16.053 Botschaft zur neuen Finanzordnung 2021 vom 22. Juni 2016

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen die Botschaft zur neuen Finanzordnung 2021 und beantragen Ihnen, dem beiliegenden Bundesbeschluss zuzustimmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. Juni 2016

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-0510

6221

Übersicht Mit der neuen Finanzordnung 2021 (NFO 2021) soll die bis 2020 befristete Kompetenz des Bundes zur Erhebung der direkten Bundessteuer und der Mehrwertsteuer um 15 Jahre verlängert werden. Die beiden Steuern sind die Haupteinnahmequellen des Bundes und machen zusammen über 60 Prozent der Bundeseinnahmen aus. Sie sind deshalb für den Bundeshaushalt und die damit finanzierten Aufgaben des Bundes zentral. Daneben soll eine hinfällig gewordene Übergangsbestimmung zur Biersteuer gestrichen werden.

Ausgangslage Die Haupteinnahmequellen des Bundes ­ die direkte Bundessteuer und die Mehrwertsteuer (DBST und MWST) ­ sind bis Ende des Jahres 2020 befristet. Die NFO 2021 muss deshalb die betreffenden Verfassungsbestimmungen ablösen und die Bundesfinanzen einnahmenseitig für die Zeit nach 2020 auf eine neue Verfassungsgrundlage stellen.

Inhalt der Vorlage Damit der Bund seine beiden wichtigsten Einnahmen auch über 2020 hinaus erheben kann, soll die dafür nötige Kompetenz um 15 Jahre verlängert werden. Die beiden Steuern machen zusammen über 60 Prozent der Bundeseinnahmen aus. Sie sind deshalb von zentraler Bedeutung für den Bundeshaushalt und die damit finanzierten Aufgaben des Bundes.

In der Vernehmlassungsvorlage zur NFO 2021 hatte sich der Bundesrat dafür ausgesprochen, die Befristung der DBST und MWST ganz aufzuheben. Dies hätte es dem Bund erlaubt, die beiden Steuern permanent zu erheben und die Finanzierung der Bundesaufgaben auf eine langfristig gesicherte Grundlage zu stellen. Das Vernehmlassungsergebnis zeigte jedoch, dass dieser Vorschlag voraussichtlich keine politische Mehrheit im Parlament finden würde.

Aus diesem Grund soll die Befristung der DBST und der MWST lediglich verlängert werden. Dazu ist es notwendig, Artikel 196 Ziffern 13 und 14 Absatz 1 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung (BV) zu ändern. Mit diesen Änderungen können die beiden Haupteinnahmequellen des Bundes bis zum 31. Dezember 2035 erhoben werden.

Neben der Verlängerung der Befristung der DBST und der MWST soll eine hinfällig gewordene Übergangsbestimmung zur Erhebung der Biersteuer (Art. 196 Ziff. 15 BV) gestrichen werden.

Da die Vorlage eine Verfassungsänderung beinhaltet, unterliegt sie dem obligatorischen Referendum.

6222

BBl 2016

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Die Haupteinnahmequellen des Bundes ­ die DBST und die MWST ­ sind bis Ende des Jahres 2020 befristet. Die NFO 2021 muss deshalb die betreffenden Verfassungsbestimmungen ablösen und die Bundesfinanzen einnahmeseitig für die Zeit nach 2020 auf eine neue Verfassungsgrundlage stellen.

Artikel 196 Ziffer 15 der Bundesverfassung (BV)1 enthält eine Übergangsbestimmung zur Erhebung der Biersteuer, die mit dem Inkrafttreten des Biersteuergesetzes vom 6. Oktober 20062 hinfällig geworden ist.

1.1.1

Handlungsbedarf

Ohne eine Änderung der BV könnten die DBST und MWST ab 2021 nicht mehr erhoben werden. Die beiden Steuern machen zusammen über 60 Prozent der Bundeseinnahmen aus. Sie sind deshalb von zentraler Bedeutung für den Bundeshaushalt und die damit finanzierten Aufgaben des Bundes. Ohne diese Einnahmen könnte der Bund seine Aufgaben zu einem grossen Teil nicht mehr wahrnehmen.

Mit der befristeten Weiterführung der MWST und DBST erhält der Bund die Befugnis, beide Steuern ab 2021 weiterhin zu erheben. Ein Umbau des Steuersystems wird mit dieser Vorlage nicht bezweckt.

1.1.2

Geschichte der Finanzordnung

Entstehung der Finanzordnung und der Befristung von MWST und DBST Vor dem Ersten Weltkrieg erzielte der Bund seine Einnahmen fast ausschliesslich durch Zölle. Die erste direkte Steuer auf Bundesebene war die Kriegssteuer im Ersten Weltkrieg. Sie wurde in der Volksabstimmung vom 6. Juni 1915 mit grossem Mehr angenommen und einmalig erhoben (1916/1917).

In der Folge wurden wiederholt direkte Steuern erhoben, um die steigenden Bundesausgaben zu finanzieren, so die ausserordentliche Kriegssteuer (1921­1932) und die eidgenössische Krisenabgabe (ab 1934).

Die erste Finanzordnung wurde vom Parlament am 30. September 1938 beschlossen.

Im Jahr 1940 führte der Bundesrat, auf Basis der ihm erteilten ausserordentlichen Vollmachten, die Wehrsteuer ein und 1941 die Warenumsatzsteuer. Die Wehrsteuer und die Warenumsatzsteuer wurden auch nach dem Zweiten Weltkrieg erhoben.

1 2

SR 101 AS 2007 2895

6223

BBl 2016

Erst in der Volksabstimmung vom 11. Mai 1958 gelang es, die verschiedenen Einnahmequellen des Bundes, die ursprünglich auf Notrecht beruhten, in der Verfassung zu verankern. Um diese verfassungsrechtliche Finanzordnung war seit dem Ersten Weltkrieg gerungen worden. Angesichts der starken Widerstände gegen eine Aufhebung der Befristung der Wehrsteuer und der Warenumsatzsteuer wurde die Kompetenz zur Erhebung der Warenumsatzsteuer und der Wehrsteuer befristet und durch Höchstsätze begrenzt. Am 1. Januar 1959 trat die Finanzordnung in Kraft.

Im Jahr 1982 wurde die Wehrsteuer in DBST umbenannt. 1995 wurde die Warenumsatzsteuer durch die MWST abgelöst.

Entstehung der geltenden Finanzordnung 2007 Am 9. Dezember 20023 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur neuen Finanzordnung (NFO). Im Zentrum der Vorlage stand die Aufhebung der Befristung für die Erhebung der DBST und der MWST. Ausserdem wurde die Aufhebung des MWST-Sondersatzes für Beherbergungsleistungen vorgeschlagen.

In den Schlussabstimmungen vom 19. März 2004 wurde der Bundesbeschluss über die NFO (02.078) mit den folgenden Eckpunkten angenommen: ­

MWST/DBST: Die Erhebung von MWST und DBST bleibt zeitlich begrenzt und wird bis Ende 2020 verlängert.

­

Gewinnsteuer (DBST): Für die Steuer auf dem Reinertrag der juristischen Personen gilt ein Höchstsatz von 8,5 Prozent.

­

Kapitalsteuer (DBST): Die Steuer auf dem Kapital und auf den Reserven der juristischen Personen wird aufgehoben.

­

MWST: Der Normalsatz bleibt als Höchstsatz verankert, der reduzierte Satz als Mindestsatz.

­

MWST: Der Gesetzgeber kann für die Besteuerung der Beherbergungsleistungen einen Satz festlegen, der zwischen dem reduzierten Satz und dem Normalsatz liegt.

­

MWST: 5 Prozent des nicht zweckgebundenen Ertrags werden für die Prämienverbilligung in der Krankenversicherung zugunsten unterer Einkommensschichten verwendet, sofern nicht durch Gesetz eine andere Verwendung zur Entlastung unterer Einkommensschichten festgelegt wird.

In der Volksabstimmung vom 28. November 2004 wurde die NFO von 73,8 Prozent der Stimmenden und von fast allen Ständen angenommen. Die NFO trat wie die Verlängerung des MWST-Sondersatzes für Beherbergungsleistungen (05.428) am 1. Januar 2007 in Kraft.

3

BBl 2003 1531

6224

BBl 2016

1.1.3

Die bestehende Finanzordnung

Aufbau der Finanzordnung Die Finanzordnung ist im dritten Kapitel des dritten Titels der BV beschrieben und lässt sich in mehrere Teile untergliedern. Die mit dieser Botschaft vorgeschlagenen Änderungen betreffen nur die Übergangsbestimmungen unter Artikel 196 BV: ­

Haushaltführung (Art. 126 BV): Artikel 126 BV gibt vor, dass die Ausgaben und Einnahmen des Bundes auf Dauer im Gleichgewicht zu halten sind.

Konjunkturelle Defizite sind zulässig, müssen aber durch entsprechende Überschüsse in guten Zeiten kompensiert werden. Die im Jahr 2001 durch Bundesversammlung und Volksabstimmung beschlossene Schuldenbremse ist eine Ausgabenregel, da sich die Ausgaben des Bundes unter Berücksichtigung der Wirtschaftslage nach den prognostizierten Einnahmen richten. Die Details der Schuldenbremse sind im Finanzhaushaltsgesetz vom 7. Oktober 20054 geregelt.

­

Grundsätze der Besteuerung (Art. 127 und 129 BV): Nach Artikel 127 Absatz 2 BV hat eine Besteuerung nach den Grundsätzen der Allgemeinheit, der Gleichmässigkeit sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu erfolgen. In Artikel 129 BV wird die formelle Harmonisierung der Erhebung der direkten Steuern geregelt.

­

Steuern und Zölle des Bundes (Art. 128, 130­133 und 196 BV): Dieser Bereich enthält eine abschliessende Aufzählung der Bundessteuern und Zölle (Art. 128, 130, 131, 132 und 133 BV) sowie die Übergangsbestimmungen zu einzelnen Steuern (Art. 196 BV). In den Übergangsbestimmungen sind u. a. die Befristungen der DBST (Art. 196 Ziff. 13 BV) und der MWST (Art. 196 Ziff. 14 Abs. 1 BV) geregelt.

­

Föderale Ordnung (Art. 134 und 135 BV): Die Besteuerungskompetenzen im Verhältnis zu den Kantonen sind in Artikel 134 BV geregelt. Artikel 135 BV betrifft den Finanzausgleich. Der Finanzausgleich soll unter Berücksichtigung topografischer und soziodemografischer Besonderheiten die Unterschiede in der finanziellen Leistungsfähigkeit zwischen den Kantonen verringern, minimale finanzielle Ressourcen gewährleisten sowie die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der Kantone erhalten, ohne die Anreize zur Einnahmengenerierung zu beeinträchtigen.

Die Bundeseinnahmen Dem Bund sind bei der Besteuerung Grenzen gesetzt, da er nur diejenigen Steuern erheben darf, zu welchen ihn die BV ausdrücklich ermächtigt. Das ausschliessliche Steuererhebungsrecht des Bundes konzentriert sich im Wesentlichen auf einen Teil der indirekten Steuern. Bei der Einkommens- und Gewinnsteuer üben sowohl der Bund als auch die Kantone und Gemeinden ihre Steuerhoheit aus.

4

SR 611.0

6225

BBl 2016

Die vom Bund erhobenen Abgaben sind von stark unterschiedlichem fiskalischem Gewicht. Die DBST und die MWST stellen die Haupteinnahmequellen des Bundes dar (Abbildung 1). Die Kompetenz zur Erhebung dieser Steuern ist in den Übergangsbestimmungen der BV auf 2020 befristet. Neben der befristeten Erhebung der beiden Steuern sind dem Bund weitere Schranken auferlegt, da in der BV auch Höchstsätze bei der DBST und der MWST verankert sind. Erstere betragen maximal 11,5 Prozent des steuerbaren Einkommens für natürliche Personen (Art. 128 Ziff. 1 Bst. a BV) und 8,5 Prozent des Reinertrags der juristischen Personen (Art. 128 Ziff. 1 Bst. b BV). Der Normalsatz der MWST beläuft sich befristet bis zum 31. Dezember 2017 auf 8 Prozent. (Art. 130 Abs. 1, 3 und 3 bis sowie Art. 196 Ziff. 14 Abs. 2 Bst. a BV; Art. 25 Abs. 1 Mehrwertsteuergesetz5,). Wie hoch er ab 2018 sein wird, hängt von den Ergebnissen der Beratungen zur Reform der Altersvorsorge 2020 ab.6 Aufteilung der Einnahmen des Bundes im Jahr 2015

Abbildung 1

Quelle: EFD

5 6

SR 641.20 Botschaft vom 19. November 2014 zur Reform der Altersvorsorge 2020, BBl 2015 1.

6226

BBl 2016

1.1.4

Das schweizerische Steuersystem im internationalen Vergleich

Die föderalistische Struktur Im Vergleich zu vielen anderen Staaten zeichnet sich das schweizerische Steuersystem durch eine ausgeprägte, durch den Föderalismus bedingte Dezentralisierung aus. Der Bund teilt sich mit den Kantonen und Gemeinden das Recht, auf dem Einkommen der natürlichen Personen sowie auf dem Reinertrag der juristischen Personen Steuern zu erheben.

Ausfluss der föderalistischen Struktur ist ein beachtlicher Dezentralisierungsgrad bei den Steuereinnahmen, da sowohl die Kantone als auch die Gemeinden über Einnahmekompetenzen verfügen (siehe Abbildung 2). Auf den ersten Blick scheint das schweizerische Steuersystem hinsichtlich seines Dezentralisierungsgrads dem deutschen zu ähneln. In Deutschland herrscht aber ein Verbundsystem der Einkommens-, Mehrwert-, und Gewinnsteuer vor, welches die Gesetzgebungshoheit der nachgeordneten Staatsebenen im Bereich der Besteuerung stark einschränkt. Demgegenüber werden in der Schweiz Kantone und Gemeinden nicht nur an den Einnahmen beteiligt, sondern verfügen auch über Gesetzgebungskompetenzen. Die ausgeprägte Ausgabenautonomie der Kantone und Gemeinden geht also mit einer Gesetzgebungskompetenz bei den Einnahmen einher. Deshalb besteht in der Schweiz eine Kongruenz von Einnahmen- und Ausgabenautonomie.

Von dieser Autonomie machen die Kantone Gebrauch, um direkte Steuern oder andere Steuern und Abgaben zu erheben, sofern diese nicht dem Bund vorbehalten sind. Die Kompetenzen der Gemeinden zur Erhebung von Steuern sind im jeweiligen kantonalen Recht geregelt. Der Bund muss bei der Einkommens- und Gewinnsteuer seine Steuerkompetenz mit den Kantonen und Gemeinden teilen. Die DBST, die sowohl auf die Gewinne der juristischen Personen als auch auf das Einkommen der natürlichen Personen erhoben wird, fliesst dem Bund zu, wobei die Kantone mit derzeit 17 Prozent an den Einnahmen der DBST beteiligt werden. Der Ertrag aus der MWST fliesst hingegen vollständig dem Bund zu, wobei allerdings Teile davon für bestimmte Zwecke gebunden sind.

Aufgrund der ausgeprägten Steuerautonomie von Kantonen und Gemeinden ist ein Steuerwettbewerb um mobile Steuerzahler möglich. Innerhalb des föderalen Systems nimmt die DBST aber die Funktion eines wichtigen Korrektivs ein, da sie Steuerpflichtige mit niedrigen Einkommen nicht erfasst und einen stark progressiven Tarifverlauf
aufweist. Aufgrund dieser Charakteristika der DBST beteiligen sich, trotz des ausgeprägten Steuerwettbewerbs in der Schweiz, sehr leistungsfähige Steuerpflichtige überproportional stark an der Finanzierung des Staates.

6227

BBl 2016

Abbildung 2 Prozentanteile der unteren Staatsebenen an den gesamten Fiskaleinnahmen in ausgewählten OECD-Ländern im Jahr 2011

Quelle: OECD

Steuerstruktur Abbildung 3 zeigt, wie sich die Einnahmen aus Verbrauchssteuern, Sozialversicherungsbeiträgen, vermögensbezogenen Steuern sowie aus Arbeitnehmereinkommen, Gewinnen und Kapitaleinkommen in Relation zu den gesamten Abgaben aufteilen.

Was die Einnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen betrifft, zeigt sich für die Schweiz ein unauffälliges Bild, während sich die Nachbarländer Österreich, Deutschland, Italien und Frankreich etwas stärker über Sozialversicherungsbeiträge finanzieren. Augenfälliger ist dagegen der geringere Anteil an den Einnahmen aus Verbrauchssteuern, welcher vor allem auf die niedrigen Steuersätze bei der MWST zurückzuführen ist. Spiegelbildlich zum geringen Gewicht der Verbrauchssteuern sind die Einnahmen aus der Einkommenssteuer sowie aus der Gewinnsteuer von juristischen Personen in der Schweiz von grosser Bedeutung. Lediglich in den USA fällt das Gewicht dieser Einnahmenkomponente in etwa gleich hoch aus wie in der Schweiz.

Im Vergleich zu den anderen aufgeführten Ländern weisen vermögensbezogene Steuern ­ diese umfassen die Besteuerung des Bodens (z. B. Liegenschaftssteuer), 6228

BBl 2016

des Vermögens und der Vermögensübertragungen (z. B. Erbschaftssteuer, Handänderungssteuer) ­ für die Kantone und Gemeinden eine gewisse Bedeutung auf. Die Erträge aus vermögensbezogenen Steuern entsprechen 6,7 Prozent der Fiskaleinnahmen im Jahr 2014. Lediglich in den USA und in Frankreich ist die Bedeutung dieser Kategorie ausgeprägter. In den beiden Ländern ist aber die Liegenschaftssteuer der wesentliche Treiber der Einnahmen, während in der Schweiz die Vermögenssteuer der Kantone und Gemeinden mit einem Steueraufkommen von mehr als 5,5 Milliarden Franken im Durchschnitt der letzten Jahre einen beachtlichen Beitrag leistet. Dies ist insofern bemerkenswert, da ­ abgesehen von Frankreich, Norwegen und Spanien ­ kein europäisches Land mehr Einnahmen aus einer Vermögenssteuer generiert.

Abbildung 3 Steuerstruktur in ausgewählten OECD-Ländern im Jahr 2014 (in Prozent der Fiskaleinnahmen)

Quelle: OECD

Fazit In der Summe lässt sich festhalten: ­

Die Schweiz weist einen hohen Dezentralisierungsgrad auf, der auch ­ anders als in einigen anderen föderalistischen Staaten ­ mit einer ausgeprägten Gesetzgebungskompetenz aller drei Staatsebenen einhergeht.

­

Die ausgeprägte Steuerautonomie der Kantone und Gemeinden bewirkt einen Steuerwettbewerb um mobile Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Der DBST kommt hierbei eine korrigierende Funktion zu, da sie sicherstellt, dass sich auch sehr leistungsfähige Steuerpflichtige angemessen an der Finanzierung des Staates beteiligen.

6229

BBl 2016

­

Trotz der vergleichsweise niedrigen Steuerbelastung des Einkommens natürlicher und der Gewinne juristischer Personen ist das Aufkommen aus diesen Steuern gemessen am BIP ergiebig.

­

Die Besteuerung von immobilen Bemessungsgrundlagen, Vermögen und Vermögensübergängen trägt in beachtlichem Mass zur Finanzierung der Kantone und Gemeinden bei.

1.2

Die beantragte Neuregelung

Mit der NFO 2021 soll die Erhebung der beiden Haupteinnahmequellen des Bundes, die MWST und die DBST auch über das Jahr 2020 hinaus gesichert werden. Die Befristung der Erhebung der MWST und der DBST soll deshalb auf den 31. Dezember 2035 verlängert werden. Die NFO 2021 setzt sich für die Kontinuität der Steuerpolitik ein; ein Umbau des Steuersystems wird mit dieser Vorlage nicht bezweckt.

Neben der Aufhebung der Befristung der DBST und der MWST soll eine hinfällig gewordene Übergangsbestimmung zur Erhebung der Biersteuer (Art. 196 Ziff. 15 BV) gestrichen werden.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Für und Wider einer Befristung von DBST und MWST

Bisher ist die Erhebung der MWST und DBST immer wieder befristet worden.

Befristungen von Gesetzen oder Verfassungsbestimmungen werden nicht nur in der Schweiz angewandt. Die Befürworterinnen und Befürworter von Befristungsklauseln («sunset legislation») führen folgende Vorteile an: 1.

Befristungen sind ein geeignetes Instrument, um auf aussergewöhnliche, aber nur temporär bestehende Haushaltslagen reagieren zu können.

2.

Befristungen erhöhen die Zustimmungsrate, wenn der Nettonutzen einer Massnahme unsicher ist oder kontrovers diskutiert wird.

3.

Befristungsklauseln führen tendenziell zu einer Beweislastumkehr. Diejenigen Akteure, die ein Interesse an der Steuer haben, sind aufgefordert, den positiven Nettonutzen aufzuzeigen.

4.

Befristungen können als Massnahme zur Verhinderung eines Bürokratieaufbaus dienen.

5.

Eine Befristung von Steuern könnte die Ausgabenfreudigkeit des Staates dämpfen.

6230

BBl 2016

6.

Wenn die Finanzordnung einer verbindlichen, periodischen Überprüfung durch weite Teile der Bevölkerung zugänglich ist, wird die direkt-demokratische Rückkoppelung garantiert. Die Möglichkeit, periodisch und auf verbindliche Weise mittels obligatorischem Referendum zum Steuersystem Stellung beziehen zu können, stärkt dessen Legitimation.

In Bezug auf die Haupteinnahmequellen des Bundes wäre statt einer erneuten Befristung auch eine Aufhebung der Befristung vorstellbar. Dies hat der Bundesrat in der Vernehmlassungsvorlage zur NFO 2021 denn auch vorgeschlagen.

Bei der Einführung der Kriegssteuer war eine Befristung durchaus angebracht ­ der Name Kriegssteuer weist bereits darauf hin, dass es sich nicht um eine dauerhaft zu erhebende Zwangsabgabe handeln sollte. Unter den aktuellen Bedingungen ist eine Befristung der DBST und der MWST gestützt auf die Punkte 2 und 3 hingegen nicht zu rechtfertigen. Denn sowohl die DBST als auch die MWST nehmen eine bedeutende Stellung im Budget des Bundes ein (siehe Ziff. 1.1.3), wobei die Bedeutung in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat. So haben sich die Anteile der DBST und der MWST an den ordentlichen Einnahmen des Bundes von etwas weniger als 55 Prozent im Jahr 1996 auf knapp 63 Prozent im Jahr 2015 erhöht, wobei die DBST rund 30 Prozent und die MWST etwa 33 Prozent der ordentlichen Einnahmen ausmachen (siehe Abbildung 4). Auch für die Kantone sind die Einnahmen wichtig, da diese zurzeit 17 Prozent der Einnahmen aus der DBST erhalten. Darüber hinaus sind die Einnahmen aus der MWST teilweise langfristig zweckgebunden.

Eine Abschaffung dieser Steuern ohne gleichwertigen Ersatz ist ausgeschlossen, wenn die Bundesaufgaben im bisherigen Umfang weitergeführt werden sollen.

Abbildung 4 Entwicklung der DBST und MWST in Prozent der Einnahmen des Bundes

Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung

6231

BBl 2016

Der Einsatz von Befristungsklauseln vermag auch als Gegengewicht zu einem Bürokratieaufbau (Punkt 4) nicht zu überzeugen. Durch die Befristung werden immer wieder Ressourcen gebunden, um das Gesetzgebungsverfahren vorzubereiten und durchzuführen. Die Befristung dieser beiden Steuern erzeugt somit einen ­ wenn auch überschaubaren ­ bürokratischen Mehraufwand.

Für eine Befristung spricht dagegen, dass sie grundsätzlich ein geeignetes Instrument ist, um die Ausgabenfreudigkeit des Staates zu dämpfen. Allerdings existieren auf Bundesebene bereits verschiedene Mechanismen wie die Schuldenbremse, in der BV verankerte Höchstsätze für die DBST und MWST, die abschliessende Aufzählung der Besteuerungsbefugnisse des Bundes in der BV und der automatische Ausgleich der kalten Progression, die ein solches Verhalten effektiv dämpfen.

Das gewichtigste Argument zugunsten einer Befristung ist, dass es unter demokratiepolitischen Gesichtspunkten nützlich ist, sich von Zeit zu Zeit grundsätzliche Gedanken zur Finanzordnung und zum Steuersystem zu machen (Punkt 6). Um Reformen zu einzelnen Details einer Steuer anzustossen, bedarf es keiner Befristung. Eine Befristung ist aber ein geeignetes Instrument, um die grundsätzliche Notwendigkeit einer Steuer oder aber die Ausgestaltung der Steuerstruktur zu diskutieren. Dies impliziert, dass der Gesetzgeber die bestehende Verteilung von Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen über alle staatlichen Ebenen hinweg periodisch einer kritischen Prüfung unterzieht.

Die periodische Überprüfung der Finanzordnung durch die Politik und die Möglichkeit, mittels obligatorischem Referendum die Vorschläge weiten Teilen der Bevölkerung zugänglich zu machen, garantiert die (direkt-)demokratische Rückkoppelung.

Diese Rückkopplung stärkt die Legitimation der Finanzordnung in der Bevölkerung.

Wägt man die einzelnen Vor- und Nachteile gegeneinander ab, so kann die Befristung von Steuern vorteilhaft sein, wenn man dem Argument einer direkt-demokratischen Rückkopplung ein hohes Gewicht zuspricht und den bestehenden Automatismen zur Begrenzung der Staatstätigkeit misstraut.

1.3.2

Aufhebung der Übergangsbestimmung zur Biersteuer

Artikel 196 Ziffer 15 BV sieht vor, dass die Biersteuer bis zum Erlass eines Biersteuergesetzes «nach bisherigem Recht» (damals: ein vollmachtenrechtlicher Bundesratsbeschluss) zu erheben sei. Mit Einführung des Biersteuergesetzes auf den 1. Juli 2007 ist diese Übergangsbestimmung zur Biersteuer hinfällig geworden.

1.3.3

Verzicht auf zusätzliche Reformelemente

Die Geschichte der Bundesfinanzen zeigt, dass Änderungen der Bundesfinanzordnung in Volksabstimmungen keinen leichten Stand haben. Zahlreiche Finanzvorlagen sind gescheitert, die letzte im Jahr 1991. Auch wenn die Gründe für die Ablehnung von Vorlage zu Vorlage verschieden waren, lassen sich doch Lehren aus der Vergangenheit ziehen.

6232

BBl 2016

Der vorliegende Entwurf der NFO 2021 trägt diesen Lehren Rechnung. Die Änderungen beinhalten weder eine Steuererhöhung noch eine Umverteilung der Steuerlast.

1.3.4

Vernehmlassungsergebnis

In der Vernehmlassungsvorlage zur NFO 2021 hatte der Bundesrat eine Aufhebung der Befristung der DBST und MWST vorgeschlagen. Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens sind insgesamt 57 Stellungnahmen eingegangen. Die wesentlichen Aussagen aus dem Vernehmlassungsverfahren lauten wie folgt: Aufhebung der Befristung: Bezüglich der Aufhebung der Befristung sprechen sich fast alle Kantone für eine dauerhafte Erhebung der MWST und DBST aus (lediglich für die MWST: ein Kanton; grundsätzlich ablehnend: ein weiterer Kanton). Gemischter ist die Haltung bei den Verbänden: Hier hält sich das Lager der Befürworterinnen und Befürworter einer Aufhebung der Befristung mit demjenigen der Gegnerinnen und Gegner in etwa die Waage. Bei den Parteien, die sich zur NFO 2021 geäussert haben, spricht sich die Mehrheit aller Parteien und auch der Bundesratsparteien gegen eine Aufhebung der Befristung aus. Zwei Parteien befürworten eine Aufhebung und eine weitere Partei spricht sich für eine Aufhebung der Befristung der MWST, nicht aber der DBST aus.

Inhaltliche Ergänzungen: Einige wenige Teilnehmerinnen und Teilnehmer wünschen auch inhaltliche Änderungen. Gefordert werden eine Aufhebung der Befristung des Sondersatzes für Beherbergungsleistungen bei der MWST, ein Erlass der MWST auf den Bezügen von Städten und Gemeinden, sofern sie nicht im Zusammenhang mit unternehmerischen Tätigkeiten stehen, eine Abschaffung des Kantonsanteils bei der DBST, eine Anhebung der Höchstsätze bei der DBST, eine Senkung der Höchstsätze bei der DBST sowie eine gänzliche Abschaffung der DBST unter Gegenfinanzierung durch weniger schädliche Steuern.

Übergangsbestimmung Biersteuer: Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sprechen sich für die Aufhebung der Übergangsbestimmungen zur Biersteuer aus bzw. äusserten keine Vorbehalte.

Damit wünscht eine grosse Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Vorlage nicht mit inhaltlichen Ergänzungen zu überladen. Kein Teilnehmer äussert eine ablehnende Haltung gegen die Aufhebung der Übergangsbestimmung bei der Biersteuer. Kontrovers ist dagegen die Haltung bezüglich der in der Vernehmlassungsvorlage favorisierten Aufhebung der Befristung der DBST und MWST. Die wichtigsten Argumente der Gegnerinnen und Gegner sind: 1.

Die Befristung leiste einen wichtigen Beitrag, das staatliche Ausgabenverhalten zu disziplinieren.

2.

Die Kompetenz zur Erhebung von direkten Steuern solle ausschliesslich Sache der Kantone sein beziehungsweise einer Aufhebung der Befristung der DBST könne ohne eine Diskussion über die Aufgabenverteilung nicht zugestimmt werden.

6233

BBl 2016

3.

Es sei zudem grundsätzlich nützlich, sich in gewissen zeitlichen Abständen Gedanken über die Ausrichtung der Finanzordnung zu machen.

Wenngleich sich fast alle Kantone und immerhin die Hälfte der Verbände für eine Aufhebung der Befristung ausgesprochen haben, dürfte sie keine Mehrheit im Parlament finden. Aus diesem Grund spricht sich der Bundesrat ­ entgegen der Vernehmlassungsvorlage ­ für eine befristete Weiterführung der beiden Steuern bis zum 31. Dezember 2035 aus.

1.4

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Befristungen werden in einer Reihe von Staaten in unterschiedlichen Themenbereichen eingesetzt. So kennt das deutsche Grundgesetz im Falle eines Notstands für Gesetze und Verordnungen, die der gemeinsame Ausschuss in seiner Funktion als Notparlament erlassen hat, eine Auslaufklausel von sechs Monaten nach Ende des Verteidigungsfalles. Vereinzelt werden in Deutschland auch Landes- und Bundesgesetze mit einer Befristungsklausel verabschiedet. Einige Staaten haben zudem in der jüngeren Vergangenheit Gesetze, die der Bekämpfung terroristischer Aktivitäten dien(t)en, mit einer Befristungsklausel bedacht (z. B. der Patriot Act in den USA).

Auf Ebene der EU war die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl auf 50 Jahre befristet und lief am 23. Juli 2002 aus.

Auch im Bereich der Steuerpolitik finden sich bisweilen Befristungsklauseln (z. B.

der Economic Growth and Tax Reconciliation Act in den USA). Typisch für Steuergesetze mit Befristungsklauseln ist aber, dass Steuererhöhungen oder -senkungen in den Gesetzen thematisiert werden. Steuern an sich ­ und dazu noch fiskalisch sehr bedeutsame Steuern ­ mit einer Befristungsklausel zu versehen, ist dagegen ungewöhnlich.

1.5

Umsetzung

Die Verfassungsänderung soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Hinsichtlich des Vollzugs werden durch die NFO 2021 keine Änderungen hervorgerufen, sodass die Kantone weiterhin für den Bezug der DBST zuständig sein werden und die Verwaltungshoheit bei der MWST unverändert bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung und der Eidgenössischen Zollverwaltung liegen wird.

6234

BBl 2016

2

Erläuterungen zu den neuen Verfassungsbestimmungen

Direkte Bundessteuer Mit der NFO 2021 soll die DBST auch über 2020 hinaus erhoben werden. Dazu ist es notwendig, Artikel 196 Ziffer 13 der Übergangsbestimmungen der BV zu ändern.

Die Änderung der Übergangsbestimmung bewirkt, dass der Bund befugt ist, die DBST befristet bis zum 31. Dezember 2035 zu erheben.

Mehrwertsteuer Auch hier ist die Übergangsbestimmung (Art. 196 Ziff. 14 Abs. 1 BV) in der BV zu ändern. Die Änderung der Übergangsbestimmung bewirkt, dass der Bund befugt ist, die MWST befristet bis zum 31. Dezember 2035 zu erheben.

Biersteuer Da das Biersteuergesetz vom 6. Oktober 2006 am 1. Juli 2007 in Kraft getreten ist, ist Artikel 196 Ziffer 15 BV hinfällig geworden und kann gestrichen werden.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden

Eine Nichtverlängerung hätte gravierende Folgen, da mehr als 60 Prozent der Bundeseinnahmen betroffen wären. Auch die kantonalen Aufgaben könnten bei einer Nichtverlängerung in der jetzigen Form nicht mehr weitergeführt werden, da die Kantone an den Einnahmen der DBST beteiligt sind. Die Verlängerung der Befristung bei der DBST und der MWST geht weder beim Bund noch bei den Kantonen und Gemeinden mit finanziellen Auswirkungen einher. Es wird lediglich der steuerliche Status quo fortgeschrieben.

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Verlängerung der Befristung der beiden Haupteinnahmequellen des Bundes hat keine volkswirtschaftlichen Auswirkungen.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

Unmittelbarer Auslöser für die Revision der BV ist die Befristung der beiden wichtigsten Einnahmequellen des Bundes. Die Vorlage ist zudem in der Botschaft vom 27. Januar 20167 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. In der Botschaft bekräftigt der Bundesrat, seinen Haushalt im Gleichgewicht zu halten und 7

BBl 2016 1105, hier 1160

6235

BBl 2016

effiziente staatliche Leistungen zu garantieren. Die Sicherung der beiden wichtigsten Einnahmequellen des Bundes durch eine Verlängerung der Erhebung bis zum 31. Dezember 2035 dient der Realisierung dieser Ziele und ist bei realistischer Betrachtung eine notwendige Bedingung, um den Erfordernissen der Schuldenbremse, wonach über einen Konjunkturzyklus betrachtet die Ausgaben die Einnahmen nicht übersteigen dürfen, gerecht zu werden.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Aufgrund des föderativen Grundprinzips (Art. 3 BV, Souveränität der Kantone) regelt die BV, welche Steuern der Bund erheben darf und welche Grundsätze dabei einzuhalten sind. Mit der Fortsetzung der Erhebung der DBST und der MWST sollen die beiden Haupteinnahmequellen des Bundes in befristeter Form bis Ende 2035 gesichert und somit auf eine neue Verfassungsgrundlage gestellt werden.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Da die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, entfaltet das europäische Steuerrecht keine unmittelbare Wirkung auf die schweizerische Steuerrechtsordnung und auf die mit der Vorlage vorgesehene Befristung der beiden Haupteinnahmequellen des Bundes. Das gilt sowohl für die DBST als auch für die MWST. Da die Schweiz die in der EU anwendbare Richtlinie 2006/112/EG8 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht übernommen hat, hat diese Richtlinie in der Schweiz keine Gültigkeit. Die Schweiz kann ihr Mehrwertsteuerrecht weiterhin autonom gestalten.

Die bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU berühren die Mehrwertsteuer nur im Rahmen der Amts- und Rechtshilfe. Im Übrigen gibt es in der EU für den Bereich der direkten Steuern keine eigene Rechtsgrundlage.

Am 28. Oktober 19949 hat die Schweizerische Eidgenossenschaft mit dem Fürstentum Liechtenstein einen Staatsvertrag betreffend die MWST im Fürstentum Liechtenstein abgeschlossen. Mit diesem Vertrag übernahm das Fürstentum Liechtenstein, das mit der Schweiz ein einziges Zollgebiet bildet, das in der Schweiz geltende Mehrwertsteuerrecht für sein Staatsgebiet. Eine Abschaffung der MWST hätte also eine Kündigung des Staatsvertrags zur Folge. Eine blosse Verlängerung der Kompetenz zur Erhebung der Mehrwertsteuer berührt den Staatsvertrag hingegen nicht.

Ausserdem besteht ein am 23. November 196410 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossener Vertrag über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet. Nach diesem Staatsvertrag findet in der deutschen Gemeinde Büsingen 8 9 10

ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1 SR 0.641.295.142 SR 0.631.112.136

6236

BBl 2016

das schweizerische Mehrwertsteuerrecht Anwendung. Der Staatsvertrag müsste geändert werden, wenn die MWST abgeschafft würde. Eine blosse Verlängerung der Kompetenz zur Erhebung der Mehrwertsteuer berührt den Staatsvertrag hingegen nicht.

Die Verlängerung der Befristung der DBST und der MWST steht somit nicht im Widerspruch mit internationalen Verpflichtungen.

5.3

Erlassform

Zur Umsetzung der NFO 2021 bedarf es einer Teilrevision der BV. Die Bundesversammlung unterbreitet Änderungen der BV Volk und Ständen in der Form des Bundesbeschlusses zur Abstimmung (Art. 23 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200211). Der entsprechende Erlass unterliegt dem obligatorischen Referendum (Art. 140 Abs. 1 Bst. a BV).

11

SR 171.10

6237

BBl 2016

6238