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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Motion Mäder betreffend Anschlussamnestie für die Wehrsteuer beim Erlass kantonaler Steueramnestien (Vom 6. Juni 1966)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Am 5.März 1964 hat Herr Ständerat Mäder folgende Motion eingereicht: Dem Bundesbeschluss vom 27. September 1963, der den Erlass einer Steueramnestie für die Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden vorsah, ist die Zustimmung versagt geblieben. Er sollte als Mittel gegen die Defraudation dienen und zur Verbesserung der Steuerverhältnisse beitragen. Dieses Ziel bleibt ungeachtet des negativen Ausgangs der Abstimmung bestehen. Es ist heute insbesondere auch Sache der Kantone, Massnahmen auf kantonaler Ebene zu erwägen und gegebenenfalls eine kantonale Amnestie durchzuführen.

Eine kantonale Amnestie bedarf - soll sie zum Erfolg fuhren - der Anschlussamnestie des Bundes für die Wehrsteuer. Nach Artikel 5 des Bundesbeschlusses über die Finanzordnung 1955 bis 1958, der kraft Artikel 8 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung heute noch Geltung hat, setzt die Gewährung der Anschlussamnestie eine Reform der kantonalen Steuerordnung voraus. Dieses Erfordernis schränkt den beforderlichen Erlass einer kantonalen Amnestie ein und verhindert sie für Kantone, deren Steuerordnung zurzeit keiner Reform bedarf. Die bundesrechtliche Vorschrift für die Anschlussamnestie hemmt zudem den Erfolg der Amnestiemassnahmen, weil sie lediglich den Verzicht auf die Strafsteuer zulässt und die Nachsteuerpflicht nicht aufhebt.

Nach den durch die Verwerfung der Bundesatnnestie geschaffenen Verhältnissen sollen den Kantonen aîle Massnahmen zur Verfügung stehen, die zur Verbesserung der Steuerverhaltnisse geeignet scheinen. Dazu bedarf es der Beseitigung der Hindernisse, die der Durchführung einer kantonalen Amnestie aus den bestehenden bundesrechtlichen Vorschriften erwachsen. Es muss eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, welche dem Bund die Gewährung der Anschlussamnestie ohne jegliche Einschränkung ermöglicht.

Der Bundesrat wird eingeladen, den eidgenössischen Räten hierüber Bericht und Antrag zu unterbreiten.

Diese Motion ist am 9. Juni 1964 im Ständerat und am I.Oktober 1964 im Nationalrat erheblich erklärt worden. In Ausführung des damit dem Bundesrat erteilten Auftrages beehren wir uns, Ihnen Bericht zu erstatten und unsere Anträge zu unterbreiten.

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I. Einleitung und historischer Überblick 1. Mit dem Erlass einer Steueramnestie bezweckt der Staat die Verbesserung der Steuerverhältnisse in seinem Bereich. Durch den Verzicht auf die Anwendung der Strafvorschriften und auf die Nachforderung entzogener Steuerbeträge sollen die Steuerpflichtigen veranlasst werden, bisher verheimlichte Vermögensteile und Einkommensquellen bekanntzugeben und der Besteuerung in Zukunft zugänglich zu machen. Diese Wirkung wird nur erreicht, wenn der Steuerpflichtige nicht etwa befürchten muss, durch die Aufdeckung früherer Steuerdelikte erhebliche fiskalische Rechtsnachteile zu erleiden. Eine solche Zusicherung kann der Staat aber nur für die in seinem Gesetzgebungsbereich stehenden Steuern abgeben. Eine von einem Kanton erlassene Steueramnestie kann sich daher nur auf die eigenen Kantons- und gegebenenfalls auch auf die Gemeindesteuern erstrecken. Von einer solchen kantonalen Amnestie bleiben aber die Nach- und Strafsteueransprüche anderer Kantone sowie des Bundes unberührt. Nach- und Strafsteueransprüche anderer Kantone fallen namentlich bei solchen Steuerpflichtigen in Betracht, die steuerbares Substrat in mehreren Kantonen besitzen (es kommt hier praktisch Einkommen aus Liegenschaften und Betriebsstätten in Betracht). Von entscheidender Bedeutung sind aber die Steuern des Bundes, soweit sie das gleiche steuerliche Substrat erfassen wie die kantonalen Steuern, die den Gegenstand der kantonalen Amnestie bilden. Das trifft insbesondere bei der eidgenössischen Wehrsteüer zu, die zudem in der Regel von den gleichen Behörden erhoben wird wie die kantonalen Steuern. Wenn der Bund nicht besondere Amnestievorschriften für die Wehrsteuer erliesse, müsste der Steuerpflichtige, der im Vertrauen auf eine kantonale Amnestie bisher unversteuerte Einkommens- und Vermögensbestandteile angeben würde, gewärtigen, für die hinterzogene Wehrsteuer auf 4-6 Jahre zurück sowie für entsprechende Steuerbussen in Anspruch genommen zu werden. Es ist unbestreitbar, dass die Aussicht auf derartige Nach- und Strafsteuerforderungen die Bereitschaft der Steuerpflichtigen, ihre bisherigen Verfehlungen aufzudecken, erheblich vermindern und damit den Erfolg einer rein kantonalen Amnestie in Frage stellen kann. Seit dem Bestehen einer direkten Bundessteuer hat sich deshalb die Frage, ob im Falle einer
kantonalen Amnestie der Bund für seine Steuer nicht eine Anschlussamnestie gewähren solle, wiederholt gestellt.

2. Der unseres Wissens erste bundesrechtliche Erlass über eine Anschlussamnestie ist der auf dem Fiskalnotrecht der Vorkriegsjahre beruhende «Bundesratsbeschluss betreffend die Amnestie auf dem Gebiete der eidgenössischen Krisenabgabe in den Jahren 1939 bis 1941 » vom 18. April 1939 (AS 1939, 440), dessen einzige materiellrechtliche Bestimmung wie folgt lautet : Verzichtet ein Kanton während der Jahre 1939 bis 1941 für die direkten Staats- und Gemeindesteuern bei Selbstanzeige des Steuerpflichtiger auf die Erhebung jeglicher Nachzahlung, Strafsteuer und Steuerbusse, so darf gegen den Steuerpflichtigen auch für die eidgenössische Krisenabgabe kein Verfahren wegen Abgabehinterziehung eingeleitet werden.

Schon 1944 folgte, nachdem offenbar die im Zusammenhang mit der Erhebung des ersten Wehropfers verfügte, Bundes- und Kantonssteuern umfas-

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sende eidgenössische Amnestie (Art. 3 des BRB über die Erhebung eines einmaligen Wehropfers vom 9. Juli 1940, AS 7940,1209) keine befriedigende Wirkung erzielt hatte, ein neuer Amnestieerlass des Bundesrates, nämlich der «Bundesratsbeschluss über die Auswirkung kantonaler Amnestien auf dem Gebiete des Wehropfers und der eidgenössischen Wehrsteuer» vom 28. April 1944 (AS 1944, 265), der folgendes verfügte : Ordnet ein Kanton im Jahre 1944 oder 1945 eine Steueramnestie an, so wird der Steuerpflichtige, der die Voraussetzungen dieser Vergünstigung erfüllt, auch von den Steuern und Steuerstrafen befreit, die sich nach den Bundesratsbeschlüssen vom 19. Juli und vom 9. Dezember 1940 über das Wehropfer und über die Wehrsteuer aus der nachträglichen Angabe früher erworbenen Einkommens oder Vermögens ergeben.

3. Gewährten die beiden Beschlüsse aus den Jahren 1939 und 1944 einen «vollen» Anschluss an eine kantonale Amnestie, d.h. die völlige Befreiung von Nachzahlung und Busse bei den in Frage stehenden Bundessteuern, so sah sich der Bundesgesetzgeber in der Folge veranlasst, hier einige Zurückhaltung zu üben. Dabei mag die Überlegung entscheidend gewesen sein, den Steuerpflichtigen sei durch zwei umfassende Bundessteueramnestien (die erwähnte Wehropferamnestie von 1940 und die durch BRB vom 31. Oktober 1944, AS 1944,695, erlassene sogenannte Verrechnungssteueramnestie) hinreichend Gelegenheit geboten worden, ihre steuerlichen Verhältnisse ungestraft in Ordnung zu bringen.

Vom Bundesgesetzgeber aus gesehen konnte sich ein «Amnestieren» allenfalls noch dort rechtfertigen, wo eine rückständige kantonale Steuergesetzgebung einer steuerlichen Flurbereinigung bisher im Wege gestanden hatte und wo der betreffende Kanton im Wege einer eigentlichen Steuerreform sich bemühte, sein Steuersystem der Zeit anzupassen. Die Amnestie sollte hier zur Gesundung der kantonalen Steuerverhältnisse beitragen. Die Gewährung der Anschlussamnestie für die Bundessteuern wurde, im Hinblick auf diese Zielsetzung, von der Durchführung einer kantonalen Steuerreform abhängig gemacht, jedoch auf die Befreiung -s on Steuerstrafen beschränkt, so dass der eine kantonale Amnestie in Anspruch nehmende Steuerpflichtige in jedem Falle die hinterzogenen Steuerbeträge (Wehrsteuer und Wehropfer) nachzuzahlen hatte.

Die erste dieser bedingten und «beschränkten» eidgenössischen Anschlussamnestien wurde durch Artikel 5 des Bundesratsbeschlusses über die Steueramnestie bei Einführung der Verrechnungssteuer, vom 3I.Oktober 1944 (AS 1944, 695), eingeführt. Sie kam zur Anwendung bei kantonalen Amnestien, die in den Jahren 1945 und 1946 verfügt wurden. Im Verlaufe der parlamentarischen Beratung des Bundesbeschlusses über die Ausführung der Finanzordnung 1951 bis 1954 wurde sodann der Gedanke erneut aufgegriffen und durch folgende Bestimmung (Art. 7 des BB vom 20. Dezember 1950, AS 7950, II, 1467) verwirklicht: Ordnet ein Kanton im Zusammenhang mit einer Steuerreform eine Steueramnestie an, so wird der Steuerpflichtige, der die Voraussetzungen dieser Vergünstigung erfüllt, auch von den Straffolgen der Hinterziehung der Wehrsteuer, des Sonderzuschlages
zur Wehrsteuer und des Wehropfers befreit, wenn er für das nachträglich angegebene Einkommen und Vermögen die Wehrsteuer, den Sonderzuschlag zur Wehrsteuer und das Wehropfer im einfachen Betrage nachvergütet, soweit die Strafverfolgung der Hinter-

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Eine im wesentlichen analoge Bestimmung ist auch in den « Bundesbeschluss über die Ausführung der Finanzordnung 1955 bis 1958», vom 22.Dezember 1954, aufgenommen worden (AS 1954, 1316, Art. 5). Die Gültigkeit der letztgenannten Vorschrift, als Bestandteil der Wehrsteuergesetzgebung, wurde durch Artikel 8, Absatz l, Buchstabe e der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung verlängert. Sie steht heute noch in Kraft.

II. Die heutige Lage 1. Die Anschlussamnestie des Bundes ist in den Jahren 1945 bis 1964 im Gefolge von 12 kantonalen Amnestieerlassen rechtswirksam geworden. Sie hatte stets die Durchführung einer kantonalen Steuerreform zur Voraussetzung.

Als «Steuerreform» in diesem Sinne hat die Eidgenössische Steuerverwaltung, im jeweiligen Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement, eine grundlegende Veränderung des kantonalen Steuersystems verstanden, was auch bei der Einführung neuer erheblicher Steuern oder einschneidender Kontrollmassnahmen bejaht wurde.

Dank den zahlreichen Steuerreformen, die in den Kantonen während und nach Beendigung des zweiten Weltkrieges vorgenommeü wurden, ist die kantonale Steuergesetzgebung heute fast durchwegs modernisiert, d. h. in ihren Grundzügen weitgehend vereinheitlicht und den Anforderungen der Zeit angepasst.

Zu eigentlichen Steuerreformen besteht daher zur Zeit in den Kantonen kein Raum. Die zahlreichen Gesetzesänderungen, die in den Kantonen Jahr für Jahr beschlossen werden, haben in der Regel nur einzelne Vorschriften zum Gegenstand. Um Reformen im Sinne der in Kraft stehenden bundesrechtlichen Bestimmung über die Anschlussamnestie handelt es sich hier nurmehr in den seltensten Fällen. Die Auslösung der Anschlussamnestie bei der Wehrsteuer durch einen kantonalen Amnestieerlass ist damit für die Kantone zu einem praktisch unerreichbaren Ziel geworden. Weil aber eine kantonale Amnestie ohne Anschluss der direkten Bundessteuer aus den oben unter Ziffer I, l ausgeführten Gründen keine Erfolgsaussichten hat, ist zur Zeit den meisten Kantonen idie Ergreifung dieser fiskalpolitischen Massnahme faktisch"verwehrt.

2. Auf diese Sachlage ist bereits in den Postulaten von Herrn Nationalrat Tschopp (19.Dezember 1958) und von Herrn Ständerat Rohner (17. März 1959) hingewiesen worden. Die Postulanten haben übereinstimmend auf das Amnestiebedürfnis
in den Kantonen und auf die hemmenden Vorschriften des Bundes über die Anschlussamnestie hingewiesen und beantragt, die Erschwerungen von kantonalen Amnestien von Seiten des Bundes zu beheben. Der Bundesrat hat diese Postulate entgegengenommen und sich bereit erklärt, die aufgeworfenen Fragen zu prüfen. In der Folge fanden die Bestrebungen, die auf den Erlass einer allgemeinen eidgenössischen Amnestie abzielten, im «Bundesbeschluss über den Erlass einer allgemeinen Steueramnestie auf l. Januar 1965 » vom 27. September

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1963 ihren Niederschlag. Diese Verfassungsvorlage ist jedoch in der Volksabstimmung vom 2. Februar 1964 von der Mehrheit des Volkes und der Stände verworfen worden (275 617 Ja, 380 476 Nein; 3 y2 befürwortende und 18 y2 ablehnende Stände).

3. Dass wie in manchen ändern Ländern auch in der Schweiz erhebliche Einkommens- und Vermögensbestandteile der Besteuerung widerrechtlich entzogen werden, ist unbestritten. Über das Ausmass der Defraudation können lediglich Schätzungen angestellt werden (vgl. Bericht des Bundesrates zur Motion Eggenbergei vom 25. Mai 1962, BB1 1962,1, 1057), und selbst diese sind nicht unbestritten. Der Erlass einer Steueramnestie kann jedenfalls dann zur Hebung der Steuerehrlichkeit beitragen, wenn gleichzeitig Massnahmeii getroffen werden, welche die Steuerpflichtigen veranlassen, ihre wahren Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufzudecken.

Die fiskalischen Mehreinnahmen, die sich im Gefolge einer wirkungsvoll durchgeführten Amnestie einstellen können, fallen im Rahmen des Staatshaushaltes eines Kantons, dessen Haupteinnahmequelle der Ertrag der Einkommensund Vermögenssteuern bildet, naturgemäss stärker ins Gewicht als im Finanzhaushalt des Bundes. Es ist daher verstandlich, dass der Gedanke, bisher verborgene Steuerquellen auf dem Wege einer Amnestiezusicherung zu erschliessen, vor allem in jenen Kantonen gedeiht, die ihre Finanzkraft erhöhen möchten, und in diesen Kantonen ist er denn auch im Verlaufe der vergangenen 2 Jahrzehnte mehrfach verwirklicht worden. Ob diese kantonalen Amnestien fiskalisch erfolgreich waren, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen.

III. Gründe für und wider den Erlass einer Anschlussamnestie bei der Wehrsteuer 1. Beim Eilass und bei der Durchführung von Steueramnestien steht den Kantonen die eidgenössische Wehrsteuer im Wege. Eine kantonale Amnestie ohne jegliche «Anschlusswirkung» bei der Wehrsteuer hat zweifellos keine nennenswerte Aussicht auf Erfolg. In der Motion Mäder wird ausgeführt, dass selbst im Falle der Anwendung der heutigen Vorschriften über die Anschlussamnestie der Erfolg der kantonalen Amnestie gehemmt werde dadurch, dass man bei der Wehrsteuer nur auf die Strafsteuer, nicht aber auf die Nachbesteuerung verzichte. Die Richtigkeit dieser Annahme lasst sich weder nachweisen noch einfach bestreiten.

Der Bund hat bei der
Ausgestaltung der von ihm erhobenen Einkommensund Vermögenssteuern stets dem Umstände Rechnung zu tragen getrachtet, dass er auf dem Gebiet der sogenannten direkten Steuern in eine früher ausschliesslich den Kantonen vorbehaltene fiskalische Sphäre eingegriffen hat. Das hat sich vor allem bei der Umschreibung der erfassten Steuerobjekte und insbesondere bei der Festsetzung des Steuermasses geäussert. Wie sich aus der vorstehend unter Ziffer I wiedergegebenen historischen Übersicht ergibt, hat der Bund aber auch schon zu wiederholten Malen die Hindernisse, die wegen des

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Bestehens der direkten Bundessteuer dem Erlass kantonaler Steueramnestien entgegenstanden, aus dem Wege geräumt. Welche Gründe stehen einem erneuten Entgegenkommen des Bundes im Sinne der in der Motion Mäder erhobenen Forderungen entgegen ?

2. In erster Linie ist hier an den negativen Ausgang der Volksabstimmung vom 2. Februar 1964 zu erinnern. Volk und Stände haben sich mit sehr deutlichen Mehrheiten gegen die Amnestie ausgesprochen. Dieses Verdikt kann allerdings - selbst wenn man von den sich widersprechenden Deutungsversuchen über die Gründe der Verwerfung absieht - für die hier zur Erörterung stehende Frage der Anschlussamnestie nicht entscheidend ins Gew icht fallen, weil es vorliegend nicht um die Gewährung einer umfassenden Amnestie von Bundes wegen geht. Immerhin ginge es aber auch nicht an, gänzlich ausser acht zu lassen, dass die Mehrheit des Schweizervolkes zur Zeit offenbar nicht amnestiefreundlich eingestellt ist und dass es seltsam anmuten würde, wenn der Bundesgesetzgeber gewissermassen auf Umwegen eine Institution einführen wollte, die vom Souverän dem Grundsatze nach mit aller Deutlichkeit abgelehnt worden ist.

Das wichtigste Argument gegen eine Anschlussamnestie - in jeglicher Form - ergibt sich aus der Überlegung, dass mit dieser Institution zweierlei Recht geschaffen wird. Die Wehrsteuer ist eine gesamteidgenössische Steuer, die nach einheitlichen Vorschriften erhoben wird. Sie ist nach ausdrücklicher Vorschrift im Gebiete der Schweiz «einheitlich» zu veranlagen (Art. 93, Abs. 2 WStB). Eine Anschlussamnestie setzt gewisse Bestimmungen des Wehi Steuerrechts für einzelne Kantone ausser Kraft. Sie widerspricht dahei dem gesetzlichen Gebot der einheitlichen Durchführung und ist auch mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht in Einklang zu bringen. Der Einbruch in die bestehende Rechtsordnung ist um so schwerwiegender, je umfassender die Anschlussamnestie ausgestaltet wird. In den letzten 20 Jahren hat der Bundesgesetzgeber, in Abwägung der hier im Widerstreit stehenden gegensätzlichen Interessen, die Anschlussamnestie zwar mehrfach bestätigt, aber stets nur mit Einschränkungen zugelassen.

IV. Möglichkeiten der Durchführung l. Geht man von der Annahme aus, dass in verschiedenen Kantonen das Bedürfnis besteht, eine Steueramnestie zu erlassen, und anerkennt man eine gewisse
Verpflichtung des Bundes, den Kantonen die Durchführung dieser Massnahme durch Erlass besonderer Vorschriften auf dem Gebiete der Wehrsteuer zu erleichtern, so lassen sich folgende Möglichkeiten der Ausführung denken : a. Beibehaltung der heutigen Ordnung, d. h. Gewährung der Anschlussamnestie nur, v/enn die kantonale Amnestie im Zusammenhang mit einer Steuerreform erlassen wird; Befreiung von Steuer straf en bei der Wehrsteuer unter Nachforderung der noch nicht verjährten hinterzogenen Wehrsteuer.

b. Voraussstzungs- und bedingungslose Anschlussamnestie im Sinne der Motion Mäder. Der Erlass einer kantonalen Steueramnestie würde für die Steuerpflichtigen, welche die Bedingungen der kantonalen Amnestie erfüllen, auto-

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matisch die Befreiung von allen Hinterziehungsfolgen bei der Wehrsteuer bewirken. Es wären keine Wehrsteuerbussen und keine Nachsteuern zu entrichten.

c. Die Gewährung der Anschlussamnestie bei der Wehrsteuer würde an keine weiteren Voraussetzungen gebunden als an die einer kantonalen Amnestie.

Sie wäre insbesondere nicht an das Erfordernis einer kantonalen Steuerreform geknüpft. Dagegen wäre in jedem Falle die entzogene Wehrsteuer, soweit deren Geltendmachung nach den bestehenden Vorschriften noch nicht verjährt wäre (Art. 134 WStB), nachzuentrichten.

d. Eine Erleichterung könnte schliesslich auch, zwar nicht in der Form einer eidgenössischen Anschlussamnestie, sondern durch Einführung einer für die Wehrsteuerpflichtigen in allen Kantonen gleichermassen geltenden Bestimmung im Wehrsteuerbeschluss vorgesehen werden, wonach dem Steuerpflichtigen bei Selbstanzeige ein sehr weitgehender Straferlass (z.B. Reduktion der Busse auf 10% der entzogenen Steuer) oder die völlige Straffreiheit zugesichert würde, unter Beibehaltung der Nachzahlungspflicht für hinterzogene Wehrsteuern im Rahmen der geltenden Vorschriften (Art. 134 WStB). Die nach den kantonalen Vorschriften eingereichte Steuererklärung zur Erlangung des Anspruchs auf Amnestie würde in diesem Falle als Selbstanzeige gelten.

2. Die Würdigung der unter Ziffer l aufgezeigten Möglichkeiten ergibt folgendes : a. Die gegenwärtig in Kraft stehenden Bestimmungen über die Anschlussamnestie entsprechen, aus den in Abschnitt II, Ziffer l hievor genannten Gründen, den heutigen Gegebenheiten nicht mehr. Die Voraussetzung der Steuerreform ist beim heutigen Stand der kantonalen Steuergesetzgebung kaum mehr zu erfüllen. Eine Beibehaltung der heutigen Regelung (Ziff. l a hievor) hätte daher, wenn man sich zum Ziele setzt, den Erlass kantonaler Steueramnestien von Bundesrechts wegen im Rahmen des Vertretbaren zu erleichtern, keinen Sinn.

b. Eine Lösung im Sinne der Motion Mäder (Ziff. l b hievor) würde zweifellos den Wünschen der an einer Amnestie interessierten Kantone am weitesten entgegenkommen. Von einer Beeinträchtigung des Erfolges kantonaler Amnestien durch die Wehrsteuer könnte überhaupt nicht mehr die Rede sein. Das unter diesem Gesichtspunkte ideale Bild einer derartigen Anschlussamnestie würde indessen durch die oben in Abschnitt III, Ziffer 2 zur
Darstellung gebrachten Bedenken am stärksten getrübt. Die Unterschiede in der Behandlung der Wehrsteuerpflichtigen einerseits in den Kantonen, die eine Amnestie beschliessen, und anderseits in den Kantonen ohne Amnestie wären allzu krass. Ein derartiger Eingriff in die einheitliche Wehrsteuerrechtsordnung ist nicht zu verantworten und würde zudem in den Kreisen der Stimmbürger, die sich am 2. Februar 1964 gegen eine Amnestie ausgespiochen haben, verständlichen Unwillen erregen.

c. Weniger schwer wären die Bedenken gegenüber einer Anschlussamnestie, die zwar nicht mehr an die Voraussetzung einer kantonalen Steuerreform gebunden wäre, jedoch wie nach der geltenden Regelung nur eine Straf befreiung, aber keine (oder nur eine beschränkte) Ausnahme von der Nachzahlungspflicht vorsehen würde (vgl. oben Ziff. l c). Eine Lösung in diesem Sinne hätte zudem

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den Vorzug, dass für ihre Durchführung in den Kantonen weitgehend an die bisherige Praxis und Rechtsprechung angeknüpft werden könnte.

d. Der Gedanke, statt einer - mit dem Makel einer Ausnahmeregelung behafteten - Anschlussamnestie eine generelle Ordnung vorzusehen, die den Wehrsteuerpflichtigen in allen Kantonen die Möglichkeit gibt, im Wege einer Selbstanzeige ihre steuerlichen Verhaltnisse in Ordnung zu bringen und damit einen gänzlichen oder sehr weitgehenden Straferlass zu erwirken, trägt dem Grundsatz der Rechtsgleichheit und dem Gebot der gleichmässigen Handhabung des Wehrsteuerrechts am besten Rechnung. Die Steuergesetze von 6 Kantonen sehen bereits heute für den Fall von Selbstanzeige die Straffreiheit vor; in weiteren 16 Kantonen wird die Selbstanzeige, im Gegensatz zum Wehrsteuerrecht, gesetzlich als Strafmilderungsgrund anerkannt. (Bei der Wehrsteuer wird die Selbstanzeige in der Praxis strafmildernd berücksichtigt.) Eine Strafbefreiung für den Fall spontaner Selbstanzeige (worin der Fall vollständiger Deklaration des Einkommens und Vermögens im Rahmen einer kantonalen Amnestie eingeschlossen wäre) liesse sich bei der Wehrsteuer rechtfertigen, weil damit ein allgemeiner, nicht auf einige wenige Amnestiekantone beschrankter Fortschritt im Kampf gegen die Steuerdefraudation erzielt werden könnte.

3. Das Finanz- und Zolldepartement hat im Frühjahr 1965 die Regierungen der Kantone eingeladen, sich zu den in Frage kommenden Lösungsmöglichkeiten zu äussern. Aus den Antworten ist zu ersehen, dass der Gedanke einer bedingungs- und voraussetzungslosen Anschlussamnestie im Sinne der Motion Mäder von einem Teil der Kantone warm befürwortet, von ändern aber mit Entschiedenheit abgelehnt wird. Die Befürworter machen geltend, eine Amnestie sei zur Zeit das einzige Mittel zur Verbesserung der Steuerverhältnisse. Die Nachforderung der Wehrsteuer bilde aber eine schwere Behinderung des Erfolges einer kantonalen Amnestie. Ein Erfolg könne nur erwartet werden, wenn auf jegliche Nachund Strafsteuern auch bei der Wehrsteuer verzichtet werde.

Die Gegner begründen ihre Stellungnahme etwa wie folgt: Eine voraussetzungslose Anschlussamnestie im Sinne der Motion verletze die Rechtsgleichheit und wäre rechtsstaatlich1 nicht zu verantworten. Die Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige schaffe dagegen gleiches
Recht für alle Wehrsteuerpflichtigen und biete einen begrüssenswerten Anreiz für die freiwillige Rückkehr zur Steuerehrlichkeit.

Die Anhänger der «Anschlussamnestie-»bzw. der «Selbstanzeige-Lösung» unter den Kantonen halten sich, nach dem Ergebnis dieser Umfrage, ungefähr die Waage.

V. Die vorgeschlagenen gesetzgeberischen Massnahmen l. Die Motion Mäder verlangt ausdrücklich die Schaffung der Rechtsgrundlagen für die Einführung einer voraussetzungslosen Anschlussamnestie. Diese von beiden Raten erheblich erklärte Motion ist für den Bundesrat veibindlich.

Es liegt mithin ein konkreter Auftrag v or, der den Bundesrat verpflichtet (Art. 15,

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Abs. l des Geschäftsverkehrsgesetzes; Art.36 des nationalrätlichen und Art.40 des ständerätlichen Geschäftsreglementes).

Diesem Auftrag kommt der Bundesrat durch die Vorlage des Entwurfes zu einem Bundesbeschluss nach, der die Befreiung von Nachzahlung und Strafe bei der Wehrsteuer vorschreibt für Steuerpflichtige, welche die Voraussetzungen einer vom Kanton in den Jahren 1965 bis 1969 angeordneten Steueramnestie erfüllen.

2. Der Bundesrat kann jedoch nicht verhehlen, dass er gegen den Erlass einer voraussetzungs- und bedingungslosen Anschlussamnestie die schwersten Bedenken hegt. Er ist nach wie vor der Auffassung, dass der Gesetzgeber eine Steueramnestie nur unter dem Druck ausserordentlicher Verhältnisse anordnen sollte. Er weist im ferneren auf die Erfahrung hin, wonach eine Steueramnestie nur dann einen nennenswerten Erfolg haben kann, wenn sie von Massnahmen begleitet wird, die einen wirksamen Druck auf die unehrlichen Steuerpflichtigen ausüben (z.B. durch Einführung verschärfter Kontrollmassnahmen). Auf den Erlass und die Ausgestaltung kantonaler Amnestien, an welche sich der Bund nach der Motion für die Wehrsteuei «voraussetzungs- und bedingungslos» anschliessen müsste, hätte der Bundesgesetzgeber keinerlei Einfluss. Er müsste die Anschlussamnestie gleichsam mit verbundenen Augen gewähren. An die Seite dieser Bedenken stellen sich jene, die der Sorge um die einheitliche Handhabung des Wehrsteuerrechts entspringen. Mit einer Anschlussamnestie im Sinne der Motion Mäder würde der Grundsatz der Rechtsgleichheit ganz bewusst, und zwar in krasser Weise, verletzt, wie schon oben dargetan wurde (vgl. Abschnitt IV, Ziff. 20).

Aus diesen Gründen kann der Bundesrat der Bundesversammlung den Erlass einer voraussetzungslosen und bedingungslosen Anschlussamnestie nicht empfehlen. Er schlägt statt dessen die Ergänzung des Wehrsteuerbeschlusses durch Bestimmungen vor, die sämtlichen Wehrsteuerpflichtigen für den Fall von Selbstanzeige die Befreiung von Strafsteuern zusichern. Damit wird den Kantonen die Durchführung eigener Amnestien im Rahmen des Verantwortbaren erleichtert, ohne dem Grundsatz der Rechtsgleichheit und der einheitlichen Durchführung des Bundesrechts Gewalt anzutun.

VI. Verfassungsrechtliche Grundlagen Sowohl eine Anschlussamnestie im Sinne der Motion Mäder wie auch die in Vorschlag
gebrachte Selbstanzeige-Lösung bedeuten einen Eingriff in das materielle Wehrsteuerrecht, dessen Geltung bis zum Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes zu Artikel 41 ter BV auf der Übergangsordnung gemäss Artikel 8 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung beruht. Da die letztgenannte Verfassungsbestimmung einerseits das Inkraftbleiben des geltenden Wehrsteuei rechts ausdrücklich stipuliert (Art. 8, Abs. l UeBBV) und anderseits selbst gewisse materielle Wehrsteuervorschriften aufstellt (Art. 8, Abs. 3 UeBBV), hat sich die nicht ohne weiteres zu beantwortende Frage gestellt, ob einerseits die in der Motion geforderte Anordnung einer Anschlussamnestie und anderseits die vom Bundesrat in Vorschlag gebrachte Abänderung des Wehrsteuerbeschlus-

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ses auf dem Wege der einfachen Bundesgesetzgebung möglich sei oder ob es der Schaffung einer besonderen verfassungsrechtlichen Grundlage bedürfe. Zur Abklärung dieser heiklen verfassungsrechtlichen Frage hat das Finanz- und Zolldepartement, auf Anordnung des Bundesrates, das Gutachten eines Staatsrechtslehrers eingeholt. Der Experte, Prof. Dr. Richard Bäumlin von der Universität Bern, ist zu folgenden Ergebnissen gelangt : 1. Soweit Artikel 8, Absatz 3 UeBBV Detailvorschriften über die Wehrsteuer enthält, handelt es sich formell um Verfassungsrecht, das - bis zum Inkrafttreten der Ausführungsgesetze zu Artikel 41 ter BV - nur durch Partialrévision der Bundesverfassung geändert werden kann. Indem diese Verfassungsbestimmung den Wehrsteuertarif sowie Abzüge und Steuerermässigungen festlegt, schreibt sie zwingend die Erhebung der hier normierten Steuern vor. Ein Verzicht auf deren Bezug (oder Nachbezug), auch auf dem Wege einer Amnestie, ist ohne besondere verfassungsrechtliche Ermächtigung nicht zulässig. Deshalb darf eine Anschlussamnestie im Sinne der Motion Mäder nur auf dem Wege einer Partialrevision der Bundesverfassung beschlossen weiden. Der Gutachter lässt die von ihm ebenfalls aufgeworfene Frage offen, ob durch den Erlass einer Anschlussamnestie der verfassungsrechtliche Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht in einem Masse verletzt würde, dass nur die Verfassung selbst eine solche Anordnung treffen dürfte.

2. Da nach der Selbstanzeige-Lösung ein Verzicht auf die Nachzahlung entzogener Steuern nicht vorgesehen wird, steht sie nach der Meinung des Experten mit den Bestimmungen in Artikel 8, Absatz 3 UeBBV nicht im Widerspruch. Es handelt sich hier um die Abänderung von Wehi Steuervorschriften, die nicht in der Verfassung ausdrücklich verankert sind, mithin nicht im Rang von Verfassungsrecht stehen. Die straflose Selbstanzeige kann daher auf dem Wege der Gesetzgebung, in der Form eines allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses, eingefühlt werden. Nach den Ausführungen des Gutachters stellt diese Regelung «bundesstaatsrechtlich betrachtet die optimale Konkordanzlösung dar», da die gegenseitigen Interessen von Bund und Kantonen am besten gewahrt bleiben.

Auch wird durch diese Lösung die Rechtsgleichheit weniger tangiert als bei völligem Verzicht auf Nachsteuern.

3. Der Bundesrat schliesst sich
der Auffassung des Experten an. Er schlägt deshalb für den allfälligen Erlass einer Anschlussamnestie im Sinne der Motion den Weg der Verfassungsänderung vor. Es wird eine Ergänzung der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung durch einen neuen Artikel 9 in Vorschlag gebracht. Dies in der Meinung, dass es sich um eine vorübergehende gesetzgeberische Massnahme handelt, weil die Zeit, während welcher die Kantone für eigene Amnestieerlasse die Anschlussamnestie für die Wehrsteuer in Anspruch nehmen können, begrenzt werden muss. Damit wird die Einmaligkeit der Amnestiegelegenheit unterstrichen, was für den Erfolg der Amnestie entscheidend ist. Wenn nämlich der unehrliche Steuerpflichtige mit der Möglichkeit einer späteren Wiederholung einer Amnestie rechnen kann, so wird er sich viel weniger dazu entschliessen, reinen Tisch zu machen, als wenn ihm eine einmalige

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Amnestie angeboten wird. Die angesetzte Frist ist lange genug, um es den an einer Amnestie interessierten Kantonen zu ermöglichen, die erforderlichen gesetzlichen Massnahmen zu treffen. Dies um so eher, da auf das Erfordernis der Steuerreform verzichtet wird.

Der Vorschlag des Bundesrates auf Einführung der straflosen Selbstanzeige im Wehrsteuerrecht kann demgegenüber in der Form eines allgemeinverbindlichen, dem fakultativen Referendum unterstehenden Bundesbeschlusses verwirklicht werden. Die verfassungsrechtliche Kompetenz der Bundesversammlung, diese Materie zu regeln, ergibt sich aus Artikel 85, in Verbindung mit Artikel 41 ter der Bundesverfassung sowie Artikel 8 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung.

VII. Erläuterung der Vorlagen 1. Die Verfassungsvorlage (Anlage 1), mit der die in der Motion Mäder aufgestellten Forderungen zu verwirklichen wären, kann inhaltlich sehr kurz und einfach gehalten werden. Die Ausgestaltung der kantonalen Steueramnestie, an welche der Bund sich für die Wehrsteuer anzuschliessen hätte, wäre ausschliesslich Sache des kantonalen Gesetzgebers. Nach dem Wortlaut der Motion ist die Anschlussamnestie als Vollamnestie auszugestalten, d. h. es ist eine vollständige Befreiung sowohl von Nach- wie von Strafsteuern vorzusehen. Diesem universellen Charakter des Instituts entspricht es, seine Wirkungen auch auf die Nachsteuern und Bussen auszudehnen, für welche die Erben nach Artikel 130, Absatz l des Wehrsteuerbeschlusses haften.

Das Institut der Anschlussamnestie hat den Charakter einer Ausnahmeregelung. Mit Rücksicht darauf drängt sich eine zeitliche Begrenzung der Anwendbarkeit des Beschlusses auf. Die Anschlussamnestien des Bundes seit 1945 (vgl. Abschnitt I, Ziff. 2) waren denn auch stets befristet. Eine Frist von 5 Jahren wird genügen, um den an einer Amnestie heute interessierten Kantonen zu erlauben, die ihnen gut erscheinenden Massnahmen zu treffen.

Mit dem Inkrafttreten von neuen Bestimmungen über eine Anschlussamnestie werden die heute geltenden Vorschriften über den gleichen Gegenstand überflüssig. Artikel 5 des Bundesbeschlusses über die Ausführung der Finanzordnung 1955 bis 1958 ist deshalb aufzuheben.

2. Einer etwas eingehenderen Regelung bedarf die Einführung der straflosen Selbstanzeige im Wehrsteuerrecht, die vom Bundesrat an Stelle der ihm
nicht opportun ei scheinenden Anschlussamnestie vorgeschlagen wird (Anlage 2).

Dies schon aus dem Grunde, weil es sich der Natur der Sache nach nicht um eine vorübergehende, sondern um eine dauernde Institution handelt. Diese soll vorerst für die Dauer der gegenwärtig noch geltenden Übergangsordnung (Art. 8, Abs. l UeBBV) durch eine Ergänzung des Wehrsteuerbeschlusses (Art. 135e«) eingeführt werden; die Weiterführung im Rahmen des in Ausführung von Artikel 41 ter, Absatz 5 der Bundesverfassung zu erlassenden Wehrsteuergesetzes wird noch zu prüfen sein.

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Der in Absatz l des vorgeschlagenen Artikels 135bis WStB vorgesehene vollständige Straferlass bedeutet ein sehr weitgehendes, einer Teilamnestie gleichkommendes Entgegenkommen, auf das nur derjenige Anspruch soll erheben können, der aus freiem Antrieb seine früheren Verfehlungen anzeigt. Er soll dadurch «tätige Reue» bekunden, dass er die dem Staate vorenthaltenen Steuerbeträge nachentrichtet, soweit noch keine Verjährung eingetreten ist. Zu diesem Behufe muss er vollständige und genaue Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse machen. Keine Milde verdient jener, der nur unter dem Drucke einer bereits angehobenen Untersuchung handelt, also ohnehin mit der Entdeckung seiner Verfehlungen rechnen muss; ebensowenig derjenige, der sich nur zu einem teilweisen Geständnis bequemt und damit seine Absicht bekundet, weiter zu defraudieren. Wird die Unvollständigkeit der Angaben entdeckt, so ist die Strafe noch nachträglich zu verhängen, es sei denn, der Mangel sei auf entschuldbare Unkenntnis zurückzuführen (Abs. 3).

Auch den Erben eines Steuerpflichtigen, die nach Gesetz (Art. 130, Abs. l WStB) für die vom Erblasser verwirkten Strafen und Nachsteuern haften, ist die Möglichkeit einer straf befreienden Selbstanzeige einzuräumen (Abs. 2).

Im weiteren ist klarzustellen, dass die vollständige und genaue Angabe des Einkommens und Vermögens in einer Steuererklärung, die der Steuerpflichtige zur Erlangung des Anspruchs auf eine kantonale Steueramnestie einreicht, einer Selbstanzeige gleichzustellen ist und den Anspruch auf Straf befreiung auslöst (Abs. 5). Damit wird im Ergebnis die Wirkung einer Anschlussamnestie erreicht, mit dem Unterschied zu der Regelung, wie sie unter Ziffer l dargestellt wurde, dass die entzogenen Wehrsteuerbeträge im einfachen Betrage nachzuzahlen sind.

Die bisherigen Bestimmungen über die Anschlussamnestie werden damit obsolet, sie sind aufzuheben (Ziff.II des Bundesbeschlusses).

Gestützt auf diese Ausführungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Abänderung des Wehrsteuerbeschlusses (Straffreiheit für Hinterziehung bei Selbstanzeige, Anlage 2) zur Annahme zu empfehlen. Ferner stellen wir den Antrag, es seien die Motion des Ständerates Nr. 8962 vom 5. März 1964 (Motion Mäder) sowie das Postulat des Ständerates Nr. 7820 vom
17. März 1959 (Postulat Rohner) als gegenstandslos abzuschreiben.

Wir benützen die Gelegenheit, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 6. Juni 1966.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Scharnier Der Bundeskanzler : Ch.Oser

948

(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Anschlussamnestie für die Wehrsteuer

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung der Artikel 85, Ziffer 14,118 und 121, Absatz l der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. Juni 1966, beschliesst:

I Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt: Art. 9 Ordnet ein Kanton in den Jahren 1965 bis 1969 eine Steueramnestie an, so wird der Steuerpflichtige, der die Voraussetzungen dieser Amnestie erfüllt, von der Pflicht zur Nachzahlung früher hinterzogener Wehrsteuern und von den Straffolgen dieser Hinterziehung befreit. Diese Befreiung gilt auch für Steuern und Steuerstrafen, für die der Steuerpflichtige als Erbe haftet.

II Artikel 5 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 19541) über die Ausführung der Finanzordnung 1955 bis 1958 wird aufgehoben.

III 1

Dieser Beschluss ist der Abstimmung des Volkes und der Stände zu unterbreiten.

2 Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

*) AS 1954, Seite 1316.

949

(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Änderung des Wehrsteuerbeschlusses (Straffreiheit für Hinterziehung bei Selbstanzeige)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. Juni 1966, beschliesst:

I Der Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1940, BS 6, 350 über die Erhebung einer Wehrsteuer wird wie folgt ergänzt : Art. 1350« VI. Selbstanzeige 1

Wer aus eigenem Antrieb, und ohne durch die unmittelbare Gefahr der Entdeckung veranlasst zu sein, eine von ihm begangene Hinterziehung der Steuerbehörde selbst anzeigt und durch vollständige und genaue Angaben die Nachforderung dei entzogenen Wehrsteuerbetrage eimöglicht, wird von den Straffolgen nach Artikel 129 befreit; die entzogenen Wehrsteuerbeträge sind, soweit die Frist nach Artikel 134 für deren Geltendmachung noch nicht abgelaufen ist, nachzuentrichten.

2

Absatz l rindet entsprechende Anwendung auf Erben für die vom Erblasser verwirkten Bussen.

3

Der Anspruch auf Straf befreiung nach den Absätzen l und 2 ist verwirkt, wenn sich herausstellt, dass die Angaben des Steuerpflichtigen oder des Erben nicht vollständig und genau waren, und diesel Mangel nicht auf entschuldbare Unkenntnis zurückzuführen ist.

4

Auf die Nachforderung der entzogenen Wehrsteuerbeträge finden die Artikel 132,134 und 135 entsprechende Anwendung.

Bundesblatt. 118. Jahrg. Bd. I.

70

950 5

Die vollständige und genaue Angabe des steuerbaren Einkommens und Vermögens in einer Steuererklärung, die der Wehrsteuerpflichtige zur Erwirkung des Anspruchs auf eine kantonale Steueramnestie abgibt, gilt als Selbstanzeige im Sinne von Absatz l.

II Artikel 5 des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 19541) über die Ausführung der Finanzordnungl955 bis 1958 wird aufgehoben.

III

Dieser Beschluss ist gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

IV Dieser Beschluss tritt am I.Januar 1967 in Kraft und gilt bis zum 3 I.Dezember 1974.

8983

*) AS 1954, Seite 1316.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zur Motion Mäder betreffend Anschlussamnestie für die Wehrsteuer beim Erlass kantonaler Steueramnestien (Vom 6.

Juni 1966)

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1966

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

25

Cahier Numero Geschäftsnummer

9474

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.06.1966

Date Data Seite

936-950

Page Pagina Ref. No

10 043 296

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