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Schweizerisches Bundesblatt.

XXVI. Jahrgang. II.

Nr. 36.

15. August 1874.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g sge b ü hr per Zeile 15 Rp.-- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden» Drnk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bericht des

Schweiz. Generalkonsuls in Madrid (Hrn. Paul Chapuy, von Carouge, Genf) für das Jahr 1873.

(Vom 26. Juni 1874.)

An den hohen Schweiz. Bundesrath.

Tit.!

Wenn ich in meinem Berichte für das Jahr 1872 dasselbe als sehr unglücklich für Spanien, sowohl in Bezug auf den Bürgerkrieg als auf die Einschränkung der Produktion hingestellt hatte, so läßt sich von 1873 sagen, daß der Krieg an Ausdehnung gewonnen, die Produktion aber dafür ebenfalls zugenommen hat.

Die Ernte war sehr reichlich; denn Korn, Oel, Früchte und Wein haben an Ertrag die Mitteljahre übertreffen. Es gibt sogar gewisse Provinzen, wo der Ueberfluß so groß war, daß die Mehrzahl der Produkte am Platze selbst konsumirt oder zu Schleuderpreisen verkauft werden mußte in Ermangelung einer bequemen Ausfuhr, welche der Bürgerkrieg unmöglich machte, da der Eisenbahnverkehr im Allgemeinen abgeschnitten war und andrerseits die fremden Schiffe, welche früher die Häfen der Halbinsel besuchten, um ihre Manufakturartikel gegen Bodenprodukte einzutauschen, sich jetzt von den Häfen fernhielten.

Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. II.

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634 Eine andere schlimme Folge dieser gespannten Zustände ist die, daß es der spanischen Regierung unmöglich war, eine Handelsstatistik, aus welcher der Ein- und Ausfuhrhandel des Landes ersichtlich wäre, aufzustellen. Es wurde diese Statistik unmöglich gemacht durch die Errichtung karlistischer Zollstätten, während andrerseits die Kantonisten in Carthagena die Provinz Murcia dem ausländischen Schmuggel öffneten, welcher übrigens an allen Grenzen ohne Schwierigkeiten stattfindet.

Die Nationalschuld hat einen verzweifelten Zuwachs in Folge der Kriege, welche dieses Land zu führen hat, erhalten. Die Finanzlage ist derart, daß man sich nicht einmal darüber ins Klare setzen kann, da die Staatsschuld mit jedem Tag um eine Million Franken zunimmt. Man muß sich demnach darauf gefaßt machen, daß in einer mehr' oder weniger naheliegenden Zukunft, nach Erschöpfung aller Hülfsquellen des Landes, man zum Papiergeld wird seine Zuflucht nehmen müssen und schließlich zu einer Regulirung der öffentlichen Schuld, wie sie im Jahre 1828 stattfand, d. h. zu einem bemäntelten Bankerott. Es ist übrigens leicht, aus dem bereits Geschehenen zu errathen, was geschehen wird: So sind z. B. die Besitzer der 3prozentigen konsolidirten Schuld bereits die Opfer eines an den Koupons ihrer Werthschriften ausgeführten wahrhaften Raubes geworden, da ihnen für dieselben nur 2/3 in Geld oder Banknoten gezahlt wurden und der andere Drittel mit einer andern Papiersorte, welche an der Börse sehr niedrig steht, gedeckt werden sollte. Man hat ihnen dieselbe aber noch nicht ausgeliefert, die schlechte Ausrede vorschützend, daß man noch nicht Zeit gehabt habe, neue Titel herzustellen. Ich muß daher unsere Landsleute mahnen, sehr vorsichtig in Bezug auf jedweden spanischen Werthtitel zu sein; denn bereits haben leider viele Schweizer, durch die Aussicht auf schöne Prämien und hohe Zinsen verblendet, Eisenbahnobligationen, auswärtige Rententitel, Obligationen der Erlangerschen Anleihe und andere Titel gekauft, welche ihnen nur Enttäuschungen brachten. Es ist hiemit keineswegs beabsichtigt, die Schweizer von all' und jeder Spekulation in Spanien abzulenken; es ist da noch immer ein Geschäft in Manufakten, in Minenprodukten u. s. w. zu machen, unter der Bedingung jedoch, daß man derartige Unternehmungen selbst leitet oder sich auf einen ehrlichen, gewissenhaften Menschen verlassen kann, welcher des Landes kundig, nützliche Angaben in Bezug auf Leute und Verkehr zu machen im Stande ist.

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Handels- und Zollgesetzgebung.

Trotz der traurigen Lage Spaniens steht es fest, daß im Jahre 1873 der Handelsverkehr der Schweiz mit diesem Lande zugenommen hat. Die republikanische Regierung, und namentlich diejenige Castelars, hatte in die ganze Zollgesetzgebung bemerkenswerthe Aenderungen eingeführt ; besonders waren es Modifikationen in · den Zoll-Formalitäten in Bezug auf jene Manufakturprodukte, welche aus einer Provinz in die andere übergeführt wurden, und man hoffte, daß diese Verbesserungen fortgesetzt werden und daß dadurch alle Zollschranken fallen würden, welche den Handel des.

Landes zu Gunsten der Katalonier monopolisiren.

Jedoch ist der Sturz des Ministeriums Castelar bekannt und obwohl die Regierung noch immer als republikanisch bezeichnet wird, so war sie doch in keiner Weise darauf bedacht, irgend etwas zu ändern, um die Handelsbeziehungen mit Europa und der übrigen Welt zu erleichtern. Im Gegentheil geht alles in dieser Beziehung schlecht. Postdienst und Güterspedition werden so schlecht versehen, daß die Presse, der Handelsstand und die Börse sich laut darüber beklagen, ohne jedoch Abhülfe zu finden.

Gegenwärtig steht unsern schweizerischen Häusern, welche ihre Produkte ins Innere spediren, nur noch die Linie BayonneSantander-Madrid offen, sie müßten denn den Weg über Marseille und die Hafenplätze Barcelona, Valencia, Alicante, Malaga & Cadix vorziehen. Aber diese beiden Wege sind weder so gut als der nördliche noch als die regelmäßige Dampfschiffverbindung, welche s. Z. zwischen Marseille und den verschiedenen Häfen im mittelländischen Meere bestand. Gegenwärtig ist diese regelmäßige Verbindung unterbrochen und um nach Madrid von Norden her zu gelangen, müssen die Waaren in St. Jean de Luz nach Santander eingeschifft werden. Hieraus erwachsen größere Transportkosten.

Mehr denn je empfehle ich den schweizerischen Versendern an, auf den Speditionsplätzen und an den Orten, wohin sie ihre Waaren dirigiren, sich an einen guten Kommissionär zu wenden.

Außerdem rathe ich, Nichts abzuschicken, bevor die ganze Zahlung gesichert ist ; denn es existiren, wie es übrigens auch in der Schweiz vorkommt, in Spanien Häuser, welche aus dem Auslande Waaren verschreiben, sie zu Schleuderpreisen verkaufen und alsdann eines schönen Tages verschwinden.

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Erzeugnisse des Ackerbaues, der Minen und der Industrie.

Wie bereits gesagt worden, war die Bodenkultur im Jahre 1873 sehr ergiebig und kann ich nicht umhin zu wiederholen, daß das Land in dieser Beziehung von der Natur sehr begünstigt ist.

Die große Ausdehnung Spaniens, seine Theilung in centrale und Küstenregionen, seine zahlreichen Gebirgsketten, seine Hochebenen, seine nach Lage und Senkung so verschiedenen Abhänge, machen, daß das Klima dort ein sehr verschiedenartiges ist, von den Höhen des Guadarama und der Sierra Nevada, wo ewiger Schnee liegt, bis zu den Gestaden des mittelländischen Meeres, wo Orangen und Zuckerrohr gedeihen. Diese große klimatische Abwechslung macht Spanien zu jedwedem Kulturzweige fähig.

Aber dieser Reichthum und diese Verschiedenheit der Produkte wären noch größer, wenn nicht die Wälder abgeholzt worden wären; denn gar zu häufig ist das, was man in Spanien einen Wald nennt, in Wirklichkeit nur eine mit verkrüppelten Bäumen und Gesträuch bewachsene Fläche, welche die schnelle Verdampfung des Regenwassers nicht zu hindern vermag. Es liegt auf der Hand, daß die Aufforstung der Berge die Fruchtbarkeit gewisser Provinzen verdoppeln würde; doch ist dies wegen der ungeheuren Bodendürre schwieriger als sonst wo auszuführen; außerdem würden die darauf verwendeten Kapitalion zu lange unproduktiv bleiben, daher die natürliche Tendenz, das Geld anderwärts anzulegen.

Um dem durch das Fehlen von Wäldern erzeugten Mangel an Feuchtigkeit abzuhelfen, hat Spanien mit großem Kostenaufwande einige Kanäle und zahlreiche Brunnen gegraben, deren Wasser durch Norias, welche Lastthiere treiben, an die Oberfläche befördert wird. Aber diese- Brunnen und Kanäle liefern nur eine ungenügende Wassermenge, welche höchstens für den GemüseO O O / bau und die Bewässerung der umliegenden Gefilde ausreicht. Somit kann Spanien sich nur auf den Regen zur Sicherung seiner Ernten verlassen; regnet es im Frühjahr, wenn auch nur einige Tage hindurch, aber reichlich, so ist die Ernte gesichert; bleibt aber der Regen aus, wie gegenwärtig im Jahre 1874, so ist die Ernte als verloren zu betrachten.

Da es nun aber im Jahre 1873 viel geregnet hat, so war die Ernte in allen Kulturzweigen sehr ergiebig. Es hat mich sehr verwundert, in den Zeitungen Befürchtungen einer Hungersnoth, wegen der diesjährigen Dürre, zu lesen, obgleich erwiesen ist, daß in Spanien eine gute Ernte, im Allgemeinen und

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speziell für die Grundbesitzer auf drei Jahre ausreicht. Die Berechnungen, welche ich aufgestellt habe, bestätigen diese Behauptung ; denn nach den gesammelten Angaben ergiebt sich, daß Spanien in den Jahren 1872 und 1873 mehr denn 11,000,000 Fanegas Getreide oder Mehl ausgeführt hat, und nach der Ansicht sachverständiger Statistiker kann Spanien in mittleren Jahren 15,000,000 Fauegas Getreide über seinen Bedarf produziren.

Dank der Aufhebung einer Menge von Gütern zur todten Hand sind ganze Strecken Landes, welche bis dahin brach lagen, im letzten Jahre angebaut, und ebenso sind vermöge der Kapitalien einiger inländischer und ausländischer Gesellschaften einige Sümpfe ausgetrocknet und bebaut worden.

Ohne den Bürgerkrieg wären derartige Verbesserungen jedenfalls zahlreicher gewesen.

Im Laufe des Jahres 1873 sind nach Frankreich und England mehr als 40,000 Stück Hornvieh ausgeführt worden, dazu eine ungeheure Zahl von Schweinen, welche von Estremadura dorthin verkauft worden sind. Die Schweinezucht wird in gewissen Provinzen in so großem Umfange betrieben, daß durch die Ausfuhr kaum ein Abgang bemerklich wird.

W o l l e und Seide.

Zuuiichst ist zu bemerken, daß die Wollen verschiedenen Ursprunges unter sich in der Feinheit verschieden sind und in vier Abteilungen zerfallen. Die erste begreift die feine Wolle von Leon und Segovia, welche den feinsten Typus spanischer Wolle repräsentirt. Leider läßt die Schafzucht, sei es in Folge des Bürgerkrieges oder durch die Nachläßigkeit der Regierung und der Züchter, in ihrer früheren Vorzüglichkeit nach, während in Frankreich und Deutschland sie sich hebt. Früher gab es in Spanien herumziehende Heerden, welche den Sommer auf den nördlichen Abhängen der Berge in Nordspanien und den Winter auf den Südabluiiigeii oder in den Thälern und Ebenen zubrachten. Nichts geschah, um ihr Fell gegen die Unbilden der Witterung, den Schmutz, die Dornen, die Harzabflüsse von den Bäumen, zu schützen, und es erzeugte dies eine grobe, harte Wolle, welche viel Fremdartiges enthielt und in der Wäsche bedeutend verlor, ohne daß es gelungen wäre, sie gänzlich zu reinigen. Daher erlitt die spanische Wolle auch Konkm-renz durch andere europäische Wolle und besonders durch jene vom Kap der Guten Hoffnung.

Glücklicherweise hat sich jetzt dies allerdings ein wenig geändert; denn dieses Nomadisiren der Heerden, welches dem Grundbesitze

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großen Schaden zufügte, ist durch ein Gesetz eingeschränkt worden, und andererseits erkannten die Züchter die Vortheile, welche für sie aus einer verständigeren Wahl der Zuchtthiere erwachsen könnten, und haben in dieser Richtung wirkliche Fortschritte gemacht; man versichert sogar, daß sie in nächster Zukunft eine der ausländischen gleichkommende Wolle produziren werden.

Die zweite Art wird Arragon-Wolle (oder auch Molinas und Albarrènes) genannt. Sie ist ebenfalls fein und von genügendem Glänze, um zuweilen mit den Wollsorten erster Klasse verwechselt zu werden. Aus diesem Grunde wird sie von den Tuchfabrikanten in Bejar und Alcoy verwendet, welchen sie billiger zu stehen kommt, ohne daß sie der Qualität des Tuches Abbruch thut.

Die dritte Klasse ist die Navarra-Wolle, welche größtentheils von Heerden, die . an den Ufern des Ebro zwischen Soria' und Logrono weiden, gewonnen wird. Nach der Schur wird diese Wolle sortirt, so daß einige Sorten als 1. Qualität, die andern dagegen als geringere fortgehen. Ein großer Theil dieser Wolle dritter Klasse ist schwarz.

Die vierte Klasse endlich ist die Wolle von Ober-Navarra u n d . d e n an Frankreich grenzenden tiefen Thälern. Die ganze Gegend produzirt nur ordinäre Wolle, wie auch Biscaya, Guiposcoa und Alava, deren Wolle zu nichts anderem als zu Matrazen und Tuchleisten verwendet wird.

Als Schluß dieser Betrachtungen über die spanische Wolle füge ich noch hinzu, daß, nachdem sie gewaschen worden, man sie in Säcke von grobem Hanfleinen verpackt, von welchen jeder 10 Arroben, d. h. 115 Kilogramm, wiegt und mit der Bezeichnung der enthaltenen Wollqualität versehen ist.

Das Maximum der Transportspesen beträgt im Allgemeinen 2 Franken per Arrobe von Estremadura nach Sevilla und von Segovia nach Bilbao. Jedoch wird dieser Preis niedriger werden, sobald erst die Zweigbahnen beendigt sein werden.

O O Leute, welche in diesem Geschäfte bewandert siud, übernehmen den Einkauf, das Sortiren und die Wäsche der Wolle gegen eine Vergütung von höchstens 2%. Der günstigste Zeitpunkt für den Wolleinkauf ist vom Juli bis Ende September. Der durchschnittliche Verlust in der Wäsche beträgt 62°/o.

Seide. In meinem vorjährigen Berichte gab ich an, daß dia Seidenproduktion, welche früher für Valencia sich auf 35,000,000 Realen belief, auf 28 und sogar 22 Millionen Realen gesunken ist.

Im Jahre 1873 ist dieselbe in Folge der Seidenraupeakraukheit

639 noch mehr heruntergegangen. Seit einigen Jahren war in dieser Provinz der Saamen ziemlich schlecht, was zur Spekulation in diesem Artikel Anlaß gab. Erst kauften die Spekulanten den Saamen in Italien ; da sie aber keine günstigen Erfolge erzielten, so wandten sie sich nach Japan und man hegt die Hoffnung, daß die japanische Sorte besser sein werde. Andererseits ist die Kultur des Maulbeerbaumes sehr vernachläßigt worden und zieht man hiezu noch die politische Leidenschaft in Betracht, welche den Valenzianer stark von der Landwirthschaft abzog, so begreift man das Sinken der Seidcnproduktion. Es scheint jedoch seit letztem Jahre sich in dieser Beziehung ein günstiger Rückschlag zu vollziehen ; denn man hat wieder begonnen, Maulbeerbäume in großer Zahl anzupflanzen. In Segorbe hatte ich Gelegenheit, eine von Lyonern errichtete und geleitete große Anstalt zu besuchen. Sie kaufen in der ganzen Umgegend die Cocons auf, verspinnen sie und schicken das Produkt nach Lyon, von wo es als schön gewebter Stoff zurückkommt. Diese Fabrik beschäftigt etwa tausend Frauen, welche guten Taglohn erhalten, indeß die Besitzer auch ihrerseits bedeutenden Gewinn machen.

Die von der spanischen Regierung veröffentlichten amtlichen Berichte über die Seidenproduktion reichen nur bis 1860, so daß ich in Ermangelung offizieller Angaben mich an kompetente Leute in Valencia und Murcia wenden mußte, um einige Anhaltspunkte zu gewinnen. Aus der Zusammenstellung der erhaltenen Angaben ergiebt sich, daß während dieser letzten Jahre die Ausfuhr ungefähr 300,200 Kilogramm Grègeseide und 51,500 Kilogr. Cotons für die beiden Provinzen Valencia und Murcia betrug. Einige Qualitäten der Seide von Murcia eignen sich zur Sloffweberei, andere zur Nähseidefabrikation. Die Cocons werden aus dieser Provinz meist nach Nîmes, Avignon und Lyon exportirt und mit 9 bis 10T/2 Realen das Pfund bezahlt. Im Durchschnitt liefern 25 Pfund Cocons ein Pfund Seide.

Es existiren in Spanien im Ganzen nicht viele Seidenmanufakturen ; einige befinden sich in Valencia, deren Erzeugnisse beim niedern Volk sehr beliebt sind.

Bergbau.

Das Jahr 1873 war dem Bergbau ungünstig, indem die Gewinnung der Erze im Norden und Süden durch den Bürgerkrieg gestört war; auch ließen die Provinzen Santander, Biscaya und Carthagena in dieser Beziehung kaum von sich hören, was leicht erklärlich ist, da die Bergleute unter Waffen standen.

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Die Minen in Nordspanien liefern hauptsächlich Eisen, Mangan und Zink. Dieselben waren bereits zu Plinius' Zeiten berühmt, welcher eines ganz aus Eisen bestehenden Berges erwähnt. Die Engländer, welche den Betrieb einer dieser Minen unternommen, hatten daselbst eine Eisenbahn gebaut, welche die Karlistcn mit großem Vortheil benutzt haben.

Trotz der Reichhaltigkeit der Minen ist das Eisen in Spanien theuer, was dem theuren Brennmaterial zugeschrieben werden muß. Aus diesem Grunde wird auch viel Eisenerz nach England und Westfrankreich ausgeführt. Viele dieser Erze enthalten bis zu 73°/o vorzügliches Eisen, welches sich zur Stahlfabrikation eignet. Andererseits ist die Reinheit und die Schmelzbarkeit dieser Erze derart, daß sie mit Vortheil zur Waffen- und Werkzeugfabrikation verwendet werden. Man kann sich einen Begriff von der Zähigkeit und Hämmerbarkeit dieses Eisens machen, wenn man die Schmiede die Pferde stets kalt beschlagen sieht. Wären die Transportkosten zwischen der Schweiz und Spanien nicht gar so groß, so wäre es für unser Land von Vortheil, jene Erze einzuführen.

In Katalonien und am Südabhange der Pyrenäen sind ebenfalls noch reichhaltige Erze vorhanden, welche nach Südfrankreich, wo sie sehr geschätzt sind, ausgeführt werden.

Auch in den Bergen bei Toledo findet sich viel Eisenerz vor; namentlich an deren Südabhange und in Estremadura trifft man nicht selten ganze Strecken vom Eisenerz dunkelroth gefärbt. Diese reichhaltigen Ablagerungen sind jedoch seit Zeiten der Araber, welche daraus den Stahl zu ihren damascirten Klingen herstellten, nicht ausgebeutet worden. Die Aufzählung der Eisenminen in Spanien würde endlos sein; das Gesagte mag genügen, um einen Begriff davon zu geben.

Manganerze.

Unsere schweizerischen Glashütten und Papierfabriken gehören zu jenen Industriezweigen, die Chlor und Mangan brauchen, welch' letzteres aus Frankreich oder Sachsen kommt und theuer bezahlt wird. Sie sollten sich künftighin in Spanien versehen, dessen Lager in Asturien und Galizien, nahe am Meeresstrande, vorzügliches Produkt liefern, welches man zu mäßigen Preisen ausführen könnte.

Gegenwärtig ist das Mangan, welches Fr. 1. 80 kostete, noch im Steigen begriffen. Ein Franzose hat mehrere Manganminen in den Provinzen Santander und Asturien gekauft, welche ihm Tausende von Centnern' dieses Metalles liefern.

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Bleierze.

Besonders von diesen kann man sagen, daß die Natur Spanien damit verschwenderisch bedacht hat. Andalusien besitzt massenhafte Lager von Bleiglanz ; aber der Holzmangel macht die Ausbeutung ziemlich theuer. Man kann den auf der Halbinsel zu Tage geförderten silberhaltigen Bleiglanz auf eine Million Centner veranschlagen und das Bleierz auf mehr als anderthalb Millionen Centner und es sollen noch neuentdeckte Minen in Betrieb gesetzt werden. Die Minen von silberhaltigem Blei bei Carthagena sind ausnehmend ergiebig. Bisher wurden sie von Engländern und Franzosen ausgebeutet, welche die Produkte nach England und Marseille spedirten. Ein Basler, welcher lange Zeit im Dienste eines englischen Hauses stand, hat diesen Betrieb nutzbringend gemacht. -- Als die Kantonisten die Oberhand hatten, bemächtigten sie sich einer sehr ergiebigen Mine, aus welcher sie Millionen von Realen zogen, indem sie deren Produkte an algerische Juden verkauften. Im Süden, bei Malaga, beutet die berühmte Familie Heredia eine Anzahl silberhaltiger Minen aus, welche ihr bereits so enormen Nutzen abgeworfen haben, daß sie für eine der reichsten Familien der Welt angesehen wird.

Z i n n e r z.

Ueberall, wo sich in Spanien Granit vorfindet, kann man fast sicher auf Zinn rechnen ; jedoch ist dessen Ausbeute schwierig, da die große Unfruchtbarkeit der Gegend die Bevölkerung verscheucht. Das Produkt der in Betrieb stehenden Minen wird von den Engländern sehr gesucht, welche es mit den Erzen von Coruwallis zusammenschmelzen.

Zinkerz.

Die Hauptlager dieses Erzes finden sich in Asturien, nicht weit vom Meere. Die vorzügliche Qualität und die bequeme Gewinnung sind der Grund, daß es auf den englischen, belgischen und französischen Märkten gesucht ist, wo es höher als andere Zinkerze steht. Im Jahre 1869 belief sich die Ausbeute auf 1,000,000 Centner.

Kupfererz.

Das Kupfererz von Rio Tinto ist arm; diese Mine ist nur ein großes Lager von Schwefelkupfer, welches, dem Staate gehörend, von diesem vor zwei Jahren an Engländer verpachtet worden ist.

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In der Provinz Huelva sind andere Lager von kupferhaltigen Schwefelkiesen entdeckt worden, deren Konzessionäre auf den guten Gedanken gekommen sind, das Erz nicht selbst auszufichmelzen, sondern es an die Engländer zu verkaufen. Die Ausbeute in Spanien betrug im Jahre 1869 mehr als 1,600,000 Centner.

Quecksilbererz.

Die Lager von Almaden, auf lange Jahre hin an das Haus Rothschild in Paris verpachtet, sind die einzigen, welche bedeutende Quantitäten von diesem Metall liefern. Sicherlich wird man später noch andere Lager entdecken ; vorläufig aber macht das kalifornische Quecksilber dem spanischen bedeutende Konkurrenz, daher letzteres im Preise sinken mußte.

Silbererz.

Während langer Zeit war man in Spanien auf die Minen von diesem Metall sehr erpicht; da die Mehrzahl dieser Unternehmungen aber nur auf Schwindel beruhte, so zogen sie den Ruin einer großen Zahl von Familien nach sich. Wahrscheinlich ist, daß man in Spanien lohnende Silberminen finden wird und es läßt sich dies auch in Bezuj; auf Goldminen vermuthen.

S a l z w e r k e etc.

Diese Werke, welche zum größeren Theil der Regierung gehörten, sind theils verkauft, theils verpachtet worden, und haben in Folge dessen eine größere Ausbeute erzielt. Daher ist das Salz sehr billig, so daß es zur Düngung des Bodens und zur Herstellung von Soda verwendet werden kann. Was das Natronsulphat anbetrifft, welches ohne weitere Zubereitung in Spanien gewonnen wird und weniger als das aus Seesalz hergestellte kostet, so glaube ich, daß es für die Schweiz ein wichtiger Einfuhrartikel werden könnte.

Kalk, Marmor, Alabaster, hydraulischer Kalk sind in Spanien in Menge vorhanden und man begreift nicht, daß nicht darin eine bedeutende Ausfuhr stattfindet. Die Marmorarten besonders sind sehr verschieden, einige von großer Schönheit, wovon man sich durch einen Besuch in den Sammlungen des Madrider Museums überzeugen kann. Die Berge in Andalusien und namentlich die Umgebung von Granada enthalten viel schönen grünen Marmor, welcher nur noch im Atlas gefunden wird.

Seit dem verflossenen Jahre sind fremde und spanische Ingenieure mit dem Aufsuchen und der Ausbeutung von Kohlenwerken beschäftigt. Ihre Bemühungen waren von Erfolg gekrönt.

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Die Steinkohle ist gegenwärtig im Süden allgemein im Gebrauch ; ,sie ist, offen gestanden, nicht so gut wie die englische oder asturische ; man erzielt aber befriedigende Resultate, indem man sie mit letzterer vermengt. In Belmès ist ein waadtländischer Ingenieur mit der Ausbeutung eines Kohlenlagers betraut.

Außerdem findet sich in Spanien Änthracit, Kohle, Braunkohle, Torf, Graphit vor; aber die Steinkohle und die Braunkohle sind vielleicht die einzigen Produkte, welche sich zur Ausbeutung im Großen eignen. Die Ausbeute an Braunkohle in Murcia und Andalusien belief sich im verflossenen Jahre auf 20,000 Tonnen und der Betrieb würde rasch an Ausdehnung gewinnen, wenn diese Kohle nicht gar zu sehr beim Trocknen zerbröckelte. Man versucht ihr durch ein billiges Verfahren mehr Cohäsion zu geben.

Industrie.

In meinem vorhergehenden Berichte habe ich die Hauptartikel der spanischen Industrie angeführt und über jeden einzelnen einige Bemerkungen gemacht. Seither hat sich nur Weniges verändert.

Katalonien fabrizirt weder besser noch schlechter als bisher seine Baumwollenstoffe und Tücher, da das Wasser in dieser Provinz es nicht gestattet, die Farben so brillant und dauerhaft als in den gleichen Artikeln des Auslandes herzustellen. Die Mäntelchen (Manta) und Decken scheinen besser geworden zu sein. Sie werden meist in Palencia und Valencia hergestellt; die von Palencia sind blendend weiß, während die von Valencia von einer Schönheit und Lebhaftigkeit der Farben sind, daß ein jeder Fremde verwundert als Andenken welche mitnimmt.

Leinen und Leinengespinnste.

Die Leinwand, welche in Katalonien und Asturieu sich gleich geblieben ist, hat in Galizien einen gewissen Aufschwung genommen.

Der Preis ist weniger hoch als vor 2 oder 3 Jahren und das Gewebe ist sorgfältiger gearbeitet.

Schuhmacherei, Hutmacherei und Handschuhmaclierei haben ebenfalls seit meinem letzten Berichte Fortschritte gemacht. In Madrid sind diese Gegenstände billiger und eleganter als in Frankreich, jedoch, mit Ausnahme der Handschuhe, weniger dauerhaft.

Waffen.

In Bezug auf Waffen hat Spanien, mit Ausnahme der Kanonen von Paleucia, welche in gegenwärtigem Gebirgskriege sehr geschätzt werden, eher einen Rückschritt gemacht ; denn weder seine Kanonen

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noch seine Gewehre können mit denen des Auslandes verglichen werden; jedoch hat es noch immer seine Waffenfabrik in Toledo, deren Produkten nichts gleichkommt.

Einfuhr und Ausfuhr.

Außer den Mineralien und Metallen, deren ich erwähnt habe, sollten unsere Landsleute noch den aus der Verwendung der spanischen Wolle in unserer Industrie zu erzielenden Vortheil prüfen.

Die spanischen Weine bieten in jeder Provinz eine außerordentliche Verschiedenheit dar und neben süßen Weinen findet man den Chacoli, welcher herber als unsere geringern Schweizerweine ist.

Mancher dieser spanischen Weine ist so reich an Alkohol, daß er im Süden Frankreichs zum Mischen dient. Er könnte auch in der Schweiz sehr nützlich werden, nicht allein, um gewissen Rothweinen in der Farbe nachzuhelfen, sondern auch um ihnen bessere Qualität und mithin mehr Werth zu verleihen. Jedenfalls würden nach meiner Ansicht die Vortheile die Kosten reichlich decken. . Im Uebrigen sind die Weine bisweilen so reichlich vorhanden, daß sie zu höchst niedrigen Preisen verkauft werden.

Auch Oele könnten in die Schweiz eingeführt werden, hauptsächlich solches von Valencia, das keiner Reinigung bedarf. Sie werden massenhaft nach Marseille verschifft, von wo sie zu uns unter dem Namen Provence-Oel kommen.

Trockene Früchte, welche oft zu sehr niedrigen Preisen in den Produktionsgegenden verkauft werden, könnten ebenfalls in die Schweiz eingeführt werden, als da sind: Mandeln, p"eigen, frische und trockene Trauben, Orangen, Citronen, Limonen, Granatäpfel. Man weiß, welche ungeheure Quantitäten davon alljährlich nach Frankreich und England ausgeführt werden ; warum sollten wir diese beiden Nationen nicht nachahmen, anstatt diese Früchte aus Italien kommen zu lassen, wo sie geringer an Qualität und theurer sind?

In manchen Jahren könnten wir auch mit Vortheil Getreide von Spanien kaufen, ebenso Johannisbrod, dessen Einkaufspreis niedrig ist und das bei uns in futterarmen Jahren das Viehfutter ersetzen könnte.

Die Agave oder Pite wächst in Spanien überall, wo es nicht friert, und man bereitet daraus sehr zähe Faden. Die Engländer machen darin seit einigen Jahren sehr bedeutende Ankäufe, um daraus Papier und Seile für die Kohlengruben herzustellen. Man verwendet sie in Spanien zur Herstellung jener reizenden Matten,, welche noch billiger als die ordinärsten Teppiche sind. Auch dies wäre für die Schweiz ein Importartikel.

645 Nach Aussage der Kenner ist der spanische Honig dem von Narbonne und Chamounix überlegen, da er duftiger und reiner ist. Seit vergangenem Jahre werden große Quantitäten nach Frankreich ausgeführt, was nach der Schweiz ebenfalls stattfinden könnte. Auch könnten aus Spanien Conserven aller Art bezogen werden und zwar von Fischen: Sardinen, Anschovis, Thunfisch, Austern u. s. w. Die Arten sind unendlich verschieden. Diese in den Häfen von Nordspanien bereiteten Conserven machen den französischen Produkten sehr bedeutende Konkurrenz.

Alle Welt weiß, daß Spanien das Land ist, das am meisten Kork erzeugt, und daß bedeutende Quantitäten davon aus der Provinz Gerona bezogen werden können.

Außerdem könnten aus.Spanien zu billigen Preisen noch Medizinal- und Farbpflanzen bezogen werden, von letzteren z. B.

Krapp, Sumach, Saffran, Waid und Wau. Anstatt sich der Zwischenhändler zu bedienen, sollte die Schweiz jene Produkte direkt beziehen.

Seit der politischen Umwälzung, welche im Jahr 1848 in der Schweiz stattfand, hat deren Industrie einen bedeutenden Aufschwung genommen, welche mit der Zahl der ihren Artikeln zugänglichen Märkte zunahm. Da unsere Bevölkerung aber ebenfalls zunimmt, so müssen neue Absatzmärkte für ihre Erzeugnisse gesucht werden, deren Ausfuhr trotz der Bemühungen unserer Industriellen stationär geblieben zu sein scheint. Um diese Absatzplätze zu finden, müssen zunächst ihre Produkte die Konkurrenz des Auslandes aushalten können; es müssen diese Artikel nicht mit allzugroßen Gebühren beschwert sein und auf gleichem Fuß wie die der bevorzugtesten Nationen behandelt werden. Dies ist von Spanien erlangt worden, welches uns gegenwärtig als eine der bevorzugtesten Nationen behandelt.

Obgleich ich in meinem vorhergehenden Berichte darüber bereits einige Andeutungen gemacht habe, so ist doch noch zu prufen, welche schweizerischen Artikel die meiste Aussicht auf guten Absatz iii Spanien hätten.

Taschenuhren aller Art werden dort zu vortheilhaften Preisen abgesetzt und die traurigen Umstände, in welchen das Land sich befindet, scheinen in keiner Weise diesen Handelszweig zu beeinflussen. Unsere hiesigen Kommissionäre versichern, daß angesichts der Lage des Landes sie sich über das Geschäft nicht beklagen können. Die theuren Uhren sind fast ebenso leicht als die billigen zu verkaufen ;
jedoch erfahren seit zwei oder drei Jahren die Remontoirs viel Nachfrage, welche sich durch ihren billigen Preis und ihre gute Konstruktion erklären läßt. Was die Taschenuhren

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anbetrifft, so kann ich unsern Fabrikanten nicht genug anrathen,, den Etuis Aufmerksamkeit zu schenken. Möge das Etui reich und geschmackvoll ausgestattet sein; ist auch die Uhr weniger gut, das kümmert den Spanier wenig, besonders wenn es sich darum handelt, ein Geschenk zu machen. Dieses Volk ist nun einmal so und muß demgemäß behandelt werden.

Die Genfer Bijouterie ist vielleicht in der Verschiedenheit der Zeichnung und der Formen nicht so hervorragend als die Pariser Arbeit ; sie ist aber dauerhafter und von verständigerem Luxus.

Daher pflegen die großen Bijouteriehändler von Madrid jedes Jahr nach Genf zu reisen, um ihre Bestellungen zu machen. Es handelt sich für unsere Fabrikanten nur darum, daß sie die günstige Stimmung, der Spanier sich zu erhalten wissen. Ich habe sie darauf hinzuweisen, daß sie den beiden ökonomischen Prinzipien der Arbeitstheüung und der Association mögliehst freien Spielraum lassen.

Es ist für einen schweizerischen Fabrikanten schwierig, eine kostspielige Reise zu unternehmen, da sein Geschäft seiner Aufsicht und Umsicht bedarf. Das Absenden eines Vertreters ins Ausland ist häufig lästig und es bringt eine solche Mittelsperson auch arge Uebelstände mit sich. Nun ließe sich allem dem durch Arbeitstheüung.

und Association leicht begegnen. Mehrere Associés können auf gemeinschaftliche Kosten einen brauchbaren Agenten an Ort und Stelle schicken, um den Bedarf des Landes zu studiren und Verbindungen anzuknüpfen.

Die St. Galler Stickerei- und Mousseline-Industrie nimmt auch seit einigen Jahren zu und die Einfuhr dieser Artikel in Spanien, war im Jahre 1873 umfangreicher als in andern Jahren, was der Geschicklichkeit unserer Fabrikanten zuzuschreiben ist, deren Stickereien der Handstickerei zum Verwechseln ähnlich sind. Vor nicht langer Zeit hat sich der spanische Fiskus, darüber im Irrthum, erstmit einer formellen Erklärung der kaufmännischen Direktion in.

St. Gallen zufrieden gegeben. Aber es fangen diese Artikel an, inUeberfülle vorhanden zu sein, so daß die Einfuhr im kommenden Jahre nothwendiger Weise stationär bleiben wird, wenn nicht die Fabrikanten durch die Verschiedenartigkeit ihrer Produkte oder den billigen Preis die Kauflust anregen, indem sie dieselben Jedermann zugänglich machen.

Die Musikdosen, welche bis zum vergangenen Jahre nur in, vornehmen Häusern
zu finden waren, sieht man gegenwärtig auch bei blos wohlhabenden Leuten, und wenn die Fabrikanten sich ernstlich darum bemühten, würden sie in Spanien guten Absatz, finden.

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Bis jetzt kommen Locomotiven und Ackerwerkzeuge aus England, Belgien und Frankreich. Woher kommt es, daß in der Schweiz, wo so gut und billig gearbeitet wird, man nicht darauf bedacht ist, den spanischen Markt den andern Nationen streitig zu machen?

Wohl weiß ich, daß ein Haus in Zürich ein Geschäft in Spanien gemacht, dessen Ausgang schlecht war, indem es mit einem schlechten Zahler zu thun hatte ; dies ist jedoch kein genügender Grund, um sich ganz entmuthigen zu lassen. Spanien wäre ein guter Markt, wenn man es seinen Bedürfnissen und seiner Geschmacksrichtung gemäß bediente.

Feuerwaffen, Messer, Werkzeuge, Schlosserei- und selbst Nagelschmiedarbeiten würden in Spanien vortheilhaften Absatz finden, unter der Bedingung jedoch, daß man sich nach dem Geschmack und den Bedürfnissen der Spanier richtete, ohne ihnen urisern Geschmack, unter dem Vorwand, daß er besser sei, aufdrängen zu wollen. Die Mehrzahl oben benannter Produkte sind schlecht fabrizirt und in Spanien sehr theuer.

In Folge der hohen Preise einiger Rohstoffe sind Glaswaaren, Spiegel und Krystallgläser in Spanien so theuer, daß die Schweiz, in dieser Richtung dort jedenfalls etwas unternehmen sollte.

Was Gewebe anbetrifft, so bin ich auch der Meinung, daß die Schweiz hier einen guten Absatz finden kann für Zürcher Seidenstoffe und für Seidenbänder, welche von den spanischen Damen ihrer Billigkeit und ihrer Solidität wegen geschützt werden.

Unsere Floretspinnereien im Kanton Basel und am Zuger-, Zürcher- und Luzerner See und ebenso die Baumwollenindustrie unserer nordöstlichen Kantone könnten ebenfalls nach Spanien importiren und ich hoffe, daß dies in nicht allzu ferner Zeit geschehen wird.

Die Holzschnitzerei vom Thuner- und Brienzersee genießt in Spanien eines wohlverdienten Rufes, wo man seit den berühmten Bildschnitzern Mengs und Berruguete stets die Arbeiten unserer Künstler sehr schätzte. Bereits sieht man in vielen Häusern dergleichen Bildwerke, was für unsere geschickten Bildschnitzer ein Sporn sein sollte.

Der größere Theil der Präcisionsinstrumente kommt aus Frankreich und England. Wir haben ebenfalls renommirte Fabrikanten ; könnten sie nicht die Einfuhr nach Spanien versuchen?

Und nun unsere Greierzer-, unsere Emmenthaler-Käse, unser Absynth und Kirschwasser, unser Wermuth und einige Weißweine aus der Waadt, welche mehr und mehr geschätzt werden? Ob-

648 gleich ich offizieller Angaben entbehre, so kann ich doch versichern, daß der Verbrauch dieser Artikel in Spanien zunimmt.

Ich halte es nicht für nöthig, mich noch weiter über die Produkte, welche die Schweiz nach Spanien ausführen könnte, auszulassen. Die auf obenerwähnte Artikel hinzielenden Bemerkungen können auch auf andere Artikel ausgedehnt werden.

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Eisenbalmen und Koinnmuikationsmittel.

Es ist leicht zu begreifen, welchen Einfluß in Zukunft die Beendigung des Bahnnetzes in diesem Lande ausüben wird, wo die Spedition durch ihre Theure und Maugelhaftigkeit einen Theil des Nutzens absorbirt und die Produkte um ein Drittel verthcuert.

Ohne jenen unglückseligen Bürgerkrieg, welcher alle Hülfsmittel des Landes verschlingt, würden außer den in meinem letzten Berichte erwähnten Bahnen noch mehrere andere bereits bestehen, da in diesem Falle die Gesellschaften die ihnen vom Staate zugesagten Subventionen hätten beziehen können. Es trifft dies bei den Linien in Galizien, von Medina del Campo nach Salamanca, von Mengibar nach Granada und andern, zu, welche das Ausbleiben der Staatszuschüsse lahmte.

Sehr wünschenswert!! ist ferner, .daß der Schienenweg, welcher Gerona mit Perpignan verbinden soll, bald beendigt werde; die französische Regierung hat soeben die nöthigen Geldmittel zur Fortführung der Arbeiten auf der französischen Seite votirt. Es wird diese Bahn von großem Vortheil für beide Länder sein; außerdem wird dieser Schienenweg die Entfernung;o zwischen Madrid o und Bern abkürzen, und es wird diesen Weg die schweizerische Korrespondenz mit Vortheil einschlagen.

Gegenwärtig leiden die Eisenbahnen ungeheuer durch den Bürgerkrieg. Um einen Begriff davon zu geben, führe ich hier die kilometrische Einnahme der Nordbahn an. Vor dem Kriege brachte sie per Kilometer Fr. 45,000 ein, heute kaum Fr. 30,000 !

Außerdem haben die Karlisten mehr als 80 Stationen verbraunt, ungerechnet die Brücken, Viadukte und anderweitige Kunstbauten, welche sie zertrümmert haben und noch täglich zerstören. Rechnet man zu diesen Vandalismen die ungeheuren Erstellungskosten gewisser Linien, so begreift man das Sinken der Eisenbahnaktien auf den europäischen Plätzen.

649 Es ist zu bedauern, daß diese Aktien, welche hier so wenig Vertrauen genießen, in der Schweiz so viel Kredit fanden, und wenn ich den Besitzern solcher Aktien einen Rath crtheilcn darf, so ist es der, daß sie dieselben möglichst bald verkaufen mögen ; denn es ist zu befürchten, daß die Entwerthung dieser Werthtitel noch zunimmt, falls nicht glückliche Ereignisse ihnen gestatten, sich nach und nach wieder zu erholen.

Das Straßennetz in Spanien besteht aus 7 Hauptstraßen und aus nahezu 130 Nebenstraßen, welche den Zweck haben, die größeren Plätze miteinander zu verbinden. Viele von diesen Straßen sind ganz gräulich vernachläßigt ; seit Einführung der Eisenbahnen scheint man ihnen so zu sagen keine Aufmerksamkeit schenken zu wollen. Man zählt 3156 Lieues solcher Haupt- und Nebenstraßen, was aber für einen Flächenraum von 16,000 Quadratlieues, für eine Bevölkerung von 17,000,000 Einwohner und für mehr als 123,000 Städte, Flecken und Dörfer wenig heißen will.

Wie ich in meinem 1872er Berichte erwähnte, sind die Wasserverbindungen sehr unbedeutend und zwar hauptsächlich wegen des im Frühjahr und im Herbst eintretenden Wassermangels.

Der Guadalquivir ist nur bis Sevilla schiffbar, und den Ebro kann man nur mittelst Kanälen benutzen. Die großartigen Pläne, welche bezüglich des Tajo und des Duero ausgearbeitet worden sind, bleiben unausgeführt. Der Jucar und die Segura werden nur zur Holzflößerei, welche auf beiden Flüssen sehr lebhaft ist, benutzt.

Ein großes Wasserwerk wurde unter Isabella II. zu Ende geführt : der Kanal, welcher Madrid mit Trinkwasser versieht. Madrid ist gegenwärtig in dieser Beziehung eine der bestversehenen Städte.

Vor dem Bürgerkriege war in Spanien viel die Rede davon, Schifffahrts- und Bewässerungskanäle zu ziehen. Wer aber denkt heute noch daran? Vor allen Dingen fehlen die Kapitalien dazu und außerdem ist die ganze Aufmerksamkeit auf den Bürgerkrieg gerichtet, von welchem das Schicksal Spaniens abhängt.

Bankwesen.

Es gab sonst viele Banken in Spanien; da sie aber den Ruin der Depositäre herbeiführten, so gingen auch sie unter. Nach ihnen entstanden wiederum neue Institute, welche kaum solider waren, sich mühsam dahin schleppten und denen stets dasselbe Schicksal drohte.

Als die Regierung dies wahrgenommen, verschmolz der Finanzminister sämmtliche Provinzialbanken zu einer einzigen, unter dem Namen ,,Bank von Spanien" bekannten Bank. Das nicht BuHdesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. n.

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650 eingestandene, aber sehr sichtbare Ziel der Regierung bei Vorkehrung dieser Maßregel war, die zur Führung des Bürgerkrieges benöthigten Geldmittel sich leichter verschaffen zu können; die neuen Statuten .enthalten nämlich eine Klausel, laut welcher die Regierung sich mit dem Bankrath verständigem kann, um die nöthigen Geldmittel von ihm zu erhalten, während sie ihrerseits als Kompensation der Bank die Dauer ihres Privilegs verlängert.

Der einzige Vortheil dieser Einrichtung ist der, daß die Noten dieses Institutes in ganz Spanien zirkuliren werden, was die Sendung von- Werthen und den Austausch im Allgemeinen erleichtern wird.

Zinsfuss und Discont.

Während des Jahres 1872 schwankte der Jahreszins, den sich die Banquiers und Privaten bezahlen ließen, zwischen 6 und 25°/o.

Seitdem die Geschäfte immer schlechter gehen, ist der Preis des Geldes auf einzelnen Plätzen für die Mehrzahl der Geldsuchenden unerschwinglich geworden und mir sind :Leute in der Provinz bekannt, welche im Zeitraum von drei Jahren ihre Kapitalien durch Ausleihen verdoppelt haben. Daher rührt der Ruin einer großen Menge von kleinen Händlern und Landleuten her, welche mit ihren Zahlungen im Rückstande waren. Viele von ihnen, welchen gleichzeitig die Karlisten und der Fiskus zusetzten, waren gezwungen, die Steuern für drei Jahre in wenigen Monaten zu zahlen.

Dje Pfandleiher sind jetzt oben auf; denn während sie ehedem 75 ?/o forderten, gestattet ihnen ihr Gewissen gegenwärtig, die Gegenstände, welche ihnen doch unzweifelhaft bleiben und die sie nach dreimonatlicher Aufbewahrung veräußern, zu Schleuderpreisen anzunehmen.

Zudem ist das Madrider Pfandhaus, welches bisher die Zuflucht der Armen war, da es zu 6°/o auslieh," nun auch auf den Vortheil erpicht; denn gegenwärtig beleiht es die Gegenstände nicht mehr zu 3/4, sondern kaum zu 1/a ihres Werthes.

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Versicherungswesen.

Die Feuerversicherungs-Gesellschaften sind stets sehr zahlreich und die gut geleiteten verdienen Geld, da Unglücksfälle selten sind und die Mehrzahl der Grundbesitzer sich versichern lassen, was einen sichern Gewinn für solche Institute in -Aussicht stellt.

Ich bemerke noch, daß wenn im Jahre 1872 zahlreiche Feuersbrünste durch Böswilligkeit entstanden sind und wenn andererseits den Drohungen gegen den Besitz sofortige Ausführung folgte, dies im letzten Jahre nicht der Fall war, mit Ausnahme jedoch der von den Karlisten gar stark beschädigten Eisenbahnen; ohne Zweifel aber werden diese Eisenbahngesellschaften sich mit den Versicherungsgesellschaften abgefunden haben. Jedenfalls übrigens ist für solche Fälle, da es sich um höhere Gewalt handelt, der Staat allein verantwortlich.

Einwanderung.

Merkwürdig ist es, daß der Bürgerkrieg eine Menge von.

Fremden nicht abgehalten hat, Spanien zu besuchen. Die Einen ließen sich bei den Republikanern oder bei den Karlisten anwerben, während die andern sich dem Handel oder der Industrie zuwandten.

Obgleich in dieser Einwanderungsbewegung unsere Landsleute eine gewisse Rolle spielen und trotz ihrer Neigung für den Militärdienst, hat keiner, meines Wissens, sich freiwillig an gegenwärtigem Kriege betheiligt. Die Mehrzahl sind anständige und fleißige Arbeiter, welche dem Namen unseres Vaterlandes Ehre machen und bei jeder Gelegenheit, namentlich wenn es sich darum handelt, einem unglücklichen Schweizer beizustehen, Proben von großem Patriotismus ablegen.

Ich glaube nicht, daß es in Spanien eine einzige Stadt gibt, welche nicht ihr schweizerisches Kaffeehaus, Hôtel und selbst eine schweizerische Kuchen bäckerei hätte.

Münzen, Gewichte und Masse.

Spanien hat zur Annahme des Dezimalsystems einen großen Schritt vorwärts gethan. Bereits haben unsere Banquiers, Kaufleute und Industriellen das neue System bei ihrer Buchführung

652 angenommen und selbst in dieser Provinz machen sich Fortschritte darin bemerkbar. In ,den von Städten fernliegenderen Landbezirken wird es freilich schwerer halten, das System einzuführen; doch mit Ausdauer wird die Regierung auch dies durchführen, und zwar eher als Manche glauben, da der Spanier leicht und willig das lernt, wovon er sich Nutzen verspricht.

Was die Münze anbetrifft, so ist der Fortschritt weniger schnell; denn wenn auch die G-old- und Silbermünzen nach dem Dezimalsystem sind, so ist die Scheidemünze noch häßlicher als die alten Schweizerbatzen. Während die Regierung Scheidemünze nach dem Dezimalsystem prägen ließ, behielt sie gleichzeitig alle alte Scheidemünze bei, und da diese Münzen im Werthe verschieden sind, so entstehen im Verkehr große Schwierigkeiten und allemal ist der Käufer im Nachtheil. Die Bevölkerung ruft lebhaft nach Abhülfe gegen diesen Uebelstand; aber die Regierung bleibt unthätig; sie behält sogar mehrere Millionen marokkanische Münzen im Umlauf, deren Aeußeres höchst ungefällig ist.

Einnahmen der Zollverwaltung in den Jahren 1873 und 1874.

Monate.

1874.

1874.

1873.

1i Mehreinnahme. Mindereinnahme.

Januar Februar März April Mai Juni · Juli August September Oktober November Dezember

Fr.

|| 1 152 068 ;i 1034116 1 233 873 !

1 241 051 i! 1 208 415 l; 1 130 401 1 104 182 1 048 891 !l 1 184 163 i- i 289 284 ,, 1 286 321 j! 1,436,590

Kp.

Fr.

Ep.

69 08 43 67 87 78 02 13 45 91 95 78

1,144,810 1,056,210 1,262,690 1,238,522 1,199,563 1,171,959 1174,356

73 33 47 94 52 16 65

41,557 70,174

38 63

8,248,113

80

144,004

26

Total Fr. f 14,349,361 76 auf Ende Juli 8,104,109 54 il

Fr.

Ep.

22,094 28,817

25 04

Fr.

Ep.

7,257

96

2,528 8852,

73 35

CD «K CO

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweiz. Generalkonsuls in Madrid (Hrn. Paul Chapuy, von Carouge, Genf) für das Jahr 1873. (Vom 26. Juni 1874.)

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1874

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2

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36

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---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.08.1874

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633-653

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