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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Errichtung eines eidgenössischen Forstinspektorates (Vom 2. Dezember 1874.)

Tit. !

Unter den durch die revidirte Bundesverfassung der Bundesgesezgebung gewordenen Aufgaben nimmt, ohne Zweifel eine hochwichtige Stelle die Ausführung des Art. 24 ein, welcher lautet: ,,Der Bund hat das Recht der Oberaufsicht über die Wasserbau- und Forstpolizei im Hochgebirge.

,,Er wird die Korrektion und Verbauung der Wildwasser, sowie die, Aufforstung ihrer Quellengebiete unterstüzen und die nöthigen schüzenden Bestimmungen zur Erhaltung dieser Werke und der schon vorhandenen Waldungen aufstellen."

Um über die Aufgabe klar zu werden, welche dieser Verfassungsartikel dun Bundesbehörden stallt, ist es gut, sich zu vergegenwärtigen, (laß derselbe das Endergebniss einer v o n lange stattgehabtegenaueeUntersuchung' derWaldungenu und Wildbäche O o des Hochgebirges, ferner die durch Beschluß der Bundesversammlung von 1865 erfolgte Bewilligunggeines jährlichen Beitrages

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von Fr. 10,000 an den schweizerischen Forstverein zum Zweke der Unterstüzung von Aufforstungen und Verbauungen, und endlich die durch Bundesbeschluß vom 21. Heumonat 1871 mit Aussezung eines jährlichen Kredites von Fr. 100,000, also bedeutender Erweiterung des damit aufgehobenen frühern Beschlusses, erfolgte förmliche Organisation der Unterstüzung vorgenannter Arbeiten durch den Bund.

, Nicht minder dürfte sich zu vergegenwärtigen sein, daß in vorliegendem Verfassungsartikel eine Ueberzeugung und eine Forderung, die, seit mehr als einem Menschenalter von einzelnen gemeinnüzigen Männern und Vereinen fort und fort angeregt und verfochten, nur allmälig sich allgemeinere Anerkennung und Berüksichtigung erkämpfte, nun die Sanktion der höchsten Behörden und des SchweizerVolkes selbst erlangt haben. Es ist dies die Ueberzeugung, daß die in unsern Hochgebirgswa.ldungen stattfindende Mißwirthschaft nicht nur die komrnenden Geschlechter dem Holzmangel, sondern auch das Land der Verwüstung durch die Gewässer preis gebe, und es ist die Forderung, daß diesem verderblichen, bei jedem Hochwasser in schrekenerregcnderm Maße zu Tage tretenden Gang der Dinge nicht länger unthätig zugesehen, sondern mit allen Mitteln, welche Forst- und Wasserbauwissenschaft bieten, nach Möglichkeit entgegen getreten werde.

Daß es gerade diese Forderung ist, was nun durch fragliche Verfassungsvorschrif't zur bleibenden Institution gemacht werden wollte, bedarf nach dem bekannten Verlaufe dieser Angelegenheit keines weitem Nachweises. Bei der Größe der Interessen, die sich an diese Institutionen knüpfen, bedarf es eines solchen Nachweises eben so wenig für die hohe Wichtigkeit einer zwekentsprecheudcn Ausführung derselben, zunächst bezüglich der zu treffenden grundsäzlichen Bestimmungen und Organisationen, sowie dann bezüglich ihrer künftigen Handhabung.

Um die Ansichten von Fachmännern, namentlich auch des schweizerischen Forstvereins über die zu treffenden Einrichtungen und daherigen gesezlichen Bestimmungen zu 'erbalten, hat unser Departement des Innern eine Kommission von Forst- und Wasserbautechnikern zu einer diesfälligen Vorberathung einberufen, und nachdem diese unter dessen Leitung stattgefunden, sich über die Ergebnisse derselben von der Kommission selbst einen Bericht erstatten "lassen. Wir finden es angemessen, die darin
enthaltenen Anschauungen und Wünsche der Bundesversammlung zur Kenntniß zu bringen, indem wir denselben dieser Botschaft anfügen. Darauf Bezug nehmend, können wir uns darüber auf folgende resümirende Bemerkungen beschränken: Die Kommission hat das unter die Be-

808 Stimmungen fraglichen Verfassungsartikels lullende Gebiet nach einer Kai te vom Rhein bei Rheinek bis an den Genfersee bei Vevey gezogenen Linie so bestimmt, daß nebst sämmtlichen südlich der Alpen liegenden Landestheile und dem gesammten Hochgebirge auch noch ein Theil der nördlichen Vorberge in dasselbe füllt, hingegen alles Uebrige, also ein Theil der diesseitigen Vorberge das Hügelland, die Ebene auf beiden Seiten des Jura und dieser selbst davon ausgenommen bleibt; sie hat ferner die behufs Ausführung des Art. 24 der Bundesverfassung einerseits den Kantonen und andererseits dem Bunde zufallenden Aufgaben und zu diesem Zweke von denselben zu treffenden Einrichtungen und zu erlassenden gesezliche Bestimmungen in dem Sinne näher bezeichnet, "dass es Sache der Kautone sei, die Wasserbau- und Forstpolizei auszuüben und die Einführung einer guten Forstwirthschaft zu fördern und der Bund nur da einzugreifen habe, wo die Kräfte der Kantone zur Erreichung des Zieles nicht ausreichen oder andere Ursachen c.er Lösung der Aufgabe hindernd entgegenstehen", -- dabei verlangt sie übrigens, daß die Oberaufsicht in ausreichendstem Maße geübt werde, zur Konstatirung der vorhandenen Zustände und daher nöthigen Vorkehren, sowie der Verifizirung der richtigen Ausführung und des Unterhaltes der vom Bunde subventionirten Arbeiten, -- endlich empfiehlt sie namentlich auch die Forststatistik und das forstliche Versuchswesen bei den zu treffenden Einrichtungen zu Berüksichtigung.

Zur sofortigen Ausführung beantragt die Kommission aber vorlaufig, nachdem tun eidgen. Bauinspektorat schon besteht, bloß die Kreirung eines Foratinspektorates, von der Ansicht ausgehend, ,,es sei wünschbar, daß man die einschlägigen Verhältnisse sorgfältig prüfe- und erwäge, bevor man die diesfälligen Rechte und Pflichten des Bundes in maßgebender Weise ordnet; und auch dem erst noch zu ernennenden technischen Beamten Gelegenheit biete, bei der Vorberathung der sachlichen Gesezesbestimmungen mitzuwirken"· Dabei verbreitete sie sich aber gleichwohl über die ganze Angelegenheit, um nachzuweisen, wie sie sich die Ausführung des Art. 24 der Bundesverfassung denke und zugleich näher zu zeigen, daß die Austeilung von Forstbeamten nothwendigsei."Wir linden die Konklusionen der Kommission den Umständen angemessen, sowohl insoferne sie der
Erlassung der die Oberaufsicht des Bundes regelnden gesezlichen Bestimmungen noch eine genauere Kenntnissnahme von den diesbezüglichen in den Kantonen bestehenden Verhältnissen vorangehen lassen, als insofern sie das eidgenössische Forstinspektorat sofort kreiren will. Diese Verhältnisse sind in den von den Bestimmungen des Art. 24 betroffenen

809 Kantonen, welchen die direkte Ausführung der fraglichen Maßregeln selbstverständlich unter allen Umständen zufällt, sehr verschieden.

In einzelnen bestehen bereits die erforderlichen Geseze und Einrichtungen, betreffend Wasserbau und Porstwesen in mehr oder weniger genügendem Maße, in ändern ist dies hingegen nicht der Fall. Nun ist es zwar unerläßlich, daß diesem Mangel in der einen oder anderen Form abgeholfen werde, da z. B. die präzise Vorschrift betreffend Erhaltung der bestehenden Wälder, die Einführung einer richtigen Forstwirtschaft bedingt und für diese nebst einem die.selbe nach allen Richtungen regelnden Geseze namentlich auch ein sachverständiges Personal unerläßlich ist. Hingegen sind in der Form den übrigen Einrichtungen der betreffenden Kantone angepaßte Modifikationen vielleicht der Sache unbeschadet möglich und dann für diese selbst wünschbar. Es wird daher als kein Zeitverlust anzusehen sein, wenn man sich vor Erlassung der maßgebenden Bestimmungen genau orientirt.

Was dann die sofortige Bestellung des Forstinspektorates betrifft, so erscheint diese schon wegen vorstehend angedeuteter Vorbereitungen für die Normirung der Leistungen der Kantone und für die definitive Regelung des Verhältnisses zwischen diesen und dem Bunde nothwendig.

Ueberdies kommt aber in Betracht, daß auf Grund des Bundesbeschlusses vom 21. Heumonat 1871 in verschiedenen Kantonen Aufforstungen in Angriff genommen sind und weitere Anmeldungen erfolgen werden.

Zur Prüfung der diesfälligen Projekte und Kontrolirung der Ausführung sind bisher einzelne Expertisen veranstaltet worden.

Zudem weist aber der Art. 4 des vorgenannten Bundesbeschlusses den Bundesrath an, bei Prüfung der Vorlagen für Schuzbauten dafür besorgt zu sein, daß mit diesen auch die uöthigen Aufforstungen in angemessener Weise verbunden werden. Zwar O CJ ist dieser Vorschrift schon bisher thunlichste Rüksicht getragen worden. Aber es wird dies, da es doch nicht möglich ist, für die diesfällige Beurtheilung jeder einzelnen Vorlage einen Experten einzuberufen, in weit vollständigerem Maße geschehen können, wenn dazu eine Forstbeamtung zur Verfügung steht.

Besonders kann dann aber auch die Verifizirung der künftigen Schüzung und Pflege der vom Bunde subventionirten Aufforstungen nur mitteslt einzelner Expertisen gar nicht stattfinden,
sondern wäre schon hiefür ein ständiges Inspektorat nothwendig.

Ein Bedenken gegen Errichtung desselben vor Erlassung der übrigen gesezlichen Bestimmungen für die Ausführung des Art. 24 Bundesblatt. Jahrg. XXVI. Bd. III.

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810 der Bundesverfassung kann wohl nicht bestehen. Denn es hängt von jenen nicht mehr ab, ob überhaupt die durch diesen Artikel vorgeschriebene Oberaufsicht über die Forstpolizei ausgeübt werden solle. Für diese sind aber unzweifelhaft Forstbeamte nothwendig, wie auch im Uebrigen die Einrichtungen getroffen werden mögen.

Fraglich kann es sein, ob das Forstinspektorat bloß aus einem Beamten oder aus mehreren bestehen soll. Der vorliegende Kommissionsbericht beantragt einen Inspektor und einen Adjunkten desselben. Bei der großen Ausdehnung, welche das unter die Aufsicht des Bundes fallende Gebiet jedenfalls erhält, ob denn dasselbe gerade nach Vorschlag der Kommission odor etwas anders begrenzt werden mag, dürfte dieser Vorschlag nicht über das Bedürfniß hinausgehen. Dies um so weniger, als die Aufgabe dieser Beamten besonders in den Kantonen, welchen forstliche Einrichtungen noch mangeln, nicht nur in Inspektionen und Prüfung eingehender Projekte, sondern auch darin zu bestehen haben wird, daß sie denselbe mit Rath und That au die Hand gehen.

Far die Uebergangsze.it aber bis zur Erlassung des Gesezes über Ausführung des in Rede stehenden Verfassungsartikels genügt wohl nur der eine Beamte, und es kann daher, indem zunächst bloß der Forstinspektor gewählt wird, die Errichtung und Besezung der Stelle des Adjunkten für den Zeitpunkt vorbehalten bleiben, wo das ßedürfniss es verlangt.

Uebrigens scheint uns, das Forstbürea gehöre naturgemäß ins Departement des Innern und sei diesem um so mehr zuzutheilen nachdem das Baubüreau (für Wasser- Straße n und Hochbau) in dessen Geschäftskreis die Ausführung des Art. 24 der Bundesverfassung auch einschlägt, dort ist, da es nicht zwekmässig wäre, die daherigen Geschäfte auf zwei Departemente zu vertheilen. Ob dabei das Forstbüreau für sich auch eine besondere Abtheilung im Departement mit von der des Innern abgetrennten Kanzlei und Registratur bilden soll, wie jezt schon das Bauwesen, oder vielleicht eine Abtheilung für Bau- und Forstwesen zusammen zu bilden sei, wofür unter Anderem die Schwierigkeit der Trennung der auf die Ausführung des Art. 24 bezüglichen Akten sprechen dürfte, wird der gesezliche Regulirung der ganzen Organisation, von der das Bauwesen mit berührt werden muß, vorzubehalten sein. Die augenblikliche Konsequenz davon ist bloß, daß im
gegenwärtigen Beschlußentwurfe eine solche noch nicht bestehende Abtheilung auch noch nicht genannt werden kann.

Es mag hier noch Erwähnung linden, daß der daherig Geschäftszuwachs für das Baubüre je nach den nähern Ausführungs-

811 bestimmungen, z. B. in dem dieselben eine umfassendere Betreibung der Hydrometrie als sie jezt möglich ist, verlangen, auch eine Vermehrung der Arbeitskräfte bedingen kann, worauf indesseil vorläufig nicht näher eingetreten zu werden braucht.

Um schließlich noch von der Gehaltsbestimmung für die Stelle des Forstinspektors zu sprechen, so erachten wir, dieselbe finde entsprechend den analogen Stellen anderer Verwaltungen statt, wenn der Gehalt des Porstinspektors zu Fr. 7000 ausgesezt wird.

Sonach beehren wir uns, gestuzt auf das Angebrachte, Ihnen nachstehenden Beschlußentwurf zur Genehmigung zu empfohlen, und erneuern Ihnen die Versicherung unserer vollkommenst:11 Hochachtung.

B e r n , den 2. Dezember 1874.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Errichtung eines eidgenössischen Forstinspektorates.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 2. Dezember 1874 ; in Ausführung des Art. 24 der revidirten Bundesverfassung, beschließt: 1. Der Bundesrath ist ermächtigt, bei dem eidgen. Departement des Innern einen Forstinspektor mit dreijähriger Amtsdauer und einer Jahresbesoldung von* 7000 Franken anzustellen.

2. Der Bundesrath ist eingeladen, einen Gesezentwurf über die weitere Ausführung des Art 24 der revidirten Bundesverfassung vorzubereiten und der Bundesversammlung vorzulegen.

3. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesezes vom 17. Brachmonat 1874 betr. die Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusezen

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Bericht der

Expertenkommission an das eidgenössische Departement des Innern.

(Vom 25. August 1874.)

Hochgeachteter Herr Bundesrath!

Ihrem Auftrage Folge gebend, beehren wir uns, Ihnen die Ergebnisse der durch Sie veranlaßten Besprechung der Vollziehung des Art. 24 der Bundesverfassung schriftlich mitzutheilen.

Der Art. 24 der Bundesverfassung überträgt die Oberaufsicht über die Wasserbau- und Forstpolizei im Hochgebirge dem Bund und macht demselben die Unterstützung der Korrektion und Verbauung der Wildwasser und der Aufforstung ihrer Quellengebiete, sowie die Aufstellung schützender Bestimmungen zur Erhaltung dieser Werke und der schon vorhandenen Waldungen zur Pflicht.

Um diese Vorschriften zur Ausführung zu bringen, sind zunächst Organe nothwendig, denen die technischen Arbeiten zugewiesen werden können.

Mit Rücksicht auf die Wasserbaupolizei ist hiefür in so weit bereits gesorgt, als die sich stets meinenden Aufgaben des Bundes im Wasser- und Straßenbauwesen nebst dem Bedürfnisse für seine Hochbauten schon früher die Anstellung eines Bauinspektors und eines Adjunkten nothwendig machte. Die Erfahrung wird lehren, ob dieser Bestand des eidg. Bauinspektorates auch gegenüber dea in Folge des Art. 24 der Bundesverfassung an dieselbe herantretenden neuen Aufgaben genüge. In forstpolizeilicher Beziehung

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Errichtung eines eidgenössischen Forstinspektorates (Vom 2. Dezember 1874.)

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1874

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19.12.1874

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