Zweite erweiterte Nachkontrolle zum Bericht «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung» Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 6. Oktober 2015

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Übersicht Neun Jahre nach der Veröffentlichung ihres Berichts zum Expertenbeizug in der Bundesverwaltung vom 13. Oktober 2006 hat die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) eine umfassende Überprüfung der seither in der Bundesverwaltung ergriffenen Massnahmen vorgenommen. Mit der vorliegenden zweiten erweiterten Nachkontrolle hat die GPK-S die Umsetzung ihrer zehn Empfehlungen von 2006 überprüft, den Stand des seitherigen Aufbaus des bundesweiten Beschaffungscontrollings gewürdigt und im Weiteren zwei Vorfälle im Beschaffungswesen des Bundes ­ den Korruptionsfall im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und den Fall TDcost im Bundesamt für Strassen (ASTRA) ­ im Hinblick auf mögliche Lehren für die Zukunft unter die Lupe genommen.

Stand der Umsetzung der zehn Empfehlungen der GPK-S von 2006 (Ziff. 2) Mit Empfehlung 1 hatte die GPK-S vom Bundesrat verlangt, Transparenz über externe Politikberater und ihre Mandate herzustellen. Eine Analyse von neuen Zahlen zeigt, dass der Bundesrat dieser Empfehlung bis heute nicht nachgekommen ist.

Weder besteht heute Transparenz über die Höhe der Ausgaben für Politikberatermandate, noch hat der Bundesrat die weiter wachsenden Ausgaben in diesem Bereich unter Kontrolle gebracht (siehe das separate Kapitel unter Ziff. 3 mit den neuen Empfehlungen 4 und 5).

Empfehlung 2 verlangte, dass der Bundesrat die Expertenmandate in seine Personalplanung und -politik mit einbezieht und sicherstellt, dass Expertenmandate nur dort vergeben werden, wo sie einen Mehrwert gegenüber angestelltem Personal darstellen. Die GPK-S stellt fest, dass der Bundesrat die Empfehlung 2 höchstens in der Stossrichtung umzusetzen bereit ist, jedoch keine verbindlichen Massnahmen zu deren Verwirklichung getroffen hat.

Die Umsetzung von Empfehlung 3 zur besseren Nutzung von internem Fachwissen anstelle von externen Beratungsaufträgen geht der GPK-S zu wenig weit. In der neuen Empfehlung 1 erwartet sie vom Bundesrat eine dezidiertere Vorgehensweise.

Mit Empfehlung 5 ersuchte die GPK-S den Bundesrat, geeignete Massnahmen zur Bekämpfung des sog. «Dezemberfiebers» zu prüfen. Die GPK-S stellte in der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) überdurchschnittlich hohe Dezemberzahlungen fest und ersucht den Bundesrat in der neuen Empfehlung 2, das Phänomen mit Hilfe der neuen Instrumente
des Beschaffungscontrollings genauer abzuklären.

Mit Empfehlung 6 forderte die GPK-S den Bundesrat auf, geeignete Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs bei der Vergabe von externen Beratermandaten zu treffen. Die GPK-S stellt fest, dass der Bundesrat zur Umsetzung ihrer Empfehlung 6 einige Anstrengungen unternommen hat, nicht zuletzt auch dank der intensiven Begleitung des Aufbaus und der Verbesserung des strategischen Beschaffungscontrollings durch die Finanzdelegation (FinDel). Die Absicht des Bundesrates, sämtliche freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert schriftlich zu begründen und juristisch abzuklären, ist zu begrüssen. Die GPK-S erachtet jedoch die freihändige

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Vergabe von Beratermandaten über dem Schwellenwert immer noch als generell hoch, wenn auch teilweise Verbesserungen festzustellen sind. Sie erhofft sich vom flächendeckenden Vertragsmanagement (VM BVerw), welches ab 2016 mehr Transparenz über die Beschaffungen des Bundes und deren Vergabearten bringen soll, eine weitere Verbesserung der Wettbewerbsorientierung bei der Auftragsvergabe.

Empfehlung 9 empfahl dem Bundesrat abzuklären, ob es einen Zusammenhang zwischen fehlendem Wettbewerb bei Expertenmandaten und Folgeaufträgen gibt, und sicherzustellen, dass in der Bundesverwaltung kein «Hoflieferantentum» vorkommt. Die GPK-S begrüsst es, dass die aufgebauten Controllinginstrumente heute bessere Kontrollen ermöglichen. Sie stellt jedoch fest, dass der Bundesrat ihrem Anliegen, eine vertiefte Abklärung dieser Frage vorzunehmen, bisher nicht nachgekommen ist. Sie verlangt deshalb in der neuen Empfehlung 3 eine entsprechende Untersuchung mit Hilfe der neuen Controllinginstrumente.

Empfehlung 10 ersuchte den Bundesrat, die Schaffung eines bundesweiten und einheitlichen Reportings über die Beschaffungen zu prüfen. Die GPK-S erachtet ihre Empfehlung mit der Schaffung der (SBeZ) und dem VM BVerw (Ziff. 4) als zu einem grossen Teil umgesetzt.

Empfehlung 4 wird im Rahmen eines anderen Berichts der GPK-S weiter verfolgt; Empfehlungen 7 und 8 sind umgesetzt (Ziff. 2).

Stand der Einführung des bundesweiten Vertragsmanagements (Ziff. 4) Eine Bestandesaufnahme der GPK-S zur Einführung des VM BVerw zeigt, dass diese weit fortgeschritten ist. Einige Hinweise zur Verbesserung und die neue Empfehlung 6 finden sich in Ziff. 4.

Lehren aus dem Korruptionsfall im SECO und dem Fall TDcost, ASTRA (Ziff. 5) Der Korruptionsfall im SECO hat einerseits die Wichtigkeit einer strikten Trennung der Verantwortlichkeiten im Beschaffungsprozess zwischen den Bedarfsträgern und den Beschaffern sowie die Unentbehrlichkeit von wirksamen Controlling- und Aufsichtsinstrumenten aufgezeigt. Andererseits zeigt der Fall in aller Deutlichkeit auf, dass bewusstem menschlichem Fehlverhalten von Mitarbeitenden vor allem auch durch Führungsverantwortung der Vorgesetzten in der Linie begegnet werden muss. Im vorliegenden Fall ist kaum nachvollziehbar, wie die Linienvorgesetzten alle Warnsignale missachten und blind vertraut haben konnten.
Die im Fall TDcost im ASTRA festgestellten grossen Abhängigkeiten zu den IT-Lieferanten unterstreichen die Notwendigkeit der Einführung eines flächendeckenden Vertragsmanagements (Ziff. 4). In enger Verbindung zur vorliegenden Problematik steht Empfehlung 9 aus dem Bericht der GPK-S vom 13. Oktober 2006 sowie die neue Empfehlung 3 dieses Berichts zum Hoflieferantentum (Ziff. 2). Im Weiteren regt die GPK-S an, bei der kommenden Totalrevision des Beschaffungsrechts die Vertragsdauer bei der Vergabe von wiederkehrenden Leistungen zu befristen und gesetzlich festzuschreiben, dass die Anbieterin bei fehlendem Wettbewerb (namentlich bei freihändigen Vergaben) ein Einsichtsrecht in ihre Preiskalkulation zu gewähren hat.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Einleitung 1.1 Ausgangslage 1.2 Untersuchungsauftrag 1.3 Vorgehen

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2

Ergebnisse der zweiten Nachkontrolle zum Bericht «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung» 2.1 Ausgangslage 2.2 Stand der Umsetzung der zehn Empfehlungen der GPK-S vom 13. Oktober 2006

3

4

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Transparenz über externe Politikberater: Analyse der Daten aus der Statistik Beschaffungszahlungen 3.1 Ausgangslage 3.2 Analyse der Daten 3.2.1 Entwicklung der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0 (Bund insgesamt) 3.2.2 Transfer von Kategorie 22.0 nach Kategorie 18.1 3.2.3 Entwicklung der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0 (einzelne Departemente und Bundeskanzlei) 3.2.4 Kumuliertes Ergebnis der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0 3.2.5 Spezifische Entwicklung der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0 zwischen 2012 und 2013 3.2.6 Entwicklung der SBeZ-Kategorie 18.1 im Jahr 2014 3.3 Schlussfolgerungen der GPK-S und verbleibender Handlungsbedarf Einführung des Vertragsmanagements Bundesverwaltung und Umsetzung der Motion Dringliche Kontrollmassnahmen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch die Bundesverwaltung 4.1 Ausgangslage 4.2 Stand der Einführung des Vertragsmanagements in der Bundesverwaltung 4.3 Vertragsmanagement in der Bundesverwaltung: Aktuelle Praxis 4.3.1 Minimalbetrag zur Erfassung der Verträge 4.3.2 Qualität der erfassten Daten 4.3.3 Dokumentation und Regelungen 4.3.4 Verantwortlichkeiten und Ressourcen 4.3.5 Aus- und Weiterbildung 4.3.6 Verbleibender Handlungsbedarf

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4.4 4.5 5

Vertragsmanagement: Bilanz aus Sicht der Departemente und der Bundeskanzlei Einführung eines Vergabemanagements

557 558

Einzelne Problemfälle im Beschaffungswesen: Lehren für die Zukunft 5.1 Korruptionsfall im SECO 5.2 IT-Anwendung TDcost im ASTRA

559 559 563

Weiteres Vorgehen

565

Abkürzungsverzeichnis

566

Anhang 1: Angehörte und befragte Personen

568

6

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Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Die Ergebnisse der ersten Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) zum Ausmass des Beizugs von externen Experten in der Bundesverwaltung von 20061 stiessen auf ein grosses mediales und öffentliches Interesse. Die im Auftrag der GPK-S von der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) durchgeführte Evaluation2 zeigte erstmals, dass der Beizug von externen Experten des Bundes ein erhebliches Ausmass angenommen hatte: Gemäss dieser Evaluation gab die Bundesverwaltung im Jahr 2004 für über 6100 Expertenmandate3 rund 490 Millionen Franken aus. Unter Berücksichtigung der Lücken in der Erhebung wurden die Ausgaben der zentralen Bundesverwaltung für Expertenmandate damals auf 600 bis 700 Millionen Franken geschätzt.

Seither hat der Bundesrat die Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) aufgebaut.

Darin werden seit 2009 unter anderem die Expertenmandate in der zentralen Bundesverwaltung systematisch erfasst. Nach dieser Statistik gab die Bundesverwaltung 2013 858 Millionen Franken für eingekaufte «Dienstleistungen»4 aus; sie machen 16 Prozent des Gesamtvolumens der Beschaffungszahlungen von 5,3 Milliarden Franken aus.

Die GPK-S richtete in ihrem Bericht von 2006 zehn Empfehlungen an den Bundesrat. Diese verlangten unter anderem die Schaffung eines bundesweiten und einheitlichen Reportings über die Beschaffung von Dienstleistungen, mehr Transparenz über externe Politikberater, Massnahmen zur Bekämpfung des sogenannten «Dezemberfiebers», die Gewährleistung von Wettbewerb im Rahmen der Auftragsvergabe und die Verhinderung von Hoflieferantentum, sowie verschiedene Massnahmen im Bereich der Personalpolitik.5 In einer ersten Nachkontrolle überprüfte die GPK-S den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen. In ihrem Schreiben vom 30. November 2011 zum Abschluss der Nachkontrolle hielt die GPK-S fest, dass das vom Bundesrat neu geschaffene Instrument der SBeZ noch Verbesserungspotential aufweise. Unter anderem kriti1 2 3

4 5

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Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung, Bericht der GPK-S vom 13. Okt. 2006 (BBl 2007 1661) Expertenbeizug in der Bundesverwaltung, Bericht der PVK zuhanden der GPK-S vom 16. Juni 2006 (BBl 2007 1675) Die von der Erhebung der PVK (2006) erfassten Expertenmandate umfassten alle «Einkäufe von wissenschaftlichen Dienstleistungen». Darunter fielen die Mandate für politikbezogene Beratung und Forschung, Mandate für Organisationsberatung und ­ entwicklung, für Informatikdienstleistungen, für Öffentlichkeitsarbeit und für weitere Beratungsdienstleistungen (vgl. BBl 2007 1675, hier 1686 und 1695). Im vorliegenden Bericht werden die Begriffe Expertenmandate und Beratermandate synonym verwendet.

Die in der SBeZ unter der Kategorie 18 erfassten «Dienstleistungen» sind weitgehend deckungsgleich mit den von der PVK-Erhebung erfassten Expertenmandaten.

Zu den hier verwendeten Begriffen und zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen siehe Ziff. 2.

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sierte sie, dass in der Statistik noch viele Zahlungen keiner Kategorie klar zugeordnet werden und der Bundesrat die vorgesehene Schaffung des Vertragsmanagements nicht flächendeckend einführen wolle. Gleichzeitig kündigte die GPK-S an, den Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen später erneut zu überprüfen.

Nachdem mehrere problematische Vorkommnisse im Vergabewesen bekannt wurden ­ Korruptionsfall SECO, Fall ASTRA und Fall Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) ­ reichten die beiden GPK im Frühling 2014 je eine gleichlautende Motion «Dringliche Kontrollmassnahmen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch die Bundesverwaltung» (14.3018 und 14.3289) ein, welche die beschleunigte Einführung eines bundesweiten Vertragsmanagements auf Ende 2014 verlangte. Die Motionen wurden von beiden Räten in der Sommersession 2014 angenommen.

Im April 2014 erhoben die beiden GPK gemeinsam bei allen Departementen und der Bundeskanzlei (BK) Daten über ihre laufenden Dienstleistungsverträge, welche 150 000 Franken übersteigen, mit Angaben über Vergabeverfahren und Auftragnehmer. Im Mai 2014 besprachen sie die erhobenen Daten mit den Departementsvorsteherinnen und -vorstehern sowie der Bundeskanzlerin im Rahmen der Behandlung des Geschäftsberichts 2013 des Bundesrates.

1.2

Untersuchungsauftrag

Am 26. Juni 2014 beauftragte die GPK-S ihre Subkommission EJPD/BK6, eine erweiterte zweite Nachkontrolle zur Inspektion zum Expertenbeizug in der Bundesverwaltung durchzuführen und ihr anschliessend Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen. Der Auftrag umfasste ­

die Überprüfung der Umsetzung der zehn Empfehlungen der GPK-S vom 13. Oktober 2006 (zweite Nachkontrolle),

­

die Überprüfung der Umsetzung der Motionen «Dringliche Kontrollmassnahmen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch die Bundesverwaltung» (14.3018 und 14.3289),

­

den Einbezug einer Auswertung der in den Departementen und der BK im April 2014 erhobenen Daten über laufende Dienstleistungsverträge, sowie

­

die Überprüfung der aktuellen Vorfälle im Beschaffungswesen (Korruptionsfall SECO, Fall ASTRA und Fall ZAS) im Hinblick auf Schwachstellen im System des öffentlichen Beschaffungswesens.

1.3

Vorgehen

Mit Schreiben vom 27. Juni 2014 an den Bundesrat leitete die GPK-S die erweiterte zweite Nachkontrolle ein. Die GPK-S verlangte darin vom Bundesrat einerseits einen aktuellen Umsetzungsbericht zu den zehn Empfehlungen und andererseits 6

Der Subkommission EJPD/BK gehören folgende Ständeräte an: René Imoberdorf (Präsident), Joachim Eder, Peter Föhn, Hans Hess, Claude Janiak und Paul Niederberger

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Auskünfte darüber, wie der Bundesrat die Motionen 14.3018 und 14.3289 umzusetzen gedenkt.

Im Weiteren beauftragte die GPK-S die PVK mit einer Auswertung der im April 2014 erhobenen Daten über die laufenden Dienstleistungsverträge.7 Die Subkommission befasste sich an fünf Sitzungen mit der erweiterten zweiten Nachkontrolle, hörte zwei Bundesräte sowie neun Personen aus der Bundesverwaltung an und holte zusätzliche schriftliche Berichte und Unterlagen ein. Im Weiteren verlangte sie vom Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) die Herausgabe bestimmter Daten aus der SBeZ und beauftragte ihr Sekretariat mit deren Auswertung.

Der vorliegende Bericht wurde von der Subkommission am 21. August 2015 zu Handen der GPK-S genehmigt, anschliessend dem Bundesrat zur Vernehmlassung unterbreitet und am 6. Oktober 2015 von der GPK-S verabschiedet.

2

Ergebnisse der zweiten Nachkontrolle zum Bericht «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung»

2.1

Ausgangslage

Mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 27. Juni 2014 verlangte die GPK-S vom Bundesrat einen Bericht zum aktuellen Umsetzungsstand der zehn Empfehlungen der GPK-S im Bericht zu Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung vom 13. Oktober 2006. In seinem Bericht vom 8. Oktober 2014 nahm der Bundesrat zu den einzelnen Empfehlungen Stellung.

Die Vorsteherin des EFD machte gegenüber der Subkommission am 24. Februar 2015 ergänzende Ausführungen.

2.2

Stand der Umsetzung der zehn Empfehlungen der GPK-S vom 13. Oktober 2006

Empfehlung 1 vom 13. Oktober 2006: Transparenz über externe Politikberater Der Bundesrat sorgt dafür, dass über externe Politikberater, die direkten und massgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen und Ausrichtungen der Departemente und Ämter ausüben, sowie über ihre Mandate Transparenz hergestellt wird.

Nach der Stellungnahme des Bundesrates vom 8. Oktober 2014 und den ergänzenden Auskünften der Vorsteherin des EFD holte die GPK-S weitere Daten zu den externen Politikberatern ein.

Aufgrund der vom Bundesrat erhaltenen Informationen und einer Analyse der Beschaffungszahlungen von 2009­2013 kommt die GPK-S zum klaren Schluss, dass

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Die Ergebnisse der Erhebung werden im Rahmen des vorliegenden Berichts nicht umfassend ausgewertet. Es wird jedoch punktuell wo sinnvoll darauf verwiesen.

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die Empfehlung nicht umgesetzt wurde (zur Analyse und zu den Schlussfolgerungen der GPK-S siehe das separate Kapitel unter Ziff. 3).

Empfehlung 2 vom 13. Oktober 2006: Einbezug der Expertenmandate in die Personalplanung und -politik Der Bundesrat bezieht die Expertenmandate in seine Personalplanung und -politik mit ein und stellt sicher, dass Expertenmandate nur dort vergeben werden, wo sie einen Mehrwert gegenüber angestelltem Personal darstellen, sei es in finanzieller, organisatorischer oder qualitativer Hinsicht.

In seiner Stellungnahme vom 8. Oktober 2014 weist der Bundesrat darauf hin, der Beizug externer Dienstleistungsunterstützung sei dann gerechtfertigt, wenn die intern vorhandenen Kapazitäten oder Kompetenzen nicht ausreichten oder deren Aufbau nicht wirtschaftlich sei. Demnach könne es sinnvoll sein, Leistungsspitzen extern abzudecken. Die Vergabe von Expertenmandaten erfolgt nicht durch die vier zentralen Beschaffungsstellen (armasuisse, Bundesamt für Bauten und Logistik [BBL], ASTRA und Bundesreisezentrale), sondern dezentral durch die Departemente und Ämter. Diese dezentrale Beschaffung ist aus Sicht des Bundesrates sinnvoll, weil «aufgrund der erfahrungsgemäss sehr unterschiedlichen Aufgabenstellungen keine Synergie- und Wirkungseffekte durch eine Zentralisierung erreicht werden können».

Die Antwort des Bundesrates lässt erkennen, dass er keine strikte Umsetzung von Empfehlung 2 beabsichtigt, denn eine solche würde die flexible Vergabemöglichkeit von Expertenmandaten durch die Departemente und Ämter einschränken. Immerhin hält aber das Merkblatt «Beizug von Experten» für die Bundesverwaltung vom 31. August 2010 (Stand: 1. Mai 2014) fest: «Vergeben Sie keine Expertenmandate bei Kern- bzw. Daueraufgaben Ihrer Verwaltungseinheit. Expertenmandate sind primär dann zulässig, wenn sie einen finanziellen, organisatorischen oder qualitativen Mehrwert gegenüber der Leistungserbringung durch angestelltes Personal mit sich bringen.» Somit hat der Bundesrat zwar die Stossrichtung der Empfehlung aufgenommen; die Wirkung eines Merkblattes bleibt jedoch weitgehend unverbindlich.

Mit dem Neuen Führungsmodell der Bundesverwaltung (NFB) wird die Steuerung stärker ergebnisorientiert. Tendenziell wird dadurch die Steuerung durch den Bundesrat bzw. die Departemente und Ämter mittels Personalpolitik eher abnehmen. Die Einführung von Globalbudgets dürfte jedoch insofern in finanzieller Hinsicht eine Steuerungswirkung haben, als
vermehrt auf internes Personal gegenüber teuren Expertenmandaten zurückgegriffen wird.

Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass der Bundesrat die Empfehlung 2 höchstens in der Stossrichtung umzusetzen bereit ist, jedoch keine verbindlichen Massnahmen zu deren Verwirklichung getroffen hat.

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Empfehlung 3 vom 13. Oktober 2006: Bessere Nutzung von internem Fachwissen anstelle von externen Beratungsaufträgen Der Bundesrat prüft Möglichkeiten, wie das Wissen von verwaltungsinternen Fachpersonen und Experten besser genutzt und nach Möglichkeit anstelle von externen Beratungsmandaten eingesetzt werden könnte.

Die Departemente sind gehalten, periodisch zu prüfen, ob bestehende externe Vergaben internalisiert werden können. Der Bundesrat hat für 2015 entschieden, verschiedene bisher extern bezogene Dienstleistungen in Zukunft mit eigenem Personal zu erbringen. Demnach ist vorgesehen, Personalbezüge im Umfang von rund 20 Millionen Franken bzw. 150 Stellen von externen Leistungen zu internalisieren. Zudem ist im Umsetzungskonzept der Personalstrategie Bundesverwaltung 2011 bis 2015 u. a. auch die Förderung bundesverwaltungsinterner Übertritte und Rotationen sowie der Abbau rechtlicher Hürden verankert.

Aus Sicht der GPK-S hat der Bundesrat mit seinen getroffenen Massnahmen und insbesondere mit der konkreten Vorgabe, externe Leistungen zu internalisieren, einen Schritt in die richtige Richtung getan. Allerdings entspricht die Internalisierung im Umfang von 20 Millionen Franken lediglich 2,33 Prozent der im Jahr 2013 für Expertenmandate ausgegebenen 858 Millionen Franken. Die GPK-S wünscht vom Bundesrat eine noch dezidiertere Vorgehensweise.

Empfehlung 1

Verstärkung der Nutzung von internem Fachwissen anstelle von externen Beratungsaufträgen

Der Bundesrat verstärkt die Massnahmen, um das Wissen von verwaltungsinternen Fachpersonen und Experten besser zu nutzen und nach Möglichkeit anstelle von externen Beratungsmandaten einzusetzen. Zielgrösse für die Internalisierung ist dabei 10 Prozent der Ausgaben für externe Experten.

Empfehlung 4 vom 13. Oktober 2006: Personalstellungsverträge Der Bundesrat weist die Aufwendungen für Personalstellungsverträge in der Zusatzdokumentation des Eidgenössischen Personalamtes (EPA) zu den Personalausgaben des Bundes aus.

Die GPK-S hat das Thema Personalstellungsverträge in ihrem Bericht Externe Mitarbeitende der Bundesverwaltung vom 7. Oktober 2014 weiter vertieft.8 Empfehlung 4 wird deshalb im Rahmen dieser Untersuchung weiter behandelt und in der vorliegenden zweiten Nachkontrolle nicht weiter verfolgt.

8

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Externe Mitarbeitende der Bundesverwaltung, Bericht der GPK-S vom 7. Okt. 2014 (BBl 2015 3673)

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Empfehlung 5 vom 13. Oktober 2006: Massnahmen gegen «Dezemberfieber»9 Der Bundesrat prüft geeignete Massnahmen zur Bekämpfung des «Dezemberfiebers». Er sorgt insbesondere dafür, dass die Departemente und Ämter in dieser Frage ihre Führungs- und Kontrollfunktion besser wahrnehmen. Im Weiteren ersucht die GPK-S den Bundesrat abzuklären, ob es sich bei den festgestellten Vorauszahlungen um begründete Einzelfälle handelte, und allenfalls Massnahmen zu treffen, damit unrechtmässige Vorauszahlungen zwecks Ausschöpfung von Budgetkrediten unterbleiben.

Die Evaluation der PVK von 2006 hatte im untersuchten Jahr 2004 deutliche Indizien dafür festgestellt, dass im Dezember Mandate lanciert wurden, um Kreditreste auszuschöpfen. Die Mandate, welche erst im Dezember vergeben wurden, lösten gemessen an der kurzen im Rechnungsjahr noch verbleibenden Laufzeit ein überproportional hohes Zahlungsvolumen aus. 15 Dienststellen hatten gar im Jahre 2004 Zahlungen für Mandate verbucht, die erst im Jahr 2005 begannen (insgesamt 39 Mandate, Zahlungen im Umfang von gut 5 Millionen Franken).10 Empfehlung 5 der GPK-S zielte daher auf bessere Kontrollen sowie auf die Abklärung der fraglichen Vorauszahlungen. Die 39 Einzelfälle (wie sich herausstellte, handelte es sich konkret um 37 Fälle) wurden in der Folge vom Bundesrat bereinigt.11 Im Rahmen der ersten Nachkontrolle der GPK-S verwies der Bundesrat darauf, ein äusserst wirksames Instrument zur Vermeidung von Vorauszahlungen sei die mit dem neuen Rechnungsmodell eingeführte Erleichterung der Kreditübertragung. Mit der Schaffung des Vertragsmanagements Bund (VM BVerw) würden zudem zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, mit griffigen Instrumenten mögliches Fehlverhalten festzustellen.12 Aus der SBeZ 2013 ist ersichtlich, dass der Zahlungsumfang im Dezember 2013 um 89 Prozent höher war als im Durchschnitt der übrigen Monate des Jahres. Laut dem Bundesrat lassen sich die überdurchschnittlich hohen Zahlungen im Dezember hauptsächlich durch den jährlichen Rechnungsabschluss erklären.13 Vorauszahlungen ohne erfolgte Leistung oder Lieferung sind nach den Richtlinien des Neuen Rechnungsmodells Bund (NRM) nicht zulässig. Mit der geplanten Einführung des NFB wird es möglich sein, Reserven zu bilden und bei Mehrerträgen Kredite zu überschreiten und Reserven aufzulösen. stehen.

9

10 11 12

13

Unter dem «Dezemberfieber» versteht man das Phänomen, dass kurz vor Jahresende noch Mandate vergeben werden, in deren Rahmen Vorauszahlungen für erst im Folgejahr zu leistende Arbeiten gewährt werden, um noch vorhandene Kreditreste aufzubrauchen.

Expertenbeizug in der Bundesverwaltung. Bericht der PVK zuhanden der GPK-S vom 16. Juni 2006 (BBl 2007 1675, hier 1702) Jahresbericht 2007 der GPK und der GPDel vom 25. Jan. 2008 (BBl 2008 5061, hier 5116) Nachkontrolle zum Bericht der GPK-S vom 13. Okt. 2006 zu Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung, Bericht des Bundesrates vom 14. Okt. 2009 Reporting Set Beschaffungscontrolling für das Jahr 2013 ­ Bundesrat, Bericht des EFD vom 25. Juli 2014, S. 8

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Nach Meinung der GPK-S dürfte das Problem des «Dezemberfiebers» durch die neuen Instrumente NRM und NFB zumindest entschärft werden, da Kreditresten nicht mehr in jedem Fall per Ende Jahr aufgebraucht werden müssen. Allerdings sollte es der Bundesrat nicht bei der blossen Vermutung bewenden lassen, der überdurchschnittlich hohe Zahlungsumfang im Dezember sei lediglich auf den Rechnungsabschluss zurückzuführen.

Die GPK-S empfiehlt dem Bundesrat, die Frage vertiefter abzuklären. Es ist dabei zu prüfen, ob die neuen Instrumente des Beschaffungscontrollings (SBeZ und VM BVerw) zum Nachweis und zur Bekämpfung des Phänomens «Dezemberfieber» tauglich sind.

Empfehlung 2

Untersuchung der überdurchschnittlich hohen Dezemberzahlungen

Der Bundesrat untersucht, ob es in der Bundesverwaltung Tendenzen zu unerwünschtem oder unrechtmässigem «Dezemberfieber» gibt, und prüft, ob die neuen Instrumente des Beschaffungscontrollings zum Nachweis und zur Bekämpfung des Phänomens «Dezemberfieber» tauglich sind.

Empfehlung 6 vom 13. Oktober 2006: Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, geeignete Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs bei der Vergabe von externen Beratermandaten zu treffen.

Die GPK-S kam aufgrund der Untersuchung der PVK von 2006 zum Schluss, dass in der Bundesverwaltung eine wenig wettbewerbsfreundliche Haltung im Hinblick auf die Vergabe von externen Expertenmandaten vorherrschte. Sechs von zehn Franken (60 Prozent) flossen in Mandate, welche freihändig vergeben wurden. Auch Mandate mit Auftragswerten über 50 000 Franken, welche grundsätzlich in einem Wettbewerbsverfahren zu vergeben sind, wurden gemessen am Zahlungsvolumen zu mehr als der Hälfte (über 50 Prozent) in freihändigen Verfahren vergeben.14 Bei Dienstleistungsaufträgen über dem Schwellenwert flossen sogar fast zwei Drittel der Zahlungen in freihändig vergebene Dienstleistungsaufträge (über 60 Prozent). In Empfehlung 6 forderte die GPK-S deshalb Massnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs bei der Vergabe von externen Beratermandaten.

Der Bundesrat weist in seiner Stellungnahme vom 8. Oktober 2014 darauf hin, dass seit Inkrafttreten der neuen Verordnung über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB)15 auf Anfang 2013 die Güter durch die zentralen Beschaffungsstellen beschafft werden. Dadurch liessen sich weitreichende Einsparungen erzielen.

14 15

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Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung, Bericht der GPK-S vom 13. Okt. 2006 (BBl 2007 1661, hier 1669) Verordnung vom 24. Okt. 2012 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB; SR 172.056.15)

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Bei der Beschaffung von Dienstleistungen lassen sich laut dem Bundesrat nicht vergleichbare Effekte erzielen, weil die Beschaffungsverantwortlichkeit bei den Verwaltungseinheiten liegt (keine Zentralisierung). Diese verfügten aber über das notwendige Wissen und könnten mittels Anwendung der gesetzlich geforderten Beschaffungsverfahren Dienstleistungen wirtschaftlich beziehen. Durch Überwachung und Auswertungen im Rahmen des Beschaffungscontrollings könne der Aspekt der Wettbewerbsorientierung bei den vergebenen Aufträgen überwacht und beurteilt werden.

Seit 2009 befasst sich die Finanzdelegation (FinDel) laufend mit dem Aufbau des strategischen Beschaffungscontrollings und mit der Beschaffungspraxis der Bundesverwaltung im Bereich der freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert.16 Die Bundesverwaltung erhebt zu Handen der FinDel jährlich Daten über die freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert im gesamten Beschaffungswesen gemäss den 22 Kategorien der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ). Diese Daten zeigen, dass die freihändigen Vergaben in den letzten Jahren sehr stark angestiegen sind.17 Die FinDel zeigte sich «beunruhigt» über diese Entwicklung und «erwartet (...), dass Volumen und Anzahl der freihändigen Vergaben über den Schwellenwerten (...) mittelfristig abnehmen und nicht ansteigen».18 Zur Beurteilung der Entwicklung der freihändigen Vergaben über dem gesetzlichen Schwellenwert im spezifischen Bereich der Beratermandate (entspricht im Wesentlichen der Kategorie 18 «Dienstleistungen» der SBeZ) lassen sich den von der FinDel veranlassten Erhebungen19 folgende Angaben entnehmen: Bei den Dienstleistungen (Kat. 18 SBeZ insgesamt) beliefen sich die freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert 2009 auf 163,3 Millionen Franken, 2011 auf 207 Millionen Franken, 2012 auf 201,7 Millionen Franken. 2013 stiegen sie auf 309 Millionen Franken und 2014 betrugen sie 247,6 Millionen Franken.

Bei den zwei wichtigsten Unterkategorien der Dienstleistungen ergibt sich folgendes Bild: Die freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert bei den allgemeinen Beratungs-Dienstleistungen, inkl. Politikberatermandate (Kat. 18.1 SBeZ; vgl. auch Ziff. 3), betrugen 2009 77,4 Millionen Franken, 2011 99,3 Millionen Franken, 2012 77,8 Millionen Franken und stiegen 2013 auf 107 Millionen Franken an. Im Jahr 2014 sanken
sie jedoch markant auf 41 Millionen Franken.

Bei den Informatikdienstleistungen (Kat. 18.2 SBeZ) stiegen die freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert kontinuierlich an. Sie betrugen 2009 81 Millio16

17

18 19

Der Schwellenwert für die öffentliche Vergabe von Dienstleistungen liegt zurzeit bei 230 000 Franken. Für öffentliche Beschaffungen über den WTO-Schwellenwerten gemäss dem Übereinkommen vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (WTO-GTA, SR 0.632.231.422) gilt gemäss dem Bundesgesetz vom 16. Dez. 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) grundsätzlich die Ausschreibungspflicht. Bei Vorliegen einer gesetzlichen Ausnahme (BöB/VöB) ist eine freihändige Vergabe erlaubt.

Steigerung von 370,7 Mio. Franken (364 Vergaben) im Jahr 2009 auf 1167,5 Mio. Franken (639 Vergaben) im Jahr 2014 für die gesamte Bundesverwaltung. Quelle: Bericht des Bundesrates vom 15. April 2015 an die FinDel (nicht öffentlich) Brief der FinDel vom 5. Juni 2014 an den Bundesrat (nicht öffentlich) Bericht des EFD vom 26. März 2015, Beilage zum Schreiben des Bundesrates vom 15. April 2015 an die FinDel (nicht öffentlich)

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nen Franken, 2011 93,1 Millionen Franken, 2012 114,7 Millionen Franken, 2013 169,3 Millionen Franken und 2014 189,6 Millionen Franken.

Die jährliche Datenerhebung zu Handen der FinDel weist zudem aus, in wievielen Fällen von freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert schriftliche Begründungen und juristische Abklärungen für das Vorliegen von gesetzlichen Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht vorliegen. In diesem Bereich ist in der Bundesverwaltung insgesamt eine eher positive Entwicklung zu verzeichnen. 2013 wurden 85 Prozent der Vergaben über dem Schwellenwert schriftlich begründet und 66 Prozent wurden juristisch abgeklärt; 2014 lagen die schriftlichen Begründungen bei 92 Prozent, die juristischen Abklärungen bei 80 Prozent.20 Am 19. September 2014 legte der Bundesrat fest, dass künftig sämtliche freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert schriftlich begründet und juristisch abgeklärt werden müssen.

Die spezifischen Daten zu den schriftlichen Begründungen und den juristischen Abklärungen bei den Dienstleistungen (Kat. 18 SBeZ) liegen der GPK-S nicht vor.

Aufgrund des Gesamtbildes in der Bundesverwaltung kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung auch in diesem Bereich positiv ist.

Die GPK-S stellt fest, dass der Bundesrat zur Umsetzung ihrer Empfehlung 6 betreffend die Stärkung des Wettbewerbs bei der Vergabe von externen Beratermandaten einige Anstrengungen unternommen hat, nicht zuletzt auch dank der intensiven Begleitung des Aufbaus und der Verbesserung des strategischen Beschaffungscontrollings durch die FinDel. Die Absicht des Bundesrates, sämtliche freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert schriftlich zu begründen und juristisch abzuklären, ist zu begrüssen. Die GPK-S erachtet jedoch den Anteil der freihändigen Vergaben von Beratermandaten über dem Schwellenwert immer noch als generell hoch, wenn auch teilweise Verbesserungen festzustellen sind (so sind die freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert im Bereich der allgemeinen BeratungsDienstleistungen, Kat. 18.1, im letzten Jahr deutlich gesunken). Zur Sorge Anlass gibt dagegen der Aufwärtstrend bei den freihändigen Vergaben von Informatikdienstleistungen.21 Die GPK-S erhofft sich vom flächendeckenden Vertragsmanagement (VM BVerw), welches ab 2016 mehr Transparenz über die Beschaffungen des Bundes und deren
Vergabearten bringen soll, eine weitere Verbesserung der Wettbewerbsorientierung bei der Auftragsvergabe. Die GPK-S begrüsst es, dass die FinDel diesen Prozess weiterhin begleiten will. In diesem Sinn erachtet die GPK-S ihre Empfehlung 6 vom 13. Oktober 2006 als eine Daueraufgabe des Bundesrates.

Empfehlung 7 vom 13. Oktober 2006: Klärung des Geltungsbereichs des Beschaffungsrechts Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, in der laufenden Revision des Beschaffungsrechts dessen Geltungsbereich für die Expertenmandate zu klären und im Sinne von vermehrtem Wettbewerb zu konkretisieren. Zudem ist zu prüfen, inwiefern im Rahmen des Beschaffungsrechts den Besonderheiten von Beratermandaten gebührend Rechnung getragen werden kann.

20 21

536

Bericht des Bundesrates vom 15. April 2015 an die FinDel (nicht öffentlich) Zurzeit kann nicht beurteilt werden, wie hoch die Anteile der freihändig vergebenen überschwelligen Mandate gemessen an den Gesamtsummen der Zahlungen pro Kategorie sind, da entsprechende Angaben fehlen.

BBl 2016

Der Bundesrat sieht zurzeit keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Er macht geltend, dass seit dem 1. Januar 2010 sämtliche Dienstleistungsaufträge der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB)22 unterstellt sind und somit auch Expertenmandate nach den Regeln des Beschaffungsrechts beschafft werden müssen. Damit sind sämtliche Expertenmandate mit einem geschätzten Volumen von mehr als 230 000 Franken grundsätzlich offen auf www.simap.ch auszuschreiben und der Zuschlag ist ebenfalls zu publizieren.

Den Besonderheiten von Berater-/Expertenmandaten könne mit der heute geltenden Regelung gebührend Rechnung getragen werden. Insbesondere können wie in jeder anderen Beschaffung nach der VöB Kriterien definiert werden, welche zwingend einzuhalten sind (Eignungskriterien) bzw. welche im Rahmen des Wettbewerbs den Ausschlag für den Zuschlag geben sollen (Zuschlagskriterien).

Nach Meinung der GPK-S wurde den damaligen Forderungen nach gesetzlichen Präzisierungen grundsätzlich Rechnung getragen. Sollte sich zeigen, dass der Anteil der begründeten und wirtschaftlich gerechtfertigten freihändigen Vergaben von Dienstleistungen über dem Schwellenwert weiterhin hoch bleibt, sollte bei einer nächsten Revision des Beschaffungsrechts geprüft werden, wieweit die heutige gesetzliche Regelung der Ausschreibungspflicht von sämtlichen Dienstleistungen über dem Schwellenwert den realen Bedürfnissen in der Verwaltung überhaupt entspricht oder ob sie allenfalls zu Ineffizienz und hohen Kosten führen kann.

Empfehlung 8 vom 13. Oktober 2006: Verbesserung der Information und Ausbildung Der Bundesrat trifft Massnahmen zur Verbesserung der Information und Kommunikation in der Verwaltung und zur gezielten Ausbildung der Verantwortlichen für die Vergabe von Expertenmandaten, mit dem Ziel, einen Mentalitätswandel im Hinblick auf eine verstärkte Wettbewerbsorientierung herbeizuführen.

Der Dienst für Aus- und Weiterbildung des Kompetenzzentrums Beschaffungswesen Bund (KBB) bietet heute ein umfassendes Schulungsprogramm an. Das Angebot an Kurstagen und die Anzahl der Teilnehmenden haben sich von 2010 bis 2013 fast verdoppelt. Beschaffungsexperten des BBL informieren regelmässig im Rahmen von betriebswirtschaftlichen Kursen des Eidgenössischen Personalamtes (EPA). Ab 2015 wird ein spezifischer Kurs zum Beschaffungsrecht für Kader angeboten. Zusätzlich finden in den Departementen Sensibilisierungsmassnahmen mittels eigener Richtlinien und Informationsveranstaltungen statt.

Die GPK-S anerkennt, dass der Bundesrat in den letzten Jahren Massnahmen zur Verbesserung der Information und Kommunikation in der Verwaltung getroffen hat.

Sie erachtet Empfehlung 8 als umgesetzt.

22

Verordnung vom 11. Dez. 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB; SR 172.056.11)

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Empfehlung 9 vom 13. Oktober 2006: Weitere Abklärungen der Frage des Hoflieferantentums23 Der Bundesrat geht der Frage vertieft nach, ob es einen Zusammenhang zwischen fehlendem Wettbewerb bei Expertenmandaten und Folgeaufträgen gibt, und stellt sicher, dass in der Verwaltung keine Fälle von eigentlichem Hoflieferantentum vorkommen.

Die GPK-S stellte 2006 aufgrund der Evaluation der PVK fest, dass in weiten Teilen der Verwaltung nicht nur eine unzureichende Wettbewerbsorientierung herrschte, sondern dass die Untersuchung gleichzeitig auch aufzeigte, dass jeder sechste Expertenfranken in Folgeaufträge floss, wobei in einzelnen Ämtern und Dienststellen der Anteil des Finanzvolumens, das in Folgeaufträge investiert wurde, 40 Prozent und mehr betrug. Zudem bestand eine starke Konzentration der Mittel auf wenige Auftragnehmer. So beanspruchten die 3 Prozent grössten Auftragnehmer rund die Hälfte der gesamten Mittel. Insbesondere die Kombination der beiden Elemente des fehlenden Wettbewerbs und der umfangreichen Folgeaufträge nährte den Verdacht, wonach es in der Verwaltung eigentliche Hoflieferanten gibt.

Allerdings hielt die GPK-S auch fest, dass die PVK-Untersuchung weder den endgültigen Nachweis für ein derartiges Hoflieferantentum erbringen konnte, noch eine gezielte Überprüfung von Folgeaufträgen im Hinblick auf die Verletzung des Beschaffungsrechts vorgenommen hatte. Die GPK-S ersuchte deshalb den Bundesrat, diese Frage vertieft zu untersuchen, zum Beispiel durch einen entsprechenden Auftrag an die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK).24 Der Bundesrat weist in seiner Stellungnahme vom 8. Oktober 2014 zur zweiten Nachkontrolle darauf hin, dass mittels der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) und dem Vertragsmanagement (VM BVerw) nun Auswertungen über die Kreditoren vorgenommen werden können. Im Rahmen der Controllingaktivitäten auf Bundesstufe durch das BBL resp. auf Ebene der Departemente könnten auf der Zeitreihe Auffälligkeiten erkannt und Massnahmen getroffen werden.

Die GPK-S begrüsst es, dass die aufgebauten Controllinginstrumente heute bessere Kontrollen ermöglichen. Sie stellt jedoch fest, dass der Bundesrat ihrem Anliegen, er möge vertieft untersuchen, ob es einen Zusammenhang zwischen fehlendem Wettbewerb bei Expertenmandaten und Folgeaufträgen gibt, bisher nicht nachgekommen
ist. Deshalb empfiehlt die GPK-S dem Bundesrat erneut, die Frage vertieft abzuklären. Es ist dabei zu prüfen, ob die neuen Instrumente des Beschaffungscontrollings (Statistik Beschaffungszahlungen und Vertragsmanagement Bund) zum Nachweis und zur Bekämpfung von wettbewerbsbeschränkenden Folgeaufträgen (Hoflieferantentum) tauglich sind.

23

24

538

Unter Hoflieferanten werden Lieferanten von Gütern oder Dienstleistungen verstanden, die, einmal im Amt verankert, unter Ausschluss oder Einschränkung des Wettbewerbs laufend mit weiteren Aufträgen (Folgeaufträgen) alimentiert werden.

Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung, Bericht der GPK-S vom 13. Okt. 2006 (BBl 2007 1661, hier 1670)

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Empfehlung 3

Untersuchung zur Frage eines möglichen Hoflieferantentums

Der Bundesrat untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen fehlendem Wettbewerb bei Expertenmandaten und Folgeaufträgen gibt, und prüft, ob die neuen Instrumente des Beschaffungscontrollings zum Nachweis und zur Bekämpfung von wettbewerbsbeschränkenden Folgeaufträgen (Hoflieferantentum) tauglich sind.

Empfehlung 10 vom 13. Oktober 2006: Bundesweites und einheitliches Reporting und Koordination aller Arten von Dienstleistungen Der Bundesrat prüft die Schaffung eines bundesweiten und einheitlichen Reportings über die Beschaffung von Dienstleistungen. Er stellt sicher, dass die Departemente einen umfassenden Überblick über die in ihrem Bereich erteilten Beratermandate haben. Im Weiteren sorgt er für eine wirksame Koordination bei der Beschaffung aller Arten von Dienstleistungen.

Zur Überwachung und Steuerung des Vergabewesens des Bundes lancierte der Bundesrat im Jahre 2007 das Projekt «Strategisches Beschaffungscontrolling». Seit Januar 2009 werden die beschaffungsrelevanten Zahlungen in der zentralen Bundesverwaltung erfasst und im BBL ausgewertet.

Am 19. Dezember 2012 verabschiedete der Bundesrat das Konzept Beschaffungscontrolling zur departementsübergreifenden Überwachung und Steuerung der Beschaffungen. Die gesetzlichen Grundlagen dazu wurden mit der Org-VöB am 1. Januar 2013 in Kraft gesetzt. Das Konzept sieht drei Controlling-Instrumente vor: ­

Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ): Diese Anwendung ist heute realisiert. Darin werden die Beschaffungszahlungen der gesamten Bundesverwaltung erfasst. Die Statistik umfasst nicht nur die Beschaffungen im Bereich der Expertenmandate, die Gegenstand des Berichts der GPK-S vom 13. Oktober 2006 waren, sondern sämtliche Arten von Beschaffungen, eingeteilt in 22 Kategorien und weiteren Unterkategorien.

­

Vertragsmanagement Bundesverwaltung (VM BVerw): Es handelt sich um ein IT-unterstütztes Vertragsmanagement-Tool, das künftig flächendeckend gezielte Auswertungen von Verträgen mit Lieferfirmen ermöglicht. Dem VM BVerw, das heute weitgehend umgesetzt ist und 2016 erstmals flächendeckende Daten liefern soll, ist ein eigenes Kapitel des vorliegenden Berichts gewidmet (Ziff. 4).

­

Monitoring nachhaltige Beschaffung (MnB): Zu diesem Instrument wurde im Jahr 2013 ein Pilotprojekt gestartet. Es soll eine Berichterstattung über die Einhaltung wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Aspekte der Beschaffungen ermöglichen (wird im Rahmen dieses Berichts nicht vertieft).

Die GPK-S erachtet die Empfehlung 10 als zu einem grossen Teil umgesetzt.

539

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3

Transparenz über externe Politikberater: Analyse der Daten aus der Statistik Beschaffungszahlungen

3.1

Ausgangslage

In Empfehlung 1 vom 13. Oktober 2006 der Inspektion zu Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung hatte die GPK-S vom Bundesrat mehr Transparenz über externe Politikberater, die direkten und massgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen ausüben, verlangt25. Sie hatte festgestellt, dass sich eine gewisse Problematik dadurch ergeben kann, «dass allfällige externe Politikberater, die regelmässig massgeblichen Einfluss auf die Politikgestaltung ausüben, im Gegensatz zu Amtsdirektoren und Bundesstellen weder einer parlamentarischen Kontrolle unterstehen noch einer durch die Medien hergestellten Öffentlichkeit unterliegen.»26 Die damalige Kritik der GPK-S betraf einerseits die fehlende Transparenz über den Umfang externer Politikberatermandate und die generell mangelhafte Zuordnung der Zahlungen zu den Beschaffungskategorien. Andererseits war es der GPK-S ein Anliegen, dass die Politikberatungen, die nach der Evaluation der PVK im Jahr 2004 144 Millionen Franken kosteten, nicht unkontrolliert weiter wachsen.

In seinem Bericht vom 8. Oktober 2014 zur zweiten Nachkontrolle an die GPK-S gibt der Bundesrat an, dass sich das Controlling der Zahlungen im Bereich der Politikberatungen auf die Daten der Statistik Beschaffungszahlungen des Bundes (SBeZ) stützt.27 In der SBeZ fallen die Zahlungen für Politikberatungsmandate in die Beschaffungskategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen). In dieser gleichen Kategorie werden auch alle weiteren Dienstleistungszahlungen erfasst, die nicht eindeutig einer anderen Dienstleistungskategorie innerhalb der Kategorie 18 (Dienstleistungen) zugewiesen werden können.28 Die GPK-S stellt mit Erstaunen fest, dass neun Jahre nach ihrem ersten Bericht über den Expertenbeizug in der Bundesverwaltung die verlangte Transparenz bezüglich der Politikberatermandate immer noch nicht erfüllt ist. Aufgrund der SBeZ ist es heute nicht möglich, den Anteil und den exakten Umfang der Politikberatermandate 25

26 27

28

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Bericht der GPK-S vom 13. Okt. 2006, Empfehlung 1,: Der Bundesrat sorgt dafür, dass über externe Politikberater, die direkten und massgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen und Ausrichtungen der Departemente und Ämter ausüben, sowie über ihre Mandate Transparenz hergestellt wird. Siehe dazu auch Ziff. 2.2.

BBl 2007 1661, hier 1665 Die Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) ist ein Teil des Beschaffungscontrollings des Bundes (zusammen mit dem Vertragsmanagement und dem Monitoring nachhaltige Beschaffungen). Dieses Instrument funktioniert seit 2009 und ist an das Finanzsystem des Bundes angebunden. In diesem Tool werden die getätigten Zahlungen pro Departement erfasst: Wer (welches Amt) hat was (Güter- oder Dienstleistungskategorie) bei wem (bundesexterner Lieferant) für welchen Betrag (CHF inkl. MWST) bezahlt. Die Zahlungen werden in 22 Kategorien aufgeschlüsselt. Verschiedene Auswertungen der vorgenommenen Zahlungen werden auf dieser Basis vom BBL jährlich durchgeführt.

Die anderen Dienstleistungskategorien in der SBeZ sind: 18.2: Informatikdienstleistungen, 18.3: Betriebswirtschaftliche Beratungs-Dienstleistungen, 18.4: Offentlichkeitsarbeit und Kampagnen sowie 18.5: Sprach- und Übersetzungsdienstleistungen.

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innerhalb der Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen) festzustellen, auch wenn man annehmen kann, dass diese einen beträchtlichen Anteil dieser Kategorie ausmachen.29 Trotz dieser statistischen Intransparenz hat die GPK-S beschlossen, die Entwicklung der Kategorie 18.1 zwischen 2009 und 2013 in diesem Kapitel zu analysieren, um zu überprüfen, wieweit sich die diesbezüglichen Erklärungen des Bundesrates bestätigen lassen.30

3.2

Analyse der Daten

3.2.1

Entwicklung der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0 (Bund insgesamt)

In den Jahren 2009­2013 nahmen die Zahlungen in der Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) von 129 Millionen auf 419 Millionen Franken massiv zu (Tabelle 1). Der Zuwachs der Kategorie 18.1 steht gemäss dem Bundesrat in direktem Zusammenhang mit einer «markanten Reduktion» der Position 22.0 (keiner Kategorie zuordenbare Zahlungen), weil «die Zuordnung präziser und vollständiger erfolgen konnte». Mit anderen Worten geht der Bundesrat davon aus, dass die Zunahme der Kategorie 18.1 (allgemeine BeratungsDienstleistungen inkl. Politikberatermandate) in den Jahren 2009 bis 2013 hauptsächlich eine Folge der Abnahme der Kategorie 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar) war.

Gegenüber der GPK-S31 bestätigte die Vorsteherin des EFD diese Entwicklung und wies darauf hin, dass die Kategorien 18.1 und 22.0 zusammengenommen sogar eine tendenzielle Reduktion aufweisen.

Zur Überprüfung dieser Aussage des Bundesrates verlangte die GPK-S vom EFD die Herausgabe aller Daten aus der SBeZ der Departemente und der BK für die Rubriken 18.1 und 22.0 (2009 bis 2013).32 Auf der Basis dieser Daten wurden die Entwicklung und die Kategorisierung der Dienstleistungszahlungen vertieft analysiert.

Werden die der Kategorien 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl.

Politikberatermandate) und 22.0 (keiner Kategorie zuordenbare Zahlungen) der zentralen Bundesverwaltung insgesamt betrachtet, bestätigen die Daten aus der SBeZ die Aussagen des Bundesrates zur Entwicklung der Zahlungen (Tabelle 1).

Zwischen 2009 und 2013 verringerten sich die keiner Kategorie zuordenbaren Zahlungen deutlich (von 563 auf 187 Millionen Franken) während die Summe der 29 30

31 32

Im Folgenden wird deshalb im vorliegenden Bericht die Bezeichnung «allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate» verwendet.

Da die Daten für das Jahr 2014 zum Zeitpunkt der Berichtsverfassung noch nicht vorhanden waren, werden sie in der folgenden Analyse nicht berücksichtigt. Zur Entwicklung der Ausgaben der Kat. 18.1 im Jahr 2014, siehe Ziff. 3.2.6.

Anhörung von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, Vorsteherin des EFD, 24. Febr. 2015 Brief an die Vorsteherin des EFD vom 12. März 2015

541

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allgemeinen Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate stark zunahm (von 129 auf 419 Millionen Franken).

Tabelle 1: Entwicklung der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0 (2009­2013)

3.2.2

Transfer von Kategorie 22.0 nach Kategorie 18.1

Laut dem Bericht des Bundesrates sowie den Auskünften der Vorsteherin des EFD lässt sich der Zuwachs der Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) damit erklären, dass in den letzten Jahren viele Zahlungen von der Kategorie 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar) in die Kategorie 18.1 transferiert worden seien, was auf eine Verbesserung der statistischen Erfassung zurückzuführen sei.

Jedoch zeigen die Daten aus der SBeZ (Tabelle 1), dass sich diese zwei Kategorien nicht in direkter Abhängigkeit voneinander entwickelt haben. So sind z. B. zwischen 2009 und 2011 die nicht zuordenbaren Zahlungen (Kategorie 22.0) stark zurückgegangen, während die allgemeinen Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberater-

542

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mandate (Kategorie 18.1) in der gleichen Periode viel langsamer gewachsen sind.33 Dagegen ist die Kategorie 18.1 zwischen 2012 und 2013 stark gestiegen, während die Kategorie 22.0 fast unverändert geblieben ist.34 Auf Departementsstufe wird noch deutlicher, dass die Zunahme der Kategorie 18.1 (allgemeine BeratungsDienstleistungen inkl. Politikberatermandate) nicht in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung der Kategorie 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar) steht (vgl. Ziff.

3.2.3).

Eine vertiefte Analyse der einzelnen grossen Kreditoren (Tabelle 2)35 zeigt, dass der Transfer von Kategorie 22.0 (nicht zuordenbare Zahlungen) nach Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) in der Tat nur eine kleine Anzahl der Fälle zwischen 2009 und 2013 betrifft (8,20 Prozent). Die meisten grossen Kreditoren (88 Prozent) wurden immer der gleichen Kategorie zugeschrieben. Diese Analyse ­ auch wenn sie partiell ist36 ­ zeigt deutlich, dass das Argument der «besseren Zuordnung» klar zu relativieren ist.

In Bezug auf die Betragshöhe zeigt eine detaillierte Analyse der grossen Kreditoren für die Jahre 2012 und 2013, dass die Transfers aus der Kategorie 22.0 in diesem Zeitraum nur ungefähr einen Drittel der Steigerung der Kategorie 18.1 erklären (vgl.

Ziff. 3.2.5).

33

34 35

36

Mit anderen Worten: Entweder sind während dieser Periode gewisse Kreditoren der Kategorie 22.0 verschwunden, oder sie wurden anderen Kategorien als der Kategorie 18.1 zugeordnet.

Für eine detaillierte Analyse der Entwicklung von 2012 bis 2013, siehe Ziff. 3.2.5.

Für die Jahre 2009-2013 wurden alle Kreditoren mit einer Vergabesumme von mehr als 100 000 Franken (pro Jahr und pro Departement) berücksichtigt (Anzahl Fälle: 1926) und in einer summarischen Tabelle erfasst. Anhand dieser Tabelle wurde die Entwicklung der Kreditorenkategorisierung (Kat. 18.1 und 22.0) für jedes Departement übersichtlich dargestellt und die Kreditorenkategorisierungen zwischen den Departementen verglichen.

Nur die Kreditoren mit einer Vergabesumme von mehr als 100 000 Franken (pro Jahr und pro Departement) wurden berücksichtigt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich viele Politikberatermandate unterhalb dieser Limite befinden. Ausserdem wurde nur die Anzahl Fälle (nicht aber die Betragshöhe jedes Kreditors) erfasst. Da in der SBeZ keine Angaben zur Art der Dienstleistung vorhanden sind, konnte zudem die inhaltliche Relevanz der Kategorisierung nicht geprüft werden. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die grosse Mehrheit der Kreditoren nur periodisch in der Tabelle erscheint (wird nicht jedes Jahr berücksichtigt). Entweder wurden diese Kreditoren tatsächlich nur zeitweise eingesetzt oder weisen in einzelnen Jahren Vergabesummen unter 100 000 Franken auf. Eine weitere mögliche Erklärung besteht darin, dass ein Teil der grossen Kreditoren in einzelnen Jahren anderen Kategorien zugewiesen wurden, die nicht von der vorliegenden Analyse erfasst sind.

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Tabelle 2: Grosse Kreditoren ­ Entwicklung der SBeZ-Kategorisierung (2009-2013)

Grosse Kreditoren: Entwicklung der SBeZ-Kategorisierung (2009-2013, Bund insgesamt) Die Kreditoren mit einer Vergabesumme von mehr als 100 000 Franken (pro Jahr und pro Departement) wurden berücksichtigt.

Der Kreditor wurde registriert...

Nur unter Kat. 18.1 (allg. Beratungs-Dienstleistungen)

860 Fälle (44,65 %)

Zuerst unter Kat. 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar) dann unter Kat. 18.1 (allg. Beratungs-Dienstleistungen)

158 Fälle (8,20 %)

Nur unter Kat. 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar)

835 Fälle (43,35 %)

Zuerst unter Kat. 18.1 (allg. Beratungs-Dienstleistungen) dann unter Kat. 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar)

24 Fälle (1,25 %)

Entwicklung unklar

49 Fälle (2,54 %)

Total

1926 Fälle (100 %) Quelle: Eidg. Finanzdepartement / Analyse: GPK-S

Die GPK-S kommt aufgrund dieser Analyse zum Schluss, dass die direkte Übertragung der Zahlungen aus der Kategorie 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar) in die Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) nicht als Hauptgrund für den Zuwachs dieser Kategorie gelten kann. Die Kreditorenzahlen bestätigen diesen Zusammenhang nur ganz beschränkt. Die starke Zunahme der Kategorie 18.1 ist vielmehr auf weitere Gründe zurückzuführen (Austausch mit anderen SBeZ-Kategorien, Zuwachs von neuen Kreditoren).37

37

544

Eine Rekonstruktion der Neu- bzw. Umteilungen jedes einzelnen Kreditors wäre sehr aufwändig. Ein Überblick über die Kategorisierung der Zahlungen und ihre Entwicklung im Bereich der Kategorien 18.1 und 22.0 auf der Stufe der Bundesverwaltung ist daher zurzeit nicht möglich.

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3.2.3

Entwicklung der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0 (einzelne Departemente und Bundeskanzlei)

Im Weiteren wurde die Entwicklung der Kategorien 18.1 (allgemeine BeratungsDienstleistungen inkl. Politikberatermandate) und 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar) für jedes Departement und für die BK einzeln geprüft. Der generelle Trend (Senkung der Kategorie 22.0 zusammen mit einer Steigerung der Kategorie 18.1) hat zwischen 2009 und 2013 fast überall stattgefunden.38 Allerdings verlief diese Entwicklung nicht in allen Departementen harmonisch: In gewissen Fällen sind grosse Schwankungen festzustellen. Die Analyse zeigt ausserdem deutlich, dass sich die Kategorie 18.1 in den einzelnen Departementen nicht in direktem Verhältnis zur Kategorie 22.0 entwickelt hat, was der Hypothese einer «besseren Zuordnung» der Kreditoren ebenfalls widerspricht (vgl. dazu Ziff. 3.2.1).

Nach einem positiven Rückgang seit 2009 haben die keiner Kategorie zuordenbaren Zahlungen (Kategorie 22.0) zwischen 2012 und 2013 in 4 Departementen39 sowie in der BK wieder zugenommen ­ in gewissen Fällen sogar erheblich. Dies steht im Gegensatz zum Willen des Bundesrates und der GPK-S, die Transparenz der Zahlungen durch eine präzise Zuordnung der Kreditoren in der SBeZ zu fördern.

3.2.4

Kumuliertes Ergebnis der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0

Die Vorsteherin des EFD betonte gegenüber der GPK-S, dass das kumulierte Ergebnis der Kategorien 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) und 22.0 (keiner Kategorie zuordenbar) heute insgesamt kleiner sei als früher. Mit Blick auf die Daten der SBeZ (Tabelle 1) muss aber diese Aussage relativiert werden. Obwohl sich das Gesamtergebnis zwischen 2009 und 2012 verringerte (von 692 auf 471 Millionen Franken), hat es 2013 wieder stark zugenommen. Das Ergebnis der kumulierten Kategorien 18.1 und 22.0 war 2013 wieder höher (606 Millionen Franken) als 2010 (603 Millionen Franken). Dieser markante Zuwachs lässt sich weitgehend durch eine Zunahme der Kategorie 18.1 (+145 Millionen Franken zwischen 2012 und 2013) erklären.

3.2.5

Spezifische Entwicklung der SBeZ-Kategorien 18.1 und 22.0 zwischen 2012 und 2013

Die vorliegenden Analysen weisen auf eine unbefriedigende Entwicklung der Kategorien 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) und 22.0 (keiner Kategorie zuordenbare Dienstleistungen) zwischen 2012 und 2013 hin. Während dieser Periode hat sich einerseits der Anteil von nicht zuordenbaren 38

39

Zwei Ausnahmen: Im EJPD liegt 2013 die Kategorie 22.0 höher als 2009 (mit einer markanten Zunahme zwischen 2012 und 2013). Im UVEK ist die Kategorie 22.0 zwischen 2009 und 2013 fast unverändert geblieben.

EDA, EDI, EJPD und WBF.

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Zahlungen nur wenig verringert (oder sogar in gewissen Departementen ausgeweitet, siehe dazu Ziff. 3.2.3). Andererseits sind die Kosten für allgemeine BeratungsDienstleistungen inkl. Politikberatermandate stark gestiegen. Deshalb wurden die einzelnen Kreditorendaten aus der SBeZ (grosse Kreditoren40) für die Jahre 2012 und 2013 genauer untersucht, um die Entwicklung dieser zwei Kategorien im Detail zu bewerten.41 Tabelle 3: Grosse Kreditoren ­ Entwicklung der SBeZ-Kategorisierung (2012-2013)

Grosse Kreditoren: Entwicklung der SBeZ-Kategorisierung (2012-2013, Bund insgesamt) Die Kreditoren mit einer Vergabesumme von mehr als 100 000 Franken (pro Jahr und pro Departement) wurden berücksichtigt.

2012:

(in Franken)

2013:

(in Franken)

152 Fälle

Kat. 18.1

89 825 674

Kat. 18.1

85 723 827

203 Fälle

Kat. 18.1

68 978 568

Nicht unter grossen Kreditoren Kat. 18.1

146 240 992

7 Fälle

Kat. 18.1

9 204 021

Kat. 22.0

10 014 977

5 Fälle

Kat. 18.1

5 129 109

Gleichzeitig Kat. 18.1 und 22.0

7 211 338

42 Fälle

Kat. 22.0

23 153 421

Kat. 22.0

23 870 824

99 Fälle

Kat. 22.0

24 122 203

Nicht unter grossen Kreditoren

335 Fälle

Nicht unter grossen Kreditoren

Kat. 22.0

51 446 943

22 Fälle

Kat. 22.0

40 653 409

Kat. 18.1

46 929 112

2 Fälle

Kat. 22.0

1 295 030

Gleichzeitig Kat. 18.1 und 22.0

12 397 967

Gleichzeitig Kat. 18.1 und 22.0

32 420 453

Nicht unter grossen Kreditoren

97 Fälle

8 Fälle 16 Fälle 12 Fälle

Nicht unter grossen Kreditoren

Nicht unter grossen Kreditoren Gleichzeitig Kat. 18.1 und 22.0

11 193 523

Gleichzeitig Kat. 18.1 und 22.0

30 852 023

Kat. 18.1

9 169 739

Quelle: Eidg. Finanzdepartement / Analyse: GPK-S

Die Tabelle zeigt folgende Tendenzen auf: ­

40

41

546

Der Zuwachs der Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) zwischen 2012 und 2013 ist hauptsächlich auf Für diese Analyse wurden alle Kreditoren mit einer Vergabesumme von mehr als 100 000 Franken (pro Jahr und pro Departement) berücksichtigt. Diese Kreditoren machen ca. 65 Prozent aller erfassten Zahlungen aus. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich viele Politikberatermandate unterhalb dieser Limite befinden.

Basierend auf einem Vergleich zwischen den einzelnen Zahlen von 2012 und 2013 wurde jeder grosse Kreditor einer von 13 verschiedenen Kategorien zugeteilt (siehe dazu Tabelle 3). Es ist jedoch zu beachten, dass diese Datenanalyse auf einer zusammenfassenden Ebene bleibt: Die Umstände und die Entwicklung der Kategorisierung konnten nicht für jeden grossen Kreditor individuell untersucht werden. Ebenfalls wird der konkrete Inhalt der einzelnen Verträge in der SBeZ nicht angegeben: Somit ist es nicht möglich, die Richtigkeit der Zuordnung der Verträge zu den SBeZ-Kategorien zu überprüfen.

Die Ergebnisse sind also als Tendenzen zu verstehen.

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einen massiven Zuwachs von neuen grossen Kreditoren (335 Fälle, ca. 146 Millionen Franken) zurückzuführen.42 Mit anderen Worten kosteten die «neuen» grossen Beratungs-Kreditoren von 2013 viel mehr als die «verschwundenen» grossen Beratungs-Kreditoren von 2012 ausmachten (Differenz von ca. 77 Millionen Franken). Ausser dem EJPD und dem WBF weisen alle Departemente eine solche Tendenz auf.43 ­

Die Zahlungen für «unveränderte» grosse Kreditoren der Kategorie 18.1 (152 Fälle) haben sich in fast allen Departementen verringert (insgesamt: Reduktion von 90 auf 86 Millionen Franken).

­

Im Vergleich dazu spielt der Transfer von grossen Kreditoren von Kategorie 22.0 (keiner Kategorie zuordenbare Zahlungen) nach Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) eine viel bescheidenere Rolle (22 Fälle, ca. 47 Millionen, etwa ein Drittel des Zuwachses der Kategorie 18.1).44

­

Im Weiteren ist festzustellen, dass sich 7 grosse Kreditoren gleichzeitig in die andere Richtung bewegt haben und sich 2013 wieder in der Kategorie 22.0 befinden.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Analyse, dass ­ im Gegensatz zur Annahme des Bundesrates ­ die bessere statistische Zuordnung von bisher «nicht zuordenbaren» Dienstleistungsaufträgen höchstwahrscheinlich nicht der Hauptgrund für die vor allem zwischen 2012 und 2013 massive Zunahme der Ausgaben für allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate (Kategorie 18.1) bildete.

Die Zunahme ist vielmehr eine Folge von zahlreichen neu vergebenen Berater- bzw.

Politikberatermandaten.

3.2.6

Entwicklung der SBeZ-Kategorie 18.1 im Jahr 2014

Die statistischen Angaben zu den Beschaffungen für 2014 waren zum Zeitpunkt der Redaktion des vorliegenden Berichts noch nicht publiziert und wurden deshalb in der vorgenannten Analyse nicht mitberücksichtigt. Nach den ersten vorliegenden Informationen aus der SBeZ 201445 ist jedoch eine deutliche Abnahme der Zahlungen in der Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen inkl. Politikberatermandate) festzustellen (245 Mio. Franken gegenüber 419 Mio. Franken im Jahr 2013). Diese Entwicklung weist auf eine restriktivere Ausgabenpolitik in diesem Bereich hin, was die GPK-S begrüsst.

42 43 44 45

Ca. 2/3 dieser «neuen» Kreditoren (273 Fälle, ca. 100 Millionen Franken) traten 2009, 2010 und 2011 nie in der Liste der grossen Kreditoren auf.

Im EDA, EDI, UVEK und VBS ist die Steigerung besonders gross (mehr als 10 Mio. pro Departement).

Ferner stellte sich für die Periode 2012-2013 heraus, dass solche Transfers ausschliesslich in zwei Departementen stattfanden (UVEK und VBS).

Beschaffungszahlungen der BVerw nach Departement für die Beschaffungskategorie 18 Dienstleistungen; Auswertungsperiode: 1. Jan. 2014­31. Dez. 2014, EFD, 11. Aug.

2015

547

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3.3

Schlussfolgerungen der GPK-S und verbleibender Handlungsbedarf

Die GPK-S stellt fest, dass ihre Empfehlung 1 vom 13. Oktober 2006 vom Bundesrat nicht in befriedigendem Mass umgesetzt worden ist.

Wie bereits oben erwähnt, kommt die GPK-S zum Schluss, dass der Bundesrat ihrer Forderung nach Transparenz über externe Politikberater während der letzten neun Jahre kaum Rechnung getragen hat. Die Politikberatermandate befinden sich in der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) innerhalb der Kategorie 18.1 (allgemeine Beratungs-Dienstleistungen) nebst weiteren Beratungs-Dienstleistungen, die keiner anderen Beratungs-Dienstleistungskategorie46 zugeordnet werden können. Somit ist bis heute nicht transparent, wie hoch die Ausgaben für Politikberatermandate tatsächlich sind.

Der Bundesrat gesteht in seinem Bericht vom 8. Oktober 2014 an die GPK-S ein, dass «die heutige Aufteilung der Beschaffungskategorie Dienstleistungen zu wenig fein gegliedert» sei, insbesondere bei der Kategorie 18.1. Er will prüfen, «ob beispielsweise für politikorientierte Beschaffungsmandate, Expertisen oder Auftragsforschung eigene Subkategorien geschaffen werden sollen». Gemäss Angaben der Vorsteherin des EFD sollte diese neue Aufschlüsselung per 1. Januar 2016 umgesetzt werden.

Die GPK-S begrüsst zwar die Bestrebungen des Bundesrates, künftig die Politikberatungsmandate in der Statistik in einer eigenen Kategorie auszuweisen. Diese Massnahme hätte jedoch schon längst umgesetzt werden sollen bzw. spätestens mit der Schaffung der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) im Jahr 2009 getroffen werden können. Die GPK-S muss zur Kenntnis nehmen, dass die Bemühungen des Bundesrates nur ganz beschränkt zum verlangten Ziel geführt haben. Sie erwartet vom Bundesrat, dass dem Anliegen der GPK-S nun umgehend Rechnung getragen wird.

Darüber hinaus deutet eine detaillierte Analyse der Daten aus der SBeZ darauf hin, dass der Bundesrat die Entwicklung der allgemeinen Beratungs-Dienstleistungen (inkl. Politikberatermandate) beschönigend dargestellt hat. Der behauptete «Transfer» von Kategorie 22.0 nach Kategorie 18.1 fand nur ganz beschränkt statt und kann nicht als Haupterklärung für den starken Zuwachs der allgemeinen BeratungsDienstleistungen bzw. Politikberatungszahlungen angeführt werden (Ziff. 3.2.2, 3.2.3 und 3.2.5). Die Untersuchung weist darauf hin, dass insbesondere zwischen 2012 und 2013 massiv
neue Mandate für allgemeine Beratungs-Dienstleistungen bzw. Politikberatermandate erteilt wurden (Ziff. 3.2.5).

Die GPK-S ist beunruhigt über die Entwicklung der Politikberatermandate. Die PVK-Evaluation von 2006 wies für 2004 Zahlungen für Politikberatermandate von rund 144 Millionen Franken nach. Gemäss der SBeZ sind die allgemeinen Beratungs-Dienstleistungen (inkl. Politikberatermandate) zwischen 2009 und 2013 von 129 auf 419 Millionen Franken angewachsen, wovon nach der vorliegenden Analyse nur ein kleiner Teil auf eine verbesserte statistische Erfassung zurückzuführen ist.

46

548

Vgl. Fussnote 28 hiervor.

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Obwohl der Vergleich zwischen der PVK-Evaluation und der Statistik Beschaffungszahlungen wegen der unterschiedlichen Datenbasis nur beschränkt aussagekräftig ist, steht fest, dass die Ausgaben für Politikberatermandate bis 2013 weiter gestiegen sind, ohne dass über deren genaue Entwicklung Transparenz besteht. Die jüngste Entwicklung der Ausgaben in der Kategorie 18.1 (allgemeine BeratungsDienstleistungen inkl. Politikberatermandate) im Jahr 2014 weist jedoch erstmals auf eine Verbesserung in diesem Bereich hin (Ziff. 3.2.6). Diese muss allerdings noch auf Dauer bestätigt werden.

Die GPK-S erwartet im Weiteren, dass der Bundesrat Massnahmen im Hinblick auf eine strengere Regulierung und bessere Begründung der Zahlungen im Bereich der Politikberatungen ergreift. Aus demokratischer Sicht sollte nicht nur die Transparenz, sondern auch die Zweckmässigkeit der Politikberatungsmandate gewährleistet werden.

Schliesslich ist die GPK-S der Meinung, dass die Ausgaben für Politikberatermandate mittelfristig auf tiefem Niveau stabilisiert werden müssen.

Empfehlung 4

Mehr Transparenz, bessere Regulierung und Begründung der Politikberatungsmandate

1.

Der Bundesrat schafft in der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) eine separate Kategorie für politikorientierte Beschaffungen, Expertisen und Auftragsforschung und prüft weitere Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz über die Politikberatungsmandate.

2.

Der Bundesrat definiert klar, was er unter «politikorientiert» versteht, und stellt sicher, dass die Kategorisierung der Expertenmandate auf diese Definition abgestimmt wird.

3.

Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Vergabe von Politikberatungsmandaten zweckmässig reguliert wird und entsprechend begründet werden muss.

4.

Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Gesamtausgaben für externe Politikberatungen mittelfristig auf tiefem Niveau stabilisiert werden.

Beunruhigt ist die GPK-S auch über die Entwicklung der Kategorie 22.0 in letzter Zeit: Nach einem positiven Rückgang seit 2009 haben die «keiner Kategorie zuordenbaren» Zahlungen zwischen 2012 und 2013 in 4 Departementen sowie in der BK wieder zugenommen ­ in gewissen Fällen sogar erheblich (Ziff. 3.2.3). Dies steht im Gegensatz zum Willen des Bundesrates und der GPK-S, die Transparenz der Zahlungen durch eine präzise Zuordnung der Kreditoren in der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) zu fördern. Die GPK ersucht deshalb der Bundesrat, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Quote der Kategorie 22.0 in allen Departementen wieder zu reduzieren.

549

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Empfehlung 5

Verbesserte Zuordnung der Zahlungen in der Statistik Beschaffungszahlungen

Der Bundesrat trifft die nötigen Massnahmen, um die Qualität der Zuordnung der Zahlungen in der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) zu verbessern.

1.

Er strebt eine signifikante und dauerhafte Verringerung der Anzahl von «keiner Kategorie zuordenbaren» Zahlungen (Kat. 22.0) an.

2.

Ein einmal einer Kategorie zugeordneter Kreditor soll für die gleiche Dienstleistung immer der gleichen Kategorie zugeordnet werden.

Die vorliegende Analyse hat im Weiteren gezeigt, dass die im Rahmen der SBeZ erhobenen Daten nicht erlauben, den Inhalt der Mandate und Verträge zu beurteilen.

Da ein Kreditor von einem Jahr zum anderen unterschiedliche Leistungen anbieten kann, gibt der blosse Name der Unternehmung keinen Aufschluss über die Richtigkeit der Klassifizierung und ermöglicht keine vertiefte Analyse der Ausgaben. Die GPK-S erwartet, dass die flächendeckende Einführung des Vertragsmanagements in der Bundesverwaltung diese Situation verbessern wird (vgl. das folgende Kap.)

4

Einführung des Vertragsmanagements Bundesverwaltung und Umsetzung der Motion Dringliche Kontrollmassnahmen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch die Bundesverwaltung

4.1

Ausgangslage

Im Rahmen des Beschaffungscontrollings des Bundes wurde in Ergänzung zur Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) das Vertragsmanagement Bundesverwaltung (VM BVerw) 2009/10 als Instrument für eine harmonisierte Vertragsverwaltung geschaffen. Dieses Tool sollte die Möglichkeit bieten, sämtliche Verträge der Verwaltung zu erfassen, zu dokumentieren und sie mit auswertbaren Parametern zu hinterlegen, um so den Kreislauf eines umfassenden Controllings zu schliessen.47 Betrieb und Unterhalt des Systems werden vom BBL koordiniert.

47

550

Gegenstand und Inhalt des VM BVerw werden in Art. 6 Org-VöB angegeben: Im VM BVerw werden für jeden Vertrag das Datum, die zugrundeliegende Verfahrensart, der Vertragspartner, die Beschaffungskategorie gemäss CPVKlassifizierung (Common Procurement Vocabulary der EU) und der Vertragswert erfasst.

Für die Vergaben über dem Schwellenwert werden dazu noch der Beschaffungsgegenstand und die Informationen zur Publikation auf der Internetplattform für öffentliche Beschaffungen simap.ch angegeben.

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Die Einführung dieses Instruments in der Bundesverwaltung fand zuerst auf freiwilliger Basis statt. In der Anfangsphase schlossen sich 35 Verwaltungseinheiten dem Programm an.

Mit dem Inkrafttreten der Org-VöB am 1. Januar 2013 wurde ein Obligatorium geschaffen, das VM BVerw in allen Verwaltungseinheiten des Bundes einzuführen.

Nach den Ereignissen von Anfang 2014 im SECO, in der ZAS und im ASTRA (vgl.

Ziff. 5) stellte die GPK-S jedoch fest, dass die Einführung des Vertragsmanagements noch nicht konsequent durchgeführt worden war. Zwei gleichlautende Motionen48 der GPK beauftragten daher den Bundesrat, das VM BVerw in der gesamten Bundesverwaltung bis 1. Januar 2015 einzuführen, um «eine gezielte Überprüfung der mit externen Unternehmen abgeschlossenen Verträge zu ermöglichen». Entgegen dem Willen des Bundesrates wurden die beiden Motionen im Juni 2014 von den eidgenössischen Räten deutlich angenommen.49 Im Rahmen der vorliegenden zweiten Nachkontrolle zur Inspektion Expertenbeizug in der Bundesverwaltung liess sich die GPK-S über den Stand der Umsetzung der Motionen und über die bisherigen Erfahrungen in den Departementen mit dem VM BVerw informieren. Dieser Punkt wurde unter anderem im Bericht des Bundesrates vom 8. Oktober 2014 sowie im ergänzenden Brief der Vorsteherin des EFD vom 30. Januar 2015 thematisiert. Des Weiteren wurden vier Mitglieder der Interdepartementalen Arbeitsgruppe Beschaffungscontrolling des Bundes (IDA BC), der Direktor und der Vizedirektor des BBL sowie die Vorsteherin und der stellvertretende Generalsekretär des EFD zu diesem Thema angehört50. Schliesslich wurden allen Departementen und der BK ergänzende Fragen zum Beschaffungscontrolling und zur Einführung des VM BVerw schriftlich gestellt.51 Basierend auf diesen Quellen erfolgt nachfolgend eine Zusammenfassung zum Stand der Einführung des Vertragsmanagements in der Bundesverwaltung sowie zu den ersten Rückmeldungen aus den Departementen.

4.2

Stand der Einführung des Vertragsmanagements in der Bundesverwaltung

Gemäss Beschluss des Parlaments vom Juni 2014 (Motionen GPK 14.3289 und 14.3018) sollte das Vertragsmanagement in allen Verwaltungseinheiten des Bundes per 1. Januar 2015 operativ sein. Die GPK-S nimmt mit Zufriedenheit zur Kenntnis, dass diese Forderung in nahezu allen Verwaltungseinheiten eingehalten wurde. In den meisten Departementen ist eine flächendeckende und systematische Datenerfassung ab 2015 möglich. Die erste komplette Auswertung ist für das Frühjahr 2016 zu erwarten. Es bestehen noch folgende Ausnahmen, die in den nächsten Monaten beseitigt werden sollten: 48

49 50 51

Mo. GPK-N vom 28. Febr. 2014 (14.3018) und Mo. GPK-S vom 25. März 2014 (14.3289) «Dringliche Kontrollmassnahmen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch die Bundesverwaltung» AB 2014 N 893-894 und AB 2014 S 606-607 Eine Liste der angehörten und befragten Personen findet sich in Anhang 1.

Briefe an die Generalsekretariate und die Bundeskanzlei vom 28. Mai 2015

551

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­

Im EDA wurde das VM BVerw noch nicht eingeführt. Das Departement verfügt seit 2001 über sein eigenes elektronisches Vertragsinstrument (ESPRIT). Durch eine manuelle Schnittstelle zum VM-System des Bundes ist jedoch die elektronische Auswertung der EDA-Daten schon ab Anfang 2015 möglich. Die Migration zum VM BVerw findet zwischen Ende 2015 (zentrale Einheiten, schweizerische Vertretungen im Ausland) und Ende 2017 (dezentralisierte Einheiten) statt.52

­

Im UVEK werden die Verträge des ASTRA in einem separatem System (TDcost) geführt, das bis 2018 ins VM BVerw integriert wird.

­

Im VBS wurden die Einheiten Armeeapotheke, Luftwaffe und armasuisse Immobilien noch nicht vollumfänglich integriert. Die Einführung in diesen Einheiten sollte im Laufe des Jahres 2015 abgeschlossen werden. Es bestehen auch noch technische Probleme bei der Umsetzung des Tools im EDVBereich; es konnten aber geeignete Interimslösungen gefunden werden, die per Anfang 2016 abgelöst werden.

­

Im WBF wird bei SECO und Agroscope das Vertragsmanagement per Ende 2015 eingeführt (in Form eines «Vergabemanagements», siehe dazu Ziff. 4.5).

­

Nach Auskunft der Vorsteherin EFD haben ausserdem die folgenden Verwaltungseinheiten das VM BVerw noch nicht vollständig umgesetzt: ALV-Fonds, Bundesanwaltschaft und Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft, Bundesgericht, Bundesstrafgericht, Bundesverwaltungsgericht, Bundespatentgericht, Bahninfrastrukturfonds und Infrastrukturfonds.

Das VM BVerw ist somit in den meisten Verwaltungseinheiten operativ; in den restlichen Fällen ist die Einführung auf dem Weg.

Die Kosten der Einführung sind in den verschiedenen Departementen unterschiedlich hoch, da gewisse Verwaltungseinheiten spezifische Anpassungen des Systems vornehmen mussten (sogenannte «Custom-Lösungen»). Sie betragen zwischen 70 000 Franken (BK) und 2,2 Millionen Franken (VBS).53

52

53

552

Gegenüber der GPK-S hat sich das EDA kritisch zur Ablösung von ESPRIT durch das Vertragsmanagement geäussert. Im Vergleich zum bestehenden System würden im VM BVerw wichtige Schlüsselfunktionalitäten fehlen (Contract-Builder, Anbindung an andere Instrumente und Systeme, Abrechnung von Honorarbezügern, usw.). Laut Aussagen des EDA würde die Einrichtung einer VM BVerw-Custom-Lösung, die die Funktionalitäten von ESPRIT besitzt, mehr als 2,6 Millionen Franken kosten.

BK ca. 72 000 Fr.; EDA ca. 200 000 Deutsche Mark (Kauf von ESPRIT, 2001); EDI ca. 833 000 Fr.; EFD ca. 1 044 000 Fr.; EJPD ca. 603 000 Fr.; UVEK ca. 650 000 Fr.; VBS ca. 2 208 000 Fr.; WBF ca. 1 400 000 Fr.

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4.3

Vertragsmanagement in der Bundesverwaltung: Aktuelle Praxis

4.3.1

Minimalbetrag zur Erfassung der Verträge

Gemäss bundesweit einheitlicher Regelung54 sollen alle Verträge ab 5000 Franken im VM BVerw erfasst werden. Laut Informationen der Departemente wird diese Minimalgrenze fast überall beachtet. Gewisse Einheiten weisen sogar strengere Regeln auf, da die Verwaltungseinheiten frei sind, auch Verträge unterhalb diesem Betrag zu erfassen.55 Die GPK-S hat aber spezifische Ausnahmen zu diesem offiziellen Mindestwert festgestellt: Im EDA werden z. B. Hotelübernachtungen, Restaurant- und Cateringleistungen, Taxifahrten, Mitgliederbeiträge und Abonnemente nur ab 10 000 Franken registriert. Die Eidgenössische Spielbankenkommission (EJPD) und das Staatssekretariat für Migration (EJPD) erfassen die Rechnungen von zentralen Lieferanten (SBB, AirPlus, usw.) nicht. Beim Informatik Service Center ISC-EJPD werden die Verträge im Ausbildungs- und Logistikbereich nicht berücksichtigt.

Aus Sicht der GPK-S führen solche Ausnahmen dazu, dass die Registrierung von einem Departement zum anderen nach uneinheitlichen Standards erfolgt, was zu einer Schwächung der Aussagekraft der Auswertung führt.

4.3.2

Qualität der erfassten Daten

Die meisten Departemente zeigen sich mit der Qualität der Daten, die im VM BVerw erfasst werden, zufrieden. Diese Qualität konnte laut verschiedenen Aussagen laufend gesteigert werden. Mehrmals wurde geltend gemacht, dass die Einführung von Pflichtfeldern im VM-Tool zu einer besseren Datenerfassung geführt hat.

Die Vollintegration des Systems in die SAP-Systeme erlaubt eine gute und sofortige Prüfung und Bewertung der Daten.

Laut mehreren Departementen fehlen aber noch einheitliche übergeordnete Erfassungsregeln auf Bundesebene. Da die Vertragserfassung meistens dezentral in den Verwaltungseinheiten stattfindet, besteht ein gewisses Risiko, dass sich die Daten zwischen den verschiedenen Departementen qualitativ unterscheiden. Aus Sicht der GPK-S sind zur Vergleichbarkeit der Zahlen für die bundesweiten Auswertungen harmonisierte Regeln erforderlich.

54 55

Beschluss des Gesamtkoordinationsausschusses VM BVerw (GKA) und der Betriebskommission des BBL (BeKo VM BVerw) Bundeskanzlei, EDA, EFD (kleine regelmässige vertragliche Verpflichtungen gleicher Beschaffungsgegenstände). Das VBS strebt für die Zukunft an, sämtliche Verträge ab 500 Franken zu erfassen. Die mögliche Option einer generellen Erfassung aller Zahlungen (auch unterhalb von 5 000 Franken) wurde jedoch vom EJPD eher kritisch hintergefragt: «Man sollte hier die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht aus den Augen verlieren. Es bedarf einer klaren Definition, welche Beschaffungen zu erfassen sind und zu welchem Zweck das VM eingesetzt werden soll. Der Fokus sollte auf die korrekte Abwicklung der mittleren und grösseren Beschaffungen gelegt werden (...)».

553

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Mehrere Departemente haben auch darauf hingewiesen, dass die Datenquellen zu den verschiedenen Instrumenten des Beschaffungscontrollings des Bundes (vor allem VM BVerw und SBeZ) besser abgestimmt werden könnten, um eine teilweise redundante Erfassung der Verträge zu vermeiden.56

4.3.3

Dokumentation und Regelungen

Die GPK-S hat sich von allen Departementen über die geltenden Regelungen, Weisungen, Prozesse und weiteren Unterlagen zu den Beschaffungen informieren lassen.

Mit Zufriedenheit stellt sie fest, dass die Bundesverwaltung in letzter Zeit offensichtlich grosse Anstrengungen in diesem Zusammenhang untergenommen hat.

In den meisten Departementen sind spezifische Weisungen, Handbücher und/oder Richtlinien zu den Beschaffungen vorhanden oder in Vorbereitung. Unterschriftsund Kompetenzregelungen sind häufig vorhanden. Spezifische Prozesse sowie Detailbeschreibungen zu den Beschaffungen liegen in vielen Departementen vor. Im Weiteren sind zahlreiche spezifische Dokumente und Regelungen für die einzelnen Verwaltungseinheiten (z. B. Steuerungsbericht der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), Beschaffungsantrag des ASTRA, usw.) vorgesehen.

Als Reporting- und Controllinginstrumente stehen je nach Departement neben dem «klassischen» jährlichen Controllingprozess57 verschiedene Dokumente und Prozesse zur Verfügung.58 Die Beschaffungen im Rahmen von IKT-Grossprojekten werden in den Departementen unterschiedlich gehandhabt.59 Aus Sicht der GPK-S besteht bezüglich Beschaffungsunterlagen ein gewisses Kohärenzproblem zwischen den Departementen. Da jedes Departement frei entscheidet, ob neben den vom BBL herausgegebenen Vorgaben spezifische Weisungen, Prozesse oder Regelungen nötig sind, unterscheiden sich die Unterlagen stark von einem Departement zum anderen. Viele verschiedene, spezifische Lösungen wurden entwickelt. Es ist daher sehr schwierig, einen Überblick über die gegenwärtige Beschaffungsregulierung in den verschiedenen Departementen zu erhalten und

56 57

58

59

554

Siehe dazu auch Eidgenössische Finanzkontrolle: Vertragsmanagement Bund, 17. April 2015.

Jährliches Beschaffungscontrolling an IDA BC, Generalsekretärenkonferenz und Bundesrat sowie jährliche Liste der freihändigen Vergaben über dem Schwellenwert an die FinDel.

Im EDI und UVEK sowie in der BK wurden z. B. spezifische Controllingsysteme eingeführt. Im VBS findet ein Projektcontrolling auf den verschiedenen Stufen des Departementes sowie ein Controlling der strategischen Projekte auf Stufe Departementschef statt.

Im EFD ist eine «departementale Controllingsorganisation» im Aufbau; Im WBF wird eine Liste aller Verträge auf Stufe Departement geführt, und neue departementsspezifische Auswertungen werden bis Ende 2015 entwickelt.

EDI, UVEK und BK verfügen über spezifische Regelungen betreffend Beschaffungen im Rahmen von IKT-Grossprojekten. Im WBF und im UVEK werden IKT-Projekte in einem IKT-Cockpit separat behandelt. Bei allen übrigen Departementen gelten die bestehenden Instrumente des Bundes (BöB und VöB, Handbuch der elektronischen Rechenzentren des Bundes (HERMES)) oder departementale Weisungen zu den Beschaffungen.

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die Departemente miteinander zu vergleichen. Aus diesem Grund kann zurzeit nicht beurteilt werden, ob die aktuellen Regelungen ausreichen oder nicht.

4.3.4

Verantwortlichkeiten und Ressourcen

Auch im Bereich der Verantwortlichkeiten und Ressourcen hat jedes Departement seine eigene Variante entwickelt. Alle Departemente (nicht aber die BK) verfügen über eine Koordinationsstelle in Form eines Kompetenzzentrums, eines VM-Boards oder eines Compliance-Beauftragten.

Die Anzahl bereitgestellter Stellen sowie die Konstellation der Verantwortlichkeiten variieren jedoch stark von einem Departement zum anderen. Meistens sind für Koordination und Steuerung des VM BVerw zwischen 1 und 3 Stellen vorgesehen.

In gewissen Departementen wird eine Stelle pro Amt für die Begleitung des Vertragsmanagements geschaffen. Je nach Departement wird zudem der Rechts- oder Finanzdienst in den Prozess involviert.

Für die meisten Departemente hat das Vertragsmanagement bisher keine übermässigen Auswirkungen auf ihre Ressourcen (Personal und Finanzen) gehabt, indem die neuen Stellen intern kompensiert werden konnten. Kritischer zeigen sich das EFD, das EJPD und das VBS gegenüber dem zusätzlichen Arbeitsaufwand. Die Mehrheit der Befragten ist aber davon überzeugt, dass der Übergang zum VM BVerw letztendlich zu einer Entlastung im Personalbereich führen wird.

Weitere Entwicklungen des VM BVerw (z. B. Vergabemanagement, vgl. Ziff. 4.5) könnten aber auf Schwierigkeiten im Bereich Personalressourcen stossen: Das EFD ist der Meinung, dass der Aufwand für die zukünftigen Querschnittsleistungen des BBL ohne zusätzliche Ressourcen nicht wird abgedeckt werden können. Im gleichen Sinne betont das EJPD, dass eine personelle Aufstockung der Ressourcen «je nach weiterer Entwicklung des VM und des Beschaffungscontrollings unumgänglich wird. Angesichts des erhöhten Ressourcenaufwands sollte deshalb die Erfassung im VM mit Augenmass betrieben werden».

4.3.5

Aus- und Weiterbildung

Die meisten Departemente sowie die BK verweisen auf das Ausbildungsangebot des Kompetenzzentrums Beschaffungswesen Bund (KBB), das ein umfassendes Schulungsprogramm bietet. Laut dem EFD haben sich das Angebot an Kurstagen und die Anzahl der Teilnehmenden zwischen 2010 und 2013 verdoppelt.

Verschiedene spezifische Ausbildungen werden auch in den Departementen intern organisiert, wie z. B. im EDA (Kompetenzzentrum Verträge und Beschaffungen), im WBF (Compliance-Beauftragter) oder im ASTRA (Finanz- und Rechtsdienst).

Einzelne Departemente geben auch an, dass das Thema «Beschaffungen» im Rahmen von internen Informationsanlässen oder Seminaren behandelt wird.

Die GPK-S begrüsst, dass von den Angeboten des KBB immer mehr Gebrauch gemacht wird. Es muss aber auch hier festgestellt werden, dass immer noch Diffe555

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renzen zwischen den Departementen bestehen. Eine optimale Sensibilisierung der Mitarbeitenden und Kader der Bundesverwaltung ist aus Sicht der GPK-S nicht möglich, solange die Regeln zur Ausbildung zwischen den Departementen unterschiedlich festgelegt werden.

4.3.6

Verbleibender Handlungsbedarf

Basierend auf den Informationen der Departemente stellt die GPK-S fest, dass die aktuelle Praxis zum VM BVerw in der Bundesverwaltung in die richtige Richtung geht, auch wenn noch nicht alle «Kinderkrankheiten» beseitigt werden konnten. Es ist nachvollziehbar, dass die Verwaltungseinheiten eine gewisse Zeit brauchen, bis eine Routine erreicht wird, die zu der angestrebten Personalentlastung führen kann.

Aus Sicht der GPK-S liegt die gegenwärtige Problematik hauptsächlich darin, dass jedes Departement eine mehr oder weniger individuelle Praxis zum VM BVerw entwickelt hat, sei es bezüglich Unterlagen, Prozesse, Datenerfassung oder Personalorganisation sowie (in geringerem Masse) Ausbildung. Aus Kohärenz- und Effizienzgründen unterstützt die GPK-S eine Harmonisierung und Konsolidierung der VM-Vorgaben auf Stufe Bund. Die heute bereits bestehenden Bemühungen um gegenseitigen Erfahrungsaustausch und vermehrte Harmonisierung der Prozesse innerhalb der Departemente sowie zwischen den Departementen (Betriebskommission, Gesamtkoordinationsausschuss) sollten gezielt verstärkt werden.

Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass das BBL gegenwärtig ein Projekt zur «Harmonisierung, Standardisierung und Instrumentalisierung der bundesweiten Beschaffungsprozesse» prüft. Diese Harmonisierung wird von mehreren Departementen unterstützt. Die GPK-S empfiehlt dem Bundesrat, die obengenannten Fragen zu Minimalbetrag, Datenerfassung, Unterlagen, Personalressourcen und Ausbildung in diesem Rahmen vertieft zu behandeln und dazu das «Best-Practice»-Prinzip aktiv zu fördern.

Empfehlung 6

Bundesweite Harmonisierung der Vorgaben und der Praxis zum Vertragsmanagement

Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Beschaffungsadministration (Vertragsmanagement, VM BVerw) sich für die ganze Bundesverwaltung auf harmonisierte, standardisierte und instrumentalisierte Vorgaben stützt.

Im Rahmen dieser Harmonisierung widmet er den folgenden Fragen besondere Aufmerksamkeit: Minimalbetrag zur Erfassung der Verträge, Kriterien der Datenerfassung, Unterlagen, Personalressourcen, Ausbildung.

556

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4.4

Vertragsmanagement: Bilanz aus Sicht der Departemente und der Bundeskanzlei

Im Rahmen der vorliegenden Nachkontrolle haben die Departemente und die Bundeskanzlei die folgenden Vorteile des Vertragsmanagements aufgeführt: ­

Zentrale, einheitliche und strukturierte Erfassung der Verträge auf Bundesebene; gute Übersicht über alle Verträge.

­

Transparenz: Das System ermöglicht, die Vergaben einzusehen, zu verfolgen und auszuwerten; Rechtssicherheit durch die systematische Erfassung, Führung und Auswertung.

­

Einfache und einheitliche Auswertbarkeit; stufengerechte und aussagekräftige Auswertungen sind möglich; Basis für ein einheitliches Reporting auf allen Stufen.

­

Reduktion der Kosten für das Beschaffungscontrolling; Optimierung von Lizenzgebühren und Wartungskosten.

­

Bessere Bewirtschaftung der Verträge; das Bündelungspotenzial kann erkannt und genutzt werden.

­

Einfaches und rasches System, auch für Nichtfachleute verständlich, kann aber gleichzeitig auch für Spezialfälle angepasst werden.

­

Das System zwingt dazu, die Verantwortlichkeiten und Kompetenzen klar zu regeln, die Verantwortlichen müssen Rechenschaft ablegen; bessere Sensibilisierung des Kaderpersonals.

­

Markante Verbesserungen im Beschaffungscontrolling, viel mehr schriftliche und juristische Begründungen, viel weniger freihändige Vergaben.

Folgende Nachteile des Vertragsmanagements wurden genannt: ­

Zu langsames System; mehrfache Datenerfassung in verschiedenen Instrumenten; Daten aus simap.ch können nicht automatisiert übertragen und genutzt werden.

­

Zeitaufwändige Datenerfassung; generiert mehr Bürokratie; personeller Mehraufwand und grosser Pflegeaufwand;

­

Fehlende Funktionalitäten im Vergleich zu ESPRIT (EDA)60;

­

Das VM BVerw bietet nur eine rückwärtsgerichtete Betrachtung; das Tool ist vor allem für die Transparenz und nicht für eine präventive Kontrolle geeignet; es erlaubt nicht, die Vergabepolitik gemäss BöB und VöB vollumfänglich sicherzustellen.61

Ein gewisses Optimierungspotenzial liegt laut den Departementen und der Bundeskanzlei in den folgenden Aspekten: 60

61

Das EDA verfügt seit 2001 über sein eigenes System ESPRIT, das unterschiedliche Funktionalitäten bietet. Dieses Tool sollte bis Ende 2017 durch das VM BVerw abgelöst werden (vgl. Ziff. 4.2).

Basierend auf dieser Feststellung haben verschiedene Departemente eine Weiterentwicklung des Systems in Form eines Vergabemanagements vorgeschlagen (siehe Ziff. 4.5).

557

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­

Betriebsoptimierung für den User (Benutzerfreundlichkeit, Geschwindigkeit, Synergien).

­

Vermeidung von Doppelspurigkeiten bei der Datenerfassung zwischen den verschiedenen Controllinginstrumenten; bessere Abstimmung mit der SBeZ; bessere Koordination zwischen GEVER und SAP.

­

Klärung der Beschaffungsregeln bezüglich Rahmenverträge über die Bundesverwaltung (SBB, Post, AirPlus, usw.).

­

Bessere Harmonisierung der Beschaffungsprozesse zwischen den Departementen (vom BBL geplant; vgl. Ziff. 4.3.6 und Empfehlung 6).

4.5

Einführung eines Vergabemanagements

Aus Sicht von einigen Departementen genügt das Vertragsmanagement nicht, um den Vergabeprozess in vollem Umfang abzudecken, weil dieses Tool nur eine rückblickende Analyse ermöglicht und daher keinen präventiven Eingriff erlaubt. Aus diesem Grund hat das WBF beschlossen, ein sogenanntes Vergabemanagement gleichzeitig mit dem VM BVerw einzuführen. Dieses Instrument ist seit dem 1. Januar 2015 in fast allen Verwaltungseinheiten des Departementes verfügbar.

Laut dem EFD hat dieses System zum Ziel, «den gesamten Beschaffungsprozess im VM abzubilden, also nicht nur die Vertragsadministration, sondern auch die Vorphasen wie Bedarf, Evaluation und Vergabe einer Beschaffung».

Dieses zusätzliche Instrument wird von den Departementen unterschiedlich beurteilt.

Das EFD begrüsst die Stossrichtung grundsätzlich. Im EDI und im UVEK wurde die Einführung des Vergabemanagements beantragt, ist aber zurzeit sistiert, bis der im BBL erarbeitete Auftrag zur bundesweit einheitlichen Regelung der Beschaffungsprozesse (vgl. Ziff. 4.3.6) durchgeführt wird.

Das EDA, das VBS und die BK gehen auf eine gewisse Distanz zu diesem Projekt.

Das EDA verfolgt den Prozess und steht ihm «grundsätzlich positiv» gegenüber, wünscht aber, dass seine Bedürfnisse darin beachtet werden. Für das VBS würde das Vergabemanagement eine Doppelspurigkeit zu den bestehenden Beschaffungsprozessen bei armasuisse darstellen, wäre aber für weitere Einheiten sinnvoll. Bei der BK stellt sich aufgrund der geringen Anzahl Beschaffungen die Kosten/NutzenFrage einer Einführung.

Das EJPD schliesslich zeigt sich eher kritisch gegenüber einer flächendeckenden Einführung dieses Tools, das einen zu grossen Aufwand für die kleinen Verwaltungseinheiten mit sich bringe. Laut dem Departement sollte «auf die Einführung von weiteren Instrumenten (...) verzichtet werden zugunsten einer Konsolidierung des Status Quo».

Ein Informationsaustausch zu diesem Tool findet im Gesamtkoordinationsausschuss Bund statt, welcher die Koordination der bundesweiten Bedürfnisse und Aktivitäten im Vertragsmanagement sicherstellt, und wo alle Departemente vertreten sind. In diesem Rahmen berichtet das WBF regelmässig über die Einführung und die Praxis des Vergabemanagements.

558

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Aus Sicht der GPK-S stellt das Vergabemanagement eine sinnvolle Weiterentwicklung des VM BVerw dar, indem es erlaubt, den Beschaffungsprozess laufend zu unterstützen und Unregelmässigkeiten festzustellen bzw. präventiv zu verhindern.

Die Frage stellt sich jedoch, ob es notwendig ist, ein solches Instrument flächendeckend einzuführen, da dies für manche Verwaltungseinheiten mit einem hohen Zeitund Personalaufwand verbunden wäre. Die Antworten der Departemente zeigen auch, dass die Personalressourcen im Bereich Beschaffungscontrolling heute bereits an ihre Grenzen stossen (vgl. Ziff. 4.3.4). Die GPK-S hält es deshalb für sinnvoll, zunächst die durch das BBL eingeleitete Harmonisierung der Beschaffungsprozesse abzuschliessen, bevor die Departemente sich mit einer Einführung des Vergabemanagements beschäftigen. Die GPK-S ist der Meinung, dass eine solche Weiterentwicklung nur im Rahmen der einheitlich standardisierten Beschaffungsprozesse und der sich daraus allfällig ergebenden Standardlösung sinnvoll ist.

5

Einzelne Problemfälle im Beschaffungswesen: Lehren für die Zukunft

Die GPK-S hat beschlossen, im Rahmen ihrer zweiten Nachkontrolle zum Expertenbeizug in der Bundesverwaltung auch die jüngsten Vorfälle im öffentlichen Beschaffungswesen (Korruptionsfall im SECO, Fall ASTRA und Fall ZAS62) im Hinblick auf Schwachstellen im Beschaffungssystem zu überprüfen. Bei der Analyse dieser Vorfälle stehen insbesondere die Wirksamkeit von Controlling- und Aufsichtsinstrumenten im Fokus des Interesses. Die aus den Vorfällen gewonnenen Erkenntnisse sollen im Hinblick auf die Verbesserung der Kontrollinstrumente nutzbar gemacht werden.

Im Folgenden werden die Vorfälle im SECO und im ASTRA kurz dargestellt:

5.1

Korruptionsfall im SECO

Mitte Januar 2014 veröffentlichten verschiedene Medien Informationen über mutmasslich unkorrekte Mandatsvergaben im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO).63 Gemäss einem internen Dokument aus der Verwaltung hätte das SECO zwischen 2009 und 2011 43 Aufträge über dem WTO-Schwellenwert (Totalsumme von ca.

34 Millionen Franken) freihändig vergeben. Diese Zahlungen betrafen das Informatiksystem der Ausgleichsstelle der Arbeitslosenversicherung (ALV).

Am 27. Januar 2014 entschied das WBF, eine Administrativuntersuchung zu diesem Fall einzuleiten. Prof. Urs Saxer aus Zürich wurde mit der Untersuchung beauf-

62

63

Die GPK-S hat mit der FinDel im Rahmen eines Briefwechsels zur Koordination ihrer derzeitigen Oberaufsicht über die Beschaffungen des Bundes vereinbart, dass sich die Finanzkommission des Nationalrates (FK-N) mit dem Fall ZAS befasst (Brief der FinDel vom 17. Dez. 2014; Brief der GPK-S vom 24. März 2015). Deshalb verzichtet die GPK-S im Rahmen des vorliegenden Berichts auf die Behandlung dieses Falles.

Das Seco vergab Millionenaufträge unter der Hand. In: Tages-Anzeiger, 15. Jan. 2014

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tragt.64 Eine departementale Taskforce wurde eingesetzt, um die Untersuchungsarbeiten zu koordinieren und die daraus folgenden Empfehlungen umzusetzen.

Nachdem am 30. Januar 2014 in den Medien ein konkreter Korruptionsverdacht geäussert wurde65, reichte das SECO Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft (BA) ein. Der fehlbare Mitarbeiter wurde identifiziert und freigestellt. Anfang Februar 2014 erklärte der stellvertretende Leiter der Direktion für Arbeit im SECO und direkte Vorgesetzte des verdächtigen Ressortleiters seinen Amtsverzicht aus gesundheitlichen Gründen.66 Ausserdem reagierte das BBL als zentrale Beschaffungsstelle, indem es seine Kompetenzdelegation an das SECO für Beschaffungen der Ausgleichsstelle ALV widerrief.

Im August 2014 veröffentlichte das WBF die Ergebnisse der Administrativuntersuchung von Prof. Urs Saxer.67 Der Bericht kommt zum Schluss, es sei davon auszugehen, dass der Ressortleiter seine Position ausgenutzt habe, um von IT-Firmen private Vorteile in erheblichem Umfang zu beziehen. Einerseits seien die Leistungen in Form von Bargeldzahlungen erfolgt, andererseits habe der Ressorteiter den ITFirmen verschiedene Leistungen in Rechnung gestellt, welche diese dann über fiktive Arbeitsstunden dem SECO weiter verrechnet hätten. Die Leistungen, die der Ressortleiter in dieser Weise erhalten habe, seien vielfältiger Art gewesen: Elektronikgeräte, Besuch von Konzerten und Sportveranstaltungen, Unterstützung (z. B.

Bekleidung) für den Musikverein, dem der Ressortleiter angehörte, usw. Der Bericht vermerkt, dass die gültige Klärung der Vorfälle den strafrechtlichen Untersuchungen vorbehalten bleibe und die Unschuldsvermutung gelte. Das Strafverfahren gegen den ehemaligen Ressortleiter (er wurde im März 2014 entlassen) sowie gegen Verantwortliche der involvierten IT-Firmen ist bei der BA noch hängig.

Der Untersuchungsbeauftragte konstatiert im Weiteren insgesamt eine weitgehende und gravierende Missachtung von Regeln des öffentlichen Beschaffungsrechts und von internen beschaffungsbezogenen Vorgaben. Namentlich hätten zwischen 2006 und 2012 keine öffentlichen Ausschreibungen von Verträgen stattgefunden, obwohl solche erforderlich gewesen wären. Auch Veröffentlichungen freihändiger Vergaben in «simap» seien nicht durchgeführt worden, trotz mehrmaliger entsprechender Aufforderungen. Im
Weiteren habe der Ressortleiter auch gegen interne Verfahrensvorschriften verstossen, insbesondere dadurch, dass er notwendige Unterschriften nicht eingeholt habe.

Ursachen für die aufgedeckten Unregelmässigkeiten fand der Untersuchungsbeauftragte nicht unmittelbar in der Ausgestaltung der Beschaffungsprozesse oder in den damals bestehenden internen Weisungen, sondern in deren Missachtung durch den betroffenen Ressortleiter. Die komplexe Vollzugsstruktur bei der ALV und die unklare Rolle der Aufsichtskommission für den Ausgleichsfonds der ALV (AK ALV) sowie die fehlende Aufsicht der Hierarchie ­ in Zusammenhang mit den 64 65 66 67

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Bundesrat Schneider-Ammann beauftragt Prof. Saxer mit SECO Administrativuntersuchung. Pressemitteilung des WBF, 7. Febr. 2014 Im Seco laufen seit Jahren mutmasslich korrupte Geschäfte. In: Tages-Anzeiger, 30. Jan. 2014 Kadermann verlässt das SECO. In: NZZ, 13. Febr. 2014 SECO-Administrativuntersuchung. Mandatsvergaben im lT-Bereich und Überprüfung der Rechtmässigkeit der Beschaffungsprozesse der Ausgleichsstelle der ALV, Bericht des Untersuchungsbeauftragten, Prof. Dr. Urs Saxer LL.M., Zürich, 26. Juli 2014

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Gesundheitsproblemen des Linienvorgesetzten ­ hätten die Kontrolle in diesem Bereich erschwert. Die Untersuchung hielt weiter fest, dass die Befolgung von Rechtsnormen gegenüber der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Systems als nachrangig erachtet wurde.

Der SECO-Administrativuntersuchung ist weiter zu entnehmen, dass das auffällige Verhalten des Ressortleiters bereits eine lange Vorgeschichte hatte: Schon 1992 erging gegen diesen Mitarbeiter eine Disziplinarverfügung, deren Inhalt allerdings nicht bekannt ist. 1997 war derselbe Mitarbeiter in eine Administrativuntersuchung involviert, die finanzielle Unregelmässigkeiten, ferner schon damals Lieferantengeschenke, sog. schwarze Kassen, sowie finanzielle Transaktionen in Verbindung mit dem Erwerb von Liegenschaften in Spanien durch ihn und dessen Ehefrau zum Gegenstand hatte. Der damalige Untersuchungsbeauftragte kam zwar zum Schluss, diesem Mitarbeiter sei nichts vorzuwerfen, doch wurde noch vor der Anordnung der Administrativuntersuchung in einer BIGA-internen Notiz68 dem damaligen BIGADirektor die Versetzung des fraglichen Funktionärs in eine Position mit weniger Ausgabenverantwortung beantragt, unter anderem weil er ohne Zustimmung der Abteilungsleitung wesentliche Einkäufe selber ausführte und an fragwürdigen Ausgaben beteiligt war. Dieser Antrag blieb jedoch unbeachtet.69 Schliesslich wurde 2005 durch die BA gegen den Ressortleiter eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsführung und des Sich-bestechen-Lassens eröffnet.

Dabei ging es um die Frage, ob dieser für die Vergabe von Aufträgen im Rahmen seiner Tätigkeit für das SECO persönlich Geld von IBM erhalten habe. Das Verfahren wurde nach knapp zwei Jahren ergebnislos eingestellt, da es ihm offenbar gelang, die verdächtigen Zahlungen auf seinem Konto hinreichend zu erklären.

Die SECO-Administrativuntersuchung enthält verschiedene Empfehlungen: Verbesserung der Compliance, saubere Dossierführung, ständige Nachführung der Datenbank zu den Beschaffungen, Zentralisierung und Professionalisierung des Beschaffungswesens, systematische juristische Prüfung beabsichtigter Beschaffungen und Vier-Augen-Prinzip bei Bestellungen. Mittelfristig empfiehlt der Bericht eine Reorganisation des Leistungsbereichs und eine Überprüfung der Vollzugsorganisation der ALV.

Nach der
Veröffentlichung des Untersuchungsberichts gab das WBF bekannt, dass bereits eine Reihe von Massnahmen zur Neudefinition der Beschaffungsregeln und Stärkung des Controllings getroffen worden seien. Weitere Massnahmen sollten bis Ende 2014 umgesetzt werden. Der Departementsvorsteher informierte, dass er im Hinblick auf die Reorganisation der Ausgleichsstelle ALV einen Experten ernennen und beauftragen werde.70 Vor der Subkommission informierte der Vorsteher des WBF, dass die IT-Strukturen der ALV seit Februar 2014 durch eine externe Beratungsfirma überprüft wurden; ferner wurde das Bundesamt für Justiz (BJ) mit einer Analyse der Rolle der AK ALV beauftragt, was als Basis für die Reorganisation des Leistungsbereichs diente.

68 69 70

BIGA: Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (bis 1999) Bericht SECO-Administrativuntersuchung, S. 3 Präsentation der nach der Administrativuntersuchung im SECO getroffenen Massnahmen, Medienmitteilung des SECO, 21. Aug. 2014

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Das BBL wurde in den Prozess einbezogen, und alle Beschaffungen im Bereich Arbeitsmarkt/ALV wurden zentralisiert.

Nach Angaben des Vorstehers des WBF hat das Departement praktisch alle vorgeschlagenen Massnahmen von Prof. Saxer unterstützt und so weit wie möglich umgesetzt.71 Eine Verbesserung ergebe sich durch eine bessere Trennung der Verantwortlichkeiten sowie eine ständige Begleitung der IT-Projekte durch die Steuerungsorgane des WBF-Generalsekretariats. Die Reorganisation des betroffenen Leistungsbereichs sollte Mitte 2015 abgeschlossen sein. Laut dem Departementsvorsteher könnten die erwähnten Mängel als behoben betrachtet werden. Er versicherte, dass jetzt im SECO eine Kultur der Transparenz herrsche. Einige weitere Punkte wurden als noch offen dargestellt.

Der Vorsteher des WBF teilte der Subkommission ferner mit, dass er Dr. Klaus Hug mit einer Studie über die Neueinteilung der ALV (Verselbständigung oder vollständige Integration ins SECO) beauftragt habe. Dieser Bericht soll auch Empfehlungen im Bereich der Good Governance liefern.

Aus Sicht der GPK-S können hauptsächlich folgende Lehren aus dem Fall gezogen werden: ­

Zunächst ist die Wichtigkeit einer strikten Trennung der Verantwortlichkeiten im Beschaffungsprozess zwischen den Bedarfsträgern und den Beschaffern hervorzuheben. Diese Trennung sollte u. a. mit der Schaffung zentraler Beschaffungsstellen und standardisierten Prozessen umgesetzt werden; sie sollten aber auch dort durchgesetzt werden, wo Beschaffungskompetenzen an Einheiten delegiert sind.

­

Der Vorfall zeigt aber auch die Unentbehrlichkeit von wirksamen Controlling- und Aufsichtsinstrumenten, die damals im SECO deutlich ungenügend waren. Dieser Punkt steht in enger Verbindung mit der Empfehlung 10 des Berichts der GPK-S zum Expertenbeizug vom 13. Oktober 2006 (vgl. Ziff. 2 und 4), die mit dem Aufbau des strategischen Beschaffungscontrollings heute bereits einen relativ guten Umsetzungsstand erreicht hat, sich aber noch in der konkreten Ausgestaltung und Handhabung des Vertragsmanagements bewähren muss. Das WBF ist in diesem Zusammenhang noch einen Schritt weiter gegangen und hat zusätzlich das neue Instrument des «Vergabemanagements» eingeführt (vgl. Ziff. 4.5), das eine weitgehende Begleitung der Beschaffungen erlaubt.

­

Schliesslich zeigt der Fall in aller Deutlichkeit auf, dass bewusstem menschlichem Fehlverhalten von Mitarbeitenden vor allem auch durch Führungsverantwortung der Vorgesetzten in der Linie begegnet werden muss. Im vorliegenden Fall ist kaum nachvollziehbar, wie die Linienvorgesetzten alle Warnsignale missachten konnten und blind vertraut haben.

Die GPK-S kommt zum Schluss, dass das WBF auf den Korruptionsfall mit angemessenen Massnahmen reagiert hat. Es stellt sich jedoch die grundsätzliche Frage, ob und inwiefern ein solcher Fall mithilfe des Beschaffungscontrollings in Zukunft vermieden werden kann und inwiefern künftige Verstösse gegen das Beschaffungs71

562

Einzig die Empfehlung für eine Geschenkdatenbank sei abgelehnt worden.

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recht durch die Departemente auch wirklich kontrolliert und sanktioniert werden.

Die GPK-S behält sich vor, die weitere Entwicklung des Beschaffungscontrollings in den Departementen und dessen Bewährung bei allfälligen künftigen Unregelmässigkeiten zu einem späteren Zeitpunkt zu überprüfen.

5.2

IT-Anwendung TDcost im Bundesamt für Strassen72

Ein Bericht der EFK zur IT-Anwendung TDcost im Bundesamt für Strassen (ASTRA)73 gelangte im Februar 2014 vorzeitig in die Medien74 und sorgte für Aufsehen. Das ASTRA führte TDcost 2008 ein, als der Bund im Rahmen des Neuen Finanzausgleichs (NFA) die Nationalstrassen von den Kantonen übernahm. TDcost wird seither laufend ausgebaut. Die Anwendung dient zur Verwaltung der Kostenvoranschläge, Kredite, Verträge und Rechnungen, zur Planung der Investitionen und der Vergaben sowie zur Verwaltung des Jahresbudgets. TDcost ist ein Vorsystem des Buchhaltungssystems des Bundes, über welches jährlich über 22 000 Rechnungen in der Höhe von insgesamt mehr als 1,5 Milliarden Franken abgewickelt werden. Das eigentliche Zahlungs- und Buchhaltungssystem des Bundes ist jedoch SAP.

Der EFK-Bericht stellte fest, dass die ursprüngliche Standard-Lösung, die 1,6 Millionen Franken gekostet hatte, für 4,2 Millionen Franken zu einer spezifischen Bundeslösung weiterentwickelt wurde. Dies habe zu sehr grossen Abhängigkeiten vom Lieferanten (techdata) wie auch vom Subunternehmer (TRIVADIS) in personeller und technischer Hinsicht geführt. Diese Dreiecksbeziehung sei kostenintensiv und schränke das ASTRA bei allfälligen Preisverhandlungen stark ein, da es für Weiterentwicklungen momentan gar keine Alternativen gebe. Zudem sei das Wissen über TDcost sowohl bei techdata als auch bei TRIVADIS, aber auch amtsintern, auf wenige Personen verteilt.

Die Monopolstellung des Lieferanten führte dazu, dass mehrere Folgeaufträge freihändig an diesen Lieferanten vergeben wurden, was nach Artikel 13 VöB in solchen Fällen grundsätzlich zulässig ist. Nach Angaben des Generalsekretärs des UVEK vor der GPK-N werden im ASTRA alle freihändigen Vergaben begründet und juristisch überprüft sowie auf der Ausschreibungsplattform des Bundes «simap» publiziert.75 Weiter zeigte der Bericht der EFK verschiedene Risiken und Mängel auf. TDcost genüge den Qualitätsanforderungen an ein Vorsystem des Buchhaltungssystems des Bundes nicht, denn die Anforderungen an die Datensicherheit, die Belegsicherheit, 72 73 74 75

Bei der Beurteilung der Kritik an der IT-Anwendung TDcost konnte sich die GPK-S auf Informationen der GPK-N stützen, die zu diesem Thema Anhörungen durchgeführt hat.

Funktionsprüfung der Projektgenerierungs- und Kreditorenprozesse in TDcost, Bericht der EFK vom 27. Aug. 2013 Ex Firma des Amtsdirektors profitiert von Insiderwissen. In: BZ, 13. Febr. 2014 In den im April 2014 von beiden GPK bei allen Departementen und der BK erhobenen Daten über ihre laufenden Dienstleistungsverträge, welche 150 000 Franken übersteigen, schnitt der Bereich Nationalstrassen im Vergleich zur Bundesverwaltung insgesamt gut ab: 5 Prozent der 994 Mio. Franken umfassenden, über dem Schwellenwert von 230 000 Franken liegenden Aufträge der Kategorie Nationalstrassen wurden freihändig vergeben, gegenüber einem Durchschnittswert beim Bund von 31 Prozent.

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die Journalisierung und das interne Kontrollsystem seien zu wenig ausgebaut. Auf Grund der bestehenden Sicherheitslücken erscheine es durchaus möglich, dass fiktive Rechnungen verbucht werden könnten und dass diese auch bezahlt würden.

Die bestehenden Kontrolllücken müssten umgehend geschlossen werden. Allerdings wies der Bericht darauf hin, dass keine Hinweise auf konkrete Missbräuche festgestellt wurden. Die EFK empfahl, mittelfristig die Ablösung von TDcost zu prüfen, statt weitere teure Anpassungen an TDcost vorzunehmen.

Die EFK wies ausserdem darauf hin, die besagten IT-Firmen hätten umfassende Einsicht in alle Informationen und Daten der TDcost Applikation, womit sie sich gemäss Erkenntnissen der EFK auch über allfällige Aufträge an die Konkurrenz informieren könnten. Damit könnten sich die Lieferfirmen möglicherweise unlautere Vorteile verschaffen. Die EFK merkte an, dass sie jedoch nicht habe untersuchen können, ob die Lieferfirmen im gegebenen Fall dieses Wissen zu ihrem Vorteil ausgenutzt haben.

In den Medien wurde im Weiteren thematisiert, dass der damalige Direktor des ASTRA, der bis 1996 Geschäftsführer von techdata war, die Firma begünstigt haben könnte.

Die Vorsteherin des UVEK informierte die GPK-N anlässlich der Anhörung vom 4. April 2014 in Bezug auf den eruierten Verbesserungsbedarf, dass ab 2018 eine SAP-basierte Ablösung für TDcost eingeführt werden soll. Weiter seien die Empfehlungen der EFK mehrheitlich umgesetzt, so zum Beispiel die Einführung des VierAugen-Prinzips bei der Genehmigung und Freigabe der Rechnungen. In Bezug auf die Rolle des ehemaligen Direktors des ASTRA betonte sie, das Departement habe die entsprechenden Vorwürfe überprüft. Der erste Auftrag an techdata sei im Jahr 2000, also vor dem Amtsantritt des Direktors, erfolgt, und erst zehn Jahre nach seinem Ausscheiden bei techdata habe das ASTRA den ersten TDcost-Auftrag an diese Firma erteilt. Der Direktor des ASTRA sei im Weiteren bei diesen Vergaben geschäftsleitungsintern im Ausstand gewesen. Weiter betonte die Vorsteherin des UVEK, techdata habe keinen Zugriff auf die Geschäftsverwaltung des ASTRA. Der Vorwurf, techdata könnte sich Vorteile verschafft haben, sei somit nicht haltbar.

Dass der Direktor des ASTRA bei Vergaben an die techdata im Ausstand war, bestätigte im Übrigen die EFK gegenüber der GPK-N.
Anzumerken ist, dass das UVEK als erstes Departement im Jahr 2014 ein zentrales Vertragsmanagement für IKT-Verträge eingeführt hat mit dem Ziel, eine Statistik über die Einhaltung der ursprünglich festgesetzten Kostenvorgaben zu erhalten (vgl.

Ziff. 4). In der Anhörung durch die GPK-N führte der Generalsekretär des UVEK aus, dass das Vertragsmanagement über das ganze UVEK mitunter deshalb eingeführt wurde, um die Erfahrungen mit Anbietern bezüglich deren Angebot und nicht kalkulierten Nachfolgearbeiten über das gesamte Departement hinweg zu vergleichen. Da es sich bei den verschiedenen Bundesämtern oft um dieselben Firmen handle, könne man die Anbieter auf diese Weise daran messen, ob sie ihre Offerten eingehalten haben.

Aus Sicht der GPK-S können hauptsächlich folgende Lehren aus dem Fall gezogen werden:

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­

Die im Fall TDcost festgestellten grossen Abhängigkeiten zu den IT-Lieferanten unterstreichen die Notwendigkeit der Einführung eines flächendeckenden Vertragsmanagements (vgl. Ziff. 4). In enger Verbindung zur vorliegenden Problematik steht Empfehlung 9 aus dem Bericht der GPK-S vom 13. Oktober 2006 sowie die neue Empfehlung 3 dieses Berichts zum Hoflieferantentum (vgl. Ziff. 2).

­

In Bezug auf Folgeaufträge sollte bei der kommenden Totalrevision des BöB eine Regelung geprüft werden, wonach die Beschaffungsstelle die Vertragsdauer bei der Vergabe von wiederkehrenden Leistungen grundsätzlich befristen sollte, damit bei Rahmenverträgen der Wettbewerb nach der gesetzten Frist wieder hergestellt würde. Ausnahmen wären zu begründen.76

­

Die GPK-S unterstützt den Vorschlag der EFK77, wonach der Anbieter bei fehlendem Wettbewerb (namentlich bei freihändigen Vergaben) ein Einsichtsrecht in ihre Preiskalkulation zu gewähren hat. Das Einsichtsrecht soll von Gesetzes wegen gelten und nicht wie bisher eine separate Vereinbarung bedingen.

6

Weiteres Vorgehen

Die GPK-S überweist diesen Bericht samt Empfehlungen an den Bundesrat und ersucht ihn, bis Ende Februar 2016 dazu Stellung zu nehmen. In seiner Stellungnahme zeigt der Bundesrat auch auf, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der GPK-S umzusetzen gedenkt.

6. Oktober 2015

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Der Präsident: Hans Hess, Ständerat Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EJPD/BK: René Imoberdorf, Ständerat Für das Sekretariat der Subkommission: Irene Moser

76

77

Der Bundesrat brachte diesen Vorschlag bereits im Rahmen der Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (Vorentwurf BöB vom 30. Mai 2008) ein. Im Vernehmlassungsentwurf BöB vom 1. April 2015 fehlt die Regelung allerdings.

Die EFK äusserte den Vorschlag gegenüber der GPK-N anlässlich ihrer Anhörung vom 28. Febr. 2014. Er hat Eingang im Vernehmlassungsentwurf BöB (Art. 18) gefunden.

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Abkürzungsverzeichnis AK ALV ALV ASTRA BA BeKo BBl BBL BIGA BJ BK BöB CHF CPV DEZA EDA EDI EDV EFD EFK EJPD EPA ESPRIT EU FinDel FK-N GEVER GKA GPK-S GS HERMES IDA BC IKT ISC-EJPD IT 566

Aufsichtskommission ALV Arbeitslosenversicherung Bundesamt für Strassen (UVEK) Bundesanwaltschaft Betriebskommission Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik (EFD) Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (bis 1999) Bundesamt für Justiz (EJPD) Bundeskanzlei Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1) Schweizer Franken Common Procurement Vocabulary der EU Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (EDA) Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Elektronische Datenverarbeitung Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössisches Personalamt (EFD) Einkauf von Serviceleistungen für Projekte, Rechnungsprüfung, Information und Terminsteuerung Europäische Union Finanzdelegation der Bundesversammlung Finanzkommission des Nationalrates Geschäftsverwaltung Bund Gesamtkoordinationsausschuss VM BVerw Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Generalsekretariat Handbuch der Elektronischen Rechenzentren des Bundes, eine Methode zur Entwicklung von Systemen Interdepartementale Arbeitsgruppe Beschaffungscontrolling des Bundes Informations- und Kommunikationstechnik Informatik Service Center EJPD Informationstechnologie

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KBB MnB MWST

Kompetenzzentrum Beschaffungswesen Bund Monitoring nachhaltige Beschaffung Mehrwertsteuer

NFA

Neuer Finanzausgleich (Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen) NFB Neues Führungsmodell für die Bundesverwaltung NRM Neues Rechnungsmodell Bund Org-VöB Verordnung vom 24. Oktober 2012 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (SR 172.056.15) PVK Parlamentarische Verwaltungskontrolle SAP Standard ERP-System der Firma SAP (Systeme, Anwendungen und Produkte) SBeZ Statistik Beschaffungszahlungen des Bundes SBB Schweizerische Bundesbahnen SECO Staatssekretariat für Wirtschaft (WBF) simap Schweizerische Beschaffungsplattform von Bund und Kantonen, www.simap.ch SR Systematische Rechtssammlung TDcost Anwendung für das Projektmanagement (Nationalstrassenprojekte) UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation VBS Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VM BVerw Vertragsmanagement der Bundesverwaltung VöB Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.11) WBF Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WTO-GTA Übereinkommen vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.632.231.422) ZAS Zentrale Ausgleichsstelle

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Anhang 1

Angehörte und befragte Personen ­

Graf René, Vizedirektor des BBL und Vorsitzender der IDA BC

­

Hänni Silvio, stv. Generalsekretär des EFD

­

Imhof Rolf, Leiter Finanzen und Logistik im GS WBF, Mitglied der IDA BC

­

Marchand Gustave-Ernest, Direktor des BBL

­

Müller Kaspar, Leiter Finanzen und Controlling im GS UVEK, Mitglied der IDA BC

­

Rivera Anne, Chefin des Kompetenzzentrums Verträge und Beschaffungen im GS EDA, Mitglied der IDA BC

­

Schärli Oliver, Leiter des Bereichs Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung des SECO

­

Schneider-Ammann Johann N., Vorsteher des WBF

­

Widmer-Schlumpf Eveline, Vorsteherin des EFD

­

Zentner Alain, Leiter Finanzen im GS EDI, Mitglied der IDA BC

­

Zürcher Boris, Leiter der Direktion für Arbeit des SECO

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