10.407 / 13.477 Parlamentarische Initiativen Prämienbefreiung für Kinder / KVG.

Änderung der Prämienkategorien für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 7. Juli 2016

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung1. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

7. Juli 2016

Im Namen der Kommission Der Präsident: Ignazio Cassis

1

SR 832.10

2016-2093

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Übersicht Familien sollen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung finanziell entlastet werden. Deshalb soll der Risikoausgleich unter den Versicherern so verändert werden, dass diese den jungen Erwachsenen im Alter von 19 bis 25 Jahren und den Versicherten im Alter von 26 bis 35 Jahren abgestufte Prämienrabatte gewähren können. Zudem sollen die Prämien für Kinder, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben, stärker verbilligt werden.

Ausgangslage Die Krankenversicherer müssen für die bei ihnen versicherten jungen Erwachsenen im Alter von 19 bis 25 Jahren so hohe Beiträge in den Risikoausgleich unter den Versicherern einzahlen, dass sie den jungen Erwachsenen je länger desto weniger Rabatt auf den Prämien gewähren. Dies belastet zahlreiche Familien, da in vielen Fällen noch die Eltern für die Prämien der jungen Erwachsenen aufkommen. Trotz der individuellen Prämienverbilligungen, die je nach Kanton variieren, nimmt die Belastung für Familien auch sonst tendenziell zu.

Inhalt der Vorlage Zwei Massnahmen sollen die finanzielle Last für die Familien verringern: ­

Anpassung des Risikoausgleichs: Damit die Versicherer für junge Erwachsene substantiell tiefere Prämien als für die übrigen Erwachsenen festsetzen können, sollen sie bei den Risikoausgleichszahlungen für junge Erwachsene entlastet werden. Neu sollen sie für die bei ihnen versicherten jungen Erwachsenen nur noch 50 Prozent der Differenz zwischen den Durchschnittskosten aller erwachsenen Versicherten und den Durchschnittskosten aller jungen Erwachsenen in den Risikoausgleich einzahlen müssen. Aufgrund von Schätzungen mit Zahlen des Jahres 2013 würden sie damit im Risikoausgleich um 92 Franken pro Monat und jungen Erwachsenen entlastet.

Auch für die Versicherten im Alter von 26 bis 35 Jahren sollen die Versicherer im Risikoausgleich entlastet werden, und zwar um 20 Prozent. Sie würden damit pro versicherte Person in dieser Altersgruppe um 29 Franken pro Monat entlastet. Im Gegenzug müssten die Versicherer für jeden Erwachsenen ab 36 Jahren zusätzlich 19 Franken pro Monat in den Risikoausgleich einzahlen.

­

Höhere minimale Prämienverbilligung für Kinder, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben: Die oben beschriebene Anpassung des Risikoausgleichs und die sich daraus ergebende Senkung der Prämien für junge Erwachsene und 26- bis 35-Jährige führen dazu, dass die Kantone weniger individuelle Prämienverbilligung für diese Versicherten ausrichten müssen. Zwar steigen die Prämien für Erwachsene ab 36 Jahren und damit auch der Bedarf an Prämienverbilligung für diese Versicherten an. Per saldo dürfte aber für die Kantone eine Einsparung in der Grössenordnung

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von 70 bis 75 Millionen Franken resultieren. Diese Summe soll im System der Prämienverbilligung verbleiben.

Neu sollen die Kantone deshalb die Prämien für Kinder, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben, um mindestens 80 Prozent verbilligen.

Bisher waren sie verpflichtet, die Prämien der Kinder und jungen Erwachsenen in Ausbildung, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben, um mindestens 50 Prozent zu verbilligen. Diese Verpflichtung soll bezüglich der jungen Erwachsenen in Ausbildung wegfallen. Der Bund kann die finanziellen Auswirkungen des Wegfalls dieser Verpflichtung nicht abschätzen.

Im Rahmen dieser Gesetzesrevision soll zudem festgehalten werden, dass die Kinder vom massgebenden Versichertenbestand für den Risikoausgleich ausgeschlossen werden. Damit wird die geltende Verordnungsbestimmung auf Gesetzesstufe verankert.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Die beiden parlamentarischen Initiativen «Prämienbefreiung für Kinder» (Humbel; 10.407 n) und «KVG. Änderung der Prämienkategorien für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene» (Rossini; 13.477 n) wurden unabhängig voneinander eingereicht. Sie verfolgen aber ein gemeinsames Ziel, nämlich die finanzielle Entlastung von Familien in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP). Nachfolgend wird erläutert, wie es dazu kam, dass die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) einen gemeinsamen Vorentwurf zu den beiden parlamentarischen Initiativen vorlegt.

1.1

Vorprüfung der parlamentarischen Initiative «Prämienbefreiung für Kinder» und Arbeiten der Subkommission «KVG»

Am 8. März 2010 reichte Nationalrätin Ruth Humbel (CVP, AG) die parlamentarische Initiative 10.407 n mit folgendem Wortlaut ein: «Mit einer Änderung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) sind Kinder von den Krankenkassenprämien zu befreien.» In ihrer Begründung hielt die Initiantin fest, mit den massiven Prämienerhöhungen steige der Druck, einen immer grösseren Teil der Bevölkerung zu subventionieren.

Das Prämienverbilligungssystem sei kompliziert und bedinge einen relativ hohen administrativen Aufwand. Gleichzeitig werde es aber insbesondere für jene mittelständischen Familien, die gerade nicht in den Genuss von Prämienverbilligungen kämen, immer härter, die Krankenkassenprämien zu bezahlen. Die Prämienbefreiung von Kindern würde Familien rasch, effektiv und wirksam entlasten. Zugleich würde die zunehmende Umverteilung massvoll korrigiert.

Die SGK-NR gab der Initiative am 18. Februar 2011 mit 16 zu 8 Stimmen Folge.

Die SGK-SR liess von der Verwaltung einen Bericht über Möglichkeiten der Umsetzung der parlamentarischen Initiative sowie allfällige indirekte finanzielle Wirkungen der Prämienbefreiung auf das verfügbare Einkommen von Familien erarbeiten. An ihrer Sitzung vom 6. September 2011 stimmte die SGK-SR dem Beschluss der SGK-NR mit 5 zu 4 Stimmen zu. Sie legte der SGK-NR nahe, die benötigten rund 1,8 Milliarden Franken zur Prämienbefreiung der Kinder (Stand 2011) nicht einfach auf die Prämien der Erwachsenen zu überwälzen, sondern eine Lösung über das System der individuellen Prämienverbilligung (IPV) zu suchen.

Die SGK-NR beauftragte ihre Subkommission «KVG»2 am 14. Oktober 2011 mit der Erarbeitung eines Erlassentwurfs in der neuen Legislatur. Die Subkommission

2

Humbel, Bortoluzzi, Carobbio Guscetti, Cassis, Fehr Jacqueline, Frehner, Gilli, Moret, Schmid-Federer, Stahl, Steiert

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zog dafür ­ gestützt auf Artikel 112 Absatz 1 Parlamentsgesetz 3 ­ Sachverständige des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) bei. Nach einer ersten Diskussion vom 17. Februar 2012 führte sie am 27. April 2012 Anhörungen durch, um sich über die Position der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) sowie die Wirkung der IPV zu informieren. An ihren Sitzungen vom 2. Juli 2012, 29. August 2012 und 31. Oktober 2012 beriet sie über die Grundzüge einer möglichen Lösung, wobei sie verschiedene Varianten prüfte.

Dabei zeichnete sich in der Subkommission zunächst eine Mehrheit für eine Lösung mit folgenden Eckwerten ab: Die Kantone sollten die Prämien von Kindern vollständig verbilligen, die in einem Haushalt leben, der mehr als 8 Prozent des Reineinkommens für die OKP-Prämien ausgibt. An den Mehrkosten von rund einer Milliarde Franken (Stand 2012) sollte sich der Bund rund zur Hälfte beteiligen und seinen Beitrag an die IPV entsprechend erhöhen. Bevor die Subkommission den Vorentwurf detailliert ausarbeiten liess, konsultierte sie die GDK mit Schreiben vom 26. November 2012 zu mehreren Fragen, die eher technischer Natur waren. In seiner Antwort vom 21. Dezember 2012 brachte das Präsidium der GDK grundsätzliche Einwände gegen die von der Subkommission skizzierte Lösung vor. Am 19. Februar 2014 hörte die Subkommission, die in der Zwischenzeit durch andere Vorlagen stark belastet gewesen war, die GDK erneut an. Dabei bekräftigte die GDK, dass ihrer Ansicht nach alle Kinder im Alter von 0­18 Jahren prämienfrei versichert werden sollten und diese Massnahme über die Erwachsenenprämien zu finanzieren sei.

Die Subkommission nahm das Anliegen der GDK auf, wonach alle Kinder prämienfrei versichert werden sollten, hielt aber an einer Finanzierung durch Bund und Kantone fest. Dabei sah sie vor, dass die Kantone jeweils die tiefste Kinderprämie einer Region für alle Kinder vollständig verbilligen sollten; dafür sollten sie vom Bund einen Betrag erhalten, der zwei Drittel der zu verbilligenden Kinderprämien decken sollte. Die Mehrkosten dieser Lösung wurden auf rund 700 Millionen Franken veranschlagt. Am 21. Mai 2014 bereinigte die Subkommission den entsprechenden Vorentwurf, lehnte ihn in der Gesamtabstimmung aber mit 5 zu 4 Stimmen ab, was einem Nichteintretensantrag gleichkam.
Die SGK-NR beschloss am 15. August 2014 mit 14 zu 11 Stimmen, entgegen dem Antrag ihrer Subkommission auf den Vorentwurf einzutreten. Mit 12 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen wies sie anschliessend den Vorentwurf an die Subkommission zurück mit dem Auftrag, eine kostenneutrale Variante auszuarbeiten.

1.2

Vorprüfung der parlamentarischen Initiative «KVG.

Änderung der Prämienkategorien für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene» und Arbeiten der Subkommission «KVG»

Am 15. Oktober 2014 prüfte die SGK-NR die parlamentarische Initiative «KVG.

Änderung der Prämienkategorien für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene» (13.477 n) vor, die Nationalrat Stéphane Rossini (SP, VS) am 12. Dezember 2013 3

SR 171.10

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eingereicht hatte. Gemäss dieser Initiative sollte Artikel 61 Absatz 3 KVG wie folgt geändert werden: «Für Versicherte bis zum vollendeten 20. Altersjahr (Kinder und Jugendliche) und für Versicherte bis zum vollendeten 25. Altersjahr (junge Erwachsene) hat der Versicherer eine tiefere Prämie festzusetzen als für ältere Versicherte (Erwachsene).» In seiner Begründung wies der Initiant darauf hin, dass zwar die Prämien für die Alterskategorie der Kinder (heute 0­18 Jahre) bisher deutlich tiefer seien als für die anderen Alterskategorien, dass aber die Prämien für die jungen Erwachsenen (heute 19­25 Jahre) massiv gestiegen seien und nahezu das Niveau der Prämien für Erwachsene erreicht hätten. Somit stiegen die Prämien beim Übergang vom Kindes- zum jungen Erwachsenenalter schlagartig um ein Mehrfaches an und dies zu einem Zeitpunkt, da viele Betroffene noch in der Ausbildung stünden und finanziell von ihren Eltern abhängig seien. Diese Situation sei für Familien wirtschaftlich und gesellschaftlich unhaltbar geworden.

In der SGK-NR wurde insbesondere das Anliegen unterstützt, wonach die Prämien beim Übergang von der Alterskategorie der Kinder zu jener der jungen Erwachsenen nicht so stark steigen sollten, wie dies inzwischen der Fall sei. Eine Lösungsmöglichkeit sah die Kommission am ehesten in einer Anpassung des Risikoausgleichs, die es den Versicherern ermöglichen würde, den jungen Erwachsenen wieder grössere Rabatte auf den Prämien zu gewähren. Nicht im Vordergrund stand für die Kommission hingegen die vom Initianten vorgeschlagene neue Einteilung der Alterskategorien. In diesem Sinne gab die SGK-NR der Initiative mit 18 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge. Die SGK-SR stimmte diesem Beschluss am 17. November 2014 mit 9 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. Wie für die SGK-NR stand dabei für die SGK-SR das Anliegen einer finanziellen Entlastung der jungen Erwachsenen im Vordergrund.

Da die beiden parlamentarischen Initiativen 10.407 und 13.477 eine finanzielle Entlastung der Familien zum Ziel haben, beriet die Subkommission «KVG» die beiden Geschäfte im Auftrag der SGK-NR gemeinsam weiter, um eine Gesamtschau wahren zu können. Am 14. Januar 2015 hörte sie folgende Experten an: Konstantin Beck, CSS-Institut für empirische Gesundheitsökonomie, Lucien Gardiol und Melania Rudin, die an der Studie
«Gesundheitsreform ­ für tragbare Prämien»4 mitgearbeitet hatten, sowie Stefan Leutwyler, stellvertretender Zentralsekretär GDK, und Antonios Haniotis, Leiter Amt für Sozialbeiträge Kanton Basel-Stadt. An drei weiteren Sitzungen vom 18. Februar 2015, 22. April 2015 und 27. Mai 2015 diskutierte die Subkommission über verschiedene Lösungsvarianten und schloss am 24. Juni 2015 die Detailberatung des Vorentwurfs ab. Am 21. September 2015 verabschiedete sie den redaktionell überarbeiteten Vorentwurf und den Entwurf des erläuternden Berichts zuhanden der SGK-NR. Am 23. Oktober 2015 beriet die SGK-NR über die Vorlage und verabschiedete sie mit 15 zu 8 Stimmen im Hinblick auf die Eröffnung einer Vernehmlassung. Vom 23. November 2015 bis am 15. März 2016 konnten sich die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien und 4

Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS), Lucien Gardiol, Laure Dutoit, Melania Rudin, Kilian Künzli, Studie «Gesundheitsreform ­ für tragbare Prämien», Simulationsrechnungen zur Wirkung verschiedener Steuerungselemente auf die Belastung der Haushalte, im Auftrag von santésuisse ­ die Schweizer Krankenversicherer, Schlussbericht, Bern, 24. Mai 2013

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weitere interessierte Organisationen vernehmen lassen. Gestützt auf die Vernehmlassungsergebnisse änderte die SGK-NR die Vorlage an ihrer Sitzung vom 7. Juli 2016. Danach entschied sie mit 13 zu 11 Stimmen, den Erlassentwurf zusammen mit diesem Bericht dem Nationalrat zu unterbreiten. Zugleich überwies sie ihn dem Bundesrat zur Stellungnahme.

2

Ausgangslage

2.1

Die finanzielle Belastung der Familien durch die Prämien der OKP

Mit dem KVG wurde 1996 der Grundsatz der einheitlichen Prämie je Versicherer und Region eingeführt. Dieser Grundsatz wurde durchbrochen, indem unter anderem für junge Erwachsene tiefere Prämien festgelegt werden könnnen und für Kinder tiefere Prämien festgelegt werden müssen (Art. 61 Abs. 3 KVG). Da die Prämien unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen festgelegt werden, wurde die individuelle Prämienverbilligung eingeführt. Dabei wurden die Kantone verpflichtet, den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen zu gewähren (Art. 65 Abs. 1 KVG). Nachdem sich gezeigt hatte, dass die Prämienlast besonders für Familien mit Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung stark angestiegen war, präzisierte das eidgenössische Parlament 2005 die Vorgaben. Demnach haben die Kantone bei unteren und mittleren Einkommen die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung mindestens um die Hälfte zu verbilligen (Art. 65 Abs. 1bis KVG). Was die Finanzierung der Prämienverbilligung betrifft, leistet der Bund seit Inkrafttreten der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) im Jahre 2008 einen Beitrag von 7,5 Prozent der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Dieser Beitrag wird anhand der Wohnbevölkerung auf die Kantone aufgeteilt; er ist also nicht mehr abhängig von der Finanzkraft der Kantone oder den Beiträgen der Kantone an die Prämienverbilligung.

Die 26 Kantone haben 26 verschiedene Prämienverbilligungssysteme eingeführt, die sich unterschiedlich auswirken5. Im Jahre 2014 wandten acht Kantone ein einfaches Prozentmodell an, bei dem die Prämienverbilligung der Richtprämie abzüglich eines Selbstbehalts entspricht. Ebenfalls acht Kantone wandten ein Stufenmodell an, bei dem Einkommensklassen definiert und den Anpruchsberechtigten je nach Einkommensklasse ein fixer Betrag als Prämienverbilligung zugesprochen wird. Weitere acht Kantone wandten eine Kombination von Prozentmodell und Stufenmodell an, während zwei Kantone die Prämienverbilligung zwischen einem Minimum und einem Maximum berechneten6. Als massgebliches Einkommen zur Berechnung der Prämienverbilligung dienten der Mehrheit der Kantone das steuerbare Einkommen oder das Reineinkommen. Von diesem Ausgangspunkt wurden je nach Kanton Abzüge vorgenommen (zum Beispiel Kinderabzüge) oder Werte dazugerechnet 5

6

Experten-/Forschungsberichte zur Kranken- und Unfallversicherung, Monitoring 2014, Wirksamkeit der Prämienverbilligung, B,S, S. Volkswirtschaftliche Beratung AG, Basel, Dezember 2015, im Auftrag des BAG Monitoring 2014, S. 19

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(zum Beispiel x Prozent des Vermögens, Beiträge an die 3. Säule, Einkaufsbeiträge in die 2. Säule)7.

Für das Monitoring 2014 wurde die sozialpolitische Wirksamkeit der kantonalen Prämienverbilligungssysteme anhand von sieben Modellhaushalten untersucht. Die Limite, bei der ein Modellhaushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern noch eine Prämienverbilligung erhielt, lag bei einem Bruttoeinkommen zwischen 74 647 Franken im Kanton Bern und 137 934 Franken im Kanton Nidwalden8.

Grosse Unterschiede zwischen den Kantonen ergaben sich auch bei der Prämienbelastung nach erfolgter Prämienverbilligung. Betrachtet man einen Modellhaushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern, der ein Bruttoeinkommen von 69 896 Franken erzielte (25 Prozent dieser Haushalte in der Schweiz verdienten gleich viel oder weniger), bewegte sich die Prämienbelastung gemessen am verfügbaren Einkommen9 zwischen 6 Prozent im Kanton Zug und 18 Prozent im Kanton Bern. Bei einem Bruttoeinkommen von 95 081 Franken (50 Prozent dieser Haushalte in der Schweiz verdienten gleich viel oder weniger) schwankte die Prämienbelastung gemessen am verfügbaren Einkommen zwischen 6 Prozent im Kanton Zug und 18 Prozent im Kanton Basel-Stadt. Bei einem Bruttoeinkommen von 133 262 Franken (75 Prozent dieser Haushalte in der Schweiz verdienten gleich viel oder weniger) variierte die Prämienbelastung gemessen am verfügbaren Einkommen zwischen 7 Prozent im Kanton Nidwalden und 14 Prozent im Kanton Basel-Stadt10.

Im Vergleich zu 2010 zeigt sich, dass die Haushalte im Jahr 2014 stärker belastet wurden. Im Mittelwert über alle Haushalttypen und Kantone lag die Prämienbelastung 2010 bei 9 Prozent des verfügbaren Einkommens, während dieser Wert 2014 bei 11 Prozent lag11.

Die verbleibende Prämienbelastung liegt im Durchschnitt über alle Modellhaushalte je nach Kanton zwischen 7 und 17 Prozent des verfügbaren Einkommens. Im Monitoring 2010 lagen diese Werte bei 6 bis 14 Prozent12.

Deshalb sollen bei unteren und mittleren Einkommen insbesondere die Haushalte mit Kindern entlastet werden.

7 8 9

10 11 12

Monitoring 2014, S. 25f.

siehe graphische Darstellungen auf www.bag.admin.ch / Themen / Krankenversicherung / Prämien / Prämienverbilligung / Monitoring Die Prämienbelastung in Prozent des verfügbaren Einkommens ist folgendermassen definiert: (Prämie ­ individuelle Prämienverbilligung) / (Nettolohn ­ Steuern), Monitoring 2014, S. 3 siehe graphische Darstellungen auf www.bag.admin.ch / Themen / Krankenversicherung / Prämien / Prämienverbilligung / Monitoring Monitoring 2014, S. 58 Monitoring 2014, S. 70

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Abbildung Paar mit zwei Kindern (Annahme: 70 000.­ Jahreseinkommen; kein Vermögen) Verbleibende Prämienbelastung in % des verfügbaren Einkommens, 2014 25%

20%

15%

10%

5%

ZH BE LU UR SZ OW NW GL ZG FR SO BS BL SH AR AI SG GR AG TG TI VD VS NE GE JU Ø

0%

Quelle: Monitoring 2014, Abb. 10, S. 40.

2.2

Der Risikoausgleich und seine Auswirkungen auf die Prämien

Die OKP basiert auf dem Solidaritätsprinzip und wird mittels Einheitsprämien finanziert. Das heisst, jede versicherte Person bezahlt unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht oder einem anderen Indikator für den Gesundheitszustand beim gleichen Krankenversicherer im gleichen Kanton resp. in der gleichen Prämienregion für das gleiche Versicherungsmodell dieselbe Prämie. Die Einheitsprämie stellt die Solidarität zwischen den gesunden und den kranken Versicherten innerhalb des Versichertenkollektivs eines Versicherers sicher. Die Prämie entspricht aber nicht dem effektiven Risiko, Leistungen zu beziehen, das die einzelnen Versicherten für den Versicherer darstellen. Daher sind die Versicherer in einem solchen System daran interessiert, möglichst gute Risiken, d. h. Personen mit tiefen Krankheitskosten, zu versichern und so mit einer attraktiven Prämie am Markt aufzutreten. Um den Anreiz zur Risikoselektion zu vermindern, wurde der Risikoausgleich eingeführt.

Dieser berücksichtigt die unterschiedliche Risikostruktur der Krankenversicherer und schafft auf deren Basis einen finanziellen Ausgleich. Versicherer mit guter Risikostruktur, d.h. Versicherer, die mehr Junge, Männer und Personen ohne weitere 7221

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Indikatoren für ein erhöhtes Krankheitsrisiko versichern, bezahlen zugunsten von Versicherern mit schlechterer Risikostruktur, d.h. Versicherer, die mehr Alte, Frauen und Versicherte mit weiteren Indikatoren für ein erhöhtes Krankheitsrisiko im Portefeuille haben, in den Risikoausgleich ein.

Die Funktionsweise des Risikoausgleichs am vereinfachten Beispiel: 2013 vergüteten die Krankenversicherer für einen Erwachsenen im Rahmen der OKP durchschnittlich Leistungen in der Höhe von 3 250 Franken. Während 31- bis 35-jährige Männer im Schnitt nur 750 Franken kosteten, betrug dieser Wert für die Gruppe der 86- bis 90-jährigen Frauen 9 700 Franken.

Für den 33-jährigen Mann zahlte der Versicherer 3 250 ­ 750 = 2 500 Franken in den Risikoausgleich (Abgabe).

Für die 88-jährige Frau erhielt er 9 700 ­ 3 250 = 6 450 Franken (Beitrag).

Dank des Risikoausgleichs war der junge Mann kein besseres Risiko als die alte Frau (Aufwand junger Mann: 750 + 2 500 = 3 250 Franken, Aufwand alte Frau: 9 700 ­ 6 450 = 3 250 Franken).

Dies gilt seit den Anfängen des Risikoausgleichs.

Die Risikounterschiede nach Alter werden heute unter den Versicherten ab 19 Jahren vollständig ausgeglichen. Aus Sicht des Versicherers ist daher ein junger Erwachsener gleich teuer wie ein älterer Erwachsener. Die Gewährung von Prämienrabatten für junge Erwachsene rechnet sich aus versicherungstechnischer Sicht nicht, obwohl der Gesetzgeber diese Möglichkeit in Artikel 61 Absatz 3 KVG vorsieht.

Dies führt dazu, dass Prämienrabatte für junge Erwachsene zurückgehen und sich deren Prämien den Prämien der älteren Erwachsenen annähern.

2.3

Die Frage eines Risikoausgleichs unter den Kindern

Kinder sind nicht Teil des massgebenden Versichertenbestandes für die Berechnung des Risikoausgleichs, d. h. für Kinder leisten die Versicherer keine Abgaben in den Risikoausgleich resp. erhalten die Versicherer keine Beiträge aus dem Risikoausgleich. Kinder bezahlen dadurch risikogerechte Prämien, die deutlich unter den Prämien für erwachsene Versicherte liegen.

Kinder wurden bisher nicht im Risikoausgleich berücksichtigt. Sie sollten keine Solidaritätszahlungen an die Erwachsenen leisten müssen. Der Bundesrat konnte dies in der Verordnung über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung (VORA) entsprechend festlegen13, da das KVG bisher nicht ausdrücklich regelt, ob die Kinder in den Risikoausgleich einzubeziehen sind oder nicht.

13

SR 832.112.1, Art. 2 Abs. 2

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Es lässt sich feststellen, dass auch bei den Kindern die Kosten der Nettoleistungen je nach Risikogruppe (Alter, Geschlecht, Spitalaufenthalt im Vorjahr) unterschiedlich verteilt sind. Die Unterschiede der Gruppenmittelwerte der verschiedenen Risikogruppen sind absolut gesehen jedoch geringer als bei den Erwachsenen (vgl. Tabelle). Dies ist auch auf die geringere Höhe der Leistungskosten bei den Kindern zurückzuführen.

Tabelle Jährliche durchschnittliche Nettoleistungen je versicherte Person in Franken nach Altersgruppe, Geschlecht und dem Indikator «Aufenthalt in Spital oder Pflegeheim im Vorjahr» Geschlecht

Aufenthalt

0­18 Jährige

19­25 Jährige

>25 Jährige

F F M M

ja nein ja nein

4 442 867 3 709 910

7 385 1 154 7 809 617

15 140 2 890 14 280 2 159

Quelle: Risikoausgleich 2013

Betrachtet man die relative Variabilität der Nettoleistungen innerhalb der Risikoklassen, die sich durch Alter und Geschlecht ergeben, ist diese bei Kindern nicht geringer als bei Erwachsenen. Die Graphik zeigt, dass die Variabilität innerhalb der meisten Altersklassen gemessen am Variationskoeffizienten 14 ähnlich ist, abgesehen von der hohen Variabilität bei jungen Männern und der sinkenden Variabilität im hohen Alter.

14

Der Variationskoeffizient bezeichnet das Verhältnis von Standardabweichung zum Mittelwert.

7223

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Abbildung Variationskoeffizienten der Nettoleistungen nach Altersklassen und Geschlecht

Allerdings werden die Kinder oft bereits vor der Geburt versichert. Auch werden die Behandlungen von Geburtsgebrechen von der Invalidenversicherung finanziert. Ein Risikoausgleich unter den Kindern ist für die Versicherer und die Gemeinsame Einrichung mit einem Aufwand verbunden. Es stellt sich die Frage, ob ein genügender Nutzen diesen Aufwand rechtfertigt.

3

Geprüfte Lösungen

Die Kommission und die von ihr mit der Erarbeitung eines Erlassentwurfs beauftragte Subkommission «KVG» prüften verschiedene Varianten zur finanziellen Entlastung der Familien bei den OKP-Prämien. In einer ersten Phase wurden Möglichkeiten einer teilweisen oder vollständigen Reduktion der Kinderprämien im Sinne der parlamentarischen Initiative 10.407 n diskutiert. In einer zweiten Phase wurde die Fragestellung ausgehend von der parlamentarischen Initiative 13.477 n auf die Prämien für junge Erwachsene ausgeweitet (siehe Ziff. 1).

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3.1

Reduktion der Kinderprämien

Im Hinblick auf eine allfällige Abschaffung der Kinderprämien hatte sich bereits die SGK-SR im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens von der Verwaltung aufzeigen lassen, in welcher Art die parlamentarische Initiative 10.407 n allenfalls umgesetzt werden könnte (siehe Ziff. 1.1). Das BAG skizzierte folgende Modelle: ­

Familienversicherung: Die Kinder werden zusammen mit einem bestimmten erwachsenen Versicherten (in der Regel den Eltern) kostenlos mitversichert.

Die von den Kindern bezogenen Leistungen werden von den erwachsenen Versicherten desselben Versicherers finanziert. Trotz höherer Erwachsenenprämien wäre davon auszugehen, dass für mittelständische Familien eine spürbare Entlastung resultieren würde. Für die Versicherer hingegen würden Familien finanziell uninteressant.

­

Ausgleichsfonds: Die Versicherer melden die Zahl der bei ihnen versicherten Kinder sowie die von diesen verursachten Kosten an einen Fonds. Aufgrund dieser Daten können für jeden Kanton die Durchschnittskosten aller Kinder berechnet werden. Diesen Betrag erhält der Versicherer für jedes der bei ihm versicherten Kinder aus dem Fonds. Die Beiträge in den Fonds können durch eine Erhöhung der Prämien für Erwachsene oder über Steuern finanziert werden. Diese Lösung würde ­ anders als die Familienversicherung ­ keine neuen Anreize zur Risikoselektion schaffen.

­

Finanzierung über die IPV: Die Prämien für Kinder werden über die individuelle Prämienverbilligung vollständig subventioniert. Sollte dies nicht zu Lasten der anderen IPV-Berechtigten gehen, müssten die Beiträge der öffentlichen Hand (Bund und/oder Kantone) entsprechend erhöht werden.

­

Krankenversicherungsmonopol für Kinder: Alle Kinder werden kostenlos bei einer Kinderkrankenversicherung versichert. Diese Monopolversicherung würde durch Beiträge des Bundes und/oder der Kantone finanziert.

Die Subkommission «KVG» der SGK-NR liess Abklärungen zu weiteren Modellen treffen, die sich hinsichtlich des Kreises der Begünstigten, des Ausmasses der finanziellen Entlastung für die Familien und der Art der Finanzierung ­ prämien- oder steuerfinanziert ­ voneinander unterschieden.

Was den Kreis der Begünstigten und das Ausmass der finanziellen Entlastung für die Familien betrifft, ging es im Wesentlichen um die Frage, ob alle Kinder vollständig von den OKP-Prämien befreit werden sollten oder ob ein Sozialziel definiert werden sollte. Geprüft wurden insbesondere folgende Sozialziele: ­

Eine vollständige Prämienbefreiung für jene Kinder, die in Haushalten leben, die mehr als 8 Prozent des verfügbaren Einkommens für OKPPrämien ausgeben. Damit würden rund 1,2 Millionen Kinder ­ oder rund vier Fünftel aller Kinder ­ vollständig von Prämien befreit.

­

Ein Ausbau der IPV mit dem Ziel, dass die Prämienlast für keinen Haushalt höher ist als 8 Prozent des Reineinkommens oder, als Variante, 10 Prozent des Reineinkommens. Hintergrund dieses Modells war das Sozialziel, das der Bundesrat bereits 1991 in seiner Botschaft zur Schaffung der obligato7225

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rischen Krankenpflegeversicherung15 skizziert hatte. Zwar war schon damals vorgesehen, dass die Kantone bestimmen sollten, ab welchem ­ als Prozentsatz des steuerbaren Einkommens definiertem ­ Grenzbetrag die Prämienverbilligung erfolgen sollte. Aufgrund schweizerischer Durchschnittswerte schätzte der Bundesrat jedoch, «dass die Kantone den Grenzbetrag, ab dem die individuelle Prämienverbilligung einsetzt, bei 8 Prozent des steuerbaren Einkommens festlegen können»16.

Wie unter Ziffer 1.1 ausgeführt, fand die Subkommissionen in ihren eingehenden Diskussionen keine mehrheitsfähige Lösung zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 10.407 n. Die SGK-NR bestätigte jedoch am 15. August 2014 mit ihrem Eintreten auf den damals vorliegenden Vorentwurf, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe, und beauftragte ihre Subkommission mit der Ausarbeitung einer kostenneutralen Variante.

3.2

Entlastung der 19- bis 35-Jährigen

Einen neuen Ansatz entwickelte die Subkommission, als sie im Auftrag der SGKNR die beiden parlamentarischen Initiativen 10.407 n und 13.477 n im Sinne einer Gesamtschau zur finanziellen Entlastung der Familien gemeinsam weiter beriet (siehe Ziff. 1.2).

In einem ersten Schritt prüfte die Subkommission, wie der Anstieg der Prämien beim Übergang von der Altersgruppe der Kinder (0­18 Jahre) zur Altersgruppe der jungen Erwachsenen (19­25 Jahre) durch neue Vorgaben für den Risikoausgleich gemildert werden könnte. Da die Prämien der jungen Erwachsenen zu ungefähr zwei Dritteln in den Risikoausgleich unter den Versicherern fliessen (siehe Ziff. 2.2), lässt sich die Prämienhöhe durch Veränderungen im Mechanismus des Risikoausgleichs spürbar beeinflussen, auch wenn die Versicherer bei der Festlegung der Prämien ihren Ermessenspielraum behalten.

Geprüft wurden vier Varianten zur Anpassung des Risikoausgleichs:

15 16

­

Variante 1: Die Versicherer zahlen für die bei ihnen versicherten jungen Erwachsenen neu nur noch 50 Prozent der Differenz zwischen den Durchschnittskosten aller Versicherten und den Durchschnittskosten aller jungen Erwachsenen in den Risikoausgleichsfonds ein. Sie würden somit im Risikoausgleich für die jungen Erwachsenen um 92 Franken pro Monat entlastet, während sie für die Erwachsenen ab 26 Jahren mit 10 Franken pro Monat zusätzlich belastet würden (Stand 2013).

­

Variante 2: Die Versicherer werden bei den Risikoausgleichszahlungen für die bei ihnen versicherten jungen Erwachsenen gleich wie in Variante 1 um 50 Prozent entlastet; zusätzlich werden sie bei den Risikoausgleichszahlungen für die Versicherten im Alter von 26 bis 35 Jahren um 20 Prozent entlastet. Dies hätte folgende finanzielle Auswirkungen: Für junge ErwachBotschaft über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 93 BBl 1992 225

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sene würden die Versicherer wie in Variante 1 um 92 Franken pro Monat entlastet; für die 26- bis 35-Jährigen würden sie um 29 Franken pro Monat entlastet; für die Erwachsenen ab 36 Jahren hingegen würden sie mit 19 Franken pro Monat zusätzlich belastet.

­

Variante 3: Diese Variante unterscheidet sich von der Variante 1 nur dadurch, dass die 26- bis 35-jährigen Erwachsenen nicht mithelfen müssen, den aufgrund der Entlastung der jungen Erwachsenen fehlenden Betrag auszugleichen. Dies hätte folgende finanzielle Auswirkungen: Die Versicherer würden bei den jungen Erwachsenen wie in Variante 1 um 92 Franken pro Monat entlastet; für die 26- bis 35-Jährigen würden sie weder be- noch entlastet; für die Erwachsenen ab 36 Jahren würden die Versicherer mit 13 Franken pro Monat zusätzlich belastet.

­

Variante 4: Die Versicherer werden bei den Risikoausgleichszahlungen für die jungen Erwachsenen gleich wie in Variante 1 um 50 Prozent entlastet; die somit fehlenden Beiträge werden von jenen Altersgruppen übernommen, die im System des Risikoausgleichs Nettoempfänger sind, während die übrigen Versicherten weder be- noch entlastet werden. Finanziell hätte dieses folgende Auswirkungen: Für junge Erwachsene würden die Versicherer wie in Variante 1 um 92 Franken pro Monat entlastet; für Erwachsene im Alter von 26 bis 60 Jahren ergäbe sich im Vergleich zu heute keine Veränderung; für Erwachsene ab 61 Jahren würden die Versicherer mit 33 Franken zusätzlich belastet.

Die Auswirkungen dieser Verschiebungen im Risikoausgleich auf die Prämien hängen davon ab, ob die Versicherer die Prämien der jungen Erwachsenen bisher quersubventionieren. Versicherer, die bisher einen Jugendrabatt gewähren, dürften die Prämien der jungen Erwachsenen weniger stark senken als um die oben erwähnten 92 Franken pro Monat; umgekehrt müssten sie die Prämien der Erwachsenen entsprechend weniger stark anheben.

Werden die Prämien der jungen Erwachsenen gesenkt und jene der Erwachsenen (oder gewisser Altersgruppen von Erwachsenen) angehoben, wirkt sich dies auf die individuelle Prämienverbilligung aus, wobei per saldo Einsparungen für die Kantone zu erwarten sind. Da die Kantone bei der Ausgestaltung der IPV über grossen Spielraum verfügen und unterschiedliche Modelle gewählt haben (siehe Ziff. 2.1), ist es schwierig, diese Auswirkungen verlässlich abzuschätzen.

Für die folgenden Berechnungen zu den Varianten 1 und 2 wurde angenommen, dass die Kantone die IPV jeweils proportional zur Änderung der Prämie erhöhen oder senken.

Falls die Versicherer die Prämien der jungen Erwachsenen künftig nicht mehr quersubventionieren, sinkt die IPV bei Variante 1 für die jungen Erwachsenen um 105 Millionen Franken, während die IPV für die Erwachsenen um 50 Millionen Franken steigt; die Kantone sparen per saldo 55 Millionen Franken. Falls die Versicherer die Prämien der jungen Erwachsenen im selben Ausmass wie bisher quersubventionieren, sinkt die IPV für die jungen Erwachsenen um 155 Millionen Franken, während für die Erwachsenen 75 Millionen Franken mehr IPV ausbezahlt werden; in diesem Fall sparen die Kantone per saldo 80 Millionen Franken.

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Bei der Variante 2 sehen die Berechnungen wie folgt aus: Falls die Versicherer die Prämien der jungen Erwachsenen nicht mehr quersubventionieren, sinkt die IPV für die 19- bis 35-Jährigen um 155 Millionen Franken, während die IPV für die Erwachsenen ab 36 Jahren um 95 Millionen Franken steigt; die Kantone sparen per saldo auch in dieser Variante 60 Millionen Franken. Falls die Versicherer die Prämien der jungen Erwachsenen im selben Ausmass wie bisher quersubventionieren, sinkt die IPV der 19- bis 35-Jährigen um 200 Millionen Franken, während für die Erwachsenen ab 36 Jahren 115 Millionen Franken mehr IPV ausbezahlt werden; in diesem Fall sparen die Kantone per saldo 85 Millionen Franken.

Es ist zu erwarten, dass die Versicherer die Prämien der jungen Erwachsenen auch nach einer Reform des Risikoausgleichs in einem gewissen Ausmass quersubventionieren werden, um junge Erwachsene, die sich durch eine hohe Wechselbereitschaft auszeichnen, an sich zu binden. Per saldo könnten die Kantone somit in Variante 1 rund 65 bis 70 Millionen Franken und in Variante 2 rund 70 bis 75 Millionen Franken IPV einsparen.

In einem zweiten Schritt prüfte die Subkommission, wie die eingesparten IPVGelder zur kostenneutralen Verbilligung der Kinderprämien eingesetzt werden können. Sie fokussierte dabei auf einen Bereich, in dem der Bund den Kantonen schon bisher genauere Vorgaben zur Ausgestaltung der IPV macht. Artikel 65 Absatz 1bis KVG sieht nämlich vor: «Für untere und mittlere Einkommen verbilligen die Kantone die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50 Prozent.» Würden die rund 70 bis 75 Millionen Franken IPV-Gelder (gemäss Variante 2), die durch die Anpassung des Risikoausgleichs eingespart werden, für eine zusätzliche Verbilligung der bereits heute nach Artikel 65 Absatz 1bis KVG subventionierten Kinderprämien eingesetzt, könnten diese um mindestens 80 Prozent verbilligt werden (siehe Ziff. 5 zu Art. 65 Abs. 1 bis).

3.3

Vernehmlassungsverfahren

Mit Schreiben vom 23. November 2015 unterbreitete die SGK-NR ihren Vorentwurf mit dem erläuternden Bericht den Kantonen, politischen Parteien, gesamtschweizerischen Dachverbänden der Gemeinden, Städte und Berggebiete sowie der Wirtschaft und weiteren interessierten Organisationen zur Vernehmlassung. Sie lud die 102 Adressaten ein, bis am 15. März 2016 Stellung zu nehmen. Insgesamt gingen 65 Stellungnahmen ein.17 Die meisten Vernehmlassungsteilnehmenden hiessen die Stossrichtung der Vorlage gut, unterstützten dabei jedoch Minderheitsanträge aus der Kommission oder brachten Vorbehalte an. Sechs Kantone (AG, AI, GE, NE, SZ, VS), die SVP, ein Versicherer und zwei Organisationen lehnten den Vorentwurf ab.

Die Rückmeldungen zur vorgeschlagenen Einführung eines Risikoausgleichs unter Kindern fielen uneinheitlich aus. Neun Kantone, die SPS, der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), Curafutura sowie Konsumenten- und Patientenorgani17

Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung, Bundesamt für Gesundheit, April 2016, publiziert unter www.parlament.ch > Suche > 10.407 > Vernehmlassung

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sationen befürworteten diesen Vorschlag. Sie befürchten, Versicherer könnten zunehmend versuchen, bei den Kindern nur gute Risiken zu versichern, da dies bei den Erwachsenen durch die Verfeinerung des Risikoausgleichs schwieriger wird.

Hingegen plädierten sechs Kantone, die FDP-Liberalen und die BDP, Economiesuisse und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV), Santésuisse und der Verband der kleinen und mittleren Versicherer wie eine Minderheit der Kommission dafür, auf einen Risikoausgleich unter Kindern zu verzichten, da ein solcher mehr Aufwand als Nutzen brächte.

Der Vorschlag der Kommissionsmehrheit, die 19- bis 35-jährigen Versicherten im Risikoausgleich zu entlasten, wurde von der FDP-Liberalen und der BDP, einer Minderheit von Santésuisse und dem SGV unterstützt. Dies diene Familien und jungen Paaren. 20 Kantone, die SPS und die CVP, der SGB, Economiesuisse, Curafutura und die Mehrheit von Santésuisse sowie andere Organisationen unterstützten hingegen den Vorschlag der Kommissionsminderheit, nur die 19- bis 25-Jährigen zu entlasten. Sie lehnen die Schaffung einer neuen Alterskategorie der 26- bis 35-Jährigen ab, da damit ein Präzedenzfall für ein altersabhängiges Prämiensystem geschaffen werde. Die meisten Befürworter einer Entlastung der jungen Erwachsenen im Risikoausgleich unterstützten auch den Vorschlag, dass die Versicherer verpflichtet werden sollten, für die betroffenen Versicherten tiefere Prämien festzulegen.

Die SPS, der SGB und andere Organisationen befürworteten den vorgeschlagenen Ausbau der Prämienverbilligung auf mindestens 80 Prozent für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung, die in Haushalten mit tiefen und unteren Einkommen leben. Demgegenüber wollen fast alle Kantone, die FDP-Liberalen und die BDP, Economiesuisse und andere Organisationen wie die Kommissionsminderheit am geltenden Recht festhalten (Prämienverbilligung von mindestens 50 Prozent). Die CVP unterstützte den Ausbau der Prämienverbilligung nur für Kinder.

4

Die beantragte Neuregelung

4.1

Grundzüge der Vorlage

Ziel der Gesetzesrevision ist es, die finanzielle Belastung der Familien durch die Krankenkassenprämien zu mildern. Erreicht werden soll dies mit einer Kombination von zwei Massnahmen: Die Versicherer sollen im Rahmen des Risikoausgleichs bei den jungen Erwachsenen im Alter von 19 bis 25 Jahren und den Erwachsenen im Alter von 26 bis 35 Jahren differenziert entlastet werden, damit sie deren Prämien ebenfalls differenziert senken können. Dies führt zu Einsparungen in der individuellen Prämienverbilligung; diese Gelder sollen eingesetzt werden, um die Prämien für Kinder, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben, stärker zu verbilligen, als dies heute der Fall ist. Damit soll innerhalb der Krankenpflegeversicherung die finanzielle Solidarität zugunsten der Familien gestärkt werden. Gleichzeitig würde ein Schritt hin zu risikogerechteren Prämien getan, welche die von der jeweiligen Altersgruppe verursachten Kosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung besser abbilden.

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Im Folgenden werden die beiden Massnahmen genauer dargestellt: ­

Anpassung des Risikoausgleichs: Die Prämien der jungen Erwachsenen dienen heute nur etwa zu einem Drittel dazu, die Krankheitskosten dieser Versichertengruppe zu decken. Etwa zwei Drittel des Prämienvolumens fliessen in den Risikoausgleich (siehe Ziff. 2.2). Damit die Versicherer für junge Erwachsene im Alter von 19 bis 25 Jahren substantiell tiefere Prämien festsetzen können, sollen sie bei den Risikoausgleichszahlungen für junge Erwachsene entlastet werden. Neu sollen sie für die bei ihnen versicherten jungen Erwachsenen nur noch 50 Prozent der Differenz zwischen den Durchschnittskosten aller erwachsenen Versicherten und den Durchschnittskosten aller jungen Erwachsenen in den Risikoausgleichsfonds einzahlen müssen. Entlastet werden sollen die Versicherer auch bei den Risikoausgleichszahlungen für Versicherte im Alter zwischen 26 und 35 Jahren, und zwar um 20 Prozent der Differenz zwischen den Durchschnittskosten aller erwachsenen Versicherten und den Durchschnittskosten dieser Altersgruppe.

Dies hätte ­ aufgrund von Schätzungen mit Zahlen des Jahres 2013 ­ folgende finanzielle Auswirkungen: Die Versicherer würden im Risikoausgleich bei den jungen Erwachsenen um 92 Franken pro Monat und bei den 26- bis 35-Jährigen um 29 Franken pro Monat entlastet. Im Gegenzug müssten sie für jeden Erwachsenen ab 36 Jahren zusätzlich 19 Franken pro Monat in den Risikoausgleich einzahlen. Neu sollen die Versicherer verpflichtet werden, die Prämien für junge Erwachsene und für 26- bis 35-Jährige tiefer anzusetzen als für ältere Erwachsene (Art. 61 Abs. 3 KVG). Ob sie die Prämien entsprechend der Veränderung der Risikoausgleichszahlungen für junge Erwachsene um 92 Franken beziehungsweise für 26- bis 35-Jährige um 29 Franken pro Monat senken und für Erwachsene ab 36 Jahren um 19 Franken pro Monat erhöhen, hängt insbesondere davon ab, ob und wie stark sie die Prämien für junge Erwachsene bisher quersubventioniert haben und künftig quersubventionieren werden.

­

Höhere minimale Prämienverbilligung für Kinder, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben: Die oben beschriebene Anpassung des Risikoausgleichs und die Senkung der Prämien für junge Erwachsene sowie Versicherte im Alter von 26 bis 35 Jahren führen dazu, dass die Kantone weniger individuelle Prämienverbilligung für diese Altersklassen ausrichten müssen. Zwar steigen die Prämien für Erwachsene ab 36 Jahren und damit auch der Bedarf an Prämienverbilligung. Per saldo dürfte aber für die Kantone eine Einsparung in der Grössenordnung von 70 bis 75 Millionen Franken resultieren. Diese Summe soll im System der Prämienverbilligung verbleiben und Familien mit Kindern zugute kommen. Da die Kantone bei der Ausgestaltung ihrer Prämienverbilligungssysteme grossen Spielraum haben, soll in jenem Bereich angesetzt werden, in dem der Bund den Kantonen bereits genauere Vorgaben macht, und zwar bei der Prämienverbilligung für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben (Art. 65 Abs. 1 bis KVG). Neu sollen die Prämien dieser Kinder um mindestens 80 Prozent statt wie bisher um mindestens 50 Prozent verbilligt werden. Hingegen sollen die Kantone nicht länger verpflichtet werden, die Prämien der jungen Erwachsenen in Ausbil-

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dung zu verbilligen, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben. Auf diese Weise sollte gewährleistet sein, dass die Vorlage für die Kantone kostenneutral ist.

Aufgrund der Stellungnahmen in der Vernehmlassung verzichtet die Kommission darauf, einen Risikoausgleich unter Kindern einzuführen. Sie ist nicht überzeugt, dass der zusätzliche Aufwand im Vergleich zum Nutzen gerechtfertigt wäre ­ dies umso mehr, als die Kinder oft bereits vor der Geburt versichert werden und die Behandlung von Geburtsgebrechen von der Invalidenversicherung finanziert wird (siehe Ziff. 2.3 und 3.3). Im Gesetz soll ausdrücklich festgehalten werden, dass die Kinder von dem für den Risikoausgleich massgebenden Versichertenbestand ausgenommen sind.

4.2

Minderheitsanträge

Die Minderheit I (Carobbio Guscetti, Cassis, Feri Yvonne, Gysi, Häsler, Heim, Schenker Silvia, Steiert, Weibel) will einen Risikoausgleich unter Kindern einführen. So soll verhindert werden, dass vor dem Hintergrund der zunehmenden Verfeinerung des Risikoausgleichs unter den Erwachsenen für die Versicherer Anreize entstehen, sich vor allem um gesunde Kinder zu bemühen und so «gute Risiken» zu versichern (siehe Ziff. 2.3). Die Risikoabgaben für Kinder sollen dabei nicht für die Erwachsenen verwendet werden, sondern für Ausgleichsbeiträge zugunsten von Kindern mit erhöhtem Krankheitsrisiko.

Die Minderheit II (Schmid-Federer, Carobbio Guscetti, Feri Yvonne, Gysi, Häsler, Heim, Humbel, Ingold, Lohr, Schenker Silvia, Steiert, Weibel) will die Versicherer nur bei den Risikoausgleichszahlungen für junge Erwachsene entlasten. Sie beantragt, Artikel 16a KVG und Artikel 61 Absatz 3 KVG entsprechend anzupassen. Die Minderheit II lehnt es ab, neben den bereits bestehenden Altersklassen der Kinder (0-18 Jahre), der jungen Erwachsenen (19-25 Jahre) und der Erwachsenen eine zusätzliche Altersklasse der 26- bis 35-Jährigen zu schaffen. In dieser Altersklasse gebe es sehr unterschiedliche Lebenssituationen, so dass unnötigerweise auch gut verdienende Paare ohne Kinder entlastet würden. Zudem würden ein Präzedenzfall für ein altersbasiertes Prämiensystem geschaffen und der administrative Aufwand der Versicherer erhöht.

Die Minderheit III (Steiert, Carobbio Guscetti, Feri Yvonne, Gysi, Häsler, Heim, Schenker Silvia) will die Prämienverbilligungen nicht nur die Kinder, sondern auch für die jungen Erwachsenen in Ausbildung, die in Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen leben, auf mindestens 80 Prozent erhöhen. Sie will jene Versicherten entlasten, die am stärksten von den Prämienerhöhungen der letzten Jahre und den Sparübungen mehrerer Kantone bei den Prämienverbilligungen betroffen worden seien.

Die Minderheit IV (Pezzatti, Brand, Brunner, Clottu, de Courten, Frehner, Giezendanner, Herzog, Sauter, Stahl, Walti) will den Spielraum bewahren, den die Kantone bei der Umsetzung der individuellen Prämienverbilligung haben. Sie lehnt deshalb eine Änderung von Artikel 65 Absatz 1bis KVG ab.

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5

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Art. 16 Abs. 5 Am 21. März 2014 regelten die Räte die Grundsätze des Risikoausgleichs in Artikel 16 KVG18 neu. Dabei erwähnen sie die Versicherten, ohne nach Altersgruppen zu unterschieden. Dieser Artikel tritt am 1. Januar 2017 in Kraft.

Heute sieht die Verordnung über den Risikoausgleich vor, dass die Kinder nicht in den Risikoausgleich einbezogen werden (Art. 2 Abs. 2 VORA). Neu soll in Artikel 16 KVG ein Absatz 5 angefügt werden, wonach die Kinder ausdrücklich vom massgebenden Versichertenbestand ausgenommen werden. Die Altersstufen, die in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung gelten, sind bisher im Abschnitt «Prämien der Versicherten» in Artikel 61 Absatz 3 KVG geregelt. Dort werden Kinder, junge Erwachsene und Erwachsene definiert. Weil die Kinder nun bereits im Risikoausgleich (Art. 16 KVG) thematisiert werden, ist der Begriff «Kinder» schon an dieser Stelle zu definieren. Als Kinder gelten Versicherte, die am 31. Dezember des betreffenden Jahres unter 19 Jahren alt sind. Bisher wurden die Kinder als «Versicherte bis zum vollendeten 18. Altersjahr» umschrieben. Dabei hatten die Versicherer jedoch die Praxis, die Altersgruppe auf den Beginn des dem Geburtstag folgenden Kalenderjahres zu ändern. Die Versicherten sollen der Einfachheit halber bis Ende Jahr dieselbe Prämie zahlen und nicht mit dem Geburtstag in eine andere Altersstufe umgeteilt werden. Ebenso verhält es sich im Risikoausgleich; es wäre für die Umsetzung erschwerend, eine Person ab ihrem Geburtstag in eine andere Risikogruppe umteilen zu müssen. Daher soll jeweils auf das Kalenderjahr abgestützt werden. Die neue Umschreibung entspricht somit der bisherigen Praxis.

Minderheit I (Carobbio Guscetti, Cassis, Feri Yvonne, Gysi, Häsler, Heim, Schenker Silvia, Steiert, Weibel) Die Minderheit I möchte bei den Kindern einen Risikoausgleich einführen. Sie befürchtet, dass mit der zunehmenden Verfeinerung des Risikoausgleichs bei den Erwachsenen die Gefahr wächst, dass die Versicherer sich auf die Risikoselektion in der Altersgruppe der Kinder konzentrieren. Der Risikoausgleich der Kinder soll getrennt von demjenigen der Erwachsenen berechnet werden. Das heisst, dass nur die Kosten der Kinder, nicht aber der erwachsenen Versicherten berücksichtigt und unter den Versicherern ausgeglichen werden sollen. Daher hat die Einführung
eines Risikoausgleichs unter den Kindern keinen Einfluss auf die durchschnittliche Höhe der Kinderprämien. Wie bei der Mehrheit (vgl. oben) sollen auch hier die Kinder neu umschrieben werden.

Art. 16a

Entlastung

Die Versicherer dürfen für 19- bis 25-jährige Versicherte (junge Erwachsene) tiefere Prämien festsetzen, als für ältere Versicherte (Art. 61 Abs. 3 KVG). Aufgrund der 18

AS 2014 3345

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aktuellen Regelung der Risikoausgleichszahlungen dürften sie aber aus versicherungstechnischer Sicht an sich keinen Prämienrabatt für junge Erwachsene gewähren, obwohl deren Leistungskosten tiefer sind. Denn wegen der Abgaben in den Risikoausgleich sind die Kosten der jungen Erwachsenen für die Versicherer gleich hoch wie diejenigen der übrigen Erwachsenen. Rund zwei Drittel der Prämien der jungen Erwachsenen werden für die Finanzierung der Abgaben in den Risikoausgleich benötigt. Diese kommen der Altersgruppe der über 25-jährigen Versicherten zu. Geben die Versicherer auf den Prämien für junge Erwachsene trotzdem Rabatte, um für die erwähnte Altersgruppe attraktive Prämien anbieten zu können, wird der fehlende Betrag meist auf die Prämien der über 25-jährigen Erwachsenen aufgeschlagen. Es erfolgt also eine Querfinanzierung. Der vorliegende Entwurf eines neuen Artikels 16a schlägt eine Änderung des Risikoausgleichs vor, die zu einer finanziellen Entlastung der Versicherer bei den Abgaben in den Risikoausgleich für die Altersgruppe der jungen Erwachsenen im Alter von 19 bis 25 Jahren und der Versicherten im Alter von 26 bis 35 Jahren führt und eine Senkung der Prämien für diese Altersgruppen ermöglicht.

Schätzungen mit Zahlen aus dem Jahr 2013 zufolge reduziert sich mit dieser Entlastung die Belastung der Versicherer für junge Erwachsene im Risikoausgleich um monatlich rund 92 Franken (50 Prozent des Risikounterschiedes zwischen ihrer Altersklasse und allen erwachsenen Versicherten) und für 26- bis 35-Jährige um 29 Franken (20 Prozent des Risikounterschiedes zwischen ihrer Altersklasse und allen erwachsenen Versicherten).

Versicherer, die derzeit jungen Erwachsenen keinen Rabatt gewähren, können die 92 Franken Einsparungen vollumfänglich zur Vergünstigung der Prämie der jungen Erwachsenen einsetzen. Damit können sie die Prämien für junge Erwachsene um etwa 26 Prozent im Vergleich zur derzeitigen Prämie senken.

Versicherer, die derzeit jungen Erwachsenen einen Rabatt gewähren, können die 92 Franken nur dann vollumfänglich zur Senkung der Prämie der jungen Erwachsenen verwenden, wenn sie die Querfinanzierung der jungen Erwachsenen weiterführen. Wollen sie diese jedoch aufheben, benötigen sie dafür einen Teil der 92 Franken. Die Prämie der jungen Erwachsenen ist im Vergleich der Standardprämien 9
Prozent (31 Franken) tiefer als die Erwachsenenprämie. Dieser Betrag wird von der Entlastung benötigt, um die Querfinanzierung aufzuheben. Bei einer Aufhebung der Querfinanzierung ist deshalb eine Senkung der Prämie für junge Erwachsene um 17 Prozent (61 Franken) realistisch.

Bei den 26- bis 35-jährigen stellt sich die Problematik der Querfinanzierung nicht.

Das heisst, die Versicherer können die Einsparungen beim Risikoausgleich vollumfänglich zum Senken der Prämie einsetzen. Sie können die Prämie der 26- bis 35Jährigen dadurch um 29 Franken (8 Prozent) senken.

Abs. 1 Absatz 1 regelt den Grundsatz, wonach die Versicherer im Risikoausgleich für die Versicherten im Alter von 19 bis 35 Jahren entlastet werden.

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Abs. 2 Die Berechnung von Risikoabgaben und Ausgleichsbeiträgen erfolgt grundsätzlich wie folgt: Es wird die Differenz berechnet zwischen den Durchschnittskosten der Risikogruppe und den Gesamtdurchschnittskosten, d. h. den Durchschnittskosten aller im Risikoausgleich berücksichtigten Versicherten des entsprechenden Kantons.

Für Risikogruppen, deren Durchschnittskosten unter den Gesamtdurchschnittskosten liegen, hat der Versicherer Abgaben zu leisten; für Risikogruppen, deren Durchschnittskosten über den Gesamtdurchschnittskosten liegen, erhält er Beiträge aus dem Risikoausgleich.

Neu soll der Risikoausgleich für zwei Altersgruppen reduziert werden, und zwar um 50 Prozent für junge Erwachsene (Bst. a) und um 20 Prozent für Versicherte im Alter von 26 bis 35 Jahren (Bst. b). Bisher sind die jungen Erwachsenen im Abschnitt «Prämien der Versicherten» in Artikel 61 Absatz 3 KVG definiert. Neu werden die jungen Erwachsenen schon in Artikel 16a definiert und zwar als Versicherte, die am 31. Dezember des betreffenden Jahres 19 bis 25 Jahre alt sind. Diese Definition entspricht der bisherigen Praxis. Für diese Versicherten müssen die Versicherer also nur noch die Hälfte der Differenz zwischen den Durchschnittskosten der jungen Erwachsenen und den Gesamtdurchschnittskosten bezahlen (92 Franken). Die hier heranzuziehenden Durchschnittskosten umfassen die Leistungen der Erwachsenen, zu denen auch die jungen Erwachsenen gehören, nicht aber der Kinder. Für Risikogruppen der jungen Erwachsenen, für welche der Versicherer bis anhin Abgaben in den Risikoausgleich leisten musste, erfolgt eine Reduktion dieser Abgaben. Für Risikogruppen der jungen Erwachsenen, für welche der Versicherer bisher Beiträge aus dem Risikoausgleich bezog, erfolgt eine Erhöhung dieser Beiträge.

Neu wird zudem eine zusätzliche Altersklasse geschaffen, nämlich diejenige der 26bis 35-Jährigen (Bst. b). Die Versicherer werden für diese Versicherten im Risikoausgleich um 20 Prozent (entspricht 29 Franken) entlastet. Für sie müssen die Versicherer also nur noch 80 Prozent (entspricht 117 Franken) des Risikounterschiedes zwischen ihrer Altersklasse und allen erwachsenen Versicherten bezahlen. Dabei erfolgt die Entlastung in gleicher Art und Weise wie bei den jungen Erwachsenen.

Abs. 3 Der Risikoausgleich ist ein Nullsummenspiel, d.h. die
Summe aller Abgaben in den Risikoausgleich entspricht der Summe aller Beiträge, die die Versicherer aus dem Risikoausgleich erhalten. Die Entlastung der jungen Erwachsenen und der 26- bis 35-Jährigen muss daher finanziert werden, da sonst dieser Betrag im Risikoausgleich fehlt. Die Finanzierung erfolgt durch eine höhere Belastung der Erwachsenen ab 36 Jahren im Risikoausgleich. Und zwar sollen gleichmässig, d.h. um den gleichen Betrag, die Abgaben, welche die Versicherer für sie bezahlen, erhöht und die Ausgleichsbeiträge, die die Versicherer für sie erhalten, gesenkt werden. Berechnungen mit den Daten des Risikoausgleichs 2013 haben ergeben, dass die über 35-jährigen Erwachsenen mit einer Zusatzbelastung von 19 Franken pro Monat zu rechnen haben, um die Risikoausgleichsentlastung der jungen Erwachsenen um 50 Prozent (92 Franken) und die der 26- bis 35-Jährigen um 20 Prozent (29 Franken) zu finanzieren. Dies entspricht einer Mehrbelastung der Standardprämie von etwa 5 Prozent 7234

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(19 Franken) bei Versicherern, welche die Prämien der jungen Erwachsenen heute nicht querfinanzieren oder eine bisherige Querfinanzierung weiterführen möchten.

Bei Versicherern, welche ihre bisherige Querfinanzierung aufheben, wird die Mehrbelastung für die Erwachsenen ab 36 Jahren tiefer sein.

Abs. 4 Hier wird festgelegt, dass Versicherte, die am 31. Dezember des betreffenden Jahrens über 18 Jahre alt sind, als Erwachsene gelten.

Minderheit II (Schmid-Federer, Carobbio Guscetti, Feri Yvonne, Gysi, Häsler, Heim, Humbel, Ingold, Lohr, Schenker Silvia, Steiert, Weibel) Abs. 1 Die Minderheit II möchte den Risikoausgleich nur für die jungen Erwachsenen reduzieren. Bisher sind die jungen Erwachsenen in Artikel 61 Absatz 3 KVG definiert. Neu werden die jungen Erwachsenen schon in Artikel 16a definiert und zwar als Versicherte, die am 31. Dezember des betreffenden Jahres 19 bis 25 Jahre alt sind.

Abs. 2 Die Erläuterungen zum Entwurf der Kommission gelten grundsätzlich auch hier.

Jedoch sollen die Versicherer im Risikoausgleich nur für die jungen Erwachsenen entlastet werden, und zwar um 50 Prozent des Risikounterschiedes zwischen ihrer Altersklasse und allen erwachsenen Versicherten. Die Belastung der Versicherer für diese Versichertengruppe im Risikoausgleich nimmt dadurch rund 92 Franken pro Monat ab. Dies ermöglicht eine Prämiensenkung von 17 Prozent (61 Franken) bis 26 Prozent (92 Franken), je nachdem ob der Versicherer heute bereits den jungen Erwachsenen einen Rabatt gewährt und ob er diese Querfinanzierung beibehalten möchte (siehe einleitende Erläuterungen zu Art. 16a).

Abs. 3 Die Erläuterungen zum Entwurf der Kommission gelten grundsätzlich auch hier.

Berechnungen mit den Daten des Risikoausgleichs 2013 haben ergeben, dass die über 25-jährigen Erwachsenen mit einer Zusatzbelastung von 10 Franken pro Monat zu rechnen haben, um die Entlastung der jungen Erwachsenen um 50 Prozent des Risikounterschiedes zwischen ihrer Altersklasse und allen erwachsenen Versicherten (92 Franken) zu finanzieren. Dies entspricht einer Mehrbelastung der Standardprämie von etwa 3 Prozent (10 Franken) bei Versicherern, welche die Prämien der jungen Erwachsenen nicht querfinanzieren oder eine bisherige Querfinanzierung weiterführen möchten. Bei Versicherern, welche ihre bisherige Querfinanzierung aufheben, wird die Mehrbelastung für die Erwachsenen ab 26 Jahren tiefer sein.

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19 bis 25 Jahre

Versicherte

26 bis 35 Jahre 36 Jahre und älter

655 507

1 088 259

4 742 678

Standardprämie (ord. Franchise)

353,1

387,7

387,7

Durchschnittlich bezahlte Prämie

263,5

271,5

312,9

Risikoausgleich heutige Regelung

­183,2

­146,4

+58,9

­91,6

­117,1

+39,5

Risikoausgleich (Mehrheit) Entlastung (­) / Belastung (+)

50 %: ­91,6

20 %: ­29,3

+19,4

Risikoausgleich (Minderheit II)

­91,6

­156,7

+48,6

Entlastung (­) / Belastung (+)

50 %: ­91,6

+10,3

+10,3

Die Frankenbeträge sind pro versicherte Person und Monat im Jahr 2013 ausgewiesen. Ein positives Vorzeichen bedeutet, dass die Altersklasse per saldo einen Ausgleichsbeitrag aus dem Risikoausgleich erhält, ein negatives Vorzeichen, dass die Altersklasse per saldo eine Risikoabgabe zu leisten hat.

Quelle: Berechnungen BAG, basierend auf der Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2013 sowie der Risikoausgleichsstatistik 2013.

Abs. 4 Die Erläuterungen zum Entwurf der Kommission gelten auch hier.

Art. 61 Abs. 3 Weil die Kinder, die jungen Erwachsenen und die Erwachsenen neu bereits in Artikel 16 und 16a definiert werden, ist dies in Artikel 61 nicht mehr erforderlich.

Hingegen ist die zusätzliche Altersstufe der 26- bis 35-Jährigen aus Artikel 16a auch bei der Abstufung der Prämienhöhe zu erwähnen. Auch wird hier neu festgelegt, dass der Versicherer die Prämien nach Altersgruppen abstufen muss: die Prämie für die Kinder muss am tiefsten sein; die Prämie für junge Erwachsene muss tiefer sein als jene für die 26- bis 35-Jährigen; deren Prämie wiederum muss tiefer sein als jene für die über 35-jährigen Erwachsenen. Mit der Änderung wird sichergestellt, dass sich die Entlastung der jungen Erwachsenen und der 26- bis 35-Jährigen im Risikoausgleich auch auf die Prämien auswirkt.

Minderheit II (Schmid-Federer, Carobbio Guscetti, Feri Yvonne, Gysi, Häsler, Heim, Humbel, Ingold, Lohr, Schenker Silvia, Steiert, Weibel) Die Erläuterungen zum Entwurf der Kommission gelten auch hier, mit dem Unterschied, dass es gemäss Minderheit II weiterhin nur die drei Altersgruppen Kinder (0­18 Jahre), junge Erwachsene (19­25 Jahre) und Erwachsene ab 26 Jahren geben soll.

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Art. 65 Abs. 1bis Prämienverbilligung für Kinder Die Ausgestaltung der Prämienverbilligung bleibt unverändert den Kantonen überlassen, jedoch müssen diese die Prämien von Kindern bei unteren und mittleren Einkommen neu um mindestens 80 Prozent, statt wie bisher um mindestens 50 Prozent, verbilligen. Dabei sind sie frei, wie sie untere und mittlere Einkommen umschreiben.

Aufgrund der tieferen Prämien für die jungen Erwachsenen und die 26- bis 35-Jährigen (vgl. Art. 16a) sparen die Kantone hier einen gewissen Betrag ein. Dieser wird teilweise benötigt, um die Prämienverbilligung der Erwachsenen über 36 Jahre, deren Prämien leicht steigen werden (+19 Franken oder 5 Prozent), zu erhöhen. Der eingesparte Betrag kann aber auch teilweise verwendet werden, um die Kinderprämien stärker zu verbilligen.

Berechnungen zufolge reicht der durch die vorgesehene Entlastung im Risikoausgleich eingesparte Betrag ungefähr, um die Kinderprämien für untere und mittlere Einkommen um jeweils 80 Prozent (71 Franken) zu verbilligen: Für Kinder wurden im Jahr 2013 rund 480 Millionen Franken an Prämienverbilligung ausbezahlt. Würde man allen subventionierten Kindern die durchschnittliche Standardprämie bezahlen, würde das rund 700 Millionen Franken kosten. Das heisst, die Prämien werden heute im Durchschnitt zu rund 70 Prozent verbilligt. Möchte man den Wert auf 80 Prozent erhöhen, würde das 80 Millionen Franken mehr kosten.

Prämienverbilligung für junge Erwachsene Während die Kantone verpflichtet werden sollen, die Prämien der Kinder bei unteren und mittleren Einkommen neu um 80 Prozent zu verbilligen, sollen sie nicht mehr verpflichtet sein, die Prämien der jungen Erwachsenen in Ausbildung bei diesen Einkommen um 50 Prozent zu verbilligen. Dies weil die Versicherer diese Prämien aufgrund der vorgeschlagenen Entlastung beim Risikoausgleich tiefer festlegen können. Zudem kann die Frage, welche jungen Erwachsenen in Ausbildung sind und welche nicht, für die Kantone aufwändig abzuklären sein.

Gesamthaft wurden die Prämien der jungen Erwachsenen im Jahr 2013 mit knapp 600 Millionen Franken verbilligt. Für die Berechnung kann angenommen werden, dass die Kantone die Prämien der jungen Erwachsenen, die nicht in Ausbildung sind, proportional zur Senkung der Durchschnittsprämie um 20 bis 25 Prozent weniger verbilligen werden. Der
Bund verfügt jedoch über keine Angaben zur Anzahl der jungen Erwachsenen in Ausbildung, die Prämienverbilligung erhalten.

Zudem ist offen, wie die Kantone die Prämien dieser Versicherten bei Wegfall der bisherigen Verpflichtung verbilligen werden. Deshalb kann der Bund die mit dieser Regelung wegfallenden Kosten nicht schätzen.

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Minderheit III (Steiert, Carobbio Guscetti, Feri Yvonne, Gysi, Häsler, Heim, Schenker Silvia) Die Minderheit III möchte die Kantone verpflichten, die Prämien nicht nur von Kindern sondern auch von jungen Erwachsenen in Ausbildung für untere und mittlere Einkommen um mindestens 80 Prozent zu verbilligen. Dies entspricht dem Vorentwurf, der in die Vernehmlassung gegeben wurde.

Es ist anzunehmen, dass ein solcher Ausbau der Prämienverbilligung für junge Erwachsene in Ausbildung mit einem zusätzlichen finanziellen Aufwand durch die Kantone verbunden ist ­ der allerdings innerhalb des Prämienverbilligungssystems ausgeglichen werden kann. Für die Berechnungen wurde angenommen, dass die Prämienverbilligung bei jungen Erwachsenen, die nicht in Ausbildung sind, proportional zur Durchschnittsprämie um 20 bis 25 Prozent sinkt. Aufgrund der Schätzungen ist bei jungen Erwachsenen in Ausbildung, die Haushalten mit unteren und mittleren Einkommen angehören, bei der geplanten Entlastung und der gleichzeitigen Erhöhung der Prämienverbilligung von 50 auf 80 Prozent im Ergebnis mit einer Erhöhung der Prämienverbilligung um 20 bis 25 Prozent zu rechnen. Gesamthaft erhielten die jungen Erwachsenen etwa 600 Millionen Franken Prämienverbilligung im Jahr 2013 ausbezahlt. Weil der Bund über keine Angaben zur Anzahl der jungen Erwachsenen in Ausbildung verfügt, die Prämienverbilligung erhalten, und da die Kantone allgemein über eine grosse Autonomie in der Ausgestaltung der Prämienverbilligung verfügen, kann er den mit diesem Ausbau verbundenen Mehraufwand der Kantone nicht schätzen. Die Kosten der Anpassung der Prämienverbilligung der jungen Erwachsenen können nur von den Kantonen selber abgeschätzt werden.

Minderheit IV (Pezzatti, Brand, Brunner, Clottu, de Courten, Frehner, Giezendanner, Herzog, Sauter, Stahl, Walti) Die Minderheit IV möchte die Kantone nur verpflichten, die Prämie der Kinder und jungen Erwachsenen weiterhin um mindestens 50 Prozent zu verbilligen. Dies hat zur Folge, dass den Kantonen aufgrund der tieferen Prämien für die jungen Erwachsenen und der 26- bis 35-Jährigen (vgl. Art. 16a) ein höherer Betrag zur Verfügung steht, den sie beliebig einsetzen können. Sie können die Verbilligung der Prämien der berechtigten Versicherten erhöhen oder aber mehr Versicherte begünstigen, sie können ihren Beitrag an
die Prämienverbilligung aber auch senken und den eingesparten Betrag anders verwenden.

Übergangsbestimmung Weil die Kantone ihre Gesetzgebung an die neue Regelung der Prämienverbilligung anpassen müssen, wird eine Übergangsfrist von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung vorgesehen.

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Auswirkungen

6.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Finanzielle Auswirkungen auf die Versicherten Siehe in Ziffer 5 die Erläuterungen zu Artikel 16a und 65 Absatz 1bis.

Finanzielle Auswirkungen auf die Kantone Art. 16a Die Kantone können aufgrund der tieferen Prämien der jungen Erwachsenen und der 26- bis 35- Jährigen bei der Prämienverbilligung sparen. Die zu erwartenden Mehrausgaben aufgrund der höheren Prämien der Erwachsenen ab 36 Jahren werden vermutlich geringer ausfallen als diese Einsparungen. Aufgrund der grossen Autonomie der Kantone in der Festlegung der Prämienverbilligung kann die Auswirkung allerdings nur grob abgeschätzt werden: Der Entwurf entspricht der in Ziffer 3.2 angeführten Variante 2. Wie dort dargelegt, könnten die Kantone mit dieser Variante rund 70 bis 75 Millionen Franken Prämienverbilligung einsparen.

Minderheit II Die Minderheit II entspricht der in Ziffer 3.2 angeführten Variante 1. Wie dort dargelegt, könnten die Kantone mit dieser Variante rund 65 bis 70 Millionen Franken Prämienverbilligung einsparen.

Art. 65 Abs. 1bis Wie in Ziffer 5 unter Artikel 65 Absatz 1bis dargelegt, würde die Erhöhung der Prämienverbilligung für Kinder die Kantone rund 80 Millionen mehr kosten. Zwar liegen diese Mehrkosten etwas höher als die berechneten Einsparungen (70 bis 75 Millionen), dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Kantone relativ viel Spielraum in der konkreten Ausgestaltung der Prämienverbilligung haben. Der Bund kann hingegen nicht schätzen, wie die Kantone durch den Wegfall der Verpflichtung, die Prämien der jungen Erwachsenen in Ausbildung um 50 Prozent zu verbilligen, entlastet werden.

Minderheit III Wie in Ziffer 5 unter Artikel 65 Absatz 1bis Minderheit III dargelegt, kann der Bund die mit einer Erhöhung der Prämienverbilligung der jungen Erwachsenen in Ausbildung auf 80 Prozent verbundenen Mehrkosten nicht schätzen.

Finanzielle Auswirkungen auf den Bund Der gesetzlich vorgeschriebene Beitrag des Bundes an die Prämienverbilligung der Kantone bleibt unverändert. Somit hat der Bund nicht mit finanziellen Auswirkungen zu rechnen.

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Finanzielle Auswirkungen auf die Versicherer Auch für die Versicherer hat die Vorlage keine finanziellen Auswirkungen.

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat bei Bund, Kantonen und Versicherern keine personellen Auswirkungen.

6.2

Vollzugstauglichkeit

Die Vorlage sieht die Anpassung bereits bestehender Bestimmungen vor. Beim Vollzug dieser Anpassungen im Risikoausgleich und bei der Prämienverbilligung ist nicht mit Problemen zu rechnen.

7

Vorschriften der Europäischen Union

Das Sozialversicherungsrecht der Europäischen Union bezweckt im Hinblick auf die Garantie der Personenfreizügigkeit keine Harmonisierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit. Die Mitgliedstaaten können über die konkrete Ausgestaltung, den persönlichen Geltungsbereich, die Finanzierungsmodalitäten sowie die Organisation der Systeme der sozialen Sicherheit weitgehend frei bestimmen. Dabei müssen sie jedoch die Koordinationsgrundsätze wie das Diskriminierungsverbot, die Anrechnung der Versicherungszeiten und die grenzüberschreitende Leistungserbringung beachten, die in der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (SR 0.831.109.268.1) und in der entsprechenden Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 (SR 0.831.109.268.11) geregelt sind. Seit dem Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens am 1. Juni 2002 sind diese Koordinationsgrundsätze auch für die Schweiz massgebend.

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Rechtliche Grundlagen

8.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Vorlage beruht auf Artikel 117 der Bundesverfassung19, die dem Bund eine umfassende Kompetenz zur Einrichtung der Krankenversicherung gibt. Diese Bestimmung beinhaltet inbesondere auch die Kompetenz, Vorschriften zur Ausgestaltung des Risikoausgleichs sowie der Prämienverbilligung zu erlassen und bestehende Vorschriften zu ändern.

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SR 101

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8.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die zur Durchführung der sozialen Krankenversicherung notwendigen Regelungskompetenzen werden dem Bundesrat in Artikel 96 KVG delegiert. Diese Vorlage beinhaltet keine neuen Delegationsnormen.

8.3

Erlassform

Die vorliegende Entwurf ergeht in der Form des ordentlichen Bundesgesetzes nach Artikel 164 BV.

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