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Bundesblatt

Bern, den I.September 1966

118. Jahrgang

Bandii

Nr. 35 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahr, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzuglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr

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9497 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Bewilligung eines Kredites zur Förderung und Hilfeleistung an Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen

(Vom I.Juli 1966) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Durch die Bundesbeschlüsse vom 17. Dezember 1958 (BB11958, II, 1700) und 19. September 1963 (BB11963, II, 845) über die Bewilligung eines Kredites zur Förderung und Hilfeleistung an Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen wurde uns zur Durchführung der im siebenten Abschnitt und in Artikel 95, Absatz l und 2, des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EG) vorgesehenen Massnahmen zweimal ein Betrag von je 120 Millionen Franken zur Verfügung gestellt. Nachdem diese Mittel im Laufe dieses Jahres für Hilfeleistungen zugesichert sein werden und es sich bei den in Frage stehenden Massnahmen teilweise um dauernde finanzielle Interventionen des Bundes handelt, ist die Bereitstellung eines weiteren Kredites erforderlich. Der Umfang des benötigten Betrages rechtfertigt es, einmal mehr die Bedeutung der konzessionierten Bahnen des allgemeinen Verkehrs für die Verkehrserschliessung unseres Landes in Erinnerung zu rufen.

I. Die Bedeutung der Bahnunternehmungen des allgemeinen Verkehrs Die Eigentumslängen der Bahnen des allgemeinen Verkehrs betrugen auf Ende 1964 5078 km; davon entfallen 2934 auf die Schweizerischen Bundes bahnen und 2144 km auf die konzessionierten Bahnen (66 Unternehmungen). Von 1969 Stationen und Haltestellen werden 1136 von konzessionierten Bahnen bedient.

Wesentlich anders sieht das Verhältnis aus, wenn man die Betriebs- und Verkehrsleistungen von Staatsbahn und Privatbahnen einander gegenüberstellt.

Verkehrsertrag pro km Betriebslänge Personenverkehr Beförderte Personen Mittlere Reiseweite pro Person Bundesblatt. 118. Jahrg. Bd. H.

SBB

Konz. Bahnen

Fr. 419 000

Fr. 95 000

248 043 000 34,3 km

95 450 000 11,9 km 13

170 SBB

Konz. Bahnen

Personenkilometer pro km Betriebslänge Ertrag pro Person ,

2919000 Fr. 2.01

516000 Fr. 1.14

Güterverkehr Beförderte Tonnen Mittlere Beförderungsweite pro Tonne Tonnenkilometer pro km Betriebslänge Ertrag pro Tonne

35 446 000 134,6 km l 684 000 Fr. 20.70

12 675 000 28,8 km 164 000 Fr. 7.60

Der Verkehrsbereich der Bundesbahnen und der konzessionierten Bahnen ist zwar annähernd gleich gross. Aus den erwähnten Zahlen geht jedoch hervor, dass die Verkehrsleistungen und die Verkehrserträge der letzteren erheblich geringer sind. Die wirtschaftliche Struktur der bedienten Gebiete weist grundlegende Unterschiede auf. Während die Bundesbahnen vorwiegend die Hauptund Transitlinien unseres engmaschigen Eisenbahnnetzes betreiben, weist das Einzugsgebiet der konzessionierten Bahnen mehrheitlich ungünstige wirtschaftliche Voraussetzungen auf, da es zu einem grossen Teil in der Alpenregion liegt. Als Beispiel seien der Kanton Graubünden, die bernischen Gebirgstäler, verschiedene Walliser- und Innerschweizertäler und das Appenzellerland genannt. Das Verkehrsaufkommen dieser bevölkerungsmässig und wirtschaftlich schwächeren Regionen unseres Landes bildet in vielen Fällen keine ausreichende Ertragsgrundlage für die sie bedienenden Bahnen. Dies gilt ganz besonders für Zeiten, in denen die Verkehrstarife erheblich hinter dem allgemeinen schweizerischen Preisniveau zurückbleiben, wodurch sich eine ausgesprochene Preis-Kostenschere zu Ungunsten der Bahnen herausgebildet hat. Ihre Bedeutung wird dadurch aber nicht geschmälert. Sie leisten einen unerlässlichen Beitrag zu der für unser Land so wichtigen Dezentralisation von Wirtschaft und Bevölkerung.

Demgegenüber bilden konzessionierte Bahnen, die dichtbesiedelte und industrialisierte Landesteile bedienen, die Ausnahme. Sind grössere Verfrachter ansässig, so sind die sie bedienenden Bahnstrecken in der Regel nur kurz und der auf sie entfallende Tarifanteil entsprechend gering. Der Stückgutverkehr überwiegt, die lukrativeren Wagenladungstransporte treten in den Hintergrund.

Auf Grund der zunehmenden Schwierigkeiten in der Abwicklung des innerstädtischen Verkehrs verdienen sodann die Leistungen der konzessionierten Bahnen imVororte verkehr grösste Beachtung.In den grossen Zentren zeichnet sich immer mehr eine Trennung von Arbeitsplatz in der Stadt und Wohnort auf dem Lande ab, in Agglomerationen, die sich bis 30 und mehr Kilometer um die Städte bilden.Bei zunehmender Motorisierung benützen viele Arbeitnehmer ihr Fahrzeug auch für den Berufsverkehr. Der städtische Strassenraum reicht jedoch nicht aus, um alle Fahrzeuge zu fassen, die sich in grosser Zahl
zur gleichen Zeit zum gleichen Ziel hinbewegen. Zusätzlicher Strassenraum erfordert erhebliche finanzielle Mittel. In den Innenstädten ist dieser Raum in der Regel nicht einmal für einen flüssigen Verkehrsablauf vorhanden. Darüber hinaus benötigen jedoch die im Berufsverkehr eingesetzten privaten Fahrzeuge auch Parkraum, was für die schwierigen Verkehrsverhältnisse mitverantwortlich ist. Die Spitzenstunden des Verkehrs

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sind deshalb heute durch gegenseitige Verkehrsbehinderungen und Verkehrsstauungen gekennzeichnet. Dieses Problem stellt sich1 heute in allen Ländern entsprechend dem Motorisierungsgrad in ähnlicher Weise.Übereinstimmend wird die Lösung vor allem darin gesehen, durch Förderung des öffentlichen Verkehrs dessen Leistungsfähigkeit zu verbessern, um die Motorfahrzeugbesitzer zu verstärkter Benützung des raumsparenden öffentlichen Verkehrsmittels, besonders im Berufsverkehr, anzuregen. Durch Steigerung der Schnelligkeit, durch Pünktlichkeit, Häufigkeit der angebotenen Verbindungen und vermehrten Komfort kann die Anziehungskraft der öffentlichen Verkehrsmittel erhöht werden. Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Kantonen und Gemeinden, durch eine nach einer gemeinsamen Konzeption ausgerichtete Verkehrspolitik, die den Ausbau der Bahnen und der Strassen und die Ordnung des innerstädtischen öffentlichen wie des fliessenden und ruhenden privaten Verkehrs umfasst, wird seit Jahren intensiv daran gearbeitet, dass die Städte nicht im Verkehr ersticken.

Das besondere Kennzeichen des Vorortsverkehrs liegt darin, dass zeitlichen Spitzenleistungen der Strecken und des Rollmaterials eine schwache Auslastung in der Zwischenzeit folgt. Er erfordert mit ändern Worten einen auf die Deckung des Spitzenbedarfs ausgerichteten technischen und personellen Apparat, dessen durchschnittliche Inanspruchnahme in ungünstigem Verhältnis zum Leistungsangebot steht. Der Personennahverkehr bringt daher den konzessionierten Bahnen des allgemeinen Verkehrs zurzeit erhebliche Verluste.

u. Überblick über die Verwendung der beiden bisherigen Rahmenkredite Auf Grund des siebenten Abschnittes des Eisenbahngesetzes kann sich der Bund an den Kosten der technischen Verbesserungen von Anlagen und Einrichtungen, wenn dadurch die Wirtschaftlichkeit oder die Sicherheit des Betriebes wesentlich gehoben werden kann (EG Art. 56), oder an den Kosten der Umstellung auf einen Strassentransportdienst (EG Art. 57) beteiligen. Notleidende Bahnunternehmungen können in den Genuss der Betriebsdefizitdeckung (EG Art. 58) gelangen. Diese Massnahmen setzen die Mitwirkung der Kantone voraus. Hilfeleistungen bei Naturschaden (EG Art. 59) dagegen übernimmt der Bund allein.

Durch die Bestimmungen des siebenten Abschnittes in Verbindung mit Artikel
95, Absatz l und 2 des Eisenbahngesetzes wird der Bund zur Durchführung der verschiedenen Förderungs-und Hilfsmassnahmen lediglich ermächtigt, nicht verpflichtet. Es steht im Ermessen der Bundesversammlung, ob und wieweit sie einer gesetzlichen Ermächtigung folgen will. Der Bundesrat darf daher keine Zusicherung für Hilfeleistungen abgeben, ohne dass das Parlament die hiezu erforderlichen Mittel in Form eines Rahmenkredites bewilligt hätte. Nur für die Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die im Eisenbahngesetz selber zwingend geregelt ist, und für die Tarifannäherung können die notwendigen Kredite direkt in den Voranschlag eingestellt werden. Diese Bundes-

172 Leistungen werden also nicht aus dem Rahmenkredit bezahlt. Für die durch die eingangs erwähnten Bundesbeschlüsse bewilligten zwei Kredite wurde folgende Aufteilung vorgesehen: In Millionen Franken

1. Kredit 2. Kredit

Art. 56

Art. 57

Art 58

60 80 140

5 5 10

50 30 80

Art. 59

Total

120 120 240

5 5

10

Die Rahmenkredite sind jedoch als Ganzes zu betrachten, d.h. Verschiebungen von einer Position in eine andere bleiben vorbehalten. Die eidgenössischen Räte haben diesen Standpunkt gebilligt. In den erwähnten Bundesbeschlüssen war denn auch die genannte Aufteilung nicht enthalten.

Auf den I.März 1966 ergab sich, unter Berücksichtigung der Beiträge zur Aufrechterhaltung des Betriebes (EG Art. 58) bis Ende 1966, folgende Beanspruchung der beiden Rahmenkredite : Jahr

1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966

Art. 56 Fr-

Art. 57 Fr.

Art. 58 Fr.

4 203 000 2 900 000 7 103 000

2 304 000 -- 4139000 150000 6 344 000 -- 4 697 000 -- 7 526 000 -- 13 730 000 -- 18 125 OOO1) -- 15904000 -- 72769000 150000

--

4810000

32 800 000 17 690 000 9 300 000 10 490 000 32 996 000 1 740 000 109 826 000

Art. 59 Fr.

Total

Fr.

2 304 000 9 099 000 39 144 000 22 387 000 16 826 000 24 220 000 55 324 000 20 544 000 189 848 000

Hilfe für technische Verbesserungen

Bis zum l. März 1966 wurden 40 Vereinbarungen bzw. Vereinbarungsnachträge zwischen dem Bund, den interessierten Kantonen und den Bahnunternehmungen abgeschlossen mit einem Gesamtaufwand von 219190 000 Franken, wovon 109 826000 Franken auf den Bund und 109 364000 Franken auf die Kantone entfallen. Durch diese Förderungsmassnahmen sollen die Bahnen technisch in einen Bereitschaftsgrad versetzt werden, der eine wirtschaftliche und sichere Betriebsführung gewährleistet.

Nachdem sich nach der Bewilligung des ersten Rahmenkredits bald herausgestellt hatte, dass der Erneuerungsbedarf der Bahnen erheblich unterschätzt worden war, ergaben sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten : Entweder die von den eidgenössischen Räten bewilligten Mittel auf sämtliche Unternehmungen, die Gesuche eingereicht hatten, aufzuteilen und so in jedem Falle nur die dringlichsten Bedürfnisse zu befriedigen oder den Hilfeleistungen sogenannte Gesamtprogramme zugrunde zu legen. Diese umfassen jeweils den gesamten, in einem *) Darin sind Vorauszahlungen von 2 Millionen Franken enthalten.

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gegebenen Zeitpunkt überblickbaren Investitionsbedarf. Dieser letztere Weg wurde denn auch beschritten, wobei man sich bewusst war, dass die zur Verfügung stehenden Kredite nicht ausreichen würden, um alle Gesuche zu behandeln.

Mit der Bewilligung eines zweiten Rahmenkredites wurde dieses Vorgehen durch die eidgenössischen Räte gutgeheissen. Die Aufstellung von Gesamtprogrammen liegt auch im Interesse einer langfristigen Bauplanung und erlaubt eine rationellere Beschaffung von Rollmaterial.

Ein Überblick über den Verwendungszweck der durch Bund und Kantone beschlossenen Mittel ergibt folgendes Bild: Franken

1. Unterbau 11 210 000 2. Oberbau 20 597 300 3. Trennung Schiene/Strasse 10 670 000 4. Hochbau und feste Einrichtungen 12 542 500 5. Einrichtungen für die elektrische Zugförderung . . . 6 062 100 6. Fernmelde- und Sicherungsanlagen 21 169 100 7. Rollmaterial 125 539 000 8. Andere Aufwendungen (Schiffe usw.)

11 400 000 Total 219 190 000

Prozent

5,1 9,4 4,9 5,6 2,8 9,7 57,3 5,2 100,0

Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, was bezüglich Konjunkturdämpfung bei den konzessionierten Bahnen vorgekehrt wird. Die Investitionstätigkeit ist hier tatsächlich nicht unbedeutend, wenn man bedenkt, dass neben dem erwähnten Betrag für technische Erneuerungen in der Höhe von 219,2 Millionen Franken jährlich rund 22 Millionen Franken anfallende Abschreibungsmittel reinvestiert werden. Wie jedoch aus vorstehender Zusammenstellung hervorgeht, entfällt der grösste Teil der Investitionen auf die Erneuerung des Rollmaterials. Der die Bauwirtschaft belastende Anteil dürfte 40 Prozent des Investitionsvolumens nicht übersteigen. Einzelne Vereinbarungen mit besonders umfangreichen Bauprogrammen enthalten zudem eine Klausel, wonach die Vergebung von Aufträgen der konjunkturpolitischen Lage Rechnung zu tragen hat und der Zustimmung der Aufsichtsbehörde bedarf. Das Eidgenössische Amt für Verkehr ist dafür besorgt, dass nur im Rahmen dessen gebaut wird, was im Interesse der Betriebssicherheit sowie eines rationellen und personalsparenden Betriebes wirklich nötig ist.

Der erwähnte Betrag der bereits abgeschlossenen Vereinbarungen wurde in folgender Form gewährt : 1. Darlehen 2. Beteiligung am Aktienkapital 3. Bedingt rückzahlbare Beiträge 4. Beiträge à fonds perdu Total

l...

Franken

Prozent

34 250 000 109 950 000 38 150 000 36 840 000 219 190 000

15,6 50,2 17,4 16,8 100,0

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In den zuletzt abgeschlossenen Vereinbarungen wurde vermehrt die Form der bedingt rückzahlbaren Beiträge gewählt. Ausschlaggebend ist dabei die Überlegung, dass durch die umfangreichen Neuinvestitionen die Abschreibungen der Bahnunternehmungen stark ansteigen werden. Die Abschreibungen sind Bestandteil des Betriebsaufwandes und werden vom Bund und den Kantonen auf dem Wege der Defizitdeckung bezahlt, soweit sie nicht herausgewirtschaftet werden. Dies könnte nach vollzogener technischer Sanierung auf Grund eines Gesamtprogrammes zu einer Häufung nicht reinvestierter Mittel führen. Das Eidgenössische Amt für Verkehr wird daher alljährlich bestimmen, ob und in welchem Umfang diese Beiträge aus nicht reinvestierten Abschreibungen zur Rückzahlung fällig werden. Damit soll verhindert werden, dass sich im Betriebsvermögen der Bahnen Abschreibungsmittel anhäufen, die auf Jahre hinaus brachliegen, weil bei einer technisch erneuerten Bahn grossere Investitionsbedürfnisse sich erst wieder nach einem gewissen Zeitablauf einstellen.

Umstellung auf Strassentransportdienst

DerErsatzvonBahnen mit quantitativ bescheidenenVerkehrsaufgaben durch Autobetriebe ist auch heute noch nicht abgeschlossen. In gewissen Fällen ermöglicht das Motorfahrzeug als weniger kapitalintensives Mittel eine wirtschaftlichere Verkehrsbedienung. Würde unser Schienennetz heute nochmals gebaut, so hätte es zweifellos eine geringere Ausdehnung und den Strassentransportdiensten käme im öffentlichen Verkehr eine grossere Bedeutung zu. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, es rnüssten im Interesse der grösseren Wirtschaftlichkeit alle Bahnen, die heute nicht mehr gebaut würden, durch einen Strassentransportdienst ersetzt werden. Der Kostenvergleich fällt verschieden aus, wenn es darum geht, einen Verkehrsdienst neu zu schaffen oder wenn es sich darum handelt, ein Verkehrsmittel durch ein anderes zu ersetzen. Es handelt sich dabei nicht um unternehmungsinterne Entscheidungen, sondern um leidenschaftlich diskutierte regionale Verkehrsfragen. Bedenken weckt stets der Umstand, dass mit dem Verlassen der Schiene kein Wagenladungsverkehr mehr möglich ist, was die Voraussetzung für die Ansiedlung materialintensiver Industrien in der betreffenden Gegend beeinträchtigen kann. Die Förderung der wirtschaftlich schwachen Regionen durch Bund und Kantone gehört zu den Zielen der Wirtschafts- und folglich auch der Verkehrspolitik. Aus diesen Überlegungen heraus haben sich denn auch der Bund und die Kantone in verschiedenen Fällen entschlossen, Bahnen trotz den damit verbundenen höheren Kosten zu erhalten, oder, wie im Falle der Luzern-Stans-Engelberg-Bahn und der durchgehenden Suhrentalbahn, den Bau neuer Bahnen zu befürworten und finanziell zu unterstützen. Mit den Bundesbeschlüssen vom 29. September 1956 bzw. 18. Juni 1959 (Luzern-Stans-Engelberg-Bahn, VAS 1956 1128 bzw. BEI 1959, I, 1576) und vom 19. September 1963 (durchgehende Suhrentalbahn, BB11963, II, 847) haben die eidgenössischen Räte uns in dieser Politik unterstützt.

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In den letzten 30 Jahren sind 16 Bahnen mit einer Betriebslänge von 240 km, bei denen eine Umstellung gegeben war, durch Strassentransportdienste ersetzt worden : Bahnen

Rheintalische Strassenbahnen Steffisburg-Thun-Interlaken Rolle-Gimel Biel-Meinisberg Uerikon-Hinwil Wetzikon-Meilen Uster-Oetwil Val-de-Ruz Allaman-Aubonne-Gimel Strassenbahnen Kanton Zug Genève-Veyrier Arth-Rigi (Talbahn) Lausanne-Moudon Schaffhausen-Schleitheim Ponte Brolla-Bignasco Leuk-Leukerbad Total

Betriebslange km

BetnebsUmstellung

neues Verkehrsmittel

14,8 26,1 10,5 10,1 14,0 22,5 10,5 8,2 9,9 24,0 5,5 2,6 28,6 18,9 23,6 10,2 240,0

1940/56 1939/52 1938 1940 1948 1939/50 1949 1948 1952 1955 1956 1959 1963 1964 1966 1967

Trolley/Autobus Trolley/Autobus Autobus Autobus Autobus Autobus Autobus Trolley/Autobus Autobus Autobus Autobus Autobus Trolley/Autobus Autobus Autobus Autobus

Die Anwendung von Artikel 57 des Eisenbahngesetzes auf folgende drei Bahnunternehmungen mit einer Länge von 24,2 km steht fest: Lugano-CadroDino, Lugano-Tesserete, Chemins de fer électriques veveysans (Strecke St-Légier-Chatel-St-Denis). In weiteren sechs Fällen wird die Betriebsumstellung geprüft (Chemins de fer fribourgeois [Schmalspurstrecke], Sernftalbahn, NyonSt-Cergue-Morez, Aigle-Sépey-Diablerets, Aigle-Ollon-Monthey-Champéry, Frauenfeld-Wil).

Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes Die Beiträge des Bundes und der Kantone zur Deckung der Betriebsfehlbeträge der konzessionierten Bahnen des allgemeinen Verkehrs sind von 9,7 Millionen Franken im Jahre 1960 auf 25,5 Millionen im Jahre 1965 angestiegen. Der auf den Bund entfallende Anteil erhöhte sich von 5,9 Millionen Franken auf 16 Millionen. Eine analoge Entwicklung ist auch bei den Bundesbahnen festzustellen, hatten sie doch im gleichen Zeitraum eine Abnahme des Überschusses des Gesamtertrages über den ordentlichen Gesamtaufwand von 98,2 Millionen Franken auf 2,2 Millionen Franken zu verzeichnen. Diese Verschlechterung der Ertragslage gibt uns zu Besorgnis Anlass. Zwar steigen im Zeichen der Hochkonjunktur auch die Verkehrserträge. Sie werden jedoch überkompensiert durch die noch stärker steigenden Aufwendungen, so dass viele Unternehmungen in eine Kostenklemme geraten. War noch vor wenigen Jahren der konkurrenz-

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bedingte Verkehrsschwund für die missliche Lage vieler Bahnen verantwortlich, so liegt der Schwerpunkt heute auf der Entwicklung des Betriebsaufwandes, der die Ertragszunahme nicht mehr zu folgen vermag. Es wäre sicher falsch, unter Hinweis auf den Charakter der konzessionierten Bahnen als öffentliche Dienste diese Entwicklung als unvermeidbar hinzunehmen. Es muss auch betont werden, dass sich staatliche Defizitdeckung und Selbstverantwortung der Unternehmungen keineswegs ausschliessen. Artikel 58 des Gesetzes verlangt, dass die Bahnen alle technischen, organisatorischen und rechtlichen Massnahmen zur Verbesserung ihrer finanziellen Lage treffen. Wir werden im folgenden auf diesen Punkt noch zu sprechen kommen.

Die Hilfe bei Naturschäden (EG Art. 59) kam bisher erst in einem einzigen Fall (Furka-Oberalp-Bahn) zur Anwendung.

Die Hilfeleistungen für technische Verbesserungen, für die Umstellung und für die Aufrechterhaltung des Betriebes setzen gemäss Artikel 60, Absatz l des Gesetzes die Beteiligung der Kantone voraus. In Anwendung der vom Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement gestützt auf das Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über den Finanzausgleich unter den Kantonen (AS 1959, 931) erlassenen Richtlinien übernimmt der Bund gegenüber finanzschwachen Kantonen 60 Prozent der Kosten der technischen Verbesserung von Bahnen, gegenüber mittelstarken 50 Prozent und gegenüber finanzstarken 40 Prozent. Bei Investitionen, die im Interesse der Betriebssicherheit liegen, erhöht sich der Ansatz auf 75, 60 bzw. 45 Prozent. Für die Defizitdeckung und die Betriebsumstellung beläuft sich die Bundesbeteiligung in der Regel auf zwei Drittel der erforderlichen Aufwendungen.

Aus vorstehenden Ausführungen geht hervor, dass der bisherige Vollzag der verschiedenen Hilfeleistungsmassnahmen des Eisenbahngesetzes zwar die Existenzgrundlagen der konzessionierten Bahnen des allgemeinen Verkehrs zu sichern vermochte, gleichzeitig aber ein sinkender Eigenwirtschaftlichkeitsgrad der meisten Bahnunternehmungen beobachtet werden musste. Diese Entwicklung wird durch den Umstand verschärft, dass als Folge der massiven Investitionen die jährlichen Abschreibungen stark ansteigen. Die Periode der technischen Erneuerung belastet die Betriebsrechnung der Bahnen sodann in der Regel mit hohen, nicht aktivierbaren Bauaufwendungen,
die jedoch vorübergehender Natur sind. In erster Linie muss aber das Ansteigen der Betriebsfehlbeträge als Folge des starken Ansteigens der Personal- und Sachkosten bei gleichzeitigem Zurückbleiben der Tarife hinter der allgemeinen Preisentwicklung sowie der Bedienung verkehrsschwacher Gebiete betrachtet werden. Es stellt sich die Frage, welche Konsequenzen aus dieser Situation zu ziehen sind.

Das Problem der mangelnden Verkehrsintensität auf Nebenbahnen und die daraus resultierende ungenügende Wirtschaftlichkeit ist auch in anderen Ländern festzustellen und gibt immer wieder zu verkehrspolitischen Diskussionen Anlass.

Auch dort stellt man fest, dass die Bahnen auf den grossen Verkehrsrelationen Überschüsse erzielen, während auf Strecken mit geringer Verkehrsdichte ein kostendeckender Betrieb nicht mehr gewährleistet ist, trotzdem auch hier ein

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volkswirtschaftlich gerechtfertigtes Bedürfnis zu befriedigen ist. In verschiedenen westeuropäischen Ländern zeichnet sich nun eine Nebenbahnpolitik ab, die als «Rückzug aus der Fläche» bezeichnet wird. Es werden zum Teil äusserst drastische Massnahmen postuliert, die zum Zwecke haben, den nicht mehr als «eisenbahnwürdig» bezeichneten Verkehr in der Flächenbedienung auf die wirtschaftlich vorteilhafter arbeitenden Strassentransportdienste zu verlagern. So hat der Vorstand der Deutschen Bundesbahn die vollständige Stillegung des Reisezugsverkehrs auf einer Netzlänge von 7000-8000 km vorgeschlagen, was 25-28 Prozent der heutigen Betriebslänge im Reisezugsdienst entspricht. Auf den übrigen Strecken ist eine weitgehende Schliessung der kleineren Bahnhöfe für den Reiseverkehr vorgesehen. So sollen alle Bahnhöfe von Ortschaften mit weniger als 20000 Einwohnern geschlossen werden. Im Güterverkehr sollen alle Dienststellen mit einem durchschnittlichen täglichen Aufkommen von weniger als vier Tonnen im Versand und Empfang oder weniger als zwei Wagenladungen im Wagenladungsverkeltr stillgelegt werden. Diese kombinierten Massnahmen im Reiseund Güterverkehr würden praktisch die vollständige Stillegung eines grossen Teils der deutschen Nebenbahnen bedeuten. Ähnliche Vorschläge stehen auch in Grossbritannien, Frankreich und Italien zur Diskussion und sind zum Teil bereits verwirklicht worden.

Es braucht kaum betont zu werden, dass wir uns in der Schweiz in der Frage nach Stillegung von Nebenlinien oder nach Umstellung auf einen Strassentransportdienst an die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu halten haben.

So bedarf z. B. die endgültige Stillegung von Eisenbahnlinien der Bundesbahnen - eine Frage, die hier materiell nicht zur Diskussion steht - der Zustimmung der Bundesversammlung (SBB-Gesetz Art. 4, Abs.3, und Art. 7, Buchstabe g). Die Kompetenz des Bundes zur Förderung der Einführung von Strassentransportdiensten in Ergänzung oder an Stelle der Bahn (= Umstellung des Betriebes) ist gegeben, wenn dadurch der Verkehr wirtschaftlicher bedient werden kann, wobei die bisherige Bedienung des Verkehrs, im Ganzen betrachtet, gewährleistet bleiben oder durch entsprechende Vorteile aufgewogen werden soll (EG Art. 57, Abs. 1). In der Schweiz ist daher ein Weg eingeschlagen worden, bei welchem der Schutz der Interessen
verkehrsschwacher Gebiete und der wirtschaftlich schwächeren Verkehrsteilnehmer mit zu den Obliegenheiten der Bahnunternehmung gehört. Dafür erklart sich die öffentliche Hand auch bereit, und zwar über die vorbehaltlos ausgerichteten Beträge zur Abgeltung der aus den gemeinwirtschaftlichcn Verpflichtungen resultierenden Belastungen hinaus, den Bahnen finanziell beizustehen, wenn sie ihren Aufgaben nicht mehr aus eigener Kraft zu genügen vermögen und so ihre im Interesse des Landes, seiner Bevölkerung und seiner Wirtschaft liegende Weiterexistenz zu gewährleisten.

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III. Wege zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der konzessionierten Bahnen des allgemeinen Verkehrs Massnahmen auf der Aufwandseite

Das Schwergewicht beim weiteren Vollzug der Hilfeleistungsmassnahmen wird auf der Intensivierung der Rationalisierungsbestrebungen liegen müssen.

Je mehr sich Bund und Kantone an der Deckung der Betriebsfehlbeträge zu beteiligen haben, desto mehr wird für die konzessionierten Bahnen die Ausschöpfung aller auf diesem Gebiet noch vorhandenen Möglichkeiten zur Pflicht.

Wir haben daher in die Vereinbarungen über die Hilfeleistungen für technische Verbesserungen jeweils eine Bestimmung aufgenommen, wonach die Unternehmung verpflichtet wird, alle zur rationellen und sparsamen Betriebsführung und zur Steigerung der Erträge geeigneten Massnahmen zu treffen. Das Eidgenössische Amt für Verkehr überwacht laufend, ob die Bahnverwaltungen dieser Bestimmung in genügendem Ausmass nachkommen. Bei der Hilfe für die Aufrechterhaltung des Betriebes wird in gleichem Sinne verfahren.

Rationalisierungsmöglichkeiten bestehen unter anderem bei einer sparsamen und zweckmässigen Investitionspolitik, beim Einsatz moderner Hilfsmittel, (Geleiseunterhaltsmaschinen, Automatisierung von Sicherungsanlagen, Mechanisierung des Güterumschlages, Vereinfachung des Abfertigungs- und Abrechnungsverfahrens) und bei der Normalisierung und gegenseitigen Verwendung oder im gemeinsamen Unterhalt des Rollmaterials. Im Hinblick auf die hohe Personalintensität bei den Bahnunternehmungen wirken sich alle personalsparenden Massnahmen besonders kostenmindernd aus. Praktische Beispiele zeigen, dass hier noch Möglichkeiten vorhanden sind. So hat die EBT-Gruppe, in der die Emmental-Burgdorf-Thun-Bahn, die Vereinigten Huttwil-Bahnen und die Solothurn-Münster-Bahn zusammengefasst sind, ihren Personalbestand trotz stark gestiegenen Verkehrsleistungen von 906 Personen im Jahre 1958 auf 793 Personen im Jahre 1965 senken können, d.h. um rund einen Achtel. Die daraus resultierenden Einsparungen bei den Personalkosten betragen jährlich rund 2 Millionen Franken.

Als Rationalisierungsmassnahme darf schliesslich auch die Fusion von Bahngesellschaften und die Bildung von Betriebsgemeinschaften bezeichnet werden. Auf Grund des Privatbahnhilfegesetzes vom 6. April 1939 kamen bereits zahlreiche Fusionen zustande, indem 26 Bahngesellschaften zu 8 Unternehmungen zusammengelegt wurden. Auch die grosse Zahl der heute bestehenden Betriebsgemeinschaften - 11
Betriebsgemeinschaften, die insgesamt 32 Unternehmungen zusammenfassen - verdient hervorgehoben zu werden. Diese Konzentrationsbestrebungen müssen fortgesetzt werden. Bei den konzessionierten Bahnen ist der Kleinbetrieb stark vertreten. In einem zusammengehörenden Wirtschaftsgebiet teilen sich daher oft eine ganze Reihe selbständiger Bahnunternehmungen in die Bedienung des vorhandenen Verkehrs, während diese mindestens so gut und vor allem wirtschaftlicher durch eine einzige Unter-

179 nehmung erfolgen könnte. Artikel 58 des Eisenbahngesetzes erwähnt denn auch unter den technischen, organisatorischen und rechtlichen Massnahmen zar Verbesserung der finanziellen Lage ausdrücklich den Zusammenschluss mit anderen Bahnunternehmungen.

Massnahmen auf der Ertragsseite Es ist nicht zu übersehen, dass beim personalintensiven Bahnbetrieb die steigenden Aufwendungen nicht allein durch Kostensenkungen aufgefangen werden können. Eine wirksame Korrektur muss auch von der Einnahmenseite her durch eine gezielte Erhöhung der Preise der Transportleistungen erfolgen.

Bei der Beurteilung der steigenden Betriebsfehlbeträge muss beachtet werden, dass das allgemeine Tarifniveau der Bahnen trotz der auf I.November 1964 in Kraft gesetzten Erhöhung der Personentarife nach wie vor ganz erheblich hinter dem allgemeinen schweizerischen Preisniveau nachhinkt. Vergleichen wir die Tarifentwicklung mit der Entwicklung des Lebenskostenindex, so ergibt sich folgendes Bild: Landesindex der Konsumentenpreise (Jahresmittel 1965) Personentarifindex Frachtindex

214,8 163,0 130,0

Das Reisen mit der Bahn ist im Vergleich zu anderen Konsumtionsarten somit billiger geworden. Besonders zu berücksichtigen ist dabei noch, dass die Qualität der Bahnleistungen durch Verbesserung des Fahrplanes und des Reisekomforts gehoben wurde. Die Warenpreise sind auch erheblich stärker gestiegen als die Beförderungstaxen im Güterverkehr. Dies hat eine Abnahme der anteiligen Frachtbelastung der Güter zur Folge gehabt. Durch das schweizerische Preisniveau werden indessen die Ausgaben der Bahnen bestimmend beeinflusst.

Insbesondere müssen die Lohnkosten mit der Entwicklung in der Privatwirtschaft Schritt halten, um die Rekrutierung qualifizierten Personals zu gewährleisten.

Die steigenden Betriebsfehlbeträge haben bei mehreren Unternehmungen zu einem ausgesprochenen Missverhältnis zwischen den von den Benutzern erbrachten finanziellen Leistungen und den von Bund und Kantonen geleisteten Zuschüssen geführt. Eine Verbesserung des gesunkenen Selbsterhaltungsgrades drängt sich in diesen Fällen auf. Beim personalintensiven Bahnbetrieb können, wie bereits erwähnt, steigende Aufwendungen nicht allein durch kostensenkende Rationalisierungsmassnahmen aufgefangen werden. Es zeigt sich immer mehr, dass bei öffentlichen Verkehrsunternehmungen nur dann eine Gesamtkostendeckung erzielt werden kann, « enn ihnen auch die notwendige Korrektur bei den Tarifen zugestanden wird. Um den Bahnen die Selbsterhaltung zu erleichtern, wurde in Artikel 2 des Bundesratsbeschlusses vom 16. August 1950 über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahunternehmungen bei der Erstellung der Tarife «die Rücksichtnahme auf die volkswirtschaftlichen, kulturellen und

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sozialen Bedürfnisse des Landes» mit der Bestimmung eingeschränkt «soweit ihre finanziellen Mittel es gestatten». Wohl hat die durch das neue Eisenbahngesetz eingeführte Abgeltung für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen eine Korrektur gebracht. Die Tatsache, dass ein Grossteil der Bahnen defizitär ist, und dass ihre Tarife, gemessen am allgemeinen Preisniveau und am fortlaufend verbesserten Leistungsangebot., wesentlich niedriger sind als vor dem Krieg, bleibt jedoch bestehen. Von diesem Standpunkt aus dürfte kein Zweifel über die Tragbarkeit einer Tariferhöhung bestehen, wobei sich die Notwendigkeit ergeben könnte, von der heute gültigen einheitlichen Tarifstruktur für alle Bahnen des allgemeinen Verkehrs abzuweichen. Mit dem in Bearbeitung stehenden Bundesratsbeschluss über die Bildung der Eisenbahntarife, der den Bundesratsbeschluss vom 16. August 1950 über die Tarif bildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen ersetzen soll, und der ebenfalls wieder den eidgenössischen Räten zur Genehmigung unterbreitet werden wird, wollen wir diese Möglichkeit schaffen.

Auch vom konjunkturpolitischen Standpunkt aus sind Bedenken gegen kostengerechtere Bahntarife kaum gerechtfertigt, erscheint es doch wenig sinnvoll, wenn die öffentliche Hand in Zeiten ausgesprochener Hochkonjunktur florierende Wirtschaftszweige und weite Bevölkerungskreise über die Bahnunternehmungen subventioniert.

IV. Vorortsbahnen und Hilfeleistungsmassnahmen nach Eisenbahngesetz In Abschnitt I haben wir die bedeutende Rolle der konzessionierten Bahnen im Vororts- und Agglomerationsverkehr dargelegt, was durch die für schweizerische Städte ausgearbeiteten Gesamtverkehrspläne immer wieder bestätigt wird.

Dabei ist zu erwähnen, dass Vorortsbahnen mit reinem Personenverkehr nicht unter den Begriff der « Bahnen des allgemeinen Verkehrs » fallen, wie er im Eisenbahngesetz, Artikel 56, und auch in anderenArtikeln dieses Gesetzes verwendet wird. Der Gesetzgeber hat allerdings keine Definition dieses Begriffes gegeben; vielmehr sah sich der Bundesrat veranlasst, in seiner Verordnung vom W.Dezember 1958, Artikel l, die Bahnen des allgemeinen Verkehrs zu umschreiben als «diejenigen Normalspurbahnen und die in Artikel 2 des Gesetzes als Schmalspurbahnen oder Strassenbahnen bezeichneten Nebenbahnen, welche kraft Konzession verpflichtet
sind, wahrend des ganzen Jahres uneingeschränkt Reisende, Gepäck, Güter und in der Regel Tiere zu befördern und welche täglich zwischen ganzjährig besiedelten Ortschaften verkehren».

Mit Beschluss vom 27. November 1964 wurde dieser Artikel geändert und hat nun folgenden Wortlaut: «Bahnen des allgemeinen Verkehrs sind Bahnunternehmungen, die 1. für den Verkehr des Landes oder einer Landesgegeiid von Bedeutung sind; 2. durch Gesetz, Konzession oder in anderer Weise verpflichtet oder durch ein

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öffentliches Bedürfnis veranlasst sind, Reisende, Gepäck und Güter sowie in der Regel auch Tiere zu befördern; und 3. vorwiegend im Interesse ganzjährig bewohnter Ortschaften nach genehmigten Fahrplänen und Tarifen während des ganzen Jahres verkehren. » Aus beiden Fassungen geht hervor, dass nur solche Bahnen als Bahnen des allgemeinen Verkehrs anerkannt werden, die Reisende, Gepäck und Güter befördern. Um Vorortsbahnen der Leistungen des Eisenbahngesetzes teilhaftig werden zu lassen, genügt es nach unserer Auffassung nicht, nur auf der Verordnungsstufe eine neue Definition herauszugeben, denn wir glauben mit unserer Definition der ratio legis des Begriffes «Bahnen des allgemeinen Verkehrs» entsprochen zu haben.

Wir sind jedoch der Auffassung, dass im Vorortsverkehr mit der Personenbeförderung auf der Schiene das Optimum geleistet wird, wobei die Schiene von der Strasse getrennt sein muss, einerseits um einen raschen und ungehinderten Lauf der Personenzüge zu ermöglichen und anderseits um die Strasse nicht noch mehr zu belasten oder mit hohen Kosten ausbauen zu müssen. Im Rahmen der Verkehrspolitik des Landes betrachtet, handelt es sich jedoch um Probleme, welche durch die einzelnen Regionen selbst gelöst werden müssen. Wir prüfen immerhin, ob für diese Fälle, wenn die Mittel der Region nicht ausreichen sollten, eine Bundeshilfe, allerdings in bedeutend geringerem Umfange als für die eigentlichen Bahnen des allgemeinen Verkehrs, möglich wäre, wobei eine Gesetzesänderung oder eine neue gesetzliche Grundlage nicht zu umgehen sein wird.

V. Umfang des neuen Rahmenkredites Die beiden ersten Rahmenkredite haben die Schwierigkeit zuverlässiger Schätzungen über den Umfang der erforderlichen Beträge gezeigt. Wie eingangs erwähnt, sind von den zur Verfügung stehenden 240 Millionen Franken rund 190 Millionen Franken beansprucht. 13 Gesuche um Investitionshilfe bzw. um Umstellungshilfe, deren Bearbeitung schon weit fortgeschritten ist, werden bundesseits rund 70 Millionen Franken beanspruchen. Die zur Verfügung stehenden Kredite reichen somit zur Abwicklung dieser Geschäfte bereits nicht mehr aus.

In weiteren 14 Fällen sind Hilfeleistungsbegehren hängig oder angemeldet.

Die Untersuchungen für die Bemessung des zu ihrer Erledigung erforderlichen Finanzbedarfes sind noch nicht durchgeführt. Es muss jedoch
in den nächsten 5 Jahren mit einem mutmasslichen Bundesanteil von weiteren rund 65 Millionen Franken gerechnet werden.

Schliesslich sind die teuerungsbedingten Mehrkosten auf den bereits abgeschlossenen oder in den nächsten Jahren abzuschlie s senden Vereinbarungen zu berücksichtigen. In die ersten Vereinbarungen wurde jeweils eine Klausel aufgenommen, wonach teuerungsbedingte Mehrkosten durch die Bahnunternehmung zu übernehmen seien. Beim weiteren Vollzug von Artikel 56 des Eisenbahngesetzes wurden aber zur Finanzierung der aufgestellten Gesamtprogramme auch die in einem mehrere Jahre umfassenden Zeitraum anfallenden Abschrei-

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bungsmittel der Bahnunternehmung herangezogen. Da sich die Verwirklichung der Investitionsprogramme jeweils über mehrere Jahre erstreckt, muss bei der heutigen Entwicklung der Beschaffungspreise bei der Abwicklung der einzelnen Programme mit ins Gewicht fallenden Mehrkosten gerechnet werden. Die Möglichkeit der Auf Schiebung anderer Investitionen zwecks Sicherstellung der Finanzierung der teuerungsbedingten Mehrkosten aus Abschreibungen besteht nicht überall. Bund und Kantone werden deshalb, wie dies auch bei anderen Subventionsgeschäften, die sich über eine längere Zeitspanne erstrecken, der Fall ist, die erforderlichen Mittel wenigstens teilweise zur Verfügung stellen müssen. Die neueren Vereinbarungen enthalten eine entsprechende Bestimmung. Die dem Bund daraus erwachsenden Aufwendungen sind auf rund 20 Millionen Franken zu veranschlagen.

Da aus den oben erwähnten Gründen trotz den aus Tariferhöhungen zu erwartenden Mehreinnahmen mit jährlichen Betriebsdefiziten in der jetzigen Grössenordnung gerechnet werden muss, dürfte der Bundesanteil an der Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes im Durchschnitt der nächsten 5 Jahre rund 18 Millionen Franken, total also 90 Millionen Franken betragen.

Weitere 5 Millionen Franken sind schliesslich wiederum vorsorglich für Hilfe bei Naturschäden zu reservieren, damit der Bundesrat in einem Katastrophenfan unabhängig von einer Vorlage an das Parlament handlungsfähig ist.

Zusammenfassend ergibt sich somit folgender Kreditbedarf, der für die nächsten 5 Jahre ausreichen sollte: Fr Fr Technische Verbesserungen (EG Art. 56) und UmStellung des Betriebes (EG Art. 57) 155 000 000 a. in Bearbeitung befindliche Gesuche 70 000 000 b. eingegangene bzw. in absehbarer Zeit zu erwartende Gesuche 65 000 000 c. teuerungsbedingte Mehrkosten 20000 000 Aufrechterhaltung des Betriebes (EG Art. 58) während 5 Jahren 90000 000 Hilfe bei Naturschäden (EG Art. 59) 5 000 000 ·/. Restanz aus den Rahmenkrediten I und II

250 000 000 50 000 000

Kreditbedarf total

200 000 000

Das Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement, das ursprünglich von einem Kreditbedarf von 250 Millionen Franken ausgegangen war, hatte bereits selbst diesen Betrag auf die Summe von 200 Millionen Franken reduziert in der Meinung, bei grösster Sparsamkeit und mit Rücksicht auf den Finanzhaushalt des Bundes damit auskommen zu können. Trotzdem diese Vorlage nicht unmittelbar Ausgaben nach sich zieht, handelt es sich doch um einen blossen Ermachtigungsbeschluss, ist der Bundesrat der Auffassung, dieser Kredit sei noch besser auf die Erfordernisse des Staatshaushaltes abzustimmen, wobei die aus-

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führenden Organe darüber zu wachen haben, dass die Ausgaben nach Dringlichkeiten abgestuft werden. Aus diesem Grunde hat der Bundesrat den anzubegehrenden Rahmenkredit auf 150 Millionen Franken festgelegt.

Der Bundesrat ist weiter der Auffassung, dass auch dieses Mal die Teilbeträge des auf 150 Millionen Franken festzusetzenden Rahmenkredites nicht verbindlich sein sollen. Je nach Bedürfnis sollten wie bisher zwischen den einzelnen Positionen Verschiebungen vorgenommen werden dürfen.

Die Bestimmungen des sieuenten Abschnittes des Eisenbahngesetzes ermächtigen den Bund zu finanziellen Leistungen, statuieren jedoch keine Rechtspflicht. Der Bundesrat wird, wie dies schon bei den beiden ersten Rahmenkrediten der Fall war, Bedacht daraufnehmen, nicht mehr aufzuwenden, als für die Gewährleistung der Sicherheit und der rationellen Betriebsabwicklung unbedingt erforderlich ist. Mit den bereits bewilligten Mitteln und den in der nächsten Zeit noch zu behandelnden Begehren wird der dringlichste technische Nachholbedarf der Bahnen des allgemeinen Verkehrs, abgesehen von einzelnen Ausnahmen, gedeckt sein. Soweit immer möglich, müssen die Bahnunternehmungen alsdann für die Vornahme weiterer Investitionen gemäss dem Konzept des Gesetzgebers auf den Weg der Eigenfinanzierung aus Abschreibungsmitteln verwiesen werden. Das Schwergewicht der Bundeshilfe dürfte sich alsdann auf die Hilfe zur Aufrechterhaltung des Betriebes verlagern, wobei \\ir danach trachten werden, durch das Ausschöpfen aller Rationalisierungsmöglichkeiten und durch Massnahmen bei den Tarifen das finanzielle Gleichgewicht der Bahnen soweit als möglich anzustreben.

Mit diesen Ausführungen beehren wir uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Bewilligung eines Kredites zur Förderung und Hilfeleistung an Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen zur Annahme zu empfehlen.

Was die verfassungsmässigen Grundlagen betrifft, können wir uns auf die Feststellung beschränken, dass sich unsere Antrage innerhalb des Rahmens des Eisenbahngesetzes bewegen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den I.Juli 1966.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Schaffner Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Bewilligung eines Kredites zur Förderung und Hilfeleistung an Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 56 bis 59, 61 und 95, Absätze l und 2 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 19571), nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 1. Juli 1966, beschliesst:

Art. l Zur Deckung der im siebenten Abschnitt und in Artikel 95, Absatz l und 2, des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 vorgesehenen Massnahmen wird dem Bundesrat ein Betrag von 150 Millionen Franken bewilligt.

Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

9047

!) AS 1958, 335.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Bewilligung eines Kredites zur Förderung und Hilfeleistung an Eisenbahnen und Schiffahrtsunternehmungen (Vom 1.Juli 1966)

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1966

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35

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01.09.1966

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