#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

XXVI. Jahrgang, n.

Nr. 31.

11. Juli 1874.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükung sge b ü hr par Zeile 15 Rp.--Inserate sind franko au die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpfli sehen Buchdrukerei in Bern.

# S T #

Bundesgesez über

die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft.

(Vom 24. Juni 1874.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 7. Juli 1873; in Vollziehung von Art. 11 des Bundesgesezes vom 23. De zember 1872 über Bau und Betrieb der Eisenbahnen (XI, 1); gestüzt auf die Artikel 26 und (54 der Bundesverfassung, b e s c h l i e lò t :

I. Verpfändung.

Art. 1. Zur Bestellung von Pfandrechten auf Eisenbahnen im Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft ist die Bewilligung des Bundesrathes erforderlich.

Art. 2. Der Bundesrath macht das Pfandbestellungsbegehren im Bundesblatte bekannt und sezt für Erhebung von Einsprachen eine angemessene Frist fest. Wer leu Einsprachen erhoben, so bestimmt der Bundesrath den Einbrechern eine Frist von 30 Tilgen zur Anbringung der Klage bei dem Bundesgerichte.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd.II.

33

450 Art. 3. Nach Ablauf der Frist und nach der Erledigung allfälliger Einsprachen wird die Bewilligung ertheilt, wenn der Nachweis geleistet wird, daß die Pfandbestellung zur Versicherung bereits bestehender Schuldverpflichtungen, oder zur Sicherheit für ein Anleihen dient, das zur Vollendung, Verbesserung oder Erweiterung der Bahn, zur Vermehrung des Betriebsmaterials, zur Abbezahlung von Schulden oder zu einem andern das Unternehmen fördernden Zweke verwendet werden soll.

Art. 4. Die Bewilligung schließt, wenn es sich um Sicherstellung bereits bestehender Schuldverpflichtungen handelt, die definitive, und wenn es sich um ein erst zu kontrahirendes Anleihen handelt, die eventuelle Begründung des Pfandrechtes in sich. Im lezteni Falle wird das Pfandrecht durch die Einzahlung definitiv.

Art. 5. Ueber die Verpfändung von Eisenbahnen ist ein besonderes Pfandbuch anzulegen; in dasselbe sind alle bestehenden und alle neu bewilligten Pfand beslellungen einzutragen nach dem Betrage der Forderungen, dem Range und was sonst bedungen worden ist.

Zu dem Zweke ist dem Bundesrath jeweilen von dem Erfolg der Bewerbung um ein Anleihen Kenntniß zu geben.

Ueber Einrichtung und Führung des Pfandbuches und über die dafür zu bezahlenden Gebühren wird der Bundesrath die erforderlichen Verfügungen erlassen.

Art. 6. Haftet auf der Eisenbahn ein älteres Pfandrecht, so behält dasselbe den Vorrang vor dem spätem, soweit die Titelinhaber des erstem dem neuen Anleihen nicht gleiche oder bessere Berechtigung zugestehen.

Art. 7. Hat die Bahnunternehmung bei einem frühern Anleihen die Zusichcrung ertheilt, daß sie keine gleiche oder besser berechtigte Titel ausgeben wolle, so wird das Pfandrecht für das neue Anleihen unter der Bedingung ertheilt, daß den Titelinhabem eines frühern Anleihens die zugesicherten Rechte gewahrt bleiben, soweit dieselben nicht darauf Verzicht leisten.

Art. 8. Soll ein Verzicht auf das Pfandrecht oder den Rang ausgesprochen werden, so ist eine Versammlung der Titelinhaber der betreffenden Anleihen anzuordnen. Stimmt die Mehrheit der vertretenen Titel zum Verzicht, so macht der Bundesrath den Beschluß öffentlich bekannt, unter Festsezung einer peremtorischcn Einspruchsfrist von wenigstens 30 Tagen. Wer inner dieser Frist nicht Einspruch erhebt, unterzieht sich dem Beschlüsse der Mehrheit; wer Einspruch erhebt, behält für seinen Theil der Forderung die bisherigen Titelsrechte.

451 Art. 9. Das Pfandrecht kann sowohl für das ganze Nez einer Gesellschaft, als für einzelne Linien bestellt werden. Dasselbe umfaßt : a. den Bahnkörper und die mit demselben zusammenhangenden Landparzellen mit Einschluß der Bahnhöfe, Stationsgebäude, Güterschuppen, Werkstätten, Remisen, Wärterhäuser und aller andern auf dem Bahnkörper und diesen Landparzellen befindlichen Hochbauten ; b. das gesammte für den Betrieb und den Unterhalt der verpfändeten Linie zugehörige Material.

Art. 10. Die Pfandgläubiger dürfen den Betrieb der Bahn nicht hemmen; auch können sie wegen Veränderungen am Grundbesiz der Bahn, an den Gebäuden und am Betriebsmaterial keine Einsprachen erheben. Das Pfandrecht ist auf den Bestand der Bahn und des Betriebsmaterials beschränkt, wie beides zur Zeit der Liquidation besteht. Die Pfandgläubiger sind jedoch befugt, gegen den Verkauf der Bahn oder einzelner Linien, gegen Veräußerung eines größern Theils des Betriebsmaterials, und gegen Fusionen mit andern Bahnen Einsprache zu erheben, wenn die Sicherheit ihrer Pfandforderung dadurch gefährdet werden sollte.

Dießfällige Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Pfandgläubigern werden auf Klage der leztern vom Bundesgericht beurtheilt.

Art. 11. In den Pfandobligationen muß neben der Schuldverpflichtung der Gesellschaft angeführt werden : a. Die verpfändete Bahn mit ihren Anfangs- und Endpunkten und ihrer kilometrischen Länge; b. die vorgehenden Pfandrechte und Prioritäten; c. die Zins- und Zahlungsbedingungen.

II. Zwangsliquidation.

Art. 12. Jede Eisenbahngesellschaft kann nach den folgenden Bestimmungen zur Liquidation gebracht werden.

Art. 13. Mit der Realisirung des Pfandrechts ist die Liquidation des ganzen Vermögens der Gesellschaft verbunden.

Art. 14. Die Pfandgläubiger können die Liquidation verlangen, wenn die zur Bezahlung dos Kapitals bestimmte Frist verstrichen, oder der den Titelhihabern zugesicherte Zins am Verfalltage nicht bezahlt worden ist.

Das Begehren ist an das Bundesgericht einzugeben.

O O O

452

Art. 15. Jedes Anleihen, auch wann es in Partial-Obligatioueu zerfallt, bleibt eine einheitliche Forderung.

Wird da» Begehren um Liquidation nur von einzelneu Inhabern solcher Partial-Obligationen gestellt, so beruft das Bundesgericht eine Versammlung aller Titelinhaber des betreffenden Anleiheus und legt ihnen das Begehren vor. Die Versammlung entscheidet mit absolutem Mehr der vertretenen Summen, ob sie die Liquidation verlange.

Ist jedoch die Gesellschaft mit der Bezahlung des fälligen Kapitals oder Zinses seit wenigstens einem Jahr im Verzüge, so ist dem Begehren Folge zu geben, auch wenn dasselbe nur von einzelnen Titelinhabern gestellt wird.

Art. 16. Das Recht, die Liquidation zu verlangen, haben unter gleichen Bedingungen auch die Inhaber solcher Obligationen, welche kein Pfandrecht besizen.

Art. 17. Wird die Liquidation von der Mehrheit der vertretenen Summen, oder im Falle des einjährigen Verzugs von einzelnen Titelinhabern verlangt, so bestimmt das Buudesgericht der Bahngesellschaft eine Frist bis auf sechs Monate, binnen welcher sie die Gläubiger zu befriedigen hat, unter der Bedrohung, daß im Unterlassungsfälle nach Ablauf der Frist die Bahn versteigert und dia Liquidation angeordnet werde.

Aus zureichenden Gründen kann das Bundesgericht diese Frist verlängern, jedoch nur einmal und nicht auf länger als sechs Monate.

Art. 18. Sind die Gläubiger, welche die Liquidation verlangt haben, in der gewährten Frist nicht befriedigt, so ordnet das Bundesgericht die Liquidation des Vermögens der Bahngesellschaft au.

Art. 19. Das Bundesgerieht ordnet die Liquidation einer Eisenbahngesellschaft auch dann an, wenn sie selbst ihre Insolvenz erklärt, oder für eine andere Schuldvcrbindlichkeit nach dem gewöhnlichen Verfahren bis zur Pfändung, wodurch jedoch der Gläubiger keinerlei Privilegien erwerben kann, oder bis zum Konkurs betrieben ist und der betreffende Gläubiger die Liquidation verlaugt.

Art 20. Bei Eröffnung der Liquidation ernennt das Bundesgericht einen Masseverwalter und trifft Vorsorge, daß der Betrieb der Bahn nicht unterbrochen wird.

Der Masseverwalter steht unter der Leitung und Aufsicht des Bundesgerichts.

453

Gegen die Administrativverfügungen des Masseverwalters kann von den Betheiligten bei dem Bundesgerichte Beschwerde geführt werden.

Art. 21. Das Bundesgericht macht das Liquidationserkenntniß auf geeignete Weise öffentlich bekannt und fordert die Gläubiger, deren Forderungen nicht von Amtes wegen in das Schuldverzdchniß aufzunehmen sind, zur Anmeldung ihrer Forderungen auf, mit Bedrohung, daß sie bei unterlassener Eingabe binnen der bestimmten Frist von der Masse ausgeschlossen seien.

In der Publikation ist der Ort zu bezeichnen, wo die, Gläubiger ihre Forderungen einzugeben haben, und (lie Frist zu bestimmen, binnen welcher dieses geschehen soll. Die Frist darf nicht weniger als 80 Tage betragen.

Mit der Eingabe ihrer Forderungen haben die Gläubiger zugleich auch ihre Beweismittel für dieselben beizubringen.

Art. 22. Die Forderungen der Pfandgläubiger und Anleihen mit Partialobligationen werden vom Masseverwalter von Amtes wegen in das Schuldenverzeiehniß eingetragen und die Inhaber dieser Titel müssen ihre Forderungen nicht anmelden.

Solche Kollektivanleihen werden in ihrem ganzen, bzw. noch ausstehenden Betrage als einheitliche! Forderung angeschrieben.

Art. 23. Gegen die Versäumung der Eingabsfrist kann sich ein Gläubiger wieder in den frühern Zustand einsezen lassen, wenn er den Nachweis erbringt, daß er wegen Krankheit, Abwesenheit oder Militärdienst außer Stand gewesen sei, die Eingabe, zu besorgen, oder wenn er außerhalb der Schweiz wohnt und wahrscheinlich machen kann, daß ihm der Ausbruch des Konkurses unbekannt geblieben ist.

Das Wiedereinsezuugsbegehren muß unter allen Umständen vor der Vertheilung des Massevermögens beim Masseverwalter angebracht weiden.

Der Masseverwalter entscheidet nach Prüfung der vorgebrachten Beweismittel über das angebrachte Restitutionsbegehren.

Gegen den Entscheid des Masseverwalters kann vom Gesuchsteller und den Massegläubigern inner 14 Tagen an das Bundesgericht rekurrirt werden.

Art. 24. Der Masseverwalter prüft die eingegebenen Forderungen und die gegen die, Masse erhobenen Ansprüche und entscheidet über die Begründetheit und über den Betrag derselben.

Die dießfälligen Entscheidungen sind den Ansprechern schriftlich mitzutheilen. Ueberdieß ist öffentlich bekannt zu machen, wo von

4S4

dem Verzeichniß der Forderungen und Entscheidungen Einsicht genommen werden kann. Inner 30 Tagen, vom Datum der öffentlichen Bekanntmachung hinweg gerechnet, kann gegen den Entscheid des Masseverwalters an das Bundesgericht rekurrirt werden.

Art. 25. Der Masseverwalter sorgt für die vollständige Verzeichnung des Vermögens der Gesellschaft und läßt dasselbe durch Sachverständige, die vom Bundesgerichte gewählt werden, schäzen.

Sind nur einzelne Linien der Gesellschaft verpfändet oder haften auf einzelnen Linien vorgehende Pfandrechte, so wird für dieselben vorerst das zugehörige Material (Art. 9, lit. b) im Verhältniß zur kilometrischen Länge und Frequenz ermittelt und vom Bundesgericht in einem entsprechenden Prozentsaze festgestellt, und sodann werden diese Linien mit zugehörigem Material besonders geschäzt.

Grundeigentum, welches nicht zur Bahn gehört (Art. 9), wird auf Anordnung des Masseverwalters durch die zuständige kantonale Behörde nach gewöhnlichem Rechte venverthet. Der Erlös fällt unter Vorbehalt der nach kantonalem Rechte bestehenden Hypotheken und Privilegien in die allgemeine Liquidationsmasse.

Das Vermögen der Kranken-Unterstüzungs- und Pensionskassen ist von der Liquidation ausgenommen.

Art. 26. Nach Anhörung der Anträge des Masseverwaltcrs und nach Einvernahme des Bundesruths und der Kantonsregierungen, in deren Gebiet die Bahn liegt, sezt das Bundesgericht die Steigerungsbedingungen und den Anse.blagspreis fest.

Wenn nur einzelne Linien verpfändet oder mit vorgehenden Pfandrechten belastet sind, so wird der Anschlagspreis für dieselben besonders fesigesezt und vom Bundesgericht bestimmt, ob diese Linien für sich oder mit dem ganzen Nez gemeinschaftlich au die Steigerung kommen sollen.

Art. 27. Zeit und Ort der Steigerung wird vom Bundesgericht bestimmt und öffentlich ausgekündet.

Art. 28. Der Masseverwalter leitet die Steigerung. Zur Abfassung und Mitunterzeichnung des Protokolls zieht er einen beeidigten Schreiber bei.

Art. 29. Angebote auf die Eisenbahn werden nur von solchen Personen oder Gesellschaften angenommen, welche sich zuvor beim Bundesrathe ausgewiesen haben, daß aie für die zu übernehmenden pekuniären und sonstigen Verpflichtungen zureichende Garantien bieten.

455 Art. 30. Erfolgt an der Steigerung ein Angebot, welches dea Anschlagspreis erreicht oder übersteigt, so wird dasselbe vom Masseverwalter angenommen und das Steigerungsobjekt dem Bieter zugeschlagen.

Wenn zwei oder mehrere Angebote erfolgen, welche den Anschlagspreis übersteigen, so wird das Steigerungsobjekt vom Masseverwalter dem Höchstbietenden zugeschlagen.

Art. 31. Bleibt das höchste Angebot unter dem Anschlagspreise, so entscheidet das Bundesgericht nach Anhörung des Berichts des Masseverwalters und nach Einvernahme des Bundesraths und der betreffenden Kantoiisregierungen, sowie der Gläubiger der Gesellschaft, ob das Angebot anzunehmen oder eine zweite Steigerung anzuordnen sei.

Art. 32. Wird eine zweite Steigerung abgehalten und dabei wieder kein den Anschlagspreis erreichendes Angebot gemacht, so kann das Bundesgericht, nach Anhörung des Bundesraths und der betreffenden Kantonsregierungen, sowie der Gläubiger der Gesellschaft, das Steigerungsobjekt dem Höchstbietendeu zuschlagen, oder eine andere sachgemäße Verfügung treffen.

Art. 33. Der Erwerber übernimmt die Eisenbahn auf Grundlage der Konzession, welche dem frühern Inhaber gegeben wurde, unter Vorbehalt der Genehmigung der Bundesversammlung nach Art. 10 des Buudesgesezes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. Dezember 1872.

Art. 34. Bei der Steigerung der übrigen Vermögensgegenstände ist Jedermann zur Theilnahme berechtigt und die betreffenden Gegenstände werden an die Höchstbieteuden verkauft, sofern das Angebot den Anschlagspreis erreicht oder übersteigt.

Art. 35. Diejenigen Gegenstände, auf welche nicht wenigstens der Anschlagspreis geboten wird, werden an eine zweite Steigerung gebracht und bei dieser an die Höchstbieteuden verkauft.

Art. 36. Der Verkauf erfolgt gegen Barzahlung oder gegen genügende, vom Masseverwalter zu beurtheilende Sicherheitsleistung.

Art. 37. Die Aktiven der Gesellschaft werden vom Masseverwalter soweit möglich einkassirt. Was bis zur Versteigerung nicht eingeht, wird an derselben verkauft.

Art. 38. Aus dem Steigerungserlös und dem sonstigen Vermögen der Gesellschaft sind die Schulden derselben in folgender Ordnung zu bezahlen :

456 1. Liquidationskosten mit Einrechnung eines allfälligen Verlustes auf dem Betriebe der Bahn während der Liquidation; 2. die Gebäudeassekuranzbeiträge; 3. die Schulden der Gesellschaft für Gehalte und Arbeitslöhne; 4. die Guthaben von Bauunternehmern, welche vertragsgemäß als Kaution bei der Eisenbahngesellschaft stehen gebliebe« sind; 5. die Obligationsgläubiger, welchen vor der Bestellung des Pfandrechts ein Vorrecht eingeräumt worden und die auf dasselbe nicht verzichtet haben (Art. 7 und 8) für das Kapital und drei Jahreszinse; 6. die Pfandgläubiger nach dem Rang ihrer Berechtigung für Kapital und drei Jahreszinse, soweit der Erlös des Pfandes zu ihrer Befriedigung reicht. Der Rang wird durch das Datum der Verpfändungsbewilligung des Bundesraths bestimmt; vorbehalten bleibt jedoch Art. 6.

Wenn Grundeigentum zur Liquidation kommt, das nicht zur Bahn gehört, so werden die auf demselben haftenden, nach kantonalem Rechte bestehenden Hypotheken und Privilegien besonders berüksichtigt ; 7. der aus dem Erlös des Pfandes nicht gedekte Betrag der Forderungen der Pfandgläubiger und alle übrigen Schulden, der Gesellschaft.

Art. 39. Ist das Vermögen unzureichend, um eine Klasse von Gläubigern mit gleichen Berechtigungen ganz zu befriedigen, so wird der verfügbare Betrag nach Verhältniß ihrer Forderungen unter sie vertheilt.

Art. 40. Nachdem der Masseverwalter in dieser Weise die Rangordnung der Gläubiger und die Anweisungen derselben bestimmt hat, werden die Gläubiger durch eine Publikation des Masseverwalters eingeladen, von dieser Klassifikation und Vertheilung; Einsicht zu nehmen und allfällige Einsprachen dagegen binnen 30 Tagen, vom Datum der Publikation an gerechnet, beim Massever\valter schriftlich anzubringen.

Art. 41. Der Masse Verwalter entscheidet über die erhobenen Einsprachen und macht seinen Entscheid den Einsprechern schriftlich und für die übrigen Gläubiger öffentlich bekannt. Binnen 30 Tagen, vom Datum der öffentlichen Bekanntmachung an gerechnet, kann gegen den Entscheid des Masse Verwalters sowohl von den Einsprechern als den übrigen Massegläubigern an das Bundesgericht rekurrirt werden.

457

Art. 42. Alle andern Rechtsstreitigkeiten, welche zwischen der Eisenbahngesellschaft und ihren Gläubigern, oder den Gläubigern unter sich während der Liquidation entstehen , oder von anderer Seite gegen die Masse angehoben werden, sind ebenfalls vom Bundesgericht zu beurtheilen. Bereits im Zeitpunkt der Konkurseröffnung anhängige Rechtsstreitigkeiteu werden vor dem angerufenen Richter zu Ende geführt.

Art. 48. Nach Erledigung aller Anstände legt der Masseverwalter das Ivotokoll mit seinem Bericht dem Buudesgericht vor, worauf dasselbe bestimmt, wo und in welcher Weise die Auszahlung der angewiesenen Gläubiger erfolgen soll.

Art. 44. Bleibt nach Befriedigung aller Gläubiger ein Ueberschuß, so fällt er den bisherigen Inhabern der Bahn (Aktionären) nach Verhältriiß ihrer Betheiligung zu.

Art. 45. Bleiben einzelne Titel eines Anleiheus uneingelöst, so wird der Betrag für Rechnung des Titelinhabers zinstragend deponirt. Nach Ablauf von 10 Jahren fällt der Betrag, wenn er bis zu dieser Zeit nicht erhoben wurde, der Krankenunterstüzungskasse des betreffenden Bahnunternehmens zu.

Art. 46. Wenn nach Art. 13 und 28 des Bundesgesezes 23. Dezember 1872 eine Bahn öffentlich versteigert werden so ernennt das Bundesgericht einen Steigerungskommissär und selbe verfährt nach den Vorschriften dieses Gesezes über die steigerung.

vom soll, derVer-

Art. 47. Ueber den Eintritt der Liquidation, deren Durchführung und die Uebertragung der Konzession auf den neuen Eigenthümer der Bahn ist dem Bundesrathe zuhanden der Bundesversammlung mit einläßlicher Berichterstattung Kenntuiß zu geben.

Art. 48. Auf Staatsbahnen finden die Bestimmungen dieses Gesezes, soweit sie die Verpfändung beschlagen, Anwendung. Die Liquidation beschränkt sich jedoch auf die Versteigerung des Pfandobjekts. Den Gläubigern bleiben für die durch die Liquidation des Unterpfandes nicht gedekten Forderungen ihre Rechte auf den Fiskus vorbehalten.

Art, 49. Gegenwärtiges Gesez tritt unter Vorbehalt der Volksabstimmung gemäß Art. 89 der Bundesverfassung nach Abfluß von 90 Tagen nach Veröffentlichung desselben in Wirksamkeit.

Der Bundesrath wird mit der Veröffentlichung und Vollziehung beaufragt.

458 Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 23. Juni 1874.

Der Vizepräsident: L. Ruchonnet.

Der Protokollführer: SchieSS.

Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 24. Juni 1874.

Der Präsident: Köchlin.

Der Protokollführer: J. L. Lutscher.

Der schweizerische Bundesrath beschließt: Veröffentlichung des vorstehenden Bundesgesezes im Bundesblatt.

B e r n , den 27. Juni 1874.

Der Bundespräsident: Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: SchieSS.

459.

# S T #

Bundesbeschluss betreffend

den Rekurs des Verwaltungsrathes der Burgergemeinde Neuenburg gegen den Bundesrathsbeschluss vom 15. August 1873.

(Vom 24. Juni 1874.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Erwägung : 1. daß das Gymnase latin, sowie überhaupt die vorhandenen Schulen, zum öffentlichen Unterrichtswesen gehört und daher den Verfügungen der zuständigen Staatsbehörden unterliegt; 2. daß über die Dekrete des Staatsrathes, soweit sie die Kirchen, das Burgerspital und das Waisenhaus betreffen, eine Beschwerde nicht vorliegt ; 3. daß bezüglich der Bibliothek, der übrigen wissenschaftlichen Sammlungen und der Gemäldegallerie das Eigenthum an sich nicht in Frage gestellt ist, und durch die Erklärung des Staatsrathes in der Zuschrift an das eidg. Justizdepartement vom 15. November 1873, wonach der Burgergemeinde in der neuorganisirten Verwaltung die Mehrheit der Repräsentanten verbleibt, die Frage der Verfassungsverlezung gegenstandslos geworden ist, beschließt: Der Rekurs der Burgergemeinde Neuenburg wird abgewiesen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesez über die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft. (Vom 24. Juni 1874.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1874

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

31

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.07.1874

Date Data Seite

449-459

Page Pagina Ref. No

10 008 244

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.