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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz bestraften Friedrich Äschlimann, Landwirt auf dem Weggissen zu Hasle bei Burgdorf.

(Vom 6. November 1908.)

Tit.

Friedrich Äschlimann wurde durch Rapport eines bernischen Landjägers vom 18. Oktober 1907 dem Regierungsstatthalteramt Burgdorf wegen Jagdfrevels verzeigt mit der Anschuldigung, dass er, ohne im Besitze eines Jagdpatentes zu sein, nach eigener Beobachtung des Polizeimannes sich am Tage des Rapportes mit einer scharf geladenen Doppelflinte im sogenannten Haldentalwald befunden und dort auf ein Stück Wild einen Schuss abgegeben habe. In persönlicher Einvernahme als Zeuge vor dem Gerichtspräsidenten in Burgdorf erklärte der Verzeiger, er habe gesehen, dass nach dem von Äschlimann abgegebenen Schuss einige Wildtauben von einer Tanne weggeflogen seien und er habe angenommen, dass der Schuss diesen Wildtauben gegolten. Einen Habicht habe er nicht fortfliegen sehen.

799 Äschlimann behauptete dagegen, er habe einen Habicht ·schiessen wollen, denselben allerdings nicht getroffen, und er bestritt, dass er dadurch sich einer Gesetzesübertretung schuldig :-gemacht habe.

Sowohl der Gerichtspräsident von Burgdorf als die Polizeikammer des Obergerichtes des Kantons Bern als Appellationsinstanz erklärten den Verzeigten schuldig des Jagdfrevels unter Verhängung einer Busse von Fr. 60 und Auferlegung der Kosten.

Die Polizeikammer erachtete dabei als bewiesen, dass Äschlimann auf Wildtauben geschossen und dadurch sich gegen Art. 6, lit. tu, und Art. 21, Ziffer 5, lit. a, des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1904 vergangen habe. Daneben prüfte sie auch die Frage, ob, wenn der Verzeigte, wie er behauptet, auf einen Habicht geschossen, darin eine strafbare Verletzung der bernischen Verordnung zum eidgenössischen Jagdgesetze liegen würde, wobei sie zur Bejahung auch dieser Frage gelangte. Die vom ·erstinstanzlichen Richter verfügte Beschlagnahme der Doppelflinte wurde dagegen aufgehoben gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes, da es sich nicht um eine unerlaubte Waffe handle.

Äschlimann ersucht nun um Erlass von Busse und Kosten ·durch Begnadigung, indem er durch seinen Vertreter neuerdings, wie schon vor den kantonalen Gerichten geschehen, die Rechtsbeständigkeit der kantonalen Verordnung zum Jagdgesetz bestreitet und daran festhält, dass das Jagen eines Raubvogels durch einen Grundbesitzer, der von demselben Schaden befürchte, nicht strafbar sei.

Die eidgenössische Begnadigungsinstanz ist indessen nicht in ·der Lage, diese Frage zu prüfen, da es sich um eine kantonale Rechtsvorschrift handelt. Ebenso hat sie nicht darüber zu befinden, ob dem Petenten die Prozesskosten erlassen werden sollen, weil diese gemäss Art. 157 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege in die kantonale Gerichtskasse fallen. -- In faktischer Beziehung aber hat der kantonale Richter in rechtsverbindlicher Weise festgestellt, dass Äschlimann beim kritischen Anlasse auf Wildtauben geschossen habe. Darin liegt unzweifelhaft eine Übertretung des eidgenössischen Jagdgesetzes, -die mit Busse von Fr. 40 bis Fr. 100 zu bestrafen war. Der angefochtene Entscheid bietet daher weder hinsichtlich der Schuldig·erklärung noch hinsichtlich der Höhe der Strafe Grund zu einer Abänderung auf dem Wege der Begnadigung.

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Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Autrag: Es sei das Gesuch des Friedrich Äschlimann, soweit dadurch Erlass der Strafe verlangt wird, abzuweisen, im übrigen sei auf dasselbe nicht einzutreten.

B e r n , den 6. November 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,, Der Bundespräsident: Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft-

Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des wegen Übertretung des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz bestraften Friedrich Äschlimann, Landwirt auf dem Weggissen zu Hasle bei Burgdorf. (Vom 6. November 1908.)

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18.11.1908

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