Internationale Kooperationen bei der militärischen Ausbildung und Rüstung Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 6. Oktober 2015

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Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

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Feststellungen und Empfehlungen 2.1 Ungenügende Transparenz über Abkommen und Vereinbarungen, insbesondere im Rüstungsbereich 2.2 Fehlendes Bewusstsein für die Verbindlichkeit der Verträge im Rüstungsbereich 2.3 Mängel bei den strategischen Vorgaben in beiden Bereichen und deren Einhaltung im Rüstungsbereich 2.4 Unzureichende Steuerung der Kooperationen im Rüstungsbereich 2.5 Ungenügende Beachtung der aussenpolitischen Opportunität der Kooperationen im Rüstungsbereich

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Schlussfolgerungen

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Anhang: Internationale Kooperationen bei der militärischen Ausbildung und Rüstung. Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

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Bericht 1

Einleitung

Im Januar 2013 beauftragten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation der internationalen Militärkooperationen.

Der Grund für diesen Auftrag lag darin, dass die Schweiz im Bereich der militärischen Ausbildung und Rüstung zahlreiche Kooperationsabkommen mit anderen Ländern abgeschlossen hat und dass einige davon für Kritik sorgten. In den Medien wurden in den letzten Jahren insbesondere die Kooperation mit Schweden im Rahmen der Gripen-Kampfjetbeschaffung oder die Vereinbarung mit Russland über das Gebirgstraining russischer Soldaten in den Alpen diskutiert. Zudem bemängelten einzelne Experten, dass es an klaren strategischen Handlungsrichtlinien für die Kooperationen fehle.1 Grundsätzlich ist aber unbestritten, dass der Abschluss solcher Kooperationsabkommen in Einklang mit der Strategie «Sicherheit durch Kooperation» steht, welche im Rahmen des Sicherheitspolitischen Berichts 2000 (SipolB 2000) durch den Bundesrat verabschiedet wurde.2 Die Strategie verpflichtet den Bundesrat und die Armee, aktiv Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit anderen Streitkräften zu suchen und für sich zu nutzen, etwa um die eigenen Fähigkeiten zu überprüfen, sich neues Wissen anzueignen oder Übungen und Tests durchzuführen, die in der Schweiz nicht möglich sind.

Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK des Ständerates (GPK-S) hat im Juni 2013 beschlossen, dass die PVK im Rahmen ihrer Evaluation sowohl die Kooperationen bei der militärischen Ausbildung als auch bei der Rüstung untersuchen soll. Das Ziel der Evaluation war es, zu klären, ob die rechtlichen und strategischen Vorgaben für die Kooperationen klar sind, ob diese Vorgaben eingehalten werden und ob die Kooperationen der beiden Bereiche zweckmässig miteinander und mit anderen aussenpolitischen Interessen verknüpft werden. Die PVK analysierte dafür alle bestehenden Kooperationsabkommen der Schweiz mit anderen Ländern in den Bereichen der militärischen Ausbildung und Rüstung (völkerrechtliche Verträge). Nicht analysiert wurden dagegen Abkommen zur Zusammenarbeit im Rahmen von internationalen Organisationen, namentlich im Rahmen der Nato, privatrechtliche Verträge (z.B. Verträge zur Beschaffung bzw. zum Kauf von Rüstungsgütern) sowie geheime Abkommen 3.

Die PVK hat ihren
Bericht am 11. März 2015 abgeschlossen. Dieser wurde daraufhin von der GPK-S behandelt und gewürdigt. Im vorliegenden Bericht präsentiert die Kommission nun die aus ihrer Sicht wichtigsten Feststellungen und die davon abgeleiteten Schlussfolgerungen und Empfehlungen.

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Möckli, Daniel (2012): Sicherheitskooperationen neu denken: Pooling and Sharing, Smart Defence und die Schweiz. CSS-Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 126.

Sicherheit durch Kooperation: Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 7. Juni 1999 über die Sicherheitspolitik der Schweiz (SipolB 2000; BBl 1999 7693).

Bestimmte internationale Abkommen unterstehen der Geheimhaltung. Diese werden der GPDel zur Kenntnis gebracht.

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Feststellungen und Empfehlungen

Die bilaterale Zusammenarbeit der Schweiz mit anderen Ländern im Bereich der militärischen Ausbildung und Rüstung wird durch Rahmenabkommen geregelt.

Diese Abkommen stellen völkerrechtliche Verträge dar und können vom Bundesrat gestützt auf Artikel 48a (Ausbildung) und 109b (Rüstung) des Militärgesetzes4 in eigener Kompetenz abgeschlossen werden. Sie regeln die Grundsätze der Zusammenarbeit, insbesondere die Themen und Inhalte der Zusammenarbeit, den Umgang mit klassifizierten Informationen und die Aufteilung der Kosten. Im Ausbildungsbereich hat die Schweiz aktuell geltende Rahmenabkommen mit 16 anderen Ländern, im Rüstungsbereich mit 15 Ländern (vgl. Kap. 2.1.1 im Bericht der PVK).

Auf der Grundlage dieser Abkommen führt die Schweiz mit den entsprechenden Ländern gemeinsame Aktivitäten durch, z.B. eine gemeinsame Übung der Luftwaffen beider Länder (Ausbildung) oder ein Austausch in Hinblick auf die Beschaffung von Armee-Bekleidung (Rüstung). Die Schweiz kann aber auch mit Staaten, mit denen sie kein Rahmenabkommen hat, Aktivitäten durchführen. In diesem Fall kann sie dafür auf eigenen Wunsch oder auf Wunsch eines beteiligten Staates eine spezifische Durchführungsvereinbarung abschliessen. Solche Durchführungsvereinbarungen werden aber auch mit Ländern abgeschlossen, mit denen ein Rahmenabkommen besteht, und zwar dann, wenn Details geregelt werden müssen bzw.

Abweichungen von den allgemeinen Regeln getroffen werden, soweit dies im Rahmenabkommen vorgesehen ist.5 Im Ausbildungsbereich hat die Armee im Untersuchungszeitraum von 2010­2013 über 3000 Aktivitäten durchgeführt, aber nur 53 Durchführungsvereinbarungen abgeschlossen; im Rüstungsbereich gibt es dazu keine soliden Daten (vgl. Kap. 2.1.2 und 2.2 im Bericht der PVK).

Bevor im Folgenden nun die wesentlichen Feststellungen und Empfehlungen vorgestellt werden, ist zu bemerken, dass diese nicht immer für beide untersuchten Bereiche ­ also für die militärische Ausbildung und für die Rüstung ­ gleichermassen gelten. Denn insgesamt hat die Evaluation der PVK gezeigt, dass die internationalen Kooperationen im Bereich der militärischen Ausbildung weniger kritisch zu beurteilen sind als die Kooperationen im Rüstungsbereich. Aus diesem Grund treffen die Folgerungen und Empfehlungen stärker (Kap. 2.1 und 2.3) oder ausschliesslich (Kap. 2.2, 2.4 und 2.5) auf den Rüstungsbereich zu.

2.1

Ungenügende Transparenz über Abkommen und Vereinbarungen, insbesondere im Rüstungsbereich

Weder die Systematische Rechtssammlung (SR) noch der jährliche Bericht über die vom Bundesrat abgeschlossenen internationalen Verträge oder die Datenbank der Staatsverträge des EDA ermöglichen es, sich eine vollständige Übersicht über die 4 5

Bundesgesetz vom 3. Feb. 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10) Die Rahmenabkommen sehen die Möglichkeit, dass weitere Details geregelt werden (z.B. die Zuweisung von Funkfrequenzen) oder abweichende Abmachungen (z.B. bezüglich der Kostenbeteiligung) getroffen werden, explizit vor.

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bilateralen Rahmenabkommen und Durchführungsvereinbarungen zur militärischen Ausbildung oder Rüstung zu verschaffen.

Die Rahmenabkommen im Ausbildungsbereich finden sich fast alle in der SR, es fehlen aber einzelne ältere Abkommen. Im Rüstungsbereich werden die Rahmenabkommen nicht publiziert, was armasuisse mit der «beschränkten Tragweite» dieser Abkommen begründete.6 Da die Rahmenabkommen aber häufig auch auf die Rüstungsindustrie Bezug nehmen und damit bis zu einem gewissen Grad auch Private betreffen, erachtet die GPK-S diese Begründung als nicht überzeugend bzw.

nicht ausreichend.7 Im Weiteren stellt sich aus Sicht der Kommission auch die Frage, ob die Abkommen aufgrund ihres Bezugs zur Rüstungsindustrie und aufgrund ihrer aussenpolitischen Bedeutung aus Transparenzgründen nicht veröffentlicht werden sollten8, analog zu den Abkommen im Ausbildungsbereich.

Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass die Situation in Bezug auf die Durchführungsvereinbarungen ähnlich ist wie bei den Rahmenabkommen: Die Vereinbarungen im Ausbildungsbereich sind in den jährlichen Berichten des Bundesrates über die internationalen Verträge fast ausnahmslos aufgeführt, während die Vereinbarungen im Rüstungsbereich nirgends publiziert sind. Besonders kritisch ist aus Sicht der GPK-S zu beurteilen, dass offenbar nicht einmal armasuisse selber in der Lage war, sich einen vollständigen Überblick über die abgeschlossenen Durchführungsvereinbarungen zu verschaffen.9 Die Kommission hält fest, dass die Frage nach der Tragweite eines Vertrags lediglich relevant ist für die Entscheidung bezüglich seiner Publikation in der SR, nicht aber bezüglich seiner Publikation im jährlichen Bericht des Bundesrates über die internationalen Verträge. Denn gemäss Art. 48a Abs. 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG) muss der Bericht über sämtliche Verträge, die der Bundesrat abgeschlossen hat, informieren ­ ungeachtet ihrer Tragweite. Bei der Schaffung des Artikels ging die zuständige staatspolitische Kommission davon aus, dass die Rechenschaftspflicht den Bundesrat zwingt, die ihm übertragenen Kompetenzen zum Abschluss internationaler Verträge umsichtig zu handhaben, und dem Parlament zugleich die Möglichkeit gibt, die Vertragspraxis des Bundesrates zu überprüfen und falls nötig zu korrigieren.10 Wenn die Berichte
des Bundesrates nun aber nicht vollständig sind bzw. nicht alle abgeschlossenen Verträge auflisten, kann das Parlament seine Oberaufsichtsfunktion nicht angemessen wahrnehmen. Die GPK-S besteht daher darauf, dass der Bundesrat seiner Rechenschaftspflicht vollum-

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7

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9 10

Gemäss Art. 7a Abs. 3 Bst. c und Abs. 4 Bst. c des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG; SR 172.010) sind Abkommen insbesondere dann von beschränkter Tragweite, wenn sie sich an Behörden richten, administrativ-technische Fragen regeln oder keine grossen finanziellen Folgen haben.

Art. 2 Bst. a der Publikationsverordnung (SR 170.512.1): Völkerrechtliche Verträge von beschränkter Tragweite sind zu veröffentlichen, wenn sie «Rechte und Pflichten von Privaten betreffen».

Art. 2 Bst. c der Publikationsverordnung (SR 170.512.1): Völkerrechtliche Verträge von beschränkter Tragweite sind zu veröffentlichen, wenn dies «aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Transparenz erforderlich ist».

Vgl. Kap. 6.2 im Bericht der PVK sowie Kap. 5.2.2. in den Materialien der PVK BBl 1999 4830

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fänglich nachkommt und das Parlament über sämtliche internationalen Verträge, die er abgeschlossen hat, informiert.

Empfehlung 1

Erhöhung der Transparenz

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, für eine bessere Transparenz über die Kooperationsabkommen mit anderen Staaten im Bereich der militärischen Ausbildungs- und Rüstungszusammenarbeit zu sorgen. Er soll dabei insbesondere prüfen, ob die Rahmenabkommen im Rüstungsbereich nicht wie die Abkommen im Bereich der militärischen Ausbildung in der SR publiziert werden sollten.

Zudem hat er dafür zu sorgen, dass künftig sämtliche Abkommen und Vereinbarungen ­ ungeachtet ihrer Tragweite ­ im jährlichen Bericht des Bundesrates über die internationalen Verträge aufgelistet werden.

2.2

Fehlendes Bewusstsein für die Verbindlichkeit der Verträge im Rüstungsbereich

Die PVK hat festgestellt, dass bei armasuisse Unklarheiten bestehen in Bezug auf die Verbindlichkeit von Abkommen und Vereinbarungen. So haben einige der befragten Verantwortlichen und Mitarbeitenden von armasuisse gegenüber der PVK die Meinung vertreten, dass es sich bei den Rüstungs-Rahmenabkommen nicht um verbindliche Verträge handle. Zu dieser Einschätzung passt, dass die Rüstungsrahmenabkommen häufig den Titel «Memorandum of Understanding (MoU)» tragen, der gemäss Empfehlung der Direktion für Völkerrecht möglichst nur für unverbindliche Verträge benutzt werden sollte. Die Verbindlichkeit eines Abkommens wird aber in jedem Fall nicht ausschliesslich von seinem Titel bestimmt, sondern sie hängt weitestgehend von dessen Inhalt ab bzw. vom Willen der Parteien, eine rechtlich verbindliche Vereinbarung abzuschliessen.11 Daher muss im Einzelfall abgeklärt werden, ob ein Abkommen oder eine Vereinbarung verbindlich ist. Falls dem so ist, müssen sie vorgängig vom Bundesrat oder von einer durch ihn ermächtigten Stelle genehmigt werden.

Es kann vorkommen, dass die rechtliche Verbindlichkeit umstritten ist oder von verschiedenen Stellen unterschiedlich eingeschätzt wird. Eine falsche Einschätzung der Verbindlichkeit eines Vertrags und das Fehlen eines rechtmässigen Genehmigungsverfahrens ändern letztlich aber nichts daran, dass dieser Vertrag für die Schweiz verbindlich wird und Rechte und Pflichten für sie begründet. Die PVK hat zwei entsprechende Fälle festgestellt. So wurde ein Rahmenabkommen im Rüstungsbereich (Gripen-Rahmenvereinbarung mit Schweden)12 von der zuständigen Stelle zuerst fälschlicherweise als unverbindlich eingeschätzt und daher entgegen den rechtlichen Vorgaben nicht durch den Bundesrat genehmigt. Bei den untersuch-

11 12

Für ausführlichere Information vgl. Absatz I, Bst. D im Praxisleitfaden Völkerrechtliche Verträge des EDA (Direktion für Völkerrecht) Vgl. Kap. 3.2.2 und 6.3 im Bericht der PVK

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ten Durchführungsvereinbarungen stellte die PVK auch fest, dass für eine Vereinbarung13 kein rechtmässiges Genehmigungsverfahren durchgeführt wurde.

Aus Sicht der GPK-S ist es daher von grösster Bedeutung, dass die verantwortlichen Stellen bei armasuisse die Verbindlichkeit eines Vertrags sorgfältig prüfen und korrekt einschätzen können. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass künftig alle verbindlichen Verträge vom Bundesrat genehmigt werden. Von der korrekten Einschätzung der Verbindlichkeit hängt auch ab, ob ein Abkommen im jährlichen Bericht des Bundesrates über die internationalen Verträge aufgeführt und allenfalls auch in der SR publiziert werden muss oder nicht (siehe Kap. 2.1).

Empfehlung 2

Klärung der Verbindlichkeit und der davon abhängigen Genehmigungsverfahren

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die verantwortlichen Stellen im Rüstungsbereich die rechtliche Verbindlichkeit von Abkommen und Vereinbarungen künftig vertieft und sorgfältig abklären. Er prüft zudem, ob noch weitere Massnahmen nötig sind, um sicherzustellen, dass künftig alle verbindlichen Abkommen und Vereinbarungen durch den Bundesrat genehmigt werden.

2.3

Mängel bei den strategischen Vorgaben in beiden Bereichen und deren Einhaltung im Rüstungsbereich

Auf die Frage, welche Strategiedokumente für die Ausrichtung internationaler Kooperationen relevant sind, konnten viele der von der PVK befragten Personen im VBS14 keine klare Antwort geben und die Frage konnte auch durch die Recherchen der PVK nicht abschliessend geklärt werden. In den von der PVK analysierten übergeordneten Strategiedokumenten ­ dazu gehören u.a. der sicherheitspolitische Bericht und der Armeebericht von 2010 ­ sind als Ziele für die Kooperationen festgehalten, dass diese den gesetzlichen Aufträgen der Armee dienen und zu einer Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit beitragen sollen. Was die Kooperationen zur Erreichung dieser Ziele beitragen sollen, bleibt allerdings unklar, da die genannten Ziele in den untergeordneten Strategiedokumenten der beiden Bereiche nicht konsequent übernommen oder konkretisiert werden. Auch die Prinzipien der Neutralität und der Reziprozität, die in verschiedenen Strategiedokumenten und in Gesprächen mit der PVK erwähnt wurden, sind nicht weiter präzisiert worden.

Die GPK-S stellt aber auch fest, dass in den Strategiedokumenten im Rüstungsbereich zumindest grobe Themenprioritäten festgelegt sind (Bereiche, in denen Kooperationen besonders angestrebt werden, u.a. Instandhaltung), während im Bereich der militärischen Ausbildung klare Länderprioritäten (und Genehmigungsprozesse) 13 14

Vereinbarung zum F/A-18-Framework (Nutzergruppe) mit Australien, Kanada, Finnland, Kuwait, Malaysia, Spanien und den USA; vgl. Kap. 3.2.2 und 6.3 im Bericht der PVK Die PVK hat im Rahmen ihrer Evaluation 18 Personen befragt, davon 14 aus dem VBS (Generalsekretariat, Verteidigung: Armeestab, armasuisse).

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definiert sind. Sie begrüsst ausserdem, dass im Ausbildungsbereich im Rahmen der klar definierten Genehmigungsprozesse für jede Aktivität geprüft wird, ob diese den Länderprioritäten entspricht, und dass damit sichergestellt ist, dass diese Prioritäten eingehalten werden.

Zu bemängeln ist aus Sicht der Kommission, dass die Frage nach der Einhaltung der Vorgaben bzw. der Themenprioritäten im Rüstungsbereich nicht beantwortet werden kann, da die diesbezüglichen Vorgaben zu wenig klar sind und bei armasuisse die einzelnen Kooperationsaktivitäten nicht einmal zentral erfasst werden (siehe dazu Kap. 2.4).

Insgesamt beurteilt die GPK-S den Mangel an klaren strategischen Vorgaben und die fehlende Konkretisierung der sehr allgemein gehaltenen Zielvorgaben kritisch.

Die Vorgaben sind so breit gefasst, dass fast jede Aktivität der Armee darunter subsumiert werden kann. Dies birgt aus Sicht der Kommission letztlich das Risiko, dass auch Abkommen geschlossen oder Aktivitäten durchgeführt werden, bei denen unklar ist, ob diese wirklich den gesetzlichen Aufträgen der Armee dienen oder zu einer Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit beitragen. Besonders hoch ist dieses Risiko im Rüstungsbereich, da dort die einzelnen Aktivitäten überhaupt nicht erfasst werden und es damit auch gar nicht möglich ist, diese in Bezug auf die Einhaltung der sowieso schon sehr offen formulierten strategischen Vorgaben zu überprüfen.

Empfehlung 3

Konkretisierung der strategischen Vorgaben und bessere Überprüfung von deren Einhaltung

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass künftig sorgfältiger geprüft wird, ob eine Kooperation zur Umsetzung der gesetzlichen Aufträge der Armee beitragen kann. Er sorgt dafür, a.

dass die strategischen Vorgaben und die Ziele für internationale Kooperationen im Ausbildungs- und im Rüstungsbereich konkretisiert werden; und

b.

dass bei der Genehmigung von einzelnen Kooperationsaktivitäten jeweils geprüft wird, ob diese Vorgaben eingehalten sind (vgl. auch Empfehlung 4).

2.4

Unzureichende Steuerung der Kooperationen im Rüstungsbereich

Die PVK kommt in ihrem Bericht zum Schluss, dass die internationalen Kooperationen im Rüstungsbereich nicht gesteuert werden. Sie stellt fest, dass es keine klaren strategischen Vorgaben für die Kooperationen gibt (vgl. Kap. 2.3). Die bestehenden Vorgaben dürften in der Praxis wohl auch von geringer Bedeutung sein, denn sie waren zum Untersuchungszeitpunkt nicht aktuell bzw. von armasuisse nicht rechtzeitig aktualisiert worden. Der Mangel an Steuerung liegt gemäss der PVK teilweise aber auch darin begründet, dass es armasuisse auf der Ebene der Umsetzung an

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einem Überblick und an einer steuernden Instanz fehlt. So hat weder die Stabsstelle für Aussenbeziehungen noch eine andere Stelle den vollständigen Überblick über Durchführungsvereinbarungen sowie Kooperationsaktivitäten und es gibt auch keine klaren Planungs- und Genehmigungsprozesse. Damit ist die Situation im Rüstungsbereich ganz anders als im Ausbildungsbereich. Bei letzterem sind die strategischen Vorgaben insgesamt zwar auch unklar. Das Manko wird aber entschärft, indem einerseits Länderprioritäten sowie klare Planungs- und Genehmigungsprozesse definiert wurden und indem andererseits auch jede internationale Aktivität zentral erfasst und im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit diesen Prioritäten geprüft wird.15 Die GPK-S erachtet die von der PVK beschriebenen Mängel bei der Steuerung der Kooperationen im Rüstungsbereich als gravierend. Diese sind aus Sicht der Kommission rasch zu beheben. Sie begrüsst die Ankündigung von armasuisse gegenüber der PVK, eine «Funktionalstrategie Aussenbeziehungen» mit klareren strategischen Vorgaben zu erarbeiten und deren Umsetzung regelmässig zu überprüfen. Allerdings ist noch unklar, ob das festgestellte Steuerungsmanko damit behoben werden kann.

Die Kommission bittet den Bundesrat daher, in seiner Antwort auf die nachfolgende Empfehlung der GPK-S auf diese Strategie einzugehen.

Empfehlung 4

Verbesserung der Steuerung im Rüstungsbereich

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, für eine bessere Steuerung der Kooperationen im Rüstungsbereich zu sorgen. Er stellt sicher, dass armasuisse a.

für eine Präzisierung der strategischen Vorgaben im Rüstungsbereich sorgt,

b.

eine Stelle bezeichnet, welche einen Überblick über die Kooperationen und Aktivitäten hat und

c.

klare Genehmigungsprozesse für die Durchführung von Kooperationsaktivitäten definiert (vgl. auch Empfehlung 3).

2.5

Ungenügende Beachtung der aussenpolitischen Opportunität der Kooperationen im Rüstungsbereich

Die GPK-S stellt positiv fest, dass den verantwortlichen Stellen im Bereich der militärischen Ausbildung gemäss der Evaluation der PVK bewusst ist, dass ihre internationalen Aktivitäten aussenpolitisch relevant sind. Die PVK führt als Beleg für diese Haltung unter anderem an, dass die Armee die Ausbildungsaktivitäten mit Russland infolge des Ukraine-Konflikts teilweise eingestellt hat und dass die zuständigen Stellen eine gute Zusammenarbeit mit dem EDA bzw. der Direktion für Völkerrecht pflegen.

15

Vgl. Kap. 6.4 im Bericht der PVK

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Im Rüstungsbereich ist die Situation aus Sicht der GPK-S kritischer zu beurteilen.

Dies liegt daran, dass der Abschluss von Rahmenabkommen stark durch einzelne Beschaffungsvorhaben geprägt ist und dass die verantwortlichen Stellen dabei die Direktion für Völkerrecht häufig nicht angemessen einbeziehen.16 Der Bundesrat hat als Reaktion auf eine frühere Empfehlung der GPK-N17 kürzlich zwar neue Vorgaben formuliert, welche für eine bessere Prüfung der aussenpolitischen Opportunität von Beschaffungen und damit für einen besseren Einbezug des EDA sorgen sollen.

Solange die Steuerung im Rüstungsbereich aber ­ wie oben ausgeführt ­ ungenügend ist, ist unklar, ob diese Vorgaben auch eingehalten werden.

Die Kommission stellt weiter fest, dass der Abschluss eines Rahmenabkommen aussenpolitisch eine grosse symbolische Wirkung haben kann und dass solche Abkommen teilweise gezielt abgeschlossen werden, um die Beziehung zu bestimmten Staaten zu verbessern. Da diese Abkommen aber aus denselben Gründen fast nicht mehr gekündigt werden können, ist die GPK-S der Meinung, dass sie nur nach sorgfältigen Abwägungen unter Einbezug des EDA durch den Bundesrat genehmigt werden dürfen.

Empfehlung 5

Stärkere Beachtung der aussenpolitischen Wirkung der Kooperationen und besserer Einbezug des EDA im Rüstungsbereich

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, Massnahmen zu ergreifen, damit die zuständigen Stellen von armasuisse a.

beim Abschluss von Rahmenabkommen und Vereinbarungen sowie bei gemeinsamen Aktivitäten stärker auf deren aussenpolitische Opportunität achten und

b.

das EDA angemessen einbeziehen.

3

Schlussfolgerungen

Insgesamt zeigt die Evaluation der PVK aus Sicht der GPK-S, dass es bei internationalen Kooperationen im Bereich der militärischen Ausbildung und Rüstung verschiedene Mängel gibt. Insbesondere im Rüstungsbereich ist die Situation kritisch: Es mangelt ­ wie im Ausbildungsbereich ­ an klaren strategischen Vorgaben, zusätzlich mangelt es aber ­ anders als im Ausbildungsbereich ­ auch an einer Steuerung der Kooperationen, an Transparenz und teilweise sogar an einer angemessenen Einschätzung der rechtlichen Verbindlichkeit der Abkommen und Vereinbarungen.

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Vgl. Kap. 5.2 und 6.6 im Bericht der PVK Unveröffentlichte Stellungnahme des Bundesrates vom 6. Nov. 2013 im Rahmen der zweiten Nachkontrolle zum Bericht der GPK-N vom 23. Nov. 2007 zur Rüstungsbeschaffung im VBS (BBl 2008 3569)

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Es ist denn auch die Kombination bzw. das gleichzeitige Vorhandensein dieser Mängel, welche aus Sicht der GPK-S besonders kritisch zu beurteilen ist. Denn wenn zu relativ offenen strategischen Vorgaben, einem Mangel an Steuerung und Unwissen in Bezug auf die Verbindlichkeit der Abkommen noch die ungenügende Transparenz über Rahmenabkommen und Vereinbarungen kommt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu Kooperationen kommen kann, welche nicht den gesetzlichen Aufträgen der Armee entsprechen und/oder aussenpolitisch bedenklich oder sogar schädlich sind. Diese Risiken werden aus Sicht der GPK-S im Bereich der militärischen Rüstung aktuell zu wenig erkannt und beachtet.

Die Kommission fordert den Bundesrat daher über ihre oben formulierten Empfehlungen auf, Massnahmen zu treffen, um diese Risiken zu minimieren. Dazu sollte er präzisere strategische Vorgaben für die Kooperationen in beiden Bereichen erarbeiten. Im Rüstungsbereich muss er ausserdem für eine bessere Steuerung der internationalen Kooperationen sowie für Klarheit über die Verbindlichkeit der Abkommen und die Einhaltung der rechtlich vorgegebenen Genehmigungsprozesse sorgen. Nur so kann aus Sicht der GPK-S gewährleistet werden, dass bei Kooperationen künftig besser geprüft wird, ob sie einen Nutzen für die schweizerische Armee bringen und zugleich auch aussenpolitisch opportun sind.

Die Kommission ersucht den Bundesrat, bis spätestens am 15. Januar 2016 zu den obigen Ausführungen und Empfehlungen der GPK-S sowie zu den diesen zugrunde liegenden Feststellungen der PVK Stellung zu nehmen und darzulegen, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der Kommission umzusetzen gedenkt.

6. Oktober 2015

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Der Präsident: Hans Hess Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres

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Abkürzungsverzeichnis Abs.

Art.

BBl EDA GPK GPK-S MG

MoU PVK RVOG

Absatz Artikel Bundesblatt Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz; SR 510.10)

Memorandum of Understanding Parlamentarische Verwaltungskontrolle Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) SipolB 2000 Sicherheit durch Kooperation ­ Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz vom 7. Juni 1999 SR Systematische Rechtssammlung VBS Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

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