Schweizerisches Bundesblatt.

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60. Jahrgang. I.

1. April 1908.

Nr. 14.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 6 Pranken.

Einrückungsgebühr per Zeile oder deren Raum 15 Rp -- Inserate franko an die Expedition, Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & Cie. in Bern,

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über

seine Geschäftsführung im Jahre

1907

Politisches Departement.

I. Personelles.

Keine Änderungen.

II. Eidgenössische Wahlen und Abstimmungen.

Es wurde ein von 167,814 gültigen Unterschriften unterstütztes Volksbegehren eingereicht, welches dahingeht, es sei durch eine Revision der Bundesverfassung die Fabrikation, die Einfuhr, der Transport und der Verkauf des unter dem Namen Absinth bekannten Liqueurs im ganzen Gebiete der Eidgenossenschaft zu verbieten. Wir haben Ihnen dieses Begehren mit Bericht vom 22. Februar (Bundesbl. 1907, II, 983) zugeleitet und es mit Botschaft vom 9. Dezember (Bundesbl. 1907, VI, 341) begutachtet.

Die von 88,245 Bürgern verlangte Volksabstimmung über das Bundesgesetz vom 12. April 1907, betreffend die Militärorganisation der schweizerischen Eidgenossenschaft, fand am 3. November 1907 statt. Bei einer Beteiligung von 73,8? °/o der sämtlichen Stimmberechtigten haben sich 329,953 Stimmen für und 267,605 Stimmen gegen das Bundesgesetz ausgesprochen.

Bundesblatt. 60. Jahrg. Bd. I.

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Wir verweisen im übrigen auf unsern Bericht vom 19. November 1907 (Bundesbl. 1907, VI, 73).

HL Internationale Angelegenheiten.

1. Bisanhin haben folgende Staaten die Ratifikationsurkunden zur Genfer Übereinkunft vom 6. Juli 1906, betreffend die Verbesserung des Loses der im Kriege verwundeten Soldaten, in Bern hinterlegt: Siam (29. Januar 1907),-Russland (9. Februar 1907), die Vereinigten Staaten Amerikas (9. Februar 1907), Italien (9. März 1907), Congo, Grossbritannien und die Schweiz (16. April 1907), Deutschland (27. Mai 1907), Mexiko (4. Juni 1907), Dänemark (11. Juni 1907), Brasilien (18. Juni 1907J, Belgien und Luxemburg (27. August 1907), Spanien (11. Oktober 1907).

Folgende, an der letzten Genfer Konferenz nicht vertreten gewesene, aber an der Genfer Übereinkunft vom 22. August 1864 beteiligte Staaten haben ihren Beitritt zur neuen Genfer Übereinkunft erklärt : Nicaragua (17. Juni 1907), Venezuela (18. Juli 1907), die Türkei (24. August 1907) und Kolumbien (28. Oktober 1907).

Es sind der Genfer Übereinkunft vom 22. August 1864 beigetreten: Paraguay (31. Mai 1907), Haïti (24. Juni 1907), Kuba und die Dominikanische Republik (25. Juni 1907), Panama (24. Juli 1907), Ecuador (3. August 1907).

Die Türkei hat an ihren Beitritt zur Genfer Übereinkunft vom 6. Juli 1906 den Vorbehalt geknüpft, dass ihr gestattet werde, den roten Halbmond statt des roten Kreuzes im weissen Felde als Erkennungszeichen der durch, die Genfer Konvention geschützten Personen und Sanitätsanstalten zu führen. Wir haben den Vertragsstaaten hievon Kenntnis gegeben und darauf verwiesen, dass die an der zweiten Friedenskonferenz im Haag vertretenen Mächte der Türkei und Persien gestattet hätten, im Seekriege den roten Halbmond, die Sonne und den Löwen statt des Kreuzes zu verwenden. Wir seien daher der Ansicht, dass diesen Staaten die gleiche Befugnis auch mit Bezug auf den Landkrieg einzuräumen sei.

2. Brasilien, Kolumbien und Venezuela sind der Haager Übereinkunft vom 29. Juli 1899 betreffend die Ausdehnung der Grundsätze der Genfer Konvention auf den Seekrieg beigetreten.

Dieser Beitritt erstreckt sich jedoch nicht auf Art. 10.

3. Die Ratifikationsurkunden zum Übereinkommen vom 21. Dezember 1904 betreffend die Hospitalschiffe sind von allen.

Sïgnatarmachten, Persien und Serbien ausgenommen, im Haag hinterlegt worden.

739 4. An der achten internationalen Konferenz der Vereine vom Koten Kreuze in London (10.--14. Juni) haben wir uns durch die Herren Oberst Alfred Mürset, Oberfeldarzt, und Dr. Walter Sahli, Zentralsekretär des schweizerischen Vereins vom Roten Kreuze, vertreten lassen.

5. Nach dem am 14. Juni im Haag unterzeichneten Protokoll sind folgende Staaten der Übereinkunft vom 29. Juli 1899 be-.

treffend die friedliche Schlichtung internationaler Streitigkeiten beigetreten: Argentinien, Bolivia, Brasilien, Chile, Columbia, Cuba, Ecuador, Guatemala, Haïti, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru, Salvador, Santo Domingo, Uruguay, Venezuela.

6. Die durch den Kaiser von Russland einberufene zweit» internationale Friedenskonferenz ist am 15. Juni im Haag zusammengetreten und hat bis zum 18. Oktober getagt. Über die Ergebnisse dieser Konferenz werden wir Ihnen einen besondern Bericht erstatten.

7. Nachdem Sie uns durch Beschluss vom 17. Juni ermächtigt hatten, der Haager Konvention vom 29. Juli 1899 über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges beizutreten, ist dieser Beitritt der niederländischen Regierung durch Note vom 20. Juni angezeigt worden.

Dieser Konvention sind ferner beigetreten : Argentinien, Chile,.

China, Cuba, Ecuador, Haïti, Nicaragua, Panama, Paraguay und Santo Domingo. Schweden und Norwegen haben sie ratifiziert.

8. Grossbritannien und Nicaragua sind der Haager Erklärung betreffend das Verbot, Geschosse zu verwenden, deren einziger Zweck ist, erstickende oder giftige Gase zu verbreiten, und der Erklärung über die Verwendung dumdumartiger Geschosse beigetreten. Auch Portugal hat letztere Erklärung angenommen.

9. Am 29. Juni 1906 ist in den Vereinigten Staaten Amerikas ein Gesetz erlassen worden, das alles, was die Naturalisation von Ausländern betrifft, unter die Aufsieht der Bundesbehörden stellt. Dies bot dem Kabinett von Washington Anlass, den früher wiederholt gemachten Versuch zu erneuern, einen die Bürgerrechtsverhältnisse von Schweizern in Amerika und von Amerikanern in der Schweiz regelnden Vertrag mit der Schweiz, abzuschliessen.

Wir konnten aus den früher schon dargelegten Gründen (vergi. Geschäftsbericht für 1897, Band 2, Seite 13, Nr. 7) auf diese Anregung nicht eingehen.

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10. Neue Verhandlungen mit Frankreich wegen der Teilung der Gemeindegüter von St. Gingolph-Wallis und St. GingolphFrankreieh (vergi. Geschäftsberichte für 1903, 1904 und 1905) haben zur Bestellung einer aus sechs Mitgliedern bestehenden internationalen Kommission geführt. Diese Kommission hat den Auftrag erhalten, die ganze Frage an Ort und Stelle zu prüfen und Mittel und Wege zu suchen, wie man zu einer Teilung des in Rede stehenden Eigentums in der Weise gelangen könnte, dass jede Partei die auf ihrem Gebiet gelegenen Güter, eventuell unter Zahlung einer Summe Geldes zur Ausgleichung, erhalten würde.

Die der Schweiz zu Lasten fallenden Kosten sollen zur Hälfte vom Bunde und zur Hälfte vom Eanton Wallis oder von der Gemeinde St. Gingolph-Wallis getragen werden.

11. Bei den Bauernunruhen in Rumänien sind auch zwei Schweizerbürger zu Schaden gekommen. Wir haben sie angewiesen, ihre Schadenersatzgesuche gemäss den Bestimmungen «ines jüngst erlassenen rumänischen Gesetzes dem Finanzverwalter ·des betreffenden Bezirkes einzureichen, der sie an die zuständige Kommission leiten wird. Der rumänischen Regierung ist zur teilweisen Entschädigung der durch den Bauernaufstand betroffenen Landwirte ein Kredit von 15 Millionen Lei eröffnet worden.

12. Die Entschädigungsforderungen zweier durch die Ereignisse in Casablanca (Marokko) geschädigten Schweizer haben. wir der französischen Regierung zuhanden der internationalen Kommission übermittelt.

13. Ein in Chile niedergelassener Schweizer, namens Gysling, welcher von der chilenischen Regierung eine Landparzelle von etwa 40 Hektaren erhalten hatte, wurde von der Gemeinde Perquenco (Provinz Cautin) aus diesem seinem Grundbesitz gewaltsam vertrieben. Wir haben den schweizerischen Generalkonsul in Valparaiso angewiesen, von der chilenischen Regierung zu verlangen, dass Gysling in sein Eigentum wieder eingesetzt oder angemessen entschädigt werde. Die seit 1906 schwebenden Verhandlungen haben noch zu keinem Resultate geführt.

14. Das schweizerische Generalkonsulat in Rio de Janeiro hat seine Bemühungen fortgesetzt, um von der brasilianischen Regierung die Rückerstattung des auf Waren der Firma Braillard Fils & Cie. widerrechtlich erhobenen Zolles und die Bezahlung einer Entschädigung zu erwirken (vergi, die Geschäftsberichte

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für 1902--1906). Eine baldige Antwort ist in Aussicht gestellt worden.

15. Die brasilianische Regierung hat die Vereinbarung vom 28, Dezemberl895 betreffend die Behandlung der Verlassenschaften Angehöriger der beiden Vertragsstaaten (vergi. Bundesbl. 1896, I, 38) auf den 15. Juli 1907 gekündet. Dies hat zur Folge, dass die Verwaltung und Liquidation der Verlassenschaften von in Brasilien verstorbenen Schweizern, deren Erben nicht anwesend oder handlungsunfähig sind, unsern Konsuln entzogen und den Laudesbehörderi übertragen wird.

1(>. Bewohner von an der elsässischen Grenze gelegenen schweizerischen Gemeinden haben sich darüber beschwert, dass sie von den deutschen Zollbehörden angehalten werden, das Getreide und die Kartoffeln, die sie zur Bestellung ihrer jenseits der Grenze gelegenen Grundstücke nötig haben, zu verzollen. Nach den vom Oberzollamt in St. Ludwig erlassenen Vorschriften seien nur Klee- und Grassamen als Sämereien zu betrachten : Körnersamen, Weizen, Hafer, Roggen und dergleichen müssten verzollt werdenWir machten die deutsche Reichsregierung darauf aufmerksam, dass diese Unterscheidung mit den Bestimmungen von § l der Anlage C zum schweizerisch-deutschen Handels v ertrage in Widerspruch zu stehen scheine, und ersuchten sie um Abhilfe.

Die deutsche Regierung erklärte sich bereit, die zollfreie Einfuhr von Saatgetreide und Setzkartoffeln nach Deutschland, insbesondere auch nach Elsass-Lothringen, im kleinen Grenzverkehr mit der Schweiz zuzulassen, solange auch auf schweizerischer Seite die vertragsmässigen Bestimmungen über die Behandlung des grenznachbarlichen Verkehrs eine den Bewohnern der deutschen Grenzbezirke entgegenkommende Auslegung fanden.

17. Die italienische Regierung hat uns mitgeteilt, sie habe sich veranlasst gesehen, der italienischen Gesandtschaft in Bern einen Attaché für das Auswanderungswesen in der Person des Herrn De Michelis beizugeben. Diesem Attaché, der in Genf wohne, falle nach dem italienischen Gesetze vom 2. Dezember 1906 die Aufgabe zu: a. sich über die Arbeitsverhältnisse stets auf dem laufenden zu halten; b. die landwirtschaftlichen Zentren, die Fabriken, die Bergwerke, die Eisenbahnen, die öffentlichen und privaten

742 Werke aller Art, wo italienische Arbeiter verwendet oder für welche italienische Arbeiter gesucht werden, zu besuchen, um sich über ihre materielle Lage zu erkundigen und um beurteilen zu können, ob andere Arbeiter dort Verwendung finden könnten und unter welchen Bedingungen ; c. mit den italienischen Arbeitern in Verbindung zu treten und ihnen Beistand zu leisten, d. h. ihnen die Auskünfte zu erteilen, deren sie bedürfen sollten, und sie in allen Fragen zu beraten, welche landwirtschaftliche Verträge, Versicherungen, Unfälle und Streitigkeiten mit den Arbeitgebern betreffen 5 d. bei Unfällen Untersuchungen vorzunehmen, um den Tatbestand festzustellen und die erforderlichen Beweismittel und Dokumente im Interesse der Arbeiter und ihrer Familien zu beschaffen ; c. dem Auswanderungskommissariat über alles, was die italienische Auswanderung betrifft, Bericht zu erstatten.

Die italienische Regierung verband mit dem Gesuche um Anerkennung des Herrn De Michelis in seiner amtlichen Eigenschaft die Anfrage, ob nicht die kantonalen Behörden eingeladen werden könnten, dem italienischen Attaché für das Auswanderungswesen oder den italienischen Konsuln in der Schweiz alle schweren Unfälle, welche italienische Arbeiter träfen, direkt und ohne .Verzug anzuzeigen, sowie mit dem Attaché direkt zu verkehren und ihm die Erfüllung seiner Aufgabe zu erleichtern.

Wir antworteten der italienischen Regierung, dass wir gegen die Anstellung des Herrn De Michelis als Attaché für die Aus·wanderung nichts einzuwenden hätten. Im übrigen bemerkten wir, dass unsere Gesetze den einheimischen wie den ausländischen Arbeitern den gleichen Schutz angedeihen Hessen und dass es nicht angehe, ein besonderes Verfahren zu gunsten der italienischen Arbeiter platzgreifen zu lassen. Wir verkennten nicht die guten Dienste, welche der italienische Attaché seinen Landsleuten leiste, und beabsichtigten durchaus nicht, seiner Tätigkeit Hindernisse in den Weg zu legen, solange er sich auf die Aufgabe beschränke, den italienischen Arbeitern mit Rat und Tat beizustehen, und sich nicht beikommen lasse, in Befugnisse einzugreifen, die allein den mit der Handhabung der Gesetze über die Haftpflicht betrauten kantonalen und Bundesbehörden zustehen.

18. Wir haben elf Gesuche um Befreiung von der fran'zösischen Fremdenlegion erhalten. In drei Fällen konnten wir die Entlassung der angeworbenen jungen Leute erwirken, weil

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festgestellt werden konnte, dass sie zur Zeit ihrer Anwerbung das 18. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hatten. Ein Fall ist noch unerledigt.

19. Die Ratifikationsurkunden zum Staatsvertrag mit dem Grossherzogtum Baden vom 21. Dezember 1906 über die Verlegung der Landesgrenze bei Leopoldshöhe (vgl. Botschaft vom 28. Dezember 1906, Bundesbl. VI, 645) sind am 27. August 1907 ausgetauscht worden. Da aber die Verlegung der badischschweizerischen Landesgrenze gleichzeitig eine Änderung der deutschen Landesgrenze bedingt, so bedarf es, um diesem Vertrag rechtliche Wirksamkeit für das Deutsche Reich zu verleihen, des Abschlusses einer weiteren Vereinbarung zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche.

Wir haben am 29. Oktober eine solche Vereinbarung mit dem Bevollmächtigten des Deutschen Reiches unterzeichnet.

Der Austausch der Ratifikationsurkunden hat noch nicht stattgefunden.

20. Der schweizerische Generalkonsul in Patras teilte uns mit, dass er eine grössere Segeljacht erworben habe, und ersuchte um die Ermächtigung, dieses Schiff unter Schweizer Flagge fahren zu lassen. Wir lehnten dieses Gesuch unter Hinweis auf die im Bundesbl. 1889, IV, 753; 1890, II, 390; 1892, II, 812, enthaltenen Auseinandersetzungen ab.

21. Der Zolleinnehmer bei dem deutschen Zollamt Lützel versuchte am 25. Juni, eine Partie Fensterglas, das der Eigentümer, ein Schreiner aus Charmoüle, auf Schweizerboden, d. h.

auf einem Fussweg zwischen Grenzstein Nr. 32 und 33, gegen die Mauer der alten Abtei niedergelegt hatte, zu beschlagnahmen und auf deutsches Gebiet hinüberzubringen, woran er jedoch durch einen Bewohner von Lützel verhindert wurde.

Der Zolleinnehmer behauptete, es bestände eine Vereinbarung zwischen Deutschland und der Schweiz betreffend die internationale Strasse Lützel-Klösterli, wonach die deutschen Beamten das Recht hätten, zwischen Grenzstein Nr. 32 und 33 auf Schweizerboden Amtshandlungen vorzunehmen.

Damit hat es folgende Bewandtnis: Nach dem Grenzbereinigungsprotokoll vom 16. November 1892 hätte zwischen den Steinen 32 und 33 bei der ehemaligen Abtei von Lützel eine gerade Linie die Grenze bilden sollen, so dass der Fussweg, auf dem der deutsche Zolleinnehmer am

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25. Juni Amtshandlungen vorgenommen hatte, auf deutsches Gebiet zu liegen gekommen wäre. Nachdem das Protokoll unterzeichnet und ein Zwischengfenzstein 32 a gesetzt worden war, bemerkte der bernische Kantonsgeometer, dass nach der Grenzbeschreibung von 1826 die Grenze der Umfassungsmauer der dortigen Gebäulichkeiten folgen sollte. Es wurden daher mit der deutschen Regierung neue Verhandlungen angeknüpft, um in Abänderung des erwähnten Protokolles die alte Grenze wieder herzustellen. Die deutsche Regierung willigte ein, wünschte aber, dass den deutschen Grenzbeamten das Recht eingeräumt werden möchte, den auf dem streitigen Grenzstreifen befindlichen Fussweg auch fernerhin zur Ausübung ihres Dienstes zu begehen. Durch Bundesratsbeschluss vom 30. Oktober 1894 wurde dies zugestanden.

Wir gaben der deutsehen Reichsregierung von dem Vorfall vom 25. Juni Kenntnis und bemerkten, jene Vereinbarung könne nach unserer Ansicht nur den Sinn haben, dass den deutschen Zollbeamten gestattet sei, den in Rede stehenden Weg zur bessern Überwachung der Grenze zu begehen, nicht aber dort Amtshandlungen vorzunehmen, d. h. Waren mit Beschlag zu belegen, des Schmuggels verdächtige Personen zu verhaften und dergleichen.

Die deutsche Reichsregierung erklärte sich mit dieser Auffassung einverstanden und versetzte den fehlbaren Beamten.

22. Zwischen dem Kanton Baselstadt und dem Kanton Baselland ist am 23. Mai 1906 ein Vertrag über die Verlegung der Kantonsgrenze am Batterieweg abgeschlossen worden. Wir haben, gestützt auf Art. 7 und 102, Ziffer 7, der Bundesverfassung, diesen Vertrag gutgeheissen.

23. Am 28. März wurde ein italienischer Zollwächter von einem schweizerischen Grenzwächter bei Monte Rotondo im Gebiete der Gemeinde Borgnone (Centovalli) verhaftet und dem Regierungsstatthalter in Locamo zugeführt. Dieser Zollwächter hatte in der Nacht bei der Verfolgung von Schmugglern die Grenze überschritten und war im Begriffe, als er verhaftet wurde, die von den Schmugglern weggeworfene Ware auf Schweizerboden aufzulesen. Mit ihm befanden sich noch andere italienische Zollwächter, welche unter Zurücklassung ihrer Gewehre und Effekten die Flucht ergriffen.

Wir ordneten am 30. März die Freilassung des Zollwächters und die Herausgabe der beschlagnahmten Waffen an, indem wir gleichzeitig der italienischen Regierung von dem Vorfall

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Kenntnis gaben. Die fehlbaren Zollwächter wurden, wie uns die italienische Regierung später mitteilte, der Disziplinarkommission in Genua zur Aburteilung überwiesen.

24. Ein italienischer Zollwächter überschritt am 22. April die schweizerische Grenze bei Novazzano, um Schmugglern nachzusetzen. Ein schweizerischer Grenzwächter trat ihm entgegen und forderte ihn auf, stehen zu bleiben. Der italienische Zollwächter wandte sich aber zur Flucht und schoss dreimal mit dem Revolver auf den ihn verfolgenden Grenzwächter, der dann, als er sich angegriffen sah, ebenfalls von seinem Revolver Gebrauch machte und zwei Schüsse abgab. Der letzte Schuss verwundete den italienischen Zollwächter am Arm. Dieser konnte noch auf schweizerischem Gebiet ergriffen und nach Mendrisio verbracht werden. Die Wunde war nach zehn Tagen geheilt.

Wir beschlossen, von einer Überweisung des italienischen Zollwächters an die Bundesassisen wegen des Deliktes der Grenzverletzung (Art. 39 des Bundesstrafrechtes und Art. 107, Ziffer 2, des Buadesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893) Umgang zu nehmen, dagegen die Untersuchung und Beurteilung der von den beiden Grenzwächtern auf tessinischem Gebiet begangenen Übertretung des kantonalen Strafrechtes den tessinischen Gerichtsbehörden zu überlassen.

Am 7. August verfügte der Staatsanwalt in Lugano die Einstellung der gegen die beiden Grenzwächter eingeleiteten Untersuchung, indem er annahm, dass der italienische Zollwächter nicht in der Absicht geschossen habe, jemanden zu töten oder zu verwunden, sondern nur zu dem Zwecke, seinen Verfolger zu erschrecken, während der schweizerische Grenzwächter sich offenbar in Notwehr befunden habe.

Wir teilten am 28. August das Ergebnis der Untersuchung und die Sistierungsverfügung des tessinischen Staatsanwaltes der italienischen Regierung mit und verlangten, dass der italienische Zollwächter wegen der von ihm begangenen Grenzverletzung disziplinarisch bestraft werde. Dabei bemerkten wir: Dieser Fall zeigt, welche ernste Folgen die sich so häufig wiederholenden Grenzverletzungen von Seiten italienischer Zollwächter haben könnten. Wir ersuchten die italienische Regierung dringend, geeignete Massregeln zu treffen, damit derartige Vorfelle sich nicht wiederholen.

Die italienische Regierung fand jedoch, dass der fehlbare Zollwächter durch die lange Untersuchungshaft genügend bestraft worden sei. Ein anderer Zollwächter, der ebenfalls die Grenze

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überschritten, aber sich nicht soweit vorgewagt hatte, wurde mit 15 Tagen strenger Haft bestraft.

25. Die Strasse, welche die tessinischen Gemeinden Stabio, Ligornetto, Genestrerio und Novazzano mit Arzo, Besazio, Tremona -und Meride verbindet, führt zum Teil über italienisches Gebiet.

Während der Transit durch italienisches Gebiet auf dieser Strasse bis dahin frei war, beschwerten sich die Einwohner jener Ortschaften darüber, dass sie in der letzten Zeit zur Erfüllung lästiger Zollformalitäten angehalten werden. Auf unsere Vorstellungen hin erklärte sich die italienische Regierung bereit, diese Formalitäten in «der Weise zu vereinfachen, dass die transitierenden Waren von italienischen Zollwächtern begleitet werden sollen, ohne dass von den Warenführern eine Barhinterì&ge als Garantie für den Zollbetrag verlangt würde.

26. Im Sommer 1906 waren Schafe des Pächters der der Gemeinde Misox gehörenden Alp Balniscio von Italienern gepfändet worden, weil sie sich auf der Alp Borghetto befunden hätten, die zu Italien gehöre und Privateigentum von Einwohnern italienischer Gemeinden (Isolato, Chiavenna u. s. w.) sei. Die Alp Borghetto befinde sich auf italienischem Gebiet und erstrecke sich -- behaupten die Italiener -- um etwa 800 Meter westlich der Wasserscheide; die Alp Balniscio auf dem westlichen Abhang reiche -- behaupten die Misoxer -- bis zur Wasserscheide hinauf; die Staatsgrenze falle mit der Wasserscheide zusammen.

Beide Regierungen haben Delegierte bezeichnet, mit dem Auftrage, diesen Streit zu schlichten und die Grenze festzustellen.

·Es war indessen bis jetzt nicht möglich, eine Einigung zu erzielen.

27. Zwischen Einwohnern der elsässisch - lothringischen Gemeinde Kiffis und einem in Kleinlützel, Kanton Solothurn, wohnenden Eigentümer besteht eine Meinungsverschiedenheit über die Richtung der Grenzstrecke zwischen den Grenzsteinen 140 .und 141.

Wir sind mit der deutschen Reichsregierung übereingekommen, zur Schlichtung dieses Grenzstreites zwei Kommissäre zu ernennen.

28. Am 7. November ist der Grenzstein Nr. 5 auf Sasso del Gallo bei Campocologno wiederhergestellt worden.

29. Schweizerische und italienische Delegierte haben die Grenze zwischen Brusio (Schweiz) und Tirano (Italien) in dem

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Tunnel für die Starkstromleitung der Società lombarda per la distribuzione di energia elettrica bestimmt und bezeichnet.

30. Zwei Kommissäre sind beauftragt, die Grenzsteine Nr. 112, 296, 297 und 298 zwischen dem Kanton Waadt und Frankreich zu ersetzen.

Die Grenzsteine Nr. 4, 259 und 261 bei la Rippe (Waadt) Jmben noch nicht wieder hergestellt werden können.

31. Anordnung ist getroffen, damit der zerbrochene Grenzstein Nr. 83 auf der Spitze des Cornettes de Bise zwischen dem Kanton Wallis und Frankreich bald ersetzt werde.

32. Die Regierungen der Kantone Uri und Schwyz sind übereingekommen, den zwischen diesen Kantonen obwaltenden Streit betreffend die Grenzgebiete Grlattenstock, Firnerloeh bis zum Saalitritt einem Schiedsgericht zu unterbreiten, und haben uns ersucht, den Obmann dieses Schiedsgerichtes zu bezeichnen.

Wir haben diesem Wunsche entsprochen und Herrn Nationalxat Heinrich Häberlin in Frauenfeld als Obmann ernannt.

IV. Vertretung der Schweiz im Auslande.

A. Gesandtschaften.

Im Personal unserer diplomatischen Vertretung im Auslande sind folgende Veränderungen vorgekommen: Paris. Herr Dr. jur. Ernst B a u m an n, von Brugg, wurde am 9. August zum Gesandtschafts-Attaché ernannt und trat am 1. Oktober die Stelle an.

Mit Bundesratsbeschluss vom 29. Oktober wurde das Kanzleipersonal der Gesandtschaft um einen K o p i s t e n vermehrt.

Rom. Herr Dr. jur. Carl Paul H ü b s c h e r , von Basel, wurde am 11. Januar zum Attaché ernannt und am 2. August zum definitiven Attaché befördert.

Herrn Dr. jur. Gustav S c h n e e l i, von Zürich, haben wir am 16. Dezember zum definitiven Attaché ernannt, nachdem er längere Zeit auf der Gesandtschaft als Freiwilliger tätig war.

Wien. Herr Dr. jur. Karl E g g er, von Langenthal, wurde am 2. Mai zum Attaché ernannt.

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Washington. Wir haben am 27. August Herrn Henri Martin,, von Genf, bisherigen Attaché in Paris, zum GesandschaftsSekretär II. Klasse befördert und ihn nach Washington versetzt, an Stelle des Herrn Dr. Arthur de Pury, dem die nachgesuchte Entlassung unter Verdankung der geleisteten, Dienste gewährt wurde.

London. Herr Gesandschafts-Attaché Oltramare erhielt die nachgesuchte Entlassung, unter Verdankung der geleisteten Dienste, und wurde am 12. Juli durch den am 28. Juni ernannten Herrn Maxime de S t o u t z , von Genf, ersetzt Buenos Aires. Herr Gesandtschaftssekretär Dr. jur. Geizer erhielt aus Gesundheitsrücksichten Urlaub auf unbestimmte Zeit.

Als sein provisorischer Stellvertreter wurde anfangs August Herr Attaché Egg e r in gleicher Eigenschaft von Wien, nach Buenos Aires versetzt.

B. Konsulate, a. Erweiterung bestehender Konsularbezirke.

1. Wir haben dem Amtskreise des im Vorjahre gegründeten Konsulats in T o r o n t o , Canada, noch die Gebiete British Columbia und Northwest Territory einverleibt.

2. Dem bisherigen Bezirk unseres Konsulats in St. P a u 15, Minn., wurde noch der Staat Montana beigefügt.

b. Errichtung neuer Konsulate.

1. Neue Konsulate sind im Berichtsjahre nicht errichtet, worden.

Wir haben die Frage sorgfältig geprüft, ob nicht in Ägypten Konsulate zu errichten seien, sind aber zum Schlüsse gekommen,, dass davon zurzeit Umgang genommen werden sollte. Abgesehen von den Kosten, die sich auf rund Fr. 100,000 belaufen würden, müsste der Errichtung von Konsulaten in Ägypten der Abschluss eines Konsularvertrages mit der Türkei vorausgehen, wobei wir auf unüberwindliche Schwierigkeiten stossen würden, wenn wir für unsere Konsuln die gleichen Befugnisse und Vorrechte, darunter die Gerichtsbarkeit, beanspruchen wollten, welche die Kapitulationen den Vertretern anderer Staaten in Ägypten sichern. Wir bemerken, dass übrigens die in Ägypten niedergelassenen Schweizer sich nicht über die Art und Weise beklagen können, wie ihre Interessen von den fremden Konsuln, unter deren Schutz sie stehen, wahrgenommen werden.

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2. Gesuche um Errichtung von Konsulaten in B r e s l a u , C a n n e s , C a r d i f f , H e l s i n g f o r s , T a r r a g o n a (Spanien), ebenso in B r i t i s c h G u i a n a , C a r a c a s , La Paz (Bolivien) und Neu-Seelan wurden abgelehnt, da sich bis jetzt kein Bedürfnis danach fühlbar gemacht hat.

c. Aufhebung bestehender Konsularposten.

Die durch Ableben der Inhaber vakant gewordenen Vizekonsulatsposten in Le H a v r e und in New York wurden aufgehoben.

d. Veränderungen im Bestände unseres Konsularpersonals.

Königsberg i. Pr. Am 5. Februar konnten wir dieses Konsulat in der Person des Herrn Felix J a p h a , von Königsberg, neu besetzen. Er trat sein Amt am 9. April an.

Le Havre. Herr Konsul Wanner ist am 2. Juni gestorben. Zu seinem Amtsnachfolger haben wir am 28. Juni den bisherigen Vizekonsul, Herrn Alfred Basset, von Genf, befördert.

Montreal (Canada). Herr Vizekonsul Sandreuter erhielt, unter Verdankung der geleisteten Dienste, die infolge Wohnsitzveränderung nachgesuchte Entlassung. Er wurde am 31.

Mai durch Herrn Numa H u g u e n i n , von Le Locle, ersetzt.

Melbourne. Am 21. Mai haben wir dieses Konsulat durch Herrn Gustav Stahel, von Weisslingen (Zürich), neu besetzt.

Neapel. Wir haben diesem Konsulat einen Vizekonsul in der Person des Herrn Emanuel B er n er, von Basel, beigegeben.

Galatz. Herr F. d ' A u j o u r d ' h u i , von Schaff hausen, im Vorjahre zum provisorischen Verweser dieses Konsulats bestellt, ist am 13. April zum Konsul gewählt worden.

New York. Herr Vizekonsul James Eugène Erobert starb am 4. Oktober.

Philadelphia, Pa. Am 12. Januar verschied Herr Konsul K o r adi, der seit 1857 das Amt eines Konsuls mit Auszeichnung verwaltet hatte. Als provisorischer Verweser wurde Herr John Willener bestellt, der infolge Erkrankung zurücktrat.

Am 8. März ernannten wir sodann Herrn Gustav A.

W al t her, von Ilanz, zum Konsul.

Cincinnati, Ohio. Zum Amtsnachfolger des Ende April verstorbenen Herrn Konsul Diem wurde Herr Edmund L ü t h y , von Schöftland, gewählt.

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St. Paul, Minn. Herr Dr. med. Stamm, der seit 1889 das Konsulat geleitet hatte, starb am 15. September. Er wurde am 26. November durch Herrn Dr. med. A r n o l d S c h w y z e r , von Zürich, ersetzt.

Denver, Colo. Am 22. August erteilten wir Herrn Konsul Weiss die nachgesuchte Entlassung, unter Verdankung der von ihm geleisteten Dienste. Er wird jedoch fortfahren, das Konsulat bis zur Ernennung seines Nachfolgers provisorisch zu verwalten.

Córdoba (Argentinien). Herr Vizekonsul Kurth wurde entlassen und die Geschäfte dieses Konsulats vorläufig dem Herrn Theodor S t u c k e r t , von Basel, übergeben.

Eio de Janeiro. Herr Generalkonsul Weguelin erhielt auf Ende des Jahres, unter Verdankung der geleisteten Dienste, die aus Gesundheitsrücksichten nachgesuchte Entlassung.

Da sich kein Kaufmann mehr bereit finden liess, das Amt eines Generalkonsuls zu übernehmen, welches infolge der sich stets vermehrenden Geschäfte die ganze Arbeitskraft eines Mannes erfordert, da ferner die Verleihung des diplomatischen Charakters an den Inhaber dieses Amtes sich zur wirksamen Wahrung der nicht unbedeutenden schweizerischen Interessen in Brasilien als notwendig erwies, so haben wir durch Beschluss vom 12. Dezember unsere Konsularvertretung in Rio de Janeiro in ein Berufsgeneralkonsulat umgewandelt und Herrn Albert G r e r t s c h , von Lauterbrunnen, bisherigen Sekretär des Generalkonsulates, zum Generalkonsul und Geschäftsträger gewählt. Herr Gertseh bezieht ein Gehalt von jährlich Fr. 20,000 und eine Entschädigung für Bureaumiete und Kanzleikosten von Fr. 10,000 aus dem Kredit für Konsularentschädigungen.

Guatemala. Am 22. November gewährten wir Herrn Konsul Keller die infolge Rückkehr nach der Schweiz nachgesuchte Entlassung, unter Verdankung der von ihm geleisteten Dienste, und bestellten zum provisorischen Konsulatsverweser den Herrn L. N. D i e b o l d , von Baden.

Asuncion (Paraguay). Wir haben Herrn Justin B e r t h e t, von Neuenburg, zum Vizekonsul ernannt.

Lima (Peru). Am 26. Februar konnten wir dieses Konsulat in der Person des Herrn Luis M a u r e r , von Adelboden, wieder besetzen.

751 e. Die Zahl der Konsularbezirke beträgt 111, von denen 9 unmittelbar durch Gesandtschaften verwaltet werden. Wir hatten am Ende des Jahres im ganzen 100 Konsularbeamte, nämlich 9 Generalkonsuln, 71 Konsuln und 20 Vizekonsuln.

f. Konsulatsentschädigungen.

49 konsularische Vertretungen (8 Generalkonsulate, 39 Konsulate, 2 Vizekonsulate) haben folgende Entschädigungen erhalten : K.

1. Algier . . . .

Fr. 1,500. -- . . K.

2. Amsterdam 1,000. -- V) . . K.

1,000.

-- 3. Antwerpen 'n . . K.

4. Barcelona .

500. -- ;i K.

3,500. -- o. Besançon . . .

·n . . K, 6. Bordeaux .

2,000. -- f> . . K.

2,000. -- 7. Bremen ·n . . G.-K.

6,000. -- 8. Brüssel . .

·n 9. Bucarest . . . . . G.-K.

f> - 4,000. -- . . K.

10. Chicago, 111. .

1,500. -- ·n 1,500. -- 11. Cincinnati, Ohio . . . K.

·f> . . K.

12. Copenhagen .

500. -- V) 2,000. -- 13. Genua . . . . . . K.

·n . . K.

1,500. -- 14. Hamburg .

·n K.

8,000. -- *) 15. Havre . . . .

V) 500. -- 16. Kiew . . . . . . K.

·n . . G.-K.

1,000.

-- 17. Lissabon .

v> K.

1,000. -- 18. Livorno ~n K.

4,000. -- 19. Lyon . . . .

ii 2/00. -- 20. Madrid . . . . . . G.-K.

fl 4,500. -- K.

21. Mailand ·a 1,000. -- K.

22. Manila . . . .

« K.

4,000. -- 23. Marseille .

« 3,000. -- . . K.

24. Melbourne .

·n 1,000.-- . . K.

25. Montevideo ii 300. -- . . K.

26. Montreal .

V) .

K.

3,000. -- 27. Moskau ·;1 K.

1,000. -- 28. München .

« Übertrag Fr. 63,300. -- *) Inbegriffen Fr. 2000 für Entschädigungsnachgenuss an die Familie des verstorbenen Konsuls.

752 29. Neapel 30. New Orleans, La. .

31. New York . . .

32. Nizza 33. Odessa 34. Patras 35. Philadelphia, Pa. .

36. Porto, Portugal . .

37. Riga 38. Rio de Janeiro . .

39. Rosario . " . . .

40. Rotterdam 41. St. Louis, Mo. ...

42. Stockholm 43. S y d n e y . . . . .

44. Tiflis ' 45. Traiguen, Chile . .

46. Valparaiso, Chile .

47. Venedig 48. Warschau 49. Yokohama

.

.

.

.

.

.

.

.

.

Übertrag G.-K.

K.

K.

K.

K.

G.-K.

K.

K.

K.

G.-K.

V.-K.

K.

K.

K.

K.

K.

V.-K.

G-.-K.

K.

K.

K.

Fr. 63,300. -- ,, 3,000. -- ,, 2,000. -- ,, 9,000. -- ,, 3,000. -- ,, 2,000. -- ,, 1,500. -- ,, 4,500. -- ,, 1,000. -- ,, 1,000. -- ,, 24,000. -- ,, 1,500. -- ,, 500. -- ,, 1,500. -- ,, 4,000. -- ,, 2,000. -- ,, 1,000. -- ,, 1,500. -- ,, 3,000. -- ,, 1,000. -- ,, 1,000. -- ,, 1,290. 72*)

Total Fr. 132,590. 72

T. Auswärtige diplomatische Missionen und Konsulate in der Schweiz.

A. Diplomatische Missionen.

a. A b b e r u f u n g e n : Mit Note vom 16. Februar übermittelte die spanische Gesandtschaft das Abberufungsschreiben für Herrn José d e la R i c a y C a l v o , ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Spaniens.

Der Botsehafter F r a n k r e i c h s , Herr R è v o i l, überreichte am 12. März sein Abberufungsschreiben.

*) Entschädigung an die Gesandtschaft in Tokio für Lokalmiete und nach Yokohama gemachte Reisen in Konsulatsgeschäften.

753 Mit Note vom 14. Mai übersandte Herr M o r e n o sein Abberufungsschreiben als ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der Republik A r g e n t i n i e n .

Am 12. August wurde das Abberufungsschreiben für Herrn N o b u a k i M a k i n o , ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister J a p a n s , durch seinen Amtsnachfolger überreicht.

Arn 28. September überreichte Herr Freiherr von R i t t e r zu G r u e n s t e i n sein Abberufungsschreiben als Ministerresident Bayerns.

Am 23. Dezember wurde das Abberufungsschreiben für Herrn M i c h o t t e d e W e l L e , ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister B e l g i e n s , durch seinen Amtsnachfolger überreicht.

6. Es überreichten ihre Beglaubigungsschreiben: Am 18. Februar: Herr Pedro de Prat d'Agacino, Marquis de P r a t de N a n t o u i l l e t , als ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister S p a n i e n s .

Am 19. März: Herr Kammerherr Graf A. F. L. de R e c h t e r e n L i m p u r g A l m e l o , bisheriger Ministerresident, als ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der Niederlande.

Am 22. März: Herr Charles Marie Stephen Le Peletier, G raf d ' A u n a y, Senator, als Botschafter F r a n k r e i c h s .

Am 12. August: Herr Baron Yasuya U chi da, als ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister J a p a n s (in Wien).

Am 11. Oktober: Herr kgl. Staatsrat Ritter von B ö h m , als Ministerresident B a y e r n s .

Am 23. Dezember: Herr Graf Werner van den S t e e n de J e h a y , als ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister Belgiens.

e. Mit Note vom 29. April zeigte die Regierung der Republik C h i l e an, dass sie den Herrn Victor G-rez zum Geschäftsträger ad intérim bestellt habe.

d. Laut Note der Gesandtschaft A r g e n t i n i e n s vom 30. Oktober wurde die Leitung derselben dem Herrn Jacinto 8. G a r c i a in der Eigenschaft eines interimistischen Geschäftsträgers anvertraut.

Bandesblatt. 60. Jahrg. Bd. I.

53

754

B. Konsulate.

Deutschland. Anfang November wurde die Geschäftsführung des Konsulats in B e r n infolge Hinscheides des Titulars dein Herrn Rechtsanwalt Eugen von J e n n e r als provisorischem Konsularverweser übergeben.

Am 7. August haben wir Herrn Oskar K e s s e l r i n g als provisorischen Verweser des Vizekonsulats in Lugano anerkannt.

Grossbritannien hat ein Vizekonsulat in L u g a n o gegründet.

Die britische Regierung bestätigte die Ernennung des Herrn J. C. M i l l i g a n als Vizekonsul in Z ü r i c h , welcher infolge der neuen Organisation des Konsulatswesens aufhörte, Handelsagent zu sein.

Italien errichtete eine Konsularagentur in St. G a l l e n .

Niederlande. Es wurde ein von der Gesandtschaft unabhängiges Vizekonsulat in B e r n für den Kanton Bern gegründet und durch den im Vorjahr ernannten Herrn Ph. N. E. B o g a e r t besetzt.

Herr van Wickevoort-Crommelin, bisheriger Konsul in Zürich, wurde zum Titular-Generalkonsul ernannt und Herr P. Platenga vom Vizekonsul zum Konsul in DavosPlatz befördert.

Norwegen errichtete die im Vorjahr angekündigten vier Konsulate in B e r n , B a s e l , V e v e y und Genf.

Österreich- Ungarn. Anfang November wurde die Verwaltungdes Generalkonsulates in Z ü r i c h dem Herrn Generalkonsul Alphons F e l l n e r von d e r A r i als provisorischem Verweser übertragen.

Portugal errichtete ein Konsulat in B a s e l , dessen Jurisdiktion sich auf die bisher zum Amtsbezirk des Konsulates in Zürich gehörenden Kantone Baselstadt, Baselland, Solothurn und Aargau erstreckt.

Schweden hat ein Vizekonsulat in M o n t r e u x gegründet.

Argentinien errichtete Vizekonsulate in B a s e l und St. Gallen.

Columbia errichtete ein Vizekonsulat in L a u s a n n e .

Ecuador. Herr Dr. C o n t i wurde vom Vizekonsul zum Konsul in L uz er n befördert.

755

Mexiko errichtete ein Konsulat in L u z e r n.

Uruguay gründete ein Generalkonsulat für die Schweiz mit Sitz in Genf.

Wir haben folgenden ausländischen Konsularbeamten das Exequatur erteilt: Belgien. Am 31. Mai dem Herrn Rudolf Z ü n d , als Vizekonsul in L u z er n.

Deutschland. Am 19. November, mit Wirkung auf 1. Januar 1908, dem Herrn F a b e r du F a u r , als Generalkonsul in Zürich.

Grossbritannien. Am 24. Mai dem Herrn Richard H a r t H am il t o n , als Vizekonsul in L u g a n o , für den Kanton Tessin.

Italien. Am 8. November dem Herrn Fürsprech Johann Hauser als Konsularagenten in St. G a l l e n .

Norwegen. Am 18. Januar dem Herrn Friedrich R u p r e c h t als Vizekonsul in B e r n .

Am 18. Januar dem Herrn Dr. jur. Paul L i n d e r als Vizekonsul in Basel.

Am 18. Januar dem Herrn Arnold B a c k e als Vizekonsul in Ve v e y.

Am 18. Januar dem Herrn André Charles J a c c o u d , als Vizekonsul in G e n f .

Portugal. Am 8. März dem Herrn Dr. jur. Alphons S t ü c k e l be r g e r als Titular des neu gegründeten Konsulats in Basel.

Rumänien. Am 8. November dem Herrn Eugène Bill o als Vizekonsul in Z ü r i c h .

Schweden. Am 15. März dem Herrn Frédéric V e r di er als Vizekonsul in G e n f .

Spanien. Am 28. Dezember dem Herrn Georges Flegenheimer als Honorar-Vizekonsul in G e n f .

Amerika (Vereinigte Staaten). Am 16. Juli dem Herrn James Jeffrey Roche als Konsul in B e r n .

Am 20. Juni dem Herrn Silas C. M c F a r l a n d als Generalkonsul in St. G a l l e n .

Am 16. Juli dem Herrn Hernando de S o t o als Vize-Generalkonsulin St. G a l l e n , und am 26. November dem Herrn Eugen N a b e l , als Amtsnachfolger des Vorgenannten.

756 Am 18. Oktober dem Herrn William W. S n i f f i a als Vize- und Deputy-Konsul in B e r n .

Argentinien. Am 22. Februar dem Herrn José Joaquim Visca als Vizekonsul in L a u s a n n e , für den Kanton Waadt.

Am 28. Mai dem Herrn Dr. jur. A. I m o b e r s t e g als Vizekonsul in Basel.

Am 28. Mai dem Herrn A. W e g e l i n als Vizekonsul in St. G a l l e n .

Columbia. Am 13. Juni dem Herrn Eugen S c h l e i c h e r Vizekonsul in L a u s a n n e , für den Kanton Waadt.

als

Mexiko. Am 24. Mai dem Herrn Josef Z i m m e r m an n als Konsul in L uz er n.

Am 26. Juli dem Herrn Rafaël G. A c o s t a als Konsul in G e n f .

Peru. Am 15. Februar dem Herrn Louis M a i l l a r d als Konsul in L a u s a n n e , für die Kantone Waadt, Neuenburg, Freiburg und Wallis.

Uruguay. Am 1. Februar dem Herrn Arthur R. B r o w n , in G e n f , als Generalkonsul für die Schweiz.

VI. Schweizerische Hülfsgesellschaften im Auslande.

Dieses Jahr haben wir unter wohltätige Vereine und Anstalten im Auslande eine Summe von Fr. 63,470 verteilt, wovon Fr. 35,000 vom Bunde (Fr. 30,000 im Vorjahre) und Fr. 28,470 (Fr. 28,170 im Vorjahre) von den Kantonen beigesteuert wurden. Die Summe von Fr. 63,470 verteilt sich auf die schweizerischen Hülfsvereine mit Fr. 38,730, auf die schweizerischen Asyle mit Fr. 15,650 und auf die ausländischen Anstalten, die auch Schweizer aufnehmen, mit Fr. 9090. Im übrigen verweisen wir auf die im Bundesblatt 1908, I, 60, veröffentlichte Tabelle und bemerken noch folgendes: Die Tabelle enthält 144 Hülfsvereine (143 im Vorjahre), 13 schweizerische Asyle (wie im Vorjahre), und 28 ausländische Asyle und Spitäler (3 mehr als im Vorjahre) oder im ganzen 185 wohltätige Vereine und Anstalten (gegen 181 im Vorjahre).

Das Gesamtvermögen der Hülfsvereine betrug Anfang 1907 Fr. 2,612,933.14, das der schweizerischen Asyle Fr. 1,415,051, 82,

757 zusammen Fr. 4,027,984. 96. Die Gesamtausgaben der Hülfsvereine für wohltätige Zwecke (mit Ausnahme der Verwaltungskosten) betrugen im Jahre 1906 Fr. 342,094. 69, die der schweizerischen Asyle Fr. 249,106. 73, zusammen Fr. 591,201. 42.

Die Einnahmen (Subsidien inbegriffen) beliefen sich irn Jahre 1906 im ganzen auf Fr. 769,275. 01, wovon Fr. 466,751. 11 auf die Hülfsvereine und Fr. 302,523. 90 auf die schweizerischen Asyle entfallen.

VII. Bewilligungen zur Erwerbung eines Gemeindeund Kantonsbürgerrechts.

Das politische Departement hatte sich ita Laufe des Jahres 1907 mit 1552 (1500 im Jahre 1906) Gesuchen um Erteilung der Bewilligung zur Erwerbung eines Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts 'm befassen.

Von diesen Gesuchen wurden: 1312 bewilligt (1288 im Jahre 1906), 69 abgewiesen (54 im Jahre 1906), 20 von den Gesuchstellern zurückgezogen (22 im Jahre 1906), 151 waren arn 31. Dezember noch nicht erledigt (136 am 31. Dezember 1906),

1552 Von den erteilten Bewilligungen entfallen 776 auf Deutsche, 195 auf Franzosen, 161 auf Italiener, 93 auf Angehörige von Österreich-Ungarn, 59 auf Russen, 8 auf Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, 3 auf Dänen, 3 auf Niederländer, H auf Spanier, 2 auf Engländer und je l auf einen Belgier, einen Griechen, einen Angehörigen von Niederländisch-Indien, einen Marokkaner, einen Norweger, einen Rumänen, einen Schweden, einen Türken und eine Person ohne bestimmte Nationalität.

Diese Bewilligungen erstrecken sich auf 717 verheiratete Frauen und auf 1900 Kinder. Die Gesamtzahl der Personen, denen im Jahre 1907 die Bewilligung zur Einbürgerung in der Schweiz erteilt worden ist, beträgt somit 3929 (3838 im Jahre 1906). 459 Bewilligungen wurden gratis erteilt.

Bezüglich der in den Kantonen erfolgten Einbürgerungen von Ausländern verweisen wir auf nachstehende Zusammenstellung.

758

Anzahl der Einbürgerungen

Einbürgerungen in den Kantonen im Jahre 1907.

Kantone

Datum der bundesrätlichen Bewilligung

1904 1905

1906

1907

· ·r-

Zürich Bern . . .

.

Luzern Uri Schwyz Obwalden Nidwaiden . . .

.

Glarus . . . , , .

Zue .

Freiburg Solothurn Baselstadt Baselland Schaffhausen Appenzell A.-Rh. . . · .

Appenzell I.-Rh St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau .

Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf

.

.

.

.

Total

282 43 8 1 3

3 2 4 23 282 11 13 4 62 5 31 41 68 39 2 29 133 1089

1 1

9 2

110 162 12 28 3 5 1 3 2 1

1 2

3 5

3 60 2 4 3

4

24 1 9 13 7 22

2

1

5

2 2 1

1 4 5 21 16 56

6 86 390

1 1 4 16 215 7 9 1 33 4 17 26 59 16 2 18 21 627

Die folgende Tabelle bezieht sich auf die 10 letzten Jahre und gibt an, wie viele von den Ausländern, welche in diesem Zeitraum die bundesrätliche Bewilligung erhalten haben, in den Kantonen eingebürgert worden sind.

759 Jahrgang

1898 1899 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907

Erteilte Bewilligungen

Einbürgerungen

1083 925 1076 1008 1113 1017 1029 1217 1288 1312

800 779 883 826 919 835 849 922 ' 1025 ' 627 1

% 81,25 84,22

82,06 81,94 82,56

82,oi 82,5i

1

Diese Zahlen sind unvollstänc ig, weil die n den Jahren 1905, 1906 und 1907 erteilten Bewilligungen erst 1908, 1909 und 1910 erle sehen.

VIII. Wiedereinbürgerungen.

Es sind im Berichtsjahre 256 Wiedereinbürgerungsgesuehe <243 im Jahre 1906) eingelangt. Da am 31. Dezember 1906 40 Gesuche noch unerledigt waren, so hatten wir uns im ganzen mit 296 (275 im Jahre 1906) Wiedereinbürgerungsgesuchen zu befassen. Hiervon wurden 259 Gesuche (235 im Jahre 1906) im Berichtsjahre erledigt, während 37 (40 im Jahre 1906) am 31. Dezember noch pendent waren.

Von den 259 erledigten Gesuchen wurden : 205 bewilligt (196 im Jahre 1906), 46 abgewiesen (34 im Jahre 1906), 8 zurückgezogen (5 im Jahre 1906).

259 In einem Falle haben wir die Wiedereinbürgerung dem Sohne eines ehemaligen Schweizerbürgers, der auf sein Bürgerrecht verzichtet hatte, gewährt (Art. 10, lit. a, des Einbürgerungsgesetzes vom 25. Juni 1903) ; in einem andern Falle verfügten wir die Wiedereinbürgerung eines ehemaligen Schweizerbilrgers, welcher auf sein Bürgerrecht verzichtet hatte (Art. 10, lit. e; des Gesetzes).

Die übrigen 203 Fälle betrafen Witwen und geschiedene Ehefrauen, welche das Schweizerbürgerrecht durch Heirat verloren hatten (Art. 10, lit. 6).

760

Die wiedereingebürgerten Personen verteilen sich uach ihrer Staatsangehörigkeit wie folgt: Deutschland 92, Frankreich 47, Italien 35, Österreich 2U, Spanien 2, Vereinigte Staaten von Amerika 2, Russland l, Grossbritannien l, Dänemark l, Niederlande l, Luxemburg l, Japan l, heimatlos 1.

Diese 205 Wiedereinbürgerungen betrafen 72 alleinstehende ·Personen und 133 Personen mit minderjährigen Kindern, deren Zahl 316 beträgt. Nach Hinzurechnung der Ehefrau eines auf Grund von Art. 10, lit. e, wiederaufgenommenen ehemaligen Schweizerbürgers sind somit im ganzen 522 (535 im Jahre 1906} Personen ins Schweizerbürgerrecht wiederaufgenommen worden.

In 166 Fällen erfolgte die Wiedereinbürgerung mit Zustimmung der Kantonsregierungen, in 13 Fällen trotz ihres Widerspruches ; in den übrigen 26 Fällen lehnten die betreffenden Gemeinden die Wiedereinbürgerung ab, während die Kantonsregierungen sich neutral verhielten.

Nach Kantonen geordnet, verteilen sich die Wiedereinbürgerungen folgendermassen : Zürich 36, Bern 36, Luzern 10, Schwyz l, Glarus 2, Freiburg l, Solothurn 3, Baselstadt 3, Baselland 3, Schaffhausen 2, Appenzell Ausser-Rhoden 3, St. Gallen 16, Graubünden 4, Aargau 16, Thurgau 14, Tessin 10, Waadt 18, Wallis 5, Neuenburg 4, Genf 18.

Auch dieses Jahr mussten 25 Gesuche von vornherein abgelehnt werden, weil die Bewerberinnen die für die Einreichung von Wiedereinbürgerungsgesuchen im Gesetz vorgesehenen Fristen unbenutzt hatten verstreichen lassen.

Auf die Anfrage einer kantonalen Behörde, ob eine Gemeinde befugt sei, unentgeltlich wiedereingebilrgerte Frauen und deren Kinder vom Genüsse des Burgernutzens auszuschliessen, haben wir geantwortet, dass wir es als bundesrechtlich unzulässig betrachten, dass die Gemeinden ihre wiedereingebürgerten oder eingebürgerten Angehörigen mit bezug auf den Burgernutzen anders behandeln als die übrigen Bürger. Den Gemeinden erlauben, durch ein Reglement den wiedereingebürgerten oder eingebürgerten Personen die den übrigen Bürgern zustehenden Nutzungen zu entziehen oder den Bezug dieser Nutzungen an die Zahlungeiner besondern Gebühr zu knüpfen, hiesse den Gemeinden gestatten, eine Klasse von Bürgern minderen Rechts zu schaffen,,

761 M'as offenbar gegen Art. 4 der Bundesverfassung verstossen würde.

Bezüglich der Frage, ob nicht der Bund sich an den den Gemeinden aus der unentgeltlichen Wiedereinbürgerung ehemaliger Schweizerbürger zufolge Verfügung des Bundesrates entstehenden Armenlasten finanziell mitbeteiligen solle, verweisen wir auf unsern Bericht vom 7. Dezember (Bundesblatt 1907, VI, 372).

IX. Optionen.

Es sind uns im Berichtsjahre 205 Optionserklärungen (183 im Jahre 1906) und 104 Optionsanzeigen (134 im Jahre 1906) zugekommen.

8 Optionserklärungen mussten als ungültig zurückgewiesen werden. Eine Optionserklärung wurde zu früh, eine andere zu spät eingereicht. In einem andern Falle handelte es sich um ein Kind, das zur Zeit der Naturalisation der Eltern bereits mehrjährig war, in zwei Fällen um die Kinder von in der Schweiz eingebürgerten g e s c h i e d e n e n Französinnen, welchen Kindern Frankreich das Optionsrecht bestreitet. Eine Optionserklärungwurde von Frankreich nicht angenommen, weil sie von dem Vertreter eines landesabwesenden Optanten ohne dessen Vollmacht eingereicht worden war. Ehenso wurde eine Optionserklärungnicht anerkannt, weil sie von einem unehelichen Kinde herrührte, das von dessen in der Schweiz eingebürgerter Mutter nicht, wie es das französische Gesetz vorschreibt, ausdrücklich anerkannt worden war. Endlich haben wir eine Optionserklärung zurückgewiesen, weil die Mutter des Optanten nicht auf dem Wege der Naturalisation, sondern durch ihre zweite Heirat mit einem Schweizer das Schweizerbürgerrecht erworben hatte.

Ebenso mussten 7 Optionsanzeigen als ungültig zurückgewiesen werden, und zwar eine weil zu spät, eine andere weil zu früh eingereicht; die übrigen deshalb, weil sie Kinder von eingebürgerten geschiedenen Französinnen und andern Personen betrafen, auf welche der Vertrag mit Frankreich vom 23. Juli 1879 nicht anwendbar ist.

Die französische Botschaft hat uns 177 Optionszeugnisse übermittelt, die wir den Interessenten durch die betreffenden Kantonsregierungen zustellen Hessen. 33 Optionserklärungen waren am 31. Dezember 1907 von Frankreich noch nicht anerkannt.

762 Die Regierung des Kantons Genf hat uns eine Eingabe des Verwaltungsrates der Stadt Genf übermittelt, worin auf die missliche Lage der minderjährigen Kinder von in das Schweizerbürgerrecht wieder aufgenommenen geschiedenen Französinnen aufmerksam gemacht wurde, denen Frankreich das Optionsrecht nicht zugestehen will, und die infolgedessen sowohl von der Schweiz als von Frankreich als Bürger beansprucht und zum Militärdienst herangezogen werden. Diese anormale Lage, bemerkte der Verwaltungsrat, sei einzig und allein durch Art. 10 des Bundesgesetzes vom '25. Juni 1903 geschaffen worden, welcher hinsichtlich der Kinder von Franzosen keinen Vorbehalt mache. Sofern sich beide Regierungen nicht dahin verständigen könnten, dass diesen Kindern ·die Wohltat der Option ebenfalls zukomme, erscheine eine möglichst baldige Änderung des zitierten Artikels 10 angezeigt.

Wir haben darauf geantwortet, dass nach dem letzten Alinea ·des Art. 10 des erwähnten Bundesgesetzes der Bundesrat die minderjährigen Kinder einer wiedereingebürgerten Mutter von ·der Einbürgerung ausschliessen könne. Mit der Mutter, heisse es ·dort, werden auch die minderjährigen Kinder aufgenommen, w e n n nicht ausdrückliche A u s n a h m e n gemacht werden.

Die um die Wiedereinbürgerung nachsuchenden geschiedenen Ehefrauen brauchten daher nur zu verlangen, dass ihre Kinder von der Einbürgerung ausgeschlossen werden, wenn sie nicht "wünschen, dass dieselben das Schweizerbürgerrecht erwerben.

Die meisten Mütter zögen es jedoch vor, ihre Kinder ins Schweizerbürgerrecht aufnehmen zu lassen, was namentlich dann der Fall «ei, wenn Mutter und Kinder in der Schweiz dauernd niedergelassen seien, ohne die Absicht, jemals nach Frankreich zurückzukehren.

Wir ermangeln nicht, die um die Wiederaufnahme einkommenden geschiedenen Französinnen ausdrücklich auf die missliche Lage aufmerksam zu machen, in welche ihre Kinder geraten, wenn sie ohne die Bewilligung der französischen Regierung das Schweizerbürgerrecht erwerben.

X. Auswanderung.

J. Allgemeines.

Im Berichtsjahre sind von den schweizerischen Auswanderungsagenturen 5710 Schweizerbürger und in der Schweiz wohn-

763

haft gewesene Ausländer nach überseeischen Staaten befördert worden. Auf die einzelnen Kantone verteilen sich die Auswanderer des Jahres 1907 und die Wechselsummen, die sie nach ihrer neuen Heimat gebracht haben, wie folgt : Kantone

Zahl der

Auswanderer.

Zürich Bern Luzern . . · Uri Schwyz Unterwaiden ob dem Wald . . .

Unterwaiden nid dem W a l d . . .

Glarus Zug Freiburg Solothurn Baselstadt Basellandschaft Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf Total

Betrag der Wechselsummen.

Fr.

Cts.

800 1202 183 52 190 87 7 77 20 28 128 357 116 66 67 4 364 137 248 125 709 215 107 190 231

42,568.75 133,776.50 32,150. -- 7,700.-- 10,260.50 10,226.50 578.75 4,315. -- 1,460.45 500. -- 14,390.75 27,125.15 11,602.50 3,404.-- 12,024.80 100. -- 42,317.40 7,040.15 53,898.95 8,150. -- -- -- 5,672.50 1,945- -- 18,978.-- 618. 40

5710

450,804. 05

Eine alle Kantone und sowohl die Inländer als die in der ·Schweiz niedergelassenen Ausländer umfassende Statistik besitzen wir erst seit dem Jahre 1880. In diesem Zeitraum lassen sich ·drei Perioden unterscheiden. Die erste, gehend vom Jahr 1880 bis 1893, weist eine sehr hohe Zahl von Auswanderern auf, die höchste im Jahr 1883, wo sie 13,502 betrug. In der zweiten Periode, die die Jahre 1894--1902 umfasst, lässt sich ein starkes

764

Zurückgehen der Auswanderung konstatieren ; die geringste Ziffer dieses Zeitraumes weist das Jahr 1898 auf, wo nur 2288 Personen auswanderten. Die folgende, bis Ende 1907 reichende Periode hält die Mitte zwischen den beiden ersten; die Durchschnittszahl beträgt 5338.

Im Berichtsjahre hat die Zahl der Auswanderer gegenüber dem Vorjahr um 414 oder 7,si % zugenommen ; sie steht des fernem um 362 über der erwähnten _ Durchschnittsziffer. Eine erhebliche Zunahme weisen hauptsächlich die Kantone Tessin (242% Bern (121), Genf (101), Luzern '(60) iind Aargau (53) auf, während die Kantone Solothurn, Freiburg und Wallis eine nennenswerte Verminderung zeigen. Diese Zunahme lässt sich, nachdem die wirtschaftlichen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten sich ausnahmsweise ungünstig gestaltet haben, während diejenigen der Schweiz eine besondere Veranlassung zu verstärkter Auswanderung nicht bieten konnten, nur unter Heranziehung anderer Faktoren erklären, vorab wohl durch die Tatsache, dass eine kontinuierliche und lebhafte Verbindung zwischen, den früher ausgewanderten und den im Lande verbliebenen Personen besteht. Der . Staat hat sich diesen Erscheinungen gegenüber neutral zu verhalten. Seine Aufgabe kann nicht darin bestehen, die Auswanderung, seis zu fördern, seis zu hemmen, sondern nur darin, die Auswanderer bestmöglich vor Ausbeutung zu schützen, auf eine humane Beförderung hinzuwirken und zu verhindern, dass Leute nach Gegenden auswandern, in denen sie nach zuverlässigen Berichten ihr Auskommen nicht finden können, oder wo es aus sonstigen Gründen für sie nicht ratsam ist, sich niederzulassen.

Ausser den aus der Schweiz ausgewanderten Personen liât sich ein Zug von ungefähr 89,000 Auswanderern aus dem Süden, hauptsächlich aber aus osteuropäischen Staaten durch die Schweiz nach überseeischen Staaten bewegt, deren Beförderung zum Teil ganz, zum Teil nur über eine gewisse Strecke von schweizerischen.

Agenten besorgt wurde.

Für ihre Beförderung haben die aus der Schweiz ausgewanderten Personen den Agenten Fr. 1,776,662. 51 einbezahlt, welche Summe mit dem Betrag der von den Auswanderern gekauften Wechsel auf überseeische Plätze eine ganz ansehnliche Verminderung des Landesvermögens ausmacht. Unter jenen Wechseln befinden sich 9 im Betrag von Fr. 2000--2500, 3 im Betrag von Fr. 2500--3000 ; 10 lauteten auf Fr. 3000--5000,

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11 auf Fr. 5000--10,000 und 6 auf Fr. 10,000--20,000.

Die Gesamtsumme sowohl als die einzelnen Posten dieser Beträge scheinen darauf hinzuweisen, dass für einen grossen Teil der schweizerischen Auswanderer nicht ein Notstand der Beweggrund zur Auswanderung ist, sondern, abgesehen von dem oben .erwähnten Einfluss verwandtschaftlicher Beziehungen, vielmehr eine Unternehmungslust, die in der Heimat kein ausreichendes Feld zu finden wähnt.

A u s w a n d e r u n g s z i e l e . Was wir hierüber im Berichte über unsere Geschäftsführung während des Jahres 1906 vorgebracht haben, trifft auch auf die Auswanderung im Jahre 1907 zu, indem diese dieselbe Richtung verfolgt liât wie früher. Noch immer üben die V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a die Hauptanziehungskraft aus. Selbst die dort seit einiger Zeit herrschende Krisis hat nicht vermocht, einen Rückgang der Zahl der Einwanderer zu bewirken. Auch die Massnahmen, die die Union zur Beschränkung der Einwanderung und namentlich zur Fernhaltung ,,unerwünschter Einwanderer"1 ergriffen hat und die im Berichtsjahre durch Erlass eines weitern Gesetzes über die Materie verschärft worden sind, haben den Strom der europäischen Auswanderung dorthin nicht aufhalten können. Sie hat vielmehr im Jahr 1907 eine vorher nie gekannte Höhe erreicht (1,333,166 Einwanderer gegen 1,215,689 im Jahre 1906). Von den 5710 aus der Schweiz ausgewanderten Personen haben sich 4901 oder 85,83 % nach den Vereinigten Staaten begeben, gegen 4573 im Vorjahre. Die meisten schweizerischen Auswanderer nach der Union lassen sich in den Staaten New York, Kalifornien, Wisconsin, Ohio, Pennsylvanien und Oregon nieder, somit in Gegenden, die bereits eine dichte Bevölkerung aufweisen und wo bedeutende schweizerische Ansiedlungen in namhafter Anzahl bestehen.

Die Auswanderung nach K a n a d a hat im Berichtsjahre ebenfalls zugenommen, trotzdem die in den Vereinigten Staaten ausgebrochene Krisis ihre Rückwirkung auch auf diesen Teil von Nordamerika gehabt hat. Bei Beginn des Winters hat die kanadische Regierung allerdings Massnahmen ergriffen, um die Einwanderung von arbeitsuchenden Leuten zu verhindern, sonst aber \vird von Kanada aus alles getan, um die europäische Auswanderung nach diesem Lande zu lenken. Auf andere Weise lässt sich die Zunahme (die Zahl der Auswanderer betrug 169 gegen 109 im Vorjahre") nicht erklären.

166 Nach M e x i k o wanderten 18 Personen aus gegen 17 im Vorjahr, nach Z e n t r a l a m e r i k a 10 (gegen 12), nach S ü d a m e r i k a 527 (gegen 484 im Vorjahr), davon nach A r g e n t i n i e n 432, nach B r a s i l i e n 45, nach U r u g u a y 20, nach C h i l e 21.

Nach A u s t r a l i e n begaben sich 32, nach Asien 28 Auswanderer.

Unter den Personen, die sich nach überseeischen Staaten begeben, befindet sich jeweilen ein nicht genau festzustellender Bruchteil, der sich nur vorübergehend in überseeischen Staaten aufzuhalten beabsichtigt. Auswanderer, die sich fest ansiedeln wollen, den Gedanken an eine Rückkehr also mehr oder weniger völlig aufgegeben haben, rekrutieren sich zumeist aus der landwirtschaftlichen Bevölkerung und aus dem Handwerkerstande und begeben sich meist nach gewissen Staaten der Union oder den oben aufgeführten Ländern von Südamerika, während sich unter den nach den übrigen Ländern reisenden Personen*vieleVertreter des Handelsstandes befinden.

II. Agenten, Unteragenten, Kautionen.

Wir haben bereits im Berichte über das Vorjahr die Schattenseiten hervorgehoben, die das Anwachsen der Zahl der Agenten und Unteragenten und der unter ihnen oft mit Leidenschaft geführte Konkurrenzkampf hat. Mit dieser Erscheinung und dem Umstände, dass eine Anzahl Agenten mit keiner Schiffsgesellschaft direkte Beziehungen zu unterhalten in der Lage ist, steht die Tatsache im Zasammenhang, dass im Berichtsjahre mehrereAgenten in Konkurs geraten sind und wir einigen von ihnen das Patent zum Betriebe einer Auswanderungsagentur entziehen mussten, eine Massnahme, zu der wir seit dem Bestehen einesAuswanderungsgesetzes zum erstenmal haben greifen müssen.

Eine der in Konkurs geratenen Agenturen hatte kurz vor Ausbruch des letztern noch Auswanderungsverträge abgeschlossen, deren Ausführung auf grosse Schwierigkeiten stiess, und Wechsel ausgestellt, für deren Deckung von ihr nicht gesorgt wurde. Zur Befriedigung der geschädigten Auswanderer und der Eechtsnachfolger von solchen wird -- was ebenfalls bisher noch nie vorgekommen ist -- die Kaution in Anspruch genommen werden müssen, die in Gemässheit von Art. 4 des Auswanderungsgesetzes.

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für die Agentur hinterlegt worden ist. Diese wird dem Eigentümer erst herausgegeben, nachdem sämtliche Ansprüche, d i e innert einem Jahre seit Erlöschen des Patentes nach Massgabe des Gesetzes an die fallite Agentur gestellt werden, erledigt sind. Die Prüfung der uns bis zum Schlüsse des Berichtsjahres znr Kenntnis gebrachten Forderungen hat die Wahrscheinlichkeit ergeben, dass kein Auswanderer oder Rechtsnachfolger eines solchen zu Verlust kommt.

Zu Ende des Berichtsjahres gab es noch 26 Agenturen und 4 Passagegeschäfte. In ihrem Dienste stehen 228 Unteragenten.

Keine Auswanderungsgeschäfte gibt es einzig in den Kantonen Nidwaiden, Zug, Basellandschaft, Appenzell I.-Rh. ; stark vertreten sind sie in den Kantonen Bern, Baselstadt, Tessin und St. Gallen, Gebiete, die von dem Zug ausländischer Auswanderer durch die Schweiz am meisten berührt werden. Die Summe der von den Auswanderungsgeschäften hinterlegten Kautionen beläuft sich auf Fr. 2,177,230. Eine nicht unerhebliche Komplikation des Kautionswesens verursacht der Umstand, dass den Agenturen gestattet werden muss, die Kautionen durch Drittpersonen leisten zu lassen, und .dass jeder Aus- und Eintritt eines Unteragenten eine Mutation im Bestände der Kaution zur Folge hat.

Ein Bankgeschäft stellte das Gesuch, es möchte ihm die für eine Agentur geleistete Kaution zurückerstattet und der Agentur das Patent entzogen werden. Es wurde ihm erwidert, dass einer Agentur das Patent nur entzogen werden könne, wenn sie sich einer schweren oder öftern Verletzung des Gesetzes schuldiggemacht habe. Sei der Eigentümer der Kaution nicht gesonnen, diese länger /u leisten, so bleibe ihm nichts anderes übrig, als von der Agentur die Rückerstattung der deponierten Wertschriften oder ihres Gegenwertes zu fordern. Erst wenn hierdurch der Konkurs der Agentur herbeigeführt werde, erlösche das Patent.

III. Klagen über Umgehung des Auswanderungsgesetzes und Anstände im Auswanderungsverkehre.

Aus [den im ersten Abschnitt gemachten Mitteilungen geht hervor, dass im Berichtsjahre ungefähr 6000 Personen aus der Schweiz ausgewandert und 89,000 Personen aus dem Auslande in die Schweiz gekommen sind, um von hier aus durch Vermittlung schweizerischer Agenten nach überseeischen Ländern befördert zu werden. Es ist begreiflich, dass ein so ausserordent-

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lieber Verkehr sich nicht abwickeln konnte, ohne eine grosse Anzahl von Anständen im Gefolge zu haben und zu mehr oder weniger berechtigten Klagen Anlass zu geben. In der Tat ist die Zahl der letztern seit dem Bestehen eines Auswanderungsgesetzes noch nie so bedeutend gewesen, wie im Berichtsjahre. Die hauptsächlichen Fälle, mit denen sich die Aufsichtsbehörde zu befassen hatte, betrafen: 1. Die Beförderung von Personen, denen die Gesetze des Einwanderungslandes den Eintritt verbieten.

2. Die Beförderung von minderjährigen Personen, mit deren Auswanderung ihre Eltern nicht einverstanden waren.

3. Die Beförderung militärdienstpflichtiger Schweizerbürger, die ihre Militäreffekten nicht abgeliefert hatten.

4. Die Beförderung von Eltern, die ohne Zustimmung der zuständigen Armenbehörde unerzogene Kinder zurückgelassen hatten.

5. Mangelhafte Beförderung des Gepäcks von Auswanderern und Unterlassung der Versicherung desselben.

6. Kontraktwidrige Beförderung von Auswanderern.

7. Mangelhafte Fürsorge für Auszahlung von Wechseln.

8. Unterlassung der Mitwirkung bei der Fahndung auf Verbrecher.

9. Unbefugte Beteiligung an Kolonisationsunternehmungen.

10. Unterlassung der Fürsorge für Beherbergung und Verpflegung von Auswanderern, deren Reise ohne ihre Schuld unterbrochen worden war.

Die zahlreichsten Anzeigen betrafen, wie früher, Fälle, in denen Auswanderer deshalb auf Schwierigkeiten stiessen, weil ihre Beschaffenheit den Vorschriften der amerikanischen Einwanderungsgesetzgebung nicht entsprach. Es handelte sich entweder um Personen, die sich in vorgerücktem Alter befanden, gebrechlich waren oder mittellos in Amerika anlangten, oder um solche, die bereits in ihrem Heimatlande eine Vereinbarung über ihre Anstellung im Bestimmungslande abgeschlossen oder denen daselbst Arbeit zugesichert worden war, sogenannte Kontraktarbeiter. Eine besondere Aufmerksamkeit wurde bei der Untersuchung der Einwanderer dem Zustande ihrer Augen gewidmet.

Unnachsichtlich zurückgewiesen wurden auch alleinstehende Frauenspersonen, die von Kindern begleitet waren oder ihrer Niederkunft entgegensahen. In einigen Fällen ist es allerdings

769 dem schweizerischen Konsulat in New York gelungen, zu erwirken, dass Personen, deren Einwanderung beanstandet worden war, nachträglich die Weiterreise ins Innere des Landes gestattet wurde; in andern war dagegen ersichtlich, dass die Zunahme der Einwanderung in die Vereinigten Staaten die Handhabung der über die Materie erlassenen Gesetze verschärft hat, Über jeden Fall von Rückweisung eines Auswanderers wurde ·eine Untersuchung eingeleitet und es ergab sich sehr oft, dass die Agenturen es unterlassen hatten, die auswanderungslustigen Personen auf die Vorschriften der amerikanischen Einwanderungsgesetze aufmerksam zu machen, weil ihnen dadurch der Nutzen des Auswanderungsgeschäftes entgangen wäre. Nur in denjenigen Fällen nahmen wir davon Umgang, eine Agentur zu büssen, wo ihr nicht nachgewiesen werden konnte, dass ihr die Beschaffenheit oder die Umstände, derenthalben die Rückweisung eines Auswanderers erfolgt war, bekannt sein mussten. Nicht unerwähnt lassen wollen wir, dass die Rückweisung schweizerische Auswanderer verhältnismässig selten betraf, und dass die Augenkrankheit, die so oft Grund oder Vorwand der Rilckweisung von Auswanderern war (Trachoma), in der Schweiz überhaupt nur höchst selten vorkommt.

Häufig ist im Berichtsjahre unsere Intervention in Fällen angerufen worden, die mit den grossen Dimensionen, die der Transit ausländischer Auswanderer durch die Schweiz angenommen hat, in enger Verbindung stehen. In der Tat ist es wiederholt vorgekommen, dass ausländische Auswanderer in Basel anlangten, für deren Weitertransport niemand sorgen wollte und für deren Beherbergung und Beköstigung die Behörden Anstalten treffen mussten. Die jeweilen angestellte Untersuchung ergab, dass verschiedene in osteuropäischen Ländern bestehende Agenturen Auswanderer in erheblicher Anzahl nach Basel beförderten und an dortige Agenten wiesen, die es ablehnten, die Weiterbeförderung zu übernehmen, weil sie angeblich für die Kosten der letztern noch keine oder nur ungenügende Deckung erhalten hatten. Auch war nicht immer leicht zu ermitteln, an welche schweizerische Agentur die fremden Auswanderer gewiesen worden waren, und wieder in andern Fällen war die Absendung der Auswanderer nach Basel ganz ohne Rücksicht auf die Zeit angeordnet worden, in der sie von da abreisen mussten, um den Anschluss an die
Seefahrt nicht zu verfehlen. Häufig lag dem unfreiwilligen Aufenthalt der Auswanderer in Basel das Bestreben der dortigen Agenten zugrunde, eine grössere Gruppe zu vereinigen und sie .mittelst der billigem Gesellschaftsbillette zu befördern.

Bundesblatt. 60. Jahrg. Bd. I.

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Durch diese und ähnliche Umstände, wie z. B. die Übertragung der Weiterbeförderung von einer Agentur an die andere, ·wurde die Untersuchung jeweilen äusserst kompliziert und es bedurfte grosser Anstrengungen seitens der eidgenössischen wie der kantonalen Behörde, um die vielen Anstände zu regeln. Es handelte sich in den Entscheiden hauptsächlich um die Bestimmungen in Art. 15, Ziffer 2 und 7, des Gesetzes. Nach ersterer fällt die Beköstigung auf der Reise bis zum Einschiffungshafen je nach Vereinbarung der Parteien zu Lasten des Auswanderers oder des Agenten. Nach letzterer haben die Agenten auch in dem Falle, wo der Auswanderer sich auf der Landreise selbst verköstigen will, für die Beherbergung und Verpflegung zu sorgen,, wenn ein Aufenthalt oder eine Verzögerung auf der Reise ohne Schuld des Auswanderers stattfindet. Die Anwendung dieses Grundsatzes hat mancherlei Schwierigkeit gemacht, und der geschilderte Übelstand würde vielleicht noch grösser gewesen sein, wenn nicht auf dem "Wege der Privatinitiative vor einiger Zeit in Basel ein sogenanntes Emigrantenasyl eingerichtet worden wäre, in dem auf ihre Weiterreise wartende Auswanderer um geringe Kosten Aufnahme finden.

Es ist übrigens auch nicht ausser acht zu lassen, dass zur Zeit des Erlasses des Auswanderungsgesetzes der mehrfach erwähnte Transitverkehr nicht bestand und der Gesetzgeber damals hauptsächlich, wenn nicht ausschliesslich, die Beförderung von Personen aus der Schweiz allein im Auge hatte. Ob jener Verkehr eine Ergänzung des Gesetzes notwendig machen wird, wird Gegenstand unserer Prüfung sein. Jedenfalls werden wir auf Massnahinen bedacht sein müssen, die geeignet sind, zu verhindern, dass aus dem Aufenthalt ausländischer Auswanderer in der Schweiz und deren Weiter- oder Heimbeförderung einem schweizerischen Gemeinwesen (Bund, Kanton oder Gemeinde) Kosten erwachsen.

Aber auch eine Anzahl schweizerischer Auswanderer haben Unerfreuliches dadurch erfahren, dass man sie nach dem Einschiilungshafen abgehen liess, ohne sicher zu sein, dass sie auf einem Schiffe Aufnahme finden. Es kommt namentlich während der Sommermonate häufig vor, dass entweder durch Schuld der Agenton oder der Schiffsgesellschaft mehr Auswanderer im Hafenorte anlangen, als die letztere mit den in ihren Abfabrtslisten vorgesehenen Schiffen befördern kann. Die Folge
ist, dass die Auswanderer in dem Hafenorte oft längere Zeit bis zum Abgang des nächsten Dampfers warten müssen, oder mit einem Supplementsdampfer, der aber von geringerer Qualität ist und mehr

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Zeit zur Überfahrt braucht, befördert werden. Auch diese Tatsache steht mit dem grossen Andrang von Auswanderern aus dem Osten in Zusammenhang.

Im vorjährigen Berichte haben wir mitgeteilt, dass einem Bürger des Kantons Zürich die Bewilligung zur Vertretung eines Kolonisationsunternehmens in den Staaten Missouri und Arkansas verweigert worden, und dass er wegen Anwerbung von Ansiedlern von der zuständigen Behörde des Kantons Zürich bestraft worden sei. Trotz dieser Massnahme scheint derselbe sich weiterhin, namentlich in der Ostschweiz, damit befasst zu haben, zur Auswanderung nach den genannten Staaten aufzumuntern und Land daselbst an Auswanderungslustige unter zweifelhaften Bedingungen zu verkaufen. Aller Warnungen ungeachtet sind mehrere Personen nach dem in Rede stehenden Gebiete ausgewandert; nach einem kürzlich eingelangten Berichte scheinen die Kolonialverhältnisse daselbst unerquicklich zu sein.

IT. Auskunftsdienst.

Die Zahl der Personen, die sich an das Auswanderungsamt gewendet haben, um Auskunft zu erhalten über das Klima, die Lebensverhältnisse, die wirtschaftliche Lage der überseeischen Länder und die Aussicht, dort lohnende Arbeit zu finden, hat im Berichtsjahre wieder zugenommen. Die Tatsache ist insofern erfreulich, als daraus geschlossen werden kann, dass immer weniger Personen aufs Geratewohl und ziellos auswandern, weist jedoch auch auf einen weitverbreiteten und von interessierter Seite bisweilen geförderten Hang zur Auswanderung hin.

-·gw«g--

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1907.

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Bundesblatt

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In

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Jahr

1908

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

14

Cahier Numero Geschäftsnummer

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01.04.1908

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737-771

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