Zweite erweiterte Nachkontrolle zum Bericht «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung» Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates zur Stellungnahme des Bundesrates vom 17. Februar 2016 vom 24. August 2016

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Bericht 1

Einleitung

Am 6. November 2015 veröffentlichte die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) ihren Bericht zur zweiten, erweiterten Nachkontrolle zum Bericht «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung». 1 Darin hielt die GPK-S ihre Befunde hinsichtlich ­

des Stands der Umsetzung ihrer zehn Empfehlungen vom 13. Oktober 20062 (zweite Nachkontrolle);

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der Überprüfung der Umsetzung der Motionen «Dringliche Kontrollmassnahmen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch die Bundesverwaltung» (14.3018 und 14.3289), sowie

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der Überprüfung aktueller Vorfälle im Beschaffungswesen (Korruptionsfall im Staatssekretariat für Wirtschaft [SECO] und den Fall TDcost im Bundesamt für Strassen [ASTRA]) im Hinblick auf Schwachstellen im System des öffentlichen Beschaffungswesens fest.

In ihrem Bericht richtete die GPK-S sechs Empfehlungen an den Bundesrat.

Der Bundesrat hat zum Bericht der GPK-S und den Empfehlungen mit Datum vom 17. Februar 2016 Stellung genommen.3 Dazu äussert sich die GPK-S nachfolgend.

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Allgemeine Bemerkungen

Die GPK-S dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme und das Ergreifen verschiedener Massnahmen im Hinblick auf eine Verbesserung der Transparenz bei Beschaffungen im Bereich der Politikberatung. Die Kommission ist klar der Ansicht, dass die in den letzten Monaten getroffenen Massnahmen des Bundesrates zwar spät kamen, aber in die richtige Richtung weisen. So führten sie denn auch teilweise bereits zu ersten Erfolgen.

Die Kommission kommt aber auch zum Schluss, dass noch diverse Fragen, insbesondere zur nachhaltigen Wirkung der getroffenen Massnahmen, offen sind. Unklar ist auch geblieben, ob ein Korruptionsfall, wie es ihn im SECO gab, mithilfe des Beschaffungscontrollings in Zukunft vermieden werden kann.

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Zweite erweiterte Nachkontrolle zum Bericht «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung», Bericht der GPK-S vom 6. Okt. 2015 (BBl 2016 523) Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung, Bericht der GPK-S vom 13. Okt. 2006 (BBl 2007 1661). Siehe auch Expertenbeizug in der Bundesverwaltung, Bericht der PVK zuhanden der GPK-S vom 16. Juni 2006 (BBl 2007 1675) Zweite erweiterte Nachkontrolle zum Bericht «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung», Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der GPK-S vom 6. Okt. 2015 vom 17. Febr. 2016 (BBl 2016 1773)

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Bemerkungen zu den einzelnen Empfehlungen

3.1

Empfehlung 1

Empfehlung 1

Verstärkung der Nutzung von internem Fachwissen anstelle von externen Beratungsaufträgen

Der Bundesrat verstärkt die Massnahmen, um das Wissen von verwaltungsinternen Fachpersonen und Experten besser zu nutzen und nach Möglichkeit anstelle von externen Beratungsmandaten einzusetzen. Zielgrösse für die Internalisierung ist dabei 10 Prozent der Ausgaben für externe Experten.

Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass der Bundesrat im Sinne der Empfehlung bei der Aufgabenerfüllung vornehmlich auf internes Wissen anstatt auf externe Expertinnen und Experten setzen will. Dass auch bereits erste Internalisierungen von Fachwissen stattgefunden haben, anerkennt die Kommission, auch wenn das bisher realisierte Internalisierungspotenzial aus ihrer Sicht bescheiden blieb und der Bundesrat für die kommenden Jahre mit noch geringeren Werten rechnet.

Dass sich der Bundesrat aufgrund der mit dem Neuen Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB) verbundenen Flexibilität nicht auf eine fixe Zielgrösse festlegen lassen will, erachtet die GPK-S als legitim. Auch ist sich die Kommission bewusst, dass die politischen Entscheide betreffend den Personalbestand des Bundes (vgl. Motion Leo Müller 15.3224 betreffend die Plafonierung der Personalkosten) zu einer verstärkten Internalisierung in einem gewissen Widerspruch stehen.

Die GPK-S fordert den Bundesrat aber dazu auf, trotz dieser Umstände seine Bemühungen noch zu verstärken. In diesem Sinne handelt es sich bei den in der Empfehlung geforderten Massnahmen um eine Daueraufgabe. Die Kommission verzichtet an dieser Stelle aber darauf, die bisherigen und die weiteren Schritte an der in der Empfehlung festgehaltenen Zielgrösse zu messen. Die GPK-S erwartet aber, dass der Bundesrat die Internalisierung kontinuierlich vorantreibt.

3.2 Empfehlung 2

Empfehlung 2 Untersuchung der überdurchschnittlich hohen Dezemberzahlungen

Der Bundesrat untersucht, ob es in der Bundesverwaltung Tendenzen zu unerwünschtem oder unrechtmässigem «Dezemberfieber» gibt, und prüft, ob die neuen Instrumente des Beschaffungscontrollings zum Nachweis und zur Bekämpfung des Phänomens «Dezemberfieber» tauglich sind.

Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass die Empfehlung vom Bundesrat angenommen wird und nach der Einführung des NFB die Zahlungen im Dezember vertieft abgeklärt werden sollen.

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Gemäss Bundesrat lassen sich die gegenüber dem jährlichen Durchschnitt höheren Zahlungen im Dezember hauptsächlich durch den auf Jahresende erfolgten Rechnungsabschluss erklären. Dabei handelt es sich um eine Aussage, die er bereits mehrfach gemacht hat. Der Bundesrat erläutert allerdings nicht, auf der Basis welcher Analysen er zu diesem Schluss kommt. Diese Aussage scheint weniger das Resultat einer Überprüfung, als eine Annahme des Bundesrates zu sein. Er kündigt aber an, nach der Einführung des NFB zu überprüfen, ob die erhöhten Zahlungen im Dezember dank den Instrumenten des Beschaffungscontrollings vollständig mit den angeführten Gründen erklärt werden können oder ob tatsächlich eine Art «Dezemberfieber» existiert und deshalb zusätzliche Massnahmen für die Reduktion von Zahlungen im Monat Dezember zu treffen sind. Gerade vor dem Hintergund, dass bisher keine solche Überprüfung stattgefunden zu haben scheint, begrüsst die GPK-S diese Ankündigung des Bundesrats.

Die GPK-S wird im Rahmen einer Nachkontrolle überprüfen, ob diese (neuen) Instrumente die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen vermögen. Die Kommission fordert den Bundesrat deshalb dazu auf, die angekündigte Überprüfung erstmals auf der Basis der Daten des Jahres 2016 vorzunehmen, damit die Auswertung mindestens eines Jahres im Zeitpunkt der geplanten Nachkontrolle vorliegt.

3.3 Empfehlung 3

Empfehlung 3 Untersuchung zur Frage eines möglichen Hoflieferantentums

Der Bundesrat untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen fehlendem Wettbewerb bei Expertenmandaten und Folgeaufträgen gibt, und prüft, ob die neuen Instrumente des Beschaffungscontrollings zum Nachweis und zur Bekämpfung von wettbewerbsbeschränkenden Folgeaufträgen (Hoflieferantentum) tauglich sind.

Der Bundesrat will die offene Frage, ob fehlender Wettbewerb bei Expertenmandaten ersichtlich ist und dadurch bedingt auch eine Einschränkung des Wettbewerbs erkennbar wird, die zu wettbewerbsbeschränkenden Folgeaufträgen (Hoflieferantentum) führt, auf der Grundlage der Auswertungen aus den Instrumenten des Beschaffungscontrollings gezielt überprüfen. Ein Vorgehen, das die Kommission begrüsst.

Die GPK-S wird im Rahmen einer Nachkontrolle überprüfen, ob die (neuen) Instrumente des Beschaffungscontrollings zum Nachweis und zur Bekämpfung des sogenannten Hoflieferantentums tauglich sind und ob der Bundesrat die Frage klären konnte, und falls ja, welche Massnahmen er ergriffen hat. Die Kommission bittet den Bundesrat bereits heute darum, ihr die entsprechenden Analysen zukommen zu lassen.

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3.4

Empfehlung 4

Empfehlung 4

Mehr Transparenz, bessere Regulierung und Begründung der Politikberatungsmandate

1. Der Bundesrat schafft in der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) eine separate Kategorie für politikorientierte Beschaffungen, Expertisen und Auftragsforschung und prüft weitere Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz über die Politikberatungsmandate.

2. Der Bundesrat definiert klar, was er unter «politikorientiert» versteht, und stellt sicher, dass die Kategorisierung der Expertenmandate auf diese Definition abgestimmt wird.

3. Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Vergabe von Politikberatungsmandaten zweckmässig reguliert wird und entsprechend begründet werden muss.

4. Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Gesamtausgaben für externe Politikberatungen mittelfristig auf tiefem Niveau stabilisiert werden.

Stellungnahme zu Punkt 1: Die GPK-S begrüsst, dass der Bundeserat nun eine feinere Untergliederung der Beschaffungskategorie Dienstleistungen im Sinne ihrer Empfehlung vorgenommen hat, nachdem neun Jahre ohne nennenswerte Verbesserung bei der Transparenz bezüglich der Politikberatungsmandate vergangen sind (vgl. bereits Empfehlung 1 aus 20064). Sie erachtet ihre Empfehlung damit als erfüllt.

Stellungnahme zu Punkt 2: Die GPK-S teilt die Ansicht des Bundesrates, dass es dank den neu geschaffenen Kategorien in Zukunft möglich sein wird, politikorientierte Beratungsmandate genau zu erfassen. Die Kommission geht davon aus, dass der Bundesrat diese ab 2017 auch systematisch auswertet. Insofern erachtet sie ihre Empfehlung als erfüllt.

Stellungnahme zu den Punkten 3 und 4: Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass der Bundesrat die für das Jahr 2017 möglichen, detaillierteren Analysen zu den Beschaffungen im Bereich der Politikberatungsmandate abwarten möchte, bevor er über weitere Massnahmen und Vorgaben beschliesst. Sie erachtet dieses Vorgehen als legitim.

Die Kommission fordert den Bundesrat allerdings auf, sowohl solche Analysen zur Beschaffung auch tatsächlich durchzuführen, als auch Massnahmen zu ergreifen, sollten diese für 2017 (und Folgejahre) möglichen Analysen eine (weitere) Zunahme oder eine Stabilisierung auf hohem Niveau ausweisen. Die GPK-S wird dies im Rahmen einer Nachkontrolle überprüfen.

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Anm. 2, BBl 2007 1661, hier 1665­1666

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3.5 Empfehlung 5

Empfehlung 5 Verbesserte Zuordnung der Zahlungen in der Statistik Beschaffungszahlungen

Der Bundesrat trifft die nötigen Massnahmen, um die Qualität der Zuordnung der Zahlungen in der Statistik Beschaffungszahlungen (SBeZ) zu verbessern.

1. Er strebt eine signifikante und dauerhafte Verringerung der Anzahl von «keiner Kategorie zuordenbaren» Zahlungen (Kat. 22.0) an.

2. Ein einmal einer Kategorie zugeordneter Kreditor soll für die gleiche Dienstleistung immer der gleichen Kategorie zugeordnet werden.

Stellungnahme zu Punkt 1: Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass die Kriterien für die Erfassung von Beschaffungen in der Kategorie 22 im Rahmen der Überarbeitung der Beschaffungskategorien, wie sie der Bundesrat in der Antwort zur Empfehlung 4 beschrieben hat, präzisiert wurden.

Die Kommission folgt der Ansicht des Bundesrates, dass es mit einer konsequenten Anwendung der in seiner Antwort genannten Kriterien und auf der Basis der neu geschaffenen Beschaffungskategorien möglich sein sollte, die Transparenz wesentlich zu erhöhen und eine Stabilisierung der Beschaffungen, die keiner Kategorie zuordenbar sind, auf einem tiefen Niveau zu erreichen.

Nicht ganz nachvollziehbar ist für die GPK-S, inwiefern eine detailliertere Kategorisierung ­ z. B. im Sinne der Ausführungen des Bundesrates hinsichtlich der Beschaffungen, die typischerweise der Kategorie 22 zugeordnet werden wie besondere Verrechnungsprozesse ­ der Übersichtlichkeit schaden würde. Die Kommission ist der Ansicht, dass bei klarer Definition von Kriterien für die Zuordnung von Zahlungen die Transparenz weiter erhöht werden könnte.

Die GPK-S verzichtet indes im jetzigen Zeitpunkt auf eine entsprechende Forderung. Sie wird aber insgesondere die Entwicklung der Anzahl nicht zuordenbarer Zahlungen im Rahmen einer Nachkontrolle überprüfen. Sie behält sich vor, auf der Basis der dann vorliegenden Daten weitere Massnahmen vom Bundesrat einzufordern.

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Stellungnahme zu Punkt 2: Die GPK-S begrüsst, dass das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) eine entsprechende Erfassungsrichtlinie zu den Beschaffungskategorien erarbeitet. Die Kommission erachtet ihre Empfehlung damit als erfüllt. Sie bittet den Bundesrat allerdings darum, ihr diese Richtlinie zukommen zu lassen.

3.6 Empfehlung 6

Empfehlung 6 Bundesweite Harmonisierung der Vorgaben und der Praxis zum Vertragsmanagement

Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Beschaffungsadministration (Vertragsmanagement, VM BVerw) sich für die ganze Bundesverwaltung auf harmonisierte, standardisierte und instrumentalisierte Vorgaben stützt.

Im Rahmen dieser Harmonisierung widmet er den folgenden Fragen besondere Aufmerksamkeit: Minimalbetrag zur Erfassung der Verträge, Kriterien der Datenerfassung, Unterlagen, Personalressourcen, Ausbildung.

Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass der Bundesrat bereit ist, die Empfehlung entgegenzunehmen. Auch die Kommission erachtet die Voraussetzungen für die Umsetzung der Empfehlung mit der Revision der Verordnung vom 24. Oktober 2012 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (Org-VöB; SR 172.056.15) für geschaffen.

Die Umsetzung der Empfehlung bleibt indessen ungewiss. Die Kommission fordert den Bundesrat deshalb dazu auf, dafür zu sorgen, dass sich die Bundesverwaltung tatsächlich auf harmonisierte, standardisierte und instrumentalisierte Vorgaben stützt. Die GPK-S wird im Rahmen einer Nachkontrolle die Rollen der involvierten Verwaltungseinheiten, insbesondere des BBL, klären und überprüfen, welche tatsächlichen Fortschritte hinsichtlich der Harmonisierung gemacht werden konnten.

Die Kommission bittet den Bundesrat bereits heute, ihr die vom BBL geplanten Weisungen zukommen zu lassen, sobald sie vorliegen, und ihr mitzuteilen, welche Reichweite diesen genau zukommt bzw. inwiefern sie auch gegenüber den anderen zentralen Beschaffungsstellen des Bundes Geltung beanspruchen.

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Weiteres Vorgehen

Die GPK-S schliesst ihre Nachkontrolle mit vorliegendem Bericht ab. Sie wird den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen in etwa zwei Jahren ­ möglichst auf der Basis von Daten der Jahre 2016 und 2017 ­ nachkontrollieren.

Wir versichern Sie, geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. August 2016

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Der Präsident: Hans Stöckli, Ständerat Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EJPD/BK: Peter Föhn, Ständerat Die Sekretärin der Subkommission: Irene Moser

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Abkürzungsverzeichnis ASTRA

Bundesamt für Strassen (UVEK)

BBl

Bundesblatt

BBL

Bundesamt für Bauten und Logistik (EFD)

BK

Bundeskanzlei

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

NFB

Neues Führungsmodell für die Bundesverwaltung

Org-VöB

Verordnung vom 24. Oktober 2012 über die Organisation des öffentlichen Beschaffungswesens der Bundesverwaltung (SR 172.056.15)

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

SBeZ

Statistik Beschaffungszahlungen des Bundes

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft (WBF)

SR

Systematische Rechtssammlung

TDcost

Anwendung für das Projektmanagement (Nationalstrassenprojekte)

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

VM BVerw

Vertragsmanagement der Bundesverwaltung

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