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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Reichenau nach Flims.

(Vom 29. Mai 1908.)

Tit.

I.

Mittelst Eingabe vom 16. November 1907 unterbreiteten die Herren F. D u r r e r, Ingenieur in Luzern, und Chr. M e i l e r , Kaufmann in Flims, dem Eisenbahndepartement ein Gesuch um Erteilung der Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Drahtseilbahn von der Station V e r s a m der Rhätischen Bahn nach F l i m s , und einer elektrischen Schmalspurbahn von R e i c h e n a u nach T r i n s , F l i m s und W a l d h ä u s e r n .

In dem allgemeinen Bericht über ihre beiden Projekte führten die Konzessionsbewerber aus, Flims, die westliche Bergterrasse ob der Station Versam, sei zufolge seiner geschützten Lage und dem grossartigen Ausblick aufs Hochgebirge, inmitten von herrlichen Tannenwaldungen, schon längst als beliebter Kurort von Fremden viel besucht worden, und entwickle sich immer mehr zu einem Kurort ersten Ranges. Die Bemühungen der Gemeinden Trins und Flims, die Rhätische Bahn über diese Terrassen zu führen, seien leider ohne Erfolg geblieben, so dass Flims vom Eisenbahnverkehr abgeschnitten, und von den Stationen Reichenau

851 oder Ilanz aus nur durch mehr als zweistündige mühsame Wagen·fahrt zu erreichen sei.

Die kürzeste Verbindung zwischen Flims und der Rhätischen Bahn bestehe in einer Drahtseilbahn Flims-Station Versam. Infolge der verhältnismässig geringen Betriebskosten und der sonnigen Lage des Tracés an steiler Halde werde es möglich sein, den Bahnbetrieb auch im Winter ohne Schwierigkeiten offen zu halten. Für die Linie Reichenau-Ilanz der Rhätischen Bahn werde die projektierte Drahtseilbahn von Nutzen sein, da alsdann die Besucher von Flims die Bahn bis zur Station Versam, d. h. auf einer zirka 10 km. längern Strecke, benützen würden. Immerhin sei den Gesuchstellern daran gelegen, sich auch die Konzession für eine elektrische Schmalspurbahn von der Station Reichenau über Trins und Flims bis Waldhäusern zu sichern, um auch diese Verbindung studieren und wenn möglich die Interessen der B
Der technische Bericht betreffend die elektrische Drahtseilbahn Versam-Flims enthält folgende Hauptangaben : Horizontale Länge der Bahn : 530 m.

Schiefe Länge der Bahn : 640 m.

Spurweite: l m.

Maximalsteigung : 690 °/oo.

Höhenquoten: Untere Station 630 m., obere Station 982,5 m.

Minimalradius: 200 m.

Betriebssystem : Elektrischer Motor, wie bei der Stanserhornbahn.

Der Kostenvoranschlag beträgt Franken 600,000, d. h. zirka Fr. 1,130,200 per Kilometer.

Über das zweite Projekt, die elektrische Schmalspurbahn Reichenau-Flims, bezw. Waldhäusern, enthält ein weiterer technischer Bericht nachstehende Hauptangaben : Länge der Bahn: 13,000 m.

Spurweite: l m.

Maximalsteigung: 70%o.

Höhenquoten: Reichenau 607,5 m., Waldhäusern 1100,25 m.

Minimalradius: ausnahmsweise 40 m., sonst 50 m.

Zwischenstationen und Haltstellen : 4.

Betriebssystem : Elektrizität. Oberirdische Stromzuführung. Betriebskraft voraussichtlich aus den bestehenden Zentralen in Trins und Flims.

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Für diese Linie beträgt der Kostenvoranschlag Fr. 2,201,000, d. h. zirka Fr. 170,000 pro Kilometer.

II.

Mittelst Zuschrift vom 1. Februar 1908 reichte ein durch die Herren Ingenieur A. L. C af li seh, Professor Gr. W e b e r , beide in Winterthur, und H. K u m m l e r von der Firma Kummler & Cie.

in Aarau, vertretenes Konsortium dem Eisenbahndepartement, zu Händen des Bundesrates, ein Konzessionsgesuch für eine elektrische Schmalspurbahn Reichenau-Flims ein.

Der allgemeine und technische Bericht geht davon aus, der Anschluss der Bahn an das Netz der Rhätischen Bahn sei in Reichenau, auf dem Vorplatz der dortigen Station vorgesehen.

Von der Station Reichenau wende sich die Bahn ostwärts, übersetze auf Stationshöhe, mittelst einer 146 m. langen Brücke, die Kantonsstrasse und den Rhein, um auf die gegenüberliegende Talseite zu gelangen.

Nach Übersetzung des Rheins sei das Tracé durch die Terrainverhältnisse bestimmt. Die Bahn steige mit 42 %o, der Lehne folgend, bis zur Station Tamins (Quote 635,0, welche den beiden Ortschaften zu dienen habe, und erreiche, nach Überbrückung zweier Bäche, die zwischen Trins und Digg gelegene Station Trins (Quote 802). Alsdann werde die Anhöhe von Porclas umfahren, um nach offener Fahrt auf den aussichtsreichsten Teil der Linie nach der Station Mulins (Quote 860,4 m.) zu gelangen.

Vor dieser letztern Station, bei km. 7,o, werde das Tracé auf die bergseits der Strasse gelegene Lehne führen, um nach Übersetzung zweier Viadukte und einer nochmaligen Strassenkreuzung ohne weitere Schwierigkeiten die unmittelbar unterhalb des Dorfes (Quote 1077) gelegene Station Flims zu erreichen, wo die Bahn ihren Abschluss finde.

Die technischen Hauptangaben sind folgende : Bahnlänge: 12,700 m.

Spurweite: l m.

Maximalsteigung : 50 °/oo.

Minimalradius: 80 m.

Betriebssystem: Elektrizität, Gleichstrom von 1000 Volt Fahrdrahtspannung. Der Kraftbezug erfolgt aus dem Elektrizitätswerk Trins.

Für die Bahnanlage seien die Normalien der Rhätischen Bahn in Aussicht genommen.

853 Der dem Konzessionsgesuch beigelegte enthält folgende Hauptposten: Organisation und Verwaltung Verzinsung des Baukapitals Expropriation Unterbau Oberbau Hochbau fl Elektrische Anlagen Rollmaterial Mobiliar und Geräte Unvorhergesehenes

Kostenvoranschlag

Total

Fr.

,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

51,000 76,000 94,000 839,000 299,400 86,000 166,600 363,000 25,000 100,000

Fr. 2,100,000

in.

Über die drei Konzessionsgesuche sprach sich der Kleine Rat ·des Kantons Graubünden in seiner Vernehmlassung vom 3./4. März dahin aus, dass er die Erteilung der Konzession für eine Drahtseilbahn Versam-Flims vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus nicht empfehlen könne; er müsse vielmehr die Verweigerung der Konzession beantragen.

Dem Konzessionsbegehren für eine elektrische Schmalspurbahn von der Station Reichenau über Tamins und Trins nach Flims beantrage er dagegen zu entsprechen, und zwar in der Meinung, dass sich beide Gruppen Konzessionsbewerber auf ein gemeinschaftliches Projekt einigen sollten. Komme keine Einigung zu stände, so sei das Projekt der Herren Caflisch, Tscharner. Weber und Kummler & Cie. demjenigen des Konsortiums Durrer und Meiler vorzuziehen.

Einer bezüglichen Anregung des Eisenbahndepartements Folge gebend, einigten sich die beiden Konzessionsbewerbergruppen in einer am 19. März 1908 abgehaltenen Konferenz auf das in Abschnitt II hievor behandelte Projekt der Herren Ing. Caflisch und Konsorten.

Mit Zuschrift vom 19. März 1908 erklärte sich Herr Ingenieur Durrer auch noch bereit, sein Konzessionsgesuch für eine elektrische Drahtseilbahn von der Station Versam nach Flims auf die Dauer von fünf Jahren zurückstellen zu lassen, um das Zustandekommen der elektrischen Schmalspurbahn Reichenau-Flims nicht zu erschweren. Gelange jedoch während dieser Zeit diese letztere Bahn nicht zur Verwirklichung, so müsse er sich vorbehalten, auf das Projekt Versam-Blims zurückzukommen.

Bundesblatt. 60. Jahrg. Bd. III.

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In den konferenziellen Verhandlungen, die am 2. Mai 1908 in Bern stattfanden, veranlasste einzig die Erhöhung der vom Eisenbahndepartement in seinem Konzessionsentwurfe vorgesehenen Taxen längere Erörterungen. In der artikelweisen Beratung beantragten die Konzessionsbewerber bei Art. 15 die Taxen für die Beförderung von Personen von 20, bezw. 10 Rappen auf 30, bezw.

15 Rappen zu erhöhen, indem sie sich auf die bezüglichen Angaben der Verkehrsabteilung der Rhätischen Bahn, auf die Ergebnisse des Postverkehrs, sowie auf die Tatsache stützten, dass die Sommertaxen der Post bis zu 60 °/o höher seien als die von ihnen vorgeschlagenen Taxen. Auf Grund des Ergebnisses der Diskussion wurden die von den Konzessionsbewerbern vorgeschlagenen Taxen von 30 Rappen für die zweite und von 15 Rappen für die dritte Klasse vom Eisenbahndepartement unter der Bedingung zugestanden, dass die Konzessionsbewerber sich verpflichten, seinerzeit Kilometerabonnements auszugeben, die für die II. Klasse den Preis von 20 Rappen und für die III. Klasse den Preis von 10 Rappen per Kilometer nicht überschreiten sollen. Die Konzessionsbewerber erklärten, diese Verpflichtung eingehen zu wollen.

Ferner wurde noch der von den Konzessionsbewerbern beantragten Erhöhung der Gepäcktaxe (Art. 17) von 10 auf 15 Rappen und derjenigen der Taxe der höchsten Güterklasse (Art. 18) von 6 auf 7 Rappen zugestimmt.

Mit Zuschrift vom 13. Mai 1908 hat sich der Kleine Rat des Kantons Graubünden, der sich an der Konferenz vom 2. Mai nicht hatte vertreten lassen, mit den an der Konferenz vom 2. Mai 1908 festgesetzten Taxen einverstanden erklärt.

Zu weiteren Bemerkungen gibt uns der nachstehende Beschlussesentwurf nicht Anlass.

Wir empfehlen Ihnen denselben zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 29. Mai 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundeßrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riii gier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Reichenau nach Flims.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben der Herren F. Durrer, Ingenieur in Luzern, und Chr. Meiler, Kaufmann in Flims, vom 16. November 1907 und 19. März 1908 ; 2. zweier Eingaben der Herren Caflisch, Ingenieur, Prof. Gr. Weber, beide in Winterthur, Chr. Tscharner-Caprez in Trins-Digg, und H. Kummler & Cie., Aarau, vom 1. Februar und 22. März 1908; 3. einer Botschaft des Bundesrates vom 29. Mai 1908, beschliesst: Einem I n i t i a t i v k o m i t e e , vertreten durch Herrn C a f l i s c h , Ingenieur in Winterthur, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von R e i c h e n a u nach F l i m s unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

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Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Trins.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltuugsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 36 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Brdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne fiine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von \ Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9.

Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Graubünden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe

857 zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso..hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit zwei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Für die Beförderung von Personen können Taxen biß auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : in der zweiten Wagenklasse 30 Rappen, in der dritten Wagenklasse 15 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

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Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre ist in beiden Wagenklassen die Hälfte der Taxe zu zahlen. Der Bundesrat ist berechtigt, diese Altersgrenze von 10 Jahren zu erweitern.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, 'welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

Art. Ifi. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die näheren Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 kg. Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 15 Rp. per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisendengepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, deren höchste nicht über 7 Rappen und deren niedrigste nicht über 4 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 kg.

oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

859 Bei Beförderung von Waren in Eilfracht kann die Taxe um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 4 Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkzeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 kg. nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen können Taxen erhoben werden, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 32 Rp. per Stück und Kilometer für die höchste und 6 Rp. für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen.

Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 °/o erhoben werden.

Art. 23. Die Minimaltransporttaxe für Gepäck, für Gütersendungen und für Tiersendungen beträgt höchstens 40 Rappen.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen sind jedoch Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen (Camionnagedienst).

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Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet, und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg.

für volle 10 kg.; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes Réglemente und Tarife aufzustellen.

sind

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird., dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das uach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder

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dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das'Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1945 rechtskräftig wird, den 25fachea Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1945 und 1. Januar 1960 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1960 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

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d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 31. Hat der Kanton Graubünden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 30 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriftendieses Beschlusses, welcher am 1. Juli 1908 in Kraft tritt, beauftragt.

-rS-OSr-

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Reichenau nach Flims. (Vom 29. Mai 1908.)

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03.06.1908

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