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Bundesblatt

Bern, den 17. März 1966

118. Jahrgang

Band I

Nr. 11 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahr, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr

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Botschaft

des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des internationalen Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (Vom 4. März 1966) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend die Genehmigung des Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen, abgeschlossen im Haag am S.Oktober 1961 (Datum der ersten Unterschrift), zu unterbreiten.

Dieses Übereinkommen geht aus den Arbeiten der 9. Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht (vom 5. bis 26. Oktober 1960) hervor, an welchen die Schweiz als Mitglied der Konferenz (vgl. BB1 1956 II 285 und AS 1957, 465) teilgenommen hat. Es ist bestimmt, das Haager Abkommen vom 12. Juni 1902 zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige (BS 11, 800) zu ersetzen.

Mit Kreisschreiben vom 29. Juni 1964 hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement das Übereinkommen mit den erforderlichen Erläuterungen den Kantonsregierungen zur Stellungnahme vorgelegt. Nachdem sich 21 Kantonefür die Unterzeichnung und Ratifizierung ausgesprochen hatten - 4 Kantone antworteten nicht -, hat die Schweiz das Übereinkommen am 18. November 1964 unterzeichnet.

Bis heute wurde das Übereinkommen noch von Frankreich, Italien, Jugoslawien, Luxemburg und den Niederlanden unterzeichnet.

I. Zur Entstehungsgeschichte des Übereinkommens Dem Haager Abkommen von 1902 zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige gehören heute, ausser der Schweiz, noch folgende Staaten an: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Bundesblatt. 118. Jahrg. Bd.I.

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Portugal, Rumänien, Spanien und Ungarn (vgl. AS 1959,27). Auf dem Gebiet der Vormundschaft über Minderjährige gilt für die Schweiz insbesondere auch der Artikel 10 des Gerichtsstandsvertrages von 1869 mit Frankreich (BS 12, 347).

Unter Vorbehalt der staatsvertraglichen Regelung wird die Vormundschaft über Minderjährige - wie die über Volljährige - in den internationalen Beziehungen der Schweiz durch das Bundesgesetz vom 25. Juni 1891 über die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter (abgekürzt: NAG; BS 2, 737) geregelt.

) Das Haager Abkommen von 1902 beruht im wesentlichen auf dem Nationalitätsprinzip. In der Folge hat sich aber gezeigt, dass die Mitgliedstaaten mehr und mehr dazu übergingen, die Anordnung und die Führung von Vormundschaften den Behörden des Staates zu überlassen, in welchem der Minderjährige sich aufhält. Der Bundesrat hat daher schon 1910 eine Revision des Akommens im Sinne des Territorialitätsprinzips angeregt. Die politischen Ereignisse seit 1914 liessen jedoch die Behandlung solcher Anliegen lange Zeit in den Hintergrund treten. Als die S.Tagung der Haager Konferenz (1956) die Revision des Vormundschaftsabkommens von 1902 auf ihre Traktanden setzte, bot sich den Bearbeitern des Problems eine gegenüber 1902 wesentlich veränderte Situation dar : a. In sozialer Hinsicht hatten verschiedene Faktoren, vor allem die Umsiedelungen, das Flüchtlingswesen, die steigende Zahl der Fremdarbeiter, zur Folge, dass der Aufenthaltsstaat immer mehr genötigt war, sich auch mit den Familienverhältnissen ausländischer Personen zu befassen. Eine gewisse Lockerung der Familienbande trug mit dazu bei, dass der Staat sich immer mehr mit dem Schütze der auf seinem Gebiete lebenden Minderjährigen befassen musste.

b. In rechtlicher Hinsicht hatte sich seit 1902 eine deutliche Wendung zum Territorialitätsprinzip vollzogen: die Ordnung von persönlichen Verhältnissen soll im Prinzip - Ausnahmen vorbehalten - nach dem Recht des Staates und damit der Gesellschaft erfolgen, in der die betreffende Person tatsächlich lebt, mit der sie damit auch am engsten verbunden ist. Eine weitere für die Revision des Haager Abkommens bedeutsame Entwicklung bestand darin, dass seit 1902 in den meisten Staaten das Recht zum Schütze der Minderjährigen eine wesentliche Ausweitung erfahren hatte. Zu
der klassischen Vormundschaft (in ihren verschiedenen Arten und Stufen) traten weitere Schutzmassnahmen zivil-, verwaltungs- und strafrechtlicher Natur (s. unten II Z. 2). Da das Abkommen von 1902 nur von der Vormundschaft spricht, ergaben sich Zweifel über dessen sachlichen Anwendungsbereich. Ein vom Haager Internationalen Gerichtshof im Jahre 1958 ergangenes Urteil (Streitsache Niederlande gegen Schweden i. S. Boll) deckte mit aller Deutlichkeit die Problematik der Rechtslage auf und war mit ein Grund dafür, dass sich die Haager Konferenz mit der Revision des Abkommens von 1902 befasste.

In Anbetracht der hier skizzierten Entwicklungen kam die 9. Tagung der Haager Konferenz zum Schlüsse, dass nur eine umfassende Totalrevision des Abkommens von 1902 den heutigen sozialen und rechtlichen Bedürfnissen gerecht werden könne. Das von der Konferenz den Regierungen der Mitglied-

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Staaten vorgelegte Übereinkommen stellt tatsächlich eine völlige Neuordnung der Materie dar. Wegen seines wesentlich erweiterten Anwendungsgebietes kann man es als ein eigentliches Jugendschutz-Übereinkommen bezeichnen.

II. Die grundlegenden Bestimmungen des Übereinkommens 1. Die Zuständigkeiten (Art. l, 4 Abs. l, und 8) Entsprechend dem heute vorherrschenden Territorialitätsprinzip sind zunächst die Behörden des Staates, in welchem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt («résidence habituelle») hat, zuständig, die erforderlichen Schutzmassnahmen zu ergreifen (Art. 1). Die Behörden des Heimatstaates können aber den Fall übernehmen, wenn ihrer Ansicht nach das Wohl des Minderjährigen dies erfordert und nachdem sie die Behörde^ des Aufenthaltsstaates hievon verständigt haben (Art. 4 Abs. 1). Mit dieser konkurrierenden Zuständigkeit des Heimatstaates sollte nicht nur den Auffassungen jener Staaten Rechnung getragen werden, die auch heute noch vorwiegend dem Nationalitätsprinzip huldigen; sondern man wollte auch den heimatlichen Behörden die Möglichkeit belassen, sich ihrer minderjährigen Angehörigen im Auslande anzunehmen, wenn der ausländische Staat dies nicht oder nur in ungenügender Weise tut oder wenn sonst besondere Gründe (Familienverhältnisse, pekuniäre Interessen) dafür sprechen. Massgebend bleibt aber das Interesse des Minderjährigen selber. Macht der Heimatstaat von seiner Zuständigkeit gemäss Artikel 4 Absatz l Gebrauch, so fällt damit die Zuständigkeit der Behörden des Aufenthaltsstaates nicht endgültig dahin. Diese können vielmehr wieder intervenieren und die erforderlichen Schutzmassnahmen anordnen, wenn anders der Minderjährige in seiner Person oder seinem Vermögen ernsthaft gefährdet wäre (Art. 8 ; sog. ausserordentliche Kompetenz). Diese Bestimmung, die als ein «Sicherheitsventil» bezeichnet wurde, trägt den Bedenken Rechnung, die gegen «ferngesteuerte» Vormundschaften und andere Massnahmen gehegt werden. Da in den Fällen des Artikels 8 eine besondere Situation vorliegt, so sind die Behörden des Heimatstaates und der ändern Vertragsstaaten nicht verpflichtet, die vom Aufenthaltsstaat ergriffenen Massnahmen anzuerkennen (Art. 8 Abs. 2). Die Möglichkeit einer jederzeitigen Intervention des Aufenthaltsstaates wird übrigens auch in den Fällen der Artikel 3 und 5 Absatz 3
vorbehalten, wovon noch die Rede sein wird.

Gemäss Artikel l werden die Behörden des Staates, in welchem der Minderjährige seinen «gewöhnlichen Aufenthalt» hat, als primär zuständig erklärt.

Dieser Anknüpfungspunkt wurde jenem des Wohnsitzes vorgezogen, weil er faktischer Natur und leichter zu ermitteln ist, als der Wohnsitz, der einen Rechtsbegriff darstellt, in den verschiedenen Rechtsordnungen verschieden definiert wird und für den Minderjährigen mit dem Lande, wo er wohnt, oft eine weniger enge Beziehung darstellt als der gewöhnliche Aufenthalt. Unter diesem ist das tatsächliche Lebenszentrum des Minderjährigen zu verstehen, der Ort, wo der Schwerpunkt seiner Existenz liegt, namentlich im Vergleich zu ändern in Betracht fallenden Aufenthaltsorten. Es darf darauf hingewiesen werden, dass schon das

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Vormundschaftsabkommen von 1902 den gewöhnlichen Aufenthalt des Minderjährigen als (subsidiären) Anknüpfungspunkt verwendet hat (Art. 2 und 3) und dass auch die neueren Haager Konventionen und Konventionsentwürfe sich durchwegs seiner bedienen. Auch im internationalen Privatrecht der Schweiz zeichnet sich, wie wir noch sehen werden (unten IV), deutlich die Tendenz ab, für die persönlichen Verhältnisse mehr und mehr auf den gewöhnlichen Aufenthalt und nicht mehr auf den Wohnsitz im Rechtssinne abzustellen. Im übrigen ist es Sache der Rechtspraxis, den Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes, den gegebenen Situationen und Aufgaben angepasst, weiter abzuklären.

Die Bestimmungen über die Zuständigkeit der Behörden gelten unabhängig davon, ob es sich um Zivil- oder Verwaltungsbehörden handelt. Es hängt dies damit zusammen, dass die zu ergreifenden Massnahmen auch dem Verwaltungsrecht angehören können (s. unten Ziff. 2). Für die Schweiz ist diese Ordnung der Zuständigkeiten auch darum von besonderer Bedeutung, weil gemäss kantonalem Recht in einer Reihe von Kantonen gerade Administrativbehörden mit der Ausübung vormundschaftsrechtlicher Funktionen betraut sind.

2. Der sachliche Anwendungsbereich des Übereinkommens

(Art.1) Gegenstand des Übereinkommens sind alle «Massnahmen» (mesures), welche zum Schutz eines Minderjährigen in seiner Person oder seinem Vermögen bestimmt sind. Es fallen darunter, neben der Vormundschaft und der (allgemeinen oder speziellen) Beistandschaft namentlich auch Massnahmen wie die Wegnahmeverfügungen und die Unterbringung des Kindes bei ändern Personen oder in Anstalten (Art. 284 ZGB) sowie der Entzug der elterlichen Gewalt (Art. 285 ff.

ZGB) und die in ausländischen Rechtsordnungen vorgesehene sogenannte Schutzerziehung. Die Konvention umschreibt ihren Gegenstand nicht durch Rechtsbegriffe, sondern durch die Funktion der Massnahmen. Unerheblich ist auch, ob die Massnahmen ihren Sitz im privaten oder im öffentlichen Recht (z.B. in Fürsorge- oder ändern Sozialgesetzen) haben. Auf diese Weise werden Zweifel darüber, ob bestimmte Massnahmen unter das Übereinkommen fallen oder nicht (sog. Qualifikationskonflikte), weitgehend ausgeschaltet.

Einschränkend ist festzuhalten : Vom Strafrecht vorgesehene Schutz- und Erziehungsmassnahmen bezüglich Jugendlicher fallen nicht unter das Übereinkommen. Die Haager Konferenz enthielt sich zwar einer förmlichen Stellungnahme zu diesem Problem, doch war dies, wie aus ihrem Bericht zum Übereinkommen hervorgeht, die allgemeine Ansicht. Die strafrechtlichen Massnahmen sind die Folgen strafbarer Handlungen und müssen unter diesem Aspekt beurteilt werden. Auch folgt das Strafrecht dem Territorialitätsprinzip, und jeder Staat erachtet sich als zuständig, die auf seinem Gebiet begangenen strafbaren Handlungen nach seinen Gesetzen zu verfolgen. Allerdings sind auf dem Gebiete des Jugendschutzes die Grenzen zwischen Strafrecht und den ändern Rechtsgebieten nicht überall gleich gezogen, was mit ein Grund dafür war, dass die Konferenz

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auf eine förmliche Stellungnahme verzichtete. Da nun aber auch das Übereinkommen vorwiegend dem Territorialitätsprinzip folgt, dürften Kompetenzkonflikte selten entstehen. Auch können strafrechtliche undzh ilrechtliche Massnahmen (z.B. die Intemierung in einer Erziehungsanstalt und die Errichtung einer Vormundschaft) nebeneinander angeordnet werden, wobei dann für die letzteren die Kompetenzordnung des Übereinkommens massgebend wäre.

Vom Übereinkommen nicht berührt werden gesetzliche Erlasse allgemeiner Natur, wie Schul- und Arbeitsgesetzgebung, Kino- und Wirtschaftspolizei.

Vorbehalten bleiben schhesslich bestimmte «Sonderstatute», wie die Testierfähigkeit, die Ehefähigkeit, die passive Adoptionsfähigkeit eines Minderjährigen. Diese Fragen beurteilen sich nach den hiefür geltenden Bestimmungen des internationalen Privatrechtes. Vorbehalten bleiben gegebenenfalls gemäss Artikel 15 des Übereinkommens die von einem Scheidungsgericht zu ergreifenden Massnahmen zum Schütze der Kinder, worauf wir zurückkommen werden (s. unten III Ziff. 6).

3. Der persönliche Anwendungsbereich des Abkommens

(Art. 12 und 13) Wie schon das Vormundschaftsabkommen von 1902, befasst sich auch das neue Übereinkommen nur mit dem Schutz von Minderjährigen. Im Sinne des Übereinkommens gilt als Minderjähriger jede Person, welcher diese Eigenschaft nach dem innerstaatlichen Recht sowohl ihres Heimatstaates, als auch des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zukommt. Wurde z.B. eine neunzehn- oder zwanzigjährige Person nach ihrem Heimatrecht bereits mit 18 Jahren volljährig, befindet sich aber ihr gewöhnlicher Aufenthalt in einem Staate, der die Volljährigkeit erst mit 21 Jahren eintreten lässt, so findet das Übereinkommen keine Anwendung; es kommen dann einfach die (einzelstaatlichen) Regeln des internationalen Privatrechtes der interessierten Staaten zum Zuge.

Die Haager Konferenz hat sich bewusst einer Bestimmung über die Emanzipation (Mündigerklärung; Art. 15 ZGB) enthalten, einmal wegen Schwierigkeiten betreffend ihrer Definition, sodann in der Meinung, dass ein emanzipierter (z.B. verheirateter) Minderjähriger nicht mehr der vom Übereinkommen ins Auge gefassten Schutzmassnahmen bedarf. Auf eine rechtsgültig emanzipierte Person findet also das Übereinkommen keine Anwendung.

Gemäss Artikel 13 gilt das Übereinkommen ohne Rücksicht auf ihre Nationalität für alle Minderjährigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiete eines Vertragsstaates haben. Die im Übereinkommen dem Heimatstaat des Minderjährigen zuerkannten Kompetenzen (Art. 4) gelten aber nur zugunsten der Vertragsstaaten (Art. 13 Abs.2). Ferner kann jeder Vertragsstaat den Vorbehalt anbringen, dass er das Übereinkommen nur auf Minderjährige, die einem Vertragsstaat angehören, anwenden werde (Art. 13 Abs. 3). In ihrer Antwort auf das erwähnte Kreisschreiben des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes haben 7 Kantone mehr oder weniger deutlich die Ansicht vertreten, dass die Schweiz den erwähnten Vorbehalt anbringen sollte, 8 Kantone sprechen sich

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dagegen aus; bei den ändern wird die Frage offen gelassen. Wir sind der Auffassung, dass die Schweiz von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch machen sollte.

Durch den vorbehaltlosen Beitritt zum Übereinkommen würde zwar die Schweiz verpflichtet, die Vertragsbestimmungen auch gegenüber minderjährigen Angehörigen von Nicht-Vertragsstaaten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben, anzuwenden. Wie wir noch sehen werden (unten IV), stimmen aber die im Übereinkommen vorgesehenen Lösungen im wesentlichen mit den Bestimmungen des Bundesgesetzes von 1891 (NAG) betreffend Vormundschaft über Ausländer in der Schweiz überein, so dass dadurch keine ins Gewicht fallende Änderung der Rechtslage entstehen würde. Auch ist zu beachten, dass (wie oben erwähnt) die im Übereinkommen den Heimatstaaten eingeräumten Kompetenzen (Art. 4) nur unter den Vertragsstaaten Geltung haben, Drittstaaten sich also ohnehin nicht auf diese berufen könnten. Allerdings müsste bei vorbehaltlosem Beitritt dann auch Artikel 3 (betreffend die sog. ex lege-Verhältnisse gemäss Heimatrecht, s. unten Ziff. 4) im Verhältnis zu Drittstaaten zur Anwendung kommen. Da aber diese vertragliche Regelung getroffen wurde, um Konflikte mit dem Heimatstaat zu vermeiden und die Kontinuität der von Gesetzes wegen entstandenen Rechtsverhältnisse zu wahren, sprächen also gute Gründe dafür, sie auch im Verhältnis zu Drittstaaten gelten zu lassen. Sollte jedoch eine solche Anwendung von Artikel 3 zu Missständenf Uhren, so könnten die schweizerischen Behörden in bezug auf einen bei uns lebenden Minderjährigen immer die ausserordentliche Kompetenz gemäss Artikel 8 (s. oben II Ziff. 1) in Anspruch nehmen oder, in extremen Fällen, gemäss Artikel 16 des Übereinkommens sich auf den ordre public berufen. Den Hauptvorteil eines vorbehaltlosen Beitrittes zum Übereinkommen erblicken wir - in Übereinstimmung mit einer Reihe von Kantonen aber darin, dass dadurch gegenüber allen minderjährigen Ausländern, die sich in der Schweiz aufhalten, ein und dasselbe internationale Vormundschaftsrecht (im weiteren Sinne) zur Anwendung käme, dazu noch mit der Wirkung, dass alle von unsern Behörden oder den Behörden anderer Vertragsstaaten auf Grund des Übereinkommens getroffenen Massnahmen zum mindesten in allen Vertragsstaaten anzuerkennen wären, ohne Rücksicht auf die
Staatsangehörigkeit des Schutzbefohlenen. Die Bestimmungen des Bundesgesetzes von 1891 (NAG) kämen dann nur noch zur Anwendung in bezug auf schweizerische oder fremde Minderjährige, die sich weder in der Schweiz noch in einem ändern Vertragsstaate aufhalten (z.B. auch zum Schütze von in der Schweiz liegendem Vermögen).

4. Das anwendbare Recht (Art. 2, 3, 4 Abs. l und 2) Das Übereinkommen bestimmt, dass jede zuständige Behörde die von ihrem innerstaatlichen Recht Vorgesehenen Massnahmen ergreifen soll, so dass also, je nachdem welche Behörde handelt, das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsstaates oder das heimatliche Recht des Minderjährigen zur Anwendung kommt.

Unter innerstaatlichem Recht ist das materielle Recht eines Staates zu verstehen, unter Ausschluss der Normen seines internationalen Privatrechtes (sog. Kolli-

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sionsrecht); das Übereinkommen befolgt also die Methode der sog. Sachnormverweisung. Das so zur Anwendung berufene materielle Recht beherrscht sodann das gesamte Rechtsverhältnis: Voraussetzungen, Abänderungen und Beendigung der in Betracht fallenden Massnahmen, sowie deren Wirkungen in interner Hinsicht (z. B. im Verhältnis zwischen Mündel, Vormund und Vormundschaftsbehörden), wie gegenüber Dritten (z.B. im Hinblick auf die Vertretungsbefugnisse des Vormundes). Diese Ordnung (die nach dem Abkommen von 1902 nur teilweise gilt, s. Art. 5) bedeutet einmal eine wesentliche Vereinfachung, indem jede Behörde das ihr vertraute eigene Recht zur Anwendung bringen kann.

Sodann erhöht diese Ordnung die Rechts- und Verkehrssicherheit, indem sowohl Behörden als private Dritte unschwer feststellen können, welchem Recht gegebenenfalls ein Minderjähriger untersteht und welche Wirkungen dieses erzeugt, ohne sich um die oft schwer verständlichen international-privatrechtlichen Normen der eigenen oder einer fremden Rechtsordnung mit ihren Sonderproblemen (Rück- und Weiter Verweisungen, Qualifikationsfragen, u. a. m.) befassen zu müssen. Diese Vereinfachungen sind da um so mehr zu schätzen, wo, wie zum Teil in der Schweiz, die Handhabung der in Betracht fallenden Massnahmen nicht in den Händen von Juristen liegt.

In diesem Zusammenhang ist noch besonders auf Artikel 3 des Übereinkommens hinzuweisen, der sich mit den sog. ex lege-Verhältnissen befasst. Wo nach dem Heimatrecht eines Minderjährigen bestimmte Gewaltverhältnisse von Gesetzes wegen eintreten (so wird z.B. nach niederländischem Recht der überlebende Ehegatte eigentlicher Vormund der Kinder, während er nach schweizerischem Recht Inhaber der elterlichen Gewalt bleibt), sind diese in allen Vertragsstaaten anzuerkennen, also auch im Staate, in welchem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese im Interesse der Kontinuität erlassene Regel gilt aber nur unter Vorbehalt der ausserordentlichen Kompetenzen der Behörden des Aufenthaltsstaates gemäss Artikel 8 (s. oben II Ziff. 1).

5. Die Pflicht zur gegenseitigen Information (Art. 10 und 11) In der Erkenntnis, dass ein wirksamer Schutz des Minderjährigen wesentlich von einer verständnisvollen Zusammenarbeit der an seinem Fall interessierten Behörden abhängt, sieht das Übereinkommen in verschiedenen
Einzelbestimmungen vor, dass Schutzmassnahmen erst ergriffen werden sollen, nachdem die Behörden anderer am Fall interessierter Staaten hievon verständigt worden sind (Art.4 Abs. l, Art. 5).

Artikel 10 verlangt nun allgemein eine positive Zusammenarbeit der Behörden in dem Sinne, dass die Behörden eines Staates Massnahmen, wenn immer möglich, erst ergreifen sollen, nachdem sie mit den Behörden anderer Staaten, deren Entscheidungen noch in Kraft sind, einen Meinungsaustausch gepflogen haben. Um aber unliebsame Verschleppungen zu vermeiden, wurde das Gebot mehr in die Form einer Empfehlung («autant que possible»), eines Appelles an den guten Willen gekleidet. Ferner spricht Artikel 10, um die durch das Übereinkommen festgelegten Kompetenzen nicht zu verwischen, von einem

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Meinungsaustausch und nicht etwa von einer Konsultierung der genannten Behörden.

Artikel 11 schliesslich gebietet allen Behörden, die Schutzmassnahmen ergriffen haben (z.B. auch nach Art.9), die Behörden des Heimatstaates und gegebenenfalls des gewöhnlichen Aufenthaltes des Minderjährigen hievon zu verständigen. Zur Vereinfachung und Beschleunigung dieses Informationsdienstes haben die Vertragsstaaten einige organisatorische Massnahmen zu treffen - was für Staaten mit föderativer Struktur von besonderer Bedeutung ist -, denn Artikel 11 Absatz 2 schreibt ihnen vor, die Behörden zu bezeichnen, welche die betreffenden Mitteilungen direkt erteilen und entgegennehmen können. Gemäss der gleichen Bestimmung sind dieseBehörden dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande mitzuteilen, das sie seinerseits den ändern Vertragsstaaten bekanntgibt (Art. 25, Buchstabe a). In der Schweiz befassen sich nun, je nach den Kantonen, gerichtliche oder administrative Behörden mit dem Vormundschaftswesen. Wenn die Schweiz das Übereinkommen ratifiziert, würden wir das Justiz- und Polizeidepartement beauftragen, durch Umfrage bei den Kantonsregierungen zu ermitteln, welche Behörden dem niederländischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten mitzuteilen wären.

Die Haager Konferenz Hess schliesslich im Bericht zum Übereinkommen den Wunsch zum Ausdruck bringen, dass sich die Behörden der Vertragsstaaten, bevor sie bestimmte Massnahmen ergreifen, der guten Dienste privater internationaler Organisationen versichern möchten, die dank ihrer Organisation und ihrer Sachkenntnis in der Lage sind, die zur Abklärung des Falles und zur Bestimmung der zweckdienlichen Massnahmen erforderlichen Informationen und Empfehlungen zu erteilen. Die Konferenz dachte dabei z.B. an den Internationalen Sozialdienst.

III. Die weiteren Bestimmungen des Übereinkommens 1. Artikel 5 regelt die Folgen einer Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes eines Minderjährigen in einen ändern Vertragsstaat. Einmal ergriffene Massnahmen sollen nach Möglichkeit aufrecht erhalten bleiben (Prinzip der Kontinuität), was auch zugunsten des Heimatrechtes gilt (Abs. 3). Vorbehalten bleiben die ausserordentlichen Kompetenzen des Aufenthaltsstaates gemäss Artikel 8 (s. oben II, Ziff. 1). Die Haager Konferenz enthielt sich bewusst einer Regelung der Fälle, in denen der Aufenthalt des Minderjährigen ins Ausland verlegt wird in der Absicht, sich den an sich zuständigen Behörden zu entziehen (sog. fraudulöse Aufenthaltsverlegung). Soweit sich der Fall innerhalb der Gebiete der Vertragsstaaten abspielt, kann die vom Übereinkommen vorgesehene gegenseitige Information die angezeigte Lösung ermöglichen. Im übrigen müssen die Normen des sonst geltenden Rechtes die Folgen solcher fraudulöser Handlungen bestimmen.

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2. Gemäss Artikel 6 des Übereinkommens können die Behörden des Heimatstaates eines Minderjährigen die Verwirklichung (Durchführung) der von ihnen ergriffenen Massnahmen den Behörden des Staates anvertrauen, in welchem dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder Vermögen besitzt. Die gleiche Befugnis haben die Behörden des Aufenthaltsstaates gegenüber den Behörden des Staates, in dem der Minderjährige Vermögen besitzt (Art. 6 Abs. 2).

Eine solche Delegation der sog. «mise en oeuvre» der Massnahmen ist bereits in einer im Jahre 1931 von den nordischen Staaten abgeschlossenen Konvention über internationales Privatrecht vorgesehen und hat sich gut bewährt. Sie stellt einen weiteren Fall der Zusammenarbeit (s. oben II Ziff. 5) zwischen den Behörden der Vertragsstaaten dar.

3. Artikel 7 schreibt allen Vertragsstaaten die Anerkennung der Massnahmen vor, welche die gemäss dem Übereinkommen zuständigen Behörden ergriffen haben; dies ist die logische Folge des Übereinkommens, das die Frage der Zuständigkeit und des anwendbaren Rechtes zugleich regelt. Die Vollstreckung der Massnahmen in einem ändern Vertragsstaate (z.B. Heimschaffung von Kindern, Aushändigung von Vermögen) stellt einen Vorgang für sich dar. Um den bereits bestehenden prozessrechtlichen (innerstaatlichen oder staatsvertraglichen) Ordnungen Rechnung zu tragen, bestimmt Artikel 7, dass diese auch im Anwendungsbereich des Übereinkommens gelten sollen. Das betrifft z.B. die Prüfung der Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit (rechtliches Gehör, res judicata), für welche das Recht des Vollstreckungsstaates massgebend bleibt, in der Schweiz also das kantonale Prozessrecht, soweit nicht Vollstreckungsabkommen eingreifen. Wenn Artikel 7, 2. Satz, auch die «Anerkennung» dieser Ordnung unterwirft, so ist dies damit zu erklären, dass in gewissen Staaten die Anerkennung einer fremden Entscheidung bereits deren Vollstreckbarkeit bedeutet.

4. Artikel 9 befasst sich (wie Art. 7 des Vormundschaftsabkommens von 1902) mit den Massnalimen in Dringlichkeitsfallen. Diese haben an sich provisorischen Charakter; die von ihnen erzeugten «endgültigen Wirkungen» (z.B.

Verfügungen über Vermögensstücke, Reparaturen, Kosten einer Hospitalisierung) behalten aber ihre Gültigkeit gegenüber den Behörden der ändern Vertragsstaaten oder gegenüber Dritten.

5. Artikel 14
befasst sich mit der Situation in Staaten, in denen verschiedene Rechtsordnungen gelten, z.B. in Grossbritannien oder, was die Zuständigkeit in Vormundschaftssachen betrifft, in der Schweiz. Gemäss Artikel 14 wären für einen ausländischen Minderjährigen in der Schweiz die vom kantonalen Recht bezeichneten Behörden des Orts zuständig, mit dem ihn die engsten Beziehungen verknüpfen.

6. Artikel 15 gibt jedem Vertragsstaat die Möglichkeit, dem Übereinkommen unter dem Vorbehalt beizutreten, dass seine Behörden (Gerichte), die über Ehenichtigkeits-, Ehescheidungs- oder Ehetrennungsklagen zu urteilen haben, zuständig bleiben sollen, auch über den Schutz von Kindern aus solchen Ehen zu befinden. Die Bestimmung geht auf die Initiative der schweizerischen Delegation an der Haager Konferenz zurück, die hierbei die Ordnung der Artikel 133, 2. Absatz, 156 und 157 des Zivilgesetzbuches sowie Artikel 7h und 7 i NAG im

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Auge hatte. In der Tat ist der schweizerische Gesetzgeber der Auffassung, dass der Scheidungsrichter in der Regel am besten in der Lage ist, die Famihenverhältnisse zu beurteilen und die im Interesse der Kinder erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in das Übereinkommen scheiterte jedoch am Widerstande einerseits der die Scheidung als solche ablehnenden Staaten, andererseits der Staaten, die es bei der allgemeinen Ordnung des Übereinkommens bewenden lassen wollten. Die Lösung wurde schliesslich in der Möglichkeit eines Vorbehaltes gemäss Artikel 15 gefunden. Die ändern Staaten sind allerdings nicht verpflichtet, die vom Scheidungsrichter angeordneten Massnahmen anzuerkennen, was aber praktisch nicht schwer ins Gewicht fallen sollte, da die (vorbehaltene) Zuständigkeit des Scheidungsrichters oft mit den vom Übereinkommen anerkannten Zuständigkeiten zusammenfallen dürfte.

In ihrer Antwort auf das Kreisschreiben des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes haben sämtliche Kantone, die sich zu dieser Frage geäussert haben, empfohlen, den in Artikel 15 vorgesehenen Vorbehalt anzubringen. Dies entspricht auch unserer Auffassung. Sollten die eidgenössischen Räte diese Auffassung teilen, so wäre im Genehmigungsbeschluss eine Erklärung vorzusehen, die wir bei der Ratifizierung des Übereinkommens (s. Art. 23, Abs. 1) abgeben würden.

7. Artikel 16 enthält den Vorbehalt des ordre public, wobei, wie in den meisten neueren Konventionen vorgesehen, ein Vertragsstaat die Anwendung einer Bestimmung des Abkommens nur dann soll ablehnen dürfen, wenn diese «offensichtlich» («manifestement») zu den Grundsätzen seiner öffentlichen Ordnung in Widerspruch stünde.

8. Die Artikel 17 bis 25 des Übereinkommens enthalten die üblichen Schlussund Übergangsbestimmungen, unter welchen lediglich drei hervorzuheben sind : Gemäss Artikel 17, Absatz l, ist das Übereinkommen nur auf die nach seinem Inkrafttreten getroffenen Massnahmen anzuwenden. Nach Absatz 2 aber werden Gewaltverhältnisse, die nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, dem der Minderjährige angehört, kraft Gesetzes bestehen (sog. ex lege-Verhältnisse; s. oben II, Ziff. 4), vom Inkrafttreten des Übereinkommens an anerkannt.

Gemäss Artikel 18 ersetzt das Übereinkommen in den Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten
das Vormundschaftsabkommen von 1902. Vorbehalten bleiben die zur Zeit des Inkrafttretens des Übereinkommens bestehenden ändern Konventionen, an welche Vertragsstaaten noch gebunden sind, z.B. für die Schweiz das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 (Art. 12) und der Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich von 1869 (Art. 10).

Wenn Frankreich das Übereinkommen ebenfalls ratifiziert, wird wohl mit der französischen Regierung zu prüfen sein, ob und wie der die Vormundschaft betreffende Artikel 10 des Gerichtsstandsvertrages, der noch dem Nationalitätsprinzip folgt, aufgehoben werden könnte, damit dann zwischen den beiden Staaten nur das Haager Übereinkommen gilt.

Gemäss Artikel 21 stellt das Übereinkommen eine sog. «convention semiouverte» dar, d.h. dass nach seinem Inkrafttreten (Art. 20) auch an der 9. Tagung der Haager Konferenz (1960) nicht vertretene Staaten dem Übereinkommen bei-

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treten können. Für diese Staaten tritt jedoch das Übereinkommen nur in Kraft gegenüber solchen Vertragsstaaten, welche den Beitritt ausdrücklich angenommen haben.

IV. Das Übereinkommen und das autonome internationale Privatrecht der Schweiz Für die Vormundschaft über Ausländer mit Wohnsitz in der Schweiz ist gemäss Artikel l Off. und 32 NAG das schweizerische Recht (Territorialitätsprinzip) anwendbar, unter Vorbehalt der Abgabe der Vormundschaft an den Heimatstaat, wenn dieser Gegenrecht hält (Art. 33 NAG). Diese Regelung gilt sowohl für mündige als auch für unmündige Ausländer. In bezug auf Minderjährige wird nun in der Doktrin die Auffassung vertreten, dass mit Rücksicht auf die Schutzfunktion der Vormundschaft nicht der sog. abgeleitete Wohnsitz, sondern der gewöhnliche Aufenthalt massgebend sei. Eine dieser Ansicht entsprechende Tendenz zeigt auch die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtes (vgl. BGE 86II 331 und 891 313 ff.). Demnach könnte also über einen minderjährigen Ausländer in der Schweiz eine Vormundschaft nach schweizerischem Recht auch dann errichtet werden, wenn der Inhaber der elterlichen Gewalt Wohnsitz im Ausland hat. Es ist offensichtlich, dass sich diese Lösung mit derjenigen des Übereinkommens deckt.

Was die Vormundschaft über Schweizer im Ausland betrifft, so ist die Frage des anwendbaren Rechts umstritten. Nach Ansicht einer gewissen Doktrin gilt zwar Artikel 28 NAG, wonach Schweizer ihrem ausländischen Wohnsitzrecht unterworfen sind, wenn dieses auf sie angewendet sein will (Staaten mit Wohnsitzprinzip) ; vorbehalten bleiben jedoch die Sonderfälle der Artikel 29 und 30 dieses Gesetzes, laut welchen für «auswandernde» oder (vorübergehend) «landesabwesende» Schweizer dem schweizerischen Vormundschaftsrecht unterstellt bleiben. Dem gegenüber vertritt das Bundesgericht in seiner jüngsten Praxis (vgl. BGE 86II323 und 87II132) die Auffassung, dass die Vormundschaft über Schweizer im Ausland sich nicht nach Artikel 28 des Bundesgesetzes von 1891 bestimme, sondern ausschliesslich nach dessen Artikel 29 und 30 (Nationalitätsprinzip) ; das Bundesgericht fügt aber bei, dass die schweizerischen Behörden von der Anwendung von Schutzmassnahmen gemäss schweizerischem Recht absehen können, wenn die Behörden am ausländischen Wohnsitz des schutzbedürftigen Schweizers schon von sich aus die erforderlichen Massnahmen getroffen haben.

Aus dieser Sachlage lässt sich schliessen, dass die im Übereinkommen vorgesehenen Lösungen im wesentlichen mit den
im schweizerischen internationalen Privatrecht anerkannten Prinzipien übereinstimmen. Es ergibt sich daraus ferner, dass nach einem Beitritt der Schweiz zum Haager Übereinkommen die Praxis gegenüber den Vertragsstaaten im wesentlichen die gleiche wäre wie auf Grund des Bundesgesetzes von 1891 und wie sie im Verhältnis zu allen Staaten, die dem Übereinkommen nicht angehören, weiter gelten würde. Die Rechtslage würde sogar dadurch noch klarer, dass nach dem Übereinkommen der «gewöhnliche Aufenthalt» des Minderjährigen ausdrücklich als massgebender Anknüp-

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fungspunkt bezeichnet wird, und dass alle Schutzmassnahmen, ohne Rücksicht auf ihre Natur und den Ort ihrer Anwendung, erfasst sind.

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Wie eingangs erwähnt, haben 21 Kantone den Beitritt der Schweiz zum Übereinkommen befürwortet. Auch die Konferenz der kantonalen Vormundschaftsdirektoren, die Vereinigung schweizerischer Amtsvormünder und die schweizerische Zweigstelle des Internationalen Sozialdienstes äusserten sich deutlich in diesem Sinne. In der Tat stellt das Übereinkommen gegenüber der heute geltenden Ordnung einen bedeutenden Fortschritt dar. Dieser besteht unseres Erachtens namentlich darin, dass das Übereinkommen die sozialen Verhältnisse des Minderjährigen durch Zugrundelegung des Territorialitätsprinzips berücksichtigt, dass es die berechtigten Interessen des Heimatstaates wahrt, den sachlichen Geltungsbereich gegenüber der geltenden vertraglichen Ordnung ausdehnt, die behördlichen Zuständigkeiten und das anwendbare Recht klar regelt, die zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Behörden vorschreibt und überdies den Vertragsstaaten die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung der in Betracht fallenden Entscheidungen auferlegt.

Abschliessend sei erwähnt, dass der Europarat durch Empfehlung vom 28. Januar 1965 die Mitgliedstaaten eingeladen hat, dem Ihnen unterbreiteten Übereinkommen beizutreten.

Wir beantragen Ihnen, durchAnnahme des nachstehendenBundesbeschlussentwurfes das Übereinkommen zu genehmigen und uns zu dessen Ratifizierung in dem Sinne zu ermächtigen, dass wir nur den in Artikel 15, Absatz l des Übereinkommens vorgesehenen Vorbehalt anbringen und von dem Vorbehalt gemäss Artikel 13, Absatz 3, keinen Gebrauch machen.

Da das Übereinkommen seine Geltungsdauer auf fünf Jahre beschränkt, unter Vorbehalt stillschweigender Erneuerung von fünf zu fünf Jahren, und die Möglichkeit einer Kündigung auf Ende eines jeden Zeitraumes von fünf Jahren vorsieht (Art. 24), ist der Bundesbeschluss dem in Artikel 89, Absatz 4, der Bundesverfassung vorgesehenen fakultativen Referendum nicht unterstellt.

Die verfassungsrechtliche Grundlage des Bundesbeschlusses bildet Artikel 8 der Bundesverfassung, gemäss welchem dem Bunde das Recht zusteht, Staatsverträge mit dem Ausland abzuschliessen. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung beruht auf Artikel 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 4. März 1966.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Schaffner Der Bundeskanzler: Ch. Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung des internationalen Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 8 und 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 4. März 1966, beschliesst: Einziger Artikel Das am 18. November 1964 von der Schweiz unterzeichnete Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen wird genehmigt; bei der Ratifizierung des Übereinkommens wird der Bundesrat folgende Erklärung abgeben : «Die Schweiz macht von dem in Artikel 15 des Übereinkommens vorgesehenen Vorbehalt Gebrauch und wird den Richter, der über Ungültigkeit, Scheidung oder Trennung der Ehe zu befinden hat, als zuständig erachten, im Rahmen der Artikel 133, Absatz 2,156 und 157 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches Massnahmen zum Schütze der Person oder des Vermögens eines Minderjährigen zu treffen.» Der Bundesrat wird ermächtigt, das Übereinkommen unter Abgabe dieser Erklärung zu ratifizieren.

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Übersetzung aus dem französischen Originaltext

Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen

Die Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkommens, vom Wunsche geleitet, gemeinsame Bestimmungen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen festzulegen, haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Übereinkommen zu schliessen, und haben die folgenden Bestimmungen vereinbart :

Art. l Die Gerichte und Verwaltungsbehörden des Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sind, unter Vorbehalt der Bestimmungen der Artikel 3, 4 und 5, Absatz 3 dieses Übereinkommens, zuständig, Massnahmen zum Schütze der Person oder des Vermögens des Minderjährigen zu treffen.

Art. 2 Die nach Artikel l zuständigen Behörden treffen die in ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Massnahmen.

Dieses Recht bestimmt die Voraussetzungen der Anordnung, Änderung und Beendigung der Massnahmen. Es regelt auch deren Wirkungen sowohl im Verhältnis zwischen dem Minderjährigen und den Personen oder Anstalten, denen er anvertraut ist, als auch im Verhältnis zu Dritten.

Art. 3 Ein Gewaltverhältnis, das nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, dem der Minderjährige angehört, kraft Gesetzes besteht, wird in allen Vertragsstaaten anerkannt.

Art. 4 Sind die Behörden des Staates, dem der Minderjährige angehört, der Auffassung, dass das Wohl des Minderjährigen es erfordert, so können sie nach ihrem innerstaatlichen Recht zum Schütze seiner Person oder seines Vermögens Mass-

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nahmen treffen, nachdem sie zuvor die Behörden des Staates verständigt haben, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Dieses Recht bestimmt die Voraussetzungen der Anordnung, Änderung und Beendigung der Massnahmen. Es regelt auch deren Wirkungen sowohl im Verhältnis zwischen dem Minderjährigen und den Personen oder Stellen, denen er anvertraut ist, als auch im Verhältnis zu Dritten.

Für die Durchführung der getroffenen Massnahmen haben die Behörden des Staates zu sorgen, dem der Minderjährige angehört.

Die nach den vorstehenden Absätzen dieses Artikels getroffenen Massnahmen treten an die Stelle der Massnahmen, die allenfalls von den Behörden des Staates getroffen wurden, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Art. 5 Bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes eines Minderjährigen aus einem Vertragsstaat in einen anderen bleiben die von den Behörden des Staates des früheren gewöhnlichen Aufenthaltes getroffenen Massnahmen so lange in Kraft, bis die Behörden des neuen gewöhnlichen Aufenthaltes sie aufheben oder ersetzen.

Die von den Behörden des Staates des früheren gewöhnlichen Aufenthaltes getroffenen Massnahmen dürfen erst nach vorheriger, Verständigung dieser Behörden aufgehoben oder ersetzt werden.

Bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes eines Minderjährigen, der unter dem Schutz der Behörden des Staates stand, dem er angehört, bleiben die von diesen Behörden nach ihrem innerstaatlichen Recht getroffenen Massnahmen im Staate des neuen gewöhnlichen Aufenthaltes in Kraft.

Art. 6 Die Behörden des Staates, dem der Minderjährige angehört, können im Einvernehmen mit den Behörden des Staates, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder Vermögen besitzt, diesen die Durchführung der getroffenen Massnahmen übertragen.

Die gleiche Befugnis haben die Behörden des Staates, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, gegenüber den Behörden des Staates, in dem der Minderjährige Vermögen besitzt.

Art. 7 Die Massnahmen, welche die nach den vorstehenden Bestimmungen dieses Übereinkommens zuständigen Behörden getroffen haben, werden in allen Verttagsstaaten anerkannt. Erfordern diese Massnahmen jedoch Vollstreckungshandlungen in einem anderen Staate als im Staat, in dem sie getroffen worden sind, so bestimmen sich ihre Anerkennung und Vollstreckung entweder nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, in dem die Vollstreckung beantragt wird, oder nach internationalen Übereinkünften.

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Art. 8 Unbeschadet der Bestimmungen der Artikel 3, 4 und 5, Absatz 3 dieses Übereinkommens können die Behörden des Staates, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, Schut/massnahmen ergreifen, wenn der Minderjährige in seiner Person oder in seinem Vermögen ernsthaft gefährdet ist.

Die Behörden der anderen Vertragsstaaten sind nicht verpflichtet, diese Massnahmen anzuerkennen.

Art. 9 In allen dringenden Fällen treffen die Behörden jedes Vertragsstaates, in dessen Gebiet sich der Minderjährige oder ihm gehörendes Vermögen befindet, die erforderlichen Schutzmassnahmen.

Die nach dem vorstehenden Absatz getroffenen Massnahmen treten, unter Vorbehalt ihrer endgültigen Wirkungen, ausser Kraft, sobald die nach diesem Übereinkommen zuständigen Behörden die durch die Umstände gebotenen Massnahmen getroffen haben.

Art. 10 Zur Sicherung der Fortdauer der dem Minderjährigen einmal auferlegten Ordnung sollen die Behörden eines Vertragsstaates, soweit dies möglich ist, erst dann Massnahmen ergreifen, nachdem sie mit den Behörden der anderen Vertragsstaaten, deren Entscheidungen noch in Kraft sind, einen Meinungsaustausch gepflogen haben.

Art. 11 Die Behörden, die auf Grund dieses Übereinkommens Massnahmen getroffen haben, verständigen hievon unverzüglich die Behörden des Staates, dem der Minderjährige angehört, und gegebenenfalls die Behörden des Staates seines gewöhnlichen Aufenthaltes.

Jeder Vertragsstaat bezeichnet die Behörden, welche die im vorstehenden Absatz erwähnten Mitteilungen unmittelbar geben und empfangen können. Er notifiziert diese Bezeichnung dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande, Art. 12 Als «Minderjähriger» im Sinne dieses Übereinkommens gilt jede Person, welcher diese Eigenschaft sowohl nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, dem sie angehört, als auch nach dem innerstaatlichen Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zukommt.

Art. 13 Dieses Übereinkommen ist auf alle Minderjährigen anzuwenden, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten haben.

Die Zuständigkeiten, die durch dieses Übereinkommen den Behörden des Staates verliehen sind, dem der Minderjährige angehört, bleiben jedoch den Vertragsstaaten vorbehalten.

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Jeder Vertragsstaat kann sich vorbehalten, die Anwendung dieses Übereinkommens auf Minderjährige zu beschränken, die einem Vertragsstaat angehören

Art. 14 Stellt das innerstaatliche Recht des Staates, dem der Minderjährige angehört, kein einheitliches System dar, so sind im Sinne dieses Übereinkommens unter «innerstaatliches Recht des Staates, dem der Minderjährige angehört» und unter «Behörden des Staates, dem der Minderjährige angehört», das Recht und die Behörden zu verstehen, welche durch die in diesem System geltenden Vorschriften und, mangels solcher Vorschriften, durch die engste Verbindung bestimmt werden, die der Minderjährige mit einer der dieses System bildenden Rechtsordnungen hat.

Art. 15 Jeder Vertragsstaat, dessen Behörden dazu berufen sind, über eine Klage auf Nichtigerklärung, Auflösung oder Lockerung des zwischen den Eltern eines Minderjährigen bestehenden Ehebandes zu entscheiden, kann die Zuständigkeit dieser Behörden für Massnahmen zum Schütze der Person oder des Vermögens des Minderjährigen vorbehalten.

Die Behörden der anderen Vertragsstaaten sind nicht verpflichtet, diese Massnahmen anzuerkennen.

Art. 16 Von den Bestimmungen dieses Übereinkommens darf in den Vertragsstaaten nur dann abgewichen werden, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist.

Art. 17 Dieses Übereinkommen ist nur auf die nach seinem Inkrafttreten getroffenen Massnahmen anzuwenden.

Gewaltverhältnisse, die nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, dem der Minderjährige angehört, kraft Gesetzes bestehen, werden vom Inkrafttreten des Übereinkommens an anerkannt.

Art. 18 Dieses Übereinkommen tritt im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten an die Stelle des am 12. Juni 1902 in Den Haag unterzeichneten Abkommens zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige.

Es lässt die Bestimmungen anderer Übereinkünfte unberührt, an welche im Zeitpunkt seines Inkrafttretens Verstragsstaaten gebunden sind.

Art. 19 Dieses Übereinkommen steht den Staaten, die auf der Neunten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vertreten waren, zur Unterzeichnung offen.

Bundesblatt. 118. Jahrg. Bd.I.

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Es bedarf der Ratifizierung; die Ratifikationsurkunden sind beim Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.

Art. 20 Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tage nach der in Artikel 19, Absatz 2 vorgesehenen Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde in Kraft.

Das Übereinkommen tritt für jeden Unterzeichnerstaat, der es spater ratifiziert, am sechzigsten Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.

Art. 21 Jeder Staat, der auf der Neunten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht nicht vertreten war, kann diesem Übereinkommen beitreten, nachdem es gemäss Artikel 20, Absatz l in Kraft getreten ist. Die Beitrittsurkunde ist beim Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen.

Der Beitritt wirkt nur im Verhältnis zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die erklärt haben, diesen Beitritt anzunehmen. Die Annahmeerklärung ist dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Das Übereinkommen tritt zwischen dem beitretenden Staat und dem Staat, der erklärt hat, diesen Beitritt anzunehmen, am sechzigsten Tage nach der im vorstehenden Absatz erwähnten Notifikation in Kraft.

Art. 22 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, bei der Ratifizierung oder beim Beitritt erklären, dass dieses Übereinkommen auf alle oder auf einzelne der Gebiete ausgedehnt wird, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt. Eine solche Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den Staat, der sie abgegeben hat, in Kraft tritt.

Später kann dieses Übereinkommen auf solche Gebiete durch eine an das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande gerichtete Notifikation ausgedehnt werden.

Wird die Erklärung über die Ausdehnung durch einen Staat abgegeben, der das Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert hat, so tritt das Übereinkommen für die in Betracht kommenden Gebiete gemäss Artikel 20 in Kraft. Wird die Erklärung über die Ausdehnung durch einen Staat abgegeben, der dem Übereinkommen beigetreten ist, so tritt das Übereinkommen für die in Betracht kommenden Gebiete gemäss Artikel 21 in Kraft.

Art. 23 Jeder Staat kann spätestens bei der Ratifizierung oder beim Beitritt die in den Artikeln 13, Absatz 3 und 15, Absatz l dieses Übereinkommens vorgesehenen Vorbehalte machen. Andere Vorbehalte sind nicht zulässig.

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Jeder Vertragsstaat, der eine Ausdehnung des Übereinkommens gemäss Artikel 22 notifiziert, kann diese Vorbehalte auch mit Wirkung nur für alle oder einzelne der Gebiete machen, auf die sich die Ausdehnung bezieht.

Jeder Vertragsstaat kann einen Vorbehalt, den er gemacht hat, jederzeit zurückziehen. Dieser Rückzug ist dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.

Die Wirkung des Vorbehaltes erlischt am sechzigsten Tage nach der im vorstehenden Absatz erwähnten Notifikation.

Art. 24 Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von seinem Inkrafttreten gemäss Artikel 20, Absatz l, und zwar auch für Staaten, die es später ratifizieren oder ihm später beitreten.

Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, ausser im Fall der Kündigung, stillschweigend um jeweils fünf Jahre.

Die Kündigung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der Frist von fünf Jahren dem Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande za notifizieren.

Sie kann sich auf einzelne der Gebiete, auf die das Übereinkommen anzuwenden ist, beschränken.

Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.

Art. 25 Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den in Artikel 19 bezeichneten Staaten sowie den Staaten, die gemäss Artikel 21 beigetreten sind : a) die Notifikationen gemäss Artikel 11, Absatz 2; b) die Unterzeichnungen und Ratifikationen gemäss Artikel 19; c) den Tag, an dem dieses Übereinkommen gemäss Artikel 20, Absatz l in Kraft tritt; d) die Beitritts- und Annahmeerklärungen gemäss Artikel 21 sowie den Tag, an dem sie wirksam werden; e) die Erklärungen über die Ausdehnung gemäss Artikel 22 sowie den Tag, an dem sie wirksam werden; f) die Vorbehalte und die Rückzüge von Vorbehalten gemäss Artikel 23 ; g) die Kündigungen gemäss Artikel 24, Absatz 3.

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen in Den Haag, am 5. Oktober 1961, in einer einzigen Urschrift, die im Archiv der Regierung der Niederlande hinterlegt und von der jedem an der Neunten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht vertretenen Staat eine beglaubigte Abschrift auf diplomatischem Wege übermittelt wird.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des internationalen Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (Vom 4. März 1966)

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17.03.1966

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349-367

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