Anhang

Evaluation der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 2. Februar 2015

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Das Wichtigste in Kürze Im Kontext von Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung stehen Fragen der Unabhängigkeit immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik.

Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte haben deshalb der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) den Auftrag erteilt, die Sicherstellung der Unabhängigkeit dieser Aufsichts- und Regulierungsbehörden zu evaluieren.

Die zuständige Subkommission EDI/UVEK der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) hat am 21. August 2013 die genaue Ausrichtung der Untersuchung vorgegeben.

Ergebnisse im Überblick Die normative Ausgestaltung der Aufsicht hinsichtlich der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden ist grundsätzlich funktionstüchtig, jedoch sehr unterschiedlich gestaltet: Während die Gesetze in den Verordnungen, dort wo sie vorgenommen werden, adäquat präzisiert und auch keine Doppelspurigkeiten zu finden sind, weisen sie speziell hinsichtlich der funktionellen und personellen Unabhängigkeit gewisse Lücken auf. Aus Sicht der Anwendung werden die Normen zwar nicht durchgehend als zweckmässig erachtet, bereiten aber in der Praxis gegenwärtig auch kaum Schwierigkeiten. Der Grund dafür wird in erster Linie in der nötigen Sensibilität der dafür zuständigen Personen bei der Behörde und dem Bund gesehen.

Lücken oder rudimentäre Regelungen in den Gesetzen Die Unabhängigkeit versteht sich bei Aufsichts- und Regulierungsbehörden als Unabhängigkeit von der Politik, d.h. von der Einflussnahme durch Regierung und Verwaltungsorgane, und als Unabhängigkeit vom Markt, insbesondere von den direkt zu Beaufsichtigenden. Auch wenn die Unabhängigkeitsvorschriften sowohl das Leitungsgremium wie auch Direktion und Personal betreffen, ist festzustellen, dass die Normen für die verschiedenen untersuchten Behörden die Unabhängigkeit in ihrer Vielschichtigkeit nicht durchwegs systematisch erfassen. So fehlen für einzelne Behörden u. a. Regelungen betreffend Rollenkumulationen bzw. Interessenkonflikte, ein Anforderungsprofil für das Leitungsgremium oder Vorgaben an die operative Ebene sowie die Verpflichtung zur Anwendung von Verhaltenskodizes und/oder zur Ergreifung von Massnahmen betreffend die Unabhängigkeit und Interessenkonflikte.

Bei manchen Behörden bestehen die gesetzgeberischen Lücken darin,
dass der Auftrag zur weitergehenden Selbstregulierung der Unabhängigkeit fehlt.

Vereinzelt mangelnde institutionelle Trennung Während die meisten Behörden vom Bund institutionell klar getrennt sind, kommt es vereinzelt vor, dass Behörden institutionell mit der zentralen Verwaltung sehr eng verflochten sind. So verfügen beispielsweise nicht alle Behörden über ein eigenes Fachsekretariat. Diese müssen sich bei vorbereitenden Arbeiten auf das Personal einer Amtsstelle verlassen, wofür ein Weisungsrecht gegenüber dieser Amtsstelle

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Voraussetzung ist. Ein solches Konstrukt ist ein pragmatischer und ökonomischer Lösungsansatz, da Synergien genutzt werden und keine Doppelspurigkeiten entstehen.

Die Nähe von Behörde und Bundesamt kann aber zu einer eingeschränkten Unabhängigkeit führen, wenn das Amt in einem solchen Konstrukt Weisungen der Behörde und gleichzeitig vom Departement entgegennimmt. Die Mitglieder des Leitungsgremiums der Behörde stehen folglich vor der Herausforderung, dass sie die Vorarbeiten durch das Bundesamt kritisch hinterfragen müssen. Ebenfalls aus Effizienzgründen sind einzelne Behörden administrativ einem Departement angegliedert.

Allgemein scheint aber eine derartige Konstruktion gemäss Aussagen der beteiligten Akteure in der Praxis weniger problematisch zu sein als in der Theorie. Dank den Persönlichkeiten in den Schlüsselstellen und deren Sensibilität für die Unabhängigkeit sei diese trotzdem gewährleistet.

Schwacher Einfluss des Bundesrates bei Wahlen in das Leitungsgremium Grundlage und Ausgangspunkt für die Wahl des Leitungsgremiums durch den Bundesrat sollte ein Anforderungsprofil an die Mitglieder sein. Solche Profile existieren aber nicht für alle Behörden. Demgegenüber gestaltet sich das Wahlverfahren bei allen untersuchten Behörden grundsätzlich gleich. Während die Vorbereitungen meist vom Departement ­ mit unterschiedlicher Mitwirkung der zu wählenden Behörde ­ getroffen werden, entscheidet der Bundesrat in allen Fällen abschliessend.

Die Mitwirkung der Departemente fällt sehr unterschiedlich aus. Während einzelne Departemente neben Vorschlägen der Behörde selbst Kandidierende suchen, kommt es auch vor, dass das Departement respektive der Bundesrat die vorliegenden Kandidaturen kaum überprüfen. Es sind denn auch keine Fälle bekannt, in welchen der Bundesrat die vorgeschlagenen Personen nicht gewählt hat. So kann der Anschein entstehen, dass der Bundesrat von seiner Steuerungsmöglichkeit über die Wahl der Mitglieder nicht in allen Fällen Gebrauch macht, was sich ähnlich im Rahmen der PVK-Evaluation der Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat zeigte.

Relevanz einer Unabhängigkeitskultur Letztlich sind es nicht die Normierungen allein, welche die Unabhängigkeit einer Behörde garantieren und an denen die faktische Unabhängigkeit der Aufsicht und Regulierung erkannt und
festgemacht wird. Vielmehr spielen die Sensibilität der Personen hinsichtlich der Unabhängigkeit, ihr alltägliches Handeln in der Praxis sowie die Wahrnehmung ihres Handelns in der Öffentlichkeit eine weit wesentlichere Rolle. Alle diese Aspekte prägen eine Kultur der Unabhängigkeit in einer Behörde. Die Personen bzw. Persönlichkeiten an den wesentlichen Stellen sind folglich für die effektive Unabhängigkeit in der Praxis entscheidend.

Dies darf aber nicht über die Relevanz von klaren Vorgaben ­ die als Leitplanken dienen ­ ablenken. Unterstützend für die Unabhängigkeitskultur wirken klare Zuständigkeiten für das Controlling eines Verhaltenskodexes und ein Reporting. Es zeigt sich aber, dass auch bei einer tiefgreifenden Normierung der Unabhängigkeit

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nicht alles abschliessend geregelt werden kann. Es müssen jedoch die Voraussetzungen gegeben sein, damit in Zweifelsfällen eine übergeordnete Instanz beurteilen kann, ob und wie in einem konkreten Fall die Unabhängigkeit gewährleistet ist.

Vorgehen bei der Evaluation Zur Beurteilung der Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung wurden einerseits die normativen Grundlagen und andererseits deren Anwendung beurteilt. Die Analyse der Normen der 16 untersuchten Behörden wie auch die detaillierte Analyse der Normen in fünf von der zuständigen Subkommission ausgewählten Fällen (Swissmedic, ENSI, RAB, ComCom, WEKO) wurde extern in Auftrag gegeben. Die PVK untersuchte die Anwendung der Normen in den fünf ausgewählten Fällen anhand von Dokumenten und Gesprächen mit den betroffenen Behörden und den zuständigen Departementen sowie mit Vertretern der beaufsichtigten resp. regulierten Branche.

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Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze

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Einleitung 1.1 Anlass und Fragestellung der Evaluation 1.2 Vorgehen 1.3 Aufbau des Berichts

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Aufsichts- und Regulierungsbehörden 2.1 Definition der Aufsichts- und Regulierungsbehörden 2.2 Einordnung des Begriffes der «Unabhängigkeit» 2.3 Dimensionen der Unabhängigkeit 2.4 Analysemodell

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Ergebnisse der Evaluation 3.1 Kategorisierung der 16 Aufsichts- und Regulierungsbehörden 3.2 Analyse der Rechtsgrundlagen in fünf ausgewählten Fällen 3.2.1 Funktionale Unabhängigkeit 3.2.2 Institutionelle Unabhängigkeit 3.2.3 Personelle Unabhängigkeit 3.2.4 Finanzielle Unabhängigkeit 3.3 Analyse der Normanwendung in fünf ausgewählten Fällen 3.3.1 Funktionale Unabhängigkeit in der Praxis 3.3.2 Institutionelle Unabhängigkeit in der Praxis 3.3.3 Personelle Unabhängigkeit in der Praxis 3.3.4 Finanzielle Unabhängigkeit in der Praxis

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Schlussfolgerungen 4.1 Kaum Einheitlichkeit der Normierungen im Quervergleich 4.2 Lücken oder rudimentäre Regelungen in den Gesetzen 4.3 Vereinzelt mangelnde institutionelle Trennung 4.4 Teils schwacher Einfluss des Bundesrates bei Wahlen 4.5 Relevanz einer Unabhängigkeitskultur

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Abkürzungsverzeichnis

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Literatur und Dokumentenverzeichnis

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Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner

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Beilage Tabellen 2­4

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Impressum

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Bericht Der vorliegende Bericht enthält die wesentlichen Ergebnisse der Evaluation. Eine ausführliche Beschreibung der Analysen und Bewertungsgrundlagen finden sich in den Materialien1.

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Einleitung

1.1

Anlass und Fragestellung der Evaluation

In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden staatliche Aufsichts- und Regulierungsfunktionen vermehrt an Behörden ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung 2 übertragen, und zwar aus der grundlegenden Überlegung heraus, ihnen die Unabhängigkeit bei der Aufgabenerfüllung und die unternehmerische Freiheit in der Organisation ihrer Arbeit zu gewährleisten. Einige von ihnen sind als öffentlichrechtliche Anstalten organisiert (z. B. Finanzmarktaufsicht FINMA, Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI, Schweizerisches Heilmittelinstitut Swissmedic), andere als ausserparlamentarische Kommissionen (z. B. Wettbewerbskommission WEKO, Eidg. Kommunikationskommission ComCom, Eidg. Elektrizitätskommission ElCom). Der Bundesrat verfügt aber weiterhin über gewisse Steuerungsmöglichkeiten.

Das Steuerungssystem ist im Gesetz und in den Verordnungen der jeweiligen Einheiten speziell festgehalten und der Bundesrat ist aufgefordert, die Vorgaben umzusetzen.

Die Übertragung von staatlichen Aufsichts- und Regulierungsaufgaben an solche Behörden ist mit Herausforderungen verbunden. Einige Aufsichts- und Regulierungsbehörden haben aufgrund angeblich problematischer Interessenbindungen in der Presse von sich reden gemacht. Beispielsweise wurde die Unabhängigkeit der strategischen Führungsorgane der FINMA und des ENSI angezweifelt. Auch die Rolle des Bundesrates wurde bei einer Neubesetzung im Verwaltungsrat der FINMA im Jahr 2013 hinterfragt3. Nach dem Reaktorunfall von Fukushima wurden das ENSI und dessen strategisches internes Aufsichtsorgan, der ENSI-Rat, in einer breiten Öffentlichkeit zur Zielscheibe der Kritik: Der ENSI-Rat sei mit der Atomindust-

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Evaluation zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung, Materialien zum Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 2. Febr. 2015. Die Materialien finden sich in der deutschen Originalsprache unter: www.parlament.ch > Organe und Mitglieder > Kommissionen > Parlamentarische Verwaltungskontrolle > Veröffentlichungen.

Personen und Organisationen des öffentlichen oder privaten Rechts, die durch Gesetz geschaffen worden sind und überwiegend Dienstleistungen mit Monopolcharakter oder Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht erfüllen, fallen unter den Bestand der dezentralen Bundesverwaltung (Art. 8 Abs. 1 Bst. 2 RVOG).

Bruno Schletti, 2014, Heikle Sonderregel für Finma-Verwaltungsräte, Tages-Anzeiger, 15. Sept. 2014; Michael Soukoup, Christian Brönimann, 2013, Der Netzwerker wird zum Aufseher, Der Bund, 4. Juli 2013.

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rie verfilzt, und folglich sei die Aufsicht zu lasch4. Die traditionelle Vertretung wirtschaftlicher Interessengruppen in der WEKO wird in der Presse als überholt beurteilt5. Medien bemängelten 2012 die Nähe von Swissmedic zur Pharmaindustrie, weil das Institut zum Teil von der Pharmaindustrie finanziert werde und am Umsatz von verkauften Medikamenten beteiligt sei6. Eine mögliche Folge solcher Vorwürfe ist der Verlust an Glaubwürdigkeit und Vertrauen.

Vor diesem Hintergrund haben die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) am 27. Januar 2013 die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) beauftragt, die Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden zu untersuchen. Im Rahmen der Evaluation wird geprüft, was der Bundesrat im Rahmen seiner Kompetenzen unternimmt, um ihre Unabhängigkeit gegenüber der Branche wie auch gegenüber der Bundesverwaltung zu gewährleisten.

Diese Untersuchung beantwortet folgende Fragen: ­

Welche Vorgaben zur Sicherstellung der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden bestehen in den Gesetzen und Verordnungen und wie lassen sich diese einordnen?

­

Wie ist die Konkretisierung der rechtlichen Grundlagen von Aufsichts- und Regulierungsbehörden durch den Bundesrat zu beurteilen?

­

Wie sind die Anwendung der rechtlichen Vorgaben und deren Zweckmässigkeit aus Sicht der Praxis zu beurteilen?

Bei verselbstständigten Aufsichts- und Regulierungsbehörden sind die Aufsicht des Bundesrates und die parlamentarische Oberaufsicht aufgrund der spezialgesetzlich festgelegten Unabhängigkeit eingeschränkt7. Ausserhalb der spezifischen Aufsichtskompetenzen (namentlich die Überprüfung der regelmässigen Berichterstattung) werden diese Aufsichtsorgane nur aktiv, wenn das ordnungsgemässe Funktionieren der Behörde gefährdet ist. Ausgeschlossen ist eine inhaltliche Kontrolle der Entscheide der Aufsichts- und Regulierungsbehörden durch die Oberaufsicht (siehe dazu Biaggini 2013 und Uhlmann 2013). Aus diesem Grund wird in dieser Evaluation die Frage der Unabhängigkeit der Behörden in Einzelentscheiden (z. B. die Bankenregulierung der FINMA oder Sicherheitsüberprüfungen des ENSI) nicht thematisiert. Zum Untersuchungsgegenstand zählen folglich die Ausgestaltung der gesetzlichen Strukturen und deren Anwendung, welche die Unabhängigkeit der Behörden gewährleisten sollen.

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Hubert Mooser, 2012, Nuklearexperte teilt gegen Uvek aus, Tages Anzeiger, online, aktualisiert am 5. Dez. 2012; Dominik, Balmer, 2012, Kein Persilschein für Atombehörden Ensi und Nagra, Berner Zeitung, 4. Dez. 2012.

Samuel, Rutz, 2013, Wünschenswerte Verkleinerung der Weko. Eine schlagkräftigere und unabhängigere Wettbewerbskommission, Avenir Suisse, 18. April 2013.

Thomas, Cueni, 2012, Wer soll zahlen für Swissmedic? Basler Zeitung, 10. Sept. 2012; Victor, Weber, 2012, Swissmedic abhängig von Pharma, SonntagsZeitung, 2. Sept. 2012; Victor, Weber und Petra, Wessalowski, 2012, Swissmedic: Politiker handeln, SonntagsZeitung, 9. Sept. 2012. Siehe auch Interpellation Steiert «Swissmedic. Durch umsatzunabhängige Finanzierung falsche Anreize vermeiden» vom 12. Sept. 2012 (12.3698).

Grundlegend zur Ausgestaltung der Oberaufsicht bei ausgelagerten Verwaltungsträgern siehe Lienhard 2008 S. 5 ff.

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1.2

Vorgehen

Um die Sicherstellung der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung durch den Bundesrat zu beurteilen, wurde die Thematik entlang der obigen drei Fragen untersucht.

Im ersten Schritt wurden zur Beantwortung der ersten Frage die Vorgaben zur Sicherstellung der Unabhängigkeit in den rechtlichen Grundlagen erhoben. Diese Bestandsaufnahme der 16 Aufsichts- und Regulierungsbehörden8 basiert auf einer Auswertung der Vorschriften auf Gesetzes- und Verordnungsebene. Die Gliederung der Normen entlang von vier Dimensionen der Unabhängigkeit (siehe Kapitel 2.3) führt zu einer Kategorisierung der Behörden. Die Erkenntnisse aus dieser ersten Untersuchungsphase dienten der Subkommission EDI/UVEK der GPK-S zur Auswahl folgender fünf Behörden, die im Detail anhand vertiefter Fallstudien untersucht wurden: ­

Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut

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Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI)

­

Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde (RAB)

­

Eidg. Kommunikationskommission (ComCom)

­

Wettbewerbskommission (WEKO)

Mit dieser Auswahl wurden Behörden mit stärkeren wie auch schwächeren Normierungen der Unabhängigkeit ausgewählt 9.

Im zweiten Schritt wurde eine Detailanalyse der Rechtsgrundlagen der fünf Behörden durchgeführt. Die Analyse basiert neben den jeweiligen Gesetzen und Verordnungen auf weiteren Regulativen wie Richtlinien oder Kodizes, die vom jeweiligen Departement oder der Behörde selbst erlassen wurden. Die Analyse mündet in behördenspezifischen Aussagen und generellen Schlussfolgerungen. Gleich in drei der fünf im Detail untersuchten Behörden (RAB, WEKO, Swissmedic) sind gestützt auf Botschaften des Bunderats Teilrevisionen der Gesetzgebung im Gange, die das Verhältnis zwischen Bundesrat und Behörde auf eine neue Grundlage stellen sollen.

Mit der vorliegenden Evaluation werden die derzeit geltenden Rechtsgrundlagen analysiert. Es wird aber auf Gesetzesrevisionen hingewiesen, wo eine vom Bundesrat verabschiedete Botschaft vorliegt. Die Diskussionen in den Eidgenössischen Räten werden aber nicht nachvollzogen10.

Im dritten Schritt wurde die Anwendung der rechtlichen Grundlagen (Wahl des Leitungsgremiums, Berichterstattung etc.) der fünf ausgewählten Behörden untersucht.

Anhand von leitfadengestützten Interviews mit 43 Personen wurden die Anwendung 8 9 10

Zur Abgrenzung der Aufsichts- und Regulierungsbehörden siehe Kapitel 2.1.

Zur Auswahl der fünf Behörden siehe Kapitel B.4.1.1 in den Materialien.

Eine Ausnahme bildet die WEKO: Da die eidgenössischen Räte den organisatorischen Bestimmungen der Vorlage des Bundesrates mit Skepsis begegnet sind, wurde auf eine Darstellung der bundesrätlichen Vorschläge verzichtet. Am 17. Sept. 2014 wurde die Revision des Kartellgesetzes (Bundesgesetz vom 6. Okt. 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, Kartellgesetz, SR 251) vom Zweitrat abschliessend verworfen.

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der Normen und deren Zweckmässigkeit analysiert. Ein Vergleich der Behörden zeigt die Stärken und Schwächen in der Anwendung der Normen auf. Grundlage für diesen Untersuchungsteil bildeten eine Musterfallstudie am Beispiel der RAB und ein standardisierter Interviewleitfaden.

Die Analyse der Normen (Schritte 1 und 2) wurde von Dr. Urs Bolz und David Wüest-Rudin der Firma bolz+partner in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Andreas Lienhard vom Kompetenzzentrum für Public Management der Universität Bern durchgeführt. Die Analyse der Normanwendung erfolgte durch die PVK. Die Musterfallstudie sowie der Interviewleitfaden wurde von der Firma bolz+partner in Zusammenarbeit mit der PVK erstellt.

1.3

Aufbau des Berichts

In Kapitel 2 wird der Untersuchungsgegenstand ­ die Aufsichts- und Regulierungsbehörden sowie die Unabhängigkeit ­ eingegrenzt. Kapitel 3 diskutiert die Erkenntnisse der Evaluation. Dabei werden einleitend die Aufsichts- und Regulierungsbehörden nach vier Unabhängigkeitsdimensionen kategorisiert (Kapitel 3.1). Anschliessend werden die Erkenntnisse der detaillierten Normanalyse und der Analyse der Normanwendung jeweils entlang dieser vier Unabhängigkeitsdimensionen diskutiert (Kapitel 3.2 und 3.3). Kapitel 4 zeigt schliesslich die wichtigsten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen der Evaluation auf.

2

Aufsichts- und Regulierungsbehörden

Die Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden wird in zwei Schritten thematisiert: Als erstes werden die Behörden mit Aufsichts- und Regulierungsaufgaben behandelt, anschliessend wird der Begriff der Unabhängigkeit selbst erläutert. Darauf aufbauend werden vier Dimensionen der Unabhängigkeit definiert, welche das Raster für die Evaluation bilden.

2.1

Definition der Aufsichts- und Regulierungsbehörden

Die Aufgaben staatlichen Handels sind vielschichtig. Zu ihnen gehören nicht nur die klassischen Politikbereiche wie die Aussenpolitik oder die Landesverteidigung, sondern auch die Vorbereitung von Gesetzesentwürfen, Aufsichtsaufgaben oder Dienstleistungen am Markt (z. B. Post, SBB, Swisscom). Während die klassischen Bereiche in der Regel direkt dem Bundesrat unterstehen (zentrale Bundesverwaltung), werden Aufgaben wie das Erbringen von Dienstleistungen am Markt oder deren Beaufsichtigung oftmals ausgelagert (sog. dezentrale Bundesverwaltung, Art. 6 RVOV)11.

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Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (SR 172.010.1)

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Aufsichts- und Regulierungsbehörden sind aus rechtlicher Sicht entweder als selbständige öffentlich-rechtliche Anstalten oder als Behördenkommissionen organisiert.

Behördenkommissionen sind ausserparlamentarische Kommissionen, die mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet sind12. Aufgeführt sind die einzelnen Behörden im Anhang der RVOV. Eine scharfe funktionale Trennung zwischen diesen beiden Organisationsformen gibt es nicht13. Aus Gründen der Konsistenz wird in der vorliegenden Evaluation konsequent von «Behörden» gesprochen.

Der Corporate-Governance-Bericht des Bundesrates (CG-Bericht, Bundesrat 2006)14 äussert sich in verschiedenen Leitsätzen zu Fragen, die auch mit Blick auf die Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden von Bedeutung sind (vgl. dazu Lienhard 2009, S. 43 ff). Dort werden diese Behörden inhaltlich mehrheitlich der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht zugeordnet (Bundesrat 2006, S. 8259). Die Wirtschaftsaufsicht befasst sich mit der Funktionsweise von Märkten und kann bei Marktversagen sowie bei der Preisbildung korrigierend eingreifen (z. B. WEKO).

Bei der Sicherheitsaufsicht steht der präventive Aspekt mit dem Ziel im Vordergrund, die Öffentlichkeit bzw. einzelne Marktteilnehmer vor bestimmten Gefahren zu schützen, die mit der Erbringung spezifischer Leistungen zusammenhängen (z. B.

ENSI).

Für die vertiefte Evaluation wurden verselbständigte Behörden ausgewählt, die über spezialrechtlich definierte Kompetenzen der Wirtschafts- und/oder Sicherheitsaufsicht verfügen. Bei den Behördenkommissionen werden die marktorientierten Behördenkommissionen miteinbezogen, soweit diese über Kompetenzen in der Wirtschaftsaufsicht verfügen (Art. 8m RVOV). Tabelle 1 listet die Behörden nach Organisationstyp und mit dem Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf.

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Verwaltungskommissionen wie die Eidgenössische Kommission für nukleare Sicherheit (KNS) üben demgegenüber eine rein beratende und vorbereitende Tätigkeit aus und haben keine Regulierungs- und Aufsichtskompetenzen (Art. 8a RVOV).

Die Behördenkommissionen sind rechtlich nicht verselbständigt. Auf sie können die Leitsätze des Steuerungsmodells jedoch sinngemäss Anwendung finden (Bundesrat 2006, S. 8285).

Bericht des Bundesrates vom 13. Sept. 2006 zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht; BBI 2006 8233).

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Aufsichts- und Regulierungsbehörden Bezeichnung

Tabelle 1 Aufgabe (Schwerpunkt)

Rechtlich verselbstständigte Körperschaften: Eidg. Finanzmarktaufsicht (FINMA)

Aufsicht

Eidg. Institut für Geistiges Eigentum (IGE)

Verwaltung

Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI)

Aufsicht

Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde (RAB)

Aufsicht

Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV)15

Dienstleistung

Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut

Aufsicht

Behördenkommissionen: Eidg. Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (ESchK)

Justiz

Eidg. Spielbankenkommission (ESBK)

Aufsicht

Kommission für Technologie und Innovation (KTI)

Dienstleistung

Wettbewerbskommission (WEKO)

Aufsicht

Eidg. Elektrizitätskommission (ElCom)

Aufsicht

Eidg. Kommunikationskommission (ComCom)

Aufsicht

Postkommission (PostCom)

Aufsicht

Schiedskommission im Eisenbahnverkehr (SKE)

Justiz

Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle (SUST)

Verwaltung

Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI)

Justiz

Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV)

Justiz

Quelle: Anhang 1 RVOV. Die Auswahl der Einheiten ist in diesem Anhang nicht abschliessend festgelegt16.

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Die SERV wurde wegen fehlendem Bezug zum Thema «Aufsichts- und Regulierungsbehörden» von der Normanalyse ausgenommen.

Untersucht wurden nur Behörden der dezentralen Bundesverwaltung (Behörden mit eigener Rechtspersönlichkeit oder Behördenkommissionen). Dazu zählen beispielsweise nicht die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) oder der Eidgenössische Datenschutzund Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB).

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2.2

Einordnung des Begriffes der «Unabhängigkeit»

Aufsichts- und Regulierungsbehörden nehmen für den Bund hoheitliche Aufgaben wahr (Bundesrat 2006, S. 8285). Erhofft werden durch eine Auslagerung von Aufsichts- und Regulierungsaufgaben ein Effizienzgewinn und eine unabhängigere Erfüllung der Aufgaben. Gemäss Corporate-Governance-Bericht des Bundesrates sollen «Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht ausgelagert und der über die Gesetzgebung hinausgehende politische Steuerungsspielraum bewusst gering gehalten werden» (Bundesrat 2006, S. 8263). Trotzdem muss die Aufgabenerfüllung solcher Behörden im Sinne des öffentlichen Interesses erfolgen, was es durch die Aufsicht des Bundesrates sicherzustellen gilt. Die Aufsichts- und Regulierungsbehörden sind demnach zwar ­ je nach Aufgabe ­ unterschiedlich autonom in ihrem Handeln, jedoch nicht absolut unabhängig (Pasquier, Fivat 2013, S. 186).

Die Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden wird einerseits als Unabhängigkeit vom Markt, d. h. insbesondere der direkt zu Beaufsichtigenden, und andererseits als Unabhängigkeit von der Politik, d. h. der Einflussnahme durch Regierung und Organe der Verwaltung, verstanden.

Wahrgenommen wird die Unabhängigkeit in erster Linie als funktionelle Unabhängigkeit, d. h. primär in Bezug auf die Aufgabenerfüllung. Die Behörde resp. ihre einzelnen Mitglieder sollen ihre Entscheide ohne innere Konflikte treffen können, also weder aufgrund von Interessenkollisionen, Beziehungen oder aus anderen Gründen. Auch institutionell-organisatorische, personelle oder finanzielle Faktoren können, wenn sie unzweckmässig ausgestaltet sind, die Unabhängigkeit beeinträchtigen. Mehr zugesicherte Unabhängigkeit ist jedoch nicht zwingend besser für eine zweckmässige Aufgabenerfüllung. Die Unabhängigkeit ist demnach nicht Selbstzweck. Eine zweckmässige Unabhängigkeit ergibt sich vielmehr aus der Aufgabe und Funktion einer Behörde.

2.3

Dimensionen der Unabhängigkeit

Für die Analyse der Unabhängigkeitsnormen bei Aufsichts- und Regulierungsbehörden wurden verschiedene Dimensionen der Unabhängigkeit herangezogen. Dabei berücksichtigten wir insbesondere die vom Bundesrat 2002 im Rahmen der Botschaft über die Revision des Nationalbankgesetzes vorgenommene und im Jahr 2006 in der Botschaft zum Bundesgesetz über die eidgenössische Finanzmarktaufsicht bestätigte Einteilung in funktionale, institutionelle, personelle und finanzielle Unabhängigkeit (Bundesrat, 2002, S. 6108 f; Bundesrat, 2006, S. 2836)17. Abbildung 1 führt die vier Dimensionen auf und zeigt, ob sie die Unabhängigkeit vom Bund und/oder vom Markt betreffen und welche in der Untersuchung verwendeten Kriterien den Dimensionen zugrunde liegen.

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Siehe dazu insbesondere Häner 2012, S. 47 f; Varone/Ingold 2011, S. 44 ff; Widmer 2012, S. 139.

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Abbildung 1

Dimensionen der Unabhängigkeit Funktional (Unabhängigkeit von Bund und Markt) ­ Rechtliche Verankerung der generellen Unabhängigkeit und der Unabhängigkeit von der «Branche» ­ Weisungsungebundenheit ­ Selbständige Rechtsetzungskompetenz ­ Eigene Verfügungs- und Weisungsrechte

Institutionell (Unabhängigkeit vom Bund) ­ Art der Festlegung von Strategien und Controlling ­ Zuständigkeit zur Wahl der operativen Führung ­ Freiheit der internen Organisation ­ Eigene Personal-/Anstellungspolitik ­ Art/Form der Berichterstattung

Personell (Unabhängigkeit von Bund und Markt) ­ Vorgehen bei Wahl/Abwahl des strategischen Leitungsgremiums inkl.

Definition Anforderungsprofil ­ Regelung von Interessenkollisionen und Rollenkumulationen ­ Festlegung der Fachkompetenz ­ Regelungen zur operativen Führung ­ Regelungen zur Unabhängigkeit des Personals

Finanziell (Unabhängigkeit von Bund und Markt) ­ Normierungsmacht zu Art/Höhe der eigenen Finanzierung ­ Finanzierungsquellen (Abgaben, Gebühren, Entgelte, Zuschüsse, Budget) unabhängig von wichtigen Stakeholdern ­ Budgethoheit

Quelle: bolz+partner/KPM, siehe auch Materialienband B.6.4

Funktionale Unabhängigkeit Die funktionale Unabhängigkeit wird als Basis oder Kernelement der Unabhängigkeit eingestuft. Sie geht davon aus, dass die Unabhängigkeit der Aufgabenerfüllung im Vordergrund steht, die Unabhängigkeit wird nicht primär als rechtlich verankertes Organisationsmerkmal, sondern als auf die Tätigkeit selbst bezogenes Merkmal verstanden. Nach diesem Verständnis kann die Behörde ihren Auftrag frei von Weisungen und Einfluss jeglicher Art (Politik, Verwaltung, Markt) erfüllen.

Eine garantierte funktionale Unabhängigkeit nützt der Behörde wenig, wenn damit keine ausreichenden funktionalen Kompetenzen verbunden sind. Sie kann ihre Unabhängigkeit nur wahrnehmen, wenn sie auch entsprechende Aufsichts- und Regelungskompetenzen (Verordnungskompetenz sowie Verfügungs- und Weisungsrechte) besitzt.

Institutionelle Unabhängigkeit Die institutionelle Unabhängigkeit umschreibt die Eigenständigkeit der Organisation und beschränkt sich nicht auf eine Rechtsform. Im Vordergrund stehen Fragen, wie weit sich die Behörde selbst intern organisieren kann (strategische Ziele, Aufbau-/Ablauforganisation, Personalpolitik, Wahl der operativen Führung), und inwieweit und in welcher Form sie gegenüber dem Bund Rechenschaft über ihre Tätigkeit ablegen muss (Berichterstattung). Dabei ist ebenfalls relevant, dass eine 1735

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Organisation die eigene Rechtspersönlichkeit geniesst (z. B. öffentlich-rechtliche Anstalt) und sich im Konfliktfall auch mit rechtlichen Mitteln gegenüber dem Bund zur Wehr setzen kann.

Personelle Unabhängigkeit Die personelle Unabhängigkeit betrifft die Frage, ob das Personal der Behörde im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und ihrer Aufgabe frei von Interessenbindungen und -kollisionen sowie ohne Beeinflussung jeglicher Art entscheiden kann. Damit verbunden ist die sog. Regulatory Capture ­ also das Risiko, dass die Behörde von den Kontrollierten abhängig ist und nicht das Allgemeinwohl, sondern Sonderinteressen verfolgt.

Die personelle Unabhängigkeit ist auf zwei Seiten zu gewährleisten: Auf der einen Seite ist die Unabhängigkeit und Freiheit von Interessenbindungen von der Politik und der Verwaltung anzustreben, auf der anderen Seite ist die Abgrenzung zu den Beaufsichtigten vorzusehen.

Die Gewährleistung der personellen Unabhängigkeit äussert sich zunächst bei den Bestimmungen über die Wahl des Leitungsgremiums. So kann die Unabhängigkeit relativiert werden, indem auch Interessenvertreter für ein Leitungsgremium vorgesehen sein können. Sie kann aber gewahrt bleiben, indem eine solche Person in einem bestimmten Geschäft in den Ausstand tritt. Die dafür nötige Grundlage ist die transparente Offenlegung von Interessenbindungen, und zwar vor dem Amtsantritt und in regelmässigen Abständen während der Ausübung des Amtes selbst.

Zu rigide Anforderungen an die Unabhängigkeit von Personen können aber auch verunmöglichen, dass fachkompetente Personen für ein bestimmtes Amt ­ beispielsweise aufgrund von Mitgliedschaften in Fachgremien ­ in Frage kommen. Wichtig ist, dass eine Balance zwischen der Sicherstellung der personellen Unabhängigkeit und der nötigen Fachkompetenz gefunden wird.

Finanzielle Unabhängigkeit Auch Finanzierungsfragen können die Unabhängigkeit einer Behörde beeinflussen.

Mögliche Finanzierungsarten sind leistungsbezogene, durch die Beaufsichtigten zu entrichtende Gebühren, Aufsichtsabgaben, frei festlegbare Entgelte für Leistungen, in einem Leistungsauftrag mit der öffentlichen Hand zu vereinbarende Entgelte, Zuschüsse der öffentlichen Hand und Direktfinanzierung aus dem staatlichen Haushalt. Je nach Finanzierungsquelle und gesetzlicher Regelung kann die Behörde deren Höhe selbst
beeinflussen bzw. selbst bestimmen. Demgegenüber ist der Budgetprozess für die Unabhängigkeit relevant. Dabei stellt sich u. a. die Frage, wer das Budget erstellt und/oder ob es genehmigt werden muss und von wem.

2.4

Analysemodell

Die Kompetenzen des Bundesrates zur Sicherstellung der Unabhängigkeit von Regulierungs- und Aufsichtsbehörden tangieren verschiedene Kriterien der in Kapitel 2.3 vorgestellten Dimensionen. Diese Kompetenzen werden in der Evaluation mit Blick auf die rechtlichen Grundlagen und deren Anwendung beurteilt.

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1.

Rechtliche Grundlagen: Sie legen den Grundstein für die Sicherstellung der Unabhängigkeit von Regulierungs- und Aufsichtsbehörden. Sie beinhalten einerseits die in Gesetzen von der Legislative festgelegten Anforderungen und andererseits die Verordnungen und Reglemente auf Stufe Bundesrat bzw. Departement. Dabei kann es sich um formelle wie auch inhaltliche Anforderungen handeln, die in Form von Kriterien konkretisiert sind (z. B. Regelungen zur Wahl in Leitungsgremien, strukturelle Voraussetzungen, Verbote und Verpflichtungen).

2.

Die Anwendung der rechtlichen Grundlagen durch den Bundesrat im konkreten Einzelfall (z. B. Wahl des Leitungsgremiums, Organisation der Berichterstattung): Im Rahmen der Anwendung der rechtlichen Grundlagen können Vollzugsdefizite auftauchen, indem Vorgaben, welche die Unabhängigkeit garantieren sollen, nicht wie vom Gesetzgeber vorgesehen umgesetzt werden. Verschiedentlich können zudem informelle Kriterien, die nicht in den rechtlichen Grundlagen geregelt sind oder nicht geregelt werden konnten, die Unabhängigkeit beeinflussen. Solche Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die rechtlichen Grundlagen nicht vollumfänglich zweckmässig ausgestaltet sind.

Das Modell lässt sich schematisch mit den jeweiligen Fragestellungen wie folgt darstellen: Abbildung 2

Outcome

Fragestellungen

Gesetzliche Grundlagen

Konkretisierung in Verordnungen

Anwendung

Anwendungsphase

Politikgestaltung

Analysemodell

Informelle Faktoren

­ Welche Vorgaben zur Sicherstellung der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden bestehen in den Gesetzen und Verordnungen und wie lassen sich diese einordnen?

­ Wie ist die Konkretisierung der rechtlichen Grundlagen von Aufsichts- und Regulierungsbehörden durch den Bundesrat zu beurteilen?

­ Wie sind die Anwendung der rechtlichen Vorgaben und deren Zweckmässigkeit aus Sicht der Praxis zu beurteilen?

Faktische Unabhängigkeit

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Das Outcome ­ die faktische Unabhängigkeit der Behörden ­ wird in der vorliegenden Evaluation nicht behandelt (siehe dazu auch Kapitel 1.1).

3

Ergebnisse der Evaluation

Die Ergebnisse der Evaluation gehen aus den drei Teilen der Untersuchung hervor.

Die Vorgaben zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der 16 Aufsichts- und Regulierungsbehörden in den Gesetzen und Verordnungen und deren Kategorisierung werden in Kapitel 3.1 erläutert. Im Rahmen einer detaillierten Normenanalyse wird in Kapitel 3.2 die Konkretisierung der rechtlichen Grundlagen durch den Bundesrat anhand der fünf ausgewählten Behörden diskutiert. Anhand derselben fünf Behörden werden schliesslich in Kapitel 3.3 die Anwendung der rechtlichen Vorgaben und deren Zweckmässigkeit aus Sicht der Praxis dargelegt.

3.1

Kategorisierung der 16 Aufsichtsund Regulierungsbehörden

Zusammenfassung: Der Überblick über die 16 Behörden und deren Kategorisierung zeigt eine Diversität an Regelungen in den Gesetzen und Verordnungen und vor allem Differenzen in der Regelungsbreite und -tiefe, die nicht immer funktional oder anderweitig begründbar scheinen. Eine Einheitlichkeit oder konzeptionelle Konsistenz bezüglich der Normierung der Unabhängigkeit ist kaum erkennbar.

Die untersuchten Behörden können zwar alle als Aufsichts- und Regulierungsbehörden bezeichnet werden, ihre Aufgaben und Funktionen unterscheiden sich aber erheblich (siehe Tabelle 1). Die Ausgestaltung der Unabhängigkeit kann je nach Typus variieren: Muss die Unabhängigkeitsfrage bei justizförmigen Aufgaben eher mit der Justiz verglichen werden, dürfen an Behörden mit Vollzugsaufgaben insbesondere an die Unabhängigkeit gegenüber Bundesrat und Verwaltung geringere Anforderungen gestellt werden.

Die Normierung der einzelnen Behörde wird hauptsächlich durch die rechtliche Ausgestaltung geprägt, welche sich aus den Spezialgesetzen mit den massgeblichen Vorschriften betreffend Organisation und Unabhängigkeit ergibt. Ergänzend kommen ­ nach Massgabe der Spezialgesetzgebung ­ die allgemeinen bundesrechtlichen Vorschriften zur Geltung. Für die Behördenkommissionen finden sich allgemeine Festlegungen im RVOG18 und in der RVOV. Die Regulierung der RVOV bezieht sich im Wesentlichen nur auf die Offenlegung von Interessenbindungen. Sie deckt damit bei weitem nicht alles ab, was in den Verhaltenskodizes verschiedener Anstalten ausgeführt wird.

Die Kategorisierung der 16 Aufsichts- und Regulierungsbehörden entlang der vier Unabhängigkeitsdimensionen (vgl. Kapitel 2.3) aufgrund der Normanalyse zeigt, dass die Aufgabe und Funktion einer Behörde die normative Ausgestaltung der

18

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010)

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Unabhängigkeit prägt: Die Behörden der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht19 (z. B. FINMA, RAB, ENSI, PostCom) sind stärker auf eine funktionale, institutionelle und personelle Unabhängigkeit hin reguliert als die justizförmigen Behörden (z. B. SKE, ESchK und UBI). So verfügen die Behörden der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht über Verordnungskompetenzen, welche den justizförmigen Behörden nicht zustehen. Es lässt sich sogar eine Abstufung feststellen, indem die Unabhängigkeit der zwei Behörden mit Verwaltungsaufgaben (IGE, SUST) stärker ausgeprägt ist als die der Behörden mit justizförmigen Aufgaben oder reinen Dienstleistungsaufgaben (KTI). So kann bei der IGE und der SUST das Leitungsgremium die operative Leitung selbst bestimmen, was bei der KTI durch den Bundesrat vorgenommen wird.

Der Einfluss der Funktion einer Behörde auf die Normierung ihrer Unabhängigkeit ist sachlich nachvollziehbar, auch wenn ­ bzw. gerade weil ­ eine relativ grosse Variabilität in den einzelnen Regelungen bestehen bleibt. Dabei sind zum Beispiel Behörden mit vorwiegenden Verwaltungsaufgaben funktional weniger unabhängig als solche, die sich schwergewichtig mit justizförmigen Aufgaben befassen. Behörden mit dem Schwerpunkt auf Verwaltungsaufgaben verfügen über keine Weisungsund Verfügungsrechte, während diese Instrumente für Behörden mit justizförmigen Aufgaben für die Erfüllung ihrer Aufgaben zentral sind. Dafür sind erstere hinsichtlich institutioneller oder finanzieller Dimension unabhängiger als die zweiten.

Im Rahmen der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht gibt es einzelne Behörden, die stark von Behörden mit einer ähnlichen Funktion, Bedeutung und ähnlichen Zielen abweichen, namentlich die WEKO und im Ansatz auch die Swissmedic oder die ElCom. Abbildung 3 stuft die verschiedenen Behörden nach der Ausprägung der institutionellen und der personellen Unabhängigkeit ein. Die Einordnung basiert auf den derzeit geltenden Rechtsgrundlagen20.

19 20

Für den Aufgabenbereich der Behörden siehe Tabelle 1.

In Kapitel 3.2 wird auch auf Gesetzesrevisionen hingewiesen, zu denen eine vom Bundesrat verabschiedete Botschaft vorliegt.

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Abbildung 3 Normierung der institutionellen und personellen Unabhängigkeit

Legende: Je höher die Werte auf der Skala, desto ausgeprägter die in Gesetz und Verordnung festgehaltene Unabhängigkeit. Die Werte der einzelnen Behörden sind in Tabelle 2 im Anhang aufgeführt. Siehe dazu Kapitel B.6.5 in den Materialien. Abgebildet wird nicht die faktische Unabhängigkeit in der Alltagspraxis.

Quelle: Materialienband B.3.3.3, bolz+partner/KPM

Die Abbildung zeigt, dass bei der gesetzlichen Konzipierung der FINMA und der RAB stark auf die Regelung der personellen Unabhängigkeit geachtet und zugleich eine solide institutionelle Eigenständigkeit festgeschrieben wurde. Beim ENSI und teils auch der SUST wurde sehr stark auf die institutionelle Eigenständigkeit geachtet und etwas weniger auf die Unabhängigkeit der Personen. Interessant sind die Werte für die WEKO: Ihre Stellung ist sowohl bezüglich der Unabhängigkeit ihres Personals (inkl. Leitungsgremium), als auch bezüglich der institutionellen Selbstbestimmung schwächer ­ sie befindet sich sogar in der Nähe des «Schlusslichts» KTI ­, obgleich sie von den Aufgaben her grundsätzlich mit der FINMA und der RAB oder auch mit dem ENSI vergleichbar sind. Ähnliches ist über die Swissmedic zu sagen, von der Rechtsform und vom Aufgabentyp her wäre eine stärkere Unabhängigkeitsnormierung zu erwarten. Erklärungen dazu zeigt die detaillierte Analyse in Kapitel 3.2.

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3.2

Analyse der Rechtsgrundlagen in fünf ausgewählten Fällen

Zusammenfassung: Während bei den fünf im Detail analysierten Behörden die Präzisierungen der gesetzlichen Normen, dort wo sie vorgenommen werden, angemessen erscheinen und keine Widersprüche auszumachen sind, können speziell im Bereich der funktionellen sowie der personellen Unabhängigkeit in den Gesetzen gewisse Lücken konstatiert werden.

Für manche Behörden ist in Gesetzen und Verordnungen kein Grundsatz der Unabhängigkeit ihres Personals vom Markt festgehalten, und verschiedentlich fehlen Regelungen der personellen Unabhängigkeit in den Normen fast gänzlich (Swissmedic, WEKO). Defizite in der Normierung und Abweichungen vom CorporateGovernance-Bericht des Bundesrates zeigen sich in erster Linie bei der Swissmedic, der ComCom und der WEKO, deren gesetzliche Grundlagen im Bereich der Governance seit längerer Zeit nicht grundlegend überarbeitet wurden. Verschiedentlich sind Teilrevisionen der Gesetzgebung im Gange (Swissmedic, RAB, WEKO)21, die die Aspekte der Unabhängigkeit neu regeln sollen.

Die Beurteilung der Normen pro Behörde und Unabhängigkeitsdimension sind in Tabelle 3 im Anhang aufgeführt.

3.2.1

Funktionale Unabhängigkeit

Die Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden gegenüber dem Bund wie auch dem Markt ist in den fünf untersuchten Fällen unterschiedlich normiert. Eine generelle Vorschrift der Unabhängigkeit ist in den Gesetzen nur teilweise vorhanden: Bei Swissmedic fehlt eine solche allgemeine Unabhängigkeitsvorschrift22, während bei der ComCom und der WEKO einzig die Unabhängigkeit vom Bund erwähnt wird.

Die Verordnungskompetenz sowie das Verfügungs- und Weisungsrecht werden je nach Aufsichts- und Regulierungsbereich unterschiedlich normiert. Auffallend ist die Kompetenz der operativen Leitung des ENSI, Verfügungen zu erlassen (Art. 7 Abs. 2 Bst. a ENSIG)23 und gleichzeitig nicht vom Bundesrat gewählt zu sein. Verfügungen liegen in der Regel im Aufgabenbereich der Leitungsgremien. Bei der ComCom sticht das Weisungsrecht gegenüber dem Bundesamt hervor (Art. 57 Bst. 2 FMG)24, das im Vergleich zu den 15 weiteren Aufsichts- und Regulierungsbehörden einzigartig ist.

21

22 23 24

Siehe auch Fussnote 10. Am 17. Sept. 2014 hat das Parlament die Revision des Kartellgesetzes verworfen. Dagegen haben die eidgenössischen Räte am 20. Juni 2014 eine Teilrevision des Revisionsaufsichtsgesetzes verabschiedet (Bündelung der Aufsicht über Revisionsunternehmen und Prüfgesellschaften, AS 2014 4073). Die Revision ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten.

Laut Teilrevisionsvorlage des Bundesrates soll Swissmedic neu als «unabhängige Behörde» bezeichnet werden (Art. 81.a E-HMG).

Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (SR 732.2) Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (SR 784.10)

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3.2.2

Institutionelle Unabhängigkeit

Im Rahmen der institutionellen Unabhängigkeit fällt in Vorlagen zu aktuellen Gesetzesrevisionen (z. B. E-RAG)25 auf, dass der Bundesrat beim Controlling von Zielen und bei der Erfüllung der Aufgaben der Aufsichts- und Regulierungsbehörden verschiedentlich eine verstärkte Rolle einnehmen will. Die Genehmigungspflicht der Wahl des Direktors oder der strategischen Ziele des Verwaltungsrats (in Abweichung von Leitsatz 17 des CG-Berichts) wie auch die Pflicht zur regelmässigen Berichterstattung von Zielerreichung und Aufgabenerfüllung gegenüber dem Bundesrat (z. B. RAB) stehen aber nicht für die Idee einer eigenverantwortlichen Aufgabenerfüllung, sondern für ein enges Zusammenwirken zwischen Bundesrat und der von ihm eingesetzten spezialisierten Behörde.

Aus rechtlicher Sicht kann es durchaus sinnvoll erscheinen, die Balance zwischen dem fachlichen Unabhängigkeitsanspruch einer Behörde und dem mitgestaltenden Einfluss des Bundesrates bei den strategischen Zielen und bei der Aufgabenerfüllung im Diskurs immer wieder neu zu suchen. Zentral ist aber, dass die Unabhängigkeit in fachlichen Fragen und im operativen Geschäft gewährleistet ist. Die Grenzen der Unabhängigkeit vom Bundesrat müssen letzten Endes jeweils vom Gesetzgeber adäquat festgelegt werden.

3.2.3

Personelle Unabhängigkeit

Im Bereich der personellen Unabhängigkeit zeigen sich bei allen fünf untersuchten Behörden verschiedene Lücken in den normativen Grundlagen. Bei manchen Behörden sind keine oder nur rudimentäre Regelungen festzustellen (speziell bei Swissmedic und WEKO); das gilt für folgende Bereiche: a.

Bestimmungen zur Unabhängigkeit des Leitungsgremiums, und zwar generell wie auch betreffend Rollenkumulationen bzw. Interessenkonflikte,

b.

Bestimmungen zum Wahlverfahren und Anforderungsprofil des Leitungsgremiums,

c.

Vorgaben an die operative Ebene, das heisst die Direktion und das übrige Personal, sowie

d.

die Verpflichtung zur Anwendung von Verhaltenskodizes und/oder zur Ergreifung von Massnahmen zur Wahrung der Unabhängigkeit und bei Interessenkonflikten. Insbesondere die Beauftragung oder Erwähnung einer solchen Selbstregulierung fehlt oft in den Spezialgesetzen und insbesondere im RVOG bzw. in der RVOV.

Eine Standardisierung gibt es also nicht, und es fehlt auch eine «best practice». Festzuhalten ist indessen, dass die Reglemente auf Verordnungsebene sehr unterschiedlich abgestützt sind: Teilweise enthalten schon die Verordnungen extensive Rege25

Entwurf Bundesgesetz über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz) (Bündelung der Aufsicht über Revisionsunternehmen und Prüfgesellschaften; BBl 2013 6909, vgl. Fussnote 21).

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lungen (z. B. ENSI), teilweise begnügen sie sich mit einem einfachen Auftrag zur Sicherstellung der personellen Unabhängigkeit (z. B. RAB). Im Bereich der Behördenkommissionen reguliert die RVOV nur die Offenlegung von Interessenbindungen. Sie deckt damit bei weitem nicht alles ab, was Verhaltenskodizes verschiedener anderer Anstalten abdecken (beispielsweise den Besitz von Wertpapieren).

Den von den Behörden erlassenen Unabhängigkeitsvorschriften kommt ein hoher Stellenwert zu. Hier kann der Unabhängigkeitsfrage insbesondere mit den Geschäftsreglementen und ­ bei manchen Behörden ­ Verhaltenskodizes (Codes of Conduct) Rechnung getragen werden. Die Verhaltenskodizes wiederum sind je nach Aufgabe unterschiedlich ausgestaltet und unterscheiden sich auch in der Dichte der Regelungen.

Da personelle Unabhängigkeit immer auch im Spannungsfeld mit der nötigen Erfahrung und Fachkompetenz liegt, können bei Regulierungs- und Aufsichtsbehörden nie nur völlig «neutrale» Personen eingesetzt werden. Wichtig ist indessen, dass sich die Regulatoren der diversen Dimensionen der Unabhängigkeit bewusst sind und im konkreten Fall eine angemessene Lösung treffen, die nicht nur der objektiven Unabhängigkeitspflicht, sondern auch dem subjektiven Empfinden der Öffentlichkeit (Gefühl für die Unabhängigkeit vs. Anschein von Abhängigkeit) gerecht wird. Den Auswahlverfahren und den Pflichtenheften bei der Bestellung der obersten Behörden und der Direktionen kommt damit eine zentrale Rolle zu.

Die gesetzlichen Normen sollten nicht nur objektive Leitlinien geben, bei deren Einhaltung die Unabhängigkeit gewährleistet ist. Vielmehr sollten sie die Voraussetzungen schaffen, dass eine übergeordnete Instanz in Zweifelsfällen subjektiv beurteilen kann, ob und wie in einem konkreten Fall die Unabhängigkeit gewährleistet wurde oder werden kann.

3.2.4

Finanzielle Unabhängigkeit

Aus Sicht der normativen Analyse ist die finanzielle Unabhängigkeit hinreichend präzisiert und vollständig. Für die fünf untersuchten Behörden gelten unterschiedliche Ansätze zur Finanzierung: Mehrheitlich werden sie über Gebühren und Aufsichtsabgaben finanziert, teilweise mit einer Abgeltung für gemeinwirtschaftliche Leistungen und teils mit einem Zuschuss vom Bund. Bei der WEKO gilt anzumerken, dass sie finanziell im Grundsatz zwar unabhängig ist, aber weil der Bund die Personal- und Sachkosten in Voranschlag stellt und so die WEKO vom Budget des Departements abhängig ist, bestehen mit Blick auf die generelle Unabhängigkeit potentielle Defizite.

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3.3

Analyse der Normanwendung in fünf ausgewählten Fällen

Zusammenfassung: Die beteiligten Akteure der Behörde, des Bundes und der betroffenen Branchen beurteilen die Normen aus Sicht ihrer Anwendung grundsätzlich als zweckmässig. Verschiedene in der normativen Analyse festgestellte Lücken auf Ebene von Gesetz und Verordnung wurden in den Reglementen der Behörden konkretisiert. Für die angemessene Anwendung erweist sich aber auch die Sensibilität der beteiligten Personen als zentral. Diese scheint zwar gegenwärtig gegeben zu sein, Lücken in den Normen einzelner Behörden können potenziell aber zu Problemen führen.

Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Dimensionen der Unabhängigkeit erweisen sich die Normen in der Praxis mehrheitlich als zweckmässig. Defizite ergeben sich bei der personellen Unabhängigkeit hauptsächlich durch das vereinzelte Fehlen von Anforderungsprofilen und Verhaltenskodizes. Im Rahmen der Finanzierung zeigt sich bei einzelnen Behörden eine gewisse Abhängigkeit vom Departement, und im institutionellen Rahmen ist eine zu grosse Nähe zur Bundesverwaltung selten anzutreffen. Aufgrund der allgemeinen Sensibilität für die Rolle dieser Behörden und speziell für ihre Unabhängigkeit wird aber die Anwendung der Normen als angemessen beurteilt.

Ganz allgemein scheinen informelle Faktoren eine untergeordnete Rolle zu spielen und sind somit im Rahmen des für die Schweiz üblichen Austausches zwischen involvierten Behörden und Branchen einzuordnen.

Von den fünf untersuchten Behörden bekunden jene, die aufgrund der Normanalyse grössere Lücken vorweisen, in der Anwendung nicht die grössten Schwierigkeiten.

Gründe dafür sind einerseits die Konkretisierungen in Form von Reglementen und anderseits die erwähnte Sensibilität der zuständigen Personen. So erweisen sich die Normen bei der Swissmedic, der RAB und des ENSI aus Sicht der Beteiligten fast ausschliesslich als zweckmässig und deren Anwendung als angemessen. Schwierigkeiten sind eher bei den Behördenkommissionen zu finden, so bei der ComCom aufgrund der Nähe zum Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) und bei der WEKO aufgrund der in den Normen vorgesehenen Branchenvertretung.

3.3.1

Funktionale Unabhängigkeit in der Praxis

Im Rahmen der fünf untersuchten Fälle wurde grossmehrheitlich bestätigt, dass die Aufgaben frei von Weisungen ­ sei es durch den Bund, die Politik oder auch den Markt ­ umgesetzt werden können. Nur im Fall von Swissmedic wurde erwähnt, dass das Departement in einem Fall seine klaren Vorstellungen kundgetan hatte, als die Behörde für sich ein Reglement ausarbeitete. Die Absicht war die Stärkung der Transparenz gegen aussen. Das Leitungsgremium der Behörde fühlte sich dann angehalten, diese Inputs zu übernehmen, da der Bundesrat sein Wahlgremium ist.

Mit dem Instrument der Wahl des Leitungsgremiums verfügt der Bundesrat somit über ein Mittel der indirekten Einflussnahme auf die Behörden auf strategischer Ebene.

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Die ComCom hat als einzige Behörde eine Weisungsbefugnis gegenüber einem Amt. Dies gründet im Fehlen eines eigenen Fachsekretariates (siehe dazu ausführlich Kapitel 3.3.2).

Die Behörden sind in unterschiedlicher Ausprägung zum Erlass von Verordnungen ermächtigt, und sie erachten die ihnen zugewiesenen Kompetenzen aus Sicht der Praxis für eine unabhängige Aufgabenerfüllung als zweckmässig. Die Anwendung wird zudem als angemessen angesehen, auch wenn von Beaufsichtigten vereinzelt Kritik am Vernehmlassungsverfahren geäussert wird.

Die Normierung der Verfügungs- und Weisungsrechte wird aus Sicht der Praxis als zweckmässig eingestuft und deren Anwendung grundsätzlich als angemessen beurteilt. Vereinzelt äusserten Branchenvertretende Kritik, dass die Behörden zu stark regulieren würden. Beim ENSI werden Verfügungen vereinzelt vorab mit den Beaufsichtigten besprochen26, was es der Behörde und den Beaufsichtigten ermöglicht, gemeinsam über alternative Lösungsvorschläge zu diskutieren. Damit wird unterstrichen, dass eine Behörde ihre Beschlüsse nicht fernab der Praxis treffen kann. Ein solches Vorgehen kann jedoch auch dazu führen, dass die Beaufsichtigten zu viel Einfluss erlangen (siehe auch Regulatory Capture in Kapitel 2.3). Diese Situation steht symptomatisch für das Grunddilemma von Nähe und Distanz zur Branche wie zur Politik, in der sich Aufsichts- und Regulierungsbehörden befinden und das auch für alle Dimensionen der Unabhängigkeit gilt.

3.3.2

Institutionelle Unabhängigkeit in der Praxis

In der Praxis lässt sich im Rahmen der institutionellen Unabhängigkeit trotz verschiedener Möglichkeiten kaum eine Einflussnahme durch den Bundesrat erkennen.

Die Organisationsfreiheit der Behörden ist aus Sicht der Anwendung der Normen in den meisten Fällen gegeben. Vereinzelt zeigt sich aber ein Spannungsfeld zwischen Effizienz und Unabhängigkeit. So ist die Organisation im Falle der ComCom mit Blick auf die Unabhängigkeit vom Bund problematisch: Sie ist bei der Vorbereitung der Geschäfte aufgrund eines fehlenden Fachsekretariates auf das Know-how im BAKOM angewiesen27. Die Problematik besteht darin, dass das BAKOM gleichzeitig Weisungen der ComCom wie auch vom zuständigen Generalsekretariat des Departements erhalten kann, so dass Mitarbeitende im Amt je nach Geschäft an einem Tag für das Departement und am nächsten Tag für die ausgelagerte Behörde arbeiten. Es ist elementar, dass die Kommissionsmitglieder im Stande sind, die geleistete Vorarbeit genau überprüfen zu können. Dies ist aber nicht bei allen befragten Stakeholdern durchgehend der Fall. Ebenfalls ist die Abhängigkeit der ComCom in administrativen Belangen vom zuständigen Generalsekretariat, das die 26

27

In ähnlicher Weise wurden Protokolle vom ENSI vollständig an Mitarbeitende der NAGRA in eine Vorvenehmlassung gegeben, um materielle Fehler in den Protokollen früh beseitigen zu lassen. Aufgrund von Kritik (siehe Rieder et al. 2012) wurde dieses Vorgehen eingestellt.

Der Grund dafür liegt im Entscheid des Parlamentes mit der Verabschiedung des FMG, in dem man zwischen der ComCom und dem BAKOM keine Doppelspurigkeiten wollte und folglich auf ein eigenes Fachsekretariat bei der ComCom verzichteten.

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administrative und logistische Unterstützung der Behörde sicherstellt, ein Problem (siehe dazu auch Kapitel 3.2.4). Die organisatorischen Belange funktionieren aber aufgrund der nötigen Sensibilität aller Beteiligten gut und haben aktuell keinen Einfluss auf die Unabhängigkeit der Behörden.

Die jährliche Berichterstattung der Behörden dient der Rechenschaftsablage und Information gegenüber Öffentlichkeit, Bundesrat und Politik. Dadurch erhält eine Behörde die demokratische Legitimität 28. Die Genehmigung wird aber, wo sie vorgesehen ist, unterschiedlich gehandhabt und erfolgt meist durch den Bundesrat. Die diesbezüglichen Verfahren werden aus Sicht der Normanwendung als zweckmässig eingestuft, und die Berichterstattung sei in der Praxis angemessen. Das Interesse des Bundesrates an der Berichterstattung ist jedoch nach Aussagen einzelner Behörden eher gering, und in der Regel erhalten sie keine Rückmeldung.

Mit Blick auf die ausgelagerten Einheiten (ENSI, RAB) wird der selbständige Erlass der strategischen Ziele aus Sicht der Normanwendung als zweckmässig eingeordnet und deren Anwendung als angemessen beurteilt. Die Spezialgesetze erfordern von den Behördenkommissionen (ComCom, WEKO) keinen Erlass strategischer Ziele.

Während die WEKO im Rahmen ihrer Kompetenzen trotzdem Schwerpunkte und Prioritäten für Verfahren setzt, die nicht alle kommuniziert werden, verfügt die ComCom über keinerlei Ziele. Eine transparente Zielsetzung als Instrument der Führung der Behörde und eine gesetzliche Grundlage wären aber zu begrüssen.

Auch die Situation bei Swissmedic erweist sich als speziell, indem der Bundesrat durch einen Leistungsauftrag alle vier Jahre Ziele vorgeben kann 29. Der Austausch zwischen dem Departement und Swissmedic bei der Ausarbeitung des Leistungsauftrages und der Leistungsvereinbarung ist aus Sicht der Anwendung eine praktikable Lösung, solange die beiden Dokumente zwischen Departement und Behörde in iterativer Weise erstellt werden.

Die Wahl der Direktion der einzelnen Behörden ist sehr unterschiedlich ausgestaltet und erstreckt sich von der Ernennung durch den Bundesrat über die Genehmigung durch den Bundesrat bis hin zur selbständigen Wahl der Direktion durch das Leitungsgremium. Da die letzten Wahlen der Direktion bei den meisten Behörden schon längere Zeit zurückliegen, konnte die
Anwendung kaum beurteilt werden.

Tendenziell wurde jedoch die Ernennung oder die Genehmigung der operativen Leitung durch den Bundesrat mit Blick auf die Unabhängigkeit kritisch beurteilt, da die Aufsicht über das operative Geschäft dem Leitungsgremium zugeteilt ist.

28 29

Siehe dazu auch Bundesrat, 2002, S. 6198 Der Leistungsauftrag fokussiert nicht nur die durch den Bund finanzierten Leistungen, sondern deckt das gesamte Spektrum an Aufgaben der Behörde ab. Die laufende Revision des HMG sieht vor, dass der Institutsrat von Swissmedic zukünftig die strategischen Ziele erarbeitet und dem Bundesrat zur Genehmigung unterbreitet.

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3.3.3

Personelle Unabhängigkeit in der Praxis

Im Bereich der personellen Unabhängigkeit zeigt sich in der Praxis immer wieder der Balanceakt zwischen Nähe und Distanz zum Bund wie auch zur überwachten resp. regulierten Branche. Eine absolute Distanz der Behörde zur Branche ermöglicht es in den meisten Fällen nicht, dass sachgerechte Lösungen gefunden werden, während zu grosse Nähe die Gefahr von nicht unabhängigen Entscheiden mit sich bringt.

Grundlage und Ausgangspunkt für die Wahl des Leitungsgremiums durch den Bundesrat sollte ein Anforderungsprofil für die Mitglieder sein. Solche Profile existieren in der Mehrheit der untersuchten Fälle und werden in der Praxis auch angewendet.

Für die Mitglieder der ComCom existiert kein Anforderungsprofil. Weiter erweist es sich als problematisch, dass für die Wahl der Mitglieder der ComCom die Vorbereitungen im BAKOM getroffen werden, also jenem Amt, das von der ComCom gleichzeitig Weisungen erhält (siehe auch Kapitel 3.3.1).

Das Wahlverfahren selbst ist bei den untersuchten Behörden ähnlich. Während die Vorbereitungen meist vom Departement ­ mit unterschiedlicher Mitwirkung der Behörde ­ getroffen werden, entscheidet der Bundesrat in allen Fällen abschliessend. Die Mitwirkung der Departemente fällt je nach Behörde sehr unterschiedlich aus. Während einzelne Departemente neben Vorschlägen der Behörde vereinzelt selbst nach Kandidierenden suchen, kommt es auch vor, dass die Behörde einen Vorschlag erarbeitet, der vom Departement vor der Unterbreitung an den Bundesrat kaum überprüft wird. Es sind aber keine Fälle bekannt, in welchen der Bundesrat vorgeschlagene Personen30 nicht gewählt hat. Folglich kann festgehalten werden, dass der Bundesrat bei der Wahl der Mitglieder von seiner gesetzlich vorgegebenen Steuerungsmöglichkeit nicht in allen Fällen Gebrauch macht31. Zudem ist der Ablauf der Wahl nicht überall transparent ausgestaltet.

Als Vorgabe zur Offenlegung von Interessenbindungen und zur Vermeidung von Rollenkumulationen dient in der Regel ein Verhaltenskodex. Die Verhaltenskodizes gelten mehrheitlich für das Leitungsgremium und das Gesamtpersonal und beinhalten je nach Behörde unterschiedliche Regelungsbereiche32. Während bei Swissmedic zwar die Anforderung in Gesetz und Verordnung fehlen, werden in Reglementen trotzdem klare Regelungen erlassen, um die Unabhängigkeit der Mitarbeitenden zu
gewährleisten. Drei weitere untersuchte Behörden verfügen ebenfalls über einen Kodex, der aufgrund seiner Anwendung in der Praxis die personelle Unabhängigkeit stärkt. Dieser zielt speziell u. a. auf Ausstandsregeln, die Offenlegung von Interessen, Richtlinien bei Wechseln von Mitarbeitenden und Nebenbeschäftigungen.

Neben derartigen Kodizes erweist sich auch die Bildung und Stärkung einer eigentlichen Unabhängigkeitskultur als relevant. Beim ENSI, bei der RAB und bei Swissmedic wird je eine Person explizit für den Kodex als zuständig erklärt. Sie ist für die 30 31 32

In der Regel wird für eine freie Position im Leitungsgremium einer Behörde dem Bundesrat eine Person zur Wahl vorgeschlagen.

Ähnliche Erkenntnisse ergaben sich bei der Untersuchung über die Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat (PVK, 2013).

Swissmedic verfügt über unterschiedliche Kodizes, die auf spezifische Funktionen zugeschnitten sind.

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Sensibilisierung der Mitarbeitenden und für Fragen bezüglich der Unabhängigkeit zuständig. Die in Kapitel 3.2.3 erläuterte Voraussetzung für das Vorgehen bei Unklarheiten mit der Kontaktierung einer zweckmässigen Instanz (Leitungsgremium oder Departement) wird in der Praxis allgemein als positiv empfunden. Mehrheitlich werden die Kodizes der Behörden auch bei Drittpersonen angewendet, die für die Behörde tätig sind. Im Falle von Swissmedic wurde für Dritte ein spezifischer Verhaltenskodex geschaffen. Die ComCom hingegen verfügt über keinen Verhaltenskodex. Folglich sind die Unabhängigkeitsanforderungen nicht klar33.

Eine Besonderheit hinsichtlich der Unabhängigkeit von Personen in Leitungsgremien stellen bei den fünf im Detail untersuchten Behörden die Verbandsvertretenden im Leitungsgremium der WEKO dar. Durch diese politisch gewollte Präsenz sollte das Fachwissen gestärkt werden. Je nach Befragten ­ Branche, WEKO, Bund ­ gehen die Meinungen über den Einfluss der Verbandsvertreter auf die Unabhängigkeit des Gremiums denn auch auseinander. Der Informationsvorsprung, den man so in der WEKO erhält, ist bei korrekter Anwendung der Ausstandsregeln nicht ein Problem der Unabhängigkeit, kann aber potentiell dennoch wettbewerbsverzerrend wirken.

Die Anforderungen an die Unabhängigkeit können sich auf die Fachkompetenz einer Behörde auswirken, indem die Gefahr besteht, dass bei zu hohen Anforderungen nicht genügend qualifiziertes Personal eingestellt werden kann. Nach Aussagen der betroffenen Akteure gestaltet sich die Suche nach geeignetem Personal für die Mehrheit der untersuchten Behörden aufgrund des kleinen Marktes in der Schweiz zwar schwierig, aber in den geltenden Unabhängigkeitsvorschriften deutet nichts auf unzweckmässige Hindernisse für die Rekrutierung von genügend qualifiziertem Fachpersonal hin. Die Stakeholder halten fest, dass die Märkte zur Rekrutierung von Personal wie von Mitgliedern der Leitungsgremien zwar klein seien, die Stellen aber zufriedenstellend besetzen werden können. Es gilt, für das jeweilige Feld eine Regelung mit einer guten Balance zwischen Unabhängigkeit und Fachkompetenz zu finden. Nicht zuletzt gilt es, neben der erwähnten Sicherstellung einer unabhängigen Tätigkeit bei der Ausübung des Amtes insbesondere Personen in den Leitungsgremien nach ihrem Austritt
Geheimhaltungspflichten (sog. «cooling-off»-Periode) aufzuerlegen, um zu garantieren, dass die Behörde ihre Unabhängigkeit wahren kann. Eine solche «cooling-off»-Periode soll nach dem Grad der Unabhängigkeit der Behörde bzw. der Unabhängigkeitsanforderungen an die Amtsträger differenziert werden.

3.3.4

Finanzielle Unabhängigkeit in der Praxis

Die Ressourcenlage in den fünf untersuchten Behörden wird jeweils den Erfordernissen für eine unabhängige Aufgabenerfüllung angepasst. Dabei ist nicht von Relevanz, ob die Finanzierung auf einer selbständig erlassenen Gebührenordnung oder einer Gebührenordnung mit Genehmigung durch den Bundesrat basiert. Ebenso 33

Da die ComCom über kein eigenes Fachsekretariat und nur über ein kleines Administrativsekretariat verfügt, ist das Fehlen eines Kodizes hinsichtlich der Unabhängigkeit für Mitarbeitende wenig problematisch.

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spielt es in der Anwendung keine Rolle, ob die Ressourcen der Behörde direkt zur Verfügung stehen, oder ob sie vom zuständigen Departement zur Verfügung gestellt werden.

Die Kritik, einzelne Behörden seien aufgrund der Finanzierung durch die Beaufsichtigten nicht unabhängig (siehe u. a. Kapitel 1.1), muss differenziert betrachtet werden: Eine finanzielle Abhängigkeit besteht in beiden Fällen. Bezahlen alle Beaufsichtigten eine Gebühr, besteht nur eine sehr geringe Abhängigkeit zu einzelnen Exponenten, und die Gefahr des Einflusses auf einzelne Verfahren bleibt dadurch marginal. Wie die meisten befragten Akteuren bestätigen, besteht in einer ausschliesslichen Finanzierung durch den Bund die grössere Gefahr, da man dadurch möglichen Sparmassnahmen und folglich auch der Steuerung durch die Politik unterworfen sein könnte. Letztlich basiert die Finanzierung durch die Beaufsichtigen auf dem Verursacherprinzip und bringt das geringste Klumpenrisiko mit sich.

Staatliche Sparmassnahmen spürt man in jenen Fällen, in denen die Budgetkompetenz nur auf Ebene Verordnung geregelt ist (ComCom) oder die Kompetenz ganz beim Departement liegt (WEKO), kaum. Trotzdem besteht zumindest theoretisch eine Abhängigkeit, so dass eine Steuerung durch das Departement möglich wäre, was der Weisungsungebundenheit einer Aufsichts- und Regulierungsbehörden diametral gegenübersteht.

4

Schlussfolgerungen

Die Normierung der Unabhängigkeit der Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung ist sehr unterschiedlich ausgestaltet. Die Gesetze sind zwar adäquat präzisiert, und in ihnen sind keine Doppelspurigkeiten zu finden, aber sie weisen gewisse inhaltliche Lücken auf, speziell hinsichtlich der funktionellen und personellen Unabhängigkeit. Zudem werden die Normen bei ihrer Anwendung nicht durchgehend als zweckmässig erachtet. Hingegen ergeben sich in der Praxis gegenwärtig kaum Schwierigkeiten. Der Grund dafür wird in erster Linie in der nötigen Sensibilität der für die Wahrnehmung der Aufsicht zuständigen Personen gesehen.

4.1

Kaum Einheitlichkeit der Normierungen im Quervergleich

Die Präzisierungen der gesetzlichen Normen durch den Bundesrat erscheinen, dort wo sie vorgenommen werden, als angemessen. Allerdings sind die Gesetze und Verordnungen im Quervergleich der einzelnen hier untersuchten Aufsichts- und Regulierungsbehörden wenig einheitlich ­ wie auch Abbildung 3 zeigt ­ und können optimiert werden. So ist beispielsweise die Unabhängigkeit nicht für jede Behörde im Gesetz explizit vorgeschrieben. und in den Gesetzen und Verordnungen wird nicht für alle Behörden eine Konkretisierung der Unabhängigkeitserfordernisse des Leitungsgremiums und/oder der Mitarbeitenden vorgesehen. Ganz allgemein gibt es zudem verschiedentlich Abweichungen von den Leitsätzen des Corporate1749

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Governance-Berichtes des Bundesrates (speziell von Leitsatz 17, Genehmigungspflicht der Wahl des Direktors und strategische Ziele des Verwaltungsrats).

Abgesehen vom Corporate-Governance-Bericht des Bundesrates, der nur am Rande auf Aufsichts- und Regulierungsbehörden eingeht, besteht kein Grundkonzept oder Standard der Normierung der Unabhängigkeit dieses Behördentypus.

Damit die Ausgestaltung der Behörden nachvollziehbar, vergleichbar und Abweichungen begründbar sind, wäre sowohl betreffend Normierung im Allgemeinen wie auch ihrer Präzisierung im Besonderen ein konzeptionell einheitliches Vorgehen möglich.

4.2

Lücken oder rudimentäre Regelungen in den Gesetzen

Die Unabhängigkeit versteht sich bei Aufsichts- und Regulierungsbehörden als Unabhängigkeit vom Bund und als Unabhängigkeit von der beaufsichtigten Branche. Das Erfordernis nach Unabhängigkeit betrifft sowohl das Leitungsgremium als auch die Direktion und das Personal. Es ist aber festzustellen, dass die Normen für die untersuchten Behörden nicht durchwegs alle Unabhängigkeitsdimensionen systematisch erfassen. Hier sind gewisse gesetzgeberische Lücken vorhanden. Dies wurde vom Bundesrat teilweise anerkannt, wie in aktuellen Revisionsvorlagen ersichtlich ist.

Gewisse Lücken können in den Gesetzen im Bereich der funktionellen sowie der personellen Unabhängigkeit konstatiert werden. Insbesondere die Verpflichtung oder Erwähnung einer Selbstregulierung fehlt oft in den Spezialgesetzen und insbesondere im RVOG bzw. in der RVOV.

Die gesetzlichen Normen werden in den bundesrätlichen Verordnungen nur punktuell präzisiert. Dies entspricht jedoch, wie in Kapitel 4.1 dargelegt, in vielen Fällen den schlanken gesetzlichen Vorgaben. Insgesamt ist wichtig, dass die Regelung der Unabhängigkeit ­ beginnend mit dem Gesetz über allgemein gültige Rechts- bis hin zu blossen Verwaltungsverordnungen ­ systematisch und vollständig erfolgt. Dabei ist es von Vorteil, wenn der Gesetzgeber beim Erlass von Gesetzen, insbesondere aber der Bundesrat beim Erlass der Verordnungen den Regulierungsrahmen durch eigene Vorgaben oder durch entsprechende Aufträge zur Konkretisierung der Unabhängigkeitsfragen festhält, beispielsweise die Verpflichtung zur Selbstregulierung in Form eines Verhaltenskodex fordert.

Insgesamt könnte sich ein Grundkonzept oder ein Standard der Normierung der Unabhängigkeit der Aufsichts- und Regulierungsbehörden als wertvoll erweisen (z.B. als Ergänzung des CG-Berichtes des Bundesrates). Auch wenn gegenwärtig verschiedentlich gesetzliche Lücken bestehen, bedeutet dies nicht zwingend, dass die Unabhängigkeit der Behörden nicht in Reglementen geregelt ist und in der Praxis nicht gelebt wird.

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4.3

Vereinzelt mangelnde institutionelle Trennung

Während die meisten Behörden eine klare institutionelle Trennung gegenüber dem Bund kennen, sind einzelne Behörden institutionell eng mit der zentralen Bundesverwaltung verflochten. So verfügen nicht alle Behörden über ein Fachsekretariat.

Sie verlassen sich bei vorbereitenden Arbeiten auf das Personal einer Amtsstelle.

Dazu ist ein Weisungsrecht gegenüber dieser Amtsstelle eine Voraussetzung. Es kommt auch vor, dass einzelne Behörden aus Effizienzgründen in administrativen Belangen einem Departement angegliedert sind.

Bei solchen Konstrukten handelt es sich nach verschiedenen Aussagen um pragmatische und ökonomische Lösungsansätze, da Synergien genutzt werden können und weniger Doppelspurigkeiten entstehen. Die Nähe von Behörde und Bundesamt kann so aber zu einer Einschränkung der Unabhängigkeit führen: So nimmt in diesem Konstrukt das Amt Weisungen der Behörde und gleichzeitig vom Departement entgegen, das seinerseits die Wahl der Mitglieder des Leitungsgremiums vorbereitet.

Die Mitglieder des Leitungsgremiums stehen vor der Herausforderung, dass sie die Vorarbeiten durch das Bundesamt kritisch hinterfragen müssen.

Allgemein scheint dieses Konstrukt nach den Aussagen der beteiligten Akteure in der Praxis weniger problematisch zu sein als in der Theorie. Aufgrund der in den Schlüsselstellen tätigen Persönlichkeiten und deren Sensibilität für die Unabhängigkeit sei diese letzten Endes trotzdem gewährleistet.

4.4

Teils schwacher Einfluss des Bundesrates bei Wahlen

Grundlage und Ausgangspunkt für die Wahl des Leitungsgremiums durch den Bundesrat sollte ein Anforderungsprofil an die Mitglieder sein. Solche Profile existieren nicht in allen Fällen, werden aber, wo sie vorliegen, angewendet. Das Wahlverfahren hingegen gestaltet sich bei den Behörden grundsätzlich ähnlich: Während die Vorbereitungen der Wahl meist vom Departement ­ mit unterschiedlicher Mitwirkung der Behörde ­ getroffen werden, entscheidet der Bundesrat in allen Fällen abschliessend.

Auch die Mitwirkung der Departemente fällt sehr unterschiedlich aus. Während sie neben Vorschlägen der Behörde vereinzelt selbst ergänzend Kandidierende suchen, kommt es auch vor, dass die Behörde einen Vorschlag erarbeitet, der vom Departement vor der Unterbreitung an den Bundesrat kaum überprüft wird. Gleichzeitig sind keine Fälle bekannt, in welchen der Bundesrat vorgeschlagene Personen nicht gewählt hat. Bei einzelnen Behörden entsteht der Anschein, dass der Bundesrat von seiner Steuerungsmöglichkeit bei Wahlen nicht den Einfluss ausübt, der vom Gesetzgeber vorgesehen ist. Zudem ist der Ablauf der Wahl nicht bei allen Behörden transparent ausgestaltet.

Wichtig ist dass der Bundesrat dem Leitungsgremium zeigt, dass man die Aufsicht wahrnimmt. Mit dem Instrument der Wahl verfügt er über ein Mittel, um seine Interessen einzubringen.

1751

BBl 2016

4.5

Relevanz einer Unabhängigkeitskultur

Die faktische Unabhängigkeit der Aufsicht und Regulierung entspricht nicht vollumgänglich den Normierungen. Vielmehr spielt hinsichtlich der Unabhängigkeit die Sensibilität der Personen, deren alltägliches Handeln in der Praxis sowie die Wahrnehmung ihres Handelns eine weit wesentlichere Rolle. All diese Aspekte prägen eine Kultur der Unabhängigkeit in einer Behörde.

Dies führt zu einer weiteren zentralen Schlussfolgerung: Das eigentliche Fundament für die nötige Unabhängigkeit sind persönliche Unabhängigkeit, Identifikation mit der Rolle sowie die richtige Sensibilität für die Frage der Unabhängigkeit. Folglich sind auch die Personen bzw. Persönlichkeiten an den wesentlichen Stellen entscheidend.

Dies darf aber nicht über die Relevanz von klaren Vorgaben ­ die als Leitplanken dienen ­ ablenken. So fehlen, wie in Kapitel 4.2 erwähnt, für einzelne Behörden u. a. Regelungen betreffend Rollenkumulationen bzw. Interessenkonflikten, ein Anforderungsprofil des Leitungsgremiums, Vorgaben an die operative Ebene sowie die Verpflichtung zur Anwendung von Verhaltenskodizes und/oder zur Ergreifung von Massnahmen zur Wahrung der Unabhängigkeit und zum Verhalten bei Interessenkonflikten.

Die Reglementierungen bilden die Grundlage für eine Unabhängigkeitskultur oder tragen zu ihrer Stärkung bei. Unterstützend wirken in einer Behörde auch klare Zuständigkeiten für das Controlling eines Verhaltenskodexes und ein Reporting. Bei alledem kann aber auch bei einer tiefgreifenden Normierung der Unabhängigkeit nicht alles abschliessend geregelt werden. Es müssen jedoch Voraussetzungen bestehen, damit in Zweifelsfällen eine zweckmässige Instanz (Leitungsgremium, Departement) beurteilen kann, ob und wie in einem konkreten Fall die Unabhängigkeit gewährleistet wird.

1752

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Abkürzungsverzeichnis Abs.

Art.

BAKOM BBl Bst.

CG-Bericht ComCom EDI EDÖB EFK EJPD ElCom ENSI ENSIG EESBK ESchK FINMA FMG GPK GPK-S GS HMG IGE KNS KTI OAK BV PostCom PVK RAB RVOG RVOV SERV

Absatz Artikel Bundesamt für Kommunikation Bundesblatt Buchstabe Corporate-Governance-Berichts des Bundesrates Eidg. Kommunikationskommission Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidg. Elektrizitätskommission Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat, SR 732.2 Entwurf Bundesgesetz Eidg. Spielbankenkommission Eidg. Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten Eidg. Finanzmarktaufsicht Fernmeldegesetz vom 30. April 1997, SR 784.10 Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Generalsekretariat Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz), SR 812.21 Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Eidgenössische Kommission für nukleare Sicherheit Kommission für Technologie und Innovation Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge Postkommission Parlamentarische Verwaltungskontrolle Revisionsaufsichtsbehörde Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997, SR 172.010 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998, SR 172.010.1 Schweizerische Exportrisikoversicherung 1753

BBl 2016

SKE SR SUST UBI UVEK vgl.

WBF WEKO

1754

Schiedskommission im Eisenbahnverkehr Systematische Rechtssammlung Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation vergleiche Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (bis Ende 2012: Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, EVD) Wettbewerbskommission

BBl 2016

Literatur und Dokumentenverzeichnis Literatur Biaggini, Giovanni (2013): Rechtsgutachten zur Frage der Möglichkeiten und Grenzen parlamentarischer Oberaufsicht im Bereich des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI).

www.parlament.ch/d/organe-mitglieder/kommissionen/aufsichtskommissionen/geschaeftspruefungskommissionen/Documents/rechtsgutachten-ensi-2013-08-26.pdf (Stand: 19.12.2014).

Häner, Isabelle (2012): Die Ausgestaltung der Unabhängigkeit der Datenschutzaufsichtsbehörden in Bund und Kantonen, in: Epiney, Astrid/Hänni, Julia/Brülisauer, Flavia (Hg.), Die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden und weitere aktuelle Fragen des Datenschutzrechts. Zürich, Schulthess Verlag, S. 45­57.

Lienhard, Andreas (2009): Grundlagen der Public Corporate Governance, in: Schweizerische Vereinigung für Verwaltungsorganisationsrecht SVVOR (Hg.): Verwaltungsorganisationsrecht ­ Staatshaftungsrecht ­ öffentliches Dienstrecht, Jahrbuch 2008, Bern 2009, S. 43 ff.

Lienhard, Andreas (2008): Steuerung und Kontrolle ausgelagerter Verwaltungsträger durch das Parlament, in: Mitteilungsblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Parlamentsfragen, 2008/3 S. 5­12.

Pasquier, Martial/Fivat, Etienne (2013): Die autonomen öffentlichen Organisationen, in: Ladner, Andreas/Chappelet, Jean-Loup/Emery, Yves/Knoepfel, Peter/ Mader, Luzius/Soguel, Nils/Varone, Frédéric (Hg.): Handbuch der öffentlichen Verwaltung in der Schweiz. Zürich, Verlag Neue Zürcher Zeitung, S.183­198.

PVK (2013): Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK zuhanden der GPK-N vom 20.6.2013 (BBl 2014 2799) Rieder, Stefan/Schwenkel, Christof/Iselin, Milena (2012): Verhältnis ENSINAGRA, Untersuchung im Auftrag des ENSI-Rates. Interface, Luzern.

Uhlmann, Felix (2013): Gutachten zu Handen der Geschäftsprüfungskommissionen des Stände- und des Nationalrates (GPK) betreffend Oberaufsicht über die Eidgenössische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA). www.parlament.ch/d/organemitglieder/kommissionen/aufsichtskommissionen/geschaeftspruefungskommissionen/Documents/rechtsgutachten-finma-2013-08-28.pdf (Stand 19.12.2014).

Varone, Frédéric/Ingold Karin (2011): L'indépendance des agences nationales de régulation, in: Bellanger, François/Tanquerel Thierry (Hg.): Les autorités administratives indépendantes. Zürich, Schulthess, S. 37­62.

Widmer, Thomas (2012): Unabhängigkeit in der Evaluation, in: LeGes 2012/2, S. 129­150.

1755

BBl 2016

Dokumentenverzeichnis Finanzkommission des Nationalrates (2010): Parlamentarische Initiative ­ Parlamentarisches Instrumentarium zu den strategischen Zielen der verselbständigten Einheiten, Bericht vom 29. März 2010 (BBI 2010 3377).

Schweizerischer Bundesrat (2002): Botschaft vom 26. Juni 2002 über die Revision des Nationalbankgesetzes (BBl 2002 6097).

Schweizerischer Bundesrat (2006): Bericht des Bundesrates vom 13. Sept. 2006 zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht, BBI 2006 8233).

Schweizerischer Bundesrat (2006): Botschaft vom 1. Febr. 2006 zum Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (BBl 2006 2829).

Weitere Literatur und verwendeten Dokumente und die Online-Datenquellen sind in den Materialien aufgeführt. Evaluation zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung, Materialien zum Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 2. Februar 2015.

1756

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Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner Swissmedic Balsiger Betts, Andreas Beerli, Christine Bessons, Jacques Bruhin, Lukas Cueni, Thomas B.

Dörr, Petra Hölzle, Walter P.

Jordan, Dominique Jordi, Michael Kessler, Margrit Luterbacher, Stephan Printzen, Gert Stadler, Fabian Züst, Barbara

Leiter Bereich Recht Swissmedic Präsidentin Institutsrat Swissmedic Fachreferent GS EDI Generalsekretär GS EDI Generalsekretär Interpharma Stv. Direktorin Swissmedic Präsident VIPS Präsident Pharmasuisse Generalsekretär GDK Präsidentin SPO Patientenschutz Präsident der Kantonsapothekervereinigung KAV/APC Zentralvorstand FMH Generalsekretär FASMED Geschäftsführerin SPO Patientenschutz

ENSI Altdorfer, Felix Burri, Jürg Eckhardt, Anne Ernst, Thomas Heep, Walter Plaschy, Michaël Veyre, Jean-Claude Weber, Urs Zuidema, Piet

Mitglied der Geschäftsleitung ENSI Geschäftsleiter SES ­ Schweizerische Energie-Stiftung Präsidentin ENSI Vorsitzender der Geschäftsleitung NAGRA Geschäftsführer Zwilag Vorstandsvorsitzender swissnuclear Mitglied der Geschäftsleitung ENSI Fachreferent GS UVEK Leiter Technik und Wissenschaft NAGRA

RAB Dubach, Hans Jörg Jordi, André Klauser, Marius Lanfranchi, Orlando Nussberger, Natascia Ramsauer, Matthias Rufer, Thomas Schneider, Frank

Partner Gfeller + Partner Bern Partner Gfeller + Partner Bern Direktor TREUHAND-KAMMER Schweizerische Kammer der Wirtschaftsprüfer und Steuerexperten Partner KPMG AG Fachreferentin GS EJPD Generalsekretär GS EJPD Präsident RAB Direktor RAB

1757

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ComCom Baer, Peter Buchs, Olivier Dönni Kuoni, René Furrer, Marc Grütter, Peter WEKO Ducrey, Patrick Lampart, Daniel Martenet, Vincent Meier, Urs Moser, Peter Pletscher, Thomas Wüthrich, Daniel

1758

Sekretär ComCom Leiter Regulierung Sunrise Vizedirektor/Co-Leiter Abteilung Telecomdienste BAKOM Präsident ComCom Präsident Asut Schweizerischer Verband der Telekommunikation Stv. Direktor WEKO Chefökonom Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB Präsident WEKO Leiter Ressort Wirtschaftspolitik Swissmem Berater Wirtschaftspolitik GS WBF Leiter Wettbewerb & Regulatorisches ICC EconomieSuisse Leiter Human Resources GS WBF

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Anhang Tabelle 2 Übersicht über Rankings in den Dimensionen der Unabhängigkeit Dimension Behörde

Funktional

Institutionell

Personell

Finanziell

(Skala ­1­6)

(Skala ­4­5)

(Skala ­2­10)

(Skala ­1­9)

Total

Behörden mit Schwerpunkt Aufsichtsaufgaben (Wirtschafts- /Sicherheitsaufsicht) RAB

5

5

10

7

27

ENSI

5

7

5

9

26

FINMA

6

3

10

7

26

PostCom

6

1

4

5

16

OAK-BV

4

2

2

7

15

ESBK

4

0

3

6

13

ComCom

5

0

3

5

13

Swissmedic

4

0

0

8

12

ElCom

5

0

3

2

10

WEKO

2

­3

­2

2

­1

Behörden mit Schwerpunkt Verwaltungsaufgaben SUST

3

4

5

0

12

IGE

­1

5

1

7

12

Behörden mit Schwerpunkt justizförmige Aufgaben ESchK

3

2

­1

1

5

SKE

4

0

3

­1

6

UBI

5

0

1

­1

5

0

­4

Behörden mit Schwerpunkt Dienstleistungsaufgaben KTI

2

­4

­2

Legende: Auswertung Gesetze/Verordnungen, ohne Reglemente; für die Auswertung siehe auch siehe auch Materialienband B.6.4 keine Aussage zu de facto Unabhängigkeit Quelle: Materialienband B3.3.3, bolz+partner/KPM

1759

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Tabelle 3 Gesamtwertung der Normen pro Behörde/Unabhängigkeitsdimension Behörde

Swissmedic

ENSI

RAB

ComCom

WEKO

Funktionale Unabhängigkeit

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Allg. Unabhängigkeitsvorschrift fehlt (immerhin Art. 1 Abs. 3a)

Selbständig und unabhängig, weisungsungebunden

Fachlich unabhängig

Allgemeine Unabhängigkeitsvorschrift (vom Markt) fehlt

Allgemeine Unabhängigkeitsvorschrift (vom Markt) fehlt

Institutionelle Unabhängigkeit

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Ernennung Wahl der Direktion durch Swissmedic selbst prüfen (wie in HMG Revision vorgesehen)

Allenfalls Berichterstattung über strategische Ziele vorsehen.

Genehmigungsvorbehalt bei Direktionswahl und für strategische Ziele überprüfen.

Starke Verflechtung mit BAKOM, stärkere Eigenständigkeit Sekretariat prüfen; Strategische Ziele fehlen in den Normen.

Prüfen: Wahl Direktion durch WEKO selbst; Strategische Ziele fehlen in den Normen.

Personelle Unabhängigkeit

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Keine Vorschriften auf Gesetzes- und Verordnungsebene (jedoch gute Ausführungen in Codizes)

Regelungslücken in Bezug auf Direktion und Personal

Expliziter gesetzl. Auftrag nur zurückhaltend ergänzt.

Rudimentäre Vorschrift ohne Konkretisierung in Verhaltenscodex

Wirtschaftsvertreter in unabhängiger Behörde; Verhaltenscodex sollte normativ besser abgestützt sein.

Finanzielle Unabhängigkeit

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

Bewertung

zweckmässig

zweckmässig

zweckmässig

Kommission erstellt Voranschlag selbst

WBF stellt Personal- und Sachkosten in Voranschlag

Dimension

Legende: dunkelgrau = gravierende Defizite in den Normen hellgrau = einzelne Defizite in den Normen weiss = keine oder sehr wenige Defizite in den Normen Quelle: Materialienband B4.7.2, bolz+partner/KPM

1760

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Tabelle 4

Finanzielle Unabhängigkeit

Personelle Unabhängigkeit

Institutionelle Unabhängigkeit

Funktionale Unabhängigkeit

Anwendung und Zweckmässigkeit der Normen aus Sicht der Praxis Swissmedic ENSI

RAB

ComCom

WEKO

Anwendung angemessen

Mehrheitl.

angemessen

Angemessen

Angemessen

Angemessen

Normen zweckmässig

Zweckmässig Zweckmässig Zweckmässig Mehrheitl.

Zweckmässig Zweckmässig

Anwendung angemessen

Angemessen

Angemessen

Angemessen

Normen zweckmässig

Zweckmässig Zweckmässig Zweckmässig Teilweise zweckmässig

Mehrheitl.

zweckmässig

Anwendung angemessen

Angemessen

Angemessen

Teilweise angemessen

Angemessen

Normen zweckmässig

Mehrheitl.

zweckmässig

Mehrheitl.

zweckmässig

Zweckmässig Eher unzweckmässig

Teilweise zweckmässig

Anwendung angemessen

Angemessen

Angemessen

Angemessen

Angemessen

Angemessen

Normen zweckmässig

Zweckmässig Zweckmässig Zweckmässig Teilweise zweckmässig

Teilweise zweckmässig

Mehrheitl.

angemessen

Angemessen

Angemessen

Eher unangemessen

Quelle: Materialienband C2

1761

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Impressum Durchführung der Untersuchung Dr. Felix Strebel, PVK (Projektleitung) Dr. Lea Meyer, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Debora Scherrer, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Externer Expertenbericht Normanalyse Dr. Urs Bolz, bolz+partner GmbH (Projektleitung) Prof. Dr. Andreas Lienhard, KPM Universität Bern (Projektbegleitung) David Wüest-Rudin, bolz+partner GmbH (wissenschaftliche Mitarbeit)

Dank Die PVK dankt allen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern für ihre bereitwillige Teilnahme an den Gesprächen. Ein Dank geht ebenfalls an die Generalsekretariate der Departemente für die Zustellung der für die Untersuchung relevanten Dokumente. Abschliessend dankt die PVK den externen Experten für die wertvolle Zusammenarbeit.

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel. +41 58 322 97 99 Fax +41 58 322 96 63 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parlament.ch > Organe und Mitglieder > Kommissionen > Parlamentarische Verwaltungskontrolle

Originalsprache des Berichts: Deutsch 1762