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73. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die gemäss Bundesbeschluss vom 28. September 1956/ 28. September 1962 getroffenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland sowie über andere handelspolitische Fragen (Vom I.Juli 1966)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen nachstehend von den weiteren Massnahmen Kenntnis zu geben, die wir auf Grund des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956/ 28. September 1962 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland getroffen haben. Gleichzeitig orientieren wir Sie über eine Reihe anderer handelspolitischer Fragen.

I. Verkehr mit den einzelnen Ländern 1. Republik Dahomey

Die zwischen dem in Cotonou akkreditierten schweizerischen Botschafter und der Regierung der Republik Dahomey vor einiger Zeit aufgenommenen Besprechungen, die im 72. Bericht kurz erwähnt wurden, führten am 20. April 1966 zur Unterzeichnung eines Abkommens über den Handelsverkehr, den Investitionsschutz und die technische Zusammenarbeit.

Ähnlich wie die in den Jahren 1962, 1963 und 1964 mit den Republiken Niger, Guinea, Elfenbeinküste, Senegal, Congo-Brazzaville, Kamerun, Togo und Malagasy (bisher madagassische Republik) getroffenen Vereinbarungen (vgl.

65., 66., 67., 68. und 69.Bericht) enthält das Abkommen u.a. kommerzielle Klauseln, welche die Beibehaltung und die Ausdehnung des bisherigen Handelsverkehrs mit Dahomey gestatten sollen. Mit der Festsetzung von Kontingenten für die angestammten schweizerischen Waren soll eine Diskriminierung der

1131 schweizerischen Exporte gegenüber denjenigen anderer Länder vermieden werden; vorbehalten bleibt das von Dahomey den Mitgliedern der EWG und deren assoziierten Staaten gewährte Vorzugsregime.

Das neue Abkommen gilt rückwirkend ab I.Januar 1966 und läuft bis zum 31. Dezember 1967. Es ist mit der Möglichkeit stillschweigender Verlängerung ausgestattet und bedarf der Ratifizierung.

2. Bundesrepublik Deutschland Wie üblich trat der Gemischte schweizerisch-deutsche Regierungsausschuss, der durch das Handelsabkommen vom Z.Dezember 1954 zur periodischen Festsetzung der gegenseitigen Einfuhrkontingente und zur Überwachung der Entwicklung des Warenverkehrs eingesetzt worden ist, anfangs Januar dieses Jahres in Bonn zusammen. Durch ein Zehntes Zusatzprotokoll zum Handelsabkommen ist der Rahmen für die Einfuhr der beiderseits nicht liberalisierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse während des Jahres 1966 festgelegt worden.

Nach wie vor ist die deutsche Ausfuhr von Nadelstamm- und Papierholz beschränkt. Die 1966 deutscherseits zum Export nach der Schweiz freigegebene Menge Rundholz ist von 12 000 Festmeter für 1965 auf 14 000 Festmeter heraufgesetzt worden zuzüglich eines Sonderkontingentes von ca. 1000 Festmeter Rammpfähle. Damit konnte dem speziellen schweizerischen Bedürfnis für starkes Langholz, welches vornehmlich in Süddeutschland erhältlich ist, entsprochen werden. Das Bezugskontingent für Papierholz erfuhr eine Erhöhung von 7500 auf 10 000 Raummeter.

Die schweizerische Delegation brachte verschiedene hängige EWG-Agrarprobleme zur Sprache, durch welche gewisse schweizerische Exporte nach der Bundesrepublik Deutschland betroffen werden (Festlegung einer den wirtschaftlichen Verhältnissen angepassten Abschöpfungsregelung für Schachtelkäse, Senkung der deutschen Ausgleichsabgaben bei der Einfuhr von Zucker- und Dauerbackwaren, wofür seit einiger Zeit sich in Deutschland ein interessanter Absatzmarkt eröffnet hat). Die deutsche Seite wurde darüber nicht im unklaren gelassen, dass die Beeinträchtigung der traditionellen schweizerischen Exporte nach den EWG-Ländern auf die Länge von uns nicht hingenommen werden könne.

Auf Grund der Verhandlungen kann angenommen werden, dass wie bis anhin auch bei einer allfälligen deutschen Einfuhrsperre schweizerisches Tafelobst - zum mindesten in bestimmten Sorten -
zur Einfuhr zugelassen wird.

Soweit nötig, wird, wie schon früher, vor Beginn der Exportkampagne über die Belieferung des deutschen Marktes mit Tafelobst eine gegenseitige Konsultation im schweizerisch-deutschen Sachverstandigenausschuss stattfinden.

Neben ändern, den gegenseitigen Warenaustausch betreffenden aktuellen Problemen wie dem Textilveredelungsverkehr, der zollbegünstigten Einfuhr von Waren zum vorübergehenden Gebrauch, den Modalitäten bei der Erteilung von Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen, insbesondere für leitendes Personal von Tochtergesellschaften im Partnerland, sind auf deutschen Wunsch auch Film-

1132 fragen erörtert worden. Der Regierungsausschuss nahm zustimmend von dem am 7. Januar 1966 zwischen den Filmproduzentenverbänden beider Länder abgeschlossenen Gemeinschaftsproduktionsabkommen Kenntnis.

Bei der Anwendung der im Frühjahr 1964 mit dem deutschen Bundesfinanzministerium getroffenen Regelung über die umsatzsteuerliche Behandlung von schweizerischen Maschinenexporten, verbunden mit Montage am Lieferort worauf in früheren Berichten näher hingewiesen worden ist -, ergaben sich leider deutscherseits bei der Prüfung der Lieferungen einzelner schweizerischer Firmen Schwierigkeiten. Die Handelsabteilung setzt sich beim Bundesfinanzministerium für eine Befreiung dieser Lieferungen von der zusätzlichen umsatzsteuerlichen Belastung ein.

3. Finnland

Die in Helsinki auf multilateraler Basis aufgenommenen Besprechungen über die weitere Anwendung des seit I.April 1957 bestehenden finnischen Globalkontingentsystems führten am 22. November 1965 zur Unterzeichnung eines neuen Protokolls betreffend das Abkommen über multilateralen Handel und Zahlungen zwischen Finnland und gewissen westeuropäischen Staaten, einschliesslich der Schweiz (AS 1966, 414). Durch diese neue Vereinbarung wird der Handels- und Zahlungsverkehr zwischen Finnland und den Teilnehmerstaatenfür eine weitere Vertragsperiode von zwölf Monaten multilateral geregelt.

Die neue Vereinbarung hat materiell den gleichen Wortlaut wie das für das letzte Jahr geltende Protokoll; sie ist am I.Januar 1966 in Kraft getreten und gilt bis 3 I.Dezember 1966.

Durch diese multilaterale Vereinbarung werden die im Abkommen zur Schaffung einer Assoziierung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandeis-Assoziation und der Republik Finnland vom 27. März 1961 (AS 1961, 479) von diesem Land übernommenen Verpflichtungen in bezug auf den Abbau der mengenmässigen Einfuhrbeschränkungen nicht berührt.

4. Frankreich

Die Schwierigkeiten, die der Ausfuhr von Medizinalmilchpulver und Schmelzkäse schweizerischen Ursprungs durch die von der EWG-Milchmarktordnung in den Weg gelegten Hindernisse entstanden sind, konnten leider immer noch nicht behoben werden. Da vorauszusehen ist, dass die schwebenden Besprechungen mit der EWG-Kommission in Brüssel noch eine gewisse Zeit andauern werden, hielt man es beiderseits für zweckmässig, die Gültigkeit der Basiskontingente vorerst lediglich um ein weiteres Quartal zu verlängern.

5. Indien

Das im 72. Bericht erwähnte Abkommen über die Gewährung eines neuen Transferkredits von 63 Millionen Franken an die Republik Indien ist am 7. März 1966 in Bern unterzeichnet worden und am gleichen Tag in Kraft getreten (AS 1966, 564).

1133 6. Iran Der Warenaustausch mit Iran (vgl. 69. Bericht) entwickelte sich im Laufe der letzten Jahre günstig und wirft einen wachsenden Saldo zugunsten unseres Landes ab. 1965 erreichte die Einfuhr (ohne Erdöl und Erdölderivate) 39,76 Millionen Franken, während die Ausfuhr auf 74,12 Millionen anstieg. Die Ausweitung unseres Warenverkehrs mit Iran scheint ihren Höhepunkt noch nicht überschritten zu haben, zumal Ein- und Ausfuhr schweizerischerseits keinen besonderen Einschränkungen mehr unterworfen sind und die Importe sowohl in Persien als auch in der Schweiz mit Bezug auf die Zölle in den Genuss der Meistbegünstigung gelangen.

Nach Besprechungen, die bereits 1964 auf Ersuchen der iranischen Regierung in der Absicht aufgenommen worden waren, den Bezug von Investitionsund anderen Gütern für die wirtschaftliche Entwicklung Irans zu erleichtern, konnte am 20. März 1966 ein Abkommen betreffend die Sicherstellung von schweizerischen Krediten durch die Exportrisikogarantie, des Bundes in Teheran unterzeichnet werden (AS 1966, 629).

Auf Grund dieses Abkommens, dessen Bestimmungen seit der Unterzeichnung provisorisch zur Anwendung gelangten und das seither definitiv in Kraft getreten ist, erleichtert die Schweiz mittels Gewahrung der Exportrisikogarantie die private Finanzierung von Investitionsguterlieferungen und anderen Warenexporten nach Iran, die mit dem 3. iranischen Wirtschaftsplan in Zusammenhang stehen. In gleicher Weise wie analoge Vereinbarungen, die die Schweiz mit anderen Ländern getroffen hat, erlaubt das schweizerisch-iranische Abkommen die Ausdehnung der Exportrisikogarantie des Bundes auf Lieferungen von Investitionsgütern oder Einrichtungen nach Iran, für welche sich naturgemäss eine längere Amortisationsdauer ergibt und deren Zahlungsfristen über 5 Jahre hinausgehen. Für solche Exporte gewährt der Bund die Garantie bis zum gesetzlichen Höchstsatz von 85 Prozent gemäss den Bestimmungen des Gesetzes vom 26. September 1958 über die Exportrisikogarantie und im Rahmen eines im Einvernehmen mit Persien1 auf 12 Millionen Franken angesetzten Plafonds. Ihrerseits garantiert die iranische Regierung insbesondere die Bezahlung und den Transfer des Gegenwertes der unter das Abkommen vom 20. März 1966 fallenden schweizerischen Leistungen in freien Devisen nach der Schweiz. Nötigenfalls kann ab
I.Januar 1967 jede der beiden Vertragsparteien dem Abkommen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist ein Ende setzen. Das Abkommen schränkt im übrigen in keiner Weise die Möglichkeit unserer Exporteure ein, schweizerische Investitionsgüterlieferungen nach Iran zu normalen Zahlungsund Transferbedingungen vorzunehmen.

7. Königreich Marokko Das mit Marokko am 29. August 1957 abgeschlossene1 und am 3I.Dezember 1965 abgelaufene Handelsabkommen konnte durch einen zwischen unserer Botschaft in Rabat und dem marokkanischen Aussenministerium vorgenommenen Notenwechsel für ein weiteres Jahr erneuert werden.

1134 8. Österreich

Bezüglich der Einfuhr von Rundholz aus Österreich hat sich die Lage während der Berichtsperiode nicht verändert (vgl. 70. bis 72. Bericht).

Seit einiger Zeit beklagt sich die schweizerische Teppichindustrie über die Einfuhr von Teppichen aus Österreich zu aussergewöhnlich niedrigen Preisen.

Dieses Preisgebaren ist vor allem auf die Ausrichtung einer Exportbeihilfe zurückzuführen, bestehend in der Gewährung einer Ausfuhrvergütung, welche die inländische umsatzsteuerliche Vorbelastung in Österreich beträchtlich übersteigt. Ähnliche Klagen sind auch seitens der schweizerischen Stickereiindustrie erhoben worden. Das Problem soll in nächster Zeit mit den österreichischen Behörden erörtert werden.

9. Tschechoslowakei

Durch einen zwischen der Schweizerischen Botschaft in Prag und dem tschechoslowakischen Aussenministerium am 10. Februar 1966 vorgenommenen Notenwechsel ist vereinbart worden, die Warenlisten, deren Gültigkeit am 31.Dezember 1965 abgelaufen war, wiederum für ein weiteres Jahr, d.h. vom I.Januar bis 3 I.Dezember 1966, in Kraft zu setzen.

10. Ungarn

Durch ein am 15.Dezember 1965 unterzeichnetes Protokoll ist vereinbart worden, die Kontingentslisten für den gegenseitigen Güteraustausch, deren Gültigkeit am 30. September 1965 abgelaufen war, wiederum für ein weiteres Jahr, d.h. vom I.Oktober 1965 bis 30.September 1966, in Kraft zu setzen.

H. Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) Die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem GATT konnten in der Berichtsperiode auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden. Am I.April 1966 fassten die Vertragsparteien des GATT an ihrer ordentlichen Jahressession einstimmig den Beschluss, dass die Schweiz gemäss den Regeln und Bedingungen, die in einem besondern Protokoll niedergelegt sind, Vollmitglied des GATT werden könne. Die Schweiz unterzeichnete dieses Beitrittsprotokoll am 4. Mai unter Ratifikationsvorbehalt. Dem Beitrittsbeschluss gingen schwierige diplomatische Verhandlungen voraus, kam es doch darauf an, den Vorbehalt der schweizerischen Gesetzgebung in bezug auf die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse welcher Vorbehalt uns bis heute gezwungen hatte, uns mit der provisorischen Mitgliedschaft im GATT zu begnügen - unverändert in das Protokoll über den definitiven Beitritt hinüberzunehmen.

Für nähere Angaben sei auf unsere am l O.Mai verabschiedete Botschaft verwiesen, mit der die eidgenössischen Räte um die Genehmigung des Beitrittsprotokolls ersucht werden.

In der Handelskonferenz des GATT (Kennedy-Runde) waren leider nur geringe Fortschritte zu verzeichnen. Immerhin konnte nach der Überwindung

1135 der EWG-Krise auf verschiedenen Teilgebieten der Verhandlungen über Industriegüter die unterbrochene Arbeitwieder aufgenommen werden. Ein beträchtlicher Rückstand ist auf dem Gebiete der Landwirtschaft aufzuholen. Soll ein Scheitern der Kennedy-Runde vermieden werden, so müssen die Verhandlungen nun in allen Bereichen mit Beschleunigung weitergeführt werden, damit sie noch rechtzeitig, d.h. vor Ablauf der amerikanischen Vollmachten am 30. Juni 1967, unter Dach kommt.

III. Wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa a. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Integrationsfragen Nach monatelanger Unterbrechung der normalen Beratungen in den Gemeinschaftsorganen zufolge der Mitte 1965 in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgebrochenen Krise konnten im Januar wiederum Sitzungen des Ministerrats, unter Teilnahme von Vertretern aller sechs Mitgliedstaaten der EWG, durchgeführt werden. Nach Abschluss der Ratstagung in Luxemburg vom 28./29. Januar dieses Jahres wurden die Texte verschiedener Vereinbarungen veröffentlicht. Darin wird u. a. festgestellt, dass mit Bezug auf das heftig umstrittene Problem der - nach Römer Vertrag seit Anfang dieses Jahres auch in \\ ichtigen Belangen vorgesehenen - Mehrheitsentscheide im Rat weiterhin unterschiedliche Meinungen der Mitgliedstaaten bestehen. Sie betreffen die Frage, ob bei Vorliegen von «sehr wichtigen Interessen eines oder mehrerer Partner» die Erörterung der Streitpunkte fortgesetzt werden muss, bis «ein einstimmiges Einvernehmen erzielt worden ist». Solche Meinungsdifferenzen sollen indessen nach übereinstimmender Auffassung «nicht verhindern, dass die Arbeit der Gemeinschaft nach dem normalen Verfahren wieder aufgenommen wird».

Ein anderer der in Luxemburg ausgearbeiteten Texte regelt die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen dem EWG-Rat und der Kommission. Obwohl auch hier an den im Römer Vertrag begründeten Kompetenzen formell nichts geändert wird, kann sich inskünftig in den praktischen Arbeitsmethoden der EWG eine gewisse Gewichtsverlagerung von der als Gemeinschaftsorgan gedachten, d.h. über den nationalen Interessen stehenden Instanz der EWGKommission auf den zwischenstaatlichen Ministerrat ergeben.

Wenn die Krise in der EWG somit als überwunden gelten kann, so werden gewisse Auswirkungen auf die Struktur und Orientierung der
Gemeinschaft voraussichtlich bleiben. Sofern sich diese Tendenzen durchsetzen, dürften inskünftig das Prinzip der Supranationalität eher abgeschwächt werden und die politische Zielsetzung in den Hintergrund treten. Die Rückwirkungen auf die Gestaltung der Aussenbeziehungen der Gemeinschaft, die sich aus einer Beschränkung der EWG auf den ihr eigenen Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ergeben könnten, lassen sich in diesem Zeitpunkt, in welchem Grossbritannien erneut die Aussichten für eine Verständigung mit der EWG abklärt, noch nicht beurteilen.

Gemäss dem an der Luxemburger Ratstagung von Ende Januar festgelegten Programm für die Wiederaufnahme der praktischen Gemeinschaftsarbeiten

1136 ' kommt den Problemen der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik Vorrang zu. Parallel dazu sollen aber vor allem die Zollfragen in der KennedyRunde behandelt werden.

In der Session des EWG-Ministerrats vom 4. bis 10. Mai 1966 kamen in der Folge wichtige Beschlüsse über die Finanzregelung für die gemeinsame Agrarpolitik und über die Verwirklichung des freien Warenverkehrs im Innern für Agrar- und Industrieprodukte zustande, die für die Zeit vom l. Juli 1967 bis zum Ablauf der im Römer Vertrag vorgesehenen Übergangszeit, d.h. bis Ende 1969, gelten sollen. Auf dem Agrargebiet sind nach diesen Grundsatzentscheiden, die zu gegebener Zeit noch in die Form eigentlicher Rechtserlasse umgegossen werden müssen, für die Zeit bis Mitte 1968 zahlreiche Fristen für die Beschlussfassung über die Anwendung, Ergänzung oder Schaffung von Marktordnungen sowie über die Festsetzung der gemeinsamen Preise für einzelne landwirtschaftliche Erzeugnisse vorgesehen. Die restlichen Zölle im Binnenaustausch von Industrieprodukten sollen nach diesem Zeitplan am I.Juli 1967 um weitere fünf Prozent herabgesetzt und am l. Juli 1968 beseitigt werden, und zum gleichen Termin soll der Gemeinsame Zolltarif der EWG gegenüber Drittländern voll angewendet werden.

Am 5. April 1966 beschloss der EWG-Ministerrat, die seit 1961 angewendete provisorische Kürzung des Gemeinsamen Aussentarifs der EWG um 20 Prozent auf den I.Juli 1966 zu einem grossen Teil aufzuheben, nämlich für alle diejenigen Positionen, welche die EWG in den Wirtschaftsverhandlungen der KennedyRunde nicht der allgemein vorgesehenen linearen Zollsenkung unterstellen will.

Da der dermassen gekürzte EWG-Aussentarif Berechnungsgrundlage für die stufenweise Anpassung der nationalen Tarife an den Gemeinsamen Tarif ist, hätte dieser Beschluss zur Folge, dass viele schweizerische Produkte bei der Einfuhr in die meisten EWG-Mitgliedstaaten ab l. Juli dieses Jahres von Zollerhöhungen betroffen würden. Die schweizerischen Behörden sind deshalb bei den Regierungen der EWG-Mitgliedstaaten und bei der EWG-Kommission in Brüssel vorstellig geworden und haben darauf hingewiesen, dass insbesondere die im Rahmen der Kennedy-Runde zwischen der Schweiz und der EWG geführten bilateralen Gespräche, die der Aufrechterhaltung der traditionellen innereuropäischen Handelsströme gelten,
durch solche Zollerhöhungen seitens der EWG belastet würden. Das Ergebnis der schweizerischen Demarche steht bei Abfassung des Berichtes noch nicht fest.

Die Besprechungen mit der EWG-Kommission, die eine Milderung der übertriebenen Auswirkungen der EWG-Milchmarktordnung auf unsere Exporte von Schachtelkäse und Medizinalmilchpulver bezwecken, konnten nach Beilegung der Krise in der EWG wieder aufgenommen werden. Eine befriedigende Regelung steht indessen immer noch aus.

b. Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) Die britische Einfuhrabgabe von ursprünglich 15 Prozent, die Grossbritannien Ende Oktober 1964 eingeführt und am 27. April 1965 auf 10 Prozent

1137 reduziert hatte, wird am 30. November 1966 wieder abgeschafft. Diese Erklärung hat der britische Schatzkanzler am 3. Mai dieses Jahres abgegeben. Damit wird eine Massnahme rückgängig gemacht, die die Beziehungen unter den EFTAPartnern belastete und den Warenverkehr innerhalb der Zone, soweit es sich um Lieferungen nach dem Vereinigten, Königreich handelte, hemmte.

Die am 12. und 13. Mai in Bergen durchgeführte Tagung der Minister der Mitgliedstaaten der EFTA konnte sich nach dem Wegfall dieses Problems den ändern schwebenden Fragen widmen. Im Vordergrund steht hier nach wie vor das Problem der europäischen Integration. Eine realistische Einschätzung der sich bietenden Möglichkeiten zur Beendigung der wirtschaftlichen Spaltung Europas führt zu dem Ergebnis, dass eine Lösung noch nicht als unmittelbar bevorstehend erwartet werden darf. Es herrscht jedoch Übereinstimmung darüber, dass die Mitgliedstaaten der EFTA ihrem Ziel, nämlich der wirtschaftlichen Einheit Europas, treu bleiben und ihrerseits nach wie vor alles tun werden, um den Graben zu überbrücken. In diesem Sinne hält die EFTA auch die Einladung aufrecht, die sie anlässlich der Ministerkonferenz in Kopenhagen im Oktober 1965 an die EWG gerichtet hatte und in der die Bereitschaft ausgedrückt war, mit der EWG über alle Punkte zu verhandeln, die für die beiden Wirtschaftsgruppen von gemeinsamem Interesse sind. Die Mitglieder der EFTA werden sich gegenseitig auf dem laufenden halten über ihre individuellen Schritte auf diesem Gebiet.

Einen weiteren Gegenstand der Beratungen in Bergen bildete der Austausch von landwirtschaftlichen Erzeugnissen innerhalb der EFTA. Im Rahmen der Konvention, die ja grundsätzlich eine Sonderbehandlung für die Landwirtschaftsgüter vorsieht, soll auf dem Wege bilateraler Verhandlungen erreicht werden, dass die stark agrarorientierten Staaten an den Fortschritten der Handelsausweitung gleichermassen teilhaben können. Die Schweiz hat ihren Beitrag in dieser Richtung bereits weitgehend geleistet.

Das Problem der Preisdifferenzen bei landwirtschaftlichen Ausgangsprodukten, die in industriellen Erzeugnissen enthalten sind, konnte noch keiner definitiven Lösung zugeführt werden. Als Übergangsmassnahme wurden die der Schweiz und Österreich für die betreffenden Positionen gewährten Ausnahmen bis zum 3I.Dezember 1967
verlängert. Der Rat hat ferner in bezug auf das Niederlassungsrecht innerhalb der EFTA einen Bericht über die Anwendung des Artikels 16 des Stockholmer Übereinkommens genehmigt. Endlich schuf der Ministerrat ein Unterkomitee des Konsultativkomitees, das sich mit Fragen wirtschaftlicher und sozialer Natur, die sich im Rahmen der EFTA stellen, beschäftigen wird.

Hinsichtlich der übrigen internen Tätigkeit der Assoziation sind zwei Anpassungen der Ursprungsregeln auf dem Textilsektor zu erwähnen. Es betrifft dies Oberkleider für Frauen, Mädchen und Kinder, die aus bedruckten Seidenstoffen hergestellt werden, sowie die Anwendung einer Regel über die Verwendung von in der Grundstoffliste enthaltenen Materialien.

1138 c. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Ein wichtiger Bestandteil der Tätigkeit der OECD war wiederum die Prüfung der Wirtschaftsentwicklung und -Perspektiven der Mitgliedstaaten einzeln (jährliche Wirtschaftsstudien) oder zusammen als Ganzes (Bestandesaufnahme des in den ersten fünf Jahren im Blick auf das vom OECD-Rat für die Zeit von 1960 bis 1970 gesteckte Wachstumsziel Erreichten).

Die OECD setzte ferner die Prüfung der Massnahmen fort, welche am geeignetsten wären, um ein vernünftiges Wachstum bei annähernd stabilen Preisen und Vollbeschäftigung zu gewährleisten ohne dabei den anzustrebenden Ausgleich der internationalen Zahlungen aus den Augen zu verlieren: Konsultationen auf dem Gebiete der Budget- und Fiskalpolitik, Verbesserung der Kapitalmärkte usw.

Die laufenden Arbeiten über den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, wie zum Beispiel die Untersuchung der sich aus den einzelstaatlichen Vorschriften über das öffentliche Einkaufswesen und ihren Auswirkungen auf den internationalen Handel ergebenden Probleme, wurden ergänzt durch die Konfrontierung der Handelsbeziehungen zwischen Japan und den übrigen Mitgliedstaaten, i Die Tätigkeit auf dem Gebiete der Industrie wurde auf einer neuen Grundlage aufgenommen. Der Industrieausschuss hielt seine erste Tagung ab, seitdem sein Mandat vom Rat revidiert wurde und Spezialkomitees nur noch für Stahl, Textilien, chemische Erzeugnisse, Ausrüstung und Papier bestehen.

Die Tätigkeit im Bereich der Aussenbeziehungen galt in erster Linie den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Entwicklungsländern. Die Beratungen über die von der UNCTAD aufgeworfenen Probleme wurden fortgesetzt; so diskutierte der Handelsausschuss die Ergebnisse der dritten Tagung des Handels- und Entwicklungsrates der UNCTAD, während sich eine Arbeitsgruppe des Komitees für Entwicklungshilfe mit Fragen der Finanzierung dieser Hilfe auseinandersetzte. Ein nach der Ministertagung vom November 1965 geschaffener Sonderausschuss wurde beauftragt, gewisse mit der Ausweitung des Handels zwischen den Entwicklungsländern und den Industriestaaten zusammenhängende Fragen zu prüfen und wenn möglich konkrete Massnahmen vorzuschlagen, welche zur Steigerung des Exporterlöses der Entwicklungsländer wirksam beitragen könnten.

IV. UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) Der Rat für Handel und Entwicklung hielt
die erste seiner zwei Jahressitzungen vom 25. Januar bis 17. Februar in New York ab. Dabei befasste er sich in der Hauptsache: - mit der Vorbereitung der zweiten UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung, die voraussichtlich während der ersten Jahreshälfte 1967 stattfinden soll; - mit der Rolle der UNCTAD im Zusammenhang mit den Arbeiten der internationalen Währungsinstitutionen ;

1139 - mit deri Prüfung des Berichtes der Kommission für «Invisibles» und mit dem Handel zusammenhängende Finanzierungsfragen; - mit der Förderung der Ausfuhr von in Entwicklungsländern fabrizierten Erzeugnissen; - mit den Vorberatungen einer zweiten UNO-Kakaokonferenz.

Die Vorberatung der Tagesordnung der zweiten UNO-Konferenz hat gezeigt, dass im allgemeinen der Wille besteht, an dieser Konferenz nur eine begrenzte Zahl von Problemen zu behandeln, die dank gründlicher Vorbereitung reif genug sind, um eine Beschlussfassung zu erlauben. Entsprechend einem Vorschlag der schweizerischen Delegation sollte diese Konferenz Gelegenheit bieten, eine aufeinander abgestimmte und gleichzeitige Anstrengung der Industriestaaten und der Entwicklungsländer einzuleiten.

Die Entwicklungsländer zeigen wenig Verständnis dafür, dass die laufenden Diskussionen über eine eventuelle Reform des internationalen Währungssystems hauptsächlich unter den Industriestaaten stattfinden. Sie wünschen deshalb, im Rahmen der UNCTAD Gelegenheit zu erhalten, ihre Ansichten über diese Reform zu äussern und dabei darzulegen, dass diese Reform nicht nur Sache der Industriestaaten sein kann. Die von einer UNCTAD-Expertengruppe unterbreiteten Vorschläge, wonach eine eventuelle Schaffung von zusätzlichen internationalen Liquiditäten mit einer Erhöhung der Weltbank-Reserven zu verbinden sei, haben die Entwicklungsländer in ihren Bestrebungen ermutigt, der UNCTAD auch Verantwortungen in bezug auf Wahrungsfragen anzuvertrauen.

Die Industriestaaten wiesen ihrerseits darauf hin, dass der Internationale Währungsfonds für die internationalen Währungsprobleme zuständig sei und dass die Gespräche über die Reform des internationalen Währungssystems noch nicht weit genug gediehen seien, um auf UNCTAD-Ebene Gegenstand nützlicher Diskussionen zu bilden. Es wurde schliesslich vereinbart, die Prüfung dieser Frage nach Bedarf wieder aufzunehmen unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die internationalen Währungsinstitutionen für solche Gespräche am besten geeignet seien.

Der Rat genehmigte das von der Kommission für «Invisibles» und mit dem Handel zusammenhängende Finanzierungsfragen aufgestellte Arbeitsprogramm, welches vorsieht : - Im Finanzsektor : Prüfung des Horowitz-Planes, der einen Mechanismus für Zinsausgleich schaffen will sowie aller
weitern Mechanismen im Zusammenhang mit der Finanzhilfe an Entwicklungsländer ; Prüfung der von der Weltbank ausgearbeiteten Vorschläge für die Einrichtung eines Mechanismus für eine zusätzliche Finanzierung, mit welcher auf allige Exporterlöseinbussen der Entwicklungsländer ausgeglichen werden sollen, die als Folge einer nicht voraussehbaren Baisse der Rohstoffpreise eintreten. Die Vorschläge der Weltbank sehen insbesondere eine enge Zusammenarbeit vor zwischen der internationalen Institution, welche diesen Mechanismus verwalten würde einerseits und den interessierten Entwicklungslandern anderseits, soweit es ihre Entwicklungspläne und ihre Entwicklungspolitik anbelangt; im allseitigen Einver-

1140 nehmen wurde vereinbart, der Prüfung dieser Vorschläge eine gewisse Priorität einzuräumen; - im Sektor der «Invisibles»: Studien auf dem Gebiet der Versicherung, der Rückversicherung und des Tourismus.

Der Rat prüfte verschiedene Möglichkeiten, den Export der Entwicklungsländer an verarbeiteten Produkten zu fördern. Besonders hervorgehoben wurden die Rolle der Kennedy-Runde, die Bedeutung von nichtdiskriminierenden Zollsenkungen sowie die Notwendigkeit von Export- und Handelsförderung.

Die Diskussionen über den Entwurf eines Abkommens zur Stabilisierung der Kakaopreise haben gezeigt, dass einige noch umstrittene Fragen näher abgeklärt werden müssen. Der Tätigkeit der Arbeitsgruppe für Kakaopreise und -kontingente, an welcher auch die Schweiz aktiv beteiligt war, ist es zu verdanken, dass die zweite Kakao-Konferenz auf den 23. Mai in New York einberufen werden konnte (siehe Kapitel V).

Die nächste Tagung des Rates findet im September in Genf statt. Sie wird in erster Linie die zweite UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung vorzubereiten und den ersten Bericht des Generalsekretärs über die Durchführung der Empfehlungen der ersten Konferenz zu prüfen haben.

V. Internationale Rohstoffabkommen Die internationale Kaffeeorganisation sieht sich vermehrten Schwierigkeiten gegenübergestellt, die vor allem mit der bereits letztes Jahr eingeleiteten Revision des Abkommens und damit zusammenhängen, dass in zunehmendem Umfange Kaffee unter Umgehung der festgelegten Quoten exportiert wird, was die Funktionsfähigkeit des Abkommens gefährden kann. Auch sollte ein Weg gefunden werden, um das Problem der Überschussproduktion und der besseren Anpassung der Exportquoten an die für die verschiedenen Sorten unterschiedliche Nachfrage zu losen.

Mit Bezug auf den Abschluss eines neuen Zuckerabkommens sind keine weiteren Fortschritte zu verzeichnen. Der internationale Zuckerrat in London bemüht sich immer noch, eine Grundlage für die Fortsetzung der letztes Jahr unterbrochenen Verhandlungen zu finden. Unter den Exportländern ist zwar eine Vereinbarung auf Einhaltung eines Mindestexportpreises zustandegekommen, doch zeigt die kürzliche neuerliche Baisse der Weltmarktpreise, dass die Vereinbarung bis heute nicht den gewünschten Erfolg hatte.

In New York begann am 23. Mai 1966 eine internationale Kakaokonferenz,
an welcher auch die Schweiz, die sich stets für den Abschluss eines solchen Abkommens eingesetzt hat, durch eine Delegation vertreten ist. Diese Konferenz ist insofern von besonderer Bedeutung, als hier auf Grund der Erfahrungen mit den bisherigen Rohstoffabkommen versucht wird, ein Stabilisierungsabkommen für Kakao zu schaffen, das eine Kombination verschiedener Methoden und neuer Massnahmen darstellen soll. Es wird sich zeigen müssen, ob auf diese Weise tatsächlich eine Verbesserung und Stabilisierung der Exporterlöse der Entwicklungsländer möglich ist.

1141 Gestützt auf die vorstehende Berichterstattung stellen wir den Antrag, Sie möchten von den getroffenen Massnahmen in zustimmendem Sinne Kenntnis nehmen und beschliessen, dass sie weiter in Kraft bleiben sollen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den I.Juli 1966.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Schaffner Der Bundeskanzler : Ch. Oser 9035

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73. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die gemäss Bundesbeschluss vom 28. September 1956/28. September 1962 getroffenen wirtschaftlichen Massnahmen gegenüber dem Ausland sowie über andere handelspolitische Fragen (Vom 1.Juli ...

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07.07.1966

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