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Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Drechslergewerbe und die Holzwarenindustrie # S T #

(Vom 23.Februar 1966)

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 7 Absatz l des Bundesgesetzes vom 28.Septemberl956 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. l 1

Die im Anhang wiedergegebenen Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages vom 25. November 1965 für das schweizerische Drechslergewerbe und die Holzwarenindustrie werden allgemeinverbindlich erklärt.

2 Zwingende Vorschriften des Bundes und der Kantone sowie für den Arbeitnehmer günstigere vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

Art. 2 Die Allgemeinverbindlicherklärung wird für die ganze Schweiz ausgesprochen.

2 Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen finden Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Inhabern von Betrieben, die serienmässig Drechsler waren, Holzspulen aller Art, Beleuchtungskörper, Holzwerkzeuge, Hobelbänke, Werkbänke, Stielwaren, Gabeln, Rechen, Sensenwörbe, Garbenbandrollen, Haushaltungsartikel, Büroartikel, Kleinschreinereiwaren, Geschenkartikel, Leitern, Leiterwagen, Karetten, Schneeschaufeln, Bäckerschaufeln, Ski, Sportschlitten, Klappstühle, Spielwaren und Messwerkzeuge aus Holz für den Markt herstellen, einerseits und ihren gelernten, angelernten und ungelernten Arbeitnehmern, anderseits, mit Ausnahme der Lehrlinge im Sinne der Bundesgesetzgebung über die Berufsbildung.

1

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Art. 3 Dieser Beschluss tritt am 7. März 1966 in Kraft und gilt bis zum 3I.Dezember 1968.

Bern, den 23. Februar 1966.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Vizepräsident: Bonvin Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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Anhang

Gesamtarbeitsvertrag für das schweizerische Drechslergewerbe und die Holzwarenindustrie abgeschlossen am 25.November 1965 zwischen dem Verband schweizerischer Holzwarenfabrikanten, dem Schweizerischen Drechslermeisterverband, einerseits, und dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband, dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz, dem Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter, anderseits, sowie zwischen dem Verband schweizerischer Holzwarenfabrikanten, dem Schweizerischen Drechslermeisterverband, einerseits, und dem Landesverband freier Schweizer Arbeiter, anderseits.

Allgemeinverbindlich erklärte Bestimmungen

Art. 2 Gemeinsamer Anspruch

1

Den vertragschliessenden Verbänden steht im Sinne von Artikel 323ter des Obligationenrechts ein gemeinsamer Anspruch auf Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages gegenüber den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu.

Art. 3 Kontrolle und Sanktionen

2

Die paritätischen Berufskommissionen können Kontrollen über die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages durchführen.

Stellen sie fest, dass den Arbeitnehmern geschuldete geldliche Leistungen nicht erfüllt oder bezahlte freie Tage nicht gewährt worden sind, so haben sie den Arbeitgeber aufzufordern, diese sofort nachzuzahlen oder nachzugewähren.

3 Überdies hat der fehlbare Arbeitgeber 25 Prozent der geschuldeten Nachzahlungen in die Kasse der Zentralen paritätischen Berufskommission für das Drechslergewerbe und die Holzwaren-

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industrie einzuzahlen. Die eingehenden Beträge sind zur Deckung der Kosten der Kontrolle über die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages zu verwenden.

Art. 9 1 Die ersten zwei Wochen nach der Arbeitsaufnahme gelten als Anstellung und Probezeit, während welcher das Arbeitsverhältnis jederzeit, ohne un lgung Einhaltung einer Kündigungsfrist, aufgelöst werden kann.

2 Nach der Probezeit beträgt die gegenseitige Kündigungsfrist 14 Tage, auch im überjährigen Dienstverhältnis.

3 Die Kündigung kann nur auf einen Zahltag oder auf den letzten Arbeitstag der Woche erfolgen.

Art. 10 Das Vertragsgebiet wird wie folgt in drei Zonen eingeteilt : zonenEinteilung I. Zone: städtische Verhältnisse II. Zone: halb städtische Verhältnisse III. Zone: ländliche Verhältnisse 2 Die Einteilung erfolgt nach dem Ortschaftenverzeichnis, das für die Übergangsrenten der AHV massgebend war.

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Art. 11 In den Betrieben, die als industrielle Betriebe gemäss Arti- Arbeitszeit kel 5 des Arbeitsgesetzes gelten, beträgt die wöchentliche Höchstarbeitszeit 45 Stunden. In den Betrieben, die als nichtindustrielle Betriebe gelten, beträgt die wöchentliche Höchstarbeitszeit: I. Zone: 45 Stunden II. Zone: 47 Stunden III. Zone: 49 Stunden 2 Der Samstagnachmittag ist, sofern die 5-Tage-Woche mit freiem Samstag nicht eingeführt ist, in allen drei Zonen frei.

3 Als Überzeitarbeit gilt die Verlängerung der normalen Arbeitszeit. Bei dringender Saisonarbeit ist eine Stunde Überzeit pro Woche ohne Zuschlag zulässig.

4 Als Nacht gilt die Zeit von 20 bis 6 Uhr.

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Art. 12 1

Die Mindestlöhne betragen, einschliesslich der Teuerungs- Lohn Zulagen, dem Ausgleich von 6,6 Prozent für die Arbeitszeitverkürzung von drei Stunden und den Lohnerhöhungen von 35 Rappen ab I.Januar 1966 sowie 15 Rappen ab I.Januar 1967:

276 Bis 3I.Dezember 1966:

zonei

Handlanger Angelernte Arbeiter nach 2 Dienstjahren Gelernte Arbeiter

Zonen

Zone m

Fr.

r r.

Fr.

4.30

4.10

4.--

4.45 4.90

4.25 4.70

4.15 4.60

4.45

4.25

4.15

4.60 5.05

4.40 4.85

4.30 4.75

Ab 1. Januar 1967: Handlanger Angelernte Arbeiter nach 2 Dienstjahren Gelernte Arbeiter 2

3

Für schwächliche und minderleistungsfällige Arbeitnehmer sowie für Jugendliche bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr gelten die oben festgesetzten Mindestlöhne nicht.

4 Für alle im Akkord beschäftigten Arbeitnehmer werden die oben festgesetzten Mindestlöhne garantiert.

5 G

Art. 13 Lohnzuschlage

1

Für Überzeitarbeit und Arbeit in der Freizeit am Samstag sowie Nacht- und Sonntagsarbeit sind folgende Zuschläge zu entrichten: Prozent a. Überzeitarbeit und Arbeit in der Freizeit am Samstag 25 b. Nachtarbeit 50 c. Sonntagsarbeit 100 2

Art. 14 Lohnzahlung

Die Lohnzahlung findet alle 14 Tage innert der festgesetzten Arbeitszeit statt. Als Deckung dürfen höchstens zwei Taglöhne zurückbehalten werden.

Art. 15 Ferien

* Die Arbeitnehmer haben je nach Dienstalter Anspruch auf folgende bezahlte Ferien : im 1. bis 5. Dienstjahr 12 Werktage im 6. bis 9.Dienstjahr 15 Werktage im 10. bis 24.Dienstjahr 18 Werktage im 25. und den folgenden Dienstjahren 24 Werktage

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Als Dienstjahr gilt das Kalenderjahr. Erfolgt der Eintritt vor dem I.April, so wird das Eintrittsjahr als voiles Dienstjahr gerechnet. Bei spaterem Eintritt und bei Austritt hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Ferien pro rata temporis.

3 Bei Betriebseinschrankungen oder Arbeitsausfall von mehr als zwei Monaten besteht nur em Pro-rata-Anspruch auf Ferien.

4 Ein Ferientag wird zu 71/2 Stunden berechnet.

6 Fiir Arbeitnehmer, die im Akkord beschiiftigt werden, wird der Stundenlohn ausgerichtet, der sich aus dem Durchschnittsverdienst der zwei letzten Monate ergibt, mindestens aber der effektive Stundenlohn bzw. der vertragliche Mindestlohn.

6 Eine Barentschadigung anstelle der Ferien ist nicht gestattet.

7 Gesetzliche Feiertage diirfen nicht als Ferientage gerechnet werden.

Art. 16 Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entschadigung von sechs gesetzlichen Feiertagen, sofern diese auf einen Werktag fallen.

2 Die Feiertage, fur welche eine Entschadigung bezahlt werden soil, sind im voraus durch Verstandigung zwischen Arbeitgsber und Arbeitnehmer festzulegen.

3 Als Feiertagsentscliadigung kommen folgende Pauschalansatze zur Auszahlung: an verheiratete Arbeiter Fr. 35.-- an ledige Arbeiter und Arbeiterinnen, die das 18. Altersjahr erreicht haben Fr. 27.-- an jugendliche Arbeiter und Arbeiterinnen unter 18 Jahren Fr. 22.-- 1

Bezahlte Feiertage

Art. 17 1

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf folgende Entschadigung wahrend des obligatorischen schweizerischen Militardienstes (Wiederholungs- und Erganzungskurse, einschliesslich Kadervorkurse): Verheiratete Arbeitnehmer und ledige Arbeitnehmer mit Unterstiitzungspflichten 100 Prozent des Lohnes Ledige Arbeitnehmer ohne Unterstutzungspflichten 50 Prozent des Lohnes 2 Die gesetzliche Erwerbsausfallentschadigung ist in den vorstehenden Ansatzen inbegriffen.

Lolmzahlung bei Militardlenst

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Der Anspruch auf Entschädigung gemäss Absatz l entsteht nur, wenn das Dienstverhältnis 12 Monate gedauert hat und nach dem Militärdienst in ungekündigtem Zustand fortgesetzt wird.

4 Die vorstehende Regelung gilt nicht für die Dauer eines allfälligen Aktivdienstes.

Art. 18 KrankengeldVersicherung

1

Der versicherungsfähige Arbeitnehmer muss für ein Krankengeld versichert sein. Die Wahl des Versicherungsträgers ist Sache der direkten Verständigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

2 Die Krankengeldversicherung hat ein tägliches Krankengeld von 60 Prozent des Lohnes vorzusehen. Die Genussrechtsdauer muss 720 Tage innerhalb von 900 aufeinanderfolgenden Tagen und bei Erkrankung an Tuberkulose 1800 Tage innerhalb von 5 aufeinanderfolgenden Jahren betragen. Die Karenzfrist darf nicht länger als 3 Monate und die Wartefrist nicht länger als 2 Tage dauern.

3 Für die Prämien dieser Krankengeldversicherung hat der Arbeitgeber aufzukommen. Dadurch ist die ihm gemäss Artikel 335 des Obligationenrechts obliegende Lohnzahlungspflicht im Krankheitsfalle des Arbeitnehmers abgelöst. Soweit der Arbeitnehmer zufolge Krankheitsanlagen bei Versicherungseintritt von der Krankengeldversicherung ausgeschlossen wurde, gilt im Krankheitsfalle Artikel 335 des Obligationenrechts.

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Jeder Arbeitnehmer hat nachzuweisen, dass er sich um ein mindestens um die Hälfte der vorstehend genannten Ansätze erhöhtes Taggeld gegen die Folgen einer Krankheit versichert hat.

Verbot der Schwarzarbeit

Art. 19 Jedem Arbeitnehmer ist es strengstens untersagt, in seiner Frei- und Ferienzeit Berufsarbeiten zu Erwerbszwecken oder für die Konkurrenz auszuführen. Zuwiderhandelnde können nach einmaliger Warnung unter Entzug der Ferien ohne Kündigung und weitere Entschädigung sofort entlassen werden.

Art. 20

Absenzen

Den Arbeitnehmern ist bei Todesfall in der Familie (Ehegatte, Eltern oder eigene Kinder) der Lohn für einen Tag auszurichten.

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1966

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09

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.03.1966

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272-278

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