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Bundesblatt

Bern, den 18. Mai 1966

118. Jahrgang

Band I

Nr. 20 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahr, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebühr

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) (Vom 10. Mai 1966)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) zur Genehmigung zu unterbreiten.

Zur Erläuterung unseres Antrages gestatten wir uns, folgendes auszuführen : I Dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen als Vollmitglied anzugehören, bietet für die Schweiz aus mehr als einem Grunde grosses Interesse. Das GATTist eine internationale Körperschaftvon ausgesprochener Eigenart. Es treffen sich in ihr die drei hauptsächlichen Ländergruppen, die das Bild der heutigen Staatenwelt charakterisieren: die Industriestaaten des Westens und die hochentwickelten Agrarländer ; die Entwicklungsländer, die vor allem in den letzten Jahren dem GATT in grosser Zahl zugeströmt sind; und schliesslich auch einige wenige Staatshandelsländer Osteuropas, die Tschechoslowakei, Jugoslawien und Polen. Dieses Zusammenwirken von Ländern mit verschiedenen Wirtschaftssystemen und sehr unterschiedlichem wirtschaftlichem Entwicklungsgrad hat die Arbeit der Organisation nicht behindert, sondern sich für die Verfolgung ihrer Ziele als fruchtbar und nützlich erwiesen.

Diese Ziele sind - und hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Arbeitsweise anderer internationaler Organisationen - durchaus praktischer Art. Das GATT will die vielfältigen Schranken, die der Entwicklung zu einem freien, kraftvoll sich entfaltenden Welthandel entgegenstehen, in konsequenten, auf konkrete Resultate gerichteten Bemühungen herabsetzen oder ganz beseitigen.

Die Ergebnisse unterstehen dem Prinzip der Meistbegünstigung, d.h. die Zugeständnisse, die ein Mitgliedstaat dem ändern macht, kommen automatisch auch Bundesblatt. 118. Jahrg. Bd.I.

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allen ändern GATT-Partnern zugute. Dabei konzentriert das GATT seine Anstrengungen auf die Zölle als das klassische Mittel des Einfuhrschutzes, ohne aber deshalb die Landwirtschaft, wo andere Schutzinstrumente vorwiegen, auszuschliessen. Es hat seit seiner Gründung im Jahre 1947 bereits fünf grosse Zoll- und Wirtschaftskonferenzen durchgeführt; die grösste Unternehmung dieser Art, die die Welt je gesehen hat, die sogenannte Kennedy-Runde, ist gegenwärtig noch im Gange. Der Tätigkeit des GATT liegt das GATT-Statut zugrunde, der Accord général sur les tarifs douaniers et le commerce (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen). Er enthält eine Anzahl handelspolitischer Grundregeln, deren Zweck darin besteht, zu verhindern, dass die Wirkung von Zollkonzessionen durch Einfuhrhindernisse anderer Art beeinträchtigt oder zunichte gemacht wird. Dies gilt vor aEem für quantitative Einfuhrbeschränkungen, die das GATT- Statut grundsätzlich verbietet und nur unter ganz besonderen Voraussetzungen toleriert.

Wie der Name besagt, ist das GATT seinem Wesen nach ein Vertrag; man könnte es einen weltumspannenden multilateralen Handelsvertrag nennen.Hierdurch werden nicht nur die Art der Wirksamkeit des GATT - mit dem konkreten Ergebnis als Ziel - bestimmt, sondern auch die Bedingungen der Mitgliedschaft.

Weil das GATT ein Vertrag ist, muss es für die Mitgliedstaaten ein Gleichgewicht von Leistungen und Gegenleistungen darstellen ; jedes Land muss für die Verpflichtungen, die es übernimmt, von der Mitgliedschaft im GATT auch die entsprechendenVorteile erwarten können. Dabei nimmt allerdings der Accord général, der seit der Abfassung des ursprünglichen Textes eine Reihe von Revisionen erfahren hat, sehr sorgfältig auf die wirtschaftliche Kraft der einzelnen Kategorien von Mitgliedstaaten Rücksicht. Er ist streng für die wirtschaftlich Starken-als Kriterium gilt die Abwesenheit von Zahlungsbilanzschwierigkeiten -, denen er grundsätzlich ausser den Einfuhrzöllen die Handhabung jeder ändern Importrestriktion verbietet ; er ist lässlich gegenüber den schwächeren Mitgliedern der Staatengesellschaft, die sich im Genuss weitgehender Ausnahmebestimmungen zum Schütze ihrer jungen Industrien und ihrer schwachen Zahlungsbilanz befinden.

Der Tätigkeit des GATT ist, wenn man seine langjährige Geschichte überblickt, vor allem in der
Herabsetzung der Zolltarife ein beträchtlicher, wenn auch bisher nicht durchschlagender Erfolg beschieden gewesen. Das Ergebnis seiner Bemühungen lässt sich etwa mit dem erfolgreichen Wirken der alten OECE in den Jahren 1947-1958 auf dem Gebiete der Beseitigung der mengenmässigen Einfuhrbeschränkungen in Westeuropa vergleichen. Gerade aber weil, allerdings mit dem Schwergewicht auf dem Industriegebiet, die OECE hinsichtlich des quantitativen Einfuhrschutzes bedeutende und bleibende Resultate erzielt hat, sind die Zölle als handelspolitisches Instrument und damit dieWirksamkeit des GATT nur umso wichtiger geworden. Dies gilt vor allem auch für die Schweiz mit ihren weltweiten Handelsinteressen und ihrer grossen Exportabhängigkeit. Hinzu kommt der ungelöste Integrationskonflikt in Europa, dessen schwerwiegende Auswirkungen durch eine auf der Meistbegünstigungsbasis vorgenommene Herabsetzung der Zolltarife - wie sie zurzeit in der Kennedy-Runde angestrebt wird - zwar nicht beseitigt, aber doch wesentlich gemildert werden können.

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II

Die Schweiz war seit dem 22. November 1958 provisorisches Mitglied des GATT gewesen. Sie konnte sich an den Arbeiten des GATT beteiligen; aber das Stimmrecht blieb ihr versagt und damit das politische Gewicht des Vollmitglieds.

Was unser Land von der vollen Mitgliedschaft fernhielt, war die Tatsache, dass es, obwohl ehi wirtschaftlich starkes Land ohne Zahlungsbilanzschwierigkeiten, zum Schütze seiner landwirtschaftlichen Produktion eine Anzahl Einfuhrbeschränkungen handhabte und weiter handhabt, die mit dem Wortlaut des GATTStatuts nicht vereinbar sind. Für die grossen Agrarexportstaaten der gemässigten Zone aber, wie vor allem die Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Neuseeland, die Niederlande und andere, stellt der berühmte Artikel XI des GATT, in dem das Verbot mengenmässiger Einfuhrbeschränkungen niedergelegt ist, einen Grundsatz von fundamentaler Bedeutung dar, von dem Ausnahmen zuzugestehen sie nicht bereit waren. Daran änderte nichts, dass sich eine ganze Anzahl Industriestaaten in einer mit derjenigen der Schweiz vergleichbaren Lage ebenfalls genötigt sehen, ihre Landwirtschaft zu schützen. Diese Länder aber sind zumeist Gründungsmitglieder des GATTund konnten sich im Jahre 1947 für die Weiterführung landwirtschaftlicher und anderer Einfuhrbeschränkungen auf eine gestörte Zahlungsbilanz berufen. Nachdem sie im Laufe der fünfziger Jahre diesem Zustand entwachsen sind und dennoch ihre Situation mit Bezug auf den landwirtschaftlichen Einfuhrschutz nicht bereinigt haben, leben sie zwar für einen Teil ihrer Einfuhrpolitik im Widerspruch zum GATT-Statut, verhehlen dies auch nicht und sind einer besondern, alljährlichen Prüfungsprozedur unterworfen; aber sie stehen im GATT weiterhin in vollen Rechten. Einzelnen solcher Länder wurde darüber hinaus ein ausdrücklicher Dispens von der Einhaltung des Artikels XI erteilt. In beiden Fällen aber blieb - und dies ist der springende Punkt - die an sich absolute Geltung des Artikels XI unbestritten; damit anerkannten alle diese Länder, dass ihr Bestreben darauf gerichtet sein müsse, ihre mengenmässigen landwirtschaftlichen Einfuhrbeschränkungen allmählich abzubauen und schlussendlich überhaupt zu beseitigen.

Die Schweiz konnte eine ausdrückliche oder auch stillschweigende Verpflichtung, den Artikel XI voll zu respektieren, nicht übernehmen. Dies wäre
mit der vom Schweizervolk beschlossenen landwirtschaftlichen Gesetzgebung, verankert in dem Landwirtschaftsgesetz, dem Getreidegesetz, dem Alkoholgesetz und demBundesbeschluss über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland, nicht vereinbar gewesen. Diese Tatsache hat während langen Jahren die Schweiz vom GATT überhaupt ferngehalten. Erst im Jahre 1958 gelang es, wie bereits erwähnt, die Schweiz dem GATT als provisorisches Mitglied anzuschliessen. In der Deklaration vom 22. November 1958 wurde der Schweiz gestattet, vom Artikel XI des GATT-Statuts insofern abzuweichen, als dies zur Durchführung der erwähnten Gesetze notwendig war. Die Vereinbarung wurde jedoch nur für drei Jahre abgeschlossen; sie ist seither zweimal erneuert worden.

Überdies wurde der Schweiz ein Dispens auch von Artikel XV des GATT, der von der Währungspolitik der Mitgliedstaaten handelt, eingeräumt. Die Schweiz

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ist bekanntlich - aus hier nicht zu erörternden Gründen - nicht Mitglied des Internationalen Währungsfonds und hätte gemäss Artikel XV des Accord général mit den Vertragsparteien des GATT eigentlich ein Währungsabkommen abschliessen müssen, das die gleichen Verpflichtungen enthalten hätte, wie sie für die Mitglieder des Internationalen Währungsfonds bestehen. Angesichts des unanfechtbaren Charakters der schweizerischen Währungspolitik konnte das GATT auf die Einhaltung des Artikels XV durch die Schweiz ohne Schwierigkeit verzichten.

Die der Schweiz vorläufig eingeräumte landwirtschaftliche Ausnahmeregelung aber wurde von zwei Agrarexportstaaten, Australien und Neuseeland, als so schwerwiegend empfunden, dass sie nicht einmal der provisorischen Aufnahme unseres Landes zustimmten.

III

Wenn in den vergangenen mehr als sieben Jahren die Verhältnisse sich genügend verändert haben, um einen Beitritt unseres Landes als Vollmitglied des GATT möglich zu machen, so sind hierfür vor allem zwei Gründe massgebend : Einmal hat die Schweiz an den Arbeiten des GATT einen sehr aktiven Anteil genommen, wie dies ihrer Bedeutung als ein wichtiger Welthandelsstaat entspricht. Insbesondere beteiligte sie sich intensiv an den in den letzten Jahren geführten Zoll- und Wirtschaftsverhandlungen, nämlich den Kompensationsverhandlungen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) anlässlich der Einführung des gemeinsamen Zolltarifs der Gemeinschaft, der darauf folgenden sogenannten Dülon-Runde und nun der Kennedy-Runde. Auch an der Behandlung der vielfältigen ändern handelspolitischen Probleme, die im GATT zur Diskussion stehen, hat die Schweiz in positiver und konstruktiver Weise mitgewirkt. Wiederholt wurden die schweizerischen Delegierten zur Bearbeitung delikater Aufgaben im Dienste der Gemeinschaft beigezogen. Besonders bemerkenswert ist, dass die GATT-Ministerkonferenz vom 16.-21. Mai 1963, welche die Grundregeln für die Durchführung der Kennedy-Runde aufstellte, unter der Leitung des Chefs des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements stattfand.

Überdies hat die Praxis gezeigt, dass die der Schweiz zugestandene Sonderregelung eine lebhafte Entwicklung des Handelsaustausches zwischen den GATTVertragsparteien und der Schweiz keineswegs behindert hat. Unsere Importe landwirtschaftlicher Erzeugnisse haben sich im Laufe der letzten sieben Jahre ungefähr verdoppelt. Von den ihnen nach der schweizerischen landwirtschaftlichen Gesetzgebung zustehenden Befugnissen haben unsere Behörden einen massvollen Gebrauch gemacht. All dies ist natürlich im GATT nicht unbemerkt geblieben.

Anderseits hat sich auch im Kreise der Agrarexportstaaten in den letzten Jahren ein gewisser Wandel in der Einstellung zum Problem des landwirtschaftlichen Einfuhrschutzes abgezeichnet. Diese Staaten mussten sich darüber Rechenschaft geben, dass der Buchstabe des Artikels XI allein, auch bei optimistischer Beurteilung der Zukunftsaussichten, nicht genügen würde, um das zu erreichen,

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woran sie vor allem interessiert sein müssen: die effektive Möglichkeit, ihre Produkte auf den Märkten der Industriestaaten abzusetzen. Lehrreich war für sie in diesem Zusammenhang das Beispiel, das durch die im Aufbau begriffene gemeinsame Agrarpolitik der EWG geboten wird, die beansprucht, mit dem Wortlaut des GATT- Statuts vereinbar zu sein, aber durch ein umfassendes System von sogenannten « Abschöpfungen » an der Grenze die freie Konkurrenz mindestens ebenso wirksam fernhält wie quantitative Einfuhrbeschränkungen.

Die von der Ministertagung des GATT im Mai 1963 für den landwirtschaftlichen Teil der Kennedy-Runde gefassten Resolutionen spiegeln die gewandelte Optik, m der das Problem heute steht, anschaulich wider. Die Minister stellten fest : «Etant donné l'importance de l'agriculture dans le commerce mondial, les négociations commerciales devront créer des conditions acceptables d'accès aux marchés mondiaux pour les produits agricoles.» Dementsprechend erging an die Verhandlungspartner der Auftrag zur gemeinsamen Ausarbeitung von «Règles qui gouverneront, et méthodes qui régiront, la création de conditions acceptables d'accès aux marchés mondiaux pour les produits agricoles à l'effet de promouvoir un développement et une expansion significatifs du commerce mondial de ces produits.» Die Agrarexportländer haben zwar keinen Zweifel darüber gelassen, dass durch diese Texte, die für sie blosse Richtlinien für eine Einzelverhandlung, die KennedyRunde, sind, Geltung und Bedeutung des Artikels XI des GATT-Statuts, keineswegs beeinträchtigt oder in den Hintergrund gedrängt worden sind. Aber es war doch unverkennbar, dass das von den Ministern für die Landwirtschaftsverhandlung der Kennedy-Runde ausgegebene Leitmotiv des «accès aux marchés» die Situation der Schweiz in einem ändern, für uns wesentlich günstigeren Lichte erschienen liess.

Die Schweiz hat, wie alle übrigen Teilnehmer an der Kennedy-Runde, die oben zitierten Resolutionen ebenfalls angenommen. Sie hat überdies am 15. September 1965, gleichzeitig mit den meisten ändern Verhandlungspartnern, eine landwirtschaftliche Offerte für die Kennedy-Runde eingereicht. Dieses Angebot ist entsprechend unsern beschränkten Möglichkeiten vorsichtig gehalten und knüpft wiederum in erster Linie an den Begriff des Zugangs zum Markt an, der von unserm Land,
verglichen mit den Leistungen anderer Industriestaaten, bereits in respektablem Umfang gewährt wird. Der Zeitpunkt schien günstig, die Gedankenwelt der Landwirtschaftsverhandlung der Kennedy-Runde, die Evolution, die sie, bis zu einem gewissen Grade wenigstens, in der Einstellung der grossen Agrarexportstaaten bewirkt hat, verbunden mit dem von der Schweiz in den Jahren ihrer provisorischen Mitgliedschaft an den Tag gelegten exemplarischen Verhalten dazu zu benutzen, um unserm Lande in einem neuen Anlauf die Vollmitgliedschaft im GATT zu sichern, dabei aber die Anwendbarkeit der schweizerischen landwirtschaftlichen Einfuhrgesetzgebung vollumfänglich und ohne zeitliche Begrenzung zu wahren. Der Eindruck von der Opportunität des Augenblicks wurde vom Generaldirektor des GATT, Herrn Eric Wyndham White, geteilt. Es gebührt sich hier, die grosse Hilfe, die uns von diesem klugen

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und erfahrenen Mann und seinen Mitarbeitern in den den schweizerischen Beitritt vorbereitenden Verhandlungen zuteil wurde, dankbar zu würdigen.

Denn diese Verhandlungen waren trotz der Gunst der Stunde keineswegs einfach. Es galt, in Bemühungen, die sich über mehrere Monate erstreckten, die zu erwartenden und teilweise auch unerwartete Schwierigkeiten in geduldiger Einzelarbeit zu bewältigen. Die Festigkeit im Grundsätzlichen, zugleich aber die Bereitschaft, in der Gestaltung des Textes des Protokolls gewisse für uns tragbare Zugeständnisse an die Bedürfnisse unserer Partner zu machen, haben zu dem schliesslichen Erfolg geführt.

So ist die Schweiz an der Plenarsitzung der GATT-Vertragsparteien vom I.April 1966 mit 50:0 Stimmen als Mitglied des GATT aufgenommen worden.

Auch alle grossen Agrarexportstaaten (einschliesslich Australiens und Neuseelands) haben dem Beschluss zugestimmt. Der schweizerische Chefdelegierte im GATT, Minister Dr. AlbertWeitnauer, hat das Protokoll über den schweizerischen Beitritt am 4. Mai 1966 unter Vorbehalt der Genehmigung durch die eidgenössischen Räte unterzeichnet.

IV

Das hier beiliegende Beitrittsprotokoll enthält zu einem guten Teil Bestimmungen, die rein formale Bedeutung haben und sich aus der komplizierten, historisch gewachsenen juristischen Struktur des GATT erklären. Wir verzichten darauf, diese Klauseln zu kommentieren und beschränken uns auf die Abschnitte, die für die politische und ökonomische Würdigung des Dokuments in schweizerischer Sicht von Bedeutung sind.

In der Präambel des Protokolls sind die Erwägungen zusammengetragen, die die Vertragsparteien dazu geführt haben, dem schweizerischen Beitritt zuzustimmen. Von ihnen sind zwei von besonderer Wichtigkeit. Die erste - es ist Abschnitt 4 der Präambel - verweist auf das Element, in dem die Starke der schweizerischen Position begründet ist, nämlich den tatsächlichen Zugang zum Markt, der in der Resolution der GATT-Minister vom 21. Mai 1963 als wegleitend auch für die Kennedy-Verhandlung erklärt wurde. Abschnitt 5 der Präambel gibt die Zusage der schweizerischen Regierung wieder, für den Fall eines Misserfolges der Kennedy-Runde mit den GATT-Vertragsparteien zusammenzutreten mit dem Ziel, festzustellen, dass die Schweiz, trotz der ihr im Protokoll eingeräumten Sonderstellung, der Leitlinie der Ministerbeschlüsse vom Mai 1963 entsprechend annehmbare Bedingungen des Zugangs zu ihrem Markt für landwirtschaftliche Produkte aufrechterhält. Es handelt sich um eine blosse Verifikation dieses Tatbestandes, die uns, so glauben wir vor allem angesichts der von ändern Ländern unter dem Gesichtspunkt des Marktzugangs betriebenen Politik annehmen zu dürfen, nicht schwer fallen sollte.

In Teil I und II des Protokolls sind insbesondere die Ziffern 4, 5, 6 und 7 für uns wichtig. Das eigentliche Kernstück der mit dem GATT getroffenen Regelung ist in Ziffer 4 enthalten. Hier wird der Schweiz zugestanden, dass sie von Artikel XI des GATT-Statuts absehen kann, soweit die Durchführung ihrer landwirtschaftlichen Einfuhrgesetzgebung dies erfordert. Die der Schweiz damit

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eingeräumte Sonderstellung ist uneingeschränkt und unbefristet, dies im Gegensatz zu der Situation anderer Industriestaaten, für die, wie bereits weiter oben hervorgehoben, der Artikel XI prinzipiell unbeschränkt gilt und die daher immer vom Grundsatz her gesehen- verpflichtet sind, ihren landwirtschaftlichen Einfuhrschutz, soweit er in die Form quantitativer Beschränkungen gekleidet ist, allmählich abzubauen.

Wie sich aus Ziffer 7 des Protokolls ergibt, werden die Zollkonzessionslisten, in denen die Resultate der von der Schweiz mit einer Anzahl GATT-Mitglieder im Jahre 1958 im Hinblick auf ihren provisorischen Beitritt geführten Zollverhandlungen verkörpert sind, nun als Anhang dem Accord général beigefügt. Dies ist für uns nicht zuletzt darum bedeutsam, weil am Ende der schweizerischen Konzessionsliste eine «Remarque générale» enthalten ist, die die Schweiz ermächtigt, in Abweichung von den Bestimmungen des Accord général die von ihr erhobenen Zollzuschläge und ändern Einfuhrabgaben weiter zu erheben und gegebenenfalls zu erhöhen oder neue solche Abgaben einzuführen, sofern sie sich hierfür auf diebestehende schweizerische Landwirtschaftsgesetzgebung berufen kann.

Allerdings ist die Schweiz gehalten, alljährlich über die Massnahmen, die sie gestützt auf den Vorbehalt der Ziffer 4 aufrechterhält, dem GATT Bericht zu erstatten. Ferner werden die GATT-Vertragsparteien alle drei Jahre eine einlässliche Prüfung der Erfahrungen, die mit Ziffer 4 des Protokolls gemacht worden sind, veranstalten. Hierin liegt nichts Ungewöhnliches ; die Berichterstattungspflicht bestand schon unter der provisorischen Abmachung mit der Schweiz, und sie gilt auch für andere Länder, die auf Einzelgebieten eine Politik im Widerspruch zum Wortlaut des Accord général betreiben.

Darüber hinaus haben unsere Partner stets die Möglichkeit, sich auf die Artikel XXII und insbesondere XXIII des Accord général zu berufen, wie Ziffer 6 des Protokolls ausdrücklich festhält, obwohl dieses Recht nachdem die Schweiz Partnerstaat des Accord général ist, auch ohne ausdrückliche Erwähnung bestünde. Diese Artikel verpflichten die Mitgliedstaaten, auf Konsultationen einzutreten, wenn ein Partner zu dem Schluss gelangt, dass durch die Massnahmen eines ändern Partners das Gleichgewicht der Vorteile aus dem GATTVertrag gestört ist. Ziel der
Konsultationen ist, den Tatbestand zu erklären und gegebenenfalls Lösungen zu finden, denen beide Partner zustimmen können.

Auch in einem solchen Verfahren hat die Schweiz mit ihrer im Verhältnis 8 : l passiven Agrarhandelsbüanz eine starke Stellung.

Schliesslich wird der Schweiz, wie schon in der Deklaration über ihren provisorischen Beitritt festgelegt, in Ziffer 5 des Protokolls ein Dispens von der Verpflichtung gemäss Artikel XV des Accord général, als Nichtmitglied des Internationalen Währungsfonds ein Währungsabkommen mit den GATT-Vertragsparteien abzuschliessen, zugestanden.

Die für den «Sonderfall Schweiz» auf dem Agrargebiet gefundene Lösung ist, wie der Vertreter eines führenden Agrarexportstaates in der Debatte vom l. April 1966 nicht ermangelte hervorzuheben, einzigartig. Wenn unsere Partner sich dazu bereit fanden, so geschah es zu einem Teil gewiss darum, weil man

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einem Lande von der Statur der Schweiz trotz ihrer festgefügten Sonderart, die in kein Schema passt, den Weg zum GATT nicht länger versperren wollte. Vor allem aber gründet die nun getroffene Regelung im Vertrauen der GATT-Vertragsstaaten darauf, dass die Schweiz ihre Sonderrechte nicht missbrauchen und schon mit Rücksicht auf die innere Struktur ihrer Volkswirtschaft immer ein bedeutender Agrarimporteur bleiben wird. In diesem Sinne ist die Freiheit, die der Schweiz für die Fortführung ihrer Agrarpolitik eingeräumt wurde, nicht unbeschränkt. Aber diese Freiheit hätte ohnehin ihre Grenzen, auch wenn wir weder dem GATT noch irgendeiner ändern internationalen Wirtschaftsorganisation angehörten. Die Schranken unserer Handlungsfreiheit ergeben sich ganz einfach aus den tatsächlichen Verhältnissen, aus der Tatsache, dass unser Land keine isolierte Existenz führt, sondern mit seiner wirtschaftlichen Umwelt aufs engste verbunden ist und daher immer und unter allen Umständen eine wohlüberlegte, an den Gesamtinteressen des Landes orientierte Wirtschafts- und Aussenhandelspolitik führen muss.

V Die verfassungsmässige Grundlage des im Entwurf beiliegenden Bundesbeschlusses bildet Artikel 8 der Bundesverfassung, gemäss welchem dem Bunde das Recht zusteht, StaatsverträgemitdemAuslandabzuschliessen.DieZuständigkeit der Bundesversammlungberuht auf Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung.

Das Protokoll ist zwar auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, kann aber jederzeit auf zwei Monate gekündigt werden. Der Genehmigungsbeschluss unterliegt deshalb nicht dem Staatsvertragsreferendum nach Artikel 89, Absatz 4 der Bundesverfassung.

Die Ratifikation des Beitrittsprotokolls durch die Schweiz hat eine gewisse Dringlichkeit, da, wie ausgeführt, wichtige internationale Verhandlungen im Gange sind, in denen die Schweiz mit der Autorität eines Vollmitglieds des GATT sollte auftreten können. Wir möchten daher vorschlagen, die Angelegenheit in der bevorstehenden Junisession der eidgenössischen Räte abschliessend zu behandeln.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung des Protokolls vom l. April 1966 über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) gutzuheissen.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 10. Mai 1966.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Schaffner Der Bundeskanzler : Ch.Oser

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung des Protokolls vom I.April 1966 über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 8 und 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. Mai 1966, beschliesst: Einziger Artikel Das Protokoll vom I.April 1966 über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, dieses Protokoll zu ratifizieren.

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Übersetzung aus dem französischen und englischen Originaltext

Beschluss über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zollami Handelsabkommen (Vom I.April 1966)

In Anbetracht der Ergebnisse der Verhandlungen, die im Hinblick auf den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen geführt wurden, In Erwägung, dass im Rahmen der Deklaration vom 22. November 1958 eine Vereinbarung über den provisorischen Beitritt der Schweiz getroffen wurde und dass seither die Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens zwischen der Schweiz und der grossen Mehrheit der Vertragsparteien gemäss den Bestimmungen der erwähnten Deklaration anwendbar sind, Im Wunsche, dass die Schweiz ohne weiteren Aufschub Vertragspartei des Allgemeinen Abkommens wird, Nach Ausarbeitung eines Protokolls über den Beitritt der Schweiz, in dem unter anderem bestimmt wird, dass die der Deklaration vom 22. November 1958 beigefügten Listen zu Listen des Allgemeinen Abkommens werden sollen, Fassen die VERTRAGSPARTEIEN in Anwendung von Artikel XXXIII des Allgemeinen Abkommens den Beschluss, dass die Schweiz dem Allgemeinen Abkommen gemäss den Bestimmungen des genannten Protokolls beitreten kann.

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Übersetzung aus dem französischen und englischen Originaltext

Protokoll über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zollund Handelsabkommen Die Regierangen, die Vertragsparteien des Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommens sind (hiernach als« Vertragsparteien», bzw. «Allgemeines Abkommen» bezeichnet), die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (hiernach «die Schweiz» genannt), In Anbetracht der Ergebnisse der Verhandlungen, die im Hinblick auf den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Abkommen geführt wurden und die in der Deklaration vom 22. November 1958 über den provisorischenBeitritt der Schweiz zum Allgemeinen Abkommen festgehalten sind, In Erwägung, dass die Schweiz eine aktive und positive Rolle in den Wirtschaftsverhandlungen unter der Ägide der VERTRAGSPARTEIEN gespielt hat und weiterhin spielt, In Erwägung, dass die Schweiz dem Grundsatz zugestimmt hat, der Gegenstand der am GATT-Ministertreffen vom 21. Mai 1963 angenommenen Resolution bildet, wonach «in Anbetracht der Bedeutung der Landwirtschaft im Welthandel die Wirtschaftsverhandlungen annehmbare Bedingungen des Zugangs zu den Weltmärkten für landwirtschaftliche Erzeugnisse schaffen sollen», und dass die Schweiz auch dem in Abschnitt B, Absatz 3 der genannten Resolution vorgesehenen Verfahren zur Verwirklichung dieses Grundsatzes zugestimmt hat, In Erwägung, dass die Schweiz bereit ist, falls die laufenden Wirtschaftsverhandlungen nicht zu Übereinkommen von der Art führen, wie sie die Minister in ihrer Resolution vom 21. Mai 1963 in Aussicht nahmen, mit den VERTRAGSPARTEIEN die dann bestehende Lage zu prüfen, um festzustellen, dass die Schweiz trotz des in Ziffer 4 unten enthaltenen Vorbehalts « annehmbare Bedingungen des Marktzuganges ... für landwirtschaftliche Erzeugnisse» gewährt, wie in der Resolution der Minister vom 21. Mai 1963 ausgeführt, In Erwägung, dass die Schweiz seit ihrem provisorischen Beitritt den Ausfuhren landwirtschaftlicher Erzeugnisse der Vertragsparteien einen stetig wachsenden Markt geboten hat, wie die regelmässige Zunahme der Einfuhren solcher Produkte beweist, In Erwägung, dass die Schweiz seit ihrem provisorischen Beitritt aktiven und positiven Anteil an den Arbeiten der VERTRAGSPARTEIEN genommen hat, sind durch ihre Vertreter wie folgt übereingekommen :

724 Erster Teil - Allgemeine Bestimmungen

1. Mit dem Inkrafttreten dieses Protokolls gemäss Ziffer 12 unten wird die Schweiz Vertragspartei des Allgemeinen Abkommens im Sinne von Artikel XXXII werden und provisorisch und unter Vorbehalt dieses Protokolls anwenden: a. Teil I und III des Allgemeinen Abkommens und b. Teil II des Allgemeinen Abkommens, soweit dies mit ihrer am 22. November 1958 geltenden Gesetzgebung vereinbar ist.

Die Verpflichtungen, die in Artikel I, Ziffer l enthalten sind und auf Artikel III Bezug nehmen, sowie jene, die in Artikel II, Ziffer 2(o) enthalten sind und auf Artikel VI des Allgemeinen Abkommens Bezug nehmen, sind im Sinne dieser Ziffer als zu Teil II gehörend zu betrachten.

2. a. Soweit im vorliegenden Protokoll nichts anderes vorgesehen ist, sind die von der Schweiz einzuhaltenden Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens jene, die im Text des Anhangs zur Schlussakte der zweiten Tagung des vorbereitenden Ausschusses der Konferenz der Vereinten Nationen über Handel und Beschäftigung enthalten sind, einschliesslich jener Berichtigungen, Ergänzungen oder sonstigen Änderungen, die sich ergeben i) aus den Vertragsinstrumenten, die am Tage, da die Schweiz Vertragspartei wird, mindestens teilweise in Kraft stehen; jedoch,soll dies nicht bedeuten, dass sich die Schweiz verpflichtet, eine Bestimmung irgendeines dieser Vertragsinstrumente anzuwenden, bevor sie gemäss den Vorschriften des betreffenden Vertragsinstrumentes in Kraft getreten ist; ii) aus den Bestimmungen irgendeines Protokolls zur Berichtigung oder Änderung bestehender Listen des Allgemeinen Abkommens oder aus einer ändern, diese Listen berührenden Massnahme, die auf Grund einer besonderen Bestimmung des Allgemeinen Abkommens oder auf Grund von Verfahren getroffen wurde, die die VERTRAGSPARTEIEN vorgeschrieben haben, und die am Tage, da die Schweiz Vertragspartei wird, in Kraft steht.

b. In allen Fällen, wo in Artikel V, Ziffer 6, in Artikel VII, Ziffer 4(d) und in Artikel X, Ziffer 3(c) des Allgemeinen Abkommens auf das Datum des Abkommens Bezug genommen wird, gilt der 22. November 1958 als das für die Schweiz massgebliche Datum.

3. Für den territorialen Geltungsbereich des vorliegenden Protokolls wird davon ausgegangen, dass das Zollgebiet der Schweiz das Gebiet des Fürstentums Liechtenstein einschliesst, solange ein Zollunionsvertrag mit der Schweiz
in Kraft steht.

4. Die Schweiz macht mit Bezug auf die Geltung der Bestimmungen von Artikel XI des Allgemeinen Abkommens einen Vorbehalt, insoweit dies erforderlich ist, um ihr die Anwendung von Einfuhrbeschränkungen gemäss dem zweiten Titel des Bundesgesetzes vom S.Oktober 1951, gemäss Artikel 11 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1956/28.September 1962, sowie gemäss

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der auf den Artikeln 32bls und 23Ms der Bundesverfassung beruhenden schweizerischen Gesetzgebung betreffend Alkohol und Getreide zu gestatten. Trifft die Schweiz auf Grund dieser Gesetze Massnahmen, die nicht durch Ziffer \(b) oben gedeckt sind, so hat sie, soweit dies mit der Durchführung dieser Gesetze vereinbar ist, im grösstmöglichen Masse die einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens zu beobachten und sich im besonderen zu bemühen, dafür Sorge zu tragen, dass diese Massnahmen in einer den Interessen der Vertragsparteien möglichst wenig abträglichen Weise gehandhabt werden ; sie hat ferner, in Übereinstimmung mit Artikel XIII des Allgemeinen Abkommens, alle auf Grund dieser Gesetze eingeführten Beschränkungen unter Beachtung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung anzuwenden. Die Schweiz wird den VERTRAGSPARTEIEN alljährlich einen Bericht über die Massnahmen erstatten, die gestützt auf diesen Vorbehalt angewendet werden, und auf Wunsch der VERTRAGSPARTEIEN mit ihnen hinsichtlich dieser Massnahmen auf Konsultationen eintreten. Überdies werden die VERTRAGSPARTEIEN alle drei Jahre eine gründliche Überprüfung der Anwendung der Bestimmungen dieser Ziffer vornehmen.

5. Die Schweiz behält sich ihren Standpunkt auch hinsichtlich der Bestimmungen von Artikel XV, Ziffer 6 des Allgemeinen Abkommens vor, verpflichtet sich aber, solange sie nicht Mitglied des Internationalen Währungsfonds ist, in Währungsfragen entsprechend den Zielen des Allgemeinen Abkommens und in einer Weise zu handeln, die mit den Grundsätzen des Besonderen Währungsabkommens, das die VERTRAGSPARTEIEN in ihrer Resolution vom 20. Juni 1949*) genehmigt haben, vollumfänglich vereinbar ist. Sie bestätigt die ausdrücklichen Verpflichtungen, die in ihrer Erklärung an der Sitzung vom 17. November 19562) der Elften Session der VERTRAGSPARTEIEN enthalten sind. Die Schweiz wird den VERTRAGSPARTEIEN unverzüglich über jede Massnahme Bericht erstatten, die Gegenstand eines Berichtes an dieVERTRAGSPARTEIEN sein müsste, wenn die Schweiz das Besondere Währungsabkommen unterzeichnet hätte, das die VERTRAGSPARTEIEN mit ihrer Resolution vom 20. Juni 1949 genehmigt haben. Die Schweiz hat jederzeit, nach einer Voranmeldung von dreissig Tagen, mit den VERTRAGSPARTEIEN auf Wunsch einer Vertragspartei Konsultationen aufzunehmen, die der Auffassung
ist, dass die Schweiz Währungsmassnahmen ergriffen hat, die eine ins Gewicht fallende Wirkung auf die Anwendung des Allgemeinen Abkommens haben könnten oder mit den Grundsätzen und Zielen des Besonderen Währungsabkommens unvereinbar sind. Sollten die VERTRAGSPARTEIEN auf Grund dieser Konsultationen zum Schluss gelangen, dass die Schweiz Währungsmassnahmen ergriffen hat, die den Zielen des Allgemeinen Abkommens widersprechen, so sind sie frei zu beschliessen, dass der vorliegende Vorbehalt seine Gültigkeit verliert; die Schweiz wird daraufhin an die Bestimmungen von Artikel XV, Ziffer 6 des Allgemeinen Abkommens gebunden sein.

*) GATT-Instruments de base et documents divers, Band II, S. 18 und 127.

*) Vgl. Dokument GATT - L/593.

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6. Auf Verlangen irgendeiner Vertragspartei hat die Schweiz über die in Ziffer 4 und 5 oben enthaltenen Vorbehalte Konsultationen gemäss Artikel XXII und XXIII des Allgemeinen Abkommens aufzunehmen, um zu einer beiderseits befriedigenden Lösung aller sich aus diesen Vorbehalten ergebenden Probleme zu gelangen.

Zweiter Teil - Listen 7. Die in Anhang A aufgeführten Listen werden mit dem Inkrafttreten des vorliegenden Protokolls zu Listen des Allgemeinen Abkommens, die die Schweiz betreffen.

8. Eine in Anhang B aufgeführte, eine Vertragspartei oder die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft betreffende Liste, wird am dreissigsten Tag nach dem Tage der Unterzeichnung des vorliegenden Protokolls durch die betreffende Vertragspartei oder die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zu einer Liste des Allgemeinen Abkommens; jedoch kann der Zeitpunkt, an dem eine solche Liste zu einer Liste des Allgemeinen Abkommens wird, nicht früher liegen als das Datum des Inkrafttretens des vorliegenden Protokolls.

9. a. In allen Fällen, in denen in Artikel II, Ziffer l des Allgemeinen Abkommens auf das Datum des Abkommens Bezug genommen wird, gilt als der massgebliche Zeitpunkt für jedes Erzeugnis, das Gegenstand eines Zugeständnisses und in einer Liste enthalten ist, die in Anhang A oder B aufgeführt wird, das Datum des Vertragsinstruments, das diese Liste enthält.

b. Hinsichtlich des in Artikel II, Ziffer 6(a) des Allgemeinen Abkommens enthaltenen Hinweises auf das Datum des Abkommens ist für eine in Anhang A oder B aufgeführte Liste das Datum des Vertragsinstruments massgebend, das die betreffende Liste enthält.

10. Es steht der Schweiz jederzeit frei, jedes Zugeständnis, das in einer in Anhang A zum vorliegenden Protokoll aufgeführten Liste enthalten ist, ganz oder teilweise zurückzuziehen, mit der Begründung, dass dieses Zugeständnis von der Schweiz ursprünglich mit einer Vertragspartei oder mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgehandelt wurde, deren in Anhang B zum vorliegenden Protokoll aufgeführte Liste nicht zu einer Liste des Allgemeinen Abkommens geworden ist, vorausgesetzt dass : a. die Absicht, ein solches Zugeständnis rückgängig zu machen, den VERTRAGSPARTEIEN wenigstens dreissig Tage vor dem Zeitpunkt des beabsichtigten Rückzuges schriftlich bekanntgegeben wird; b. auf Verlangen Konsultationen
mit jeder Vertragspartei oder mit der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geführt werden, deren Liste eine Liste des Allgemeinen Abkommens geworden ist und die ein wesentliches Interesse an dem in Frage stehenden Erzeugnis hat; c. jedes auf diese Weise zurückgenommene Zugeständnis von dem Tage an wieder angewendet wird, an dem die Liste der Vertragspartei oder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, mit welcher dieses Zugeständnis ursprünglich ausgehandelt worden war, zu einer Liste des Allgemeinen Abkommens geworden ist.

727

Dritter Teil - Schlussbestimmungen 11. Das vorliegende Protokoll wird beim Generaldirektor der VERTRAGSPARTEIEN hinterlegt. Es steht der Schweiz bis zum 31. Dezember 1966 und den Vertragsparteien sowie der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Unterzeichnung offen.

12. Das vorliegende Protokoll tritt am dreissigsten Tag nach dem Tag seiner Unterzeichnung durch die Schweiz in Kraft.

13. Die Unterzeichnung des vorliegenden Protokolls durch die Schweiz gilt als Bestätigung der Annahme des Protokolls zur Änderung des Allgemeinen Abkommens durch Einfügung eines Teils IV über Handel und Entwicklung und bildet den endgültigen Rechtsakt dafür, dass die Schweiz an jedem Vertragsinstrument beteiligt wird, durch welches das Allgemeine Abkommen berichtigt, ergänzt oder sonst geändert wird und das von den VERTRAGSPARTEIEN geschaffen und zur Annahme aufgelegt worden ist, aber zur Zeit der Unterzeichnung des vorliegenden Protokolls durch die Schweiz noch nicht in Kraft getreten ist.

14. Nachdem die Schweiz Vertragspartei des Allgemeinen Abkommens gemäss Ziffer l des vorliegenden Protokolls geworden ist, kann sie dem Allgemeinen Abkommen in Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des vorliegenden Protokolls beitreten, indem sie beim Generaldirektor ein Beitrittsinstrument hinterlegt. Dieser Beitritt erlangt an dem Tag Wirksamkeit, an dem das Allgemeine Abkommen gemäss Artikel XXVI in Kraft tritt, oder am dreissigsten Tag nach dem Tag der Hinterlegung des Beitrittsinstruments, je nachdem, welches der beiden Daten das spätere ist. Der Beitritt zum Allgemeinen Abkommen gemäss dieser Ziffer ist im Sinne von Artikel XXXII, Ziffer 2 des Abkommens als Annahme des Abkommens gemäss seinem Artikel XXVI, Ziffer 4 anzusehen.

15. Die Schweiz kann die provisorische Anwendung des Allgemeinen Abkommens vor ihrem Beitritt gemäss Ziffer 14 hiervor rückgängig machen; eine solche Kündigung wird am sechzigsten Tag nach dem Tag wirksam werden, an welchem der Generaldirektor schriftliche Mitteilung davon erhalten hat.

16. Der Generaldirektor wird unverzüglich jeder Vertragspartei, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Schweiz, jeder Regierung, die dem Allgemeinen Abkommen provisorisch beigetreten ist und jeder Regierung, mit Bezug auf die ein Vertragsinstrument in Kraft getreten ist, das besondere Beziehungen
mit den VERTRAGSPARTEIEN des Allgemeinen Abkommens schafft, eine beglaubigte Abschrift des vorliegenden Protokolls zustellen sowie jede gemäss Ziffer 11 erfolgte Unterzeichnung mitteilen.

Das vorliegende Protokoll ist gemäss den Bestimmungen von Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen zu registrieren.

Ausgefertigt in Genf am ersten April neunzehnhundertsechsundsechzig in einem einzigen Exemplar in englischer und französischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise verbindlich sind, ausser es sei etwas anderes bestimmt bezüglich der Listen, die in den in Anhang A und B aufgeführten Vertragsmstrumenten enthalten sind.

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Anhang"A

Vertragsinstrumente, die Listen betreffend die Schvveiz enthalten

Deklaration iiber den provisorischen Beitritt der Schweizerischen Eidgenossenschaft [22. November 1958] ^ Protokoll iiber die der Deklaration iiber den provisorischen Beitritt der Schweizerischen Eidgenossenschaft beizufiigenden Listen [13. November 1959]2).

Protokoll iiber die Ergebnisse der Zollkonferenz von 1960/1961 [16.Juli 1962]3).

Protokoll tiber den Beitritt Spaniens [1. Juli 1963]*).

*) Liste der Schweizerischen Zugestandnisse: AS 1959,1823.

) Liste der Schweizerischen Zugestandnisse an Japan: AS 1962,1042.

a

3

) Liste der Schweizerischen Zugestandnisse an die Vereinigten Staaten: AS 1962,1641, an die Europaische Wirtschaftsgemeinschaft: AS 1962,1655.

4 ) Gewahrung der Meistbegiinstigung fiir gewisse Weinspezialitaten: AS 1963, 752.

729

Anhang B

Vertragsinstrumente, die Listen betreffend einzelne Vertragsparteien und die Europaische Wirtschaftsgemeinschaft enthalten

Deklaration iiber den provisorischen Beitritt der Schweizerischen Eidgenossenschaft [22. November 1958] [Listen betreffend Benelux1), Bundesrepublik Deutschland2), Danemark3), Finnland4), Frankreich5), Italien6), Kanada7), Norwegen8), Osterreich9), Schweden10), Vereinigtes Konigreich11)] Protokoll betreffend die der Deklaration iiber den provisorischen Beitritt der schweizerischen Eidgenossenschaft beizufugenden Listen [13.November 1959] [Liste betreffend Japan12)] Protokoll iiber die Ergebnisse der Zollkonferenz von 1960/61 [16. Mi 1962] [Listen betreffend die Europaische Wirtschaftsgemeinschaft13) und die Vereinigten Staaten14)] Zusatzprotokoll zum Protokoll iiber die Ergebnisse der Zollkonferenz von 1960/61 [6. Mai 1963] [Liste betreffend die Europaische Wirtschaftsgemeinschaft15)] Protokoll iiber den Beitritt von Spanien [l.Juli 1963] [Liste betreffend Spanien16)] Erklarung der VERTRAGSPARTEIEN iiber die Berichtigung und Anderung der Listen des Allgemeinen Abkommens [15. Januar 1963] [Liste betreffend Japan17)] Zweite Erklarung der VERTRAGSPARTEIEN iiber die Berichtigung und Anderung der Listen des Allgemeinen Abkommens [29. April 1964] [Liste betreffend Finnland18)] J

) AS 1959,1894.

2

a

) AS 1960, 377.

) AS 1959,1907.

) AS 1959,1912.

) AS 1959,1915.

«) AS 1959,1925.

4

B

') AS 1959,1969.

) AS 1959,1972.

') AS 1959,1888.

10 ) AS 1959,1973.

u ) AS 1959,1919.

12 ) AS 1962,1043.

8

13 ) AS 1962,1446 und 1676.

") AS 1962,1647.

15 ) Nicht veroffentlicht.

16 ) AS 1963, 747.

") Nicht veroffentlicht.

18 ) Nicht veroffentlicht.

8961

Bundesblatt. 118. Jahrg. Bd.I.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) (Vom 10. Mai 1966)

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Jahr

1966

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

20

Cahier Numero Geschäftsnummer

9468

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.05.1966

Date Data Seite

713-729

Page Pagina Ref. No

10 043 266

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