Mehrheit der Mitglieder des USP hat ein Bewilligungsverfahren eingeführt. Diese Umsetzung bietet sich aus diesem Grund auch für die Schweiz an.

Nach Massgabe der Federführung beim Antarktis-Vertrag und dessen Protokoll ist ein Gesuch um die Bewertung der Umweltauswirkungen beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) einzureichen. Dieses greift bei Bedarf auf die Expertise anderer Departemente bzw. Ämter (UVEK/BAFU) zurück, um eine substantiierte Beurteilung des Sachverhaltes vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen (Art. 14 und 15 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 19983; RVOV).

Bei Tätigkeiten, welche von zwei oder mehr Staaten durchgeführt werden, können die beteiligten Staaten untereinander vereinbaren, welcher von ihnen die Vorprüfung und allenfalls die umfassende UVP durchführt. In der Regel wird es dasjenige Land sein, welches den Hauptteil der Expedition stellt oder die grössten Erfahrungen mit Aktivitäten in der Antarktis hat.

In Artikel 7 wird festgehalten, dass in Notfällen die Vorschriften der Anlage I nicht zur Anwendung gelangen. Ein Notfall liegt vor, wenn der Schutz von Menschenleben oder die Sicherheit von Schiffen, Luftfahrzeugen
oder hochwertigen Ausrüstungen, der Schutz der Einrichtungen oder der Schutz der Umwelt eine Tätigkeit erfordert. Sämtliche Vertragsparteien sowie der Ausschuss für Umweltschutz sind sofort über das Vorliegen eines Notfalles zu unterrichten. Innerhalb von neunzig Tagen ist ein ausführlicher Untersuchungsbericht dazu vorzulegen.

Anlage II

Erhaltung der antarktischen Tier- und Pflanzenwelt

Anlage II stellt ein grundsätzliches Verbot der Entnahme von Tieren und Pflanzen aus der Natur auf. Eine Ausnahme liegt nur vor, wenn eine Bewilligung erteilt worden ist. Eine solche erhält nur, wer zu wissenschaftlichen Zwecken forscht oder für die Beschaffung für Bildungs- oder Kultureinrichtungen (Museen, zoologische Gärten u.ä.) tätig ist.

3

SR 172.010.1

2160

BBl 2016

Die Erteilung einer Bewilligung ist zusätzlich eng an das Verhältnismässigkeitsprinzip gebunden. So ist eine solche stets nur unter den folgenden kumulativen Auflagen zu erteilen: Es dürfen für die Forschung nicht mehr heimische Säugetiere, Vögel oder Pflanzen entnommen werden, als unbedingt notwendig. Dabei ist sicherzustellen, dass die Populationen der entnommenen Säugetiere oder Vögel sich in der nächsten Saison wieder durch natürliche Vermehrung erholen. Die Vielfalt der Arten sowie die für ihr Dasein wesentlichen Lebensräume und das innerhalb des Gebiets der Antarktis bestehende ökologische Gleichgewicht sind unbedingt zu erhalten.

Besonders geschützte Tiere nach Anhang A (Pelz- und Ross-Robbe) unterliegen einem erhöhten Schutz. Zwar ist ein Eingriff mit einer Bewilligung auch bei diesen möglich, sie unterliegt jedoch besonders strengen Vorgaben. So sind als Gründe nur zwingende wissenschaftliche Zwecke zulässig. Zudem müssen Methoden angewandt werden, die den Tod von Tieren verhindern.

Ein Antrag auf Bewilligung einer Tätigkeit im Rahmen der Anlage II ist beim EDA einzureichen. Das EDA kann auf die Expertise anderer Behörden oder der Wissenschaft zurückgreifen.

Artikel 4 enthält das Verbot des Einbringens nichtheimischer Arten. Auch hier kann ausnahmsweise eine Bewilligung erteilt werden. Anhang B der Anlage II enthält eine abschliessende Aufzählung derjenigen Arten, für die eine Bewilligung erteilt werden kann. Es handelt sich dabei um Kulturpflanzen, Labortiere und ­pflanzen einschliesslich Viren, Bakterien, Hefepilze und Schimmelpilze. Die Bewilligung ist zeitlich zu befristen, und die Tiere oder Pflanzen sind vor Ablauf der Frist aus der Antarktis zu entfernen oder durch Verbrennen oder eine andere gleichwertige Methode zu vernichten.

Lebende Vögel dürfen nicht in das Gebiet der Antarktis verbracht werden. Importierte Geflügelwaren sind auf Spuren von Krankheiten zu untersuchen. Geflügelreste müssen wieder aus der Antarktis entfernt werden oder sind durch Verbrennen oder eine gleichwertige Methode zu vernichten.

Anlage III

Beseitigung und Behandlung von Abfällen

Die Verpflichtung zur Beseitigung von Abfällen richtet sich nach dem Verursacherund dem Verhältnismässigkeitsprinzip. Letzteres ist so auszulegen, dass eine Beseitigung von Abfällen oder eines Gebäudes nicht vorgenommen werden muss, sofern die durch die Entfernung verursachte Umweltverschmutzung grössere nachteilige Auswirkungen zur Folge hätte als das Belassen vor Ort.

Artikel 2 Ziffer 1 enthält einen umfangreichen Katalog von Abfallarten, die vom Verursacher oder der Verursacherin aus dem Gebiet der Antarktis verbracht werden müssen. Ziffer 3 gewährt überdies die alternative Möglichkeit, Tierkadaver, Laborkulturen von Mikroorganismen und Erreger von Pflanzenkrankheiten sowie Vogelprodukte durch Verbrennen zu beseitigen.

Brennbarer Abfall muss grundsätzlich einer dafür vorgesehenen Verbrennungsanlage zugeführt werden. In Bezug auf den Schadstoffausstoss der Müllverbrennungsanlagen werden keine Grenzwerte vorgeschrieben, es sollen jedoch die Empfehlun-

2161

BBl 2016

gen des Umweltausschusses berücksichtigt werden. Die offene Abfallverbrennung ist seit dem Jahr 1999 verboten.

Artikel 4 behandelt die sonstige Abfallbeseitigung und verbietet eine Entsorgung auf eisfreiem Gebiet sowie in Süsswassersystemen. Zusätzlich dürfen Abwässer, flüssige Haushaltsabfälle und andere flüssige Abfälle nicht auf Meereis, Schelfeis oder Festlandeis entsorgt werden. Eine Entsorgung im Meer ist allerdings zulässig, wenn die Voraussetzung für eine Erstverdünnung mit einer raschen Ausbreitung vorliegt.

Bei grösseren Entsorgungsmengen muss eine sogenannte Mazeration (Aufweichung) durchgeführt werden. Eine Auflistung verbotener Substanzen enthält Artikel 7.

Danach dürfen PCB (Polychlorierte Biphenyle), keimbelastete Erde, Späne aus Polystyrol oder ähnliche Verpackungsmaterialien sowie Schädlingsbekämpfungsmittel nicht auf das Land, das Schelfeis oder in das Wasser des Gebietes der Antarktis eingebracht werden.

Die Vertragsparteien, welche Tätigkeiten in der Antarktis durchführen, müssen ein Klassifikationssystem zur Erleichterung der Abfallbeseitigung implementieren. Die Einteilung erfolgt in fünf Kategorien: Abwässer und flüssige Haushaltsabfälle, sonstige flüssige Abfälle und Chemikalien, zu verbrennende feste Abfälle, sonstige feste Abfälle und radioaktive Stoffe. Es sind Abfallbehandlungspläne aufzustellen, die jährlich zu überprüfen und gegebenenfalls auf den neuesten Stand zu bringen sind. Für jede Stätte, jedes Feldlager oder jedes Schiff ist ein eigener Plan aufzustellen. Es muss festgelegt werden, wie bestehende Abfallentsorgungsstätten und aufgegebene Arbeitsstätten gesäubert werden, und wie die Abfallbehandlung sowie die Beseitigung allfälliger Abfallreste gehandhabt wird. Jede Vertragspartei hat überdies ein Verzeichnis über sämtliche aktuellen sowie bisherigen Tätigkeitsorte aufzustellen. Die hier geschilderten Verfahren betreffen in erster Linie Staaten, welche feste Einrichtungen (Stationen) auf der Antarktis haben. Die Schweiz ist davon nicht betroffen, solange sie keine eigene Station betreibt.

Anlage IV

Verhütung der Meeresverschmutzung

Anlage IV behandelt die schiffseitigen Verschmutzungen. In diesem Bereich existiert bereits ein umfangreiches Vertragswerk der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO, das sämtliche Umweltverschmutzungen, welche von Schiffen verursacht werden, umfasst. Die Schweiz hat dieses Übereinkommen sowie dessen Anlagen ratifiziert (siehe Ziff. 1.2).

Der Flaggenstaat hat dafür zu sorgen, dass Schiffe, die unter seiner Flagge fahren, über ausreichende Kapazitäten an Sammeltanks verfügen, um in der Antarktis autark operieren zu können. Dies betrifft sämtliche Abfallarten, die an Bord anfallen und nicht unter die oben genannten Ausnahmen fallen. Zusätzlich müssen die betreffenden Reeder Verträge mit Sammelstellen abgeschlossen haben, die die Abfälle nach dem Verlassen der Antarktis entgegen nehmen. Die im Umfeld der Antarktis gelegenen Häfen sind wiederum verpflichtet, Annahmestellen einzurichten, damit die aus der Antarktis zurückkehrenden Schiffe die Abfälle entsorgen können. Abgesehen von wenigen Sport- und Vergnügungsjachten sind bisher keine Schiffe unter schweizerischer Flagge in die Gewässer der Antarktis gefahren.

2162

BBl 2016

Anlage V

Schutz und Verwaltung von Gebieten

Gemäss Anlage V versteht man unter dem Ausdruck «Gebiete» besonders geschützte Zonen der Antarktis (Antarctic Specially Protected Areas ­ ASPA), in denen ein Sonderregime gilt. Darunter können nicht nur Landgebiete, sondern auch Meereszonen fallen. Artikel 3 enthält einen Katalog an Besonderheiten, bei deren Vorliegen eine Zone zu einem besonders geschützten Gebiet der Antarktis erklärt werden kann.

Das Betreten eines solchen Gebietes ist untersagt, es besteht jedoch die Möglichkeit, mittels einer Sonderbewilligung gemäss Artikel 7 in Einzelfällen Zutritt zu erlangen.

Die Einrichtung besonders geschützter Gebiete erfolgt aufgrund ihrer Verletzlichkeit, aus Gründen des Umweltschutzes oder wegen ihres erhöhten Interesses für die Forschung.

Von den besonders geschützten ASPA sind die besonders verwalteten Gebiete (Antarctic Specially Managed Areas ­ ASMA) der Antarktis zu unterscheiden. Bei Letzteren handelt es sich um Gebiete, in denen Tätigkeiten unter eingeschränkten Bedingungen durchgeführt werden dürfen. Jede Vertragspartei, der Umweltausschuss und die Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis sind berechtigt, der Konsultativtagung zum Antarktis-Vertrag Gebiete zur Bezeichnung als ASMA vorzuschlagen. Im Jahr 2014 gab es in der Antarktis sieben besonders verwaltete Gebiete. Im Gegensatz zu den besonders geschützten ASPA dürfen besonders verwaltete Gebiete ohne Genehmigung betreten werden.

Jede Vertragspartei hat eine staatliche Stelle zu bezeichnen, welche für die Erteilung einer Sonderbewilligung zum Betreten eines ASPA zuständig ist. Mit dem Vorliegen einer Bewilligung darf das betreffende Gebiet betreten und es dürfen Tätigkeiten durchgeführt werden. Das Ausmass der Tätigkeiten richtet sich nach dem Verwaltungsplan des jeweiligen Gebietes. Einen Antrag auf Einrichtung eines besonders geschützten Gebietes können jede Vertragspartei, der Ausschuss für Umweltschutz oder die Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis anlässlich einer Konsultativtagung zum Antarktis-Vertrag einreichen. Die Konsultativtagung entscheidet über den Antrag unter Miteinbezug der oben genannten Gremien. Das Bewilligungsverfahren richtet sich nach Artikel IX Absatz 1 des Antarktis-Vertrages. Für die Schweiz ist das federführende Departement in Sachen Antarktis das EDA,
welches für die Überprüfung der Voraussetzungen und die Erteilung der entsprechenden Bewilligung für zuständig erklärt wird. Im Bedarfsfall kann das EDA andere Behörden oder Forschungsinstitutionen konsultieren. Bei gemeinsam durchgeführten Aktivitäten obliegt es den einzelnen beteiligten Staaten, zu bestimmen, welcher von ihnen die Sonderbewilligung einholt.

3

Ausführungen zum Umsetzungserlass (Bundesgesetz)

3.1

Grundzüge

Das USP zum Antarktis-Vertrag enthält vorwiegend unmittelbar anwendbare Regeln. Einige seiner Bestimmungen bedürfen jedoch zu ihrer Umsetzung einer Regelung durch den Vertragsstaat. So trägt der Vertragsstaat die Verantwortung für die Durchführung der Prüfungen der Auswirkungen geplanter Aktivitäten auf die 2163

BBl 2016

Antarktis und ist auch für deren Bewilligung zuständig. Ein Erlass auf Gesetzesstufe zur Regelung der UVP für den Bereich der Antarktis ist daher unerlässlich. Die dafür notwendigen Bestimmungen lassen sich nur schwer in die Struktur des USG einfügen. Das USG enthält dem Grundsatz nach Regelungen zum Schutz der Umwelt in der Schweiz ­ es ist weitgehend ein horizontaler Erlass ­, während hier ausschliesslich Tätigkeiten in der Antarktis geregelt werden sollen. Der Bundesrat schlägt daher für die zur Umsetzung des USP notwendigen Regelungen ein eigenständiges Gesetz vor. Das vorgeschlagene Bundesgesetz bezeichnet das EDA als zuständige Vollzugsbehörde, weil Angelegenheiten der Antarktis in dessen Bereich fallen. Das EDA wird dabei das UVEK/BAFU als Fachbehörde konsultieren, welches grosse Erfahrungen mit UVP im Inland hat. Dabei ist auch zu unterstreichen, dass sich die beteiligten Staaten bei gemeinsamen Forschungsvorhaben über die Bewilligungspflicht, welche die UVP voraussetzt, absprechen, und diese in der Regel vom erfahrensten Staat übernommen wird.

Auch die vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen die Vorgaben des USP (Nichteinholung einer Bewilligung zur Ausführung von bewilligungspflichtigen Tätigkeiten in der Antarktis) muss der Vertragsstaat selber gesetzlich regeln und strafrechtlich ahnden. Es besteht zwar gemäss USP keine Pflicht zur Sanktionierung von Zuwiderhandlungen, aber im Interesse der Durchsetzung der staatlichen Bewilligungspflicht ist eine Strafbestimmung erforderlich. Weiter haben die Vertragsstaaten festzulegen, wer Gegenmassnahmen zu ergreifen hat, wenn ein umweltgefährdender Notfall vorliegt (Artikel 15 USP). Ebenfalls muss eine Bestimmung zur Bezeichnung der zuständigen Behörde in den Umsetzungserlass aufgenommen werden.

Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 7 der Anlage V des USP verlangt die Benennung einer Behörde, die Bewilligungen zum Betreten besonders geschützter Gebiete der Antarktis erteilt.

3.2

Beantragte Neuregelung

Auch für die Einräumung von Rechten und bzw. Auferlegung von Pflichten an Private, die sich nicht direkt aus dem USP ergeben, ist die Ausarbeitung eines Umsetzungsgesetzes erforderlich. Die Anzahl der Gesetzesvorschriften wurde auf ein Minimum beschränkt, die vorgeschlagene Lösung ist pragmatisch und einfach gehalten wie dies dem schweizerischen Rechtsverständnis entspricht.

Der vorliegende Umsetzungserlass enthält die Bewilligungspflicht für die Durchführung von Tätigkeiten auf dem Gebiet der Antarktis, seien diese touristischer, wissenschaftlicher oder anderer Natur. Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist an das zuständige Department (EDA) zu richten. Für die Durchführung von Tätigkeiten wird zudem die Pflicht stipuliert, vorgängig die Auswirkungen der Tätigkeiten auf die antarktische Umwelt zu untersuchen. Die Kosten werden jeweils gemäss dem Verursacherprinzip der beantragenden Partei auferlegt.

Im Übereinkommen sind keine Strafbestimmungen enthalten. Der Verstoss gegen Pflichten aus dem USP zum Antarktis-Vertrag bliebe für die zuwiderhandelnde Person somit ohne Konsequenzen. Eine Strafbestimmung im Umsetzungsgesetz soll

2164

BBl 2016

daher die Durchsetzbarkeit der Pflichten zum Schutz der antarktischen Umwelt verbessern.

3.3 Art. 2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Umsetzungserlasses Tätigkeiten in der Antarktis

Das USP verpflichtet in Anlage I die Parteien, welche eine Tätigkeit in der Antarktis planen, diese auf ihre Umweltauswirkung hin zu untersuchen. Das USP schreibt nicht vor, wer diese Untersuchungen durchführen und für die entsprechenden Kosten aufkommen muss. Gemäss dem Verursacherprinzip empfiehlt es sich, der gesuchstellenden Partei die Kosten aufzubürden. Artikel 2 hält demnach fest, dass diejenige Partei, die die Tätigkeit durchführt, in die Pflicht genommen wird und auch die entsprechenden Kosten zu tragen hat.

Art. 3

Einsatzpläne und Gegenmassnahmen

Das USP sieht in Artikel 15 bei allen Tätigkeiten umgehende Gegenmassnahmen vor, sollte sich ein Notfall ereignen. Daraus ergibt sich die Pflicht des Einschreitens zur Verhinderung von Umweltschäden. Absatz 1 legt dementsprechend eine allgemeine Pflicht zur Ergreifung von Gegenmassnahmen vor.

Die Einsatzpläne für sämtliche Tätigkeiten sind vorgängig zu erarbeiten. Sie dienen dazu, mögliche Gefahren für die antarktische Umwelt zu antizipieren. Parteien, welche eine Tätigkeit in der Antarktis planen, sind verpflichtet, dazu einen Einsatzplan zu erarbeiten. Private legen diesen im Rahmen der Bewilligungspflicht für Tätigkeiten in der Antarktis dem EDA als Teil des Bewilligungsantrages vor.

Art. 4

Bewilligung für Tätigkeiten in der Antarktis

Sämtliche Tätigkeiten, für die eine Voranmeldung erforderlich ist, sind von den Vertragsstaaten einem Prüfverfahren zu unterziehen (Art. 8 Abs. 2 des USP i.V.m.

Artikel VII Abs. 5 des Antarktis- Vertrages). Es handelt sich bei diesen Tätigkeiten um alle nach und innerhalb der Antarktis von ihren Schiffen oder Staatsangehörigen durchgeführten Expeditionen und alle in ihrem Hoheitsgebiet organisierten oder von dort aus durchgeführten Expeditionen nach der Antarktis. Da in der Schweiz das Nationalitätsprinzip bei der Flaggenführung gilt, können ausschliesslich Schweizer Bürgerinnen und Bürger eine Jacht unter schweizerischer Flagge registrieren lassen.

Somit fallen alle Schweizer Bürgerinnen und Bürger unter die Bewilligungspflicht, unabhängig von ihrem Wohnsitz. Auch fallen sämtliche privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Personen mit Sitz in der Schweiz unter die Bewilligungspflicht, sofern die Tätigkeit von der Schweiz aus organisiert oder durchgeführt wird.

Da unter Umständen eine umfassende Bewertung vorgenommen werden muss, ist das Gesuch mindestens fünf Monate vor der Durchführung einzureichen. Die Bewilligung wird erteilt, sofern der vom Gesuchsteller eingereichte Bericht, aufgrund dessen das EDA die UVP durchführt, mit Vorschriften des USP übereinstimmt und 2165

BBl 2016

die Prüfung der Umweltverträglickeit ergibt, dass die geplante Tätigkeit höchstens geringfügige oder vorübergehende Auswirkungen hat. Die massgebenden Vorschriften, die es dabei zu berücksichtigen gilt, sind insbesondere die Artikel 3 und 7 sowie Vorschriften nach den Anlagen II­V des USP. Die Abgrenzungsfrage, ob eine Tätigkeit eine mehr als geringfügige oder vorübergehende Auswirkung hat, liegt zu einem grossen Teil im Ermessen der bewilligenden Behörde. Eine genaue Abgrenzung ist nur dort möglich, wo ein spezifisches Verbot, beispielsweise das Verbot des Abbaus mineralischer Ressourcen (Art. 7), besteht.

Art. 5

Zuständige Behörde nach Anlage V

Anlage V definiert als zuständige Stelle einer Vertragspartei diejenige Person oder Stelle, die von einer Vertragspartei als solche bezeichnet ist. Das federführende Departement ist das EDA, weshalb es in Artikel 4 als zuständige Behörde bezeichnet wird. Einzige Kompetenz der zuständigen Behörde im Rahmen der Anlage V ist die Erteilung von Bewilligungen zum Betreten eines besonders geschützten Gebietes.

Art. 6

Strafbestimmung

Damit die Vorgaben des USP durchgesetzt werden können, bedarf es einer Strafbestimmung. Praktisch alle Mitgliedsstaaten haben Strafbestimmungen in ihrer nationalen Gesetzgebung aufgenommen, um Verletzungen des USP zu ahnden. Das vorgesehene Strafmass orientiert sich an Artikel 60 Absatz 1 und 2 des USG.

Art. 7

Strafrechtspflege

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt wird als ausschliessliche Strafverfolgungsbehörde aufgeführt. Mehrere Gründe sprechen für eine ausschliessliche Zuständigkeit der baselstädtischen Strafverfolgungsbehörden: Einerseits ist nur selten mit Straffällen wegen eines Verstosses gegen das USP zu rechnen; es ist deshalb angezeigt, dass eine einzige Behörde diese behandelt. Dies wird es der Behörde auch ermöglichen, ein entsprechendes Fachwissen aufzubauen. Darüber hinaus bietet die ausschliessliche Zuständigkeit der baselstädtischen Strafverfolgungsbehörden Gewähr für eine einheitliche Rechtsanwendung. Andererseits besteht bei den Strafbestimmungen zumindest in Teilen ein Bezug zur maritimen Schifffahrt, für welche die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt bereits heute zuständig ist (Art. 15 des Seeschifffahrtsgesetzes vom 23. September 19534). Andere kantonale Staatsanwaltschaften haben demgegenüber keinen Bezug zur maritimen Schifffahrt.

Art. 8

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die Detailregelung betreffend die Umsetzung des USP vorzunehmen. Insbesondere wird er gestützt auf Artikel 46a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19975 (RVOG) ange-

4 5

SR 747.30 SR 172.010

2166

BBl 2016

messene Verwaltungsgebühren für die Verfügungen und Dienstleistungen des EDA festlegen.

4

Auswirkungen des Vertrags, seiner Anlagen und des Umsetzungserlasses

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Das USP zum Antarktis-Vertrag, seine Anlagen sowie der Umsetzungserlass haben nur geringfügige Auswirkungen; es sind nur wenige Anträge auf Genehmigung einer Expedition zu erwarten, weshalb der entsprechende Mehraufwand innerhalb der bestehenden Ressourcen aufgefangen werden kann.

4.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt ist für die Strafverfolgung zuständig. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Aufgabe mit den vorhandenen Ressourcen bewältigt werden kann. Ansonsten hat die Vorlage keine Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Das USP zum Antarktis-Vertrag, seine Anlagen sowie der Umsetzungserlass haben positive Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Die Antarktis bietet extreme Bedingungen, um neue Technologien und Werkstoffe zu testen. Zudem ist die Polarforschung auf Präzisionsinstrumente angewiesen, die die Schweiz zu liefern in der Lage ist.

4.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Das USP zum Antarktis-Vertrag, seine Anlagen sowie der Umsetzungserlass haben keine Auswirkungen auf die Umwelt in der Schweiz. Mit dem Beitritt der Schweiz zum Protokoll übernimmt unser Land hingegen Mitverantwortung für den Erhalt einer intakten Umwelt in der Antarktis.

2167

BBl 2016

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

5.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 20126 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 20127 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Die Entscheidung zum Beitritt zum Protokoll fiel erst nach dem Abschluss der Legislaturplanung 2011­2015.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung8 (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 7a Abs. 1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz; RVOG).

Die Kompetenz des Bundes zum Erlass von Umsetzungsvorschriften im Bereich des Umweltschutzes gründet auf Artikel 74 Absatz 1 BV. Gemäss dieser Kompetenznorm erlässt der Bund Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen.

6.2

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV) unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen.

Da beide Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Protokolls, seiner Anlagen und seines Umsetzungsgesetzes dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

Nach Artikel 141a Absatz 2 BV kann die Bundesversammlung die Gesetzesänderungen, die der Umsetzung des Vertrages dienen, in den Genehmigungsbeschluss aufnehmen, sofern dieser dem fakultativen Referendum untersteht. Der diesem

6 7 8

BBl 2012 481 BBl 2012 7155 SR 101

2168

BBl 2016

Geschäft zugehörige Genehmigungsbeschluss umfasst daher ebenfalls das Umsetzungsgesetz zum USP des Antarktis-Vertrages und seiner Anlagen.

6.3

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage steht nicht im Widerspruch zu anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz. Sie füllt eine Lücke in dem für die Schweiz geltenden Rechtsrahmen zum Schutz der internationalen Umwelt.

6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Genehmigung des USP, seiner Anlagen sowie der Umsetzungserlass haben keine Kostenfolge und sind somit für die Vorgaben der Ausgabenbremse nicht relevant.

6.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Mit dem Beitritt zum USP und seiner Anlagen sowie mit der Genehmigung des Umsetzungserlass wird der Geltungsbereich des Subventionsgesetzes nicht tangiert.

6.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Im Rahmen einer unselbständigen Vollziehungsverordnung wird dem Bundesrat die Kompetenz eingeräumt, bei Bedarf die Details der Umsetzung des USP zu regeln.

Die Kompetenz ist darauf beschränkt, das USP, seine Anlagen und das Umsetzungsgesetz zu präzisieren.

6.7

Datenschutz

Der Datenschutz ist von der Vorlage nicht betroffen.

2169

BBl 2016

2170