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Schweizerisches Bundesblatt.

60. Jahrgang. IV.

Nr. 30.

22. Juli 1908.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschwerde des Anton Donner in Wangen, Kanton Schwyz, gegen den bundesrätlichen Entscheid vom 30. März 1908 betreffend Verweigerung eines "Wirtschaftspatents.

(Vom 17. Juli 1908.)

Tit.

Mit Entscheid vom 10. März 1905 wies der Bundesrat zum erstenmal einen Wirtschaftsrekurs des Anton Donner in Wangen, Kanton Schwyz, ab. Donner hatte, zum Beweis, dass er das Opfer rechtsungleicher Behandlung durch den Eegierungsrat des Kantons Schwyz geworden sei, unter anderm auf die Bewilligung eines Patents in der Gemeinde Wollerau hingewiesen. In seinem Entscheid bemerkte der Bundesrat, die verschiedene Behandlung der beiden Fälle sei gerechtfertigt, weil der Patentbewerber in Wollerau dafür gesorgt hatte, dass mit der Patenterteilung an ihn zwei andere Wirtschaften in Wollerau eingehen, während Donner den schon viel zu zahlreichen Wirtschaften in Wangen eine neue hinzufügen wolle.

Im Jahr 1907 gelangte Donner neuerdings mit einer Beschwerde an den Bundesrat, weil ihm das Patent wiederum verBundesblatt. 60. Jahrg. Bd. IV.

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458 weigert worden sei, trotzdem er den Nachweis geleistet habe, dass mit Eröffnung seiner Wirtschaft eine alte Wirtschaft in Wangen eingehen werde. Der ßegierungsrat stellte sich auf den Standpunkt, er müsse bei dem Überfluss an Wirtschaften in Wangen, bevor er eine neue Wirtschaft bewillige, den Nachweis verlangen, dass mindestens zwei alte Wirtschaften eingehen. In seinem den Rekurs abweisenden Entscheid vom 18. Februar 1907 betonte der Bundesrat, dass § 15 des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes nicht den Fortbestand der zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes in einer schwyzerischen Gemeinde bestehenden Wirtschaften garantiere, sondern den Zweck habe, die Zahl der Wirtschaften mit dem örtlichen Bedürfnis in Einklang zu setzen.

Wenn somit an einem Ort eine Wirtschaft eingehe, so sei der Regierungsrat so lange nicht gehalten, eine neue Bewilligung zu erteilen, als die Zahl der übrigbleibenden Wirtschaften dem vorhandenen Bedürfnis genüge.

Im Jahre 1908 beschwerte sich Donner neuerdings beim Bundesrat über rechtsungleiche Behandlung. Er erblickte die Verletzung des Art. 4 der Bundesverfassung darin, dass der Regierungsrat ihm das Patent wiederum verweigert, dagegen dem AI. Schnellmann in Wangen ein Patent erteilt hatte. Es zeigte sich jedoch, wie der Bundesrat in seinem Entscheid vom 30. März 1908 ausführte, dass die beiden Patentbewerber sich in verschiedener Lage befanden, so dass die verschiedene Behandlung durchaus gerechtfertigt erschien. Schnellmann bewarb sich nämlich nicht um ein neues Patent, sondern um die Erneuerung seiner Bewilligung. Diese zu versagen, hat der Regierungsrat kein Mittel, da § 15 des schwyzerischen Wirtschaftsgesetzes nur die Verweigerung n e u e r Patente da, wo schon zu viele Wirtschaften bestehen, vorsieht. Die einzige Abweichung vom alten Zustand bestand darin, dass Schnellmann gestattet wurde, die Wirtschaft in seinem neuen Hause zu betreiben. Als weitere Verschiedenheit der beiden Fälle wurde im bundesrätlichen Entscheid noch angeführt, dass sich bei Verleihung des Patents an Donner die Zahl der Wirtschaften in Wangen vermehrt hätte, während sie sich durch die Schnellmann gestattete Verlegung gleich geblieben sei und die Verweigerung der Verlegung sie nicht reduziert hätte, da ihm der Regierungsrat die Erneuerung des Patents für sein altes Haus nicht hätte verweigern können. Von einer rechtsungleichen Behandlung des Anton Donner konnte also hier so wenig wie früher die Rede sein.

459 Mit Eingabe vom 23./30. Mai 1908 rekurriert nunmehr Anton Donner gegen den letztgenannten bundesrätlichen Entscheid an die Bundesversammlung und stellt das Begehren um Aufhebung des Entscheids. Anknüpfend an die im angefochtenen Entscheid hervorgehobene zweite Verschiedenheit der Fälle Schnellmann und Donner konstruiert der Rekurrent einen Widerspruch zwischen dem neuesten und den frühern Entscheiden des Bundesamtes durch folgende Argumentation: In den Entscheiden der Jahre 1905 und 1907 habe der Bundesrat die Ansicht des Rekurrenten, es müsse ihm eine Bewilligung erteilt werden, wenn mit der Patenterteilung an ihn eine andere Wirtschaft eingehe, als rechtsirrtümlich bezeichnet. Im Entscheid vom Jahre 1908 aber erkläre er, der Regierungsrat habe mit Recht dem Gesuch Schnellmanns entsprochen, weil dadurch keine V e r m e h r u n g der Wirtschaften in Wangen bewirkt worden sei. Nun wäre aber, wenn der Rekurrent das Patent erhalten hätte, die Zahl der Wirtschaften ebenfalls nicht grösser geworden, da dann eine bestehende Wirtschaft eingegangen wäre. Der Rekurrent habe somit das gleiche Anrecht auf eine Patent gehabt, wie Schnellmann. Die Abweisung seines Gesuchs und der diese Abweisung bestätigende Entscheid des Bundesrates verletze somit die Rechtsgleichheit.

Diese Argumentation ist durchaus irrtümlich.

Vorab ist zu bemerken, dass der Bundesrat im angefochtenen Entscheid die vom Rekurrenten behauptete Verletzung der Rechtsgleichheit in erster Linie aus dem Grund verneinte, weil Schnellmann seinen Wirtschaftsbetrieb bloss in sein neues Haus verlegen, Donner aber eine neue Wirtschaft errichten wollte. Erst in zweiter Linie wies der Bundesrat auch darauf hin, dass die Patenterteilung an den Rekurrenten eine Vermehrung der Wirtschaften in Wangen zur Folge hätte, während die Verlegung der Schnellmannschen Wirtschaft die Wirtschaftszahl unverändert lasse.

Donher geht nun bei seiner Argumentation davon aus, dass, wenn man ihm das Patent erteilt hätte, eine bestehende Wirtschaft eingegangen wäre, und behauptet gestützt hierauf, sein Gesuch hätte die gleiche Berücksichtigung verdient wie das von AI.

Schnellmann. Allein diese Ausführung Donners ist eben unrichtig.

Unter der Wirtschaft, die angeblich bei der Patenterteilung an Donner eingegangen wäre, kann nach den Umständen keine andere gemeint sein
als diejenige Schnellmanns.

Diese wäre aber auf keinen Fall eingegangen. Denn, wenn dem Schnellmann die Verlegung der Wirtschaft in sein neues Haus verweigert worden wäre, so hätte ihm doch die Erneuerung seines

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Patents für das alte Haus nach schwyzerischem Recht nicht verweigert werden können. Steht aber fest, dass die Wirtschaft Schnellmanns tatsächlich nicht eingegangen wäre, so fallen, ganz abgesehen von den übrigen Verschiedenheiten der Fälle Schnellmann und Donner, sämtliche Schlussfolgerungen des Rekurrenten dahin. Wir stellen Ihnen, Tit., daher den Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 17. Juli 1908.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Kingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschwerde des Anton Donner in Wangen, Kanton Schwyz, gegen den bundesrätlichen Entscheid vom 30. März 1908 betreffend Verweigerung eines Wirtschaftspatents. (Vom 17. Juli 1908.)

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1908

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22.07.1908

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