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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch der wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend Jagd und Vogelschutz bestraften : Paul Jeannerat, Uhrenmacher in Tavannes, geb.

21. Juni 1881, Eduard Parel, Uhrenmacher in Tavannes, geb.

14. Oktober 1883, Louis Parel, Uhrenmacher in Tavannes, geb.

20. Oktober 1891, und Paul Bassin, Handelsmann in Tavannes, geb.

24. September 1867.

(Vom 6. März 1908.)

Tit.

Am 2. September 1907 machte der bernische Landjäger Meyer bei einer Tour auf dem Sonnenberg die Wahrnehmung, dass die obgenannten Paul Jeannerat und Eduard Parel gerneinsam mit einem Viktor Emanuel Wal ti und einem Unbekannten der Fuchsjagd oblagen. Sie waren mit Flinten ausgerüstet und hatten Dachshunde bei sich. Später gelang es dem Landjäger, auch den dritten Beteiligten in der Person des Louis Parel, eines Bruders des Eduard Parel, auszumitteln, und er verzeigte alle vier dem zuständigen Richter wegen Jagdfrevel.

Auf den Nachmittag des 20. September wurden die Leute vor

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den Polizeirichter in Courtelary zu einer Einvernahme vorgeladen. Da traf am Vormittag des gleichen Tages der nämliche Polizeiangestellte den Paul Jeannerat und den Eduard Parel wiederum auf dem Sonnenberg, diesmal in Gesellschaft des Paul Bassin, mit Flinten und Hunden auf der Jagd nach Hasen begriffen, was zu einer neuen Vorzeigung führte.

Jeannerat, Eduard Parel und Bassin waren im Besitze von Jagdpatenten für das Jahr 1907. Die Verzeigten versuchten vor dem Richter mit allerlei Ausreden sich der Strafe zu entziehen, wurden aber schuldig erklärt der Übertretung des zitierten Bundesgesetzes durch Jagen zu verbotener Zeit und mit anderen als Stellhunden (Art. 2l, Ziff. 5, a, und 6, c), Jeannerat und Eduard Parel in wiederholter Begehung der Übertretung, und bei ihnen sowohl als bei Bassin in strafschärfender Berücksichtigung des Umstandes, dass sie am 20. September, trotzdem sie patentierte Jäger waren, als Wilderer Hasen gejagt hätten. Es wurden verurteilt : Paul Jeannerat zu Fr. 40 plus Fr. 80 plus Fr. 10 plus Fr. 10 Busse.

Eduard Parel zu Fr. 40 plus Fr. 80 plus Fr. 10 plus Fr. 10 Busse.

Louis Parel zu Fr. 40 plus Fr. 10 Busse.

Paul Bassin zu Fr. 80 plus Fr. 10 Geldbusse und zu gemeinsamer Tragung der Gerichtskosten. Bassin legte gegen das Urteil Appellation ein, zog sie aber vor der zweitinstanzlichen Verhandlung wieder zurück.

Nunmehr stellen die Verurteilten das Gesuch, dass ihnen die vom Polizeirichter ausgesprochenen Strafen im Wege der Begnadigung gänzlich erlassen, eventuell ermässigt werden möchten. Ihr Vertreter kritisiert sowohl das angewendete Gesetz als die Auslegung desselben durch den Richter, indem er bezweifelt, dass die Jagd auf Füchse in der Form, wie Jeannerat und die beiden Parel sie am 2. September betrieben, wirklich verboten sei, und dass dabei keine Dachshunde gebraucht werden dürfen, und indem er den Vorfall vom 21. September durch Sportlust bei zufällig gebotenem Anlass entschuldigen will. Was speziell den Louis Parel anbetrifft, so wird behauptet, derselbe hätte wegen seines jugendlichen Alters straffrei gelassen, zum mindesten ihm gegenüber das bernische- Gesetz, über bedingten Strafvollzug angewendet werden sollen.

465 Die Begnadigungsinstanz ist nicht in der Lage, auf die Frage einzutreten, ob der Richter ein Gesetz im Spezialfall richtig interpretiert habe, besonders dann, wenn einem Verurteilten die Möglichkeit gegeben war, die Entscheidung einer Appellationsinstanz anzurufen. Im übrigen ergibt sich bei Prüfung des Wortlautes des Gesetzes zur völligen Evidenz, dass dessen Anwendung gegenüber den Petenten gerechtfertigt war.

Die Tatsache, dass Jeannerat und Eduard Parel selbst den Tag, an welchem sie wegen Jagdfrevels vor den Strafrichter zitiert waren, zu neuem Wilderen benutzten, zeugt von ganz besonderer Frechheit und gab begründeten Anlass zur Verschärfung der Strafe. Louis Parel aber hat dasjenige Alter überschritten, das nach Art. 23, Ziff. 3, des Bundesgesetzes zu einer Herabsetzung der Strafe unter das gesetzliche Minimum führen kann, und die Gewährung des Strafaufschubes war deswegen ausgeschlossen, weil es sich um Anwendung von eidgenössischem Strafrecht handelt, das dieses Institut nicht kennt.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den' Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch von Paul Jeannerat und Konsorten abzuweisen.

B e r n , den 6. Mär/, 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Bingier.

-·JaO-si-

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