16.050 Botschaft zu einer Änderung des Steueramtshilfegesetzes vom 10. Juni 2016

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Steueramtshilfegesetzes.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. Juni 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-0869

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Übersicht Mit der vorgeschlagenen Änderung des Steueramtshilfegesetzes (StAhiG) soll die Praxis der Schweiz in Bezug auf gestohlene Daten gelockert werden.

Ausgangslage Nach dem geltenden Artikel 7 Buchstabe c StAhiG wird auf ein Ersuchen nicht eingetreten, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, insbesondere wenn es auf Informationen beruht, die durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen erlangt worden sind.

Im Sommer 2013 wurde eine Vernehmlassung zur Änderung des am 1. Februar 2013 in Kraft getretenen StAhiG durchgeführt. In Bezug auf Artikel 7 Buchstabe c StAhiG wurde vorgeschlagen, den Wortlaut der Bestimmung dahingehend zu ändern, dass auf ein Ersuchen nur noch dann nicht eingetreten wird, wenn es auf Informationen beruht, die durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen aktiv erlangt wurden. Aufgrund der starken Kritik in der Vernehmlassung wurde in der Folge auf eine Änderung der Bestimmung verzichtet, um das Hauptanliegen der Revision ­ die Einfügung einer Ausnahmebestimmung über die nachträgliche Information der beschwerdeberechtigten Personen ­ nicht zu gefährden (zahlreiche Ersuchen waren blockiert wegen der vom ersuchenden Staat verlangten Geheimhaltung des Amtshilfeverfahrens, die mangels einer solchen Ausnahmebestimmung nicht gewährleistet werden konnte). Dabei war man sich bewusst, dass die Haltung der Schweiz in Bezug auf illegal erlangte Daten von wichtigen Partnerländern als nicht konform mit dem OECD-Standard zum Informationsaustausch in Steuersachen betrachtet wurde. Auch ging man davon aus, dass die Haltung der Schweiz ihre Beurteilung in Phase 2 der Länderüberprüfung des Global Forum für Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken (Global Forum) verschlechtern könnte.

Inhalt der Vorlage Die vorliegende Gesetzesänderung soll die internationalen Erfordernisse berücksichtigen. Neu soll auf ein Ersuchen eingetreten werden, wenn der ersuchende Staat sein Ersuchen auf Informationen stützt, die zwar ursprünglich durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen erlangt worden sind, in deren Besitz er aber auf dem Weg der Amtshilfe und nicht durch ein aktives Verhalten gelangt ist. Weiterhin nicht möglich ist die Amtshilfe, falls der ersuchende Staat gestohlene Daten ausserhalb eines Amtshilfeverfahrens aktiv erworben hat. Mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung wird die Rechtslage geklärt und gleichzeitig der internationalen Entwicklung Rechnung getragen.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Grundzüge der Änderung

Nach dem geltenden Artikel 7 Buchstabe c des Steueramtshilfegesetzes vom 28. September 20121 (StAhiG) wird auf ein Ersuchen nicht eingetreten, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, insbesondere wenn es auf Informationen beruht, die durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen erlangt worden sind.

Im Sommer 2013 wurde eine Vernehmlassung zur Änderung des am 1. Februar 2013 in Kraft getretenen StAhiG durchgeführt. In Bezug auf Artikel 7 Buchstabe c StAhiG wurde vorgeschlagen, den Wortlaut der Bestimmung dahingehend zu ändern, dass auf ein Ersuchen nur noch dann nicht eingetreten wird, wenn es auf Informationen beruhe, die durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen aktiv erlangt wurden. Aufgrund der in der Vernehmlassung geäusserten starken Kritik wurde in der Folge auf eine Änderung der Bestimmung verzichtet, um das Hauptanliegen der Revision nicht zu gefährden. Dieses bestand in der Einfügung einer Ausnahmebestimmung über die nachträgliche Information der beschwerdeberechtigten Personen ­ eine Voraussetzung für die Zulassung der Schweiz zur Phase 2 der Länderüberprüfung (Peer Review) des Global Forum für Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken (Global Forum). Zahlreiche Amtshilfeersuchen waren nämlich blockiert gewesen, weil die Schweiz die vom ersuchenden Staat verlangte Geheimhaltung des Amtshilfeverfahrens nicht gewährleisten konnte, da eine dem OECD-Standard entsprechende Ausnahmebestimmung fehlte. Dabei war man sich bereits bewusst, dass die Haltung der Schweiz in Bezug auf illegal erlangte Daten von wichtigen Partnerländern als nicht konform mit dem OECDStandard zum Informationsaustausch in Steuersachen betrachtet wurde.

Im Zusatzbericht der Schweiz zur Phase 1 der Länderüberprüfung verlangte das Global Forum von der Schweiz, Artikel 7 Buchstabe c StAhiG konform mit dem OECD-Standard umzusetzen. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung trägt diesem Umstand und den internationalen Erfordernissen Rechnung. Die bezweckte Anpassung an den OECD-Standard erfolgt insbesondere angesichts von Phase 2 der aktuellen Prüfung, aber auch im Hinblick auf die neue Prüfungsrunde, die dieses Jahr begonnen hat.

Neu soll auf ein Ersuchen eingetreten werden, wenn der ersuchende Staat dieses auf Informationen stützt, die zwar ursprünglich durch nach schweizerischem
Recht strafbare Handlungen erlangt worden sind, in deren Besitz er aber auf dem Weg der Amtshilfe und nicht durch ein aktives Verhalten gelangt ist. Kein aktives Verhalten liegt dann vor, wenn ein Staat die Informationen öffentlich zugänglichen Quellen, wie beispielsweise den Medien, entnimmt. Das Grundprinzip von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG wird jedoch beibehalten. Die Erlangung von Informationen durch 1

SR 651.1

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nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen kann auch weiterhin ein Nichteintreten begründen, wenn der ersuchende Staat ausserhalb eines Amtshilfeverfahrens und durch ein aktives Verhalten in den Besitz solcher Informationen gekommen ist.

1.2

Internationales

1.2.1

Internationaler Standard

Nach dem OECD-Standard zum Informationsaustausch in Steuersachen auf Ersuchen sind Informationen grundsätzlich auszutauschen, wenn sie für den ersuchenden Staat «voraussichtlich erheblich» sind. Zur Problematik der Erteilung von Amtshilfe, wenn das Ersuchen auf gestohlenen Daten beruht, nimmt der Standard nicht ausdrücklich Bezug. Jedoch legen sowohl Artikel 26 des OECD-Musterabkommens als auch der dazugehörige Kommentar die Ausnahmen vom Informationsaustausch abschliessend fest. Ausnahmen sind nur in besonderen Fällen vorgesehen. So kann der Informationsaustausch beispielsweise verweigert werden, wenn er dem Ordre public widerspräche. Dieser Begriff wird sehr restriktiv ausgelegt, und die Bestimmung findet nur in aussergewöhnlichen Fällen Anwendung, etwa bei Ersuchen, die durch rassistische, politische oder religiöse Verfolgung motiviert sind.

Die aktuelle schweizerische Praxis in Bezug auf gestohlene Daten beruht auf Artikel 7 Buchstabe c StAhiG und dem völkerrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben. Auf ein Ersuchen wird nicht eingetreten, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, insbesondere wenn es auf Informationen beruht, die durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen erlangt worden sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob der ersuchende Staat die Informationen aktiv oder passiv erlangt hat. Die Amtshilfe wird jedoch nicht systematisch verweigert, sondern es findet eine Prüfung im Einzelfall statt. Ein Eintreten ist möglich, wenn der Partnerstaat das Ersuchen nicht nur auf illegal erlangte Informationen, sondern zusätzlich auf davon unabhängige Elemente stützt. Solche Elemente sind beispielsweise Informationen und Unterlagen, über die der ersuchende Staat aufgrund eigenständiger Untersuchungen verfügt. Dieser Ansatz wird auch bei der Rechtshilfe verfolgt.2 In der Praxis betrachten die Partnerstaaten die schweizerische Auslegung, die einen gestützt auf ein internationales Abkommen um Amtshilfe ersuchenden Staat mit einem eine strafbare Handlung begehenden Staat gleichsetzt, als zu restriktiv und nicht standardkonform. Der diesbezüglich bekannteste Fall ist Indien, das gestützt auf die HSBC-Liste Amtshilfeersuchen stellte. Aber auch andere wichtige G-20oder EU-Partnerstaaten haben Vorbehalte gegenüber der Zusammenarbeit mit der Schweiz in diesem Bereich geäussert. Sie machen geltend, ihre auf die HSBC-Liste gestützten Ersuchen3 gutgläubig an die Schweiz zu richten, da sie die Liste aufgrund 2

3

Siehe dazu Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2012.82-83 vom 26. Februar 2013, der ein Rechtshilfegesuch aus Belgien an die Schweiz für zulässig erklärte, das zum Teil auf illegal erlangten Beweismitteln beruhte.

Die Anzahl der an die Schweiz gerichteten Ersuchen, die auf gestohlenen Daten beruhen, ist vertraulich und nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Diese Praxis wurde durch das Urteil A-1784/2014 des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt.

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eines internationalen, dem Standard entsprechenden Abkommens erhalten und den Datendiebstahl nicht aktiv gefördert hätten. Ihres Erachtens müsste die Schweiz auf diese Ersuchen eintreten, da die Daten auf legalem Weg und nicht durch eine nach schweizerischen Recht strafbare Handlung beschafft worden sind.

1.2.2

Phase 2 der Länderüberprüfung: Auswirkungen der Verweigerung der Amtshilfe im Fall von gestohlenen Daten

In Phase 2 der Länderüberprüfung wird die Praxis in der Amtshilfe4 anhand von zehn Beurteilungskriterien geprüft, die den internationalen Standard bilden. Die Prüfung wird mit einem Bericht und einer Gesamtnote abgeschlossen5. Erfüllt ein Land eines der zehn Kriterien nicht, so erreicht es bestenfalls die Gesamtnote «teilweise konform».

Im Rahmen von Phase 2 hat das Global Forum zwei mit der Schweiz vergleichbare Länder geprüft, Liechtenstein und Luxemburg. Im Fall Luxemburgs hat das Nichteintreten auf Ersuchen gestützt auf gestohlene Daten in Kombination mit weiteren in Phase 2 beanstandeten Problemen zur Gesamtwertung «nicht konform» geführt.

Luxemburg hat daraufhin seine Gesetzgebung grundlegend geändert und seine Praxis angepasst, um standardkonform zu werden. Die zuständige luxemburgische Behörde nimmt nur noch eine formelle Prüfung der eingehenden Ersuchen vor, selbst wenn der Verdacht besteht, die dem Ersuchen zugrunde liegenden Informationen könnten illegal erworben worden sein. Damit ist für Luxemburg das Eintreten auf ein Ersuchen eines Partnerstaats allein davon abhängig, ob das Ersuchen «voraussichtlich erhebliche» Informationen betrifft. Selbst ein Informationsaustausch mit einem Staat, der direkt am Datendiebstahl beteiligt ist, wäre somit denkbar. Aufgrund dieser grundlegenden Änderungen hat Luxemburg im Oktober 2015 nach der Prüfung des Zusatzberichts die Note «weitgehend konform» erhalten.

Mit Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 des Steueramtshilfegesetzes vom 30. Juni 20106 (SteAHG) verfügt Liechtenstein aktuell über eine materiell mit Artikel 7 Buchstabe c StAhiG vergleichbare Regelung. Im Bericht zur Phase 2 der Prüfung von Liechtenstein, der im Oktober 2015 veröffentlicht wurde, hat das Global Forum dessen Praxis hinsichtlich gestohlener Daten als «teilweise konform» beurteilt. Gemäss dem Bericht hat Liechtensteins restriktive Auslegung der Gesetzesbestimmungen dazu beigetragen, dass rund 40 Prozent der an das Land gerichteten Ersuchen am Ende des Untersuchungszeitraums pendent waren. Das Global Forum empfiehlt Liechtenstein, sein Gesetz oder seine Amtshilfepraxis oder beides so zu ändern, dass es den Ersuchen seiner Partnerstaaten Folge leisten kann. Auf-

4 5

6

In Phase 2 wird der Informationsaustausch auf Ersuchen beurteilt. Der automatische Informationsaustausch spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Die Beurteilungsskala hat vier Stufen: «konform», «weitgehend konform», «teilweise konform» und «nicht konform». Die beiden letzten Bewertungen gelten gemäss den Vorgaben der G-20-Staaten und des Global Forum als ungenügend.

LR 353

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grund der guten Noten, die Liechtenstein in den meisten anderen Punkten erzielte, erreichte es dennoch die Gesamtnote «weitgehend konform».

Eine Note «nicht konform» hat unmittelbare Auswirkungen für den betreffenden Staat. Einerseits bietet sie anderen Staaten die erforderliche Grundlage für wirtschaftliche Sanktionen. So wurde Luxemburg aufgrund der Note «nicht konform» von Belgien auf eine schwarze Liste gesetzt. Dies bedeutet für belgische Unternehmen, dass sie künftig Transaktionen über 100 000 Euro mit Luxemburg melden müssen. Auf wiederholten Vorschlag der G-20 hin bereitet die OECD eine Liste von defensiven Massnahmen vor, die gegen nicht konforme Staaten ergriffen werden können. Dazu gehört beispielsweise die Sistierung gewisser Abzüge, die Unternehmen gestützt auf Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) gewährt werden. Weiter vermeiden internationale Finanzierungsorganisationen wie die Weltbank oder die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung wegen des Reputationsrisikos die Zusammenarbeit mit Staaten, die dem internationalen Standard nicht entsprechen. Eine ungenügende Note für die Schweiz würde im Übrigen die Glaubwürdigkeit des Landes in internationalen Gremien herabsetzen. Sie könnte die Möglichkeiten der Schweiz beeinträchtigen, Allianzen zu bilden und ihre Interessen insbesondere im Rahmen der OECD wirksam und glaubhaft zu vertreten. Die Gefahr der Ergreifung solcher Massnahmen erhöht zudem die Unsicherheiten, die mit der Schweiz als Niederlassungsort für ausländische Unternehmen verbunden sind.

Einige der obgenannten Massnahmen gegenüber Staaten mit der Note «nicht konform» könnten unter Umständen auch auf Staaten und Gebiete angewendet werden, die als «teilweise konform» beurteilt werden.

Das Global Forum hat anlässlich seiner Länderüberprüfung bereits zweimal zum schweizerischen Recht Stellung genommen. Zum Zeitpunkt der ersten Länderüberprüfung der Schweiz im Jahr 2011 war noch die mit Inkraftsetzung des StAhiG aufgehobene Verordnung vom 1. September 20107 über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen (ADV) in Kraft. Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c ADV bestimmte, dass ein Amtshilfeersuchen abgelehnt wird, wenn es auf Informationen beruht, die durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen beschafft oder weitergeleitet worden sind. Der 2011 publizierte Bericht
des Global Forum über den rechtlichen Rahmen der Steueramtshilfe der Schweiz führt dazu aus, soweit Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c ADV über das Konzept des Ordre public oder von Treu und Glauben hinausgehe, könne er eine zusätzliche Schwelle schaffen, die nicht in Einklang mit dem OECD-Standard sei. Ob die Bestimmung in der Praxis in Übereinstimmung mit dem Standard angewendet werde, sei in Phase 2 der Länderüberprüfung zu beurteilen. Der geltende Wortlaut von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG nahm diese Ausführungen insofern auf, als das Nichteintreten auf ein Ersuchen, das auf illegal erlangten Daten beruht, als ein Anwendungsfall der Verletzung von Treu und Glauben aufgeführt ist.

Auch der Zusatzbericht der Schweiz zur Phase 1 vom März 2015, mit dem die Schweiz zur Phase 2 zugelassen wurde, nimmt Bezug auf die Haltung der Schweiz hinsichtlich gestohlener Daten. Bei der Präsentation des Berichts an der Sitzung der Peer-Review-Gruppe des Global Forum im Februar 2015 wurde diese Frage einge7

AS 2010 4017

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hend erörtert. Die Schweizer Delegation verteidigte die bisherige Auslegung des Standards und des StAhiG mit Verweis auf den völkerrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben. Die Mehrheit der Staaten erklärte sich mit dieser Praxis aber nicht einverstanden und bestätigte die im bilateralen Verhältnis festgestellten Spannungen. Die Peer-Review-Gruppe war jedoch einverstanden, die Diskussion auf die Phase 2 der Beurteilung zu verschieben. Im Zusatzbericht wird der Schweiz empfohlen, Artikel 7 Buchstabe c StAhiG «standardkonform» auszulegen, und darauf hingewiesen, dass in Phase 2 geprüft wird, ob die Praxis dem Standard entspricht.

Der Zusatzbericht anerkennt somit, dass ein dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechendes Ersuchen theoretisch abgelehnt werden kann; eine solche Praxis darf aber nicht so restriktiv sein, dass sie den standardgemässen Informationsaustausch verhindert. Zwar hatte bereits der Bericht von 2011 zu Phase 1 eine ähnliche Empfehlung enthalten; der Empfehlung des Zusatzberichts kommt aber eine besondere Bedeutung zu. Sie erging nämlich zu einem Zeitpunkt, als sich die Auslegung der Schweiz in der Praxis angesichts der zahlreichen auf gestohlenen Daten beruhenden Ersuchen bereits als problematisch erwiesen hatte. Dies war 2011 noch nicht der Fall gewesen.

Die Problematik der gestohlenen Daten wird sowohl im Bericht zur Phase 2 als auch anlässlich der auf 2018 geplanten Überprüfung gestützt auf die neuen Vorgaben der Terms of Reference des Global Forum, die 2015 verabschiedet worden sind, lebhaft diskutiert werden.

1.2.3

Jüngste Entwicklungen

Seit 2013, als die erste Revision des StAhiG in die Vernehmlassung gegeben wurde, die ebenfalls eine Änderung von Artikel 7 Buchstabe c vorsah, ist viel geschehen.

In einem Moment, als die Problematik der illegalen Erlangung von Bankdaten an Aktualität zu verlieren schien, wurde sie durch die mediale Verbreitung der von der Bank HSBC stammenden Daten und das Falciani-Urteil des Bundesstrafgerichts8 im Februar 2015 neu ins Interesse der Öffentlichkeit und der Behörden gerückt. Die Publizität, die dem HSBC-Vorfall zuteil wurde, veranlasste Frankreich dazu, die Informationen auf dem Amtshilfeweg mit einem breiten Kreis von Staaten zu teilen.

Die Liste dieser Staaten ist inzwischen auf 30 angewachsen. Der innenpolitische Druck könnte das Interesse dieser Staaten verstärken, die Schweiz diesbezüglich um Zusammenarbeit zu ersuchen, sei es mittels Amtshilfe oder, wenn keine standardkonforme Informationsaustauschklausel besteht, mittels Rechtshilfe in Strafsachen.

Diese Situation birgt das Risiko, dass sich die bilateralen Beziehungen der Schweiz mit weiteren Partnerstaaten verschlechtern könnten. Dies wiederum könnte bereits erzielte und anerkannte Fortschritte im Bereich der Zusammenarbeit in der steuer-

8

Im November 2015 beurteilte das Bundesstrafgericht den Fall Hervé Falciani und seiner HSBC-Daten und verurteilte diesen wegen schweren wirtschaftlichen Nachrichtendienstes zu fünf Jahren Haft. Auf den Vorwurf der Verletzung des Bank- und Geschäftsgeheimnisses wurde wegen Verjährung nicht eingetreten. Ebenso wurde Falciani vom Vorwurf der unbefugten Datenbeschaffung freigesprochen.

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lichen Amtshilfe gefährden. Die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit den sogenannten Panama Papers könnten diese Tendenz zusätzlich verschärfen.

In den letzten Jahren haben einige Staaten die Rechtslage hinsichtlich der Verwendung illegal erlangter Daten im Steuerbereich geklärt. Im April 2015 beurteilte der Corte Suprema di Cassazione in Italien die Verwendung der Daten der FalcianiListe durch die italienische Steuerverwaltung als zulässig, da diese die Informationen passiv auf dem Amtshilfeweg erhalten hatte. Frankreich hat die Praxis bezüglich gestohlener Daten mit der Verabschiedung des Gesetzes 2013­1117 vom 6. Dezember 2013 zur Bekämpfung von Steuerbetrug sowie Wirtschafts- und Finanzkriminalität geklärt. Nach dessen Artikel 37 darf die Steuerverwaltung Beweisstücke oder Informationen, die sie im Rahmen der Amtshilfe erhält, nicht allein deshalb für unzulässig erklären, weil sie illegaler Herkunft sind. Das französische Verfassungsgericht hat diese Bestimmung mit Entscheid vom 4. Dezember 2013 für gültig erklärt. Es hat aber eine Bestimmung für ungültig erklärt, wonach solche Beweismittel der Steuerverwaltung als Begründung für Hausdurchsuchungen dienen dürfen.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte bereits 2010 die Verwertbarkeit rechtswidrig (im betreffenden Fall aufgrund eines Datendiebstahls in Liechtenstein) erworbener Daten in Steuerstrafverfahren für rechtmässig befunden.9 Die Abstützung auf gestohlene Daten zur Begründung eines Anfangsverdachts und zur Anhebung einer Untersuchung sei möglich, solange keine schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverletzungen vorlägen, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmässig oder systematisch ausser Acht gelassen wurden, und sofern eine Abwägung der Interessen im Einzelfall vorgenommen werde. Beweismittel dürften nicht von vornherein nur deshalb ausgeschlossen werden, weil sich die Person, die sie beschaffte, strafbar gemacht habe; solche Beweismittel seien also grundsätzlich verwertbar. Ein absolutes, unmittelbar aus den Grundrechten abgeleitetes Beweisverwertungsverbot besteht gemäss Entscheid des Bundesverfassungsgerichts nur in Fällen, in denen der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist. Auch in anderen europäischen Ländern beruht die Rechtsprechung auf einem ähnlichen Ansatz.

In der
Schweiz hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil A-6843/2014 vom 15. September 2015 über einen Fall entschieden, in dem es um angeblich in Verletzung schweizerischen Rechts erlangte Daten ging. Es hat entschieden, dass ein Staat, der möglicherweise illegal erlangte Daten erlangt und gestützt darauf ein Amtshilfeersuchen stellt, sich gegenüber dem Partnerstaat nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen kann. Die heutige Fassung von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG verweise lediglich auf diese allgemeine Regel des internationalen Rechts, die implizit in den von der Schweiz abgeschlossenen DBA enthalten sei. Der Fall ist an das Bundesgericht weitergezogen worden. Unabhängig davon, wie das Bundesgericht darüber urteilt, wird der Entscheid nur in Bezug auf die heutige Fassung von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG Gültigkeit haben, nicht aber in Bezug auf die geänderte Fassung, wie sie vorliegend vorgeschlagen wird.

9

BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 2010 ­ 2 BvR 2101/09 ­ Rn (1­62)

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Ein weiteres Element, das es bei der Analyse zu berücksichtigen gilt, ist der neue internationale OECD-Standard zum automatischen Informationsaustausch (AIA).

Die Schweiz hat diesen Standard im Juli 2014 anerkannt. Das Parlament hat die Arbeiten zur Schaffung der entsprechenden Rechtsgrundlagen im Dezember 2015 abgeschlossen. Mit dem ab 2017 stattfindenden Übergang zum AIA dürften die Partnerstaaten, mit denen die Schweiz diesen umsetzt, weniger Interesse an illegal beschafften Daten haben, da sie automatisch in den Besitz von Bankdaten kommen werden. Hierzu ist jedoch anzumerken, dass der AIA weder den Informationsaustausch auf Ersuchen ersetzen noch die Probleme der Vergangenheit lösen wird.

Solange die Daten der HSBC-Liste von Partnerländern der Schweiz verwendet werden und die damit zusammenhängenden Steuerstraftaten nicht verjährt sind, wird die Schweiz neue Amtshilfeersuchen gestützt auf bereits geltende oder künftig in Kraft tretende Abkommen zu gewärtigen haben. Ohne Gesetzesänderung dauert diese Situation an und wird die Schweiz im Rahmen der neuen Länderüberprüfung des Global Forum, die 2016 begonnen hat, belasten.

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen ist es heute kaum mehr zu rechtfertigen, wenn die Schweiz die Amtshilfe bei Ersuchen verweigert, die sich auf nach schweizerischem Recht illegal erlangte Daten stützen. Hinzu kommt, dass die Weigerung, mit Partnerstaaten bei der Bekämpfung von Steuerbetrug zusammenzuarbeiten, als zusätzlicher Schutz für gewisse Personen unter Betrugsverdacht ausgelegt werden könnte, weil diese auf einer Liste stehen.

1.2.4

Würdigung

Inhaltlich folgt die vorgeschlagene Änderung von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG im Wesentlichen der Formulierung, die 2013 im Rahmen der Revision des StAhiG in die Vernehmlassung gegeben wurde. Sie präzisiert die Tragweite von Treu und Glauben. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist auch in Artikel 31 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 196910 über das Recht der Verträge verankert. Nach dieser Bestimmung ist ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks auszulegen. In der völkerrechtlichen Praxis und Rechtsprechung ist beispielsweise anerkannt, dass aus dem Grundsatz von Treu und Glauben spezifische Informations- und Kooperationspflichten fliessen, denen die Vertragspartner unterstehen, und dass der Grundsatz das gegenseitige Vertrauen der Vertragspartner stärken sowie redliche Erwartungen einer Vertragspartei schützen soll. Ein internationales Abkommen, das einen auf Steuersachen bezogenen Informationsaustausch vorsieht, wird zwischen zwei Territorien (unter anderem) abgeschlossen, um den Informationsaustausch auf dem Amtshilfeweg zu regeln. Kommt ein Staat durch ein aktives Verhalten in den Besitz von Informationen, die auf illegale Weise erlangt worden sind, und stützt er sein Amtshilfeersuchen ausschliesslich darauf, so umgeht er damit das vereinbarte Instrument der Amtshilfe. Dies kann als eine Verletzung von Treu und Glauben betrachtet werden. Erhält ein Staat ursprünglich illegal erlangte Informationen hingegen im 10

SR 0.111

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Rahmen eines Amtshilfeverfahrens und stützt er sein Amtshilfeersuchen auf diese Informationen, so ist es schwieriger, ihm nach völkerrechtlicher Auslegung eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben vorzuhalten. Gleiches gilt, wenn ein Staat die Informationen durch öffentliche Quellen erhalten hat.

Die Änderung von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG stellt den Grundsatz nicht in Frage, wonach der Diebstahl von Bankdaten ein verwerfliches Verhalten darstellt und bestraft werden muss. Ist ein Staat ausserhalb eines Amtshilfeverfahrens durch ein aktives Verhalten in den Besitz von illegal erlangten Informationen gekommen und stützt er sein Ersuchen darauf ab, so wird ihm die Amtshilfe auch in Zukunft verweigert. Im Übrigen ist am 1. Juli 2015 das Bundesgesetz vom 12. Dezember 2014 11 über die Ausweitung der Strafbarkeit der Verletzung des Berufsgeheimnisses in Kraft getreten. Das Gesetz will den Schutz von Bankkundendaten verbessern. Mit dem Gesetz, das auf eine parlamentarische Initiative der FDP-Liberalen Fraktion zurückgeht, kann strenger bestraft werden, wer sich durch die Verletzung des Bankgeheimnisses oder der übrigen Berufsgeheimnisse im Finanzmarktbereich für sich oder andere einen Vermögensvorteil verschafft oder einen solchen zu verschaffen versucht. Die vorgeschlagene Änderung stellt einen Kompromiss zwischen den internen Anforderungen und den externen Erfordernissen zur Einhaltung der internationalen Standards dar. Die Möglichkeit der Schweiz, den Informationsaustausch mit einem Staat, der an strafbaren Handlungen beteiligt ist, zu verweigern, wird davon nicht berührt. Auch ändert sich nichts an der aktuellen Praxis, dass ­ unabhängig vom Vorliegen eines aktiven Verhaltens ­ auf ein Ersuchen eingetreten werden kann, sofern dieses sich nicht allein auf gestohlene Daten stützt, sondern selbstständige Elemente enthält, die es begründen. Solche Elemente sind zum Beispiel Auskünfte oder Dokumente, über die der ersuchende Staat aufgrund eigener Untersuchungen verfügt.

Phase 2 der Schweizer Länderüberprüfung hat im Oktober 2015 offiziell begonnen.

Geprüft werden die Amtshilfeersuchen, die zwischen dem 1. Juli 2012 und dem 30. Juni 2015 an die Schweiz gestellt wurden. An den Nichteintretensentscheiden der Vergangenheit wird die vorgeschlagene Änderung von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG zwar
nichts ändern. Sie zeigt aber den klaren politischen Willen der Schweiz, den internationalen Standard umzusetzen, und sendet ein klares Signal an die Partnerstaaten. Auch wenn Phase 2 für die Schweiz nicht in ein negatives Gesamtresultat mündet, werden im Übrigen die in den neuen Terms of Reference präzisierten Vorgaben für den Informationsaustausch auf Ersuchen (insbesondere für Gruppenersuchen) in der neuen Prüfungsrunde geprüft, die 2016 begonnen hat. Die gestützt auf den geänderten Artikel 7 Buchstabe c StAhiG auszubildende neue Praxis wird die Position der Schweiz im Hinblick auf diese neuen Überprüfung verbessern. Nach aktuellem Plan soll die Prüfung der Schweiz 2018 erfolgen.

Schliesslich bietet die vorgeschlagene Änderung der Schweiz die Möglichkeit, ein Problem aus der Vergangenheit pragmatisch zu lösen, das in den Amtshilfebeziehungen mit ihren Partnerstaaten eine unverhältnismässige Bedeutung erlangt hat, ihre erzielten Fortschritte im Bereich der steuerlichen Transparenz überschattet und ihrer Reputation abträglich ist.

11

AS 2015 1535

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1.3

Rechtshilfe

Gemäss einem Entscheid des Bundesrats vom 6. Januar 2011 richtet sich die Rechtshilfepraxis nach der Amtshilfepraxis. Für den Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen hält das Bundesamt für Justiz die jeweils geltende Praxis in einem Rundschreiben fest, das sich an die Rechtshilfevollzugsbehörden (vorab kantonale Staatsanwaltschaften und die Bundesanwaltschaft) richtet. Nach der geltenden Version des Rundschreibens sind Rechtshilfeersuchen abzuweisen, wenn sich ein Strafverfahren oder ein Rechtshilfeersuchen wissentlich und in der Hauptsache auf in der Schweiz oder einem Drittstaat illegal erlangte Daten stützt. Das Rundschreiben wird auf das Inkrafttreten des geänderten Artikels 7 Buchstabe c StAhiG hin an dessen Wortlaut angepasst.

In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass trotz der vorgeschlagenen Öffnung in einem konkreten Rechtshilfefall jeweils auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen der Rechtshilfe vorliegen müssen, damit diese bewilligt werden kann. Insbesondere darf kein Ausschlussgrund nach Artikel 3 Absatz 3 des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 198112 (IRSG) gegeben sein (d.h. keine Zusammenarbeit, wenn der Gegenstand des Verfahrens die Verkürzung fiskalischer Abgaben ist, soweit nicht wiederum ein Abgabebetrug vorliegt). Daneben muss u.a. die Sachverhaltsdarstellung genügen, das Kriterium der doppelten Strafbarkeit bei Zwangsmassnahmen muss erfüllt sein und es darf keine Fishing Expedition (unzulässige Beweisausforschung) vorliegen. Bezogen auf verschiedene, derzeit pendente Fälle, die sich auf von der Bank HSBC stammende Daten stützen, bedeutet dies, dass wohl nur in einem Teil der Fälle Rechtshilfe geleistet werden kann (nämlich dann, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine reine Steuerhinterziehung ist).

Wollte man dies ändern, wäre eine Revision von Artikel 3 Absatz 3 IRSG notwendig, kombiniert mit einer Ratifikation des Zusatzprotokolls zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen13 und allenfalls einem Rückzug des Vorbehalts im zweiten Zusatzprotokoll vom 17. März 197814 zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen. Gemäss Beschluss des Bundesrates vom 20. Februar 2013 ist das entsprechende Rechtsetzungsprojekt sistiert, bis die Botschaft zum Steuerstrafrecht vorliegt.

Um den Vorrang der Amtshilfe gegenüber der Rechtshilfe
zu wahren, ist im Übrigen wenn immer möglich von Artikel 20 Absatz 3 StAhiG Gebrauch zu machen, wonach die erhaltenen Informationen auch für andere Zwecke als für Steuerzwecke verwendet werden dürfen, wenn das anwendbare Abkommen dies vorsieht und die zuständige Behörde des ersuchten Staates dem zustimmt. So können die Informationen insbesondere an Strafbehörden weitergeleitet werden. Die ersuchenden Staaten sind auf diese Bestimmung zur Möglichkeit hinzuweisen, eine weitere Verwendung der erhaltenen Informationen zu beantragen.

12 13 14

SR 351.1 SR 0.351.12 SR 0.353.12

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1.4

Vernehmlassung

1.4.1

Ergebnisse der Vernehmlassung

Vom 2. September bis zum 2. Dezember 2015 war der Entwurf zur Änderung des StAhiG Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens. 15 Von den 26 Kantonen haben 25 Stellung genommen. 24 Kantone stimmen der Vorlage zu, ein Kanton lehnt sie ab. Von den zwölf politischen Parteien haben sechs Stellung genommen.

BDP, Grüne und SP stimmen der Vorlage zu, CVP, FDP und SVP lehnen sie ab.

Von den 16 Organisationen, die Stellung genommen haben, stimmen sieben (Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren, Economiesuisse, Schweizerische Bankiervereinigung, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Schweizerischer Städteverband, Swissholdings, Alliance Sud) der Vorlage zu, sieben (Schweizerischer Gewerbeverband, Centre Patronal, Schweizerischer Anwaltsverband, Schweizerische Vereinigung unabhängiger Finanzberater, Verband schweizerischer Vermögensverwalter, Bundesverwaltungsgericht, Ordre des avocats de Genève) lehnen sie ab, zwei (Expert Suisse, Treuhand Suisse) stimmen der Vorlage unter bestimmten Voraussetzungen zu.

Während die Kantone praktisch geschlossen hinter der Vorlage stehen, halten sich Befürworter und Gegner bei den politischen Parteien und den Organisationen in etwa die Waage. Der Bundesrat hält angesichts dieses Ergebnisses an der Vorlage fest, da sie seiner Ansicht nach zur Wahrung der Interessen der Schweiz erforderlich ist (vgl. Ziff. 1.2).

1.4.2

Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf weist der vorliegende Entwurf keine Änderungen auf.

2

Erläuterung zu Artikel 7 Buchstabe c StAhiG

Art. 7 Bst. c Aus den in Ziffer 1.2 genannten Gründen soll Artikel 7 Buchstabe c StAhiG geändert werden. Auf ein Ersuchen soll eingetreten werden können, wenn der ersuchende Staat durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen erlangte Informationen im Rahmen eines Amtshilfeverfahrens erhalten hat. Hingegen soll auf ein Ersuchen nicht eingetreten werden, wenn der ersuchende Staat sein Ersuchen auf solche Informationen stützt, die er durch ein aktives Verhalten und nicht im Rahmen eines Amtshilfeverfahrens erlangt hat. Die Voraussetzungen gelten kumulativ. Aktiv verhält sich der ersuchende Staat namentlich dann, wenn er einer Drittpartei einen 15

Ergebnisbericht unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2015 > EFD.

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Vorteil gewährt oder direkt oder über eine Drittpartei Vorkehrungen trifft, um in strafbarer Weise in den Besitz der Informationen zu gelangen. Hat der ersuchende Staat solche Informationen aktiv erlangt und damit Amtshilfe geleistet, um die Informationen auf dem Amtshilfeweg «legalisiert» wieder zurückzuerhalten und gestützt darauf ein Ersuchen stellen zu können, so ist sein Verhalten ebenfalls als treuwidrig zu betrachten. Auch in diesem Fall ist gestützt auf Artikel 7 Buchstabe c StAhiG auf das Ersuchen nicht einzutreten.

Nimmt ein Staat Informationen bloss entgegen, ohne hierfür Anreize zu setzen und ohne einen Vorteil auszurichten, so ist dies nicht als aktives, sondern als passives Verhalten zu werten. Passiv verhält sich ein Staat auch dann, wenn er die Informationen öffentlich zugänglichen Quellen, wie beispielsweise den Medien, entnimmt.

In diesen Fällen ist ein Eintreten auf ein Amtshilfegesuch möglich.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Je nach Anzahl der Ersuchen, die gestützt auf den geänderten Artikel 7 Buchstabe c StAhiG an die Schweiz gerichtet werden, sind erhebliche finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund zu erwarten. Eine Quantifizierung ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht möglich. Verschiedene Faktoren könnten die Auswirkungen abmildern, so insbesondere die Durchführung von Regularisierungsverfahren in einigen Partnerstaaten, die im Zusammenhang mit dem ab 2017 stattfindenden Übergang zum AIA oder dem Ablaufen nationaler Verjährungsfristen stehen. Ebenfalls abmildernd könnte sich auswirken, dass einige Partnerländer noch über keine standardkonforme Klausel über den Informationsaustausch mit der Schweiz verfügen, womit Amtshilfeersuchen gestützt auf nach schweizerischem Recht illegal erlangte Daten auch nach der Änderung von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG noch nicht möglich sein werden.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone

Die Vorlage dürfte höchstens geringfügige finanzielle und personelle Auswirkungen auf die Kantone haben.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Anpassung von Artikel 7 Buchstabe c StAhiG hat zum Zweck, dass die Schweiz standardkonform Amtshilfe leisten kann, auch wenn sich ein Ersuchen auf illegal erlangte Daten stützt. Die Anpassung dürfte im internationalen Umfeld positiv aufgenommen werden. Dies ist für den Wirtschaftsstandort Schweiz als sehr wichtig einzustufen.

5149

BBl 2016

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 27. Januar 201616 zur Legislaturplanung 2015­ 2019 angekündigt.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 173 Absatz 2 der Bundesverfassung17.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Durch die Änderung von Artikel 7 Buchstabe c soll dem OECD-Standard und der Haltung der Partnerstaaten im Rahmen des Global Forum Rechnung getragen werden.

16 17

BBl 2016 1105, hier 1218 SR 101; vgl. dazu auch BBl 2011 6193, hier 6231

5150