15.084 Botschaft zum Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (NISSG) vom 11. Dezember 2015

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2010

P

10.3776

Massnahmen gegen gefährliche Laser (N 17.10.2010, Bugnon)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

11. Dezember 2015

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2015-2605

465

Übersicht Mit einem neuen Bundesgesetz sollen Menschen vor gesundheitsgefährdender nichtionisierender Strahlung (NIS) oder gesundheitsgefährdendem Schall geschützt werden. Das neue Gesetz enthält ergänzende Regelungen zu bereits bestehenden Bundeserlassen. Es regelt die Verwendung von Produkten, die gesundheitsgefährdende NIS- oder Schall-Belastungen erzeugen, wie auch gesundheitsgefährdende Situationen, die auf solche Produkte zurückzuführen sind. Zudem kann mit dem neuen Gesetz ein umfassendes Verbot von gefährlichen Laserpointern statuiert werden.

Ausgangslage Die meisten Produkte, die NIS oder Schall erzeugen, stellen kein gesundheitliches Problem dar. Es gibt jedoch Produkte deren Verwendung die Gesundheit gefährden, wenn sie nicht gemäss den Sicherheitsvorgaben der Hersteller oder mit genügend Sachkunde verwendet werden. In diese Kategorie leistungsstarker Produkte fallen die Solarien, die bei falscher oder übermässiger Verwendung Hautverbrennungen und Hautkrebs verursachen. Ebenfalls darunter fallen beispielsweise Medizinlaser, die in den letzten Jahren in den kosmetischen Bereich migriert sind. Sie werden dort teilweise von gewerblichen Anbietern eingesetzt, ohne dass diese Anbieter über die erforderliche Sachkunde verfügen. Heute lässt sich aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlagen weder kontrollieren, ob gewerbliche Anbieter die Sicherheitsvorgaben der Hersteller einhalten, noch kann eine sachkundige Verwendung vorgeschrieben werden.

Inhalt der Vorlage Das neue Gesetz soll deshalb die Sicherheit bei der Verwendung dieser Produkte verbessern. Die Vorlage basiert primär auf der Selbstverantwortung aller Beteiligten und fügt sich damit in die bestehende Philosophie des Produktesicherheitsrechts ein. Bund und Kantone sollen bei der Verwendung dieser Produkte zukünftig kontrollieren können, ob die sicherheitsrelevanten Vorgaben des Herstellers eingehalten werden. Zudem soll der Bund zusammen mit den betroffenen Branchen in Zukunft für Produkte, die nur sachkundige Fachleute sicher verwenden können, verbindliche Ausbildungs- und Verwendungsvorschriften erarbeiten und einen entsprechenden Sachkundenachweis vorschreiben. Der Bund soll zudem die gewerbliche oder berufliche Verwendung einzelner, besonders gefährlicher Produkte verbieten können.

Unter das neue Gesetz fallen ausserdem
gesundheitsgefährdende Situationen, die nicht rein produkte- oder verwendungsbezogen geregelt werden können. Im Vordergrund steht dabei die Regulierung bestimmter Expositionen bei Publikumsveranstaltungen wie beispielsweise Lasershows, bei denen verschiedene, starke NIS- oder Schall-Quellen teilweise gleichzeitig auf die Menschen einwirken. Der Schutz vor NIS und Schall von Quellen in der Umwelt, beispielsweise Mobilfunkanlagen und Hochspannungsleitungen, sowie von Quellen am Arbeitsplatz wird wie bisher durch

466

das Umwelt- und Arbeitsrecht geregelt und sind daher nicht Gegenstand des vorliegenden Gesetzes.

Ferner sieht das neue Gesetz bei erheblicher Gesundheitsgefährdung als ultima ratio die Möglichkeit vor, die Ein- und Durchfuhr, den Verkauf und den Besitz von Produkten zu verbieten. Im Fokus einer solchen Massnahme sind zurzeit gefährliche Laserpointer, deren Strahlung die Grenzwerte für Augen und Haut erheblich überschreitet. Diese Laserpointer gefährden die Gesundheit der Bevölkerung massiv und stellen für spezifische Berufsgruppen wie beispielsweise Pilotinnen und Piloten ein gravierendes Sicherheitsproblem dar. Wenn die starke Strahlung solcher Laserpointer auf das Auge trifft, können nebst Blendungen auch Netzhautverletzungen resultieren, die das Sehvermögen beeinträchtigen oder gar zur Erblindung führen.

Die neuen Regelungen können nicht in den bestehenden Bundeserlassen verankert werden, da sie der Systematik dieser Erlasse zuwiderlaufen. Beispielsweise resultieren die mit diesem Gesetz zu behebenden Probleme, die bei NIS- oder Schall emittierenden Produkten anfallen, in erster Linie aus deren falscher oder unsachgemässer Verwendung. Eine Regelung der Produktverwendung im heutigen Produktesicherheitsrecht wäre aber über weite Strecken systemfremd oder ist nur in sehr begrenztem Umfang möglich.

Schliesslich soll mit dem neuen Gesetz auch die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, damit das Bundesamt für Gesundheit die wissenschaftlichen Grundlagen für die Umsetzung des vorliegenden Gesetzes beschaffen und die Öffentlichkeit adäquat informieren kann.

Die Vollzugsaufgaben werden zu einem überwiegenden Teil von den Kantonen übernommen. Der Bund wird das Gesetz nur in Teilbereichen vollziehen. Dazu gehört auch die Verfassung von Vollzugshilfen, die für die kantonalen Kontrollen bereitzustellen sind.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

466

Verzeichnis der Abkürzungen

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1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Gesundheitsgefährdungen durch NIS oder Schall und Handlungsbedarf 1.1.2 Bisherige Massnahmen und Forderungen 1.1.3 Heutige Rechtslage 1.1.4 Auftrag des Bundesrats zu einem neuen und eigenständigen Gesetz 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Systematische, konzeptionelle Überlegungen 1.3.2 Vernehmlassungsverfahren 1.3.3 Überarbeitung des Vorentwurfs 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich 1.5.1 Internationale Entwicklungen 1.5.2 Rechtliche Situation in der EU 1.6 Umsetzung 1.7 Erledigung der parlamentarischen Vorstösse

473 473

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

494

3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen 3.1.2 Kosten-Nutzen-Verhältnis 3.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 3.5 Auswirkungen auf betroffene Organisationen

507 507 507 508

4

5

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473 477 478 481 481 483 483 486 488 489 489 489 491 492 492

509 511 512 513

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundes 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

513 513 513

Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

514 514 514

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5.3 5.4 5.5

Erlassform Unterstellung unter die Ausgabenbremse Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (NISSG) (Entwurf)

515 515 515

517

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Verzeichnis der Abkürzungen Abs.

ArG Art.

BAFU BAG Bst.

BV bzw.

EDI EG EKLB EleG EMF EU EZV fedpol FHA GHz HMG Hz i.V.m.

IAG-NIS IARC ICNIRP IPL KSR LMG

470

Absatz Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, SR 822.11) Artikel Bundesamt für Umwelt Bundesamt für Gesundheit Buchstabe Bundesverfassung beziehungsweise Eidgenössisches Departement des Innern Europäische Gemeinschaft Eidgenössische Kommission für Lärmbekämpfung Bundesgesetz vom 24. Juni 1902 betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanalgen (Elektrizitätsgesetz, SR 734.0) Elektromagnetische Felder Europäische Union Eidgenössische Zollverwaltung Bundesamt für Polizei Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401) Gigahertz Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (SR 812.21) Hertz In Verbindung mit Interdepartementale Arbeitsgruppe nichtionisierender Strahlung Internationale Krebsagentur (International Agency for Research on Cancer) International commission on non-ionizing radiation protection Intensives gepulstes Licht / intense pulsed light Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz und Überwachung der Radioaktivität Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, SR 817.0)

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LVD

MepV METAS Mo MRA

MRT NIS OdA Po PrSG RaPs resp.

RFA RFID seco SLV StSG THG USG UV UVG vgl.

VStrR VUV

Low Voltage Directive (EU-Richtlinie 2006/95/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen) Medizinprodukteverordnung vom 17. Oktober 2001 (SR 812.213) Eidgenössisches Institut für Metrologie Motion Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Agreement, SR 0.946.526.81) Magnetresonanztomograph Nichtionisierende Strahlung Organisation der Arbeitswelt Postulat Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Produktesicherheit (SR 930.11) Richtlinie über die allgemeine Produktesicherheit (2001/95/EG) respektive Regulierungsfolgenabschätzung Radio-frequency identification Staatssekretariat für Wirtschaft Verordnung vom 28. Februar 2007 über den Schutz des Publikums von Veranstaltungen vor gesundheitsgefährdenden Schalleinwirkungen und Laserstrahlen (Schall- und Laserverordnung, SR 814.49) Bundesgesetz vom 22. März 1991 betreffend Strahlenschutz (Strahlenschutzgesetz, SR 814.50) Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über die technischen Handelshemmnisse (SR 946.51) Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, SR 814.01) Ultraviolette Strahlung Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (SR 832.20) vergleiche Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0) Verordnung vom 19. Dezember 1983 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (Verordnung über die Unfallverhütung, SR 832.30)

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VwVG WG WHO

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Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) Bundesgesetz vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, SR 514.54) Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization)

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

In den letzten Jahren haben sich zunehmend Probleme bei der Verwendung von NIS- oder Schall-Produkten ergeben, deren Lösung die Schaffung einer neuen gesetzlichen Grundlage erfordert.

Unter nichtionisierende Strahlung (NIS) fallen die ultraviolette (UV) Strahlung, das sichtbare Licht, die Infrarotstrahlung sowie die elektromagnetischen Felder (EMF).

Der Schall umfasst den hörbaren Schall sowie den Infra- und Ultraschall.

1.1.1

Gesundheitsgefährdungen durch NIS oder Schall und Handlungsbedarf

Produkte, die hohe NIS- oder Schallbelastungen verursachen Nebst vielen unproblematischen NIS- oder Schall-Produkten existiert eine Reihe von Produkten, die Menschen mit starker NIS oder starkem Schall belasten, wenn die Verwenderinnen und Verwender die Produkte falsch und nicht gemäss den Herstellervorgaben bedienen. Bei solchen Produkten entstehen bei falscher Verwendung relativ schnell Grenzwertüberschreitungen und damit gesundheitliche Gefährdungen.

Das wohl bekannteste und meistdiskutierte Beispiel ist das Solarium, das rund zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung regelmässig und rund 40 Prozent sporadisch besuchen1. Um die Haut der Kundinnen und Kunden zu bräunen, erzeugen Solarien funktionsbedingt eine starke UV-Strahlung, die laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) erwiesenermassen Krebs verursachen kann2, zu vorzeitiger Hautalterung führen und in schwerwiegenden Fällen zu sehr gefährlichen Verbrennungen führen kann. Solche bedrohlichen Situationen entstehen vor allem dann, wenn nicht richtig gewartete oder falsch verwendete Solarien sehr hohe Strahlenbelastungen bei der Kundschaft verursachen. Solarien hingegen, die gemäss den Installations-, Verwendungs- und Wartungsanforderungen der europäischen Produktenorm für Hautbestrahlungsgeräte3 betrieben werden, verursachen eine verringerte Strahlenbelastung, die vom gesundheitlichen Standpunkt her tolerierbar ist. Diese auch von der Schweiz anerkannte Norm, die sowohl für die Sicherheitsanforderungen der Hersteller als auch für das Inverkehrbringen der Solarien massgebend ist, begrenzt unter anderem die maximal zulässige Strahlung, verlangt den gerätekonformen Ersatz defekter Lampen und schreibt Warnhinweise vor, um Solarienbesucherinnen und 1 2 3

gfs 2010. Solariennutzung in der Schweiz. Aufrufbar unter: www.bag.admin.ch > Themen > Strahlung, Radioaktivität, Schall > UV-Strahlung > Solarium WHO/IARC Exposure to artificial UV radiation and skin cancer: 2005 SN EN 60335-2-27: 2010. Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke ­ Teil 2­27: Besondere Anforderungen für Hautbestrahlungsgeräte mit Ultraviolett- und Infrarotstrahlung.

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-besucher sowohl auf die Gefährlichkeit übermässiger ultravioletter Strahlung als auch auf die sichere Verwendung der Geräte hinzuweisen. Im Weiteren legt die Norm einen obligatorischen Teil der Bedienungsanleitung von Solarien fest, die eine Liste von Ausschlusskriterien für Solarienbesuche enthalten muss. Vom Ausschluss betroffen sind beispielsweise Personen, die jünger als 18 Jahre sind. Um gesundheitliche Gefährdungen auf ein akzeptables Restrisiko zu vermindern, sollten Solarienanbieter die von der Norm und vom Hersteller vorgesehenen Vorgaben zu Installation, Bedienung und Wartung einhalten. Sie sollen Kundinnen und Kunden sicher eingestellte Geräte zur Verfügung stellen. Erfahrungen aus der Schweiz und dem Ausland zeigen allerdings, dass gewerbliche Anbieter diese Vorgaben vielfach nicht vollständig umsetzen und hier Handlungsbedarf besteht.

Bei der Verwendung von NIS- oder Schall-Produkten muss deshalb sichergestellt werden, dass die Sicherheitsvorgaben der Hersteller eingehalten werden.

Im Weiteren gibt es Produkte, die zu hohen Belastungen von Menschen mit NIS oder Schall führen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Diese Belastungen liegen oft weit oberhalb der Grenzwerte, die zu akuten Gesundheitsgefährdungen führen können. Auch bei Einhalten der Sicherheitsvorgaben der Hersteller können diese Produkte bei fehlender Sachkunde nicht sicher verwendet werden. Solche Produkte werden beispielsweise für medizinische Behandlungen eingesetzt. Diese Behandlungen bedingen, dass Fachpersonen den medizinischen Nutzen gegen die Risiken abwägen. Seit einigen Jahren migrieren diese Produkte in den Kosmetikbereich und werden dort im grossen Stil für kosmetische Behandlungen eingesetzt. Im Vordergrund stehen Hautbehandlungen, die unerwünschte Körperhaare entfernen, gealterte oder anderweitig beeinträchtigte Haut verjüngen sowie Tätowierungen ausradieren. Die eingesetzten Produkte verursachen zum Teil sehr starke Belastungen mit intensivem gepulstem Licht (IPL), Laserstrahlen oder hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (EMF). Die Kosmetikbranche bietet zunehmend auch Schlankheits- und Bodyforming-Behandlungen an, die mit starken Ultraschall-, Laser-, Infrarot-, Wärme- oder EMF-Expositionen überschüssiges Fett abbauen sollen. Diese Produktemigration akzentuiert sich in letzter Zeit dahingehend,
dass solche Produkte in einfacherer und billigerer Ausführung auch für die private Heimverwendung vermarktet werden. Schlussendlich sind zu Wellness- und Erholungszwecken Magnetfeldmatten im Handel, deren starke und weit über den Grenzwerten liegende Magnetfelder das Wohlbefinden fördern sollen.

Die IPL-Technologie ist zurzeit die am häufigsten verwendete kosmetische Behandlung mit NIS, der sich laut einer aktuellen Umfrage des Bundesamts für Gesundheit (BAG) bereits zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung unterzogen hat4. IPL-Geräte lassen sich aufgrund ihrer Komplexität ausschliesslich von sachkundig ausgebildeten Personen sicher bedienen. Sie überfordern somit nicht oder ungenügend ausgebildete gewerbliche Anbieter oder Privatpersonen. Strahlungsmessungen im Auftrag des BAG haben gezeigt, dass die Expositionen durch IPL-Geräte sowohl für die Heimanwendung als auch für den gewerblichen Einsatz weit über dem Grenzwert für Hautverbrennungen liegen. Damit besteht die Gefahr, dass langwierige Hautschädigungen oder Verbrennungen auftreten. Diese Gefährdungen, die in der medi4

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gfs 2013. Studie nichtionisierende Strahlung und Schall

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zinischen Literatur ausführlich beschrieben sind, kommen laut Branchenvertretern aus der Kosmetik- und der Ärztebranche hierzulande in der Praxis häufig vor. Verschärfend kommt hinzu, dass mögliche Langzeitwirkungen nicht untersucht sind.

Aus der erwähnten Umfrage lässt sich aus methodischen Gründen keine genaue Fallzahl für Komplikationen ableiten. Gemäss dieser Studie wird vermutet, dass rund 90 000 Personen der gesamten Bevölkerung ab 18 Jahren eine gesundheitliche Komplikation bei NIS- oder Schallbehandlungen erlitten haben.

Behandlungen mit Produkten, die sehr hohe Belastungen verursachen, sollen deshalb ausschliesslich durch Personen vorgenommen werden, die nachweislich über genügend Sachkunde verfügen.

Laserpointer Laserpointer sind von Hand gehaltene Lasergeräte, die als optische Zeigeinstrumente bei Präsentationen eingesetzt werden. Zu diesem Zweck würden eigentlich Laserpointer genügen, deren Strahlung die Grenzwerte für Augen- oder Hautschädigungen ohne weiteres einhält. Nebst solchen sicheren Produkten sind heute jedoch zunehmend Laserpointer mit sehr hohen Strahlstärken im Umlauf, welche diese Grenzwerte bis über das Tausendfache überschreiten, dadurch Augen und Haut stark gefährden sowie eine Brandgefahr darstellen. Solche leistungsstarken Produkte lassen sich nicht mehr sinnvoll verwenden, sondern weisen ein hohes Missbrauchspotenzial auf. Diese oft im Ausland hergestellten Produkte können heute von Privatpersonen oder gewerblichen Anbietern unkontrolliert über den Internethandel in die Schweiz eingeführt und in Umlauf gebracht werden.

Treffen solche Laserstrahlen auf das Auge, sind im besten Fall reversible Blendungen die Folge. Neben Blendungen können aber auch Netzhautverletzungen entstehen, da weder die Hornhaut noch der Glaskörper des Auges den Laserstrahl absorbiert. Starke Laserstrahlen verursachen sowohl reversible photochemische Schäden als auch irreversible Verbrennungen der Netzhaut, sodass ein eingeschränktes Sehvermögen oder auch Erblindungen möglich sind.

Blendungen können trotz ihres vorübergehenden Charakters Personen beeinträchtigen, die Flug- oder Fahrzeuge lenken. Sie stellen damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Solche Blendungen sind auch mit Laserpointern möglich, welche die Grenzwerte für Augen- und Hautschäden einhalten. So wurden in der
Schweiz in den letzten Jahren über 400 Laserattacken auf Pilotinnen und Piloten verübt. Sie ereignen sich meist kurz vor den Landeanflügen und verursachen bei den Cockpitbesatzungen länger andauernde Blendungen, schwarze oder farbige Fleckenerscheinungen auf der Netzhaut, eine partielle Farbenblindheit wie auch Wahrnehmungsstörungen. Sie können dazu führen, dass die Besatzung Instrumente nicht mehr erkennt und das Flugzeug durch unkontrollierte Handbewegungen in eine gefährliche Lage bringt. Meistens brechen geblendete Besatzungen den Anflug aus Sicherheitsgründen ab, was zu wirtschaftlichen Verlusten führt. Nebst Pilotinnen und Piloten sind weitere Berufsgruppen besonders gefährdet: Helikopterbesatzungen sind durch die Vollverglasung des Cockpits stark exponiert und tragen Helme oder Nachtsichtgeräte, welche die Blendwirkungen verstärken können. Bei den Attacken auf Lokomotivführer stellt die partielle Farbenblindheit ein grosses Problem dar, da diese es erschwert, Signale und Anzeigeinstrumente wahrzunehmen. Blendungen 475

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von Polizistinnen und Polizisten sind deshalb gefährlich, weil die transparente, gebogene Helmform Laserstrahlen fokussiert und der Helm Abwendungsreaktionen erschwert.

Aufgrund der grossen Gesundheits- und Sicherheitsgefährdung müssen gefährliche Laserpointer verboten werden.

Situationen, die eine Gesundheitsgefährdung hervorrufen Situationen, bei denen hohe NIS- oder Schall-Belastungen auftreten, entstehen beispielsweise dann, wenn sich die NIS- oder Schall-Belastungen mehrerer leistungsstarker Produkte überlagern, die bereits einzeln die Grenzwerte ausreizen. So können beispielsweise bei Veranstaltungen wie Konzerten oder in Clubs oft gesundheitsgefährdende Belastungen entstehen, sei dies durch Schall oder durch NIS von Lasershows, starken Scheinwerfern, Stroboskopen oder UV-Lampen, die auf das Publikum einwirken. Solche Gefährdungen werden heute durch die in der Schallund Laserverordnung vom 28. Februar 20075 (SLV) festgelegten Grenzwerte für elektronisch verstärkten Schall und Laserstrahlen zumindest teilweise begrenzt. Die SLV nimmt zusätzlich auch die Veranstalter in die Pflicht. Sie sollen das Publikum über diese Belastungen und ihre Gefährdungen informieren, ihm bei Bedarf Schutzmittel wie Gehörschütze verteilen und ihm Zonen zur Verfügung stellen, die weniger mit NIS oder Schall belastet sind.

Um den Gesundheitsschutz des Publikums bei Veranstaltungen genügend zu gewährleisten, muss die heute im Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 19836 (USG) geltende gesetzliche Grundlage mit Bestimmungen aus dem neuen Gesetz erweitert werden. Und bei Situationen mit Expositionsüberlagerungen durch verschiedene Quellen sollen geeignete Massnahmen getroffen werden können, um Gesundheitsgefährdungen vorzubeugen.

Langfristige Wirkungen von NIS oder Schall Langfristige Wirkungen zeichnen sich insbesondere bei der Sonnenstrahlung ab. Sie stellt eine unserer wichtigsten Lebensgrundlagen und gleichzeitig auch eine starke NIS-Belastung dar, die gravierende Krankheiten hervorrufen kann. Diese Situation hat sich durch gesellschaftliche Veränderungen in den letzten Jahrzehnten akzentuiert. Neue Verhaltensmuster der Bevölkerung führen zu kurzzeitigen und überdurchschnittlichen UV-Expositionen durch die Sonne, die in der Schweiz zu schätzungsweise jährlich 13 000 Hautkrebserkrankungen und ungefähr 350 Todesfällen
pro Jahr führen7. Nebst diesen negativen Wirkungen hat die Sonnenstrahlung wichtige positive Seiten. Der UV-Anteil der Sonnenstrahlung ist unentbehrlich, damit die

5 6 7

476

SR 814.49 SR 814.01 Bundesamt für Statistik (BFS), National Institute for Cancer Epidemiology and Registration (NICER), Schweizer Kinderkrebsregister (SKKR) Krebs in der Schweiz ­ Stand und Entwicklung von 1983 bis 2007, Neuchâtel 2011.

Swiss Association of Cancer Registries (VSKR) Cancer in Switzerland ­ Volume 1 Statistics of Incidence, Geneva 2003.

Swiss Association of Cancer Registries (VSKR) Cancer in Switzerland ­ Volume 2 Statistics of Mortality, Geneva 2003.

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Haut das lebensnotwendige Vitamin D produzieren kann. Die Information zum Sonnenschutz muss deshalb risikoorientiert erfolgen.

Gesundheitlich problematisch sind auch hohe freizeitbedingte Schallbelastungen, die das Gehör irreversibel beeinträchtigen können. Eine im Auftrag des BAG durchgeführte Befragung8 zeigt, dass jede dritte Person in der Schweiz in den letzten fünf Jahren an einem vorübergehenden Hörproblem gelitten hat, welches sie auf zu hohe Schallbelastungen zurückführt, und dass eine Million Leute in der Schweiz an einem chronischen Tinnitus leiden. Tinnitus kann zu psychischen Problemen und Schlaflosigkeit führen.

Studien der letzten zehn Jahre zeigen zudem, dass das sichtbare Licht weitreichend in die Physiologie des Menschen eingreift und über chronobiologische Prozesse beispielsweise die Schlaf- und Wachphasen regelt. Hier stellt sich die Frage, wie diese Prozesse durch neue Licht- und Displaytechnologien (beispielsweise LED) beeinflusst werden.

Viele Situationen, bei denen NIS oder Schall die Gesundheit gefährden, lassen sich durch geeignetes und eigenverantwortliches Handeln der Bevölkerung entschärfen.

Voraussetzung dazu ist allerdings, dass die Bevölkerung entsprechend informiert ist.

Deshalb machen neu aufkommende Technologien im Bereich NIS oder Schall eine Auslegeordnung hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit notwendig. Die Gesundheitsbehörden sollen das dazu notwendige Wissen beschaffen, die richtigen Massnahmen daraus ableiten und die Bevölkerung und andere involvierte Kreise nach neustem Wissensstand informieren.

1.1.2

Bisherige Massnahmen und Forderungen

Der Bund hat die Gesundheitsgefährdungen im Bereich NIS und Schall bereits seit längerem erkannt. Zur Thematik sind zudem diverse parlamentarische Vorstösse eingereicht worden, die Lösungen für Solarien, Laser und Laserpointer, funkbasierte Identifikations- und Warensicherungssysteme wie auch für andere Produkte verlangt haben. Die zu diesen Vorstössen verfassten Berichte9, 10, 11 beschreiben neben der fachlichen Problematik auch die heutige Rechtslage und skizzieren den Regelungsbedarf. Der Bund hat 2006 eine interdepartementale Arbeitsgruppe (IAG-NIS) damit beauftragt, den Informationsfluss und die Koordination zwischen den Behörden und Vollzugsstellen zu verbessern. Die Arbeitsgruppe intensivierte zwar die Zusammenarbeit zwischen den Behörden und Vollzugsstellen, konnte die Probleme jedoch aufgrund fehlender Handlungsmöglichkeiten nicht zufriedenstellend lösen.

8 9

10 11

gfs.bern. Befragung Schallexposition und Gehör. 2012.

Bericht vom 24. Mai 2006 in Erfüllung des Postulates Sommaruga 00.3565 «Nichtionisierende Strahlung und Gesundheitsschutz in der Schweiz ­ Überblick, Handlungsbedarf und Empfehlungen» Bericht vom 16. März 2007 in Erfüllung des Postulates 04.3594 Allemann zum «Risikopotenzial von drahtlosen Netzwerken» Bericht vom 25. Juni 2008 in Erfüllung des Postulates 05.3053 Allemann zum «Handlungsbedarf im Zusammenhang mit RFID-Technologie»

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1.1.3

Heutige Rechtslage

Grenzwerte zum Schutz vor gesundheitlichen Gefährdungen durch NIS- oder Schall Damit Produkte die Gesundheit nicht gefährden, müssen sie NIS- und SchallGrenzwerte einhalten, die internationale Strahlenschutzkommissionen (beispielsweise ICNIRP12) empfohlen haben. Diese Grenzwerte basieren auf wissenschaftlich gesicherten Wirkungen, die heute für einzelne Gewebe oder Organe bekannt sind.

Langfristige Wirkungen werden bei diesen Grenzwerten nicht berücksichtigt. So schützen die Grenzwerte für optische Strahlung die Augen und die Haut vor akuten reversiblen und irreversiblen Schäden und Verbrennungen. Die EMF-Grenzwerte verhindern, dass EMF das Nervensystem akut erregen oder die Körpertemperatur gefährlich erhöhen. Die Schallgrenzwerte sollen vor Auswirkungen wie Hörschäden und Tinnitus schützen. NIS- und Schall-Grenzwerte weisen, im Vergleich zu Grenzwerten in anderen Gebieten allerdings nur kleine Sicherheitsfaktoren auf.

Dadurch können relativ schnell Überschreitungen der Gefährdungsschwelle auftreten.

Bundesrecht Der Schutz der Gesundheit vor NIS oder Schall ist in einer Vielzahl von Bundeserlassen geregelt. Die bundesrechtlichen Bestimmungen sind mehrheitlich auf das Produktesicherheitsrecht, das Umweltrecht und das Arbeitssicherheitsrecht verteilt.

Diese Vorschriften decken jedoch die geschilderten Problembereiche nicht oder nur unzureichend ab.

Produktesicherheitsrecht Viele sektorielle Produktesicherheitserlasse sowie das ergänzend zur Anwendung gelangende Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Produktesicherheit (PrSG)13 enthalten Regelungen zum Schutz vor Produkten, die gesundheitsgefährdende NIS oder gefährlichen Schall erzeugen. Diese Erlasse setzen das EU-Konzept des «new and global approach» um. Sie regeln in erster Linie das sichere und gesundheitlich unbedenkliche Inverkehrbringen der Produkte. Nur vereinzelt enthalten sie darüber hinaus Bestimmungen über die Verwendung der Produkte. So kann gemäss PrSG bei der Verwendung nur die Sicherheit des Produkts kontrolliert werden und nicht, ob die Verwenderin oder der Verwender das Produkt auch gemäss den Sicherheitsvorgaben des Herstellers verwendet. Beim Solarium bedeutet dies, dass nach PrSG zum Beispiel nicht kontrolliert werden kann, wie der Solariumbetreiber sicherstellt, dass die Kunden und Kundinnen die vorgegebenen Bräunungszeiten
einhalten oder dass keine Minderjährigen das Solarium benutzen.

Auch die Medizinprodukteverordnung vom 17. Oktober 2001 (MepV)14 sieht vereinzelte Bestimmungen zur Verwendung von Medizinprodukten vor. So ist bei kosmetischen Behandlungen mit NIS oder Schall einzig die Verwendung von medi12 13 14

478

International commission on non-ionizing radiation protection SR 930.11 SR 812.213

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zinischen Laser- sowie Blitzlichtgeräten in der MepV geregelt. Die MepV lässt zu, dass ausgebildete kosmetische Fachpersonen Medizinprodukte verwenden dürfen, sofern eine enge ärztliche Aufsicht gewährleistet ist. Andere Verwendungen von Medizinprodukten wie Ultraschall- oder Mikrowellen-Behandlungsgeräte regelt die MepV hingegen nicht (z.B. für die Fettverbrennung). Ebenfalls nicht geregelt ist die Verwendung ähnlicher Produkte, die als Niederspannungsprodukte in Verkehr gebracht werden und damit nicht unter die MepV fallen.

Das bestehende Produktesicherheitsrecht bietet deshalb keine Handhabe, um gesundheitlichen Gefährdungen entgegenzutreten, die auf die Art und Weise der Produktverwendung zurückzuführen sind. Dasselbe gilt für gesundheitsgefährdende Situationen, die durch mehrere Produkte verursacht werden.

Kriegsmaterial- und Waffengesetzgebung Soweit NIS oder Schall für Waffen oder Waffenbestandteile genutzt werden, sind diese aktuell vom Kriegsmaterialgesetz vom 13. Dezember 1996 erfasst. Entsprechende Waffensysteme befinden sich immer noch im Entwicklungs- und Teststadium. Sie dienen militärischen Zwecken, insbesondere der Vernichtung oder der Abwehr eines gegnerischen Objekts. Waffen mit entsprechender Technologie für den Privatgebrauch existieren aktuell nicht. Entsprechend regelt sie das Waffengesetz vom 20. Juni 1997 (WG)15 nicht. Das WG regelt neben der missbräuchlichen Verwendung von Waffen auch das zum missbräuchliche Tragen gefährlicher Gegenstände und das Mitführen solcher Gegenstände in Fahrzeugen (Art. 4 Abs. 6 WG i.V mit Art. 28a WG). Das Tragen von solchen gefährlichen Gegenstände an öffentlich zugänglichen Orten und das Mitführen solcher Gegenstände in Fahrzeugen sind verboten, wenn kein legitimer Verwendungszweck glaubhaft gemacht werden kann und der Eindruck erweckt wird, dass die Gegenstände missbräuchlich eingesetzt werden sollen. Entsprechend getragene gefährliche Gegenstände können beschlagnahmt und eingezogen werden. Mitgeführte starke Laserpointer haben in der Regel keinen legitimen Verwendungszweck. Sie können deswegen bereits nach geltendem Recht von der Polizei präventiv beschlagnahmt werden. Im Gegensatz zu Gegenständen, die Waffen darstellen und bei denen auch die Einfuhr in die Schweiz geregelt ist, sanktioniert das Waffengesetz betreffend «gefährlicher
Gegenstände» nach Artikel 4 Absatz 6 bewusst lediglich deren missbräuchliches Tragen beziehungsweise deren Transport, nicht jedoch die Einfuhr, den Besitz oder deren Verwendung.

Umweltrecht Nach dem als Rahmengesetz konzipierten USG sind NIS und Lärm, die für den Menschen und die Umwelt schädlich oder lästig werden könnten, zu begrenzen. Das Schutzkonzept ist zweistufig angelegt: ­

15

In der ersten Stufe sind Emissionen im Sinne der Vorsorge und unabhängig von der Umweltbelastung so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Im Bereich NIS dient diese Stufe insbesondere dazu, noch unbekannte Gesundheitsfolgen bei Langzeitexpositionen zu minimieren.

SR 514.54

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­

In der zweiten Stufe werden die Emissionsbegrenzungen verschärft, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen schädlich oder lästig werden. Die Schädlichkeits- oder Lästigkeitsschwellen werden durch den Bundesrat in Form von Immissionsgrenzwerten festgelegt.

Das USG regelt nur Einwirkungen, die von ortsfesten Anlagen oder von damit gleichgestellten Geräten, Maschinen, Fahrzeugen etc. ausgehen, soweit sie gegenüber Dritten wirken und sich über ein Umweltmedium verbreiten.

Das Umweltrecht begrenzt heute beispielsweise die Strahlung von Mobilfunksendeanlagen und Hochspannungsleitungen abschliessend und bildet auch die Grundlage für die SLV, die bei Veranstaltungen vor gesundheitsgefährdenden Laserstrahlen oder Schallbelastungen schützen soll. Allerdings lässt die SLV Lücken offen, da sie nur elektronisch verstärkten Schall und keine unverstärkten Schallquellen betrifft, keine Grundlage für die Abgabe von Gehörschützen an das Publikum enthält und sie zudem keine Sanktionsmöglichkeiten für Veranstalter vorsieht und keine Sachkunde für Betreiber von Lasershows fordern kann.

Arbeitsrecht Berufliche Expositionen durch betriebsinterne NIS- oder Schallquellen fallen unter die Verordnung vom 19. Dezember 198316 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (VUV). Diese stützt sich auf das Bundesgesetz vom 20. März 198117 über die Unfallversicherung (UVG) und auf das Arbeitsgesetz vom 13. März 196418 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (ArG) ab. Das Arbeitssicherheitsrecht dient nur dem Schutz der Arbeitnehmenden. Die eingangs geschilderten Probleme treffen indessen vorab die Konsumentinnen und Konsumenten von Produkten und Dienstleistungen sowie Dritte. Die Gefährdung dieser Personen wird vom Arbeitssicherheitsrecht nicht erfasst.

Kantonales Recht Auf kantonaler Ebene bestehen derzeit nur sehr wenige Bestimmungen, welche die beschriebene Problematik von NIS und Schall behandeln. Der Kanton Jura regelt NIS explizit in Artikel 6a Absatz 2 des Gesundheitsgesetzes und verbietet Minderjährigen, Solarien zu besuchen. Auch der Kanton Waadt hat seit 2014 ein Solariumverbot für Minderjährige statuiert. Im Kanton Basel-Land existiert eine Rechtsgrundlage, um Solarien kontrollieren zu können. Der Kanton Neuenburg hat im Gewerbepolizeigesetz eine Meldepflicht für Solarien und für kosmetische Dienstleistungen statuiert, die gefährlich sind. In einer Reihe von Kantonen existieren ferner Vorschriften, welche die SLV ergänzen. Um den genannten Problemen beizukommen, ist eine einheitliche bundesrechtliche Regelung gegenüber vereinzelten, kantonalen Regelungen vorzuziehen.

16 17 18

480

SR 832.30 SR 832.20 SR 822.11

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1.1.4

Auftrag des Bundesrats zu einem neuen und eigenständigen Gesetz

Die heutige Gesetzeslandschaft zu NIS und Schall ist heterogen und kann die vielschichtigen Gesundheitsgefährdungen, die in den letzten Jahren entstanden sind, nicht mehr optimal abdecken. Aufgrund des Postulates Bugnon (10.3776) zu Verkaufseinschränkungen für gefährliche Lasergeräte hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) den Auftrag erhalten, den Bundesrat über mögliche Grundzüge eines eigenständigen Bundesgesetzes zum Schutz vor gesundheitlichen Gefährdungen durch NIS und Schall zu orientieren. Das BAG hat zusammen mit weiteren Bundesämtern, die bereits heute für den Gesundheitsschutz vor NIS oder Schall partiell zuständig sind, den notwendigen Regelungsbedarf abgeklärt. Zudem wurde mit Hilfe eines extern verfassten Gutachtens19 aufgezeigt, dass die heutige Verfassung ausreicht, um gefährliche Gegenstände20, wirtschaftliche Tätigkeiten21, Massnahmen am Arbeitsplatz22 und gravierende gesundheitliche Risiken23 bezüglich NIS und Schall zu regeln. Der Bundesrat hat anschliessend das EDI beauftragt, einen Entwurf zu einem Gesetz über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung und Schall auszuarbeiten, der schlank ausgelegt sein soll und die bestehenden rechtlichen Lücken schliesst, soweit ein klarer Regelungsbedarf besteht. Das EDI hat daraufhin sowohl die Kantone als auch diejenigen Interessengruppen miteinbezogen, die durch eine neue gesetzliche Regelung am meisten betroffen sind, um eine breite Abstützung und Akzeptanz für das neue Gesetz zu erlangen.

1.2

Die beantragte Neuregelung

Das neue Gesetz soll Menschen vor gesundheitsgefährdenden Belastungen durch NIS oder Schall schützen, die mittels bestehender Regelungen nicht vermieden werden können. Das neue Gesetz sieht eine strenge Eingriffsverwaltung nur in Ausnahmefällen für Produkte vor, wenn die Gesundheit von Personen erheblich gefährdet wird. Zudem soll das Gesetz die Grundlage schaffen, um zukünftige Technologien zu beobachten und allenfalls geeignete Massnahmen zu treffen. Die Aufgaben der bisher in diesem Bereich tätigen Bundesstellen werden dabei nicht berührt.

Information Viele Situationen, bei denen NIS oder Schall die Gesundheit gefährden, lassen sich durch geeignetes und eigenverantwortliches Handeln der Bevölkerung entschärfen.

Voraussetzung dazu ist allerdings, dass die Bevölkerung entsprechend informiert ist.

Das neue Gesetz soll deshalb das BAG ermächtigen, im Rahmen des Geltungsbe19

20 21 22 23

Gutachten zu Handen Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Bundesamt für Umwelt (BAFU) betreffend Verfassungsgrundlage im Bereich der Regelung nichtionisierender Strahlung (NIS) erstellt von Prof. Dr. Felix Uhlmann, Bern, 30. November 2011.

Art. 118 Abs. 2 Bst. a BV Art. 54 BV, Art. 95 BV, Art. 97 BV Art. 110 BV Art 118 BV, Absatz 2 Buchstabe b

481

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reichs des neuen Gesetzes adäquat und zielgerichtet über NIS und Schall zu informieren. Der Bund soll die dazu notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen beschaffen.

Allerdings reicht eigenverantwortliches Handeln der Bevölkerung nicht generell aus, um alle gesundheitlichen Gefährdungen verhindern zu können. Es gibt eine beschränkte Anzahl von Produkten oder Situationen, die aufgrund ihrer hohen NISoder Schallemissionen nachfolgend beschriebene Massnahmen erfordern.

Einhaltung von Sicherheitsvorschriften und Herstellervorgaben Das neue Gesetz regelt die Verwendung von NIS- oder Schall-Produkten und sieht dabei vor, dass die produktespezifischen Sicherheitsvorgaben der Hersteller befolgt werden müssen. Bei beruflicher und gewerblicher Verwendung von Produkten mit hohem Gefährdungspotenzial, wie zum Beispiel in der Kosmetik oder bei Solarien, soll stichprobenweise kontrolliert werden können, ob Verwenderinnen oder Verwender die Herstellervorgaben befolgen.

Sachkunde Produkte sind generell so zu verwenden, dass sie die Gesundheit des Menschen nicht oder nur geringfügig gefährden. Weisen Produkte ein hohes Gefährdungspotenzial auf, soll der Bundesrat für deren gewerbliche oder berufliche Verwendung einen Sachkundenachweis fordern, Anforderungen an die Sachkunde und an die Ausbildung der Verwenderinnen und Verwender festlegen sowie den Einbezug einer Fachperson verlangen können. Sofern die Anforderungen an den Sachkundenachweis an die Berufsbildung geknüpft sind, muss er für deren Festlegung die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) mit einbeziehen. Es ist vorgesehen, einen Sachkundenachweis für besonders gefährliche kosmetische Anwendungen und für das Betreiben von Lasershows zu verlangen.

Massnahmen bei gesundheitsgefährdenden Expositionen In Situationen, in denen gesundheitsgefährdende Expositionen auftreten, soll der Bundesrat Massnahmen festlegen, welche die Gesamtbelastung beschränken oder die Gesundheit der Menschen auf andere Weise schützen. Dazu können Grenzwerte erlassen werden, die sich auf den Stand von Wissen und Technik beziehen. Vorsorgewerte sind nicht vorgesehen. Massnahmen betreffen insbesondere Veranstaltungen mit hohen Schall- oder Laserexpositionen gemäss SLV sowie andere Situationen, in denen Menschen durch mehrere NIS- oder Schallquellen belastet werden. Da diese Massnahmen
nicht am Produkt selber, sondern allenfalls bei seiner Verwendung ansetzen, entstehen keine Handelshemmnisse.

Verbote Falls die Gesundheit von Menschen durch keine anderen Massnahmen hinreichend geschützt werden kann, soll der Bundesrat für Produkte mit erheblichem Gefährdungspotenzial umfassende Verbote hinsichtlich deren Einfuhr, Durchfuhr, Abgabe und Besitz verhängen können. Dabei sind die Staatsverträge und die nationalen Vorschriften über den Abbau von technischen Handelshemmnissen zu beachten,

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insbesondere das Abkommen vom 21. Juni 199924 zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA). Nur starke Laserpointer sind von einem Verbot betroffen. Der Bundesrat sieht momentan keine anderen Produkte vor, die verboten werden sollen.

Zudem soll auch die gewerbliche und berufliche Verwendung von Produkten für bestimmte Berufsgruppen verboten werden können, sofern sie die Gesundheit des Menschen erheblich gefährden.

Vollzug Der Bund soll das neue Gesetz vollziehen, soweit die Kontrollen nicht den Kantonen übertragen sind. Der Bund stellt für die kantonalen Kontrollen Vollzugshilfen bereit.

Der Bund soll für den Vollzug der Einfuhr- und Durchfuhrverbote für Produkte mit erheblichem Gefährdungspotential, wie dies für sehr gefährliche Laserpointer zutrifft sowie für den Vollzug bei Lasershows zuständig sein.

Die Kontrollen vor Ort sind grösstenteils den Kantonen überlassen. Die Kantone sollen die Abgabe- und Besitzverbote für sehr gefährliche Produkte sowie Verwendungsverbote für Produkte, welche die Gesundheit erheblich gefährden können, kontrollieren. Sie sollen stichprobenweise und risikoorientiert kontrollieren. Zudem soll der Vollzug in Form von Vollzugskampagnen mit Vollzugsschwerpunkten erfolgen (also nicht dauernd). Dabei soll die Einhaltung der Sicherheitsvorgaben der Hersteller bei der Verwendung von Produkten kontrolliert werden oder es soll kontrolliert werden, ob bei gewissen Tätigkeiten die nötige Sachkunde vorhanden ist.

Zudem vollziehen sie wie bisher die Aufgaben im Schallbereich der SLV.

Strafbestimmungen Die vorgesehenen Strafbestimmungen zielen auf die Einhaltung der neuen Vorschriften ab. Bei Nichtbefolgen von Verboten oder Sicherheitsvorgaben des Herstellers sollen die gefährlichen Produkte eingezogen und allenfalls vernichtet werden können. Bei wiederholten Verstössen soll die Aberkennung des Sachkundenachweises veranlasst werden können.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Systematische, konzeptionelle Überlegungen

Im Rahmen der Vorarbeiten25 wurden diverse Lösungsmöglichkeiten zu einzelnen Regelungsaspekten von NIS oder Schall in den Sektorerlassen geprüft. Im Rahmen der Vernehmlassung (Ziff. 1.3.2) wurde von verschiedenen Seiten gefordert, noch einmal genauer zu prüfen, ob es tatsächlich ein eigenständiges Gesetz braucht, oder ob nicht viel eher die vorgesehene Regelungsmaterie, die als solche kaum bestritten 24 25

SR 0.946.526.81 Erläuternder Bericht NISSG, S. 23, Ziffer 2.3 Untersuchte Alternativen; aufrufbar unter: www.bag.admin.ch > Themen > Strahlung, Radioaktivität, Schall > rechtliche Grundlagen > NISSG

483

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blieb, in bestehende Erlasse zu integrieren ist. Dabei wurden insbesondere das Produktesicherheitsgesetz (Bst a), das Waffengesetz (Bst. b) und das Heilmittelgesetz (Bst. c) als mögliche Regelungsorte erwähnt. Diese Interventionen aus der Vernehmlassung veranlassten das BAG, die Ausgangslage und die Regelungsmöglichkeiten zusammen mit dem Bundesamt für Polizei (fedpol), dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und Swissmedic noch einmal eingehend zu prüfen. Ebenfalls noch einmal geprüft wurden weitere allfällige Regelungsorte (siehe Bst. d­f). Aufgrund der nachfolgenden Überlegungen mussten diese Varianten aber verworfen werden.

a. Integration in das Produktesicherheitsgesetz Das PrSG regelt, welche Sicherheitsvorgaben Produkte beim Inverkehrbringen erfüllen müssen. Es verpflichtet den Hersteller, den Verwendungszweck seines Produktes zu bestimmen und in einer Gebrauchs- und Wartungsanleitung festzulegen, wie der Verwender (beispielsweise Käufer, Arbeitnehmer, Konsument) mit dem Produkt umgehen soll. Eine Ausdehnung des Geltungsbereichs des PrSG auf die Verwendung von Produkten würde dem Zweck des PrSG widersprechen und der entsprechenden EU-Gesetzessystematik entgegenstehen. Die Kontrolle, ob der gewerbliche oder berufliche Verwender nach dem Inverkehrbringen die Herstellervorgaben auch tatsächlich einhält, muss somit in einem Spezialgesetz festgelegt werden.

Verbote von Produkten auf der Basis des PrSG können nur für konkret spezifizierbare Produkte (und nicht für Produktekategorien) gegenüber dem Inverkehrbringer und nicht gegenüber dem Verwender bzw. Besitzer angeordnet werden. Dies gilt zudem allein für Produkte im gewerblichen oder beruflichen Anwendungsbereich, also beispielsweise nicht für den privaten Import von gefährlichen Laserpointern. Entsprechende Verbote müssen in einem Spezialerlass vorgesehen werden.

Es gibt Situationen, in denen mehrere Produkte gleichzeitig auf den Menschen einwirken können. Jedes einzelne Produkt kann für sich die Grenzwerte ausschöpfen, sodass kumulierte Grenzwertüberschreitungen die Folge sind. Das PrSG kann nur jedes einzelne Produkt für sich und somit nicht die gesamte Expositionssituation regeln; die gesamte Expositionssituation ist vielmehr ausserhalb des PrSG vorzusehen.

b. Integration in das Waffengesetz Starke Laserpointer sind nicht mit Waffen
vergleichbar, da der bestimmungsgemässe Zweck von Waffen nach dem Waffengesetz in der unmittelbaren physischen Schädigung von Mensch oder Tier, bzw. der Beeinträchtigung ihrer Widerstandskraft liegt. Eine Einstufung gefährlicher Laserpointer als Waffen nach WG erscheint damit sachlich nicht gerechtfertigt. Dies umso weniger, als dessen Bewilligungsund Kontrollsystem allein auf eine polizeiliche Prüfung des Waffenzwecks und -einsatzes ausgerichtet ist.

Mitgeführte starke Laserpointer können, gestützt auf das WG, bereits heute von der Polizei als gefährliche Gegenstände beschlagnahmt werden. Dies reicht alleine jedoch nicht aus, um gesundheitsschädigende Situationen in der Schweiz auszu-

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schliessen. Eine adäquate Regelung, die dem Phänomen der gefährlichen Laserpointer gerecht wird, kann nur in einem neuen Erlass vorgesehen werden.

c. Integration in das Heilmittelgesetz Nicht nur im medizinischen, sondern immer mehr auch im kosmetischen Bereich werden Medizinprodukte, die mit starken und potenziell gesundheitsgefährdenden NIS- oder Schall-Belastungen arbeiten, für bestimmte Behandlungen eingesetzt. Im kosmetischen Bereich werden allerdings neben Medizinprodukten heute zunehmend auch baugleiche Niederspannungsprodukte verwendet, die durch das Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 200026 (HMG) nicht abgedeckt sind. Eine gesetzliche Grundlage, welche die Verwendung von NIS- oder Schallprodukten für kosmetische Behandlungen in ihrer Gesamtheit regelt, ist deshalb notwendig. In Zukunft sollen deshalb im Kosmetikbereich alle Medizinprodukte und alle gleichwertigen Produkte, die ein Gefährdungspotenzial durch NIS oder Schall aufweisen, ausschliesslich von ausgebildeten Berufsleuten mit nachgewiesener Sachkunde verwendet werden dürfen. Eine solche Vorgabe kann nicht im HMG gemacht werden.

d. Integration in das Strahlenschutzgesetz Beim Strahlenschutzgesetz vom 22. März 199127 (StSG) handelt es sich um ein Polizeigesetz mit einem Bewilligungssystem und einem straffen Vollzugsregime beim Bund. Diese Philosophie ist nicht vereinbar mit dem Ansatz, den Rechtsadressaten (Herstellerinnen und Anwenderinnen) möglichst viel Selbstverantwortung zu belassen. Eine Integration der erforderlichen Regelungen in das StSG wäre gesetzesfremd und würde sich nicht in das bestehende Vollzugsumfeld integrieren lassen.

e. Integration in das Umweltschutzgesetz Das USG beruht auf dem Vorsorgeprinzip. Dieses Prinzip soll gerade nicht für die beschriebene Problematik von Produkten mit hohen NIS- und Schallbelastungen herangezogen werden. Das USG regelt nur Einwirkungen, soweit sie von ortsfesten Anlagen oder von damit gleichgestellten Geräten, Maschinen, Fahrzeugen etc.

ausgehen, gegenüber Dritten wirken und dabei als indirekte, sich über ein Umweltmedium respektive die Aussenluft verbreitende Einwirkungen einzustufen sind. Es regelt nicht Einwirkungen, die direkt auf die Verwenderin oder den Verwender wirken. Zudem bieten Zweck und Geltungsbereich des USG keine Möglichkeit, Sachkunde für die Verwendung von Produkten
vorzuschreiben und ein umfassendes Verbot für starke Laserpointer vorzusehen.

f. Integration in das Lebensmittelgesetz Zwar ist in der Zweckbestimmung des Lebensmittelgesetzes vom 9. Oktober 199228 (LMG) in Artikel 1 Buchstabe a vorgesehen, dass Konsumentinnen und Konsumenten vor «Gebrauchsgegenständen» zu schützen sind, welche die Gesundheit gefährden können. Entscheidend dabei ist jedoch, welche Gebrauchsgegenstände tatsächlich in den Geltungsbereich des LMG fallen. In den nach Artikel 5 Buchstaben a­f 26 27 28

SR 812.21 SR 814.50 SR 817.0

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LMG erwähnten Kategorien geht es um Gebrauchsgegenstände, die direkt mit der menschlichen Haut oder mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Es wäre systemfremd, den Schutz vor gefährlichen Gegenständen (beispielsweise Laser oder Solarien) durch das LMG sicherzustellen.

1.3.2

Vernehmlassungsverfahren

Am 9. April 2014 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch NIS und Schall (NISSG). Zur Vernehmlassung eingeladen waren sämtliche Kantone, die politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte, Berggebiete und der Wirtschaft sowie eine grosse Anzahl interessierter Organisationen. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 18. Juli 2014.

Alle 26 Kantone, 6 politische Parteien und 50 weitere Organisationen und Institutionen haben geantwortet. Der Bundesrat hat am 11. Februar 2015 vom Ergebnisbericht Kenntnis genommen29. Die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens können wie folgt kurz zusammengefasst werden: Insgesamt begrüssen 36 Stellungnehmer den Entwurf in seiner jetzigen Form und sind mit der Stossrichtung und den Zielen einverstanden. 8 Kantone, 2 politische Parteien und 26 Verbände, Organisationen und Privatperson, erachten den Vorentwurf als ausgewogen und begrüssen, dass nur gesetzliche Lücken geschlossen werden. 37 Stellungnehmer, darunter eine Mehrheit der Kantone und eine Vielzahl an Wirtschaftsverbänden, teilen die Einschätzung des Bundesrates, dass gesetzliche Regelungen im Bereich der nichtionisierenden Strahlung (NIS) und Schalls notwendig sind. Sie bewerten vor allem die Massnahmen bei Solarien, das Laserpointerverbot und das Vorsehen von Sachkunde positiv. Allerdings bestehen bei einer Mehrheit dieser Stellungnehmer Vorbehalte gegenüber der Notwendigkeit einer eigenständigen Gesetzgebung. Die Stellungnehmer schlagen eine Vielzahl an möglichen Gesetzen vor, die angepasst werden könnten, um den angestrebten Schutz zu erreichen. So werden eine Anpassung des Umweltschutzgesetzes, des Produktesicherheitsgesetzes, des Waffengesetzes, des Heilmittelgesetzes, des Strahlenschutzgesetzes oder des Lebensmittelgesetzes oder auch Kombinationen davon vorgeschlagen. Nur gerade 9 Stellungnehmer sprechen sich in aller Deutlichkeit für eine Ablehnung des vorliegenden Entwurfs aus. Die Hälfte davon lehnte die Regelung mit der Begründung ab, dass bereits heute eine hohe Regulierungsdichte bestehe.

Der anderen Hälfte geht der vorliegende Entwurf zu wenig weit: Sie fordert die Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips.

Regelungsbedarf Die getroffenen Massnahmen im neuen Gesetz werden von den meisten Stellungnehmenden als sinnvoll und verhältnismässig angesehen. Vor allem die von den 29

486

Vgl. www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2014 sowie www.bag.admin.ch > Themen > Strahlung, Radioaktivität und Schall > Rechtliche Grundlagen.

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einzelnen Regelungen betroffenen Berufsverbänden und Organisationen äussern sich positiv zum neuen Gesetz.

So finden die Verbände der Kosmetikbranche und die betroffenen Ärztebranchen die Forderung nach Sachkunde und den Einbezug von geeigneten Fachpersonen für gewisse NIS- und Schallbehandlungen sinnvoll und erstrebenswert.

Das umfassende Verbot für Laserpointer wird von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren, der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz sowie von weiteren direkt betroffenen Organisationen begrüsst, die diesbezügliche Strafnorm entspricht sowohl hinsichtlich des beschriebenen Straftatbestandes wie auch der Bussenhöhe den Vorstellungen dieser Stellungnehmer.

Eigenständige Gesetzgebung Hauptkritikpunkt bei der Vernehmlassung war die Frage, ob es für einen genügenden Gesundheitsschutz vor NIS oder Schall ein neues Gesetz braucht, oder ob nicht die bestehenden Gesetze mit den entsprechenden, im neuen Gesetz vorgeschlagenen Massnahmen angepasst werden können. In Ziffer 1.3.1 wird die Notwendigkeit einer eigenständigen Gesetzgebung nochmals detailliert erläutert.

Solariumverbot für Minderjährige Rund die Hälfte der Kantone sowie verschiedene Verbände und Organisationen bedauern, dass ein Solariumverbot für Minderjährige nicht im Gesetz aufgenommen worden ist. Vor allem die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) erwähnt, dass wissenschaftliche Befunde vorhanden sind, welche die Gefährlichkeit der Solarien für Minderjährige belegen. Zudem wünscht sich gemäss GDK eine überwiegende Mehrheit der Kantone eine Bundeslösung in dieser Frage.

Solarienbesuche durch Minderjährige oder andere gefährdete Personengruppen können auch ohne explizit ausgesprochenes Verbot auf Gesetzesstufe in Anwendung von Artikel 3 des neuen Gesetzes verhindert werden. Danach sind die Betreiber von Solarien nämlich verpflichtet, die Sicherheitsvorgaben des Solarienherstellers zu befolgen. Zu diesen Sicherheitsvorgaben gehören die Angaben des Herstellers in der Bedienungsanleitung, die bei Solarien durch die harmonisierte europäische, auch in der Schweiz aufgrund der Produktesicherheitsgesetzgebung geltende Produktenorm für Hautbestrahlungsgeräte30 klar definiert sind. Jede Bedienungsanleitung eines normkonformen Solariums muss diejenigen Personengruppen auflisten,
die Solarien nicht benutzen dürfen. Dazu gehören gemäss der erwähnten europäischen Produktenorm u.a. Personen, die unter 18 Jahre alt sind. Es ist vorgesehen, dass der Bundesrat im Ausführungsrecht die sich daraus ergebenden Pflichten des Solariumbetreibers hinsichtlich Information, Kontrolle und weiteren Massnahmen konkretisiert und damit sicherstellt, dass Solarienbesuche durch Minderjährige verhindert werden. Die Situation ist damit vergleichbar mit jener des Alkoholabgabeverbots an Minderjähri-

30

SN EN 60335-2-27: 2010. Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke ­ Teil 2­27: Besondere Anforderungen für Hautbestrahlungsgeräte mit Ultraviolett- und Infrarotstrahlung.

487

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ge. Ein direktes Solariumverbot für Minderjährige auf Stufe Gesetz wäre nicht zielführend und unverhältnismässig.

Doppelspurigkeiten im Vollzug Mehrere Vernehmlassungsteilnehmer befürchten, dass es beim Vollzug zu einem grossen Koordinationsaufwand kommen wird. Zudem wird befürchtet, dass es zu Doppelspurigkeiten, Abgrenzungsproblemen und Konfliktpotenzial beim Vollzug kommen kann. Aufgrund dieser Rückmeldungen wurden mit den Kantonen Gespräche über den Vollzug geführt. Unklarheiten wurden dabei beseitigt und es wurde nochmals klar darauf hingewiesen, dass es sich beim Vollzug um einen stichprobenweisen und risikoorientierten Vollzug handeln wird. Der Bund wird die nötigen Vollzugshilfen zur Verfügung stellen, und die Vollzugsschwerpunkte werden vorgängig mit den Vollzugsstellen im Kanton festgelegt. Es ist geplant pro Jahr höchstens einen Vollzugsschwerpunkt festzulegen (beispielsweise Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsvorgaben bei ungefähr 10 % aller Solarien).

Zudem wird das Verordnungsrecht zum neuen Gesetz den Abgrenzungsfragen Rechnung tragen, um Doppelspurigkeiten zu anderen Verordnungen zu vermeiden.

1.3.3

Überarbeitung des Vorentwurfs

Der in der Vernehmlassung dargelegte Regelungsbedarf wurde von einer grossen Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer anerkannt. Aufgrund der in Ziffer 1.3.1 dargelegten Argumente hat der Bundesrat beschlossen, an der eigenständigen Gesetzgebung festzuhalten, da die Integration in die bestehenden Gesetze nicht zielführend ist. Die Grundstruktur des Erlasses sowie die Kernelemente wurden im Entwurf weitgehend beibehalten. Der Bundesrat entschied am 11. Februar 2015, bei der Überarbeitung des Vorentwurfs folgende Punkte zu beachten: ­

Den Schnittstellen zum bestehenden Recht ist besser Rechnung zu tragen.

­

Parallel zur Erarbeitung der Vorlage sind mit den Kantonen Gespräche für ein gemeinsames Verständnis der Vollzugsaufgaben zu führen.

Der Vorentwurf wurde aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung und der Gespräche mit den Kantonen in folgenden Punkten überarbeitet: ­

Abgrenzung des Geltungsbereichs (Art. 1): In Artikel 1 wird in einem neuen Absatz 3 darauf hingewiesen, dass das neue Gesetz nur dann anwendbar ist, wenn der Schutz nach Artikel 1 Absatz 1 nicht durch Vorschriften in anderen Bundeserlassen gewährleistet ist. Es handelt sich dabei um eine Kollisionsnorm, welche eine Signalwirkung auf das Ausführungsrecht hat, in welchem den Abgrenzungsfragen besondere Beachtung zu schenken ist.

­

Systematisch korrekte Platzierung einer Vollzugsaufgabe des Bundes (Art. 8 und 9): Der Bundesrat soll für Kontrollen von Teilbereichen der Massnahmen nach Artikel 4 den Bund für zuständig erklären (Massnahmen bei gesundheitsgefährdenden Expositionen). Diese Bestimmung hat in der Vernehmlassung für Verwirrung gesorgt und soll nun systematisch richtig in Artikel 8 Absatz 2 aufgenommen werden (vgl. Erläuterungen zu Art. 8).

488

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­

Streichung der Übertragung von Vollzugsaufgaben auf Dritte (Art. 10 Vernehmlassungsvorlage): Die Übertragung von Vollzugsaufgaben des Bundes auf Dritte hat sich nach nochmaliger Prüfung der Vollzugsaufteilung beziehungsweise der Kompetenzen von Bund und Kantonen als nicht notwendig erwiesen. Allfällige Expertisen für den Vollzug können auch über einfache Dienstleistungsverträge eingeholt werden.

­

Ergänzung des Massnahmenkatalogs (Art. 10 Abs. 3): In Artikel 10 Absatz 3 wird der Massnahmenkatalog mit einem neuen Buchstaben e ergänzt (vgl.

Erläuterungen zu Art. 10 Abs. 3 Bst. e).

­

Neuformulierung des Gebührenartikels (Art. 11): In Absatz 1 wird festgehalten, dass Kontrollen und Massnahmen, die nach diesem Gesetz ergehen, grundsätzlich gebührenpflichtig sind. Allerdings wird der Bundesrat gemäss Absatz 2 nur dort Gebühren erheben, wo die Kontrollen zu Beanstandungen geführt haben.

­

Neuformulierung des Datenschutzartikels (Art. 12): Eine Überprüfung des Datenschutzartikels führte zu einer Neuformulierung. Auf einen Absatz 3 (Amtshilfe) wurde verzichtet, da Amtshilfesituationen für den Vollzug dieses Gesetzes nicht zu erwarten sind (vgl. Erläuterungen zu Art. 12). Da weder besonders schützenswerte Daten bearbeitet werden noch ein automatisiertes Abrufverfahren notwendig ist, konnten die entsprechenden Bestimmungen ersatzlos gestrichen werden.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Der Gesetzesentwurf umschreibt die Aufgaben, welche dem Bund durch den Erlass dieses Gesetzes entstehen. Neben der Beschaffung der für den Vollzug erforderlichen wissenschaftlichen Grundlagen (Art. 6) sorgt das Bundesamt für Gesundheit für die Information der Öffentlichkeit über gesundheitsrelevante Auswirkungen und Risiken von NIS und Schall (Art. 7). Dazu kommen die eigentlichen Vollzugsaufgaben für den Bund (Art. 8).

Die finanziellen Auswirkungen dieser Aufgaben auf den Bundeshaushalt (wie auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten) werden unter Ziffer 3 im Detail dargestellt.

1.5

Rechtsvergleich

1.5.1

Internationale Entwicklungen

International besteht derzeit keine Einigkeit, wie die Gesetzgebung nichtionisierende Strahlung und Schall behandeln soll. Manche Staaten arbeiten mit eigenen Erlassen, andere erweitern die Strahlenschutz- oder die Spezialgesetzgebung. Zudem variiert auch der Regelungsumfang stark: Manche Staaten verzichten auf eine Gesetzgebung, andere regeln die Problematik sehr umfassend und detailliert, weitere gehen das Thema pragmatisch an.

489

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Deutschland Das deutsche Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung (NiSG) betrifft schädliche Wirkungen medizinisch angewendeter oder gewerblich eingesetzter Anlagen (Kosmetikbereich). Es umfasst auch den Ultraschall. Im medizinischen Bereich darf zugelassenes und fachkundiges ärztliches Personal die Grenzwerte nur nach einer Nutzen-Risiko-Bewertung überschreiten. Das Gesetz legt zudem fest, dass Minderjährigen die Benutzung von Solarien nicht gestattet werden darf. Seit dem 1. Januar 2012 ist die zugehörige «Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen künstlicher ultravioletter Strahlung»31 in Kraft. Die Bundesländer kontrollieren, ob diese rechtlichen Vorgaben eingehalten sind.

Frankreich Das Dekret 2002-77532 regelt die maximale Exposition der Bevölkerung und der Umwelt vor elektromagnetischen Feldern im Telekommunikationsbereich. Das Dekret 2011-382 verbietet gefährliche kosmetische Anwendungen mit Ultraschall, Lasern, Infrarot und EMF. Das Dekret 97-617 betrifft Solarien und basiert auf der Norm EN 60335-2-27. Es verlangt qualifiziertes Bedienungspersonal, die Information der Kundinnen und Kunden über die Risiken von UV, eine Meldepflicht sowie eine behördliche Kontrolle der Solarien.

Österreich Wie es in Deutschland der Fall ist, müssen auch österreichische Gewerbetreibende dafür sorgen, dass Minderjährige keine Solarien benutzen33. Die Verordnung über das Inverkehrbringen von Laserpointern (LaserpointerV) hält fest, dass nur Laserpointer der Klassen 1 und 2 in Verkehr gebracht werden dürfen.

USA Auf nationaler Ebene bestehen umfangreiche Vorschriften zu nichtionisierender Strahlung. Der «Federal Food, Drug and Cosmetic Act» enthält Vorschriften zu Medizin- und Gebrauchsprodukten34, die nichtionisierende Strahlung, Schall, Infraschall oder Ultraschall abgeben35. Einzelne Staaten regeln ergänzend Laserstrahlung, hochfrequente Strahlung, UV oder intensiv gepulstes Licht.

Australien Die «National Directory for Radiation Protection (NDRP)» zum Schutz vor Strahlung regelt beispielsweise den Betrieb von Solarien36. Ergänzend dazu gibt es diverse Regelungen, die beispielweise den Umgang mit Lasern (AS/NZS 2211.1 ­ 1997), 31 32 33 34 35 36

490

Vgl. http://www.bgbl.de > mobile Version > Bürgerzugang > 2011 > Nr. 37 > Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen künstlicher UV-Strahlung Vgl. www.legifrance.gouv.fr/ > les autres textes BGBl. II Nr. 106/2010 Vgl. www.fda.gov > Radiation-Emitting Products > Electronic Product Radiation Control Program > Laws and Regulations (Radiation-Emitting Products) 21 USC 301, abrufbar unter: http://www.fda.gov/ > Regulatory Information > Legislation > Federal Food, Drug, and Cosmetic Art (FD&C Act)/ Vgl. www.arpansa.gov.au > Publication > National Directory for Radiation Protection > Amendement No 4

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die ultraviolette Strahlung oder die elektromagnetischen Felder (Radiation Health Series No. 29 f.) betreffen37. Einzelne Territorien haben eigene Vorschriften, so z.B.

Queensland38 zu Laserbehandlungen oder South Australia zu Solarien. Der Import von Laserpointern mit mehr als 1 Milliwatt Leistung ist in Australien verboten, die gewerbliche Verwendung bedingt eine Ausnahmebewilligung. In Victoria und New South Wales gelten Laserpointer ab einer gewissen Stärke als verbotene Waffen resp. als gefährliche Gegenstände. Die Waffengesetzgebung von Western Australia verbietet die Produktion, den Verkauf und den Besitz von Laserpointern, welche die Laserklasse 2 übersteigen. In einem Staat (Western Australia) ist das Verbot zur kommerziellen Nutzung von Solarien noch in Planung, alle übrigen Staaten haben ein solches bereits eingeführt.

Brasilien In Brasilien gilt seit 2009 ein totales Solariumverbot.

1.5.2

Rechtliche Situation in der EU

Die grundlegenden Dokumente zum Gesundheitsschutz in Bezug auf NIS in der EU sind die Empfehlung 1999/519/EG des Rates zur «Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz ­ 300 GHz)39» sowie zwei Richtlinien «über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen»: elektromagnetische Felder40 und künstliche optische Strahlung41. In diesen Dokumenten haben die Grenzwertempfehlungen der «International commission on nonionizing radiation protection» (ICNIRP) Eingang gefunden, die einen Schutz vor wissenschaftlich nachgewiesenen gesundheitsschädlichen Auswirkungen von NIS bieten sollen. Im Bereich der EMF sind dies akute Auswirkungen starker Felder. Im optischen Bereich (bei UV-Strahlung) empfiehlt die ICNIRP zusätzlich zur Begrenzung der Exposition die Umsetzung von Präventionsmassnahmen.

Die Sicherheit von Laserpointern, die Verbraucherinnen und Verbrauchern in der EU angeboten werden (bei diesen Pointern handelt es sich um batteriegetriebene Geräte und kein Spielzeug), wird durch die Richtlinie 2001/95/EG42 über die allgemeine Produktsicherheit (RaPS) geregelt. Gemäss dieser Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass die Hersteller nur sichere Produkte auf den Markt bringen.

37 38 39 40 41 42

Vgl. www.arpansa.gov.au > Publication > Radiation Health Series > No. 29 Vgl. www.health.qld.gov.au> health professional > radiation health and safety > Legislation, standards and information > Radiation safety standards Vgl. eur-lex.europa.eu > EUROPA > EU law and publications > EUR-Lex > Suchbegriff eingeben > 1999/519/EG Vgl. eur-lex.europa.eu > EUROPA > EU law and publications > EUR-Lex > Suchbegriff eingeben > 1999/519/EG physikalisch Vgl. eur-lex.europa.eu > EUROPA > EU law and publications > EUR-Lex > Suchbegriff eingeben > 1999/519/EG optisch Vgl. eur-lex.europa.eu > EUROPA > EU law and publications > EUR-Lex > Suchbegriff eingeben: Richtlinie 2001/95/EG

491

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Eine explizite Bestimmung, welche die Einfuhr, Durchfuhr, die Abgabe und den privaten Besitz von Produkten in der EU verbietet, existiert nicht. Die Marktüberwachungsbehörden in den Mitgliedstaaten sind jedoch verpflichtet sicherzustellen, dass gefährliche Laserpointer nicht auf den EU-Markt gelangen. Auf europäischer Ebene werden angemessene Massnahmen getroffen, um die gegenwärtigen diesbezüglichen Bemühungen der Mitgliedstaaten zu verstärken. So hat die EU im Jahr 2011 ein Kooperationsprojekt der Marktüberwachungsbehörden von 10 Mitgliedstaaten finanziert; derzeit laufen Gespräche mit den Mitgliedstaaten über die Möglichkeit, im Rahmen der RaPS eine neue europäische Norm, die Sicherheitsvorschriften enthalten würde, auszuarbeiten oder eine bestehende europäischen Norm zu aktualisieren. Aus diesen Bemühungen resultierte der Beschluss der Kommission vom 5.

Februar 2014 über Sicherheitsanforderungen43, denen europäische Normen für Lasereinrichtungen für Verbraucher gemäss der Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates genügen müssen (2014/59/EU).

Für die Umsetzung der oben erwähnten europäischen Richtlinien wurden die europäischen Standardisierungsorganisationen beauftragt, in den Bereichen Elektrotechnik, Informationstechnik und Telekommunikation europäische harmonisierte technische Normen auszuarbeiten. Diese sollen gemäss dem new and global approach einerseits die grundlegenden Anforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz garantieren und andererseits der Industrie den grösstmöglichen Handlungsspielraum gewähren, um die Konformität des Produkts mit diesen grundlegenden Anforderungen nachweisen zu können.

1.6

Umsetzung

Der Bundesrat wird das Verordnungsrecht zu den Artikel 3­5 ausarbeiten und dabei insbesondere die Verbote von Ein- und Durchfuhr, Abgabe, Besitz und die nötigen Verwendungsbeschränkungen festlegen müssen. Nur starke Laserpointer sind von einem Verbot betroffen. Der Bundesrat sieht momentan keine anderen Produkte vor, die verboten werden sollen. Im Weiteren sind auch hinsichtlich der Verwendung von Produkten und hinsichtlich gesundheitsgefährdender Expositionen weitergehende Bestimmungen nötig.

1.7

Erledigung der parlamentarischen Vorstösse

Parallel zu den Vorarbeiten des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) und des BAG zu diesem Gesetz wurden verschiedene parlamentarische Vorstösse eingereicht.

Das Postulat Bugnon 10.3776 «Massnahmen gegen gefährliche Laser» vom 30. September 2010 verlangt, dass der Bundesrat die notwendigen Massnahmen zur Regulierung des Verkaufs von gefährlichen Geräten evaluiert, die Laserstrahlen 43

492

Vgl. eur-lex.europa.eu > EUROPA > EU law and publications > EUR-Lex > Suchbegriff eingeben: Richtlinie 2014/59/EU

BBl 2016

aussenden, bevor jemand durch einen schwerwiegenden Unfall zu Schaden kommt.

Es soll sichergestellt werden, dass nur noch Fachpersonen solche Geräte mit starker Leistung erwerben können. Der Nationalrat hat am 17. Dezember 2010 das Postulat angenommen. Mit der Überweisung der Botschaft wird die Abschreibung dieses Postulates beantragt.

Die Motionen Wyss 10.3485 und Kiener Nellen 11.3593 fordern beide die Einrichtung einer Deklarationspflicht für die elektromagnetischen Felder von Energiesparlampen (Motion Wyss) oder für alle Geräte, die NIS oder Schall aussenden (Motion Kiener Nellen). Die Motionen wurden vom Bundesrat am 8. September 2010 bzw.

am 31. August 2011 zur Ablehnung beantragt. Der Nationalrat hat die beiden Motionen abgeschrieben, weil seit mehr als zwei Jahren hängig. Im Rahmen der Vorarbeiten zu diesem Gesetz wurde die Möglichkeit einer Deklarationspflicht nochmals geprüft und verworfen, da die heutige Gesetzgebung bereits zwei Möglichkeiten für eine Deklarationspflicht vorsieht (vgl. Art. 3 Abs. 4 Bst. e PrSG und Art. 2­4 Konsumenteninformationsgesetz vom 5. Oktober 199044 [KIG]). Allerdings müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein, damit aufgrund des KIG eine Deklarationspflicht eingeführt werden kann: ­

Die betroffenen Organisationen der Wirtschaft und der Konsumenten vereinbaren, welche Waren in welcher Form deklariert werden müssen.

­

Der Bundesrat kann nach Anhören der betroffenen Organisationen der Wirtschaft und der Konsumenten die Deklaration nur dann durch eine Verordnung regeln, wenn innert angemessener Frist keine Vereinbarung zustande gekommen ist oder eine Vereinbarung unzureichend erfüllt wird.

Die Motion Fridez 12.3157 fordert die Schaffung einer Gesetzesgrundlage, mit der Minderjährigen untersagt wird, öffentliche Solarien zu benutzen. Die Motion wurde am 11. September 2013 zurückgezogen. Mit dem vorliegenden Entwurf wird es zukünftig möglich sein, den Betreiber von Solarien in die Pflicht zu nehmen, Minderjährigen den Zutritt zu Solarien zu verweigern (Ziff. 2 Erläuterungen zu Art. 3).

Die Motion Stolz 13.3847 vom 26. September 2013 fordert die Schaffung gesetzlicher Grundlagen, um den Besitz und die Anwendung von handgeführten Lasern unter Strafe zu stellen und Laserpointer ab einer bestimmten Klasse als Waffe zu definieren. Die Motion wurde im Nationalrat noch nicht behandelt bzw. abgeschrieben, weil sie seit mehr als zwei Jahren hängig ist. Mit dem neuen Gesetz erhält der Bundesrat die Kompetenz, Verbote für die Einfuhr, die Durchfuhr, die Abgabe sowie den Besitz vorzusehen. Allerdings gelten starke Laserpointer weiterhin nicht als Waffen.

Die Motion Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen-NR (13.072) 14.3000 fordert eine Bestimmung im Strafgesetzbuch, welche die Gefährdung von betroffenen Personen wie Pilotinnen oder Piloten, Lastwagenfahrerinnen und Lastwagenfahrer, öffentliches Personal, Passantinnen oder Passanten vor Laserpointern sanktioniert. Der Bundesrat hat die Ablehnung der Motion beantragt mit der Begründung, dass im Strafgesetzbuch bereits hinreichende Vorschriften zum Schutz von Leib und Leben vor konkreten Gefahren bestehen und keine Strafbarkeitslücke ersichtlich ist.

44

SR 944.0

493

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Im Weiteren hält er fest, dass entsprechende Strafnormen als abstrakte Gefährdungsdelikte in einer Spezialgesetzgebung im Nebenstrafrecht aufgenommen werden müssen. Er verweist dabei auf die laufenden Arbeiten zum vorliegenden Gesetz.

Die Motion wurde im Nationalrat angenommen, im Ständerat jedoch abgelehnt. Mit dem vorliegenden Gesetz soll der Bundesrat nun die Kompetenz erhalten, die Einund Durchfuhr, die Abgabe sowie den Besitz von gefährlichen Laserpointern zu verbieten. Ein Verstoss gegen diese Verbote soll zudem unter Strafe gestellt werden.

2 Art. 1

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln Zweck und Geltungsbereich

Absatz 1: Zweck des neuen Gesetzes ist es, Menschen vor gesundheitsgefährdender NIS und Schall zu schützen. Der Zweckartikel ist umfassend formuliert, weil die im neuen Gesetz zu regelnden Gefährdungen Querschnittsapsekte betreffen. Da eine Vielzahl an Bundeserlassen teilweise dasselbe Ziel verfolgt wie das neue Gesetz, werden der Gegenstand und die Anwendbarkeit des neuen Gesetzes in den Absätzen 2 und 3 deutlich eingeschränkt. Das Ausführungsrecht des neuen Gesetzes muss diesen Einschränkungen Rechnung tragen.

Bei der Verwendung von Produkten oder in Expositionssituationen, die eine NISoder Schallbelastung mit sich bringen, darf die Gesundheit von Menschen nicht oder höchstens geringfügig gefährdet werden. Das neue Gesetz weist diesbezüglich das gleiche Schutzniveau wie das PrSG auf. Es lässt geringfügige Gefährdungen zu, sofern sie unter Wahrung eines hohen Schutzniveaus die Gesundheit und Sicherheit von Personen nicht beeinträchtigen. Das neue Gesetz schützt die Menschen, unabhängig davon, ob sie der Strahlung oder dem Schall bewusst oder unbewusst beziehungsweise absichtlich oder unabsichtlich ausgesetzt sind.

Absatz 2 Buchstabe a: Das Inverkehrbringen von Produkten, die NIS oder Schall funktionsbedingt oder als Nebenprodukt erzeugen, wird durch das PrSG und die sektoriellen Erlasse geregelt (siehe dazu auch Erläuterungen zu Art. 1 Abs. 3). Über das PrSG hinausgehend soll das neue Gesetz die herstellerkonforme und sachkundige Verwendung dieser Produkte regeln können. Die Verwendung umfasst sowohl die eigentliche Verwendungstätigkeit als auch weitere Tätigkeiten, wie beispielsweise die Wartung beziehungsweise die Instandhaltung.

Absatz 2 Buchstabe b: Das neue Gesetz enthält ebenfalls Bestimmungen zu gesundheitsgefährdenden Expositionssituationen. Darunter fallen sowohl Veranstaltungen mit hohen Schall- und Laserexpositionen als auch andere Situationen, bei denen Menschen allenfalls durch mehrere, gleichzeitig wirkende (multiple) NIS- oder Schallquellen exponiert werden.

Absatz 2 Buchstabe c: Das neue Gesetz schafft die Grundlage, um das notwendige Wissen zu beschaffen, damit die Öffentlichkeit über gesundheitsrelevante Auswirkungen von NIS oder Schall sowie über gezielte Schutzmassnahmen adäquat und rechtzeitig informiert werden kann.

494

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Absatz 3: Das neue Gesetz soll stimmig in die bestehende Gesetzeslandschaft eingebettet werden. Es gilt, Doppelspurigkeiten zu bereits bestehenden Erlassen auf Gesetzes- und auf Verordnungsstufe zu vermeiden. Zentral ist deshalb die Abgrenzung dieses Gesetzes (und seines Ausführungsrechts) zu Erlassen, welche aus Sicht des Gesundheitsschutzes bereits Bestimmungen nach Absatz 1 enthalten. Diese Bestimmungen lässt das neue Gesetz unberührt. Das neue Gesetz soll nur ergänzende Regelungen zu bereits bestehenden Erlassen vorsehen. So ist es beispielsweise nicht vorgesehen, die horizontalen (PrSG) oder spezialgesetzlichen Bestimmungen (HMG, LMG, WG, EleG) zum Inververkehrbringen von Produkten zu ergänzen.

Ebenfalls nicht Gegenstand des neuen Gesetzes sind Regelungen zu Einwirkungen, die von ortsfesten Anlagen oder von damit gleichgestellten Geräten, Maschinen, Fahrzeugen etc. ausgehen und über ein Umweltmedium verbreitet werden. Solche Einwirkungen werden unter dem USG geregelt (z.B. der Schutz Dritter gegenüber der Strahlung von Sendeanlagen oder gegenüber dem Lärm von Laubbläsern). Und schliesslich soll auch der Schutz von Arbeitnehmenden vor Gefährdungen durch NIS oder Schall nicht erfasst werden. Dieser Aspekt wird durch das ArG und das UVG vollumfänglich abgedeckt.

In engem Zusammenhang mit dem Regelungskatalog von Absatz 2 und im Vergleich zu Absatz 3 ist die Kompetenznorm von Artikel 5 besonders zu erwähnen.

Der Bundesrat soll nach Artikel 5 künftig für besonders gefährliche Produkte, bzw.

für besonders gefährliche Verwendungen, die ihre Wirkung durch nichtionisierende Strahlung oder Schall erzeugen, absolute Verbote erlassen können (siehe Erläuterungen zu Art. 5). Solche Verbote, welche den Regelungskatalog von Absatz 2 ergänzen können, sind aufgrund der aussergewöhnlichen Gefährdung, die das Produkt oder die Verwendung herbeiführt, ein letztes Mittel, die Gesundheit zu schützen. Absatz 3 entfaltet als Kollisionsnorm indirekte Wirkung auf das zu erlassende Ausführungsrecht. Dabei ist einer sauberen Abgrenzung zum bestehenden Recht besondere Beachtung zu schenken.

Art. 2

Begriffe

Buchstabe a: Dieses Gesetz definiert nichtionisierende Strahlung (NIS) als elektromagnetische Felder mit einer Wellenlänge von grösser als 100 Nanometer. Bei elektromagnetischen Feldern unter 100 Nanometer spricht man von ionisierender Strahlung (z.B. Röntgenstrahlung). Damit schliesst das neue Gesetz lückenlos an den Geltungsbereich der Strahlenschutzgesetzgebung an, welche die ionisierende Strahlung abdeckt. Diese elektromagnetischen Felder teilen sich in zwei Bereiche auf: ­

Die ultraviolette Strahlung (UV), das sichtbare Licht und die infrarote Strahlung bilden den energiereicheren Bereich der NIS und werden unter dem Begriff der optischen Strahlung zusammengefasst. Typische Quellen optischer Strahlung sind die Sonne, Lampen, Laser oder Solarien.

­

Die nicht unter die optische Strahlung fallenden elektromagnetischen Felder bilden den energieärmeren Bereich der NIS und werden vor allem technisch erzeugt. Obwohl sie nur einen Teilbereich der elektromagnetischen Felder darstellen, werden sie in der Technik in Ermangelung eines spezifischen

495

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Begriffs ebenfalls als elektromagnetische Felder bezeichnet. Da sich diese Terminologie international durchgesetzt hat, kommt sie auch unter dem neuen Gesetz zum Tragen. Folgende EMF-Bereiche werden unterschieden: Hochfrequente und somit schnell schwingende EMF kommen vor allem bei Technologien vor, die mittels Funkstrahlen Informationen übertragen. Niederfrequente und somit langsam schwingende EMF treten bei allen elektrischen Geräten auf, die ans Stromnetz angeschlossen sind. Statische und somit nicht schwingende EMF kommen bei Permanentmagneten oder in der medizinischen Diagnostik bei Magnetresonanztomographen (MRT) vor.

Viele der alltäglichen Produkte wie beispielsweise Elektromotoren, Handys oder Induktionskochherde erzeugen EMF gezielt, um funktionieren zu können. Die EMF anderer Produkte, beispielsweise von Lampen, entstehen konstruktionsbedingt und tragen nichts zur eigentlichen Funktion der Produkte bei.

Buchstabe b: Der Schall ist eine Druckwelle jeglicher Wellenlänge, die sich in einem physikalischen Medium mit beliebigen Eigenschaften ausbreitet. Der Schall unterteilt sich je nach Frequenz in drei Bereiche: Der Hörschall umfasst diejenige Frequenzen, die das Gehör wahrnimmt. Ultraschall und Infraschall umfassen die für Menschen nicht hörbaren Frequenzbereiche ober- bzw. unterhalb des Hörschalls.

Typische Quellen für Ultraschall sind medizinische Ultraschalldiagnosegeräte sowie medizinische oder kosmetische Ultraschallanwendungen, die beispielsweise bei Schlankheitsbehandlungen zum Einsatz kommen.

Buchstabe c: Der Produktebegriff des neuen Gesetzes entspricht grundsätzlich demjenigen des PrSG, beschränkt sich aber auf NIS oder schallerzeugende Produkte.

Dabei spielt es keine Rolle, ob NIS oder Schall gezielt für die Funktion des Produktes produziert wird oder konstruktionsbedingt durch den Betrieb des Produktes entsteht. Ein Produkt im Sinne dieses Gesetzes stellt demnach eine verwendungsbereite bewegliche Sache dar, die NIS oder Schall erzeugt, auch wenn sie Teil einer anderen beweglichen oder unbeweglichen Sache ist. Analog dem PrSG fallen in Bauwerke eingebaute NIS- oder schallerzeugende Teile und Komponenten unter dieses Gesetz, nicht jedoch die Bauwerke selber. Der Begriff «Produkt» steht im neuen Gesetz nicht nur für einzelne Produkte, sondern auch für ganze Produktegruppen
wie beispielsweise alle handgeführten Laserpointer einer bestimmten Laserklasse. Das Gesetz schliesst alle Produkte in den Geltungsbereich ein, die NIS oder Schall erzeugen. Es beinhaltet nicht nur diejenigen Produkte, die bei der Verwendung ein Gefährdungspotenzial aufweisen, sondern auch solche, die nicht gefährlich sind. Die Artikel 6 und 7 ermöglichen es dem Bund, zu Produkteverwendungen, deren gesundheitliche Auswirkungen unsicher sind, Wissen zu beschaffen und bei öffentlichem Interesse die Bevölkerung zu informieren. Das neue Gesetz sieht allerdings nur dort konkrete Massnahmen vor, wo eine Gesundheitsgefährdung vorhanden ist.

Art. 3

Verwendung von Produkten

Die heutige Produktesicherheitsgesetzgebung fordert für Produkte, dass sie bereits durch ihren konstruktiven Aufbau so sicher sind, dass sie ­ normal oder vernünftigerweise vorhersehbar verwendet ­ die Sicherheit oder Gesundheit der Verwende496

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rinnen und Verwender sowie Dritter nicht oder nur geringfügig gefährden. Solche Produkte benötigen normalerweise weder spezifische Sicherheitsvorgaben seitens des Herstellers noch eine spezifische Sachkunde der Verwenderinnen und Verwender. Die meisten der heute gehandelten NIS- oder Schall-Produkte im Publikumsbereich gehören zu dieser Produktekategorie. Sie führen zu NIS- und Schallbelastungen, die in jedem Betriebsfall unter den entsprechenden Grenzwerten liegen und die somit die Gesundheit nicht gefährden. Diese durch ihre Konstruktion sicheren Produkte fallen nicht unter diesen Artikel, sofern ihre Sicherheitsvorgaben weder NIS noch Schall betreffen.

Artikel 3 betrifft somit ausschliesslich Produkte, die bei unsachgemässer Verwendung die Grenzwerte für NIS- oder Schall-Expositionen überschreiten und dadurch die Gesundheit potenziell gefährden. Diese Produkte sind nur dann sicher, wenn alle vom Hersteller vorgesehenen Sicherheitsvorgaben wie Sicherheitsvorrichtungen, Installations-, Bedienungs- und Wartungsanleitungen oder Warnungen beachtet werden oder wenn sie von einer speziell geschulten sachkundigen Person verwendet werden.

Absatz 1 verpflichtet Personen, die ein Produkt installieren, verwenden oder warten, die herstellerseitigen Sicherheitsvorgaben wie Sicherheitsvorrichtungen, Installations-, Bedienungs- und Wartungsanleitungen oder Warnungen während der praktischen Verwendung anzuwenden respektive zu befolgen. Diese Sorgfaltspflicht ermöglicht es, dass alle Sicherheitselemente eines Produktes auch tatsächlich zum Tragen kommen; sie betrifft alle Phasen nach dem Inverkehrbringen mit Ausnahme der Entsorgung. Typisches Beispiel ist das Solarium, dessen UV-Strahlung auf die verschiedenen Hauteigenschaften der Kundschaft abgestimmt sein muss, damit Bräunungseffekte auftreten, die Haut aber nicht verbrannt wird. Falls Solarienanbieter diese Geräte falsch installieren, warten oder betreiben oder kundenspezifische Risikofaktoren nicht beachten, können für empfindliche Kundinnen und Kunden Gesundheitsgefährdungen entstehen. Diese Gefährdungen lassen sich konstruktiv nicht beseitigen und müssen durch Installations-, Bedienungs- und Wartungsanleitungen und Warnungen so entschärft werden, dass das potenziell unsichere Solarium keine Gefährdung mehr darstellt. Solarienbesuche durch Minderjährige
oder andere gefährdete Personengruppen können in Anwendung von diesem Artikel verhindert werden. Die Betreiber von Solarien sind nämlich verpflichtet, die Sicherheitsvorgaben des Solarienherstellers zu befolgen, damit die Gesundheit der Kundinnen und Kunden durch den Solarienbetrieb nicht oder höchstens geringfügig gefährdet wird.

Zu diesen Sicherheitsvorgaben gehören die Angaben des Herstellers in der Bedienungsanleitung, die bei Solarien durch die harmonisierte europäische Produktenorm für Hautbestrahlungsgeräte45, welche aufgrund der Produktesicherheitsgesetzgebung auch in der Schweiz beim Inverkehrbringen mitzuliefern ist, klar definiert werden.

Jede Bedienungsanleitung eines normkonformen Solariums muss diejenigen Personengruppen auflisten, die Solarien nicht benutzen dürfen. Dazu gehören gemäss der erwähnten europäischen Produktenorm u.a. Personen, die unter 18 Jahre alt sind. Es ist vorgesehen, dass der Bundesrat im Ausführungsrecht die sich aus dieser Norm 45

SN EN 60335-2-27: 2010. Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zweck ­ Teil 2­27: Besondere Anforderungen für Hautbestrahlungsgeräte mit Ultraviolett- und Infrarotstrahlung.

497

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ergebenden Pflichten des Solariumbetreibers hinsichtlich Information, Kontrolle und weiterer Massnahmen konkretisiert und damit sicherstellt, dass Solarienbesuche durch Minderjährige wirksam verhindert werden.

Absatz 2 betrifft gewerblich oder beruflich eingesetzte Produkte, die aufgrund ihrer hohen Leistung die Gesundheit exponierter Menschen gefährden können, sofern sie unsachgemäss verwendet werden. Dabei handelt es sich um Produkte, die erhöhte Anforderungen an ihre Bedienung voraussetzen. Diese Produkte sind vielfach dafür konzipiert, Menschen mit NIS oder Schall zu exponieren, um gewünschte Effekte hervorzurufen. Die eingesetzten NIS- oder Schallbelastungen liegen deshalb oft weit über den Grenzwerten, die für die Sicherheit von Publikumsprodukten gelten. Beispiele dazu sind Produkte für kosmetische Haut- oder Schlankheitsbehandlungen mit optischer Strahlung oder Ultraschall sowie Wellnessprodukte, die mit starken Magnetfeldern arbeiten. Ebenfalls unter diesen Artikel fallen leistungsstarke Produkte, die bei Konzerten, in Clubs oder Diskotheken als Publikumsattraktion zum Einsatz kommen. Beispiele sind Produkte für Laser- oder Lichtshows bei Veranstaltungen, die mit starker optischer Strahlung sichtbare Bilder in Räume oder Bereiche projizieren, in denen sich das Publikum aufhält. Ziel der Bestimmung ist es nicht, diese potenziell gefährlichen Angebote zu verbieten. Stattdessen sollen sie auf ein stabiles fachliches und rechtliches Fundament gestellt werden. Personen, die solche Produkte verwenden, müssen die möglichen Gefahren kennen, sicher mit ihnen umgehen können und allen zusätzlichen Anforderungen gewachsen sein, die eine sichere Bedienung erfordern. Zu diesem Zweck müssen sie fähig sein, alle herstellerseitigen Sicherheitsvorgaben umsetzen zu können. Zudem müssen sie sich alle weitergehenden Sachkenntnisse und Ausbildung, die für die sichere Verwendung nötig sind, angeeignet haben. Dementsprechend sind solche Produkte nicht für Konsumentinnen oder Konsumenten bestimmt, sondern sollen ausschliesslich dem sachkundigem Fachpersonal aus dem gewerblichen oder beruflichen Bereich vorbehalten bleiben.

Mit Buchstabe b kann der Bundesrat den Einbezug einer geeigneten Fachperson verlangen. Im Vordergrund stehen dabei gewerblich angebotene kosmetische Behandlungen mit Laserstrahlen, gepulstem
Licht oder Ultraschall, für die in gewissen Fällen eine medizinische Anamnese notwendig ist.

Absatz 3 gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, Anforderungen an die Ausbildung für den Sachkundenachweis festzulegen. Der Bundesrat muss dabei die OdA und entsprechende Ausbildungsinstitutionen mit einbeziehen, sofern die Anforderungen an den Sachkundenachweis an die Berufsbildung geknüpft sind. Diese einbezogenen Institutionen sollen die notwendige Sachkunde zuhanden des Bundesrates definieren, die erforderlichen Ausbildungsgänge zusammenstellen und die Ausbildungen gemäss dem Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 200246 (BBG) durchführen.

Bedarf für einen explizit vom Bundesrat festgelegten Sachkundenachweis besteht im Moment bei Veranstaltungen mit Lasershows. Die Anforderungen an die notwendige Sachkunde und Ausbildung sollen auf Basis bestehender internationaler Leitfäden verbindlich erklärt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass in Zukunft durch Planung, Design, Aufbau und Durchführung von Lasershows keine Gesundheitsge-

46

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SR 412.10

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fährdungen des Publikums mehr entstehen und Augenschäden durch Laserstrahlen vermieden werden.

Auf Verordnungsstufe ist darauf zu achten, dass der Bundesrat für die Einführung des Sachkundenachweises angemessene Übergangsfristen festgelegen wird.

Art. 4

Massnahmen bei gesundheitsgefährdenden Expositionen

Artikel 4 betrifft Situationen mit gesundheitsgefährdenden NIS oder SchallExpositionen, die nicht nur durch ein einzelnes Produkt verursacht werden. Dieser Artikel stellt nur Vorschriften für die Verwendung von Produkten auf. Dies ist beispielsweise an einer Veranstaltung mit hohen Schallpegeln der Fall. Die Schallexposition des Publikums setzt sich aus dem verstärkten Schall der eigentlichen Beschallungsanlage, dem verstärkten Schall der Bühnenlautsprecher, dem Direktschall von der Bühne, dem Publikumslärm sowie den raumbedingten Reflexionen und Überlagerungen all dieser Schallwellen zusammen. Die Gesundheitsgefährdung muss deshalb am Ort beurteilt werden, an dem all diese verschiedenen Schallexpositionen zusammentreffen und an welchen Personen exponiert werden. Für Veranstaltungen sind solche Expositionen heute teilweise durch die SLV geregelt, die sich auf das USG stützt. Mit Artikel 4 wird die rechtliche Grundlage für die SLV erweitert.

Momentan lässt die SLV Lücken offen, da sie nur elektronisch verstärkten Schall und keine unverstärkten Schallquellen betrifft, keine Grundlage für die Abgabe von Gehörschützen an das Publikum enthält und sie zudem keine Sanktionsmöglichkeiten für Veranstalter vorsieht und keine Sachkunde für Betreiber von Lasershows fordern kann. Es ist denkbar, dass in Zukunft, je nach Gefährdungspotenzial auch Veranstaltungen, bei denen andere NIS- oder Schall-Quellen vorkommen, auf der Basis des neuen Gesetzes geregelt werden können (beispielsweise Lichtshows).

Neben Veranstaltungen betrifft dieser Artikel weitere Situationen, in denen sich die einzelnen Expositionen durch mehrere gleichzeitig betriebene NIS- oder SchallProdukte überlagern. Da jedes Produkt einzeln den gesamten Grenzwert ausschöpfen darf, können in der Summe sehr hohe Belastungen entstehen.

Absatz 1 gibt dem Bundesrat die Kompetenz, für solche gesundheitsgefährdenden Situationen Bestimmungen zu erlassen, die das Zusammenwirken aller involvierten Produkte betreffen. Die Delegation ermöglicht es, die SLV neu auf Basis des NISSG zu erlassen.

Absatz 2 konkretisiert die möglichen Massnahmen. Sie sind nachfolgend am Beispiel der SLV dargestellt. Sie sind aber auch für andere Expositionssituationen adäquat, die sich nicht auf ein einzelnes Produkt zurückführen lassen.

Buchstabe a erlaubt dem Bundesrat, an
bestimmte Belastungswerte Massnahmen zu knüpfen und die Überwachung dieser Belastungswerte resp. der Massnahmen vorzusehen. Solche Belastungswerte umfassen Grenzwerte für die maximal zulässigen Expositionen sowie mit Auflagen verbundene Meldewerte, die ein bewährtes Instrument der SLV darstellen. Ebenfalls bewährt hat sich die Pflicht der Veranstalter, ab einem gewissen Belastungswert den Schallpegel einer Veranstaltung aufzuzeichnen. Sie soll deshalb beibehalten werden. Die erlassenen Grenzwerte stützen sich dabei auf den Stand von Wissen und Technik. Vorsorgewerte sind nicht vorgesehen.

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Buchstabe b sieht eine Informationspflicht bei Belastungen vor, die für empfindliche Personen oder bei länger andauernden Expositionen gesundheitsgefährdend sein können. Im Bereich der SLV ist eine solche Pflicht bei Veranstaltungen mit hohen Schallpegeln vorgesehen. Veranstalter müssen exponierte Personen deshalb über die Gefährdungen aufklären, sodass diese allfällige Schutzmassnahmen ergreifen können.

Gemäss Buchstabe c können Schutzmassnahmen vorgesehen werden. Bei der SLV handelt es sich dabei um die Pflicht von Veranstaltern, dem Publikum gratis Gehörschütze anzubieten und weniger stark belastete Ausgleichszonen zur Verfügung zu stellen. Zusammen mit den in Buchstabe b beschriebenen Pflichten bieten diese Massnahmen exponierten Personen die Möglichkeit, sich eigenverantwortlich vor hohen Belastungen zu schützen.

Buchstabe d sieht eine Meldepflicht explizit nur für Veranstaltungen vor, da sich diese Pflicht beim Vollzug der SLV bei Veranstaltungen mit hohen Schallpegeln und Laser bewährt hat.

Art. 5

Verbote

Der technische Fortschritt und die Miniaturisierung der Leistungselektronik haben in den letzten Jahren zu Produkten geführt, die sehr starke NIS- oder Schallbelastungen erzeugen und dadurch die Gesundheit erheblich gefährden. Wenn bei solchen Produkten keine anderen Massnahmen erfolgsversprechend sind, soll der Bundesrat diese Gefährdungen in Zukunft, in Ergänzung zu den bisher zur Verfügung stehenden Massnahmen anderer Bundeserlasse, mittels gezielter Verbote auf das vom PrSG angestrebte Schutzniveau senken können.

Buchstabe a: Die heutigen weltweiten, vielfach internetgestützten Vertriebskanäle machen es möglich, dass im Ausland hergestellte und dort teilweise verbotene Produkte in der Schweiz in den Verkehr gelangen. Zunehmend problematisch ist dabei im Zusammenhang mit NIS und schallerzeugenden Produkten der internetgestützte private Direkteinkauf im Ausland. Dieser wird vom PrSG und den übrigen Produktesicherheitserlassen nicht abgedeckt. Weiter kann es bei Massnahmen gegen gesamte Produktkategorien, wie gegen Laserpointer der Klassen 3B und 4, effizienter sein, wenn nicht nur das Inverkehrbringen, sondern auch die Ein- und Durchfuhr verboten werden. Das Ein- und Durchfuhrverbot, welches der Bundesrat für spezifische Produkte und Produktkategorien festlegen kann, soll deshalb sowohl Privatpersonen als auch gewerblichen und beruflichen Inverkehrbringern untersagen, besonders gefährliche Produkte oder Produktkategorien aus dem Ausland einzuführen oder einführen zu lassen. Damit können mit verhältnismässig wenig Aufwand bereits am Zoll besonders gefährliche Produkte und Produktkategorien von der Schweiz ferngehalten werden. Ein Abgabeverbot kann ferner dazu beitragen, dass diese Produkte und Produktkategorien auch nicht privat abgegeben oder sonst wie privat zur Verfügung gestellt werden. Ein Besitzverbot dient darüber hinaus dazu, besonders gefährliche Produkte, die in der Schweiz nicht im Umlauf sein dürfen, einfacher und konsequenter einziehen zu können. Es ergänzt somit wirkungsvoll die Instrumente bestehender Erlasse, die das Einziehen gefährlicher Produkte nur in besonders qualifizierten Fällen zulassen.

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Der Bundesrat orientiert sich bei der Prüfung der Notwendigkeit und Zulässigkeit eines Verbotes an internationalen Standards, insbesondere an denjenigen der EU.

Verbote nach Artikel 5 Buchstabe a dürfen vom Bundesrat nur beschlossen werden, wenn diese zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen notwendig sind und sie kein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Vertragsparteien darstellen. Ansonsten könnte mit solchen Verboten das Abkommen vom 22. Juli 197247 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verletzt werden (Art. 13 i.V.m. Art. 20 FHA). Auch sind bei der Ausarbeitung des Ausführungsrechts die Grundsätze des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 199548 über die technischen Handelshemmnisse (THG) und dessen Ausführungsbestimmungen zu berücksichtigen.

Die einzigen Produkte, die Buchstabe a zurzeit betrifft, sind die starken und sehr gefährlichen Laserpointer, deren Strahlung den gesundheitlichen Grenzwert für Augenschäden stark überschreitet; somit können diese Produkte die Gesundheit, aber auch die Sicherheit gefährden. Solche Laserpointer können aktuell ohne weiteres gewerblich oder privat aus dem Ausland importiert und anschliessend ohne Sicherheitsmassnahmen verwendet werden. Im Verbot mit eingeschlossen sind sämtliche produktespezifischen Zubehörteile wie beispielsweise Vorsatzlinsen oder Halterungen, die Laserstrahlen fokussieren, verstärken oder ausrichten. Zugelassen sind weiterhin ungefährliche, leistungsschwache Laserpointer, die als optische Zeigeinstrumente bei Präsentationen zum Einsatz kommen.

Da sich die Laserpointerproblematik nicht auf ein paar wenige gefährliche Produkte beschränkt, sondern alle Laserpointer ab einer gewissen Leistung miteinschliesst, müssen sich die Verbote sowohl auf Einzelprodukte als auch auf Produktegruppen beziehen können. Dieser Artikel bietet damit die Grundlage, die Allgemeinverfügung des Eidgenössischen Starkstrominspektorates (ESTI) vom 2. Mai 201149 abzulösen, die das gewerbliche Inverkehrbringen aller Laserpointer der zwei leistungsstärksten Laserklassen verbietet und nur als Übergangslösung dient, bis das neue Gesetz in Kraft tritt.

Das Ausführungsrecht wird für gerechtfertigte Verwendungen von Lasern bspw.

Sternwartenführungen
oder Laser, welche in Forschung, Industrie und Medizin unter kontrollierten Bedingungen eingesetzt werden, Ausnahmen vom Verbot vorsehen.

Buchstabe b gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, gewerbliche oder berufliche Produktverwendungen zu verbieten, die trotz aller denkbaren Sicherheitsvorkehrungen die Gesundheit von Menschen erheblich gefährden. Damit soll insbesondere verhindert werden, dass Medizinproduktverwendungen in den Kosmetik- oder Wellnessbereich migrieren, wenn ihre Problematik nur in einem grösseren medizinischen Verwendungskontext beherrschbar ist. Soweit die Problematik aber bereits mittels Einbezug medizinischer Fachpersonen oder mittels Sicherstellung der Sach47 48 49

SR 0.632.401 SR 946.51 Allgemeinverfügung des Eidgenössischen Starkstrominspektorates ESTI über das Verbot des Inverkehrbringens von handgeführten, batteriebetriebenen Lasern der Klassen 3B und 4 vom 2. Mai 2011. Abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Themen > Strahlung, Radioaktivität, Schall > Laser/IPL > Vorsicht Laserpointer

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kunde der Kosmetikerinnen beherrschbar ist, bietet Artikel 3 Absatz 2 eine genügende Handhabe, und ein Verbot nach Artikel 5 Buchstabe b ist nicht erforderlich.

Medizinische Verwendungen werden durch diese Bestimmung nicht tangiert.

Art. 6

Grundlagenbeschaffung

Artikel 6 bildet die Grundlage, um allfällige Massnahmen nach den Artikeln 3­5 zu beschliessen und umzusetzen sowie die Öffentlichkeit nach Artikel 7 unabhängig und gemäss aktuellem Wissensstand zu informieren.

Der grösste Teil der Finanzierung der Grundlagenbeschaffung soll über eine direkte Finanzierung im Rahmen der Ressortforschung oder Forschungsförderung der Bundesverwaltung erfolgen. Diese richtet sich nach Artikel 14 des Bundesgesetz vom 14. Dezember 201250 über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG). Nach Artikel 16 FIFG wird unter Ressortforschung die Forschung verstanden, die von der Bundesverwaltung initiiert wird, weil sie die Resultate dieser Forschung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. Darunter fällt gemäss Artikel 16 Absatz 2 Buchstabe d FIFG auch die Auftragsforschung. Da die Forschung der Bundesverwaltung durch das FIFG abgedeckt ist, reicht ein Verweis auf diese Rahmenregelung aus (vgl. Botschaft zum FIFG51).

Für die Grundlagenbeschaffung soll es möglich sein, auch weitere Fachbehörden des Bundes wie auch die bereits bestehende Eidgenössische Kommissionen für Lärmbekämpfung (EKLB) beizuziehen, um eine Expertise oder eine Zweitmeinung zu wissenschaftlichen Grundlagen oder Publikationen zu erhalten und damit die für den Vollzug nötigen Informationen zum Stand von Wissen und Technik zu ergänzen.

Der Einbezug erfolgt auf Mandatsebene im Auftrag des BAG.

Art. 7

Information der Öffentlichkeit

Die Information der Öffentlichkeit ist ein wichtiges Element dieses Gesetzes. Als Öffentlichkeit werden spezifische Zielgruppen wie beispielsweise die Bevölkerung, die Ärzteschaft, die Industrie, das Gewerbe, weitere involvierte Behörden sowie Betreiber von NIS- oder Schall-Anwendungen verstanden. Sie sollen mit zielgruppengerecht aufbereiteten und wissenschaftlich abgestützten Informationen über die im vorliegenden Gesetz geregelten Sachbereiche versorgt werden, die neben den schon angesprochenen Risiken auch über notwendige Massnahmen, Expositionen, gesundheitliche Erkenntnisse und rechtliche Aspekte Auskunft geben. Informationskanäle sind insbesondere das Internet, aber auch Informationsbroschüren, Medienmitteilungen und Artikel in Fachzeitschriften. Im Weiteren soll es dem Bund möglich sein, die Öffentlichkeit über Themen zu informieren, die zwar nicht direkt gesundheitliche Risiken betreffen, für die jedoch aus verschiedenen Gründen ein aktuelles Informationsbedürfnis besteht. Beispiel dazu sind vielfach thematisierte Fragen oder auch Ängste, ob Produkte oder weitere Situationen mit schwachen NISoder Schall-Expositionen gesundheitliche Risiken aufweisen. Angesichts der Anzahl Hautkrebsfälle, die pro Jahr in der Schweiz auftreten, soll das Gesetz mit Artikel 7 50 51

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SR 420.1 BB 2011 8827

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die Grundlage bieten, die Bevölkerung auf die Risiken im Zusammenhang mit der Sonnenexposition hinzuweisen.

Art. 8

Vollzug durch den Bund

Für das vorliegende Gesetz ist ein geteilter Vollzug zwischen Bund und Kantonen vorgesehen. Nach Absatz 1 vollzieht der Bund das Gesetz, soweit Artikel 9 im Sinne des Vollzugsföderalismus (Art. 46 Abs. 1 BV) die Vollzugsaufgaben vor Ort nicht den Kantonen überträgt. Dem Bund verbleiben damit vor allem Informationsaufgaben sowie die Kontrollen des Einfuhr- und Durchfuhrverbots nach Artikel 5. Letztere werden an die Zollverwaltung übertragen, die sowohl die gewerbliche als auch die private Ein- und Durchfuhr kontrollieren soll.

Das BAG soll zudem die Interessen im Gesundheitsschutz in internationalen Normierungsgremien direkt vertreten können. Entspricht ein Produkt den technischen Normen, so besteht die Vermutung, dass es den grundlegenden Anforderungen entspricht und somit sicher ist. In Normen, die den Bereich NIS oder Schall betreffen, spielen gesundheitliche Aspekte eine wesentliche Rolle. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass dieses vor allem bei Gesundheitsbehörden vorhandene Wissen aus Ressourcengründen nicht optimal in die Normierungsaktivitäten einfliesst. Einer spezifischen Grundlage im neuen Gesetz für die Mitwirkung des BAG in internationalen Normierungsgremien (u.a. International Electrotechnical Commission oder europäisches Komitee für elektrotechnische Normung) bedarf es nicht, da diese Grundlage mit der Organisationsverordnung vom 28. Juni 200052 für das Eidgenössische Departement des Innern bereits besteht.

Absatz 2: Obwohl die Kontrollen der Massnahmen nach Artikel 4 weitgehend in der Zuständigkeit der Kantone liegen (Art. 9 Bst. c), kann es in Bereichen, in welchen es spezielles Fachwissen oder Messinstrumente braucht sinnvoll sein, dass der Vollzug in der Zuständigkeit des Bundes liegt. Dies soll konkret für den Vollzug bei Lasershows der Fall sein. Der Vollzug bei Lasershows liegt heute bei den Kantonen, welchen dafür das Fachwissen und die Messinstrumente fehlen. Zudem sind grosse Lasershows oft in der ganzen Schweiz unterwegs und müssen jeweils in jedem Kanton neu gemeldet und beurteilt werden, was zu Doppelspurigkeiten und einem uneinheitlichen Vollzug führt. In den Gesprächen mit den Kantonen hat sich gezeigt, dass diese sie die Übertragung dieses Teils des Vollzugs an den Bund sehr begrüssen. Mit Absatz 2 erklärt der Bundesrat den Bund für die Kontrollen
von Teilbereichen der Massnahmen nach Artikel 4 für zuständig. Im Rahmen eines Pilotprojektes führt das Eidgenössische Institut für Metrologie METAS seit zwei Jahren Kontrollen von Lasershows für die Kantone durch. Es handelt sich dabei um ungefähr zehn bis zwanzig Kontrollen pro Jahr. Das BAG hat sich mit 15 000 Franken an den Kosten des Pilotprojekts beteiligt. Wird der Vollzug bei Lasershows vollständig dem Bund übertragen, führt dies zu jährlichen Kosten von schätzungsweise 50 000­100 000 Franken pro Jahr.

52

SR 172.212.1

503

BBl 2016

Art. 9

Vollzug durch die Kantone

Für die Vollzugsaktivitäten wird auf eine flächendeckende Kontrolle und eine Meldepflicht (Ausnahme bei Veranstaltungen gemäss SLV) verzichtet. Um einen möglichst einheitlichen Vollzug zu erreichen, erscheint es zielführend, dass das BAG zusammen mit den Kantonen die Kontrollschwerpunkte vorgängig definiert. Das BAG stellt zudem den Kantonen die für die Kontrollen erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung und hält damit den Aufwand für die Kantone so gering wie möglich. Die Kontrollen erfolgen ausschliesslich stichprobenweise und risikoorientiert, also bei der Verwendung von Produkten, welche die grössten Gesundheitsrisiken verursachen.

Buchstabe a: Es soll nach dem Inverkehrbringen von Produkten kontrolliert werden, ob die Sicherheitsvorgaben der Hersteller bei der Installation, Verwendung und Wartung beachtet werden. Diese Kontrollen müssen sich dabei auf Produkte beschränken, bei welchen durch nicht herstellerkonforme Installation, Wartung oder Verwendung Gesundheitsrisiken entstehen. Die Kantone legen zusammen mit dem Bund die Kontrollschwerpunkte fest; sie sind für die Beschaffung der Adressen der entsprechenden Betriebe zuständig und sorgen für die Durchführung und Nachbereitung der Kontrollen.

Buchstabe b: Die Kantone überprüfen bei Produkten, deren sichere Verwendung eine spezifische Sachkunde oder Ausbildung erfordert, ob die verwendende Person diese Anforderungen erfüllt. Auch diese Aufgabe soll kampagnenartig durchgeführt werden und keine ständige Aufgabe darstellen. Es ist geplant pro Jahr höchstens einen Vollzugsschwerpunkt festzulegen (beispielsweise stichprobenweise Kontrollen der Einhaltung der Sicherheitsvorgaben bei ungefähr 10 % aller Solarien).

Buchstabe c: Die Kontrolle von Massnahmen bei hohen Expositionen, beispielsweise der unter der SLV geregelten Schallexpositionen, obliegt weiterhin den Kantonen.

Das BAG unterstützt diese mit Vollzugshilfen. Teile des Vollzugs, wie z.B. die Kontrollen von Lasershows können dem Bund übertragen werden.

Buchstabe d: Die Kantone kontrollieren das Abgabeverbot und das Besitzverbot gemäss Artikel 5. Da solche Verbote nur sehr wenige gefährliche Produkte betreffen, wird der Vollzugsaufwand klein sein. Das Besitzverbot, das insbesondere für starke Laserpointer geplant ist, soll die Polizei vollziehen. Diese zieht zum Teil
heute schon starke Laserpointer ein, die als gefährliche Gegenstände gemäss Waffengesetz gelten. Durch ein Besitzverbot wird sich der Vollzug jedoch vereinfachen.

Buchstabe e: Die Kantone kontrollieren allfällige Verwendungsverbote von Produkten. Im Vordergrund steht die gewerbliche oder berufliche Verwendung von Medizinprodukten oder von gleichwertigen Produkten für kosmetische Zwecke, die medizinisches Fachwissen voraussetzen.

Keine Meldepflicht Im vorliegenden Entwurf wurde auf eine Meldepflicht für Betriebe, die Dienstleistungen mit NIS- und Schall-Produkten anbieten, verzichtet. Das Vorsehen einer solchen Meldepflicht für die erwähnten Dienstleistungen würde gemäss der Regulierungsfolgeabschätzung (RFA) eine negative Kosten-Nutzen-Bilanz aufweisen.

Selbstverständlich ist es aber den Kantonen überlassen, in ihrer kantonalen Gesetz504

BBl 2016

gebung eine Meldepflicht zu statuieren, wenn dies für einen effizienten Vollzug sinnvoll ist.

Art. 10

Verwaltungsmassnahmen

Artikel 10 verfolgt das Ziel, den Vollzugsorganen jene Kompetenzen zur Verfügung zu stellen, die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Absatz 1 ermächtigt die Vollzugsorgane, Kontrollen vor Ort vorzunehmen.

Sofern eine Kontrolle ergibt, dass Vorschriften oder Sicherheitsvorgaben des Herstellers nicht eingehalten werden, so ist das Vollzugsorgan verpflichtet, die zum Schutze der Sicherheit und der Gesundheit erforderlichen Massnahmen zu treffen.

Mit den Absätzen 2 und 3 wird für die Vollzugsorgane die formell-gesetzliche Grundlage geschaffen, die für die Anordnung resp. Durchführung solcher Massnahmen notwendig ist. Dabei kann das Vollzugsorgan insbesondere auf die in Absatz 3 aufgeführten Massnahmen zurückgreifen, die sich an denjenigen des PrSG und des THG orientieren. Die Massnahmen, die in den Absätzen 2 und 3 aufgeführt sind, stellen mögliche Maximalmassnahmen dar, die aber nicht zwingend ergriffen werden müssen. Vielmehr haben bei der Ausübung dieser Befugnisse die zuständigen Vollzugsorgane den Verhältnismässigkeitsgrundsatz nach Artikel 5 BV zu berücksichtigen. Das Verfahren für die Anordnung von Massnahmen im Zusammenhang mit Kontrollen durch Bundesstellen, bestimmt sich nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 196853 über das Verwaltungsverfahren (VwVG). Für Anordnungen der kantonalen Kontrollstellen ist das jeweilige kantonale Verfahrensrecht anwendbar.

Absatz 4: Hat die Verwenderin oder der Verwender die Öffentlichkeit nicht selber rechtzeitig und wirksam vor gefährlichen Verwendungen eines Produktes informiert, so warnen die zuständigen Vollzugsorgane die Bevölkerung vor solchen Verwendungen.

Art. 11

Gebühren

Mit Absatz 1 wird festgehalten, dass die Vollzugsorgane des Bundes Gebühren für die durchgeführten Kontrollen und Massnahmen erheben können. Diese Bestimmung ist nötig, weil Artikel 46a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199754 (RVOG) nach dem Willen des Gesetzgebers nur für Gebühren im Zusammenhang mit Verfügungen und Dienstleistungen, nicht aber im Zusammenhang mit anderen amtlichen Verrichtungen wie z.B. Kontrollen zur Anwendung gelangen darf. Bei den betreffenden Kontrollen handelt es sich um diejenigen nach den Artikeln 8 und 10. Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die Einzelheiten der Gebührenerhebung des Bundes zu regeln. Die Einzelheiten betreffen vor allem die Höhe der Gebühren und die Modalitäten der Erhebung. Bei Letzterem geht es in erster Linie darum, den Kreis der Gebührenpflichtigen und allfällige Gebührenarten zu präzisieren. Bei der Gebührenregelung sind das Äquivalenzprinzip und das Kostendeckungsprinzip zu beachten. Nach dem Äquivalenzprinzip kann 53 54

SR 172.021 SR 172.010

505

BBl 2016

die Gebührenerhebung zur Finanzierung der mit Kontrolltätigkeiten verbundenen Verwaltungskosten grundsätzlich dann als berechtigt betrachtet werden, wenn auch die betroffenen Branchen einen Nutzen aus der Kontrolltätigkeit ziehen, indem diese das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die betreffenden Produkte und deren Verwendung erhöht. Das Kostendeckungsprinzip besagt, dass vom Bundesrat festgelegte Gebühren so festzusetzen sind, dass sie maximal die Kosten für die Dienstleistung oder Verfügung decken. Mit Absatz 2 wird festgehalten, dass nur dann Gebühren erhoben werden, wenn die Kontrollen zu Beanstandungen führen; dies in Anlehnung an den heute im Produktesicherheitsrecht üblichen Grundsatz, dass eine Gebührenerhebung bei stichprobeweise durchgeführten Marktkontrollen als unangemessen erscheint, wenn die Kontrolle nicht zu einer Beanstandung führt.

Zudem ist festzuhalten, dass damit nicht Artikel 46a Absatz 4 RVOG derogiert werden soll.

Art. 12

Datenschutz

Im Rahmen des Vollzugs werden sich verschiedene Bundesstellen und kantonale Behörden mit unterschiedlichen Teilaspekten dieses Gesetzes befassen (insbesondere das BAG und die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV)). Mit diesem Artikel wird die Datenbearbeitungsgrundlage geschaffen. Auch die elektronische Weitergabe von Daten zwischen den Vollzugsorganen im Interesse der Gesundheit von Personen ist für den wirksamen Vollzug des Gesetzes unabdingbar.

Art. 13

Vergehen

Nach Artikel 13 wird bestraft, wer vorsätzlich ein Produkt ein- oder durchführt, abgibt, besitzt oder verwendet, das einem Verbot nach Artikel 5 unterliegt. Die Strafandrohungen sind in Anlehnung an Artikel 16 PrSG ausgestaltet.

Art. 14

Übertretungen

Die Strafandrohung von Artikel 14 Absätze 1 und 2 entspricht derjenigen von Artikel 17 PrSG. Gemäss Artikel 13 soll mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden, wer vorsätzlich gegen ein Verbot nach Artikel 5 verstösst. In allen übrigen Fällen, in denen Vorschriften dieses Gesetzes verletzt werden, soll der Täter oder die Täterin bei Vorsatz mit höchstens 40 000 Franken beziehungsweise bei Fahrlässigkeit mit höchstens 20 000 Franken bestraft werden.

Strafbar macht sich demnach, wer die Sicherheitsvorgaben des Herstellers nach Artikel 3 Absatz 1 nicht einhält, wer die Anforderungen an die Verwendung eines Produktes nicht einhält oder wer gegen die Massnahmen verstösst, die der Bundesrat für Situationen mit gesundheitsgefährdenden Expositionen gegenüber Strahlung und Schall erlässt. Ebenfalls bestraft werden kann, wer gegen eine Ausführungsvorschrift verstösst, deren Übertretung für strafbar erklärt wird, oder wer gegen eine unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn gerichtete Verfügung verstösst.

Nach Artikel 14 Absatz 3 soll mit der gleichen Strafandrohung wie in Absatz 1 bestraft werden können, wer fahrlässig ein Produkt ein- oder durchführt, abgibt, besitzt oder verwendet, das einem Verbot nach Artikel 5 unterliegt.

506

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Zudem sind nach Absatz 4 die Artikel 6 und 7 des Bundesgesetzes vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) anwendbar. Das bedeutet, dass Widerhandlungen, die entweder in Geschäftsbetrieben oder sonst in Ausübung geschäftlicher oder dienstlicher Verrichtungen für einen anderen begangen werden, geahndet werden. Für Straftaten, welche mit einer Busse bis 5000 Franken zu ahnden sind, gilt die Sonderregelung nach Artikel 7 VStrR, wonach von der Verfolgung der natürlichen Person, welche die Tat tatsächlich begangen hat, Umgang genommen und an ihrer Stelle die Firma als solche bestraft werden kann.

3

Auswirkungen

Zwischen Mitte Juli und Mitte September 2014 wurde eine RFA durchgeführt. Als Grundlage für die durchgeführte RFA diente der Vernehmlassungsentwurf des neuen Gesetzes. Aufgrund der geringfügigen Änderungen, die am Gesetzestext aufgrund der Vernehmlassung vorgenommen wurden, ist die durchgeführte RFA immer noch auf den vorliegenden Gesetzestext anwendbar. Der vorliegende Gesetzesentwurf definiert nur die Grundsätze und lässt bezüglich der Umsetzung noch einiges offen. Da die volkswirtschaftlichen Auswirkungen im Wesentlichen von der Ausgestaltung der Regelungen abhängig sind, wurden in der RFA vier geplante Massnahmen genauer untersucht: ­

Massnahme 1: Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsvorgaben am Beispiel der Solarien

­

Massnahme 2: Forderung nach einem Sachkundenachweis für kosmetische Behandlungen und Lasershows

­

Massnahme 3: Forderungen nach Einbezug einer Fachperson für kosmetische Behandlungen

­

Massnahme 4: Verbot von Einfuhr, Durchfuhr, Besitz und Abgabe am Beispiel der Laserpointer

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die heutigen Tätigkeiten des Bundes und insbesondere des BAG in den Bereichen Wissensbeschaffung und Information zu NIS und Schall sollen gestärkt werden, um dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach fundierten und wissenschaftlich abgestützten Informationen zu entsprechen.

Anpassungen in organisatorischer Hinsicht auf Niveau der Bundesbehörden sind nicht nötig. Die bestehenden Strukturen können für den Vollzug des Gesetzes und für die Aufgaben des Bundes genutzt werden.

55

SR 313.0

507

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Das neue Gesetz sieht zusätzliche Aufgaben auf Bundesebene vor, die zu einem Mehraufwand beim BAG führen. Dieser Mehraufwand beläuft sich voraussichtlich jährlich auf rund 200 000 Franken an Sachmitteln und ergibt sich aus folgenden neuen Aufgaben: ­

Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs der Artikel 3 und 4, indem den Kantonen Vollzugshilfen, Wissensgrundlagen und gegebenenfalls Messprotokolle zur Verfügung gestellt werden

­

Information der Öffentlichkeit über gesundheitsgefährdende NIS- und Schallaspekte

­

Durchführung von Messungen bei Lasershows und deren Beurteilung.

Das BAG wird im Rahmen der Ausführungsbestimmungen den Mehraufwand aufgrund der knappen personnellen Ressourcen auf ein Minimum beschränken müssen. Für die Information der Öffentlichkeit und für die Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs wird es unumgänglich sein, diese Aufgaben zu priorisieren, zeitlich zu staffeln und unter Beizug von externen Experten zu erledigen.

3.1.2

Kosten-Nutzen-Verhältnis

Die durch das vorliegende Gesetz vorgesehenen Massnahmen (Ziffer 1.2) weisen eine positive Kosten-Nutzen-Bilanz auf56. Die Wirksamkeit bei der Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsvorgaben im Bereich der Solarien, beim Nachweis der Sachkunde im Kosmetik- und Laserbereich sowie beim Verbot für starke Laserpointer ist gegeben, ebenso bei der Möglichkeit, eine geeignete Fachperson beizuziehen.

Der Umsetzungsaufwand für die betroffenen Unternehmen, den Bund und die Kantone ist gemäss der RFA für drei der vier untersuchten Massnahmen relativ klein: ­

Nachweis der Sachkunde bei kosmetischen Anwendungen und bei Lasershows

­

Verbot von starken Laserpointern

­

Kontrolle der Sicherheitsvorgaben der Hersteller (bei Solarien entstehen für die betroffenen Betriebe in einigen Fällen ein Investitionsbedarf)

Ein allenfalls negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis kann gemäss der RFA einzig der Beizug von geeigneten Fachpersonen, je nach konkreter Ausgestaltung, aufweisen.

Der Einbezug einer Fachperson kann zu einer markanten Verteuerung der kosmetischen Anwendungen von NIS- und Schall-Geräten, respektive zu einem unerwünschten Eingriff in den Markt führen und somit kosmetische Anbieter gegenüber medizinischen Anbietern benachteiligen. Es ist daher bei der Ausarbeitung der Verordnungen darauf zu achten, eine für alle Betroffenen tragbare Lösung zu erarbeiten. Es ist wichtig den Aspekt des Gesundheitsschutzes zu beachten und eine Lösung zu erarbeiten, die realistisch ist und von den betroffenen Branchen unterstützt wird.

56

508

Regulierungsfolgeabschätzung durch Econcept, abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Themen > Strahlung, Radioaktivität, Schall > Rechtliche Grundlagen > NISSG

BBl 2016

3.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Das neue Gesetz führt bei den Kantonen unter anderem dazu, dass sie neu für die Überprüfung der gewerblichen oder beruflichen Verwendung von Produkten mit Gefährdungspotenzial zuständig sind. Die Kantone sollen stichprobenweise, zielgerichtet und risikoorientiert kontrollieren. Dies soll nicht dazu führen, dass in den Kantonen neue Strukturen und Institutionen aufgebaut werden, sondern es sollen bestehende Organe für die Kontrollen eingesetzt werden. Pro Jahr wird das BAG zusammen mit den Kantonen für die Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsvorgaben der Hersteller (Art. 3) einen Vollzugsschwerpunkt festgelegen. Allerdings bedeuten die durch dieses Gesetz neu entstehenden Aufgaben für die Kantone einen Initialaufwand für den Aufbau von Wissen in diesem Bereich. Um diesen Aufwand möglichst klein zu halten, wird der Bund die Kantone mit Vollzugshilfen und Wissensgrundlagen unterstützen (Tabelle 1).

Die Vollzugskosten für die Kantone hängen stark von der konkreten Ausgestaltung des Vollzuges (Stichprobengrösse, Kontrollpunkte) ab, weswegen an dieser Stelle nur eine Grobschätzung für die in der RFA untersuchten Massnahmen 1­3 vorgenommen werden kann. Wichtig zu bemerken ist auch, dass der Vollzug kampagnenartig, d.h. mit einem jährlichen Vollzugsschwerpunkt, sein soll und es nicht das Ziel ist, in einem Jahr sowohl Solarien wie auch Kosmetikstudios zu kontrollieren:

57

­

Grobschätzung Vollzugskosten Solarien: In der Schweiz werden rund 4000 Solariengeräte von rund 600 Anbietern gewerblich betrieben. Unter der Annahme, dass bei einer kampagnenartigen Stichprobenkontrolle schweizweit 400 Geräte (10 %) kontrolliert werden und dabei ein Aufwand von durchschnittlich 4­10 Stunden pro Gerät entsteht (Vorortkontrolle inkl.

Vorbereitung, Dokumentation, eventuelle Beanstandungen), ergäben sich 200­500 Arbeitstage. Ausgehend von Arbeitskosten von rund 70 Franken pro Stunde57 ergäben sich für alle Kantone zusammen Kosten von 110 000­ 430 000 Franken pro Jahr. Je nach bereits vorhandenen kantonalen Stellen kommen noch Kosten für Büroräumlichkeiten, Infrastruktur und Weiterbildung hinzu. In der Grobschätzung nicht berücksichtigt sind allfällige Einnahmen aus Gebühren oder Bussen.

­

Grobschätzung Vollzugskosten Kosmetik: In der Schweiz existieren rund 8540 Kosmetiksalons. Wiederum unter der Annahme, dass zehn Prozent aller Kosmetiksalons kontrolliert werden, müssten pro Jahr rund 850 Salons kontrolliert werden. Ausgehend von durchschnittlich 4­10 Arbeitsstunden pro Betrieb (Vorortkontrolle inkl. Vorbereitung, Dokumentation und eventuelle Beanstandungen) und einem Arbeitskosten von 70 Franken pro Stunde ergäben sich für alle Kantone zusammen Kosten von rund 240 000­600 000 Quelle: Bundesamt für Statistik, Arbeitskosten pro Stunde nach Wirtschaftszweigen (NOGA 2008). Die durchschnittlichen Arbeitskosten pro Stunden liegen im Wirtschaftszweig «Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung» bei 67.7 Franken pro Stunde.

509

BBl 2016

Franken pro Jahr. Auch für den Kosmetikbereich kämen je nach bereits vorhandenen kantonalen Stellen noch Kosten für Büroräumlichkeiten, Infrastruktur und Weiterbildung hinzu. In der Grobschätzung nicht berücksichtigt sind allfällige Einnahmen aus Gebühren oder Bussen.

Der Vollzug des Besitz- und Abgabeverbots bei Laserpointern wird mit den bestehenden personellen Ressourcen gemacht und sollte zu keinen merklich erhöhten Personalkosten führen.

Tabelle 1 Schätzung des zusätzlichen Finanzbedarfs (in Franken) für die Erfüllung der Aufgaben nach den Artikeln 3, 4 und 5 (für alle Kantone zusammen)58 Kurzbeschrieb

Art der Kontrollen

Personalkosten und Anzahl Arbeitstage pro Jahr (für alle Kantone zusammen)

Artikel 3: Kontrolle von Solarien (Einhaltung von Sicherheitsvorgaben des Herstellers)

stichprobenweise

110 000­430 000 CHF

Artikel 3: Vollzug Kosmetik (Überprüfung des Sachkundenachweises und Einbezug Fachperson)

stichprobenweise

Artikel 4: Vollzug Massnahmen bei gesundheitsgefährdenden Expositionen

flächendeckend (wie bisher)

200­500 Arbeitstage

240 000­600 000 CHF 400­900 Arbeitstage

Bisherige Aufgabe im Rahmen des Vollzugs der SLV keine zusätzlichen Personalkosten

Artikel 5: Besitz- und Abgabeverbot Laserpointer

stichprobenweise/ auf Verdacht

geringe zusätzliche Personalkosten

Die Kosten, die sich aus dem Vollzug von Bundesrecht gemäss Artikel 46a Absatz 1­4 RVOG ergeben, sind gemäss gängiger Praxis im Bereich des Gesundheitspolizeirechts ohne Entschädigung durch den Bund zu erbringen. Die Kantone können aber auf der Basis RVOG ihre Kosten aus den Vollzugsaufgaben durch die Erhebung von Gebühren decken.

58

510

Angaben zu Personalkosten und Anzahl Arbeitstage aus RFA

BBl 2016

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die RFA untersuchte die Notwendigkeit und Möglichkeiten staatlichen Handelns.

Produkte, welche NIS oder Schall erzeugen, können aufgrund mangelnder Wartung oder anderer Missachtungen der Sicherheitsvorschriften sowie bei unkundiger oder zweckentfremdeter Verwendung leichte bis schwere Schäden verursachen. Kundinnen und Kunden, welche Dienstleistungen mit NIS- und Schall-Produkten in Anspruch nehmen, können aufgrund der Komplexität der Produkte oft nicht selbständig feststellen, ob die eingesetzten Geräte den Sicherheitsvorschriften entsprechen oder ob die Geräte durch eine sachkundige Person und korrekt bedient werden.

Diese Problematik hat sich in der letzten Zeit tendenziell noch verschärft, da solche Geräte heute einfacher und günstiger erwerbbar sind und dadurch vermehrt eingesetzt werden. Diese Argumente alleine rechtfertigen gemäss der RFA die Notwendigkeit staatlichen Handelns. Das Gefährdungspotenzial von Produkten, welche NIS oder Schall erzeugen, ist hinreichend bekannt und umfasst sowohl akute, reversible Schädigungen wie Reizungen und Verbrennungen als auch Langzeitschädigungen, wie beispielsweise ein erhöhtes Hautkrebsrisiko oder Hörschäden. Laserpointer mit gesundheitsgefährdenden Strahlstärken haben darüber hinaus ein erhebliches Gefährdungspotenzial, in erster Linie bedingt durch die Möglichkeit, absichtlich Blendungen herbeizuführen. Dies führt im Strassen-, Schienen und Flugverkehr sowie bei Einsätzen von Rettungskräften und Polizei immer wieder zu Verletzungen und Gefährdungen.

Das vorliegende Gesetz enthält keine neuen Auflagen für das Inverkehrbringen von Produkten. Auch sieht das neue Gesetz keine Meldepflicht und keine Bewilligung für bestimmte Dienstleistungen vor. Es ist daher auch nicht mit einem grossen administrativen Mehraufwand für die betroffenen Branchen zu rechnen. Zudem werden die Kontrollen der verschiedenen Massnahmen stichprobenweise und in Form von Vollzugskampagnen mit Vollzugsschwerpunkten erfolgen.

Aus Erfahrung weiss man, dass im Bereich der Solarienbetreiber eine relevante Zahl an Geräten im Einsatz ist, die nicht den aktuellen Normen entsprechen. Für diese Betriebe entstehen Kosten für eine Umrüstung eines Gerätes von rund 2000 Franken.

Bei Kosmetik-Anbietern, welche IPL, Laser oder Ultraschallgeräte verwenden, fallen voraussichtlich zusätzliche
Aufwände für die Ausbildung zum Erwerb des Sachkundeausweises der Mitarbeitenden an. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen im Bereich der höheren Berufsbildung sowie aufgrund der Expertinnen- und Experten-Aussagen geht man in der RFA davon aus, dass eine Ausbildung im Umfang von 5­10 Tagen notwendig wäre, um das Personal für die Bedienung der Geräte zu schulen. Auf Verordnungsstufe ist darauf zu achten, dass der Bundesrat für die Einführung des Sachkundenachweises angemessene Übergangsfristen festlegen wird. Langfristig sollte den Kosmetikerinnen und Kosmetikern mit Eidgenössischem Fähigkeitsausweis kein Mehraufwand entstehen, da die Ausbildung für NIS- und Schallanwendungen in die Berufsbildung integriert werden soll. Diese Integration in die berufliche Ausbildung bedarf einer Änderung der heutigen Berufsbildungsverordnungen durch den Bundesrat. In der Schweiz gab es im Jahr 2011 10 634 Kosmetikerinnen und Kosmetiker und 8540 Kosmetiksalons. Wie viele davon auch Geräte

511

BBl 2016

mit NIS oder Schall verwenden, ist nicht bekannt; je nach Geschäftsstrategie machen solche Anwendungen einen grösseren oder kleineren Anteil am Gesamtumsatz aus.

Laser, welche in Forschung, Industrie und Medizin unter kontrollierten Bedingungen eingesetzt werden, sollen von einem Verbot ausgenommen werden. Gewerbliche oder berufliche Anwendungen von handgeführten Lasern der Klasse 3B finden sich in stark spezialisierten Bereichen: Vermessungsarbeiten von Flugzeugen aus, Reinigung von Sandsteinfassaden oder Kunstwerken und in der Astronomie. Laser der Klasse 3R werden hingegen häufig in Mess- oder Vermessungsgeräten (Rotationslaser, Kanalbaulaser, Bodenprüflaser oder 3D-Laserscanner) eingesetzt, welche unter die für die RFA verwendete Definition von handgeführten Lasern fallen würden. Die betroffenen Geräte werden im Hoch- und Tiefbau sowie für die Vermessung und digitale Erfassung von Flächen und dreidimensionalen Objekten aller Art eingesetzt.

In der Schweiz sind schätzungsweise rund 3000­5000 Totalstationen (Geräte zur Distanz- und Winkelmessung) der Klasse 3R sowie rund 10 000­20 000 Rotationsund Röhrenlaser im Einsatz. Zudem werden solche Geräte teilweise in der Schweiz entwickelt.

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die im vorliegenden Gesetz beschriebenen Massnahmen haben gemäss RFA eine markant positive Auswirkung auf die Gesellschaft.

Die Kontrollen der Einhaltung der heute geltenden Sicherheitsvorgaben im Bereich der Solarien haben einen relevanten gesellschaftlichen Nutzen. Grund dafür ist, dass die Benutzung von Solarien in der Vergangenheit nachweislich das Risiko erhöht59, an Hautkrebs zu erkranken. Studien60 zeigten, dass Solarium-Nutzerinnen und -Nutzer ein rund 20 Prozent höheres Risiko aufweisen, an einem Melanom zu erkranken, als Personen, welche noch nie ein Solarium benutzt haben. Je jünger die Solariumnutzerinnen und -nutzer sind, desto stärker erhöht sich das Hautkrebsrisiko.

Das Risiko für Langzeitschädigungen der Haut und Gesundheitskosten können mit dieser Massnahme gesenkt werden.

Im Bereich von kosmetischen Verwendungen sind qualitätsfördernde Massnahmen wie der Nachweis von Sachkunde als gesellschaftlich sinnvoll einzustufen. Rund 16 Prozent der Bevölkerung liessen sich schon einmal aus kosmetischen Gründen mit einem NIS-Gerät behandeln. Bei rund 8 Prozent dieser Behandlungen mit NISProdukten traten Komplikationen auf, die von Hautirritationen bis zu Verbrennungen reichen können. Mit qualitätsfördernden Massnahmen könnten diese Komplikationen stark vermindert und entsprechend Gesundheitskosten eingespart werden.

Die positiven Auswirkungen eines Verbots von handgeführten Lasern mit gesundheitsgefährdenden Strahlstärken auf Verkehrsdienstleister und auf den Staat führen durch die Vermeidung von Verspätungen, Unfällen und Zwischenfällen, welche 59 60

512

Vgl. IARC Einstufung: www.iarc.fr > Research > Evaluation of Carcinogens > Publications > Volume 100D Boniol et al. 2012

BBl 2016

zeitliche Einbussen und auch potenziell Schadenskosten nach sich ziehen, zu einem gesamtgesellschaftlich klar als sehr positiv einzustufenden Effekt.

3.5

Auswirkungen auf betroffene Organisationen

Um eine Ausbildung zum Erwerb eines Sachkundeausweises zu schaffen, könnte im Rahmen der beruflichen Grundbildung zur Kosmetikerin oder zum Kosmetiker mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) ein Modul für die Bedienung von IPL, Laser und Ultraschallgeräte geschaffen werden. Dafür müsste die Verordnung des Staatsekretariats für Bildung, Forschung und Innovation über die berufliche Grundbildung angepasst werden. Eine Überarbeitung dieser Verordnung findet alle fünf Jahre statt. Die Anpassung im Rahmen einer solchen Überarbeitung würde somit zu einem überschaubaren Aufwand führen. Weiter könnte auch im Rahmen der Berufsprüfung für Kosmetikerin/Kosmetiker (Fachrichtung medizinische Kosmetik) der Erwerb eines Sachkundeausweises in das Curriculum integriert werden. Im Rahmen dieser Ausbildung besteht bereits ein Modul zur Bedienung von NIS-Geräten, welches entsprechend ausgebaut werden könnte. Im Bereich der Showlaser werden bereits heute in der Schweiz Laserschutzseminare angeboten. In diesen Seminaren kann die in Deutschland anerkannte Bezeichnung «Laserschutzbeauftragte/r nach BGV-B2» erworben werden. Aufbauend auf diesen bestehenden Seminaren und den Erfahrungen aus Deutschland könnte eine Ausbildung zum Erwerb eines Sachkundeausweises relativ einfach etabliert werden.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundes

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Der Auftrag des Bundesrates zur Erarbeitung des vorliegenden Gesetzes wurde im April 2012 gegeben. Die Vorlage ist daher weder in der Botschaft vom 25. Januar 201261 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201262 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Der vorliegende Erlass ist dennoch angezeigt, da die in Ziffer 1.1 dargelegte Problematik einer dringenden Lösung bedarf.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Der Bundesrat hat im Januar 2013 die Strategie «Gesundheit2020» verabschiedet.

Mit insgesamt 36 Massnahmen in allen Bereichen des Gesundheitssystems soll die Lebensqualität gesichert, die Chancengleichheit gestärkt, die Versorgungsqualität erhöht und die Transparenz verbessert werden. Der vorliegende Gesetzesentwurf ist 61 62

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

513

BBl 2016

im Projektportfolio «Gesundheit2020» enthalten und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele der Strategie «Gesundheit2020». Ziel ist es, die Lebensqualität zu verbessern, indem der Gesundheitsschutz im Bereich NIS und Schall mit diesem neuen Gesetz komplettiert wird.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Der Gesetzesentwurf stützt sich auf die Artikel 95 Absatz 1 und 118 Absatz 2 Buchstaben a und b der Bundesverfassung (BV; SR 101). Artikel 95 Absatz 1 BV gibt dem Bund die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit. Aus Artikel 118 Absatz 2 BV ergeben sich Kompetenzen zum Erlass von Vorschriften über den Umgang mit Gegenständen, welche die Gesundheit gefährden können (Bst. a) sowie zur Bekämpfung stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten (Bst. b).

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Für die Schweiz bestehen grundsätzlich keine verbindlichen internationalen Verpflichtungen im Bereich von NIS und Schall. Das neue Gesetz orientiert sich an den bestehenden internationalen Richtlinien und Empfehlungen (z. B. der EU), die als Orientierungshilfen beigezogen werden.

Nach dem Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über die technischen Handelshemmnisse («Technical barriers to trade (TBT)-Abkommen»)63, kurz auch WTO-TBT-Abkommen genannt, sind technische Vorschriften grundsätzlich so auszugestalten, dass sie sich nicht als technische Handelshemmnisse auswirken (Art. 4 Abs. 1 THG). Gemäss THG sind sie zu diesem Zweck auf die wichtigsten Handelspartner abzustimmen (Art. 4 Abs. 2 THG). Abweichungen vom Grundsatz nach Artikel 4 Absatz 1 THG sind nur zulässig, wenn sie den Anforderungen von Artikel 4 Absatz 3 THG entsprechen. Ein Einfuhr- oder ein Abgabeverbot zum Beispiel ist auf seine Vereinbarkeit mit dem THG und den internationalen Verpflichtungen zu überprüfen.

Das FHA zwischen der Schweiz und der EU stipuliert im Weiteren, dass die Parteien auf mengenmässige Einfuhrbeschränkungen oder andere Massnahmen verzichten, die den Wettbewerb durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige im Handel mit der EU verfälscht oder zu verfälschen droht. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz vor NIS und Schall sind bei ihrer Umsetzung dementsprechend nicht-diskriminierend und wettbewerbsneutral auszugestalten. Daher darf die Schweiz keine Massnahmen gleicher Wirkung wie z.B.

mengenmässige Beschränkungen ergreifen, die den Warenverkehr zwischen der Schweiz und der EU einschränken und somit das FHA verletzen würden. Einschrän63

514

SR 0.632.2. Anhang 1A.6

BBl 2016

kende Massnahmen dürfen vom Bundesrat nur beschlossen werden, wenn diese zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen notwendig sind und sie kein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Vertragsparteien darstellen; andernfalls könnte mit solchen Massnahmen das Freihandelsabkommen mit der EU verletzt werden (Art. 13 i.V.m Art. 20 FHA).

Schliesslich können Produkte, welche unter den Geltungsbereich des neuen Gesetzes fallen, auch in den Anwendungsbereich MRA, insbesondere die Kapitel 1 (Maschinen), 4 (Medizinprodukte), 7 (Funkanlagen und Telekommunikationsendgeräte wie Mobiltelefone) und 9 (elektrische Betriebsmittel und elektromagnetische Verträglichkeit) von Anhang 1 fallen. Bei der zukünftigen Entwicklung dieser Kapitel sind die Schweizer und die EU-Produktevorschriften gleichwertig zu gestalten. Abweichende Vorschriften wie zum Beispiel Verbote betreffend die Einfuhr nach Artikel 5 des neuen Gesetzes sollen analysiert und fallweise durch den Bundesrat festgelegt werden.

5.3

Erlassform

Gemäss Artikel 164 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Diesem Erfordernis wird der Erlass des vorliegenden Gesetzes gerecht. Bundesgesetze unterliegen nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV dem fakultativen Referendum. Das neue Gesetz sieht das fakultative Referendum explizit vor (Art. 15 Abs. 1).

Die Vereinbarkeit des neuen Gesetzes mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz ist gewährleistet, da das neue Gesetz keine expliziten Vorgaben aufstellt, welche mit dem internationalen Recht nicht in Einklang zu bringen sind (vgl.

Ziff. 1.5). Der Bundesrat wird die EU-Kompatibilität bei der Erarbeitung des Ausführungsrechts berücksichtigen müssen.

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Aufgaben von mehr als zwei Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte. Das vorliegende Gesetz sieht weder Subventionsbestimmungen noch Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen vor.

5.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Rechtsetzungsbefugnisse können durch Bundesgesetze übertragen werden, soweit dies nicht durch die BV ausgeschlossen ist (Art. 164 Abs. 2 BV). Als allgemeine Beschränkung der Delegation gilt gemäss Verfassung insbesondere das Erfordernis, 515

BBl 2016

wonach wichtige, grundlegende Bestimmungen in der Form des Gesetzes zu erlassen sind (Art. 164 Abs. 1 BV). Das neue Gesetz sieht in mehreren Bestimmungen die Kompetenz des Bundesrates zum Erlass von Ausführungsrecht vor. Dies ist deswegen gerechtfertigt, weil das neue Gesetz in vielen Fällen bereits selbst die Grundsätze regelt und somit den Rahmen absteckt, innerhalb dessen sich die Regelung durch den Bundesrat zu bewegen hat. Zudem ist es überall dort sinnvoll, Kompetenzen für den Bundesrat zum Erlass von Ausführungsbestimmungen vorzusehen, wo künftig eine rasche Anpassung an neue technische Entwicklungen und an eine internationale Harmonisierung zu erfolgen hat. Regelungen, die einen hohen Konkretisierungsaufwand mit sich bringen, sollen auf Verordnungsstufe angesiedelt sein. Delegationen sind in folgenden Artikeln enthalten: ­

Artikel 3 Absätze 2 und 3

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Artikel 4 Absätze 1 und 2

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Artikel 5

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Artikel 8 Absatz 2

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Artikel 11 Absatz 1

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