Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates vom 2. Dezember 2016

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 30 des Bundesgesetzes vom 21. März 19971 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit und auf Artikel 55 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19972 (RVOG), erlässt folgende Weisungen:

1. Abschnitt: Sicherheitsausschuss Art. 1

Zusammensetzung

Der Sicherheitsausschuss (SiA) ist ein Ausschuss des Bundesrates nach Artikel 23 RVOG.

1

2

3

Er setzt sich zusammen aus: a.

dem Chef oder der Chefin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS);

b.

dem Vorsteher oder der Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements;

c.

dem Vorsteher oder der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

Der Chef oder die Chefin des VBS hat den Vorsitz.

Art. 2

Aufgaben

Der SiA hat folgende Aufgaben:

1 2

a.

Er beurteilt die sicherheitsrelevante Lage.

b.

Er koordiniert departementsübergreifende sicherheitspolitische Geschäfte.

SR 120 SR 172.010

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Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates

Art. 3

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Sitzungsrhythmus und Sekretariat

1

Der SiA tagt bei Bedarf, mindestens jedoch zweimal jährlich.

2

Das Generalsekretariat des VBS führt das Sekretariat des SiA.

2. Abschnitt: Kerngruppe Sicherheit Art. 4 1

Zusammensetzung

Die Kerngruppe Sicherheit setzt sich zusammen aus: a.

dem Staatssekretär oder der Staatssekretärin des EDA;

b.

dem Direktor oder der Direktorin des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB);

c.

dem Direktor oder der Direktorin des Bundesamtes für Polizei.

Der Vorsitz der Kerngruppe wechselt nach dem Rotationsprinzip und wird von den Kerngruppenmitgliedern einvernehmlich geregelt.

2

Die Kerngruppe kann bei Bedarf für einzelne Sitzungen Vertreter und Vertreterinnen weiterer Dienststellen beiziehen.

3

Art. 5 1

Aufgaben

Die Kerngruppe Sicherheit hat folgende Aufgaben: a.

Sie verfolgt und beurteilt laufend die sicherheitspolitische Lage und sorgt für die Früherkennung von Herausforderungen im sicherheitspolitischen Bereich.

b.

Sie stellt aufgrund der Analyse der sicherheitspolitischen Lage und nach Absprache mit den fachlich zuständigen Stellen den zuständigen Ausschüssen des Bundesrates Anträge.

Die drei in der Kerngruppe vertretenen Departemente stellen Grundlagen für die gemeinsame Lagebeurteilung zur Verfügung.

2

Der NDB sorgt für die Koordination der Informationen der übrigen Stellen im Rahmen des bestehenden Nachrichtenverbunds.

3

Art. 6

Koordination und Sekretariat

Die Kerngruppe Sicherheit wird durch eine Koordinationsgruppe unterstützt. Diese besteht aus je einem Vertreter oder einer Vertreterin der drei Bundesstellen der Kerngruppe.

1

Die Koordinationsgruppe ist verantwortlich für die administrative und die materielle Vor- und Nachbearbeitung der Sitzungen der Kerngruppe.

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Das Mitglied der Bundesstelle, die den Vorsitz der Kerngruppe innehat, ist verantwortlich für die administrativen Leistungen der Kerngruppe und der Koordinationsgruppe. Es erstellt das Protokoll der Sitzungen der Kerngruppe.

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Art. 7

Aufsicht

Die Vorgesetzten der Mitglieder der Kerngruppe Sicherheit erhalten die Sitzungsunterlagen und die Protokolle der Kerngruppe.

1

Das Departement, dessen Vertreterin oder Vertreter den Vorsitz der Kerngruppe führt, stellt der Geschäftsprüfungsdelegation die Protokolle der Kerngruppe zu.

2

3. Abschnitt: Bewältigung von Krisensituationen bei strategischen Bedrohungen und Katastrophen Art. 8

Aufgaben des Chefs oder der Chefin des VBS

Der Chef oder die Chefin des VBS unterbreitet dem Bundesrat in den folgenden Fällen Massnahmen zur Bewältigung der Situation: 1

a.

bei Androhung oder Anwendung von Gewalt, die erhebliche Teile der Bevölkerung oder wesentliche Institutionen betrifft (strategische Bedrohungen);

b.

bei schweren Naturkatastrophen oder zivilisationsbedingten Katastrophen, bei denen der Einsatz der Armee erforderlich ist oder der Bund die Koordination oder die Führung übernimmt (Katastrophen), sofern die Federführung nicht bereits einem anderen Departement zugeteilt worden ist.

2

Die Massnahmen werden im SiA vorbesprochen, wenn dies zeitlich möglich ist.

3

Die Massnahmen sind insbesondere: a.

Übernahme der Koordination und Führung im Einsatz im Einvernehmen mit den Kantonen bei Ereignissen, in denen mehrere Kantone, das ganze Land oder das benachbarte Ausland in einer Art betroffen sind, die eine übergeordnete Führung erfordert;

b.

Abstimmung der Einsätze der Armee mit kantonalen Polizeieinsätzen;

c.

Aufgebot und Einsatz von höchstens 2000 Angehörigen der Armee für höchstens drei Wochen für den Assistenzdienst, beispielsweise für die Kontrolle und den Schutz des Luftraums, die Unterstützung des Grenzwachtkorps, den Schutz von Schlüsselräumen und Einrichtungen, das Offenhalten von Transversalen (Strasse, Schiene, Energieträger, Übermittlungsstränge), den Schutz eigener Truppen, Personen und besonders schutzwürdiger Sachen, die Unterstützung der Polizei bei Sicherungseinsätzen;

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d.

Einsatz der Mittel des Bundes bei erhöhter Radioaktivität gemäss der ABCN-Einsatzverordnung vom 20. Oktober 20103;

e.

Anordnungen für die Einschränkung oder das Verbot der Benützung des schweizerischen Luftraums;

f.

Information der Öffentlichkeit.

Art. 9

Aufgaben der Kerngruppe Sicherheit

Die Kerngruppe Sicherheit koordiniert und integriert bundesinternes und -externes Fachwissen.

Art. 10

Verfahren bei Dringlichkeit

Ist bei strategischen Bedrohungen oder Katastrophen die Durchführung einer ordentlichen oder ausserordentlichen Verhandlung des Bundesrates nicht möglich, so ordnet der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin vorsorgliche Massnahmen an oder entscheidet anstelle des Bundesrates (Art. 26 RVOG). Wenn möglich nimmt er oder sie Rücksprache mit dem Chef oder der Chefin des VBS.

1

Die Kerngruppe Sicherheit steht bei Bedarf dem Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin zur Verfügung und berät und unterstützt die Bundeskanzlei.

2

Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin informiert bei Bedarf die Öffentlichkeit, wenn möglich in Absprache mit dem Chef oder der Chefin des VBS.

3

Er oder sie informiert den Bundesrat so rasch wie möglich über die Lage und die getroffenen Entscheide.

4

Er oder sie unterbreitet die getroffenen Entscheide dem Bundesrat so rasch wie möglich zur Genehmigung.

5

4. Abschnitt: Inkrafttreten und Befristung Art. 11 Diese Weisungen treten am 1. Januar 2017 in Kraft und gelten längstens bis zum 31. Dezember 2021.

2. Dezember 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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SR 520.17

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