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Schweizerisches Bundesblatt.

XXVI. Jahrgang. III.

Nr. 51.

28. November 1874.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ückun gsg b ü h per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und expédition derStämpflischennBuchdruckereii in Bern.

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Bundesgesez über

Militärpensionen und Entschädigungen.

(Vom 13. Wintermonat 1874.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g d e r s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a, f t, in Ausführung des Artikels 18, Lemma 2 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874; in Abänderung des eidg. Pensionsgesezes vom 7. Augstmonat 1852 (DI, 211); nach Einsicht einer Botschaft des Bundesratlies vom 27. Mai 1874, beschließt: I. Abschnitt.

Bedingungen des Rechts auf Entschädigung.

Art. 1. Zu einer Entschädigung sind diejenigen Wehrmänner berechtigt, welche in Folge von Verlegungen, Verstümmelungen Krankheiten oder Gebrechen, mit Rücksicht auf ihren Erwerb, einen vorübergehenden oder dauernden Nachtheil erlitten haben, vorausgesezt, daß ihr Lebensunterhalt ganz oder teilweis auf diesen Erwerb gegründet, sowie daß die Verletzung Verstümmelung, Krankheit oder Gebrechen im Kampfe mit dem Feinde, oder in Folge von Anstrengungen, Zufällen oder gesundheitsgefährdenden Einflüssen in einem eidgenössischen Dienste entstanden sei. Die Bestimmungen des Art. 4 bleiben vorbehalten.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. III.

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530 Art. 2. Ist ein Wehrmann im Kampfe mit dem Feinde geblieben, oder ist derselbe in Folge der irn eidgenössischen Dienste erlittenen Verwundung oder Krankheit gestorben, so haben gemäß den nachstehenden Artikeln die Hinterlassenen (Art. 3) Anspruch auf Entschädigung, wenn ihr Lebensunterhalt ganz oder theilweise durch den Erwerb des Verstorbenea bedingt war.

Art. 3. Zum Bezüge einer Entschädigung sind folgende Hinterlassene berechtigt : a. die Witwe, b. die Kinder.

Die Witwe und die Kin 1er haben auch dann Anspruch auf eine Entschädigung, wenn die Ehe, in der die Erstere mit dem Verstorbenen lebte, oder in welcher die Leztern erzeugt worden, nach dem Zeitpunkte zu Stande kam, in welchem die Verwundung oder die Krankheit, die den Tod herbeiführte, entstanden waren.

c. die Eltein, d. die Geschwister, e. die Großeltern.

Pensionsberechtigt ist zunächst die Witwe; ist keine vorhanden, oder erlischt ihre Berechtigung aus irgend einem Grunde, so folgen die Hintei-lassenen nach der obigen Reihenfolge, so daß die Kinder die Eltern u. s. w. ausschließen.

In bes.pndern Füllen können die Eltern als mitberechtigt an der Pension der Witwe oder Kinder erklärt werden.

Die Witwe hat keinen Anspruch auf eine Pension, wenn sie abgeschieden oder getrennt vom Manne lebte und zum Unterhalt der Kinder nichts beitrug; sie verliert die Pension, wenn sie sieh wieder verheiratet.

. Die Pension hört für jedes einzelne Kind oder Geschwister mit dem zurükgelegten 18. Altersjahre auf, sofern sie nicht wegen Gebrechen erwerbsunfähig sind.

Art. 4. Der Bund ist zu einer Entschädigung nicht verpflichtet in Fällen von Selbstverschuldung oder Verschuldung dritter Personen, welche, mit dem Militärdienste nicht zusammenhängt : wenn nachzuweisen ist, daß eine Erkrankung durch Einflüsse zu Stande kam, welche dem Militärdienste fremd waren-, wenn die Erkrankung, auf welche der Anspruch gegründet wird, nicht innerhalb der drei ersten Wochen nach dem Dienstaustritte erfolgte.

531 Der Bund anerkennt auch keim-. Entschädigungspflicht wo der Lebensunterhalt, sei es der Invaliden oder der Hinterlassend!, in keiner Weise beeinträchtigt ist.

II. Abschnitt.

Mass der Entschädigungen.

Art. 5. Die Entschädigungen bestehen in Aversalsummen wenn der Nachtheil ein vorübergehender, oder in einer alljährlichen Geldleistung (Pension), wenn ein bleibender Schaden vorhanden ist.

Wo es nothwendig, sollen den Invaliden künstliche Gliedmassen und Apparate verabfolgt werden.

Art. 6. Bei der Festsezung der Entschädigung soll die Veranlagung zu derselben, die Größe des erlittenen Schadens und die Familien-, Vermögens- und Erwerbsverhältnisse derjenigen Person, für welche die Entschädigung verlangt wird, maßgebend sein.

A. V o r ü b e r g e h e n d B e s c h ä d i g t e .

Art. 7. In der Regel sollen die vorübergehend Beschädigten bis zu ihrer vollständigen Heilung auf Rechnung des Bundes im Spitale behandelt werden. Wo dieses aus Gründen, welche die Behörde zu würdigen hat, und mit Erlaubniß derselben nicht geschieht wird dem Beschädigten für die Zeit, während welcher das Truppenkorps, dein er angehört, noch im Dienste steht, eine Entschädigung ausbezahlt, welche dem Betrage der Verpflegungs- und Heilungskosten in einem Spitale mit Zuschlag des reglementarischen Soldes gleichkommt.

Nach Ablauf der Dienstzeit und bis zur vollständigen Herstellung der Erwerbsfähigkeit kann die Entschädigung den Verhältnissen angemessen erhöht werden.

B. B l e i b e n d B e s c h ä d i g t e .

I. Invaliden.

Art. 8. Das Maß der Pensionen wird für die unter den Voraussetzung des Art. l pensionsberechtigten Invaliden wie folgt festgesetzt :

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1) Bei gänzlicher Blindheit, bei Verlust beider Hände oder Füße oder bei Verlczungen, welche einen ähnlichen Grad von Hilflosigkeit bedingen, bis auf 1200 Franken.

2) Bei noch theilweise vorhandener Arbeits- und Enverbsfähigkeit, z. B. bei Verlust einer obera oder untern Extremität, bei Lähmung von Extremitäten oder äquivalenten Gebrechen, bis auf 700 Franken.

3) Wenn in Folge der verminderten Arbeitsfähigkeit der frühere Beruf mit einem andern, weniger einträglichen vertauscht oder die Ausübung desselben in bedeutendem Maße erschwert und der Erwerb geschmälert wurde, bis auf 400 Franken.

4) Wenn die Störung des Erwerbs durch verminderte Arbeitsfähigkeit in geringerem Grade vorhanden ist, bis auf 200 Franken.

II. Hinterlassene.

Art. 9. Für die Hinterlassenen gilt folgender Maßstab bei Bestimmung des Betrages der Pension : 1. Für Witwen ohne Kinder bis auf Fr. 350 Für Witwen mit Kindern ,, ,, ,, 650 2. Für ein oder zwei Waisenkinder, für jedes bis auf ,, D n ^50 Für mehr als zwei Waisenkinder . . . . ,, -n -n 650 3. Für den Vater oder die Mutter . . . . ,, ,, ,, 200 Für Beide ,, ,, ,, 350 4. Für elternlose Geschwister einzeln . . . ,, ,, ,, 100 Für elternlose Geschwister zusammen . . ,, ,, ,, 250 5. Für den Großvater oder die Großmutter . ,, ,, ,, 150 Für beide Großeltern zusammen . . . . .n .n ,, 250 Art. 10. Sowohl für Invalide als für die Hinterlassenen können die Pensionen auf den doppelt .-n Betrag erhöht werden, wenn der Verwundete oder Verstorbene, ohne dazu verpflichtet zu sein, sich im Interesse des Vaterlandes freiwillig einer großen Gefahr ausgesezt hat.

III. Abschnitt.

Geltendmachung und Untersuchung der Entschädigungsansprüche und Entscheid Über dieselben.

Art. 11. Ansprüche auf Entschädigungen oder Pensionen sind binnen einem Jahr von dem Zeitpunkte an geltend zu machen, auf

533 welchen die Einwirkung der Krankheitsursache zurückgeführt wird, oder an welchem die Verwundung oder der Tod im Militärdienste erfolgte.

Die Gesuche sind durch Vermittlung der Regierung des Heimatoder Niederlassungskantons dem Bundesrathe einzureichen.

Art. 12. Alle Beschlüsse betreffend die Bewilligung, Veränderung oder Zurückziehung einer auf den Vorschriften des gegenwärtigen Gesezcs beruhenden Pension oder anderweitigen Entschädigung werden vom Bundesrathe gefaßt.

Art. 13. Die Vorberatung dieser Beschlüsse, sofern sie Pensionen betreffen, liegt unter der Leitung des eidg. Militärdepartements einer vom Bundesrathe jeweilen für die Amtsdauer von drei Jahren zu ernennenden Kommission ob, welche aus dem Oberfeldärzte, einem höhern Militärärzte und drei andern Offizieren besteht.

Art. 14. Die Kommission gründet ihre Vorschläge auf die Berichte der betreffenden Korps-, beziehungsweise Schul kommandanten und Korps- oder Spitalärzte, und in Betreff der ökonomischen und Familienverhältnisse auf die Berichte der zuständigen Kantonsbehörde Sie ist überdies berechtigt, nach Gutfinden anderweitig Nachforschungen zu veranstalten O 7

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IV. Abschnitt.

Revision der Pensionen.

Art. 15. Jede Pension wird nur für ein Jahr bewilligt, nach dessen Ablauf von Neuem zu untersuchen ist, ob Gründe vorhanden seien, die Pension fortbestehen zu lassen, zu vermehren oder zu vermindern.

Die zu diesem Zwecke vorzunehmende Revision wird in der Regel alljährlich im Laufe des Monats Dezember vorgenommen, und zwar auf Grundlage eines von der zuständigen Kantonsregierung auszufüllenden Fragebogens.

Die Kantonsregierungen sind verpflichtet, dem Bundesrathe von allen Veränderungen, welche auf die Fortbezahlung oder auf die Größe einer Pension Einfluß haben können, Kenntniß zu geben.

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V. Abschnitt.

Ausbezahlung der Pensionen.

Art. 16. Die Pensionen sollen den Berechtigten halbjährlich ausbezahlt werden, und zwar Ende Juni, gegen Vorweisung eines Lebensseheiues, und Ende Dezember, nach vorheriger Einsendung des ausgefüllten vorgeschriebenen Fragebogens, unter Berechnung der Bruchtheile bis zum Tage des Erlöschens.

Beim Ableben des Berechtigten wird die Pension noch drei Monate über den Todestag hinaus fortbezahlt.

Art. 17. Wird ein Pensionsberechtigter zu einer Gefängnißoder Zuchthausstrafe von mehr als einem Jahre verurtheilt, so ist ihm während der Dauer derselben die Pension nicht auszurichten, es sei denn, daß der Pensionirte sich die Strafe wegen Preß- oder politischen Vergehen zugezogen habe.

Aus besondern Gründen kann jedoch zu Gunsten der Familien der Berechtigten eine Ausnahme von den in diesem Artikel enthaltenen Bestimmungen gemacht werden.

Art. 18. Die Pensionen dürfen keiner Steuer unterworfen werden.

Es ist auch nicht gestattet, eine Pension zu pfänden oder sonst gegen den Willen des Berechtigten zur Befriedigung seiner Gläubiger zu verwenden.

Tl. Abschnitt.

Uebergangsbestimmung und Vollziehungsartikel.

Art. 19. Dieses Gesez findet sowohl auf die bisherigen Pensionen als auf die in Zukunft zu Entschädigenden und zu Pensionireuden seine Anwendung.

Art. 20. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesezes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volktabstimmungeu über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse die Publikation dieses Gesezes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusezen.

535 Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 17. Weinmonat 1874.

Der Präsident: Köchlin Der Protokollführer: J. L. Lutscher.

Also beschlossen vom Nationalrathe,

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B e r n , den 13. Wintermonat 1874.

Der Präsident: L. Ruchonnet Der Protokollführer: Schiess.

Der schweizerische Bundesrath beschließt: Aufnahme des vorstehenden Bundesgesezes in das Bundesblatt.

B e r n , den 16. Wintermonat 1874.

Der Bundespräsident: Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schiess.

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Bundesbeschluss betreffend

den Rekurs von Christian Salvisberg, von Mühleberg, gegen seine Ausweisung aus dem Kanton "Waadt.

(Vom 13. November 1874.)

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht a. einer Beschwerde von Christian Salvisberg von Mühleberg (Bern), wohnhaft in Prilly (Waadt), vom 2. Mai 1874, gegen einen Bundesratsbeschluss vom 24. April 1874, betreffend Ausweisung des Beschwerde!ührers aus dem Kanton Waadt; b. des erwähnten Bundesratsbeschlusses vom 24. April 1874; c. eines Schreibens des Staatsrathes von Waadt au den schweizerisch Bundesrath, vom 7. Juli 1874, in Betracht: 1) daß der Beschwerdeführer, nachdem derselbe wiederholt vom Polizeigerichte in Lausanne wegen Waldfrefelss und andern Eigentumsvergehen Verurteilungen erlitten durch Beschluß des Staatsrathes von Waadt von aus den Akten nicht ersichtlichem Datum, immerhin unter der Herrschaft der Bundesverfassung vom 12. September 1848, aus dem Kanton Waadt verwiesen worden ist; O

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Bundesgesez über Militärpensionen und Entschädigungen. (Vom 13. Wintermonat 1874.)

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51

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28.11.1874

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529-536

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